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Title: Robert Schumann
Date of first publication: 1910
Author: Hermann Abert (1832-1915)
Date first posted: Sep. 26, 2019
Date last updated: Sep. 26, 2019
Faded Page eBook #20190963
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Berühmte Musiker
LEBENS- UND CHARAKTERBILDER
NEBST
EINFÜHRUNG IN DIE WERKE DER MEISTER
HERAUSGEGEBEN
VON
HEINRICH REIMANN
XV
ROBERT SCHUMANN
In dieser Sammlung erschienen (in der Ausstattung des vorliegenden Bandes) illustrierte Biographien von:
Brahms von Prof. Dr. H. Reimann. II. Aufl. | } | Mit Kunstbeilagen |
Haendel von Prof. Dr. Fritz Volbach. | } | von |
Haydn von Dr. Leopold Schmidt. II. Aufl. | } | Prof. Max Klinger, |
Loewe von Prof. Dr. Heinr. Bulthaupt. | } | Melchior Lechter, |
Weber von Dr. phil. H. Gehrmann. | } | Sascha Schneider, |
Saint-Saëns von Dr. Otto Neitzel. | } | Prof. Franz Stuck, |
Lortzing von Kapellmeister G. R. Kruse. | } | Prof. Julius Grün, |
Jensen von A. Niggli. | } | Oskar Zwintscher, |
Verdi von Carlo Perinello. | } | Prof. Hanns Fechner, |
Joh. Strauss von Rud. Frhr. Procházka. II. Aufl. | } | Prof. Scomparini, |
Tschaikowsky von Professor Iwan Knorr. | } | Prof. Franz Lenbach, |
Marschner von Dr. G. Münzer. | } | Prof. Tilgner, |
Schubert von Prof. Rich. Heuberger. | } | J. Schöbel u. A. |
van Beethoven von Theodor v. Frimmel. II. Aufl. | } | |
Schumann von Dr. Hermann Abert. | } | Mit vielen Porträts, |
Chopin von Dr. Hugo Leichtentritt. | } | Original-Abbildungen, |
Mendelssohn Bartholdy von Ernst Wolff. | } | Facsimiles etc. |
Weitere Bände in Vorbereitung.
VERLAGSGESELLSCHAFT HARMONIE IN BERLIN W. 9. |
J. S. Preuss, Kgl. Hofbuchdr., Berlin S. 14, Dresdenerstr. 43. |
Robert Schumann
VON
Hermann Abert
Zweite, vollständig neu bearbeitete und vermehrte Auflage. |
BERLIN 1910
——
„HARMONIE“
VERLAGSGESELLSCHAFT FÜR LITERATUR UND KUNST
Alle Rechte,
besonders das der Übersetzung
vorbehalten.
Dem Andenken meiner lieben Mutter
Die vorliegende Auflage zeigt ihrer Vorgängerin gegenüber ein ziemlich verändertes Gesicht. Haben doch gerade die letzten Jahre besonders wichtige neue Arbeiten über Schumann gebracht, die dem Bilde seines Lebens, sowohl als seines Schaffens neue Seiten abgewonnen haben. Auch dem Verfasser selbst sind in den letzten sechs Jahren so manche Lücken in den bisherigen Forschungen über Schumann zum Bewusstsein gekommen, die vor allem die historische und ästhetische Seite betreffen. Daraus ergab sich zunächst die Notwendigkeit eines Versuchs, einmal Schumanns gesamte historische Stellung, sein Verhältnis zu seinen Vorgängern und Zeitgenossen, und zwar nicht allein den Musikern, sondern auch den Dichtern, im Zusammenhang darzustellen und so die gesamten kulturellen Grundlagen aufzudecken, denen diese einzigartige Kunst entstammt. Dieser erste Schritt aber zog alsbald weitere nach sich. Vor allem wurde der Abschnitt über die Klaviermusik einer vollständigen Neugestaltung unterworfen, aber auch die Abschnitte über das Lied, die Chor-, Kammer- und Orchestermusik haben mehr oder minder durchgreifende Aenderungen erfahren. Aeussere Anlage und Zweck des Büchleins sind dagegen dieselben geblieben. Auch in seiner neuen Gestalt will es sein Scherflein beitragen zum Verständnis Schumanns, des Menschen und des Musikers, und seines Zusammenhangs mit den Strömungen seiner Zeit.
Halle a. S., im August 1909.
H. Abert.
Die Vielgestaltigkeit von Robert Schumanns Kunst, auf der noch heute zum grossen Teile ihr unverwüstlicher Reiz beruht, hat ihre letzte Ursache in jener vollkommenen Einheit von Leben und Schaffen, die zwar allen echten Poetennaturen zu eigen ist, die aber in der neueren Musik nicht leicht mit solcher Klarheit zum Ausdruck kommt, wie bei ihm. Der Satz, den er seinen Zeitgenossen immer wieder vorhielt, dass jede gute Komposition das Produkt eines inneren Erlebnisses, ein Stück Herzensbeichte sein müsse, galt ihm für das eigene Schaffen zeitlebens als Richtschnur. Erleben und Schauen, das sind die beiden Pfade, auf denen er zu den Quellen steigt, auf denen er dem Endziel seiner geistigen Lebensarbeit, der „Erkenntnis der Wahrheit“, zustrebt. Man vergisst nur zu oft, dass hinter diesem Tonpoeten ein gutes Stück eines Philosophen steckt, ein scharfer kritischer Beobachter der Strömungen seiner Zeit, und dass der Dichter sehr häufig nur aussprach, was der Denker erlebt und geschaut hatte. Affizierte ihn doch nach seinem eigenen Bekenntnis „alles, was in der Welt vorgeht, Politik, Literatur, Menschen. Ueber alles denke ich nach meiner Weise nach, was sich dann durch die Musik Luft machen, einen Ausweg suchen will“. So konnte zugleich nur ein Romantiker reden. Denn Perioden, die mit diesem Namen bezeichnet werden, haben von jeher sämtliche Gebiete des geistigen Lebens in Mitleidenschaft gezogen, sie haben vor allem die verschiedenen Künste sowohl unter sich, als mit dem gesamten politischen und sozialen Leben in enge Wechselbeziehungen gebracht. Gerade Schumann ist ein besonders lehrreiches Beispiel dafür.
Sein Leben fällt in die erregtesten Jahre der deutschen Einheitsbewegung. In seiner Jugendzeit noch von einem Hauche Fichtischen Geistes berührt, der dann freilich bald in der Deutschtümelei der Gefolgschaft Jahns zur Fratze verzerrt wurde, erlebt er das rasche Abflauen der patriotischen Begeisterung und ihre Verdrängung durch ein mit der französischen Revolution liebäugelndes Weltbürgertum, er erlebt den dumpfen Druck der Metternichschen Aera mit dem leidenschaftlichen Groll, den sie gerade bei den Gebildeten hervorrief, er sieht das Elend des deutschen Bundes, wie die heftigen Verfassungskämpfe in den Einzelstaaten und die Katastrophe der Jahre 1848 und 1849. Sein eigener Standpunkt konnte bei seiner Abstammung aus einem gebildeten sächsischen Bürgerhause nicht zweifelhaft sein. Sachsen war ein wahres Musterbeispiel für die gründliche politische und soziale Zerfahrenheit des damaligen Deutschlands. Der Groll über das Adelsregiment, über die Missbräuche der städtischen Verwaltung‚ dazu antiklerikale, gegen den Hof gerichtete Tendenzen hatten in Sachsen eine tiefe radikale Verstimmung erzeugt und es eine Zeitlang zum klassischen Land der Strassenkrawalle gemacht. Gerade Schumanns Geburtsstadt Zwickau aber war ein Hauptsitz der Unzufriedenheit; hier nährte der Theologe Richter mit seiner „Biene“ den Geist der Opposition, von dem auch der kluge Vater Schumanns lebhaft berührt war.
So stand Schumann schon von Hause aus in dem grossen Kampfe gegen ein altes morsches System und in dem Ringen um neue politische Ideale in den Reihen des Fortschritts. Vor dem wüsten Radikalismus der damaligen Jugend bewahrte ihn indessen der Adel seiner Persönlichkeit in gleichem Masse wie sein scharfer Blick für die realen Verhältnisse. Das Gebaren der Burschenschaft in seinen jungen Jahren war ihm nicht minder widerwärtig, als der Fanatismus der radikalen Garde in den Revolutionsjahren. Seine Anteilnahme an der Politik beschränkte sich allerdings auf die Rolle des aufmerksamen und scharf kritisierenden Beobachters. Die Ereignisse von 1849, die Wagner auf die Barrikaden riefen, scheuchten Schumann in die stille Abgeschiedenheit des kleinen Dresdener Vororts zurück. Trotzdem aber wäre es verfehlt, die politischen Zustände bei der Betrachtung von Schumanns Kunst als unwesentlich auszuscheiden. Ihre Bedeutung liegt indessen nicht sowohl in den einzelnen Kompositionen mit politischem Hintergrund, als in den allgemeinen Zielen seines Schaffens. Wenn er in Lied- und Instrumentalmusik immer wieder die Herrlichkeiten deutscher Kunst gegen die modische Ausländerei hervorhebt, wenn er die feste Ueberzeugung ausspricht, dass die deutsche Kunst an ihrem Teil zur Wiedergeburt des Volkes beitragen müsse, so beweist dies, dass er das geistige Erbe von 1813 tiefer erfasst hat, als die Mehrzahl der Tagespolitiker, zugleich zeigt sich bereits hier eine deutliche Verwandtschaft mit der Ideenwelt Wagners. Demgegenüber kommt nicht in Betracht, dass Schumann von gewissen Kinderkrankheiten des damaligen Liberalismus, wie dem Kultus der Polen und Napoleons (wir verdanken ihm die „beiden Grenadiere“) nicht verschont geblieben ist. Mit dem „lieben deutschen Kerl“, wie Wagner Schumann einmal nannte, hat es seine Richtigkeit.
Nicht minder buntscheckig, als in der politischen Welt jener Jahre, sah es in der literarischen aus. Sie ist für Schumann insofern von höchster Bedeutung, als in seiner Künstlerseele Dichter und Musiker dicht beisammen wohnten. War er doch längere Zeit mit sich im Unklaren darüber, zu welcher Kunst er eigentlich gehöre; als dann die Entscheidung für die Musik fällt, betrachtet er sie als „Tondichtkunst“‚ d. h. als einen Absenker der Poesie. Der Dichtergeist ist es, der sich für ihn in der zeitgenössischen Musik widerspiegelt.
Dass Schumann auf dem Gebiete der Literatur zu Hause war wie wenige deutsche Musiker, ist bekannt. Die Auswahl, die er hier traf, ist überaus charakteristisch, sie entspricht fast durchaus seiner dargelegten Stellung zum politischen Leben. Er beginnt mit Schiller, während Goethe erst dem angehenden Manne aufgeht, dann folgen die Romantiker, vor allem J. Paul und Rückert, weiterhin Heine, Eichendorff, Tieck, Immermann, mit dem er die Universalität der literarischen Bildung gemein hat, am Schlusse seines Lebens tritt er ganz unter den Bann der Grösse Hebbels. Dagegen legt für seinen sittlichen Adel wie für seinen Scharfblick der Umstand ein beredtes Zeugnis ab, dass er die etwa seit 1835 über unsere Literatur hereinbrechende trübe Flut des „Jungen Deutschlands“, die selbst Wagner eine Zeitlang mit sich forttrieb‚ vollständig ignoriert hat. Gleich Immermann und Tieck war ihm der erkünstelte Radikalismus dieser Richtung ebenso widerwärtig, wie der absprechende Ton, mit dem sie alle literarischen Ideale abzutun pflegte. Der einzige Gewinn, den er sich von dieser Seite her aneignete, war das Studium ihres Lieblingspoeten Heinse, das dann dem Aesthetiker zugute kommen sollte.
Seine geistige Selbständigkeit tritt in ein um so helleres Licht, wenn man bedenkt, dass gerade Leipzig ein Hauptsammelpunkt dieser Literaten war, wo sie besonders Laube unter die Fittiche der „Zeitung für die elegante Welt“ nahm.
Nach einer andern Richtung hin schwamm Schumann allerdings mit vollen Segeln im Fahrwasser der literarischen Strömungen seiner Zeit: in seiner grenzenlosen Verehrung J. Pauls. Dessen gefühlsselige Romantik war in den ersten Friedensjahren aus dem Schatten, in den sie der Ernst des Krieges gebannt hatte, wieder herausgetreten, getragen von einer neuen sentimentalen Strömung, die in einer Unmasse rührender Novellen und Romane ihren Ausdruck fand. Und wieder war Sachsen das Hauptabsatzgebiet; in den Sitzungen des Dresdener „Dichter-Tees“ trieb dieser Geist lange Zeit erfolgreich sein Wesen. In Schumanns jeanpaulisierender Jünglingsperiode erscheint er in potenzierter Form. Indessen muss gesagt werden, dass diese Schwärmerei mit den Jahren bei ihm merklich abflaute; der glühende Bewunderer Hebbels verehrte schliesslich in J. Paul nur noch seine Jugendliebe, freilich ohne die Spuren dieses Geistes in seiner Kunst jemals ganz verleugnen zu können. Die echt romantische Gefühlsüberschwänglichkeit, gegen die Immermann so scharf zu Felde zog, ist ihm bis zu Ende zu eigen geblieben; bezeichnend dafür ist, dass er zu den allen sentimentalen Tendenzen abholden schwäbischen Poeten, vor allem Uhland und Mörike, lange kein inneres Verhältnis gewinnen konnte, mit einziger Ausnahme des Mystikers unter ihnen, J. Kerner.
Im Allgemeinen aber zeigen Schumanns literarische Urteile, dass er auch hier mit sicherem Blick die Spreu vom Weizen zu sondern verstand, und dass er vor allem als Deutscher empfand, was sich besonders in seinen scharfen Aeusserungen über den gefährlichen Import leichter Pariser Ware offenbart. Entgleisungen, wie die plötzlich auflodernde Begeisterung für Elisabeth Kulmann, gehören erst seinen letzten, müden Jahren an.
Schumanns poetisch-musikalische Doppelnatur erkannte sofort, dass die Musik seiner Zeit vor ganz ähnlichen Problemen stand, wie die Literatur. Auch hier galt es zunächst, die Goldkörner aus einem Schutthaufen seichter Unterhaltungskunst ans Licht zu ziehen. Was Schumann nach dieser Richtung für Bach und besonders für Beethoven, Schubert und Chopin getan hat, ist bekannt. Aber seine Mahnworte erstreckten sich nicht allein auf die Kunst selbst, sondern auf die gesamte deutsche Musikpflege. Er kennt und bekämpft die Schäden, die dem Musikerstande seiner Zeit anhafteten: er zwingt die Musiker in seinen Kritiken, über die Grundlagen ihrer Kunst nachzudenken, er eifert gegen die mehr und mehr einreissende Vernachlässigung ihrer Allgemeinbildung, er empfiehlt ihren Zusammenschluss zu einem Allgemeinen Musikerverein — alles Ideen, die dann bei seinen neudeutschen Nachfolgern wieder auftauchen.
Auch in seinem eigenen Schaffen war Schumann nichts weniger als ein selbstgenügsamer Weiterbildner älteren Gutes. Wenn er in seiner Zeitschrift für die „Jugend und die Bewegung“ in der Kunst, für die „Zukünftige Musik“ eintritt, wenn er einmal seiner instinktiven Ahnung Ausdruck verleiht, dass die Musik seiner Zeit noch in den Anfängen stehe, so beweist das deutlich, dass sein künstlerisches Antlitz zum mindesten ebensosehr der Zukunft, als der Vergangenheit zugewandt ist. Nichts ist darum verkehrter, als Schumann zum konservativen Meister zu stempeln. Unter allen Romantikern war er vielmehr der, der mit voller Genugtuung eine schwere Kriegszeit in der deutschen Musik herannahen sah, so wenig er sich auch über ihre schliesslichen Ergebnisse im Klaren war; er war zugleich der Erste, der die Alarmtrommel rührte. Ihr Klang scheuchte denn auch die Zeitgenossen recht unsanft aus ihrer Ruheseligkeit auf.
Auch in der Musik hatte die Restaurationszeit, wie in der Literatur, eine gewisse Erschöpfung erzeugt, die sich, wie stets, in der Bevorzugung des äusserlichen Elements vor dem innerlichen, im Kultus der Form auf Kosten des Inhalts, des Ornaments auf Kosten der Grundlinie äusserte. Die Sucht nach Sensation, nach Brillanz, die die Entscheidung in allen künstlerischen Fragen dem Virtuosentum in die Hände spielte, war bei den damaligen Musikern nicht minder ausschlaggebend, wie bei den Poeten des jungen Deutschlands, und gleich ihnen richteten auch sie die Blicke unverwandt auf Paris als die Hochburg des neuen Modegeschmacks. In Paris ging mit Spontini die Schule Glucks zu Grabe; an ihre Stelle war die moderne „grosse Oper“ getreten, die mit dem alten Erbübel der Opernlibrettistik, der Lust am Intrigenspiel, die Entfaltung möglichst sensationellen Glanzes verband. Dazu erlebte Europa nochmals das faszinierende Schauspiel einer italienischen Operninvasion: in den Werken Rossinis strahlte die Sonne der alten neapolitanischen Oper zum letzten Male in ihrer ganzen südlichen Glut über den Kontinent hin, überall mächtig den Kultus des sinnlichen Elementes in der Tonkunst fördernd. Die tieferen Naturen unter den Pariser Künstlern aber, wie Cherubini, der grosse Aristokrat, hielten sich scheu zurück; ihr Einfluss begann sich erst langsam geltend zu machen. Die Neuromantik eines Berlioz dagegen lag noch in den Geburtswehen. Kein Wunder darum, wenn Paris, die „grosse Sirene“, die ganze junge Generation in ihren Bann zwang und die deutschen Meister, jüngstverstorbene wie lebende, Mühe hatten, sich unabhängig von ihr einen Platz an der Sonne zu sichern. Der „letzte“ Beethoven wurde nur von Wenigen verstanden, und auch der wiedererweckte Bach vermochte zunächst nur langsam Boden zu gewinnen.
Nur in der Oper drangen die wirklichen Talente leichter durch. Hatte doch Webers einziger „Freischütz“ mit einem Schlage das deutsche Ideal des „romantischen Dramas“ verwirklicht, um das sich die Lesedramen der Arnim, Brentano und Genossen so heiss und so erfolglos bemüht hatten. Im Liede hatten die alten volkstümlichen Bestrebungen der Berliner Schule durch die Romantik und den Freiheitskampf zwar eine mächtige Förderung erfahren und in Weber und Löwe eine bedeutende Höhe erreicht, dagegen war das Erbe Schuberts in die Hände seichter und oberflächlicher Epigonen geraten und der Stagnation verfallen. Während der Männerchorgesang sein goldenes Zeitalter erlebte, begann in den höheren Gattungen der Vokalmusik, vor allem der kirchlichen, bereits jener Verfall einzureissen, dem bis auf den heutigen Tag kein neuer Aufschwung gefolgt ist.
Und trotzdem hatte diese im Vergleich zur vorhergehenden armselige Periode ihre bleibenden Verdienste. In den Werken der bedeutenderen unter den Ornamentikern bahnte sich allmählich eine Vergeistigung der ganzen Richtung an, die die Kunst Chopins vorbereitete; zugleich äusserte sich der romantische Geist bereits sehr deutlich, wenn auch zunächst oft nur in äusserlicher Weise, in der Vorliebe für das Volkslied aller Nationen, in dem Eindringen poetisierender Tendenzen in die Komposition und namentlich in jener echt romantischen Ton- und Klangsymbolik, die, von Meistern wie Cherubini und Weber zuerst auf den Schild erhoben, dem musikalischen Ausdruck vollständig neue Perspektiven eröffnete.
Auch Schumann gedachte zuerst der breiten Heerstrasse zu folgen und Virtuose zu werden. Wenn er von diesem mit der Impulsivität der Jugend gefassten Plane nach kurzer Zeit abgekommen ist, so leitete ihn dabei ebensosehr der eigene Trieb als die Not. Einem Künstler, dem die Musik Herzenssprache war, musste der Kultus des sinnlichen Elementes verabscheuungswürdig, ja unverständlich sein, zumal wenn er, wie Schumann, kraft seines angeborenen historischen Sinnes und seiner universalen Bildung den ideellen Zusammenhang zwischen dieser Geschmacksverirrung und der mangelhaften Bildung des Musikerstandes seiner Zeit klar erkannte. Daher seine gründliche Antipathie gegen Alles, was aus Paris und Italien kam, die sich ausserdem enge mit seiner hohen Meinung von der deutschen Musik berührte. Allerdings verführte ihn der Hass gegen alles geistlose Musizieren zu einer Ueberschätzung der Phantasie auf Kosten des ordnenden Kunstverstandes, die namentlich in seinen Jugendwerken deutliche Spuren hinterlassen hat. Auch hierin war Schumann übrigens ein echtes Kind seiner Zeit: trachteten doch auch die romantischen Poeten darnach, der Phantasie über die Regeln der Korrektheit hinweg eine Gasse zu bahnen und sie durch eine naturwüchsige, freie, aus den Tiefen des Herzens quellende Kunst zu ersetzen.
Es war kein Wunder, wenn diese Klaviermusik der Kritik böse Stunden bereitete. Eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten technischen „Schule“ war schwer herauszustellen, ebensowenig waren Konzessionen an den Kultus des Ornaments zu finden. Schumann hat das Ornament zwar nicht verschmäht, aber es galt ihm doch stets nur als Mittel zum Zweck. Virtuosität ohne poetischen Ausdruck war für ihn die Negation aller Kunst. So suchte er seine Vorbilder anderswo: in Beethoven, namentlich dem letzten, dessen scharf hervorspringendem Subjektivismus er sich wesensverwandt fühlte, in Schubert, dessen naive Kunst in seinem Innern verwandte Saiten anschlug, und weiterhin in Bach, der den Mystiker in ihm mächtig anzog, vor allem aber in der erwähnten, durch Cherubini und Weber angeregten Richtung. Diese neue Tonsymbolik, die richtige Interpretin romantischer Gefühlswelt, hat Schumann zuerst in der Welt des Klaviers eingebürgert; er hat zugleich ihr Reich ins Ungemessene erweitert und ihr in der deutschen Musik damit zum endgültigen Siege verholfen. Die Neigung zur Symbolik und Mystik steckte ihm so gut im Blute, wie vielen der romantischen Poeten. Selbst in ihrer phantastischen Uebertreibung berühren sie sich: wenn die Dichter gelegentlich in allerhand geheimnisvollen, nur dem Eingeweihten verständlichen Anspielungen schwelgen, so braucht man die Parallelen dazu in Schumanns Klavierwerken nicht erst lange zu suchen.
Dass Schumanns Klaviermusik in breitem Umfang programmatische Tendenzen erkennen lässt, ist bekannt; dass er damit keineswegs etwas prinzipiell Neues schuf, wird noch zu zeigen sein. Bei der nahen Wesensverwandtschaft dieser Gattung mit der Vokalmusik war darum auch sein 1840 erfolgter Uebertritt in das Gebiet des Liedes nicht so überraschend, als es ihm selbst scheinen mochte. Vom historischen Standpunkte aus war dieser Schritt dafür um so folgenschwerer. Denn Schumann hat damit nicht allein eine neue Hochblüte des Liedes heraufgeführt und so dieser nationalen Gattung aufs Neue eine dominierende Stellung in unserer Kunst erobert, sondern er hat zugleich die alte Hegemonie Sachsens auf diesem Gebiete wiederhergestellt, die ihm geraume Zeit von den Berlinern entrissen gewesen war. Und zwar gelang ihm dies weniger durch die Universalität seiner Empfindungswelt, in der ihm Schubert weit überlegen ist, sondern durch die für seine Zeit durchaus neue und geniale Kombination von Stimme und Instrument zu vordem ungeahnten Gesamtwirkungen: hierin stehen alle Liederkomponisten bis auf den heutigen Tag auf seinen Schultern.
Noch kühner war die mit der „Peri“ unternommene Begründung einer ganz neuen Gattung, des weltlichen Oratoriums. Der berechtigte Vorwurf, der dieser ganzen Gattung schon gemacht worden ist, nämlich dass sie der starken Kulturwurzeln des alten biblischen Oratoriums entbehre, scheint Schumann selbst schon zum Bewusstsein gekommen zu sein; wie sowohl ein grosser Teil der „Peri“‚ als auch die Pläne zum Oratorium „Luther“ zeigen, suchte er ihm durch Einfachheit und Volkstümlichkeit des Ausdrucks zu begegnen. Darin liegt ja eine der stärksten Wurzeln seiner Kraft. Gleichwie in Bach, so steckte auch in Schumann zeitlebens ein gutes Stück Kindergemüt. Es äusserte sich nicht allein darin, dass er es nicht für unter seiner Würde hielt, Kompositionen für die Jugend zu schreiben, sondern vor allem in der jugendlichen Naivität seiner gesamten Tonsprache, in der kerngesunden Lust am Einfachen und Natürlichen. Selbst hinter den pudelnärrischsten Geschichten, die er uns gelegentlich auftischt, hinter seinen mutwilligsten Einfällen blickt ein reines und starkes Gefühl hervor, dem nichts grimmiger verhasst ist, als Unnatur und Heuchelei. Hierin liegt denn auch die eigentliche Bedeutung seiner Orchestermusik, nicht in dem allgemein „romantischen“ Geiste, der schon geraume Zeit vor ihm in der norddeutschen Sinfonie heimisch geworden war. Die moderne Kunst mit ihrer Neigung zur Grübelei und zum Aufstöbern komplizierter Probleme wird darum auch den Sinfoniker Schumann noch lange nicht entbehren können.
Der Drang nach Wahrheit und Klarheit, den man nur zu häufig über dem „Träumer“ Schumann vergisst, hat ihm schon mit 24 Jahren die Feder des Kritikers in die Hand gedrückt. Seine Musikschriftstellerei ist ein glänzender Beweis für die Stärke seiner poetischen Ader, aber nicht minder für seine künstlerische Selbstzucht. Denn das Examen, das er in seiner Zeitschrift anstellte, galt nicht allein seinen Zeitgenossen, sondern vor allem auch seinem eigenen künstlerischen Gewissen: „docendo discimus“ war sein Wahlspruch dabei. Selten aber ist die deutsche Gründlichkeit in solch anmutigem Gewande erschienen, selten eine so harmonische Verbindung von Dichter und Denker geschlossen worden, wie hier.
So verkörpert Schumanns Kunst die besten Seiten der deutschen Romantik: Jugendfrische und Natürlichkeit. Mag er da und dort fremde Elemente in seine Musik aufgenommen haben, die beiden Grundzüge seiner Persönlichkeit, der Mystiker und der Wahrheitssucher, sind echt deutsch, und so mag denn auch von ihm Heinrich von Treitschkes Wort über Gottfried Keller gelten: „Jeder Mann, in dem wir eine gute Seite deutschen Wesens erkennen, ist eine Freude“.
Ansicht von Zwickau.
An Robert Schumanns Entwicklung fällt seiner Heimat und Familie ein hervorragender Anteil zu. Seine Vaterstadt Zwickau fügte sich seit alters dem Kranze sächsischer Städte, die durch die Pflege der Schulchöre die Liebe zur Musik in die weitesten Schichten hineintrugen, als ebenbürtiges Glied ein. An den beiden Hauptkirchen zu St. Katharinen und St. Marien wirkte seit der Reformation eine ununterbrochene Reihe zum Teil sehr achtbarer Kantoren, wie z. B. Cornelius Freund, die zugleich als quarti und quinti am Lyceum ihre Lehrtätigkeit ausübten. Noch während Schumanns Schulzeit zogen die Chorschüler Mittwochs und Sonnabends durch die Strassen der Stadt und erfreuten auch an hohen Feiertagen, wie an bürgerlichen Festlichkeiten die Einwohnerschaft durch ihren Gesang.
Daneben meldete sich aber auch bereits die neue Zeit. 1801 trat das sogenannte „Bürgerkonzert“ ins Leben, eine Vereinigung eines Dilettantenchors mit der Stadt- und der Regimentsmusik, die alle 14 Tage zu Uebungen zusammentrat und sich schon 1802 an eine Aufführung der Haydnschen „Schöpfung“ wagte. Die Seele dieses ganzen regen Musiklebens aber war Schumanns späterer Lehrer, Joh. Gottfr. Kuntsch, der, 1775 geboren, 1792 als Garnisonlehrer nach Zwickau gekommen und 1802 Baccalaureus am Lyceum und zugleich Organist zu St. Marien geworden war. Nach Allem, was wir über die Tätigkeit dieses Mannes wissen, ist das bisherige ungünstige Urteil über ihn stark zu revidieren; er hat den ihm späterhin verliehenen Ehrenbürgerbrief wie die warme Dankbarkeit seines grossen Schülers reichlich verdient.
Musikalische Anregungen kamen dem empfänglichen Knaben also von den verschiedensten Seiten; für die literarischen sorgte sein Vater und dessen Beruf.
Friedrich August Gottlob Schumann, geb. den 2. März 1773 zu Entschütz bei Gera, war ein Charakterkopf von erstem Range, gleich ausgezeichnet durch Schärfe des Geistes, wie durch zielbewusste Energie des Willens. Das Leben hat es dem armen Pfarrerssohn wahrlich nicht leicht gemacht. Ursprünglich zum Kaufmann bestimmt, entflieht er in Leipzig den drückenden Fesseln dieses Berufs, studiert humaniora, wird Literat, muss sich aber nach bitteren Enttäuschungen glücklich schätzen, bei dem Zeitzer Buchhändler Heinse einen rettenden Unterschlupf zu finden. Abermals zwingt ihn die harte Not des Lebens, sein Interesse zwischen einem Drogengeschäft und der geliebten Schriftstellerei zu teilen, bis es ihm 1799 gelingt, sich ganz dem Buchhandel in die Arme zu werfen. So entstand in Zwickau, wohin er 1807 von Ronneburg aus übergesiedelt war, der hochangesehene Verlag der „Gebrüder Schumann“, der nicht nur im literarischen, sondern auch im politischen Leben Sachsens eine bedeutende Rolle gespielt hat. Denn hier wurden nicht allein klassische und zeitgenössische Dichter verlegt, sondern auch ein „Staatslexikon für Sachsen“ und der „erzgebirgische Bote“, ein historisch-politisches Wochenblatt. Für die politische Stellung Schumanns spricht die Tatsache genug, dass der erwähnte (übrigens auch um das Zwickauer Musikleben hochverdiente) liberale Theologe Richter ihm 1806 einen warmen Nachruf widmete. Das literarische Milieu aber, in dem Robert aufwuchs, ist bestimmend für sein ganzes Leben geworden. Hier lernte er nicht allein den buchhändlerischen Geschäftsbetrieb kennen, der ihm späterhin bei seiner eigenen Zeitschrift zu Gute kommen sollte, sondern er wurde zugleich auch in der denkbar günstigsten Weise in das literarische Leben seiner Zeit eingeführt. Die väterliche Buchhandlung wurde die erste Nährstätte seiner universalen literarischen Bildung.
August Schumanns Gattin, Johanna Christiana, geb. 1771 in Zeitz, die Tochter des dortigen Ratschirurgen Schnabel, die er sich, gleich seinem grossen Sohne, erst nach langen Kämpfen erringen musste, erhob sich zwar weder an Verstand, noch an Bildung über den Durchschnitt, besass aber dafür einen reichen Schatz reiner Herzensgüte, der sich am schönsten in ihrem Verhältnis zu ihrem Sohne Robert entfalten sollte. Niemand wird ohne Rührung den Brief lesen, in dem das geängstigte Mutterherz die Zukunft des Sohnes, den es mit schwärmerischer Liebe umfängt und dessen Sehnen es doch nur halb mitfühlen kann, in die Hände des Lehrers Fr. Wieck befiehlt.
Robert Alexander Schumann, geboren den 8. Juni 1810, war das jüngste unter fünf Geschwistern. Seine einzige Schwester Emilie wurde mit 20 Jahren das Opfer einer unheilbaren Geisteskrankheit, der einzige Fall, der sich in der Schumannischen Familie vor der Katastrophe Roberts feststellen lässt.
Bei der anstrengenden Berufstätigkeit des Vaters war es natürlich, dass Roberts Kindheitsjahre fast ausschliesslich der Mutter gehörten, die ihn denn auch, zumal als die ersten Funken seines Talents aufzuleuchten begannen, gründlich verhätschelte. Auch seine Patin, die Frau Bürgermeister Ruppius, tat Alles, um dem Nesthäkchen der Familie Schumann jeden Wunsch an den Augen abzusehen. Mit dem Beginn des 6. Lebensjahres trat der Knabe in die Privatschule des Archidiakonus Dr. Döhner ein und bezog, von dort mit einer gründlichen Elementarbildung versehen, im Jahre 1820 das Gymnasium seiner Heimatstadt. Von diesem Zeitpunkte an treten die charakteristischen Umrisse seiner ausserordentlich vielseitig veranlagten Persönlichkeit immer deutlicher hervor. Neben seinen Schulstudien, in denen er ebenfalls seinen Mann zu stellen weiss, übersetzt er aus eigenem Antrieb Stücke aus den alten Dichtern, dichtet selbst, philosophiert, spielt emsig Klavier, komponiert — dem Schmetterling gleich flattert sein reichbegabter Geist von Blume zu Blume, überall nippend, überall bestrebt, ein neues Gebiet im Reiche des Schönen und Wissenswerten zu erobern.
Dichtkunst und Musik waren die beiden Pole, zwischen denen sich die gesamte Jugendentwicklung Schumanns vollzog, und geraume Zeit schien es, als sollte die Poesie den Sieg über ihre Schwester davontragen. Während die Ausbildung des musikalischen Talents, wie wir sehen werden, von den Eltern keine nachhaltige Förderung erfuhr, kam insbesondere der Vater, der in den dichterischen Neigungen seines Sohnes mit Freuden sein eigenes Fleisch und Blut wiedererkannte, diesen mit aller Bereitwilligkeit entgegen. Sorgsam überwachte er die Lektüre des Knaben, erschloss ihm die Schätze seiner Buchhandlung und zog ihn schliesslich sogar zum Mitarbeiter an seinen eigenen literarischen Unternehmungen heran. Die Vorliebe für Scott und Byron z. B. mag schon damals vom Vater auf den Sohn übergegangen sein.
Ihren Höhepunkt erreichten diese Bestrebungen mit der Begründung eines literarischen Vereins, zu dem der 15jährige Schumann seine gleichgesinnten Kameraden einlud. Hainbund und Anakreontiker dienten diesem der „Einweihung in die deutsche Literatur“ gewidmeten Kränzchen als Vorbild; man las und erklärte Dichtwerke, besprach das Leben berühmter Dichter und kritisierte wohl ab und zu auch einen aus dem eigenen Kreise kommenden Versuch. Der Dichterflug des Gymnasiasten Schumann ging ausserordentlich hoch: neben vielem Lyrischen finden sich drei Dramen im hohen Stil und zwei Romane. Aber es war ein Ikarusflug, denn fast keines dieser Werke ist über die allerersten Anfänge hinausgediehen, so wenig als die zu gleicher Zeit in Angriff genommene „Aesthetik der Tonkunst“. Sehr charakteristisch ist übrigens Schumanns Selbstbekenntnis in seinem Tagebuch: „Was ich eigentlich bin, weiss ich selbst noch nicht klar. Phantasie, glaub’ ich, habe ich ... Tiefer Denker bin ich nicht, ich kann niemals logisch an dem Faden fortgehen, den ich vielleicht gut angeknüpft habe. Ob ich Dichter bin — denn werden kann man es nie — soll die Nachwelt entscheiden.“
Wohl auf Betreiben der Mutter, die die musikalischen Gaben ihres Lieblings zuerst entdeckt haben mochte, wurde schon in Roberts 7. Lebensjahr mit dem Klavierunterricht begonnen. Der gegebene Lehrer war Kuntsch, als die oberste Musikautorität der Stadt. Schon die neunjährige Dauer dieses Unterrichts verleiht ihm eine hohe Bedeutung in Schumanns Entwicklung; ausserdem aber nahm es Kuntsch, der noch in den Traditionen des alten Generalbasszeitalters aufgewachsen war, mit seiner Lehrtätigkeit sehr ernst. Er hat den Knaben sicher mit Haydn und Mozart, dazu wohl auch mit Ph. E. Bach, Cramer, Clementi, Czerny und Hummel bekannt gemacht, ihn nach der Sitte der Zeit in die Literatur der sogenannten „Handstücke“ (von D. G. Türk und Anderen) eingeführt und ihm endlich wohl auch die Elemente des Generalbassspielens beigebracht. So ganz belanglos war also dieser Unterricht durchaus nicht, und wenn er 1825 abgebrochen wurde, so war dies durch Schumanns jugendlichen Freiheitsdrang veranlasst, der Korrektheit für Pedanterie, Gründlichkeit für Philistersinn hielt. Freilich musste er die Erfahrung machen, dass seine späteren Lehrer Wieck und Dorn doch wieder, wenn auch von höheren künstlerischen Gesichtspunkten aus, auf die Grundsätze des alten Kuntsch zurückgriffen und ihm die vermeintliche künstlerische Freiheit, in der er während des unterrichtslosen Interregnums geschwelgt hatte, zu seinem grossen Kummer arg beschnitten.
Einmal angeregt, entwickelte sich das junge Genie mit erstaunlicher Schnelligkeit; insbesondere trug hierzu auch ein Besuch in Karlsbad bei, wo das Spiel des damals (1819) dort konzertierenden Moscheles einen unauslöschlichen Eindruck auf den Knaben machte. Schon mit 7 Jahren hatte er sich in kleinen Tänzen, sowie auch in freier Phantasie versucht; so porträtierte er eines schönen Tages auf dem Klavier das Wesen seiner Schulfreunde zu deren freudigster Ueberraschung; es ist, als ob sich hier der Komponist des „Carnaval“ zum ersten Male ankündigte. Gross war die Freude Roberts, als er einen musikalischen Kameraden gewann, mit dem er 4händige klassische Sinfonien, Stücke von Weber, Czerny und Hummel spielen konnte. Ja es gelang ihm sogar, als Gegenstück zu seinem Lesekranz, ein kleines Orchester unter seinen Genossen zusammenzubringen, das er mit wahrem Feuereifer einexerzierte und sogar zur Aufführung eines eigenen Werks, des 150. Psalms für Chor und Orchester, heranzog. Auch in weiteren Bekanntenkreisen liess sich Robert mit glänzendem Erfolg hören, und in Kurzem war das verwöhnte Wunderkind über jede Konkurrenz in Zwickau erhaben.
Der Vater, der diese ganze Entwicklung aufmerksam verfolgt hatte, entschloss sich, trotz des Widerstands seiner Gattin, mit C. M. v. Weber in Dresden wegen Uebernahme des ferneren Unterrichts seines Sohnes Verhandlungen einzuleiten, die jedoch, wohl wegen Webers Abreise nach London, zu keinem Resultat führten. So geschah es, dass Schumann bis zum Beginn seiner Studentenzeit ohne systematischen Unterricht geblieben ist. Es war hauptsächlich seine Mutter, die sich nicht genug daran tun konnte, auf das traurige Künstlerlos selbst eines Mozart hinzuweisen, und den Sohn immer und immer wieder auf ein sicheres Brotstudium hinzulenken suchte. Sie sollte die Oberhand behalten, denn am 10. August 1826 starb der Vater, er, der noch kurz zuvor mit offenem Sinn, vielleicht auch seiner eigenen jungen Tage gedenkend, dem Talent des Sohnes freie Bahn zu geben sich entschlossen hatte. Es ist nicht mehr als natürlich, dass Schumann, nunmehr ausschliesslich dem Einfluss der Mutter und seines Vormunds, des Kaufmanns Rudel, unterworfen, vorerst sich selbst aller Künstlergedanken entschlug. Trat doch im selben Jahre noch ein zweites bedeutungsvolles Moment in sein Gemütsleben: die erste Liebe, die sich sehr bezeichnenderweise binnen wenig Wochen auf zwei „Gegenstände“ erstreckte. Hat auch keine dieser beiden Mädchengestalten — Nanni und Liddy mit Vornamen — den Siebzehnjährigen tiefer zu fesseln gewusst, so trug doch diese Schwärmerei, in Verbindung mit dem Verlust des Vaters, dazu bei, jenen innerlichen Prozess zu vollenden, der den heiteren, lebenslustigen Knaben zum sinnenden, melancholischen Träumer wandelte. Schon jetzt gelangt da und dort jene Gefühlsschwelgerei zum Durchbruch, die späterhin einen Hauptgrundzug seines Charakters bildete.
Neue starke Eindrücke stürmten im folgenden Jahre auf ihn ein. Zunächst die Bekanntschaft mit der Gattin des Colditzer Arztes Dr. Carus, einer hochgebildeten Dilettantin, deren Gesang den jungen Schumann in einen förmlichen Taumel versetzte. Aus ihrem Munde vernahm er das erste Schubertische Lied, sie war es auch, die der jungen Brust die erste eigene Liedschöpfung entlockte. Das Haus ihres Oheims in Zwickau, eines mit scharfem Blick für junge Talente begabten Mannes, war eine Hauptpflegestätte klassischer Kammermusik, ein Haus, wo nach Schumanns eigenen Worten „Alles Freude, Heiterkeit, Musik war“. Es geschah jedenfalls infolge der hier gefundenen Anregung, dass Schumann sich entschiedener wieder der Musik zuwandte.
Das zweite Hauptereignis dieser Zeit, dasjenige, das seine Schatten über Schumanns gesamte künftige Lebensbahn werfen sollte, war die Bekanntschaft mit Jean Paul. Schumann ist wohl eines der lehrreichsten Beispiele für den faszinierenden Einfluss, den diese problematische Dichternatur auf die damalige Zeit ausgeübt hat. Jean Paul tritt alsbald in den Brennpunkt von Schumanns gesamtem dichterischem wie auch musikalischem Schaffen. Stünde in den Jugendbriefen sein Name nicht fast auf jeder Seite, man könnte aus Inhalt und Stil mit absoluter Sicherheit die geistige Sphäre des Schreibers erschliessen. Da finden wir einmal folgendes Glaubensbekenntnis: „J. Paul nimmt noch den ersten Platz bei mir ein, selbst Schillern (Göthen versteh’ ich noch nicht) nicht ausgenommen“. Und ein andermal: „Wenn die ganze Welt Jean Paul läse, so würde sie bestimmt besser, aber auch unglücklicher — er hat mich oft dem Wahnsinn nahe gebracht, aber der Regenbogen des Friedens schwebt immer sanft über allen Tränen und das Herz wird wunderbar erhoben und mild verklärt“.
So steht Jean Paul für ihn auf derselben Stufe wie Shakespeare und Beethoven. Er lebt und webt in ihm, er bedroht schalkhaft seine Freunde, wenn sie nicht den „Titan“ lesen, ja selbst, das Idealbild seiner Jugendliebe Liddy fühlt er zerrinnen, „wenn ich an die Reden denke, die sie über Jean Paul führte“. Er schreibt selbst Jean-Pauliaden, er besucht als Student Jean Pauls Witwe in Bayreuth und lässt sich von ihr sein Bildnis geben.
Die Frage nach dem Einfluss Jean Pauls auf Schumanns künstlerische Tätigkeit wird später zu erörtern sein. Wie es im Menschen Schumann damals aussah, das zeigen am besten die ersten der uns erhaltenen Briefe, in denen er sein übervolles Herz mit echt Jean Paulscher Ueberschwenglichkeit offenbart.
Mittlerweile war das Abiturientenexamen herangekommen. Die Frage nach Roberts künftigem Lebensberuf musste entschieden werden. Die Entscheidung fiel, wie sie unter den obwaltenden Umständen fallen musste. Dem besorgten Drängen der Mutter nachgebend, entsagte Robert dem Künstlerberuf und liess sich am 29. März 1828 als stud. jur. an der Universität Leipzig immatrikulieren. Er traf hier seinen Gymnasialfreund Emil Flechsig wieder, mit dem er eine gemeinschaftliche Wohnung verabredete, sowie den Bruder seiner Schwägerin Therese, den stud. jur. Moritz Semmel, und durch dessen Vermittlung den stud. jur. Gisbert Rosen, eine Bekanntschaft, welche alsbald unter dem Zeichen Jean Pauls zu einem beiderseits mit schwärmerischer Liebe gepflegten Freundschaftsbund erwuchs. Rosen liess sich sogar bestimmen, dem Freunde nach Zwickau zu folgen, wo Schumann noch sein Abiturientenexamen abzulegen hatte; er war Zeuge des Jubels im elterlichen Hause, als dieses mit dem glänzendsten Erfolge verlief. Nun begann für die beiden Freunde eine Zeit seligsten Schlaraffenlebens. Robert durfte den nach Heidelberg übersiedelnden Freund nach München begleiten, eine Reise, die die beiden jugendlichen Schwärmer zu einer Pilgerfahrt nach Bayreuth benützten, der geweihten Heimatsstätte ihres Abgotts Jean Paul. Von hier ging die Reise über Augsburg nach München. Hier öffnete ihnen eine Empfehlung von Schumanns Augsburger Bekannten den Zutritt zum Hause Heinrich Heines, der damals mit seinen vor kurzem erschienenen Reisebildern und dem Buch der Lieder bereits die erste Staffel seines Ruhms erklommen hatte. Mehrere Stunden verlebte der junge Schumann bei dem Dichter, dessen Lieder zwölf Jahre darauf von seiner Hand eine neue, verklärende Weihe erhalten sollten.
In München schlug aber auch zugleich die Stunde der Trennung für die beiden Freunde. Nach schmerzbewegtem Abschied reiste Schumann nach Zwickau zurück, um von hier aus Mitte Mai nach Leipzig überzusiedeln. Es war ein schwerer innerer Konflikt, den er mit sich hinübernahm in die Studentenzeit. Ohne sich es selbst zu gestehen, war er innerlich fest entschlossen, sich der Kunst in die Arme zu werfen. Aber noch hielt ihn die zarte Scheu vor dem Willen der Mutter zurück. Erst der „eiskalten“ Wissenschaft war es beschieden, ihn zur vollen Klarheit über den bedeutungsvollsten aller Lebensentschlüsse hindurchzuführen.
Ansicht von Heidelberg.
„Leipzig ist ein infames Nest, wo man seines Lebens nicht froh werden kann.“ Das war der erste Eindruck des stud. jur. Schumann, den er am 5. Juni seinem Herzensfreunde Rosen in Heidelberg mitteilt. Er hatte damit nicht so unrecht. Leipzig war schon damals politisch ein ziemlich heisser Boden; die Unruhen der folgenden Jahre kündigten sich bereits in den Gemütern an und gerade in der Studentenschaft begann es mächtig zu gären. Die christlich-germanische Schwärmerei der Burschenschaft lernte Schumann aus nächster Nähe kennen, sonderte sich jedoch sehr bald, angewidert von der Deutschtümelei der Jahnianer, von diesem Treiben ab und trat in die gemässigtere „Markomannia“ ein, ohne sich freilich am studentischen Leben jemals intensiver zu beteiligen. Dagegen werden ihn die Vorträge und Publikationen des feder- und redegewandten liberalen Philosophen Krug aufs lebhafteste interessiert haben. Charakteristisch ist jetzt schon für den jungen Studenten der Widerwille gegen alle Unklarheit in den politischen Bestrebungen, sowie gegen alle Aeusserungen eines aufdringlichen Demagogentums, das den Aristokraten in ihm geradezu anekelte. So erschien denn die Welt dem achtzehnjährigen Jeanpaulianer als „ein ungeheurer Gottesacker eingesunkener Träume — ein Garten mit Cypressen und Tränenweiden, ein stummer Guckkasten mit weinenden Figuren“.
Vorlesungen besuchte Schumann in der ersten Zeit überhaupt noch nicht, erst auf das beständige Drängen seiner Mutter und die Ermahnungen seines Vormunds hin entschloss er sich zu einem regelmässigen, in seinen Augen „maschinenmässigen“ Kollegienbesuch. Es war dies um so anerkennenswerter, als sich durch alle seine Briefe aus dieser Zeit eine bittere Klage über die „eiskalte und trockene Jurisprudenz“ hindurchzieht. Es war ein heroischer Kampf, den er mit dieser Wissenschaft kämpfte; dass er ihn so lange aushielt, erklärt sich aus seinem ausserordentlich raschen Auffassungsvermögen, das ihm das Studium von Kunst und Wissenschaft zugleich vergönnte. Für die Drangsale des Studiums hielt er sich reichlich schadlos bei Poesie und Musik. Jene verkörperte sich für ihn immer noch vorwiegend in der Gestalt Jean Pauls, dessen Bild neben denen seines Vaters und Napoleons sein Zimmer zierte und dem er mit der Dichtung eigener „Jean-Pauliaden“ emsig nacheiferte. Jean-Pauliaden sind auch die Briefe aus jener Zeit, es sind Bekenntnisse einer schwärmerischen Jünglingsseele, die trotz alles Gefühlsüberschwanges doch genug echte Poesie offenbaren, um auch dem nüchternen Geschlecht der Gegenwart gegenüber ihrer Wirkung sicher zu sein.
Aber die Dichtung tritt mehr und mehr zurück gegen die Tonkunst. Hier war, zur selben Zeit wie Jean Paul, ein Künstler in seinen Gesichtskreis getreten, der einen ähnlichen Einfluss auf seine Entwicklung haben sollte: Franz Schubert. Es waren jedoch nicht Schuberts Lieder, die Schumann damals begeisterten, sondern seine 2- und 4händigen Klavierkompositionen. Offenbar von ihnen empfing er die Anregung zu eigener kompositorischer Tätigkeit: es fallen in jene Zeit acht 4händige Polonaisen, sowie Variationen für Klavier, die aber dem Druck nie übergeben wurden.
Im höchsten Grade folgenschwer sollte für Schumann die Erneuerung einer schon in Zwickau gemachten Familienbekanntschaft werden. Die Familie des Dr. Carus war aus Colditz nach Leipzig übergesiedelt, und die kunstsinnige Frau hatte hier binnen kurzem einen Kreis von Künstlern um sich versammelt, der so manche interessante Persönlichkeit in sich schloss. So lernte Schumann hier Marschner kennen, ferner den Braunschweiger Kapellmeister G. Wiedebein, dessen Lieder Schumann derart begeisterten, dass er ihm alsbald eine eigene Liedersammlung zur Begutachtung einsandte. Wiedebeins Antwort fiel dermassen günstig aus, dass Schumann in seinem Entschluss, sich der Kunst zu widmen, aufs neue bestärkt wurde, freilich ohne irgend jemand davon noch ein Sterbenswort zu sagen. Im Gegenteil, nach wie vor zeigt sich in den Briefen an die Mutter eine gewisse verzagte Zurückhaltung hinsichtlich des Themas Musik; es wird meist nur flüchtig gestreift, während ihm in den Briefen an sonstige Verwandte und die Freunde ein ziemlich grösserer Raum gewidmet wird.
Aber noch ein anderes Band spann sich im Hause Carus an, das den Menschen Schumann für sein ganzes Leben fesseln und auch den Künstler zu den Höhen seines Genius emporleiten sollte: es war die Bekanntschaft mit Friedrich Wieck und seiner damals 9 Jahre alten Tochter Clara. Wieck selbst stand damals im 43. Lebensjahr (geb. 18. Aug. 1785). Ursprünglich zum Theologen bestimmt, hatte er die Musik zuerst nur nebenher betrieben, bis es ihm gelang, in Leipzig eine Klavier- und Musikalienleihanstalt zu gründen. Er konnte dieses Geschäft bald wieder eingehen lassen, da er mit der Erziehung seiner Töchter Clara und Marie sich zu einer klavierpädagogischen Berühmtheit ersten Ranges emporgeschwungen hatte.
Seine ältere Tochter Clara Josephine war am 13. September 1819 zu Leipzig geboren. Bereits in ihrem 5. Lebensjahr begann ihr Vater mit dem Klavierunterricht. Seine vernünftige, das Talent des Schülers niemals forcierende Lehrmethode brachte es so weit, dass Clara schon nach 4 Jahren zum ersten Male öffentlich auftreten und nach 6 Jahren ihre erste Konzertreise unternehmen konnte. Ihre Ausbildung blieb auch fernerhin eine durch und durch harmonische; sie ging nicht einseitig nach der Seite des Virtuosenhaften, sondern umfasste auch das gesamten Gebiet der theoretischen Studien, ja einige Zeit sogar Violinspiel und Gesang.
Es dauerte nicht lange und die beiden jungen Leute waren die besten Kameraden. Das Mädchen hing begeistert an den Lippen des Studenten, der so schöne Märchen zu erzählen wusste und ihr gelegentlich auch durch eine geheimnisvolle Gespenstergeschichte ein angenehmes Gruseln einjagte. Schumann aber fühlte sich zu diesem Wunderkinde nicht minder hingezogen, als zu der imponierenden Persönlichkeit ihres väterlichen Meisters. In diesem erkannte er alsbald den Mann, der die Lücken in seiner musikalischen Ausbildung auszufüllen geeignet war, und nahm bei ihm Unterricht. Wiecks strenge Methode war freilich oft keineswegs nach seinem Geschmack, denn die für Schumann zeitlebens charakteristische Neigung, die freie künstlerische Phantasie dem kritischen Verstand gegenüber in die vorderste Linie zu rücken, machte sich damals noch mit der ganzen naiven Elementarkraft der Jugend geltend und flösste seinem Lehrer, der die Grösse seines Genies wohl erkannt hatte, lebhafte Besorgnis ein; sie äusserte sich besonders in einer hartnäckigen Antipathie gegen die theoretische Seite der Kunst, die in den folgenden Jahren Schritt für Schritt überwunden werden musste.
Die hinreissende Persönlichkeit des jungen Künstlers machte ihn bald zum Mittelpunkt eines Kreises von Gesinnungsgenossen, von den wir den meisten bei den Davidsbündlern wieder begegnen werden. Es waren hauptsächlich Julius Knorr, der spätere berühmte Klavierpädagog, Glock, nachmals Bürgermeister in Ostheim bei Meiningen, endlich Täglichsbeck, der schon damals Kapellmeister des Fürsten von Hohenzollern-Hechingen war. Ein für Schumann selbst unschätzbarer Gewinn aus diesem gemeinsamen Musizieren war die damit verbundene Förderung seiner Kenntnisse in der Kammermusik; sie trug eine sichtbare Frucht in einem E-moll-Quartett für Klavier und Streichinstrumente, das leider seitdem verschollen ist. Das geistige Patronat über die Vereinigung hatte Franz Schubert, dessen vor kurzem erfolgtes Hinscheiden von den Genossen mit leidenschaftlicher Wehmut betrauert wurde. Zu gleicher Zeit aber tritt nunmehr ein zweiter Meister in Schumanns künstlerischen Gesichtskreis, der fortan sein schwärmerisch angebetetes Ideal bis ans Ende bilden sollte: Johann Sebastian Bach. Das Studium dieses Meisters ersetzte ihm geraume Zeit hindurch den fehlenden musiktheoretischen Unterricht, indem es dem unruhigen Geiste, der nur allzusehr geneigt war, die ihm reichlich zufliessenden Ideen in wirrer Formlosigkeit zerflattern zu lassen, wohltätige Zügel anlegte.
Ostern 1829 beabsichtigte Schumann die Universität Heidelberg zu beziehen. Was ihn zu diesem Entschlusse veranlasste, war weniger das Studium bei dem berühmten Juristen Thibaut, das er seinen Verwandten gegenüber ins Feld führte, sondern die Aussicht auf das Wiedersehen mit seinem alten Busenfreunde Rosen und der Zauber, den Heidelberg als die Wiege der deutschen Romantik auf sein junges Gemüt ausübte. Hier hatten sich zwei Jahrzehnte zuvor Arnim, Brentano, Görres und andere zu gemeinsamem Wirken zusammengefunden, hier war 1806-1808 „Des Knaben Wunderhorn“ entstanden, und es ist darum ein sinnvolles Spiel des Schicksals, dass auch der Herold der musikalischen Romantik in der Heimat der ganzen Bewegung seine ersten Sporen verdiente. Am 11. Mai ging’s unter der Reisebegleitung von Willibald Alexis nach Heidelberg, hinein ins „Blütenleben“. Und in der Tat, hier inmitten der idyllischen Poesie des Neckartales, wo ihm im Vergleich zu der Nüchternheit des nordischen Lebens alles in einer „sanften, singenden provençalischen Tonart“ zu schweben scheint, geniesst Schumann in vollen Zügen alle Reize des Studentenlebens. Mit Rosen und Semmel, der ebenfalls einige Zeit dort zubrachte, im Verein durchstreift er die herrliche Umgebung, macht das gesellige Leben in ausgedehntem Umfange mit, arbeitet wenig und — das untrüglichste Zeichen des Studenten — leidet an chronischem Geldmangel; kurz, es war, wie er selbst später gesteht, eine „wüst-freie Weltansicht“, der er mit seinen Genossen während dieses Blütenjahres huldigte. Sehr bezeichnend für den sorgenlosen Optimismus des Jünglings ist, dass er sich eine kurze Spanne Zeit lang sogar für die Jurisprudenz begeisterte, eine Wendung, die durch die Autorität Thibauts, des Verfassers des 1825 erschienenen berühmten Werkes „Ueber die Reinheit der Tonkunst“ veranlasst war. Thibaut selbst freilich sah schärfer, sein wissenschaftlich wie künstlerisch gleich geschultes Verständnis erkannte bald, dass diesen Schüler der Himmel zu keinem Amtmann geboren hatte. Er gab denn auch schliesslich Schumann den Rat, die Wissenschaft endgültig mit der Kunst zu vertauschen.
Um so mehr Eindruck machten auf Schumann die Aufführungen Händelscher Oratorien, die Thibaut jeden Donnerstag bei sich zu Hause veranstaltete. „Ich weiss oft nicht, wie ich Lump zu der Ehre komme, in einem solchen heiligen Hause zu sein und zu hören.“ Andererseits aber konnte er sich mit den persönlichen Ansichten Thibauts über Musik keineswegs befreunden; sie kamen dem jugendlichen Feuergeist einseitig und pedantisch vor.
Am Schlusse des Sommersemesters glückte es ihm, von seinem Vormund die Geldmittel zu einer Reise nach Oberitalien herauszuschlagen. Sie führte ihn zunächst nach Mailand und von hier über Verona und Padua nach Venedig. Es war eine richtige Studentenreise voll überquellendem Jugendmut, dem selbst der Geldmangel, Schumanns treuer Begleiter auch im Süden, keinen Abbruch zu tun vermochte. So wenig er sich im allgemeinen von dem Musiktreiben der Italiener angezogen fühlte, so tief war der Eindruck, den in Mailand Rossini und die berühmte Pasta auf ihn machten; bei ihrem Gesang war es ihm, als liesse ihn „Gott auf einige Augenblicke in sein Angesicht sehen“.
Nach der Rückkehr aus Italien warf sich Schumann mit erneutem Eifer auf das Klavierspiel und war in kurzem der erklärte Liebling aller musikliebenden Familien Heidelbergs, die er namentlich durch sein freies Phantasieren unwiderstehlich mit fortriss. Ja auch vor einem grösseren Kreise liess er sich hören: in einem Konzert des „Museums“ führte er die Variationen über Moscheles’ „Alexandermarsch“ vor mit einem Erfolge, der alsbald die ehrenvollsten Anträge zum Auftreten in Mannheim und Mainz nach sich zog. Schumann lehnte sie ab; ihn drängte es gerade in jener Zeit, auch seiner eigenen Schöpfertätigkeit zu ihrem Rechte zu verhelfen. Es entstanden damals neben einigen Ansätzen zu Symphonien mehrere kleine Klavierstücke, die späterhin in den Papillons (op. 2) gedruckt wurden (No. 1, 3, 4, 6 und 8). Der Anfang des Jahres 1830 brachte ausser den Anfängen eines Klavierkonzerts die Variationen über den Namen „Abegg“, die 1831 als op. 1 im Druck erschienen, sowie die erste Fassung der später umgearbeiteten und als op. 7 veröffentlichten Toccata.
Ostern 1830 sollte die Stunde des Abschieds von Heidelberg schlagen. Schumann fühlte, dass der entscheidende Wendepunkt seines Lebens da war. Hatte sich doch während des Heidelberger Aufenthalts für ihn das Gleichgewicht zwischen Kunst und Wissenschaft dermassen zuungunsten der Jurisprudenz verschoben, dass er einer endgültigen Auseinandersetzung mit sich selbst und mit seinen Angehörigen nicht mehr länger aus dem Wege gehen konnte. Er erbat sich darum eine Verlängerung seines Heidelberger Aufenthaltes, um Zeit zur Lösung dieses Zwiespalts zu gewinnen. Seine Bitte wurde gewährt und der Aufenthalt in Heidelberg noch über den ganzen Sommer dieses Jahres ausgedehnt. An Ostern trat ein für Schumanns weitere Entwicklung hochbedeutendes Ereignis ein: Paganini gab ein Konzert in Frankfurt, und Schumann beschloss alsbald, mit seinem Freunde Töpken hinzueilen. Der Eindruck, den Paganinis Persönlichkeit und Spiel auf Schumann machte, war tief und nachhaltig; er spiegelt sich äusserlich wieder in seiner Bearbeitung Paganinischer Capricen für Klavier, und es mag als so gut wie sicher gelten, dass Schumann damals den späterhin kundgegebenen Entschluss fasste, sich der Virtuosenlaufbahn gänzlich in die Arme zu werfen.
In einem Briefe vom 30. Juli erfolgte endlich die entscheidende Mitteilung an seine Mutter. Er gesteht ihr darin, dass sein „ganzes Leben ein Kampf zwischen Poesie und Prosa — oder nenn’ es Musik und Jus —“ gewesen. „Folg’ ich meinem Genius,“ fährt er fort, „so weist er mich zur Kunst, und ich glaube, zum rechten Weg.“ Nochmals legt er ihr die ganze Alternative dar und bittet sie am Schlusse inständig, Friedrich Wiecks Meinung über seinen Lebensplan einzuholen und die Entscheidung ihm anheimzustellen; denn, schliesst er: „jedenfalls muss die Frage bis Michaelis entschieden werden, und dann soll’s frisch und kräftig und ohne Tränen an das vorgesteckte Lebensziel gehen“.
Die Mutter war über diese Eröffnungen aufs Tiefste bekümmert; sah sie ihn doch nach fast dreijährigem Studium, das den grössten Teil seines Vermögens verschlungen hatte, den Schritt tun, vor dem ihr schon so lange gebangt hatte. Trotzdem aber, und trotz der Einsprache ihrer drei anderen Söhne entschloss sie sich doch, dem Wunsche ihres jüngsten Kindes zu willfahren und ein Schreiben an Fr. Wieck abzusenden, dessen Schlussworte zu charakteristisch für das innige Verhältnis zu ihrem Sohne sind, als dass sie hier übergangen werden dürften. Sie lauten:
„Auf Ihrem Ausspruch beruht Alles, die Ruhe einer liebenden Mutter, das ganze Lebensglück eines jungen, unerfahrenen Menschen, der blos in höheren Sphären lebet und nicht ins praktische Leben eingehen will. Ich weiss, dass Sie die Musik lieben — lassen Sie das Gefühl nicht für Roberten sprechen, sondern beurtheilen seine Jahre, sein Vermögen, seine Kräfte und seine Zukunft. Ich bitte, ich beschwöre Sie als Gatte, Vater und Freund meines Sohnes, handeln Sie als redlicher Mann! und sagen Sie unumwunden Ihre Ansichten, was er zu fürchten — oder zu hoffen hat.“
Wieck, der sich über Schumanns glänzende Begabung längst klar war, entschied zu seinen Gunsten, ohne ihm jedoch die Schwierigkeiten und den Ernst des neuen Studiums, insbesondere des Studiums der Theorie, zu verhehlen. Daraufhin gab die Mutter ihren Widerstand auf. Schumann selbst war überglücklich. Nach einer kurzen Exkursion nach Strassburg traf er Anstalten, im Herbst 1830 wieder nach Leipzig überzusiedeln. Er hatte sich, dem Zuge der Zeit folgend, entschlossen, die Virtuosenlaufbahn einzuschlagen.
In Leipzig war mittlerweile die Saat der Pariser Julitage mächtig aufgegangen. Aus ganz Deutschland strömten hier in den nächsten Jahren die radikalen Literaten zusammen und fanden an den Helden des Tages, den polnischen Flüchtlingen, mächtige Bundesgenossen. Opposition und Verstimmung überall — das war der Boden, auf dem auch Schumann mit seinen Davidsbündlern gegen die Philister auszog, nur dass er kraft seines sittlichen Ernstes über die rein destruktiven Tendenzen der zeitgenössischen Schriftsteller hinweg zu einer positiven und fruchtbaren Kritik fortschritt. Das Musikleben der Stadt hatte nur wenig unter der Ungunst der Zeiten zu leiden. Die Gewandhauskonzerte‚ bis 1835 unter der Leitung von A. Pohlenz, behaupteten ihre alte Höhe, dazu dirigierte Pohlenz noch die Singakademie und einen Musikverein für geistliche und weltliche Vokalmusik, während die Orchestermusik in der „Euterpe“ unter C. G. Müller eifrige Pflege fand. An der Thomasschule wirkte der tüchtige Kantor Weinlig, Wagners späterer Lehrer, am Theater Heinrich Dorn, dem wir alsbald wieder begegnen werden.
Schumann bezog nach seiner Ankunft in Leipzig, Herbst 1830, eine Wohnung im Hause Wiecks und warf sich nun mit einem wahren Feuereifer unter dessen Anleitung auf das Klavierspiel. Aber eben dieser Eifer sollte ihm verhängnisvoll werden. Der gewöhnliche Weg zur Erlangung einer möglichst brillanten Fingerfertigkeit war ihm zu langwierig; vermittelst einer selbsterfundenen Mechanik suchte er die Unabhängigkeit der Finger von einander in kürzerer Zeit zu erreichen. Die Folge dieses Experiments war die vollständige Lähmung des rechten Mittelfingers und damit die Unmöglichkeit, das vorgesteckte Ziel zu erreichen. Wiederum stand Schumann an einem wichtigen Wendepunkt seines Lebens. Der Klavierunterricht bei Wieck musste natürlich abgebrochen werden; dafür stellte sich aber immer deutlicher das Bedürfnis nach einer systematischen Unterweisung in der musikalischen Theorie heraus. Wohl hatte sich Schumann im Verlaufe seiner bisherigen kompositorischen Tätigkeit ausreichende Kenntnisse des musikalischen Satzes erworben. Den Beleg dafür liefern die Kompositionen des Jahres 1831, die „Papillons“ (op. 2), seinen drei Schwägerinnen gewidmet, und das später als op. 8 gedruckte Allegro, und nur schwer wollte sich Schumann — trotz all seiner Verehrung für Bach — zu der Ansicht bekehren, dass zum Komponisten doch noch etwas Anderes gehöre, als blosses Gehör und musikalischer Instinkt. Es macht daher seiner Energie alle Ehre, dass er den Entschluss fasste, sich an Heinrich Dorn mit der Bitte um theoretischen Unterricht zu wenden. Dorn, der seine Laufbahn später als Hofkapellmeister in Berlin beschloss und stets in regen Beziehungen zum Kunstleben stand, war ein tüchtiger, erfahrener Musiker; dass Schumann sich durch seinen systematischen Unterricht in hohem Masse gefördert fühlte, beweist die dankbare Anhänglichkeit, die er seinem alten Lehrer noch in späteren Jahren entgegenbrachte. Dazu gesellte sich das private Studium von G. Webers theoretischen Schriften, sowie vor allem eine gründliche Analyse von Bachs „Wohltemperiertem Klavier“; man erkennt deutlich, wie die frühere selbstherrliche Verachtung der Theorie nun allmählich in das Gegenteil umschlägt.
Das Jahr 1831 ist aber auch noch nach einer andern Richtung hin von Bedeutung, nämlich als der Beginn von Schumanns schriftstellerischer Tätigkeit. Es ist ein eigenartiges Spiel des Zufalls, dass sowohl die erste als auch die letzte kritische Arbeit Schumanns einem jungen, aufstrebenden Genie gewidmet ist. Diese sollte späterhin, im Jahre 1853, den Ruhm des jungen Johannes Brahms begründen, jene galt einem Erstlingswerk des neu auftauchenden Chopin, seinen Variationen über „Là ci darem“ aus Mozarts Don Juan. Die in phantastischen Lobeserhebungen sich ergebende Besprechung ist namentlich auch deshalb von Interesse, weil sich hier zuerst die beiden späterhin so bedeutungsvollen Gestalten Florestan und Eusebius finden.
Von den im Jahre 1832 entstandenen Kompositionen sind zu nennen die zwei Hefte Intermezzi (op. 4), die Uebertragung von 6 Violin-Capricen Paganinis für Klavier (op. 3), sowie der erste Satz einer unbekannt gebliebenen Symphonie in G-moll, den er bei Gelegenheit eines Besuchs in der Heimat Zwickau in einem Konzert der 13jährigen Clara Wieck von dem dortigen Orchester zu hören bekam. Dem ersten folgten noch zwei weitere Sätze, die aber nie zur Aufführung gelangten.
In Leipzig, wohin er von seiner Reise zu den Zwickauer und Schneeberger Verwandten im März 1833 zurückgekehrt war, vertauschte er seine Wohnung im Hause Wiecks, mit dem er auch fortan in intimem Verkehr blieb, mit einer Sommerwohnung in Riedels Garten. Hier entfaltete sich alsbald ein reges musikalisches, wie namentlich auch gesellschaftliches Leben, das mitunter einen ziemlich übermütigen Charakter annahm. In jener Zeit entstand eine zweite Serie von Bearbeitungen Paganinischer Violincapricen, eine Neubearbeitung der 1830 komponierten Toccata und die Impromptus über ein Thema von Clara Wieck (op. 5). Aber das harmlose Treiben der jungen Freunde fand ein jähes Ende durch den Tod seiner Schwägerin Rosalie, der Schumann in die furchtbarste Erregung versetzte. Auf eine hochgradige Exaltation, verbunden mit den qualvollsten Beklemmungen, folgte ein Zustand „fürchterlichster Melancholie“ und vollständiger Apathie, die nur langsam von ihm zu weichen begann. Ein neuer Freundschaftsbund war es, der ihm die innere Ruhe wiedergab und die Kraft zu erneuter Tätigkeit verlieh: die Beziehungen zu dem talentvollen Stuttgarter Musiker Ludwig Schunke, der im Dezember von Wien nach Leipzig übersiedelte.
So brach das Jahr 1834 an, das Schumann selbst das „merkwürdigste seines Lebens“ nennt. Das wichtigste Ereignis bildete die Begründung der „Neuen Zeitschrift für Musik“, deren erste Nummer am 3. April erschien. Sie ging hervor aus einem Kreise gleichgesinnter, um Schumann gescharter Genossen, von denen Schunke, Wieck, Ortlepp und die uns schon bekannten Knorr und Dr. Glock als die ersten auf den Plan traten; in der Folgezeit schlossen sich immer mehr hervorragende Persönlichkeiten an, vor allem Carl Banck, der sich durch zahlreiche Aufsätze und rege Beteiligung an der Redaktionstätigkeit grosse Verdienste erwarb. Die Tendenz der Zeitschrift richtete sich gleichermassen gegen die damals herrschende Kunst wie gegen die Kritik. Hinsichtlich jener sollte sie „die ältere Zeit anerkennen, die nächstvergangene als eine unkünstlerische bekämpfen, die kommende als eine neue poetische vorbereiten und beschleunigen helfen“. „Der Jugend und der Bewegung“ in der Kunst galten die Bestrebungen des neuen Bundes; sie richteten sich in erster Linie gegen die leichten, gehaltlosen Salonkompositionen im Geiste eines Herz und Hünten, die eine grosse Gefahr für den Geschmack des Publikums bildeten. Zugleich aber sollte auch der saft- und kraftlosen Kunstkritik, wie sie damals namentlich von Fink, dem Redakteur der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“, geübt wurde, ein Riegel vorgeschoben werden. Die Idee der Begründung einer derartigen Vereinigung war nicht neu; sie war bereits dem Kopfe C. M. v. Webers entsprungen, der im Jahre 1810 mit der Schöpfung des „harmonischen Vereins“ ähnliche Bestrebungen verfolgt hatte, nur dass Weber, in dem der musikalische Schöpferdrang doch die schriftstellerischen Neigungen weit überwog‚ nicht zur Verwirklichung seiner Absichten gelangte. Schumann hat mit seinem „Davidsbunde“ diese Bestrebungen Webers zum Ziele geführt. Das literarische Vorbild des Unternehmens war die Leipziger Zeitschrift „Unser Planet“, eine Nachbildung des Herlosssohnschen „Kometen“. Die Begründer waren ausser Schumann Wieck, Schunke und der Pianist J. Knorr. Für den Verlag zeichnete Hartmann, der Verleger des „Planeten“. Differenzen innerhalb dieses Kreises, namentlich zwischen Schumann und dem Verleger, blieben nicht aus, sie vermochten indessen dem raschen Aufblühen der Zeitschrift keinen Eintrag zu tun. Ihr Erscheinen bildete tatsächlich ein Ereignis nicht allein für die musikalische, sondern auch für die literarische Welt Leipzigs. Welch ein Unterschied zwischen dem herzhaften, gesunden Ton, der hier herrschte, und der bei allem äusseren Flitter doch schwächlichen und affektierten Art des damaligen Journalismus!
Aber auch die Gegner wurden aus ihrer behaglichen Indolenz aufgeschreckt „Bündler rechts, Bündler links, Figaro hier, Figaro da“, schrieb Fink im selben Jahre, ... „bis jetzt aber sind wir noch auf dem Platze und haben Lust, ein Wörtchen mitzureden, und zwar ordentlich“. Es entstand eine gereizte Polemik zwischen den beiden Zeitungen, die begreiflicherweise auch die Kompositionen Schumanns in Mitleidenschaft zog: sie wurden seit 1834 von der „Allg. Zeitung“ einfach totgeschwiegen.
Wir sind schon mehrere Male der Davidsbündleridee begegnet. Sie ging Hand in Hand mit der Begründung der Zeitschrift und kennzeichnet sich als eine echte Schöpfung der an Jean Paul grossgezogenen Dichterphantasie Schumanns, der seine Gedanken gerne in ein mystisches, mit allerlei geheimnisvollen Anspielungen durchwobenes Gewand einkleidete. Florestan, Eusebius und Meister Raro finden sich schon in dem Chopin-Artikel von 1831, nunmehr treten sie mit ihren Genossen als „Davidsbündler“ auf den Plan. Der Name entspricht der Tendenz der Zeitschrift, die der Bekämpfung jeglichen Philistertums galt; die Namen Florestan und Eusebius aber verkörpern die beiden in Schumanns Brust wohnenden Seelen. Der Gedanke liegt sehr nahe, dass die erste Anregung zu dieser Idee von dem Brüderpaar Walt und Vult in Jean Pauls „Flegeljahren“ ausging. Hinter Florestan verbirgt sich die kraftvoll vorwärtsstürmende‚ männliche, hinter Eusebius die mehr innerliche, weibliche Seite seiner Künstlernatur; Meister Raro endlich, hinter dem man wohl nicht mit Unrecht einige Züge Fr. Wiecks vermutet, sollte die Verschmelzung beider zu einer höheren Einheit darstellen. Dieser phantastischen Zergliederung von Schumanns eigenem Ich entsprach nun auch die weitere Ausgestaltung der Davidsbündleridee. Die Fülle wechselnder Stimmungen, die seine Seele fortwährend bewegte, veranlasste ihn zur Schöpfung der verschiedenartigsten Kunstcharaktere, die er zu Vermittlern seiner Gedanken erkor. Da und dort mögen wohl die Züge eines seiner Freunde hervorleuchten; der Hauptsache nach jedoch war der ganze Davidsbund seine ureigenste Schöpfung, er „existierte nur in dem Kopf seines Stifters.“ Die Idee stand geraume Zeit im Mittelpunkte seines gesamten Denkens. Sie ist wirksam in seiner kompositorischen Tätigkeit, sie offenbart sich in dem eine Zeit lang gehegten Plane eines Romans „Die Davidsbündler“, ja es gab sogar eine Zeit, wo Schumann beabsichtigte, dem Bunde ein wirkliches Leben, mit äusseren Abzeichen, zu geben. Wie stark seine Dichterphantasie am Werke war, zeigen am besten die Berichte aus den „Büchern der Davidsbündler“, die zum Teile wirkliche Blüten einer reizvollen Novellistik sind.
Das zweite wichtige Ereignis dieses Jahres war die Bekanntschaft mit einer jungen Dame, Ernestine von Fricken, die aus ihrer Heimat, dem an der böhmisch-sächsischen Grenze gelegenen Städtchen Asch, nach Leipzig übergesiedelt war, um bei Wieck Klavierunterricht zu nehmen. Obwohl weder besonders schön, noch hervorragend geistig begabt, entfachte sie doch in dem jungen Künstler eine glühende Leidenschaft, die ihrerseits vollkommen erwidert wurde und in kurzem zu einer heimlichen Verlobung führte. Zu gleicher Zeit lernte Schumann eine zweite Dame kennen, Henriette Voigt, die hochgebildete Gattin eines Leipziger Kaufmanns, bei der ihn sein Freund Schunke eingeführt hatte. Auch zu ihr trat der damals gemütlich stark erregte Schumann in ein schwärmerisches Freundschaftsverhältnis (er nennt sie einmal eine „Asdur-Seele“), das bis zu ihrem frühen Tode (1839) anhielt.
Das Verhältnis zu Ernestine spiegelt sich auch in den Kompositionen dieses Jahres wieder: es sind die „Études symphoniques“ (op. 13), Variationen über ein Thema von Ernestinens Vater, sowie vor allem der 1835 vollendete „Carneval. Scènes mignonnes sur 4 Notes pour Piano, op. 9“, dasjenige Werk, das sich auch heute noch bei den Pianisten besonderer Beliebtheit erfreut.
Der Carneval, den Schumann selbst merkwürdigerweise schon bald nach seiner Entstehung ziemlich abfällig beurteilte, erregte nach seiner Veröffentlichung das hohe Interesse Franz Liszts, der ihn sogar in gewisser Hinsicht über Beethovens Diabelli-Variationen stellte und ihm einen Ehrenplatz in seinen Konzertprogrammen einräumte, ohne indessen anfänglich den erhofften äusseren Erfolg damit zu erzielen.
Das Ende des Jahres 1834 brachte für Schumann den schmerzlichen Verlust seines treuen Freundes Schunke, der am 7. Dezember seinem Brustleiden erlag. Zugleich schieden Wieck und Knorr aus der Redaktion der Zeitschrift aus und es folgten im Anschlusse daran ärgerliche Differenzen mit dem Verleger Hartmann, die mit der Zahlung einer Abstandssumme an diesen und mit der alleinigen Uebernahme der Zeitschrift durch Schumann endigten.
Das Jahr 1835 verlief äusserlich ruhig; den Komponisten Schumann zeigt es uns von einer neuen Seite mit der „Pianoforte-Sonate, Clara zugeeignet von Florestan und Eusebius“ (Fis-moll op. 11) und der G-moll-Sonate (op. 22, Henriette Voigt gewidmet). Dagegen wurde das folgende Jahr, 1836, für Schumann von der allerhöchsten Bedeutung: es brachte ihm den Verlust seiner Mutter (am 4. Febr.) und die Lösung seines Verhältnisses zu Ernestine, zu der er sich nach reiflicher Erwägung entschloss. Die Erkenntnis, dass Ernestine ihm nicht das zu bieten vermochte, was er in der ersten Schwärmerei gehofft, war der Hauptgrund; sie wurde gestärkt durch eine mächtig aufkeimende andere Neigung, die ihn als Menschen wie als Künstler aufs Tiefste erfasste.
Der intime Verkehr Schumanns mit Wieck hatte sich seit langer Zeit naturgemäss auch auf dessen hochbegabte Tochter erstreckt. Schon im Jahre 1832 schreibt er: „Wir sind wie Geschwister“. Der Ton seiner Briefe an sie aus den Jahren 1833-35 nimmt an Vertraulichkeit stetig zu. Im Laufe des Sommers 1835 zeigen sich die ersten Anzeichen der aufkeimenden Liebe; Clara erscheint ihm „täglich, ja stündlich, innerlich wie äusserlich reizender“, und aus dem November desselben Jahres weiss Schumanns Bräutigamsbuch bereits von dem „ersten Kuss auf der Treppe im Wieckschen Haus“ zu berichten. Die Liebenden ahnten nicht, welch bittere Tropfen die Schale ihres jungen Glückes enthalten sollte. Denn Vater Wieck, der mit seiner Tochter ganz andere Pläne hatte und ausserdem Schumanns künstlerischer Tätigkeit trotz seiner bisherigen Leistungen stark misstraute‚ geriet in furchtbare Erregung, als er davon erfuhr; er suchte die kaum Vereinten zu trennen, indem er Clara auf Reisen nahm, Robert aber bedeutete, dass er in seinem Hause nichts mehr zu suchen habe. Ein Jahr bittersten Schwankens zwischen Hoffnung und Resignation folgte. An Claras Geburtstag 1837 wagte Schumann einen neuen Ansturm auf Wieck, diesmal in Form einer direkten Werbung — umsonst. Allein alsbald zeigte sich, dass Wieck in Schumann seinen Meister gefunden hatte: alle seine Versuche, die Liebenden zu trennen, trugen nur dazu bei, den Bund noch fester zu schliessen. Da Wieck 1838 seine Einwilligung von Schumanns Wegzug von Leipzig und von einer genügenden Verbesserung seiner finanziellen Lage abhängig machte, so beschloss dieser im September nach Wien überzusiedeln, in der Hoffnung, in der alten Musikzentrale für seine Kunst und namentlich auch für seine Zeitschrift einen günstigen Boden zu finden.
Auch die Kompositionen dieser Zeit spiegeln die erregte Stimmung wieder, in die Schumann die Entwicklung seiner Herzensangelegenheit versetzt hatte: vor allem die von Leidenschaft durchglühte Phantasie in C-dur (op. 17), dann das „Concert sans Orchestre“ (op. 14), endlich die „Phantasiestücke“ (op. 12) und die „Davidsbündlertänze“ (op. 6) aus dem folgenden Jahr.
Die auf Wien gesetzten Hoffnungen sollten sich nicht erfüllen. Der Verlegung der Zeitschrift türmten sich von Anbeginn an, namentlich von seiten der österreichischen Zensur, unüberwindliche Hindernisse entgegen, und so musste denn Schumann nach langen Verhandlungen im April 1839 unverrichteter Dinge wieder nach Leipzig zurückkehren. Aber seiner inneren Entwicklung war der Wiener Aufenthalt ausserordentlich förderlich. Zwar das lebensfrohe Wienertum erschien ihm nach näherer Bekanntschaft fade und allzu oberflächlich; trotz seiner Bewunderung für die Oper suchte er die Künstler vergebens, die „ganze Menschen sind und Shakespeare und J. Paul verstehen“. Aber für die gesamte Musikwelt im höchsten Grade bedeutsam sollte sein Besuch bei Franz Schubert’s Bruder werden. Hier entdeckte er nämlich in dem Nachlass des von ihm so schwärmerisch verehrten Meister eine ganze Reihe unbekannter Manuskripte, darunter auch die grosse C-dur-Symphonie. Alsbald setzte er sich mit der Firma Breitkopf & Härtel wegen der Herausgabe in Verbindung; die Symphonie selbst übersandte er Mendelssohn nach Leipzig, der sie in einem Gewandhaus-Konzerte am 12. Dezember 1839 zu Gehör brachte. Schumann, der der ersten Probe beiwohnte, schrieb voll Entzücken an seinen Freund Becker aus Freiberg: „Es ist das Grösseste, was in der Instrumentenmusik nach Beethoven geschrieben worden ist; selbst Spohr und Mendelssohn nicht ausgenommen!“ Auch eine äussere Auszeichnung wurde ihm damals zuteil: die Universität Leipzig übersandte ihm das Doktor-Diplom der philosophischen Fakultät.
Nach Schumanns Rückkehr aus Wien begann der Kampf um die Geliebte unter erschwerenden Umständen aufs neue. Clara, die insgeheim immer noch auf eine friedliche Schlichtung des Zwistes hoffte, hatte ihm schon im Juni 1838 ihr Wort gegeben: „1840 bin ich bei Dir, es mag kommen, wie es will, baue auf mich, zweifle nie an mir!“ Dagegen wurde der Ton ihres Vaters immer gereizter und feindseliger. Hatte er es bisher mit brutaler Hartnäckigkeit und hinterhältiger Minierarbeit versucht, so scheute er jetzt selbst vor gehässigen Verleumdungen, nicht nur Schumanns, sondern auch seiner eigenen „ehrlosen“ Tochter, nicht zurück. Alle einzelnen Phasen dieses unerquicklichen Streites zu verfolgen verbietet der Raum. Nur soviel mag gesagt sein, dass, während Vater Wiecks Charakterbild, allen modernen Ehrenrettungen zum Trotz, eine starke Trübung erfährt, Schumann die Feuerprobe, die seine Energie, seine Selbstbeherrschung und seine Herzensbildung durchzumachen hatten, in einer Weise bestand, wie sie wenige in derselben Lage bestanden hätten. Auch Clara ging aus diesem wahren Martyrium, in das sie der Konflikt der Pflichten gegen Vater und Bräutigam versetzte, als wahre Heldin hervor. Als letzter Ausweg blieb den Liebenden schliesslich nichts Anderes mehr übrig, als die Hilfe des Gerichts anzurufen. Dieses entschied am 12. August 1840, nachdem Wiecks geradezu krankhafte Gehässigkeit sogar die Erfolge der eigenen Tochter zu untergraben versucht hatte, zu ihren Gunsten. Am 12. September, dem Vorabend von Claras Geburtstag, fand in der Schönefelder Kirche im kleinsten Kreise die Hochzeit statt. Die Vereinigung mit der Geliebten eröffnete für Schumann in jeder Hinsicht eine neue Lebensbahn.
Mit dem Jahre 1840, der Vereinigung mit Clara, schliesst das Kapitel „Sturm und Drang“ in Schumanns Leben. Die wechselvollen äusseren und inneren Kämpfe sind zu Ende; unter der treuen Obhut seiner Gattin, die fortan alle Widerwärtigkeiten des Alltagslebens mit ängstlicher Fürsorge von ihm fernhält‚ verläuft sein Leben von jetzt an in behaglicher Ruhe und ohne bemerkenswerte äussere Einschnitte. Mit der Abkehr von der Aussenwelt spinnt sich sein Geist mehr und mehr in das innerliche Traumleben ein und aus den Tiefen seiner unerschöpflichen Phantasie steigen neue Gebilde empor, an Empfindungsgehalt ihren Vorgängern ebenbürtig, an formeller Gestaltung ihnen überlegen — seine Lieder, die kostbare Morgengabe, die er seiner Gattin mit in die Ehe brachte. Hatte Clara Wieck die bedeutendsten Klavierkompositionen veranlasst, so war es die junge Clara Schumann, der wir den reichen Liederschatz des Jahres 1840 verdanken. Nicht weniger als 138 Gesangskompositionen weist dieses Jahr auf, darunter gerade die berühmtesten, wie den „Liederkreis von H. Heine“ (op. 24), die „Myrthen“ (op. 25), „Frauenliebe und Leben“ (op. 42), die „Dichterliebe“ (op. 48) und andere mehr. Wieder eine neue Entwicklungsphase zeigt das nächste Jahr 1841, wo Schumann plötzlich mit drei grossen sinfonischen Schöpfungen hervortritt. Es sind die jugendfrische B-dur-Sinfonie (op. 35, die „Frühlingssinfonie“), ferner die (später umgearbeitete) Sinfonie in D-moll (op. 120) und die ursprünglich „Sinfonietta“ genannte Suite: „Ouvertüre, Scherzo und Finale“ op. 52). Im Jahre 1842 treffen wir Schumann auf dem Gebiete der Kammermusik. Er schuf in der kurzen Zeit von 8 Wochen die drei Streichquartette op. 41, darnach das berühmte Klavierquintett (op. 44) und dessen Schwesterwerk, das Klavierquartett in Es-dur (op. 47), endlich die Phantasiestücke für Pianoforte, Violine und Violoncell (op. 88).
Das folgende Jahr brachte Schumann, der bis dahin nur seinem kompositorischen und schriftstellerischen Schaffen gelebt hatte, ein neues Arbeitsfeld, nämlich seine Berufung an die am 2. April unter Mendelssohn’s Leitung eröffnete Leipziger Musikschule, als Lehrer für Pianofortespiel, Kompositionsübungen und Partiturspiel. Es ist sehr bezeichnend, dass dieser neuen Tätigkeit in den Briefen nur sehr flüchtig Erwähnung geschieht. Schumanns in sich gekehrtes Wesen machte ihn von vornherein zum Lehrer untauglich, und seine Schüler taten gut daran, sich an sein künstlerisches Vorbild zu halten, statt an das, was er ihnen während des Unterrichts mitteilte — bezw. nicht mitteilte. Zudem nahmen ihn gerade zu jener Zeit seine Kompositionen vollständig in Anspruch, dergestalt, dass sogar der Gedanke an den Rücktritt von der Zeitschrift allmählich immer festere Gestalt gewann. Der äussere Erfolg, mit dem er in früheren Jahren so hart zu kämpfen gehabt hatte, begann sich ebenfalls einzustellen; ein gesundes Selbstbewusstsein erfüllte ihn und beflügelte stetig seine Phantasie. Zum ersten Male trat er mit einem Werke grossen Stils an die Oeffentlichkeit: am 4. Dezember 1843 erlebte „Das Paradies und die Peri“ (als op. 50 veröffentlicht) unter seiner persönlichen Leitung die erste Aufführung. „Ein Oratorium, aber nicht für den Betsaal, sondern für heitere Menschen — und eine Stimme flüsterte mir manchmal zu, als ich schrieb: dies ist nicht ganz umsonst, was Du tust,“ so lautet sein eigenes Zeugnis über das Werk. Den Text dazu hatte er schon zwei Jahre vorher, als Uebersetzung von Thomas Moores „Lalla Rookh“, von seinem alten Freund Flechsig zugesandt bekommen und sich schon damals warm dafür begeistert. Der Erfolg war zündend; das Werk fand überallhin, selbst über den Ozean, die rascheste Verbreitung.
Trotzdem Schumanns Stärke und persönliche Neigung nicht auf dem pädagogischen Gebiete lag, zeitigte seine Tätigkeit an der Musikschule dennoch Ideen, die von einem tiefen Einblick in die musikalischen Bedürfnisse der Zeit zeugen. Vor allem ist es der Gedanke an eine Herausgabe der gesammelten Werke J. S. Bach's, der damals zuerst bei Schumann auftauchte; schon 1837 hatte er ferner die Idee eines „grossen deutschen Künstlerbundes“ angeregt.
Mit Mendelssohn trat Schumann seit Begründung der Musikschule in noch engeren Verkehr als vorher und es ist angezeigt, hier auf das äussere Verhältnis Beider zu einander einen flüchtigen Blick zu werfen. Was Schumann betrifft, so weht uns aus all seinen Briefen ein Hauch echter und warmer Begeisterung für Mendelssohn entgegen. Unter allen lebenden Komponisten stellt er ihn am höchsten. Er blickt zu ihm empor „wie zu einem Gebirge“. Und Mendelssohn? Tatsache ist, dass er Schumann jederzeit in echt kollegialer Weise unterstützte, seine Kompositionen ohne Weiteres zur Aufführung brachte und auf seine Intentionen nach jeder Richtung hin einging. Tatsache ist aber auch, dass in Mendelssohns Briefen der Name Schumann nur flüchtig gestreift wird. Der Mann, der sonst mit seinen persönlichen Empfindungen, auch weit kleineren Geistern gegenüber, nicht hinter dem Berge hielt, findet kein herzliches Wort, das auch nur als ein schwacher Widerhall von Schumanns Begeisterung gelten könnte. Zwischenträgereien aller Art fehlten begreiflicherweise ebenfalls nicht, und Schumann klagt einmal darüber, es sei ihm hinterbracht worden, dass Mendelssohn es nicht aufrichtig mit ihm meine. Allein man wird auch hier gut daran tun, auf die Unbefangenheit der beiderseitigen Anhänger nicht allzugrosses Gewicht zu legen. Wenn etwas die beiden Meister trennte, so war dies ihr verschiedenes Naturell und ihr verschiedener Bildungsgang. Mendelssohn, mit C. M. v. Weber der erste vollendete Typus des modernen Musikers, ein Künstler von ausserordentlicher gesellschaftlicher Gewandtheit und in steter Fühlung mit der Aussenwelt, der verhätschelte Liebling Aller, war das entschiedenste Widerspiel einer Natur wie Schumann, deren Reich nicht von dieser Welt war, die sich mehr und mehr von der Aussenwelt zurückzog, um ganz dem innerlichen Schauen und Schaffen zu leben. Die Initiative im Verkehr Beider fiel somit Mendelssohn zu. Er tat wie er unter solchen Umständen tun musste. Der Person Schumanns begegnete er mit Zurückhaltung, dem Künstler gegenüber, dessen Grösse er wohl zu würdigen verstand, wahrte er den korrekten Standpunkt der Kollegialität.
Die Gleichmässigkeit in Schumanns Leben wurde 1844 durch eine grössere Kunstreise unterbrochen, welche das Ehepaar über Mitau und Riga nach Petersburg führte. Für Clara war die Reise ein Triumphzug; sie spielte sogar in den Salons der russischen Kaiserin. Auch in Moskau gab sie drei Konzerte, und Beide trafen dann Anfang Juni wieder in Leipzig ein.
Während der russischen Reise hatten sich so manche Veränderungen in Schumanns persönlichen Beziehungen vorbereitet. In erster Linie war es die Aussöhnung mit seinem Schwiegervater Fr. Wieck, die einen wunden Punkt seines Familienlebens beseitigte. Dass diese Aussöhnung eine vollständige gewesen, wird man bei dem Charakter beider „Hartköpfe“ kaum annehmen dürfen, indessen wurde doch immerhin der namentlich für Clara überaus peinliche Zwiespalt so viel als möglich gemildert.
Ferner aber führte Schumann seinen schon länger gehegten Plan, die Redaktion der Zeitschrift andern Händen zu übergeben, jetzt endgültig aus. Schon 1838 hatte er bekannt, dass er „nur gezwungen Buchstaben, und am liebsten gleich Sonaten und Symphonien“ schreibe. Nunmehr trug der Komponist über den Redakteur den Sieg davon. Ende 1844 ging die Redaktion an Oswald Lorenz, Anfang 1845 an Franz Brendel über.
Aber noch ein Umstand beschleunigte diese Entwicklung der Dinge, nämlich der Anfall einer schweren Nerven- und Gemütskrankheit, deren Folgen Schumann lange nicht zu überwinden vermochte. Das tragische Schicksal seines organischen Leidens klopfte nunmehr vernehmlich an seine Türe. „Finstere Dämonen“ beherrschten ihn; Schlaflosigkeit, qualvolle Todesfurcht stellten sich ein, als er sich eben in die Komposition von Goethes Faust zu versenken begonnen hatte. Auch ein quälendes Gehörleiden gesellte sich dazu; Schumann hörte zuerst beständig einen Ton, später ganze Motive, deren unstätes Umherflattern vor seinem Geiste ihn unaufhörlich beunruhigte.
Grosse Hoffnungen setzte das Ehepaar auf eine Veränderung des Wohnsitzes, ein Plan, der ihm durch Mendelssohns Wegzug von Leipzig besonders nahegelegt wurde. So siedelte Schumann, als die ersten Anzeichen der Besserung sich einstellten, im Dezember 1844 nach Dresden über. Allerdings mussten er und Clara sehr bald die Erfahrung machen, dass dieser Wechsel keineswegs allen auf ihn gesetzten Erwartungen entsprach. Denn das Dresdener Musikleben befand sich trotz alles äusseren Glanzes in einem Zustand der Erschlaffung. Hof und Beamtenschaft gaben auch in künstlerischen Dingen den Ton an, das Publikum entbehrte der eigenen Initiative, und auch unter den Musikern war Ludw. Richters „Göttlicher Philister“ ein sehr verbreiteter Typus, über dessen Leisetreterei sich Schumann bitter beklagte. So vermochte das Ehepaar, das in Leipzig im Mittelpunkte des musikalischen Lebens gestanden hatte, in dieser einschläfernden Dresdener Atmosphäre nie wirklich festen Boden zu gewinnen. Recht charakteristisch dafür sind die neuen Freundschaften, die Schumann in Dresden anknüpfte. Sie gehören der Mehrzahl nach dem Dilettantentum an, so die Maler Bendemann und Hübner, der Bildhauer Rietschel‚ der Dichter Reinick, der Mediziner Carus. Von Musikern dagegen treffen wir nur Ferd. Hiller und Rich. Wagner, der in einer dieser Zusammenkünfte (1845) seinen Lohengrin-Text vorlas. Zu grösserer Intimität ist es freilich zwischen Schumann und Wagner auch damals nicht gekommen.
Diese beengenden Verhältnisse trugen natürlich keineswegs zur Beschleunigung von Schumanns Genesung bei. Noch sehr lange Zeit bedurfte er der äussersten Schonung; in der ersten Zeit spielte sich sein Leben fast durchaus innerhalb seiner vier häuslichen Pfähle ab. So warf er sich 1845 mit Clara gemeinsam auf kontrapunktische Studien, als deren Früchte die sechs Orgelfugen über BACH (op. 60); ferner die vier Klavierfugen (op. 72) anzusehen sind. Aber auch die Stücke für den Pedalflügel (op. 56 und 58) weisen auf das Bach’sche Vorbild hin. Daneben entstanden noch das Klavierkonzert in A-moll[1] (als op. 54 veröffentlicht), und endlich die Skizze zu der C-dur-Sinfonie (op. 61, vollendet 1846). Im Gegensatz zu der Fruchtbarkeit dieses Jahres erwies sich das nächste, 1846, als sehr wenig ergiebig. Ausser der Vollendung der Sinfonie kamen nur noch die Chorlieder (op. 55 und 59) zustande. Die Ursache davon waren neben seinem körperlichen Befinden verschiedene Kunstreisen. In Wien und in Prag wurde das Schumann’sche Ehepaar der Gegenstand begeisterter Ovationen, dagegen brachte ihm in Berlin eine an der Singakademie persönlich dirigierte Aufführung der „Peri“ infolge verschiedener misslicher Nebenumstände nur mässigen Erfolg; es dauerte daraufhin längere Zeit, bis Schumanns Kunst im Norden Eingang fand. Der dritte Ausflug, im Juli 1847, galt seiner Vaterstadt Zwickau, die ihren berühmten Sohn durch ein kleines Musikfest ehrte. Schumann dirigierte seine C-dur-Sinfonie, das Klavierkonzert (von Clara gespielt) und das Chorlied op. 84. Der Jubel seiner Mitbürger wollte kein Ende nehmen, sie brachten ihm und seiner Gattin sogar einen solennen Fackelzug dar.
Durch diese mannigfachen Zerstreuungen und Beweise der Anerkennung von allen Seiten wurde Schumann zu neuer Tätigkeit ermutigt. Auch einen äusseren praktischen Wirkungskreis hatte er sich geschaffen. Nachdem er schon 1846 die Direktion der Männer-Liedertafel an Stelle des nach Düsseldorf berufenen Ferd. Hiller übernommen hatte, begründete er im Jahre 1848 einen eigenen Verein für gemischten Chor. Diese zweifache Tätigkeit verhinderte den zu befürchtenden vollständigen Abschluss von der Aussenwelt und wirkte dadurch auch segensreich auf seinen inneren Zustand zurück.
Die Jahre 1847-50 bezeichnen eine ungemeine Steigerung in Schumanns Produktion. Es ist, als ob sein Geist, das traurige Los der Zukunft instinktiv vorausahnend, sich bestrebte, die reiche Ernte des Tages noch vor Einbruch des Dunkels unter Dach zu bringen. Es entstanden in der Dresdener Zeit in jenen Jahren an grösseren Werken die Oper „Genoveva“ (op. 81), die Musik zu Byrons „Manfred“ (op. 115), der grösste Teil der „Faustszenen“, die beiden Pianoforte-Trios in D-moll (op. 63) und F-dur (op. 80), das „Requiem für Mignon“ (op. 98b), die „Romanzen und Balladen für gemischten Chor“ (op. 67 und 75), die Romanzen für Frauenstimmen (op. 69 und 91), das „Adventlied“ und das „Neujahrslied“ (op. 71 und 114) von Rückert, daneben eine Menge Lieder, Klaviersachen und einige andere Instrumentalwerke‚ die „Bilder aus Osten“ (op. 66), das „Album für die Jugend“ (op. 68), das „Spanische Liederspiel“ (op. 74), das „Deutsche Minnespiel“ (op. 101) und als „Kuriosität“ das Konzert für vier Hörner mit Orchester (op. 86).
Von allen diesen Werken erweckt die Oper „Genoveva“ das grösste Interesse. Schon im Jahre 1830 hatte der Jüngling an eine Oper „Hamlet“ gedacht, voll von Träumen von Ruhm und Unsterblichkeit. Der Gedanke blieb unausgeführt, aber anfangs 1840 stellten sich die Opernpläne wieder ein. Und zwei Jahre darauf schrieb er bereits an C. Kossmaly: „Wissen Sie mein morgen- und abendliches Künstlergebet? Deutsche Oper heisst es. Da ist zu wirken.“
Die Wahl des Stoffes bereitete Schumann schwere Stunden. Sein Projektierbuch weist eine Unmenge von Süjets auf, von denen hier nur die interessantesten angeführt seien. Wir treffen da: Faust, Till Eulenspiegel, Nibelungen, Wartburgkrieg (auch an einen Lohengrin-ähnlichen Stoff dachte Schumann), Sakuntala, Maria Stuart u. a. Wir sehen, dass diese Stoffe gleichsam in der Luft lagen — hatte sich doch auch Weber eine Zeitlang mit der Idee eines „Tannhäuser“ getragen.
Die Entscheidung fiel 1847, als Schumann Fr. Hebbels „Genoveva“ kennen lernte. Seit den Tagen der Jean Paul-Schwärmerei fühlte sich Schumann von keiner dichterischen Erscheinung dermassen in tiefster Seele ergriffen, wie von Hebbel, dessen herbe Grösse das gerade Gegenteil Jean Paulscher Gefühlsseligkeit war. Dieser Schritt von Jean Paul zu Hebbel ist nicht allein für Schumanns literarischen Geschmack wichtig, sondern er wirft auch auf den Wandel seiner Kunstanschauungen überhaupt ein interessantes Licht. Gerne hätte Schumann den Dichter, zu dem er bald darauf auch in persönliche Beziehungen trat, veranlasst, die „Genoveva“ selbst für ihn als Operntext zu bearbeiten, allein da Hebbel ablehnte und Rob. Reinicks Bearbeitung Schumann, hauptsächlich ihres sentimentalen Charakters halber, nicht zusagte, so machte er sich selbst ans Werk, wobei er ausser dem Hebbelschen Drama und Reinicks Arbeit auch noch L. Tiecks „Genoveva“ heranzog. Mit diesem Werke glaubte er „ein Stück Lebensgeschichte“ gegeben zu haben, „wie es jede dramatische Dichtung sein soll“. Es war die erste grosse Täuschung seines Lebens. „Genoveva“ ging am 25. Juni 1850 in Leipzig unter Schumanns persönlicher Leitung zum erstenmal in Szene, um nach zwei weiteren Aufführungen gänzlich vom Spielplan zu verschwinden. Dasselbe Schicksal hatte die Oper an den übrigen Bühnen, die sie zur Aufführung brachten. Die Kritik lehnte sie zumeist ab; es kam zu einem unerquicklichen Zeitungsstreit zwischen ihr und Schumanns Anhang, dem der Meister selbst durch rasche Veröffentlichung der Oper ein Ende zu bereiten strebte, damit nunmehr „ein jeder urteilen könne.“
Der „Genoveva“ folgten späterhin noch mancherlei Opernprojekte, so Schillers „Braut von Messina“, bearbeitet von Rich. Pohl, Goethes „Hermann und Dorothea“, die aber beide nicht bis über die Ouvertüre hinaus gediehen sind.
Dagegen brachte dasselbe Jahr 1848 im Oktober und November ein zweites Werk, das die „Genoveva“ an Lebensdauer bei weitem übertreffen sollte, nämlich die Musik zu Byrons „Manfred“. Schumanns Vorliebe für Byron mag schon in frühester Jugend durch die schwärmerische Verehrung angeregt worden sein, die sein Vater dem Briten entgegenbrachte; sie zeigt sich später auch in verschiedenen Liedern. Den Komponisten, der jahrelang an der Komposition von Goethes Faust arbeitete, musste gerade „Manfred“ mächtig anziehen. Das rastlose Streben nach der Erkenntnis des Höchsten in fortwährend gesteigertem tragischen Konflikt mit dem Bewusstsein schwerer irdischer Schuld, endlich die Erlösung durch die verzeihende Liebe Astartes — alles dieses musste Schumanns Natur aufs tiefste berühren, nicht weniger als der geheimnisvolle Boden gespenstischer Symbolik, auf dem sich das Ganze abspielt. Nicht selten trifft man die Behauptung, Schumanns Manfred hänge mit seiner Krankheit zusammen und sei eine „Vorahnung“ der Katastrophe. Dagegen spricht einmal die längst gehegte Vorliebe des Meisters für Byron, endlich aber der durch und durch gesunde Charakter der Musik. Die Manfrednatur steckte Schumann schon von Jugend auf im Blute, Leidenschaftlichkeit und Empfindsamkeit, Florestan und Eusebius, sind nicht erst mit der Komposition des Manfred zutage getreten.
Schumanns Wunsch, seinen Manfred einmal auf der Bühne dargestellt zu sehen, ging nicht in Erfüllung. Erst Franz Liszt, der geniale Vorkämpfer aller jung aufstrebenden Talente, brachte das Werk im Jahre 1852 auf der Weimarer Hofbühne zur Aufführung, und seither sind verschiedene deutsche Bühnen seinem Beispiel gefolgt.
Die politischen Ereignisse der Jahre 1848 und 1849 verfolgte Schumann mit dem lebhaftesten Interesse, wenn auch nicht ohne schwere Besorgnis. Schon im April 1848 hatte er seinem liberalen Herzen mit den drei Männerchören „Zu den Waffen“ von J. Ulrich (dem „wahren Revolutionspropheten“), „Schwarz-Rot-Gold“ von Freiligrath und „Freiheitssang“ von J. Fürst Luft gemacht, 1849 folgten dann die „Vier Märsche“ (op. 76) für Klavier, nach Schumann „keine alten Dessauer, sondern eher republikanische“. Aber auch das „Adventlied“, die Motette „Verzweifle nicht“ und das „Neujahrslied“ lassen die erregte Stimmung der Zeit mehr oder minder vernehmlich durchklingen. Tätigen Anteil an der Bewegung zu nehmen, wie etwa Wagner, lag freilich Schumanns zartbesaitetem Naturell fern, zumal da ihm nichts verhasster war, als brutale Ausschreitungen fanatisierter Massen. Er konnte wohl gelegentlich mit einem Freunde einen erregten politischen Disput führen und machte aus seinem freisinnigen Glaubensbekenntnis kein Hehl, aber dabei blieb es auch. Um so mehr befruchteten diese Jahre wilder Gärung dagegen sein inneres Schaffen — während Wagner auf die Barrikaden eilte, schrieb sich Schumann im stillen Studierstübchen die Erregung von der Seele. Als der Maiaufstand 1849 losbrach, da verliess er in aller Stille Dresden und schlug seinen Wohnsitz auf einige Zeit in dem benachbarten Kreischa auf.
Hier setzte er die schon zu Anfang des Jahres begonnene, erstaunlich reiche kompositorische Tätigkeit fort. Es war das fruchtbarste Jahr seines gesamten Schaffens, „als ob die Stürme den Menschen mehr in sein Inneres trieben, so fand ich nur darin ein Gegengewicht gegen das von aussen so furchtbar Hereinbrechende“. Weitaus die meisten der oben angeführten Werke sind in diesem Jahre entstanden, inmitten der Stürme der Revolution, der Sorgen um die Aufführung der „Genoveva“ und des Bangens um die eigene Zukunft. Denn der Aufenthalt in Dresden schaffte dem rastlos vorwärts drängenden Künstler je länger, je weniger innere Befriedigung. Leipzig, die alte vertraute Heimat, tauchte wieder vor ihm auf, und deutlich sprach er die Absicht aus, sich um die Stelle des Dirigenten der Gewandhaus-Konzerte zu bewerben, da verlautete, Julius Rietz würde als Nachfolger Nicolais nach Berlin gehen. Es drängte ihn nach einer „geregelten Tätigkeit“, die ihm in Dresden trotz Chorverein und Liedertafel — von dieser war er nach zweijähriger Tätigkeit „der ewigen Quartsextakkorde müde“ zurückgetreten — versagt blieb. Allein Rietz blieb in Leipzig, und damit wurden Schumanns Pläne zunichte. Dagegen tauchte Ende 1849 ein anderer Plan auf, der schliesslich nach mancherlei Ueberlegung zur Verwirklichung gelangen sollte. Ferd. Hiller, Schumanns Vorgänger in der Direktion der Dresdener Liedertafel, war von Düsseldorf, wo er seit 1847 städtischer Kapellmeister gewesen, in gleicher Eigenschaft nach Köln berufen worden und hatte Schumann zu seinem Nachfolger vorgeschlagen.
Dieser zögerte anfangs lange, denn noch winkte ihm eine Zeitlang eine Kapellmeisterstelle am Dresdener Hoftheater. Erst als alle Hoffnung nach dieser Seite hin geschwunden war, ging er auf Hillers Vorschlag ein, und so erfolgte denn die Uebersiedelung nach Düsseldorf am 2. September 1850. Vorher machte das Ehepaar noch eine glänzende Konzerttour nach Hamburg, wo sie die Bekanntschaft Jenny Linds machten. Zum Dank für ihre Mitwirkung widmete ihr Schumann sein op. 89 (Sechs Gesänge von Wilfried v. d. Neun).
Die Fahrt an den Rhein sollte die letzte des unglücklichen Künstlers sein. Er hatte infolge der geistigen Anstrengung und der mannigfachen Aufregungen schon Ende 1849 wieder stark unter Kopfschmerz zu leiden gehabt; Unruhe und Bangen ergriffen ihn, als er in einem Buche von der Existenz einer Irrenanstalt in Düsseldorf las. „Ich muss mich sehr vor allen melancholischen Eindrücken in Acht nehmen. Und leben wir Musiker, Du weissest es ja, so oft auf sonnigen Höhen, so schneidet das Unglück der Wirklichkeit um so tiefer ein, wenn es sich so nackt vor die Augen stellt. Mir wenigstens geht es so mit meiner lebhaften Phantasie.“
Mit solchen Gedanken im Herzen zog Schumann seinem neuen Bestimmungsorte entgegen.
Der erste Satz war bereits 1841 als selbständige „Phantasie“ entstanden. |
Seit ich ihn gesehen |
Glaub’ ich blind zu sein —— | Paul Thumann |
Aus Chamisso’s „Frauenliebe und -Leben“, illustriert von Paul Thumann.
Verlag von Adolf Titze in Leipzig.
Der Empfang, der dem Ehepaare in Düsseldorf zu teil wurde, verscheuchte alle trüben Gedanken. Denn hier fand Schumann ein Publikum, das, sehr im Gegensatz zum Dresdener, seiner Eigenart volles Verständnis entgegenbrachte und aus seinem Stolze, einen solchen Künstler gewonnen zu haben, kein Hehl machte. Am 24. Oktober 1850 leitete er sein erstes Abonnementskonzert; auf dem Programm stand sein Adventlied, während Clara Mendelssohns G-moll-Konzert spielte.
Seine Düsseldorfer Tätigkeit sagte ihm während der ersten zwei Jahre sehr zu; sie bestand ausser der Direktion der genannten Konzerte in der Leitung der wöchentlichen Uebungen des Gesangvereins und einiger in Verbindung mit dem katholischen Gottesdienst regelmässig wiederkehrender Aufführungen. Dies sollte insofern von Bedeutung werden, als Schumann hier Gelegenheit fand, in das vordem von ihm unangebaut gelassene Gebiet des geistlichen Vokalstils einzudringen. Die Messe (op. 147) und das Requiem (op. 148) waren die Früchte jener Anregungen. Auch sonst wissen die Kompositionen des Jahres so manches von dem rheinischen Leben und Treiben zu erzählen, so namentlich seine 4. Sinfonie (Es-dur), die „rheinische“, ein schönes Geschenk an die sagenumsponnenen Rheinlande, in die neben der Erinnerung an die Kardinalserhebung des Kölner Erzbischofs noch so manche rheinische Reminiszenz hereinspielen mochte. Aber auch sonst erwies sich dieses Jahr als überaus fruchtbar. Waren noch in Dresden die Lieder op. 77, 83 und 89 zum grössten Teil, sowie zwei Faustszenen, „die grauen Weiber“ und „Fausts Tod“, entstanden, so folgten nunmehr in Düsseldorf ausser der genannten Sinfonie vor allem das Konzertstück für Violoncell mit Orchester (op. 129), sowie die Ouvertüre zur „Braut von Messina“, ein Werk, das im Jahre darauf im Gewandhaus zu Schumanns grossem Erstaunen nur sehr wenig Verständnis fand. Auch das Jahr 1853 lieferte noch einen reichen Ertrag von Kompositionen, darunter Werke wie „Der Rose Pilgerfahrt“ (Text von M. Horn), die Uhlandsche Ballade „Der Königssohn“, das Trio in G-moll (op. 110), die „Märchenbilder“ für Bratsche und Klavier (op. 113), endlich die Ouvertüre zu „Hermann und Dorothea“ (op. 136, das Werk weniger Stunden) und die Umarbeitung der D-moll-Sinfonie.
Daneben aber drängte es Schumann beständig nach einem Werk in grösserem Stil, und hiefür wurde zunächst der Plan eines grossen Oratoriums „Luther“ ins Auge gefasst, mit dessen Textdichtung Rich. Pohl betraut ward. Allein der Plan scheiterte einmal an Schumanns Gesundheitszustand, ferner aber deshalb, weil er sich mit dem Dichter nicht über die Form einigen konnte. Dieser hatte die Dichtung in Form einer Trilogie angelegt und der Einwirkung übersinnlicher Wesen eine grosse Rolle zugeteilt; er hatte dabei offenbar eine Erweiterung der Oratorienform im Auge. Schumann dagegen, dessen Ideal Händels „Israel“ war, wollte das Ganze auf 2½ Stunden Dauer beschränken, überhaupt die Musik so einfach und volkstümlich als möglich gestalten, so dass es „Bauer und Bürger verstände“. Und so blieb dieser weitausschauende Plan unausgeführt. Dagegen lieferte Pohl eine Umarbeitung der Uhlandschen Ballade „Des Sängers Fluch“, ebenfalls nach Schumanns Intentionen, deren Komposition er noch im Januar vollendete. Eine Aufführung war jedoch unmöglich, da die Partie der Harfe im Düsseldorfer Orchester keinen genügenden Vertreter fand.
Im März zog es Schumann wieder auf einige Wochen nach seinem geliebten Leipzig. Er hatte die Freude, zu sehen, wie seine treue Anhänglichkeit an diese Stadt von der dortigen Musikwelt im reichsten Masse erwidert wurde. In privaten Matinéen, in Konzerten des Konservatoriums und des Gewandhauses wetteiferte man in Huldigungen für seine Muse; im Gewandhause dirigierte er sogar persönlich eine Es-dur-Sinfonie. Es war das letztemal, dass er in der Stadt weilte, die von Anfang an der Hauptschauplatz seiner entscheidenden Lebensschicksale‚ seiner harten Kämpfe und seines endlichen Sieges gewesen war.
Im Sommer stellten sich bereits wieder Krankheitserscheinungen ein, die eine Kur in Scheveningen notwendig machten. Es waren die unmittelbaren Vorboten der Katastrophe von 1854. Die Wirkungen der Krankheit zeigten sich zunächst in einem auffallenden Nachlassen der schöpferischen Produktion. Während in der ersten Hälfte dieses Jahres noch Werke wie die Messe, das Requiem, die Ballade „Vom Pagen und der Königstochter“ entstanden, brachte die zweite Hälfte ausser einigen Klavierauszügen nur die 5 „Lieder der Königin Maria Stuart“ (op. 135). Das Schlimmste für den Meister waren die nunmehr mit erschreckender Häufigkeit auftretenden Gehörstäuschungen. Dazu kamen Täuschungen rhythmischer Art — es erschienen ihm beim Hören alle Zeitmasse zu schnell —; endlich steigerte sich die Schwerfälligkeit seiner Sprache und die Apathie gegenüber der Aussenwelt in hohem Grade. Unter diesen Umständen musste er seine Teilnahme an dem Düsseldorfer Männergesangsfest auf das Allernötigste beschränken, und auch bei dem 31. niederrheinischen Musikfest im folgenden Jahre, für das er sich auf das Lebhafteste interessierte und zu dem er seine Freunde aus Nah und Fern einlud, vermochte er nur Händels Messias und seine neu instrumentierte D-moll-Sinfonie zu dirigieren; die Leitung einer eigens zu diesem Feste komponierten „Festouvertüre über das Rheinweinlied“ (op. 123) musste er anderen Händen überlassen. Noch einmal trat eine Besserung seines Zustandes ein, so dass er im Jahre 1853 noch die Ouvertüre zu „Faust“, die Ballade „Das Glück von Edenhall“ (wozu ihm sein Arzt Dr. Hasenclever den Text bearbeitet hatte), das Konzert-Allegro für Pianoforte und Orchester (op. 134), die Phantasie für Violine und Orchesterbegleitung (op. 131), bei der ihm das Bild des jungen Joachim vorschwebte, die Ballade vom Haideknaben (op. 122), sowie mehrere Klaviersachen (op. 118, 126 und 130) vollenden konnte. Aber die Wahnvorstellungen liessen ihn nicht mehr los. Das Schlimmste war, dass sie nunmehr auch seine Dirigententätigkeit in einer Weise zu beeinträchtigen begannen, die ihm selbst den Gedanken an den Rücktritt von seinem Posten nahelegte. Dazu gesellten sich allerhand Intriguen, denen sich sein müder Geist nicht mehr gewachsen fühlte. Längere Zeit suchte man ihn noch zu halten, und Julius Tausch übernahm, anfangs provisorisch, Schumanns Stellvertretung; allein bald gab dieser sein Amt endgültig auf. Des „pöbelhaften Treibens“ müde, erwog er mancherlei Pläne, um von Düsseldorf loszukommen. Eine Zeitlang tauchte die alte Kaiserstadt Wien wieder vor seinem unruhigen Geiste auf; es zog ihn dahin, „als ob die Geister der geschiedenen Meister noch sichtbar wären, als ob es die eigentliche musikalische Heimat Deutschlands wäre“.
Noch zwei freudige Ereignisse waren ihm zu erleben beschieden. Das eine war eine Tour nach Holland, wo ungeahnte Triumphe seiner warteten. Das andere war seine Bekanntschaft mit Johannes Brahms, der ihm von Joachim empfohlen war und seine ersten Kompositionen vorspielte. 22 Jahre waren vergangen, seitdem der junge Schumann in einem begeisterten Aufsatz der Welt das Auftreten des jungen Chopin verkündet hatte. Nunmehr, am Ende seiner Künstlerlaufbahn, griff er noch einmal zur Feder, um, getreu seinem Grundsatz, das Streben junger Talente zu fördern, einen jungen Künstler in die Welt einzuführen. Wie seine damaligen Worte, so waren auch die über den „jungen Adler“ die eines Propheten. Trotz aller Abspannung vermochte sein Geist die Bedeutung des jungen Genius noch voll zu erkennen. Was allein auffällt, ist die merkwürdig überschwängliche Form, in die er seine Gedanken darüber kleidet; sie gemahnt stark an die jeanpaulisierende Manier der Jugendbriefe. So z. B. wenn er Brahms den „aus den Alpen zugeflogenen Adler“ nennt oder ihn mit einem prächtigen Strome vergleicht, der „wie der Niagara am schönsten sich zeigt, wenn er als Wasserfall brausend aus der Höhe herabstürzt, auf seinen Wellen den Regenbogen tragend und am Ufer von Schmetterlingen umspielt und von Nachtigallenstimmen begleitet“.
Die Freude an dem neu aufsteigenden Genie Brahms war seine letzte. Von seiner holländischen Reise am 22. Dezember zurückgekehrt, lebte er in den ersten Monaten des Jahres 1854, eine kleine Reise nach Hannover abgerechnet, sehr zurückgezogen. Er kehrte wieder zurück zu den schriftstellerischen Neigungen seiner jungen Tage. Ein grösseres Werk, „Dichtergarten“ benannt, sollte alle Dichterworte über die Musik in einem Blütenstrauss zusammenfassen, und schon war er bei den Alten, Homer und Plato, angelangt. Daneben beschäftigte ihn eifrig die Redaktion seiner „Gesammelten Schriften“. Da traf ihn der gewaltsame Ausbruch seiner Krankheit.
Das erste bedenkliche Symptom war, dass er am 17. Februar plötzlich des Nachts aufstand und Licht verlangte, da er von den Engeln ein Thema erhalten habe, das er sofort aufschreiben müsse. Am 27. Februar war er bei der fünften Variation darüber angelangt, als ihn ein dermassen intensives Angst- und Beklemmungsgefühl überkam, dass er sich aus dem Kreise der anwesenden Bekannten wegstahl und von der Rheinbrücke in den Strom stürzte. Von Rheinschiffern gerettet und nach Hause zurückgebracht, machte er sich alsbald schweigend an die Fortsetzung jener Variationen. Die nach der Katastrophe sich einstellende Erholung war nicht von Dauer; ihn selbst verlangte nach der Unterbringung in einer Heilanstalt. So erfolgte denn am 4. März die Ueberführung des unglücklichen Meisters in die Privat-Irrenanstalt des Dr. Richarz in Endenich bei Bonn, die er bis zu seinem Tode nicht mehr verlassen sollte.
Hier in Endenich verlor sein Zustand unter sachkundiger Pflege und sicherer Obhut viel von seinem akuten, erschreckenden Charakter. Sein Denken war keineswegs zerrüttet und der Verkehr mit ihm durchaus nicht quälend oder beängstigend. Nur todesmüde war sein Geist, abgespannt bis zum Aeussersten und darum häufig in stiller Melancholie in sich selbst versunken. Seine Beschäftigung bestand in Musizieren, Lesen und Schreiben von Briefen; vor allem aber hing er auch jetzt noch an seinen beiden jugendlichen Lieblingen Joachim und Brahms. Brahms hatte die ihm erwiesene Liebe als echter Freund vergolten und war alsbald auf die Schreckensnachricht hin nach Düsseldorf übergesiedelt, um Frau Schumann in dieser schweren Zeit beizustehen. Er war der häufigste Gast im Krankenhause und der willkommenste; sein Kommen schaffte dem Kranken Freude und Beruhigung zugleich. Clara selbst hat ihren Gatten erst kurz vor seinem Tode wiedergesehen. Aber die Briefe, die Schumann aus der Anstalt an sie richtete, beweisen, dass der Herzensbund beider auch diesem härtesten Schicksalsschlag zu trotzen vermochte. Diese Briefe werfen einen verklärenden Schimmer auf das tragische Ende des Meisters. Selten hat er in glücklicheren Tagen sein edles, gemütvolles Inneres so naiv klargelegt, selten seiner Liebe zu seiner Gattin, seinen Freunden und seiner Kunst einen schöneren und rührenderen Ausdruck verliehen, als in diesen letzten Briefen von seiner Hand. Noch einmal steigt die Gestalt Mendelssohns, des „Unvergesslichen“, vor ihm auf und er gibt seinem am 10. Juni geborenen jüngsten Knaben dessen Namen. Noch einmal lässt er alle vertrauten Gestalten und Erinnerungen seines wechselreichen Künstlerlebens vor seinem matten Geiste vorüberziehen, alles in Gedanken mit der geliebten Clara aufs neue durchlebend. Und auch in die Zukunft blickt er froh hinaus; er ahnt, dass der „junge Adler“ seinen Flug zur Sonne nehmen und sein glücklicherer Erbe sein werde.
So können wir von dem grossen Künstler ohne trübe oder gar erschreckende Erinnerung Abschied nehmen. Noch am Rande des Grabes steht seine Gestalt in lichtem Glanze da; hatte sein Geist auch seine zündende Kraft verloren, sein edler Sinn und sein überreiches Herz sind ihm bis ans Ende treu geblieben.
Am 29. Juli 1856, nachmittags 4 Uhr, wurde Robert Schumann von seinen Leiden erlöst.
Schumanns Muse hat ihren Höhenflug von der intimen Welt des Klaviers aus angetreten. Die ersten zehn Jahre seines jugendlichen Schaffens hat er fast ausschliesslich diesem Instrumente gewidmet; Exkursionen in das Gebiet der Orchester- und Kammermusik kommen sporadisch vor, dagegen bleibt das ganze weite Gebiet der Vokalmusik vollständig unberücksichtigt, ja es wird mit naiver Offenheit geradezu als Kunst minderen Ranges bezeichnet. Diese Beschränkung hat ihren Grund einmal in der nicht eben bedeutenden vokalen Produktion jener Zeit, dann aber auch in dem Drange zur Virtuosenlaufbahn, der die damalige Jugend unwiderstehlich mit sich fortriss; jedenfalls aber hat sie der gesamten Kunst Schumanns ihren eigentümlichen Stempel aufgedrückt. Ohne die Klavierperiode ist seine neue Art des Liedes undenkbar, an sie erinnert aber auch noch in den späteren grossen Werken so manche Partie, die ihre Herkunft aus dem Geiste der Klaviermusik nicht verleugnen kann.
Was von so vielen Romantikern gilt, trifft auch bei Schumann zu: sie treten schon in ihren ersten Werken als ausgesprochene Charakterköpfe hervor. Ja Schumann hat in diesen Werken in vieler Beziehung überhaupt sein Bestes gegeben. Wohl mochten und mögen noch heute die Philister über dieses kecke und manchmal ungebändigte Wesen die Köpfe schütteln, das ändert nichts an der Tatsache, dass die grössten Vorzüge von Schumanns Natur, seine jugendfrische und aller Geziertheit abholde Art hier am deutlichsten in die Erscheinung treten. Die Persönlichkeit des Künstlers ist nach echt romantischer Art in diesen Stücken alles, sie schlingt das geistige Band um den ganzen Zyklus, dem man mit Fug und Recht den Gesamttitel „Confessions“ geben könnte, sie macht es aber eben deshalb auch besonders schwer, seinen geistigen Nährboden herauszustellen. Schumann ist von seinem op. 1 an kein Nachbildner, sondern ein durchaus selbständiger Weiterbildner gewesen; vor allem war der Einfluss Jean Paulscher Gefühlswelt zum mindesten ebenso stark, wie der seiner musikalischen Vorbilder. Von diesen hat er die Abhängigkeit von seinen Zeitgenossen und unmittelbaren Vorgängern, Hummel an der Spitze, am frühesten überwunden, wie denn die bewusste Abwendung von allen äusserlichen virtuosen Tendenzen sofort deutlich hervortritt. Nicht die Sinne will er ergötzen, sondern das Gemüt in seiner Tiefe packen. Dabei ist sehr charakteristisch, dass er schon früh diejenigen beiden Meister herausfand, die den beiden Hauptseiten seines Wesens, der Naivität und der Mystik, besonders entgegenkamen, Schubert und Bach. Der Anteil, den Schuberts Klaviermusik an Schumanns Jünglingswerken hat, fällt auch dem Laien sofort ins Auge. Bachs Einfluss dagegen, der Schumann allem Anschein nach durch Wieck vermittelt worden ist, nimmt erst von op. 4 an an Intensität stetig zu, er zeigt sich vor allem in der sorgfältigeren Führung der Mittelstimmen, in der Neigung zu imitatorischen, namentlich kanonischen Bildungen. Freilich war es nicht der Meister der strengen kontrapunktischen Formen — auf die Fuge als solche z. B. war Schumann noch als Schüler Dorns recht schlecht zu sprechen —, der ihn mächtig anzog, sondern der tiefsinnige Mystiker Bach. Ihm gelten denn auch die begeisterten Aussprüche Schumanns von dem „grössten Komponisten der Welt“, dem „Ewigen“, aus dem „immer von neuem zu schöpfen ist“. Auch die Vorliebe für Beethoven mag durch Wieck, der in seiner Jugend noch den Meister selbst hatte spielen hören, wenn nicht geweckt, so doch mächtig gefördert worden sein. Allerdings legte Schumann auch Beethovens Kunst alsbald in seinem Sinne aus: der „letzte“ Beethoven ist für ihn der Ausgangs- und Angelpunkt der modernen Musik; dieser Kunst, die der Erfindung das Vorrecht über die Auslegung zuerkannte und die Kleinarbeit wieder in den Vordergrund stellte, fühlte er sich im Innersten geistesverwandt. Wer die 5 letzten Klaviersonaten (z. B. op. 101, Satz 1) aufmerksam mit Schumanns Klavierwerken vergleicht, wird bald diesem inneren Zusammenhang auf die Spur kommen. Von den Späteren ist namentlich Weber zu nennen, dessen „Aufforderung zum Tanz“ das Prototyp für alle die zahlreichen Ballszenen bei Schumann abgegeben hat, auch Field, dessen Stil Wieck ausserordentlich schätzte und dem Schumann der Kritiker enthusiastisches Lob spendet, mag ihm mit seiner zarten Schwärmerei manche Anregung gegeben haben.
Während Mendelssohn sich von Anfang an in universaler Weise in den verschiedensten Formen versuchte, beschränkte sich Schumann als echter Romantiker auf die Kleinkunst des Genrestückes, der Klavierminiatur. „Phantasiestücke“ sind op. 1-23 durchweg, denn die Phantasie steht in erster Linie, die Arbeit erst in zweiter; es sind die richtigen praktischen Belege für seine zur nämlichen Zeit entwickelte ästhetische Theorie. Um nach Vorbildern für die ganze Gattung zu suchen, braucht man nicht auf Beethovens „Bagatellen“ oder gar auf Couperin zurückzugeben, sie lagen Schumann nicht allein in Schuberts „Moments musicaux“ usw. vor, sondern namentlich auch in der noch bis 1850 populären Literatur der „Handstücke“, die zur Erholung der Schüler inmitten der Strapazen der rein technischen Studien dienten und häufig programmatischen Charakter trugen. In der Sammlung von D. G. Türk aus 1797 finden wir z. B. Stücke wie „Der muntere Knabe“, „Im Volkstone“, „Schützenmarsch“ usw. — also dieselbe Kinderpoesie wie in Schumanns „Jugendalbum“, und der Gedanke liegt nahe, dass Schumann sich bei der Komposition dieses Werkes der eigenen Studien bei Kuntsch erinnert hat.
Programmcharakter tragen denn auch seine Klavierwerke in ihrer Mehrzahl, so wenig es Schumann selbst auch Wort haben mochte. Verstehen wird sie darum nur derjenige ganz, der mit seiner äusseren Entwicklung in diesen kritischen Tagen vertraut ist. Der Meister hätte jene Selbstapologie übrigens gar nicht nötig gehabt, denn seine dichterischen Vorwürfe sind stets von allgemein menschlichem Interesse, sie verzichten auf alles Kleinliche und Nebensächliche und vor allem, sie sind innerlich erkämpft und erlebt, also Kunstwerke, denen der Programmcharakter nicht das Geringste von ihrem bleibenden Werte raubt. Was Schumann seine Gegner vorwarfen, waren auch weit weniger die offenen oder latenten Programme, als die neue Art des Ausdrucks, für die der Durchschnitt der zeitgenössischen Klaviermusik nur sehr wenige Anhaltspunkte bot. Voll ausgebildete Melodien altgewohnten Stiles bekam der Philister hier nur verhältnismässig selten zu hören. Hier liegt die Melodie in ein Gewinde von Figuren eingebettet (op. 20, „Sehr lebhaft“), dort schwebt sie überhaupt körperlos über dem Ganzen (ebenda die „innere Stimme“), oft aber kommt es nur zu Ansätzen einer Melodie, zu Keimen, die bald in dieser, bald in jener Stimme aufsprossen (op. 4, No. 5, Alternativo). Viele dieser Ansätze tragen den Charakter blosser Naturlaute, die der Wind von irgendwoher herüberweht (op. 6, No. 8). Dieses echt frühlingsmässige Treiben und Sprossen von Motiven und Motivchen in allen Stimmen, wo „kein Blättlein ohne Keimlein bleibt“, bildet ein Hauptkennzeichen dieser Klavierpoesie, hier hat sich Schumann seinen persönlichen Stil zum Ausdruck seiner Liebe und seines Leides, seines Hoffens und Bangens herausgebildet. Der geistige Ahnherr dieser Symbolik war der von Schumann überschwänglich gepriesene Cherubini, und Schumann hat sie in der Welt des Klaviers heimisch gemacht. Auch die Harmonik erfuhr durch diese Methode naturgemäss eine bedeutende Erweiterung, namentlich was die ästhetische Verwertung der Dissonanz anlangt. Dieses Ineinandergleiten der Dissonanzen zum Ausdruck sehnsüchtiger Stimmungen, das plötzliche Hereinwerfen von Dissonanzen in primitiv-naturalistischer Tendenz, das alles hat bei den Späteren Schule gemacht, so gut wie Schumanns Melodik und Rhythmik. Dass nach dieser Richtung hin Schumann in die erste Reihe derjenigen Meister gehört, welche die moderne Musik von den Fesseln der streng schematischen Taktmessung emanzipiert haben und über die rein orchestische Rhythmik zu freieren Bildungen vorgedrungen sind, ist der auch für den Laien am deutlichsten erkennbare Teil seiner Neuerungen.
Mit den „Abegg-Variationen“ (op. 1) treffen wir Schumann auf einem damals überaus beliebten Gebiete an. Nur nahm er nicht, wie seine Zeitgenossen, eine Opernarie oder ein Volkslied zum Thema, sondern knüpfte an den Namen einer Ballbekanntschaft an, die der Schalk in seiner Dedikation obendrein noch zur Gräfin erhob. Derartige symbolische Namenspielereien, an sich schon älteren Datums, erfreuten sich bei den Romantikern besonderer Gunst; in unserem Falle mag Schumann die sehnsüchtige Frage
besonders gelockt haben.
Die technischen Vorbilder sind mühelos zu erkennen: die weiten Griffe Webers, die Trillerketten des letzten Beethoven, die Hummelsche Spielfreudigkeit, die Freude am Ornament. Und doch zeigt sich der echte Schumann schon hier mit nicht misszuverstehender Deutlichkeit sowohl in den schroffen Kontrasten der Stimmung, die bereits das Brüderpaar Florestan und Eusebius vorwegnehmen, als auch in Einzelheiten, wie der zweiten Variation mit dem sehnsüchtig drängenden Gesang der beiden Stimmen, vor allem aber im Finale. Balladenartig‚ in echt Schumannischer Schwärmerei setzt es ein, da antwortet plötzlich aus der Höhe kichernd ein lustiger Reigen, der nun in fortwährend wechselnder Beleuchtung die Szene beherrscht. Plötzlich ertönt es wie Geisterruf (das Thema in ganzen Noten mit sukzessivem Aufheben der Tasten), nochmals setzt der Reigen ein, um sich jedoch bald in den Tiefen des Klaviers ppp. zu verlieren. Der Märchenpoet Schumann in seiner ganzen Grösse!
Der modische Titel „Papillons“ über op. 2 hatte für den begeisterten Jünger Jean Pauls noch einen besonderen Sinn: der Schmetterling, der sich aus der Puppe emporschwingt, war für den Dichter wie für den Musiker das Symbol der aus dem Busen des Künstlers aufkeimenden poetischen Idee. Diese wurde ihm im vorliegenden Falle ebenfalls von Jean Paul eingegeben: der Larventanz aus dem vorletzten Kapitel der „Flegeljahre“ mit seinem festlichen Glanz und den dabei sich abspielenden Herzensgeschichten hat Schumann dabei Modell gestanden.
Da haben wir den Ballsaal mit Walzerklang und Lichtergefunkel (No. 1 und 2), den grotesken Riesenstiefel mit dem Schulmeister (3), die Szene im Trinkzimmer (No. 6). No. 4 scheint auf die Erkennungsszene zwischen dem erregten Walt und Wina hinzudeuten, deren „Engelsgemüt“ dann in No. 7 deutlich hindurchschimmert, No. 10 auf den entscheidenden Tanz Vults mit Wina. Zum Schluss erscheint der volkstümliche „Kehraus“, der Grossvatertanz, dessen zweite Hälfte schon Bach in seiner Bauernkantate verwandt hatte, bald verschlungen mit der ersten Walzermelodie. Aber diese erlahmt rasch und bleibt in ihrem ersten Anlauf stecken; die sechs Schläge der Turmuhr lassen allmählich auch den Kehraus verstummen, dann hören wir nur noch langgezogene Töne und verhallende Mittelstimmen‚ ein verhauchender, fragender Akkordklang — und das Stück ist zu Ende.
Merkwürdig und für die zwei Seelen, die in Schumanns Brust wohnten, sehr bezeichnend ist, dass dieser Jean Paulsche Geist sich, zumal in den reinen Tanzsätzen, der Sprache des naiven Schubert bedient; auch Webers Schatten wird da und dort heraufbeschworen (No. 10). Dagegen sind alle Spuren rein virtuoser Ornamentik getilgt; im ganzen Werke steht kein Takt mehr, der auf bloss äusserlichen Effekt abzielte. Um so deutlicher treten dafür die verschiedenen Schumannischen Stileigentümlichkeiten heraus: die verschwiegenen „inneren Stimmen“ (z. B. gleich das g im Tenor von No. 1), die überall aufsprossenden Melodiekeime, die vielsagenden kleinen Kanons und die kapriziös mit einander verketteten Rhythmen; wichtig ist ferner auch die aus der Oper stammende Wiederholung früherer Themen in späteren Stücken, sowie die echt romantische Hinneigung zum Volksliedmässigen. Dieser naive Zug ist es, der Schumanns Klavierpoesie vor dem Schicksal Jean Pauls, dem frühen Altern, bewahrt hat. An Wärme der Empfindung, Ursprünglichkeit des Ausdrucks und heiterer Freiheit des schalkhaften Humors stehen diese Papillons bereits auf Schubertischer Höhe.
Die Studien für das Pianoforte nach Capricen von Paganini (op. 3) sind gewissermassen ein „Hommage“ an den Geigerfürsten (um einen Modeausdruck der damaligen Zeit zu gebrauchen), den Schumann nicht allein als Virtuosen pries. Zur Uebung in der Kunst der Harmonisierung begonnen, sind sie doch ein durchaus originales Kunstwerk geworden. Wohl spielt das Virtuosenhafte eine bedeutende Rolle, aber dass nicht dieses, sondern die „Kühnheit und Grossartigkeit der Gedanken“ für Schumann den Ausschlag gab, merkt man jeder einzelnen Caprice deutlich an: die poetische Interpretation der Paganinischen Stücke ist ihm die Hauptsache, die technische und harmonische Seite nur Mittel zum Zweck. So steckt auch in diesem Werke manche echt Schumannische „Herzensgeschichte“ (vgl. 1-3 und 6).
In den Intermezzi (op. 4), dem ersten Werk, das die Spuren des Studiums Bachs aufweist, versuchte sich Schumann erstmals in grösseren Bildungen.
An angedeuteten oder verschwiegenen Programmen fehlt es auch hier nicht (vgl. den Mittelsatz in No. 2 und die vorüberhuschende Gestalt der „Komtesse Abegg“ in No. 6, auch das Zitat aus Beethovens „Liederkreis“ in No. 6 mag hierher gehören); welche scharfen Kontraste dabei entstehen, zeigt am deutlichsten No. 3 mit seinem kapriziösen Kobold, seinem frommen, mit dumpfem Glockenklang begleiteten Seitenthema und seinem drängenden, aus dem Geiste der Beethovenischen Scherzi geborenen Alternativ. In die sehnsuchtsvollste Schwärmerei mischen sich abenteuerliche Spukgestalten oder klingen burschikose Trinklieder herein: No. 4, 5. Auch der Stil ist unverfälschter Schumann. Da haben wir die beliebten auftaktigen Motive:
das charakteristische Ineinanderspielen verschiedener Melodiekeime:
endlich die stark hervortretende Neigung zu synkopierten Bildungen:
Das Alles war eine harte Nuss für die damalige Kritik, die sich mit dieser „freudlosen Arbeit“, die „der Natur Gewalt antue“ (Rellstab), durchaus nicht befreunden konnte.
Mit den Impromptus (op. 5) erscheint zum ersten Male Claras Gestalt in Schumanns Schaffen. Die Uebernahme ihrer Romanze (op. 3), zu der Schumann den Bass setzte, war eine Huldigung an die damals Vierzehnjährige, in die er allerhand gemeinsame Erlebnisse, seine berühmten Gespenstergeschichten (Var. 1), aber auch gefühlvolle Märchenszenen (No. 5) und Natureindrücke (No. 10) hineinwob.
Das Vorbild von Beethovens op. 35 ist an dem zuerst allein einherstolzierenden Bass und an der Fuge des Finales erkennbar; das Ganze bildet einen respektablen Versuch, die Beethovensche Variationskunst in dem poetisierenden Sinne der Romantik weiterzubilden.
Zwei verlorene Variationenwerke (über das Allegretto aus Beethovens 7. Sinfonie und über Schuberts Sehnsuchtswalzer) erklären den Abstand zwischen diesem Werke und den „Symphonischen Etüden“ (op. 13, aber 1834 komponiert), dem künstlerischen Produkt der Episode mit Ernestine, deren Vater Schumann Variationen über dasselbe Thema zur Begutachtung eingesandt hatte. Charakteristisch ist der ursprüngliche Titel: „Etüden im Orchestercharakter von Florestan und Eusebius“. Tatsächlich ist die in den früheren Werken angebahnte Hinneigung zum orchestralen Klavierstil hier ganz besonders deutlich, das lehren nicht allein die vollen und weiten Akkordgriffe, sondern auch die Klänge der einzelnen Instrumente, vor allem der Holzbläser und Hörner, die uns aus diesem Klaviersatz entgegentönen.
Die Beziehungen zur romantischen Oper sind unverkennbar, man vergleiche nur die Elfenstücke Nr. 5 und 9, die romanzenartigen Sätze No. 2 und 11, das Sternenglitzern in No. 3; im Finale tritt sogar Marschner selbst auf den Plan mit Ivanhoes bekannter Romanze (zugleich eine Huldigung an Schumanns Freund Sterndale Bennett). An Mannigfaltigkeit der Stimmung wie der Einzelgestaltung überragt dieses Werk alle seine Vorgänger; man merkt ihm die Erregung des drangvollen Jahres 1834 deutlich an.
Dasselbe Jahr sah aber noch ein zweites bedeutendes Werk entstehen, nämlich den „Carnaval. Scènes mignonnes sur quatre notes pour piano, op. 9“. Diese vier Noten mit ihrem „sehr schmerzvollen Klang“: stellen den Namen von Ernestines Heimatsstadt Asch in Böhmen dar, sie sind aber zugleich auch die einzigen „musikalischen“ Zeichen von Schumanns eigenem Namen. Also wieder ein symbolisches Spiel, wie in op. 1, und wieder eine Ballszene, wie in op. 2, dessen Anfangswalzer und Grossvatertanz hier wiederkehren. Aber diesmal ist die musikalische Einheit strenger gewahrt, nicht allein durch die sinnvolle Wiederholung einzelner Stücke, sondern durch das durchgehende Motiv jener vier Noten, das überall, sei es offenkundig oder nur latent, gegenwärtig ist. Einmal wirbeln die vier Buchstaben sogar als „lettres dansantes“ im Walzertakt durch die Luft:
Als Ganzes genommen ist der „Carnaval“, der wieder in die Miniaturarbeit der „Papillons“ zurücklenkt, ein Maskenroman, der in phantastischem Helldunkel alle die Gestalten, die 1834 in Scherz und Ernst, Dichtung und Wahrheit Schumanns Seele bewegten, in launiger oder nachdenklicher Weise heraufbeschwört. Da finden wir neben den typischen Tanzgestalten Pierrot, Arlequin, Pantalon und Colombine und einfachen Ballszenen (Valse allemande, Promenade und den intimen Szenen von Reconnaissance und Aveu) die beiden Mädchenfiguren Chiarina (Clara) und Estrella (Ernestine), sowie die Meister Paganini und den köstlich gezeichneten Chopin in höchsteigener Person. Auch Eusebius und Florestan schweben heran; dieser wird gerade in dem Moment, wo er’s zu toll treibt, von einer „Coquette“ eingefangen und zur Manierlichkeit zurückgeführt. Zum Schlusse marschiert die Davidsbündlergilde auf, die auch hier, in dem ¾-Takt ihres Marsches, ihre Oppositionslust zu betätigen scheint; ihr tritt wiederum, wie in op. 2, die Melodie des „Kehraus“ entgegen, freilich diesmal durchaus nicht in harmloser Weise. Denn die „Grossväter“, die hier ihren schwerfälligen Reigen beginnen, tragen die Gesichter der Erzfeinde, der Philister, ihre Melodie wird alsbald unter dröhnendem Gelächter verhöhnt, sie selbst werden natürlich aus dem Feld geschlagen, worauf eine tolle Stretta das Ganze beschliesst.
Einer ganz anderen Empfindungssphäre gehört die Fis-moll-Sonate (op. 11) an. Sie ist das künstlerische Spiegelbild der in Schumanns Herzen immer machtvoller aufkeimenden Liebe zu Clara, „ein einziger Herzensschrei nach Dir“, wie er sie später einmal nannte. Das verleiht ihr in Schumanns Schaffen eine besondere Bedeutung, es erklärt aber auch zugleich ihre formalen Eigentümlichkeiten, und zwar nicht allein die poetisierenden Züge (wie z. B. die Wiederkehr der langsamen Einleitung in der Durchführung oder das Rezitativ im Scherzo), sondern die ganze Struktur des Werkes, die durchaus das Produkt der freigestaltenden Dichterphantasie ist.
Man sehe sich daraufhin nur das Thema des ersten Allegro an: ein geheimnisvolles Pochen im Bass und als Antwort eine suchende, unstete Figur — das war kein Gebilde, aus dem sich im klassischen Sinne etwas „machen“ liess. Wohl aber erkennen wir, dass Florestan hier redet, denn jenes Bassmotiv entwickelt sich im weiteren Verlauf zu wahren Keulenschlägen, und auch jenes unstete Suchen macht bald auf Grund seines echt Florestanischen anapästischen Rhythmus dem Ausdruck kriegerischen Kraftbewusstseins und schliesslich wildester Kampfesleidenschaft Platz. Im 2. Thema naht sich Eusebius dem Bruder, ihm das nahe Glück verheissend, freilich nicht ohne dass jenes pochende Quintenmotiv das letzte Wort behält. Die Durchführung gehört ganz Florestan. Die alte Unrast beginnt wieder, nur drangvoller, leidenschaftlicher und unheimlicher. Das ist ein beständiges Sichaufraffen und Nachlassen, finsteres Grübeln und leidenschaftliches Begehren, bis schliesslich die kraftvolle Melodie der Einleitung dem Helden die Kraft aufs neue stählt. Jetzt gibt es kein Zurückweichen mehr: nach einem weit ausholenden Aufschwung wird auf dem strahlenden Fis-dur-Akkord vor der Reprise der Sieg gewonnen. Die Einleitung aber gibt gleichsam das musikalische Porträt des Komponisten aus jener Zeit: die in ihrem Innersten aufgewühlte Jünglingsgestalt, die Arme trotzig für den Kampf um die Geliebte stählend. Während die Aria, die Umformung eines Liedes aus 1828 und ziemlich Spohrisch angehaucht, die Gestalt der Geliebten hervorzaubert, bringt das Scherzo mit seinen beiden Trios, dem ersten mit seinem Glockengeläute und seinen Naturlauten und der halb parodistisch gemeinten Polonaise des zweiten, wieder ein echt Schumannisches Bild, für das namentlich auch die Zwiesprache der Liebenden im Rezitativ charakteristisch ist. Das Finale trägt durchaus das Gepräge der Improvisation, stürmisches Begehren, träumendes Hoffen, unbändiges Jubelgefühl ist sein Inhalt.
Kein Wunder, dass die zweite Sonate in G-moll das Publikum mehr befriedigte. Ihrer Stimmung nach der ersten verwandt, kam sie ihm doch durch grössere Knappheit und Uebersichtlichkeit der Form entgegen, entbehrt dagegen freilich auch jenes Reizes des Allerpersönlichsten, der das Schwesterwerk ziert. Der letzte Satz kam erst drei Jahre später in die heutige Fassung. Auch die dritte Sonate (F-moll, auf Haslingers Veranlassung mit dem irreführenden Titel „Concert sans orchestre“ versehen), enthält viel Herzenserlebnisse; stammt sie doch aus der kritischen Zeit der ersten unglücklichen Werbung. Ihren Mittelpunkt bilden die tiefempfundenen Variationen über Claras schwermütiges Andantino, dessen erste beiden Takte schon den ersten Satz einleiten; der resignierte Ernst des ersten Satzes macht im letzten, nachdem das Bild der Geliebten vorbeigeschwebt, fesselloser Verzweiflung Platz.
Die eigentliche ideelle Fortsetzung der Fis-moll-Sonate ist indessen die grosse C-dur-Phantasie (op. 17), komponiert in jenem Sommer von 1836, wo die Liebenden durch das barsche Machtwort Wiecks getrennt und der schwebenden Pein von allerhand Missverständnissen und Verstimmungen preisgegeben waren. Wie immer, so nahm Schumann auch jetzt Zuflucht bei seiner Kunst.
Die Gestalt Beethovens war es, an der er sein gequältes Herz immer wieder aufrichtete: der Ertrag des neuen Werkes, das den Gesamttitel „Obolus“ und die drei Untertitel „Ruinen. Siegesbogen. Sternbild“ tragen sollte, war ursprünglich für das in Bonn zu errichtende Beethovendenkmal bestimmt, bis sich Schumann schliesslich 1839 für den Titel „Phantasie“ entschied mit dem Fr. Schlegelschen Dichterwort als Motto:
„Durch alle Töne tönet
Im bunten Erdenraum
Ein leiser Ton gezogen
Für den, der heimlich lauschet.“
Der erste Satz, „eine tiefe Klage um Clara“, baut sich in seinem Allegroteil wesentlich auf dem schmerzlich-leidenschaftlichen Hauptmotiv auf, denn auch der sehnsüchtige Seufzer:
ist nur ein Absenker davon. Bezeichnend sind die den leidenschaftlichen Sturm unterbrechenden flehenden Adagiotakte mit ihren Fermaten, hilfesuchende Fragen einer gepressten Brust. Am Schlusse klingt’s wie fromme Ergebung, und gewiss nicht ohne Absicht hat Schumann hier wiederum Beethovens „ferne Geliebte“ heraufbeschworen, die schon im 14. Takt erschienen war:
Der Mittelsatz aber klingt wie eine schwermütige Ballade aus alter Zeit, deren Melodie gleich einer alten Ruine von dem wilden Geranke zeitgenössischer Variationstechnik umsponnen wird. Dem zweiten Satze, einem glänzenden, aus dem Geist von Webers „Euryanthe“ herausgeborenen Triumphmarsch, aus dem uns wiederum alle Farben des Orchesters entgegenstrahlen, folgt die wunderbare Abendstimmung des letzten mit ihren wallenden Nebelschleiern und ihren frommen Gebetstönen — eine ins Schumannische übersetzte, bis ins Visionäre gesteigerte Schubertiade. Wie oft mag sich Schumanns Seele in jenen leidvollen Tagen in diese überirdischen Regionen geflüchtet haben!
Ein ganz anderes Gesicht tragen die „Davidsbündlertänze“ op. 6. Sie sind durchaus Kinder des Glückes, der Niederschlag jener seligen und hoffnungsfreudigen Stimmung des Liebespaares im Spätsommer 1837, da sich alle die finsteren Wolken zu zerstreuen schienen. Darum enthalten diese Stücke auch viel „Hochzeitsgedanken“; „ein ganzer Polterabend ist die Geschichte“, schreibt Schumann im nächsten Jahre an seine Braut. Am Polterabend aber erheischt der alte Brauch die Vorführung von allerhand launigen Szenen aus dem Vergangenen und zukünftigen Leben des Brautpaares. Die Festdichter sind Florestan und Eusebius.
Worauf ihre Schilderungen im einzelnen abzielen, ist natürlich nicht festzustellen. Am Anfang schwebt Clara heran; ihr Tanzmotiv wird von den beiden Davidsbündlern zu einer weitgeschwungenen Melodie voll seliger Schwärmerei ausgesponnen. Darauf steuert jeder für sich nach seiner Eigenart bedeutsame Erinnerungen oder Wünsche bei: Florestan mit ungestümer Leidenschaft oder groteskem Humor (3, 4), Eusebius mit schmerzlicher Sehnsucht oder sinnigem Augenaufschlag (2, 5). In No. 6-8 erfährt die Erregung bei Beiden eine merkliche Steigerung, in der schliesslich Eusebius die Oberhand behält. Denn Florestan, dem es „schmerzlich um die Lippen zuckt“ (9), muss von jetzt ab die Kampfgeister in seiner Brust zurückdrängen; er zeigt sich, nachdem beide eine „Mär aus alten Zeiten“ vorgetragen (10, 11), nur noch von seiner humoristischen und derb-lustigen Seite (12, 13). Eusebius aber entschleiert nun erst die ganze Tiefe seines beglückten Herzens; er erzählt von verschwiegenen Geständnissen, von Mondscheinszenen mit Nachtigallenschlag, von kommendem Glück (14, 15, 17), um sich dann halb schalkhaft, halb innig zu empfehlen, während die Glocke im Basse 12 schlägt (18).
Demselben Empfindungskreis gehören auch die bekannten „Phantasiestücke“ (op. 12) an, nur dass sie breiter ausgeführt sind und ganz allgemeine Stimmungen wiedergeben.
Nacht und Traum sind von jeher die Lieblinge der Romantik gewesen, darum sind auch No. 1, 5 und 7 die gelungensten Stücke der Sammlung, vor allem „Des Abends“ mit seinem von Dämmerungsschleiern umwobenen, verträumten Gesang und „In der Nacht“, wo sich vom schwarzen Untergrunde da ein abgerissener Seufzer, hier ein flehender Gesang und dort ein unheimlicher Gespensterreigen abhebt. Die „Grillen“ scheinen die Antwort eines Spötters auf die empfindsame Frage des „Warum“ zu sein; das „Ende vom Lied“ bringt wieder Hochzeitsgedanken: wie ein urkräftiges Tischlied beginnt es, ein ausgelassenes Treiben folgt, aber am Schlusse gedenkt der Dichter der eigenen nicht erfüllten Glücksträume, „und da klingt es wie Hochzeit- und Sterbegeläute untereinander“.
Ideelle Paralipomena zu den Davidsbündlern sind auch die Novelletten, op. 21 (der Name knüpft an die englische Sängerin Clara Novello an, da „Wiecketten nicht gut klinge“), insofern ihnen wiederum ganz bestimmte Ereignisse zugrunde liegen. Nach Schumann selbst steckt „Spasshaftes, Egmontgeschichten, Familienszenen mit Vätern, eine Hochzeit, kurz äusserst Liebenswürdiges“ darin. Starke Kontrastwirkungen treten auch hier auf, aber nicht mehr, wie früher, von Stück zu Stück, sondern innerhalb der einzelnen Sätze, wie die häufigen Zwischensätze zeigen. Von Bedeutung ist ferner, dass die Novelletten erstmals mit vokal zu nennenden Gesangsmelodien operieren (vgl. z. B. No. 1 und 6) — ein Anzeichen dafür, dass der bisher enragierte Instrumentalist in jenen Jahren anfing, sich allmählich mit der lange über die Achsel angesehenen Vokalmusik zu befreunden. Freilich tragen diese Gesangsmelodien noch nicht den Stempel der späteren Schumannschen Liedmelodik, sondern weisen einen Stich ins Sentimentale Mendelssohnscher Observanz auf, wie denn die Novelletten auch hinsichtlich der grösseren Formenglätte eine Annäherung an die Weise des berühmten Zeitgenossen erkennen lassen.
Mit den „Kinderszenen“ (op. 15) betrat Schumann ein Gebiet, auf dem er wie kein zweiter deutscher Musiker heimisch war: das Leben des Kindes. „In jedem Kinde liegt eine wunderbare Tiefe“, meinte er einmal. Nirgends hat der naive Grundzug seines Wesens schönere Früchte gezeitigt, als in diesen Kinderpoesien, deren schlichte Einfalt auch heute noch nicht erreicht, geschweige denn übertroffen ist. Allerdings waren das keine Stücke für Kinder, wie später das „Jugendalbum“, sondern „Rückblicke des Erwachsenen in die eigene Jugendzeit“, wie die fromme Selbsteinkehr des letzten Stückes zeigt. Aber so fein beobachten konnte nur ein Erwachsener, der zeitlebens die Welt mit den Augen des Kindes ansah, etwa wie es gleichzeitig L. Richter mit seinen Schilderungen des häuslichen Glückes tat.
Ein ganzer Zug blauäugiger Kinderköpfchen (denn deutsch sind diese Kinder alle) zieht an uns vorüber: das bittende Kind, aus dessen Augen dann nach Erfüllung des Wunsches in „Glückes genug“, „viel Seligkeit“ spricht, das einschlummernde in No. 12, dessen E-dur-Mittelsatz schon den Kindertraum vorwegnimmt, der junge Wichtigtuer in No. 6, der kleine Philosoph, der, den Finger an der Unterlippe, vergeblich über ein wichtiges Problem nachdenkt (vielleicht ist’s die „kuriose Geschichte“ in No. 2), daneben erscheinen kleine Genrebilder: der „Ritter vom Steckenpferd“, ein meisterhaftes Porträt, der mutwillige „Haschemann“, das „Fürchtenmachen“ mit seinen kleinen Gänsehäutchen. Diese Stücke mochten in jenen Tagen der virtuosen Ueberbildung selbst fast wie ein Märchen erscheinen. Hier war alles Natur, ging alles in der poetischen Stimmung und Anschauung auf, ohne Rhetorik, ohne Tendenz.
In demselben Frühjahr (1838) aber entstand noch eine zweite Komposition, die „Kreisleriana“ (op. 16), Schumanns erstes ausgereiftes Meisterwerk. Zu seinem Verständnis gibt der Osterbrief an Clara, in dem sich Schumann über seine Zukunftspläne sowohl als über sein künstlerisches Schaffen ausführlich ausspricht, manchen Fingerzeig. Der Titel führt uns in die Sphäre E. T. A. Hoffmanns, der in seinen „Kreisleriana“, verbunden mit den „Lebensansichten des Katers Murr“, ein ergötzliches Bild von dem Kontrast zwischen dem überschwenglichen Idealisten Kreisler — sein Urbild sollte der Kapellmeister L. Böhner sein, für den sich auch Schumann lebhaft interessierte — und dem nüchtern prosaischen Kater Murr entworfen hatte. Hoffmann hat in Schumanns schriftstellerischem wie musikalischem Schaffen deutliche Spuren hinterlassen; sein wunderliches Doppelleben, seine Art, das Wunderbare unmittelbar an die Welt des Alltags anzuknüpfen, schlugen in seinem Innern verwandte Saiten an. Aber in den „Kreisleriana“ hat der Dichter dem Komponisten wohl wenig mehr als den allgemeinen Grundgedanken gespendet: die „Schumanniana“ blicken deutlich hinter der literarischen Maske hervor. Trotzdem die scharfen Gegensätze der Stimmungen in der Anordnung der Reihenfolge sowohl als innerhalb der einzelnen Stücke wiederum deutlich zutage treten, ist das einigende Band, das die Sätze miteinander verkettet, mühelos zu entdecken. Es liegt nicht nur in der mit zwei Ausnahmen gewahrten Einheit der Tonart (B-dur, bezw. G-moll), sondern vor allem in der Art und Weise, wie die Mittelsätze der einzelnen Stücke auf die Stimmung des Vorgängers hinweisen (wie z. B. gleich das 2. Intermezzo von der No. 2 auf den Hauptsatz von No. 1).
No. 1 ist mit seinem wilden Aufstürmen ein echter Schumann, er ist es aber auch den Ausdrucksmitteln nach. Man beachte nur die eigensinnig nachschlagenden Bässe und vor allem die in dem Figurenwerk verborgene punktierte Melodie, die in dem B-dur-Mittelsatz in ein heimliches Flüstern übergeht. No. 2, eines der schönsten Klavierstücke, die je geschrieben wurden, ist Eusebius in höchster Verklärung, in seinem tiefkombinatorischen polyphonen Gewebe eine reife Frucht des Studiums Bachs. In No. 3 ziehen volkstümlicher Humor und behagliche Schwärmerei ein, ihnen antwortet die tiefe Klage von No. 4 mit seiner merkwürdig zerrissenen Melodik, die am Schlusse in weiten Fernen zu verhallen scheint. Nach dem phantastischen Intermezzo von No. 5 tönt uns aus No. 6 wieder eine tief wehmütige Volksweise entgegen, deren verträumte Resignation weder der gewaltsame Aufschwung des ersten, noch das hoffnungsfrohe Drängen des zweiten Seitensatzes zu bannen vermag. Auch in No. 7 bricht die schmerzlich-leidenschaftliche Stimmung des Grundgedankens trotz des wilden Humors und der geschäftigen Kraftäusserung in den Seitensätzen immer wieder hindurch. Erst aus der eigenen Brust kommt die Beruhigung: in frommen Orgelklängen führt das Hauptthema den Satz zu Ende.
Der Schlussnummer hat Schumann wiederum das unverkennbare Siegel seines Geistes aufgedrückt. Das ist ein geheimnisvolles Flüstern und Wispern, in das die taktlosen Bässe wie Naturlaute hineinplatzen. Ueberhaupt ist dieses Stück ein echt romantisches Produkt, es enthält Partien, halb melodisch, halb figurativ gestaltet, und andere, die lediglich durch die Elementarkraft des Rhythmus oder des Klanges wirken, und doch fügt sich alles zu einem wunderbaren poetischen Gebilde zusammen. Es hatte seinen guten Grund, wenn Schumann nach der Entstehung der „Kreisleriana“ selbst bekannte: „Meine Musik kommt mir jetzt selbst so wunderbar verschlungen vor bei aller Einfachheit, so sprachvoll aus dem Herzen.“
Das Jahr 1839 brachte neben zwei anmutigen, wenn auch weniger bedeutenden Kompositionen: „Arabeske“ (op. 18) und „Blumenstück“ (op. 19) die breit angelegte „Humoreske“ (op. 21).
Unter Humor verstand Schumann die „glückliche Verschmelzung von Schwärmerei und Witz“, und die beiden ersten Sätze sind der Beleg dafür. Aber schon im ersten G-moll-Satz (man beachte die Tonartenverwandtschaft mit den „Kreisleriana“) geht er über diesen Rahmen hinaus: die Schwärmerei nimmt recht dunkle Farben, der Witz einen aggressiven, grellen Charakter an. („Mit einigem Pomp.“) Schumann selbst gesteht, dass er bei diesem Werke „durcheinander gelacht und geweint“ habe. In „Zum Beschluss“ mit seiner grüblerischen Polyphonie wird die Stimmung, wie die vielen Fragezeichen zeigen, immer nachdenklicher, ein Eindruck, den auch die Schlusspartie mit ihrer kurz angebundenen Barschheit und ihrem forcierten Humor nicht zu verwischen vermag. Das Ganze ist eine Schöpfung voll der feinsten und originellsten Züge, wenn auch ohne die hinreissende Ueberzeugungskraft der „Kreisleriana“.
Die „Nachtstücke“ (op. 23), deren Titel ebenfalls in Anlehnung an E. T. A. Hoffmann gewählt wurde — ursprünglich sollten sie „Leichenphantasie“ heissen mit den Untertiteln „Trauerzug“, „Kuriose Gesellschaft“, „Nächtliches Gelage“, „Rundgesang mit Solostimmen“ —, stellen einen im Zustand krankhafter Ueberreizung unternommenen Ausflug in das Gebiet grausiger Kirchhofsromantik dar, ohne jedoch hierfür neue und eigene Töne zu finden. Dagegen zeigt der „Faschingsschwank aus Wien“ (op. 26) Schumann wieder in seinem eigentlichen Element; es ist der Niederschlag des frohen Faschingstreibens an der Donau. Die erste Nummer mit dem synkopierten ersten und dem in auf- und niedergleitenden Harmonien schwelgenden zweiten Es-dur-Mittelsatz, mit dem derbvolkstümlichen Fis-dur-stück, der das Volkslied „Es ritten drei Reiter“ anklingen lässt und mit der leibhaftigen Marseillaise dem Metternichschen Regime eine ironische Verbeugung macht, lässt den alten Davidsbündler deutlich erkennen, auch die Romanze, das launige Scherzino und der verträumte Gesang des „Intermezzo“ sind des Schöpfers der „Kreisleriana“ würdig, während das nachkomponierte Finale die dort erreichte Höhe nicht zu behaupten vermag.
Mit den drei Romanzen (op. 28), der Fughette (op. 32) und einigen anderen, in spätere Werke aufgenommenen Klavierstücken schloss Schumann fürs erste seine kompositorische Tätigkeit für dieses Instrument ab. Die nächste Reihe steht durchaus unter dem Zeichen Bachs, in dessen Kunst er sich 1845 mit Clara zusammen von neuem versenkte. Es sind die sechs Orgelfugen über den Namen BACH (op. 60), sowie die Studien (op. 56) und Skizzen (op. 58) für den Pedalflügel. Die Fugen und die Studien gehören zu den edelsten Blüten, die der Geist Bachs dem Boden der Romantik entlockt hat. In den Studien scheinen die Inventionen als Vorbild gedient zu haben; die Stücke sind mit erstaunlicher Kombinationsgabe durchgeführt. Die Orgelfugen aber werden trotz des Bachschen Grundtons von einem leisen Schimmer des Schumannschen Charakterstücks mit seinen geistreichen Freiheiten verklärt. Mit gutem Grund prophezeite er diesen Fugen selbst die längste Lebensdauer unter allen seinen Werken. Einen Nachhall davon bilden die Vier Fugen (op. 72).
Ein ganz anderes Bild entrollen das „Jugendalbum“ (op. 68) und die „Drei Sonaten für die Jugend“ (op. 118, seinen drei Töchtern gewidmet). Diesmal waren es im Gegensatz zu op. 15 wirkliche Kinderstücke voll naiver Poesie, wenn sich auch in einzelnen Stücken, wie der „Winterszeit“, wehmütige Erinnerungsbilder aus des Meisters eigener Jünglingszeit einstellen. Unter den letzteren Klavierkompositionen ragen besonders die „Waldszenen“ (op. 82) hervor. Stücke wie der „Eintritt“, die „Verrufene Stelle“, „Vogel als Prophet“ gehören zu den charakteristischsten Blüten der Klavierromantik.
Auch die vierhändige Klavierliteratur hat Schumann durch ein wertvolles Werk bereichert: die „Bilder aus Osten“ (op. 66), bei deren Komposition ihm die Gestalten der Rückertschen Makamen vorschwebten; ein Werk von ganz besonders intimem Reiz endlich ist das ursprünglich für Kammermusik gedachte „Andante und Variationen“ für zwei Klaviere (op. 46).
In die Zeit der ersten Klavierkompositionen fällt Schumanns kritische Tätigkeit. Das Band, das den schaffenden und ästhetisierenden Künstler verbindet, ist leicht zu erkennen: beide streben darnach, durch Ueberwindung des zeitgenössischen seichten Schlendrians einer vertieften Kunstauffassung eine Gasse zu bahnen. Beide verfechten aufs eifrigste den Zusammenhang zwischen Kunst und Leben, beiden gilt die Musik als „Herzenssprache“, als der „Ausfluss eines schönen Gemütes“. Diese Lehre vom Lebensgehalt der Musik, aus der sich für Schumann ohne weiteres die Forderung unbedingter Ehrfurcht vor der Kunst und geradezu mystische Anschauungen über das künstlerische Schaffen ergeben, ist neben seinen Kunstschöpfungen das schönste Erbteil, das er der Nachwelt hinterlassen hat. Freilich trägt diese Schumannsche Musikästhetik, trotzdem ihre Wurzeln in Jean Paul ruhen, doch auch sehr stark den Stempel seiner eigenen Individualität, insofern er so manche Eigentümlichkeit seines eigenen Schaffens als allgemeine Norm auch in seine Theorie übertrug. Wenn er z. B. seinen Florestan einmal sagen lässt: „Die Aesthetik der einen Kunst ist die der andern; nur das Material ist verschieden“, so lag die Wurzel dieser — übrigens echt romantischen — Anschauung in seiner eigenen poetisch-musikalischen Doppelnatur, und wenn er beim künstlerischen Schaffen der Phantasie unbeschränkte Freiheit vindiziert auf Kosten des kritischen Ordnens, so schloss er von der Art seiner eigenen Inspiration, die ihm gerade in seinen Klavierwerken das Beste auf den ersten Anlauf zuführte, auf die Allgemeinheit. Nicht ohne Interesse ist endlich auch der nationale Unterton, der in Schumanns Schriftstellerei immer wieder anklingt. Wenn er z. B. 1839 von der „Erhebung deutschen Sinnes durch deutsche Kunst“ redet, so ist das ein direkter Vorklang Wagnerischer Ideen. Auch das volkstümliche Ideal in der Tonkunst gelangt immer wieder zum Durchbruch, und bezeichnend für seinen feinen künstlerischen Spürsinn ist es, dass er dafür gerade Beethovens letzte Quartette ins Feld führt: die Unmittelbarkeit und Naturwahrheit dieser Werke hat dieses Urteil ins Leben gerufen.
Um den Eindruck, den ein Tonwerk auf ihn gemacht hat, wiederzugeben, bedient er sich des Mediums der Poesie. „Wir halten die für die höchste Kritik, die durch sich selbst einen Eindruck hinterlässt, dem gleich, den das anregende Original hervorbringt.“ Da wechseln förmliche lyrische Dichtungen ab mit novellenartigen oder gar dramatisch zugespitzten Stücken; nicht selten steht der Leser plötzlich mitten in einer kleinen Romanszene drin. Diesen poetischen Vorzügen des Schriftstellers fügt der Mensch noch einen weiteren hinzu: die feine Herzensbildung. Trotz aller zielbewussten Tendenz bleibt der Ton stets vornehm; Schumann lobt, ohne zu schmeicheln, und tadelt, ohne zu kränken (mit einer einzigen Ausnahme, der berühmten kritischen Abschlachtung von Meyerbeers „Hugenotten“).
Vielleicht dürfte hier zugleich der Platz sein, das Verhältnis Schumanns zu Wagner kurz zu streifen. Allzulange hat man seine persönliche Seite in den Vordergrund gerückt, und so entstand eine Gereiztheit auf beiden Seiten, die den Tatbestand nur noch mehr verwirrte. Dass Schumann die Persönlichkeit Wagners gründlich unsympathisch war, ist wohl sicher, und diese Antipathie hat er in seinen letzten Jahren, wo er überhaupt zu schrofferen und gereizteren Urteilen neigte, auch auf den Künstler übertragen.[1] Aber in seiner besten Zeit urteilte er anders, zumal über den Schriftsteller Wagner, und wenn er von dessen „Oper und Drama“ einen sehr bedeutenden Eindruck gewann, so beweist das allein schon, dass Schumann der Oper und ihrem Wesen doch nicht so absolut hilflos gegenüberstand, wie z. B. Hanslick behauptet. Auch sein Urteil über den Künstler Wagner ist charakteristisch: den Fortschritt vom „Rienzi“ zum „Tannhäuser“ erkennt er sofort, während ihm im „Holländer“ das Kolorit zu düster und einzelne Anklänge an den grundverhassten Meyerbeer bedenklich erscheinen. Durch alle Aeusserungen aber klingt trotz des Tadels im Einzelnen ein gewaltiger Respekt vor Wagners Leistungen hindurch. Manches wird noch bei der „Genoveva“ zu erwähnen sein. Im allgemeinen aber wird man ohne weiteres zugeben können, dass beide Meister durch mindestens ebenso viele Punkte verbunden als getrennt waren. Beide entstammen dem Boden der Romantik, Schumann ihrer gefühlsmässigen, durch J. Paul vertretenen, Wagner ihrer mehr wissenschaftlichen Seite; beide empfangen schon in jungen Jahren tiefgreifende Eindrücke von der Kunst Shakespeares und Beethovens, sowie von Goethes „Faust“. Die jungdeutsche Episode in Wagners Entwicklung, die im „Liebesverbot“ gipfelte, scheidet zwar ihre Wege, aber sie ist bald überwunden und abermals lenkt Wagner in Schumann verwandte Bahnen ein. In ihrem Kampfe gegen Philistertum und prunkende Affektation, gegen die mangelhafte Allgemeinbildung der komponierenden Zeitgenossen berühren sie sich ebenso wie in ihrem Streben, die deutsche Kunst zur Nothelferin in der politischen Drangsal des Volkes zu gewinnen und ihre Kunstanschauung durch historische Studien zu vertiefen.
Nur in einem sehr wichtigen Punkte scheiden sich ihre Bahnen grundsätzlich: in der Anschauung vom Wesen des künstlerischen Schaffens. Wenn Schumann einmal seinen grossen Zeitgenossen einen „poetischen und gescheiten Kopf“ genannt hat, so mag er das erste Prädikat mit vollem Herzen, das zweite aber nur mit gemischten Gefühlen ausgesprochen haben. Für Schumann, den naivsten aller Romantiker, war das Poetische im griechischen Sinn, d. h. die schöpferische Tätigkeit der Phantasie, wie wir schon sahen, das ausschlaggebende, dem Kunstverstande fällt für ihn nur die Rolle des Dieners zu. Wagner dagegen, der konzentrierte Denker, stellt die künstlerische Ueberlegung in den Mittelpunkt seines Schaffens, sie hat den Inhalt des Kunstwerkes zu bestimmen, sie bestimmt auch den Weg, den die Phantasie zu nehmen hat. Er suchte darum auch zeitlebens enge Fühlung mit der Philosophie, die Schumann nur gelegentlich streift. Schon die Ausdrucksweise in den Schriften beider Meister ist für ihre Verschiedenheit charakteristisch: die poetischen Bilder, denen wir bei Schumann auf Schritt und Tritt begegnen, fehlen bei Wagner fast durchaus.
In dieser verschiedenen Bewertung des Anteils der Phantasie und der verstandesgemässen Reflexion am künstlerischen Schaffen sind die beiden Meister geradezu Antipoden. Schumanns Standpunkt entspricht durchaus dem allgemeinen Geiste der Romantik, während der Wagnerische sich in wesentlichen Punkten mit den Anschauungen der klassischen Zeit berührt.
Vgl. die Briefe an C. v. Bruyck vom 8. Mai 1853 bei Jansen, R. Schumanns Briefe, N. F. S. 373 und an R. Pohl vom 6. Febr. 1854 in „Die Musik“, V. 20, 111f. |
„Ich getraue mir nicht mehr versprechen zu können, als ich gerade im Lied geleistet und ich bin auch zufrieden damit“, schrieb Schumann 1842 an Kahlert. Noch sechs Jahre früher war er fest davon überzeugt, dass die Singmusik an Kunstwert weit hinter der Spielmusik zurückstehe. Und doch hatte der Siebzehnjährige dereinst seine Laufbahn mit dem Liede begonnen. Die Mystik Kerners, die sanfte Melancholie E. Schulzes, der Weltschmerz Byrons hatten’s ihm damals angetan. Aber dann wandte er dem eben erst betretenen Gebiete den Rücken, sei es, weil ihm die weitere Anregung fehlte, oder weil er im Dichterwort eine Fessel für seine Phantasie erblickte. So dichtete er zunächst seine Herzensbeichten in Liedern ohne Worte. Aber für einen Meister, dem die Tonkunst von Hause aus ein Absenker der Poesie war, musste über kurz oder lang die Stunde kommen, wo das bisher in den Programmen latent vorhanden gewesene dichterische Element mit Macht durchbrach und an Stelle der Programme den poetischen Text selbst setzte.
So naheliegend der Schritt zum Liede vom ästhetischen Standpunkte war, so wichtig waren seine Folgen für Schumanns Künstlerschaffen. Alsbald bekam er die erzieherische Macht der neuen Gattung zu fühlen; sie zwang seine vordem leicht ins Ungemessene schweifende Phantasie, sich zu konzentrieren und ihre genialischen Auswüchse unter die eigene strenge Kontrolle zu nehmen. Auf diese Weise haben die Lieder den späteren grösseren Schöpfungen den Weg geebnet. Schumanns Wort: „Man schafft nie frischer, als wenn man eine Gattung zu kultivieren anfängt“, zeugt von der inneren Befriedigung, die ihm die neue Schaffensweise bereitete.
Das Schumannische Lied kennzeichnet sich als eine unter dem Einfluss der romantischen Dichtung unternommene Verschmelzung norddeutscher und Schubertischer Elemente. Die Neigung der Berliner Schule zur Volkstümlichkeit hatte durch die Volksliedbestrebungen der Romantik neue, kräftige Nahrung erhalten. Sie musste gerade bei einer Natur wie Schumann lebhaften Widerhall finden, das zeigen uns seine Lieder im Volkston, wie z. B. „O Sonnenschein“ oder „Wohlauf noch getrunken“, die noch heute in unserem volkstümlichen Liederschatz obenan stehen. Während aber andere Meister, wie z. B. Löwe und Mendelssohn, im wesentlichen an dieser Grundlage festhielten, wandte sich Schumann zugleich auch dem Kunstliede zu, der „kunstvolleren und tiefsinnigeren Art des Liedes“, wie er selbst sagt, und hierfür diente ihm sein Abgott Schubert als Vorbild. Die Forderung, die dieser in praxi an den Liederkomponisten gestellt hatte, verfolgte Schumann auch theoretisch bis in ihre letzten Konsequenzen hinein, nämlich dass der Künstler „in die Seele seines Gedichtes eindringen“, seinen Inhalt nach allen Seiten erschöpfen müsse. Diesem Zweck aber muss unter allen Umständen, weit mehr als Schubert, das Klavier dienen. Ihm fällt die Aufgabe zu, „die feineren Züge des Gedichts“ hervorzuheben, ja gelegentlich erscheint es — und zwar gerade in Werken wie „Dichterliebe“ und „Frauenliebe“ — bereits als die Hauptperson im Liede.
Wie die Klavierkomposition, so hat Schumann auch das Lied aus einer ruheseligen Stagnation emporgerissen, in die es durch die hausbackene Art der Norddeutschen und das Epikureertum der Schubertepigonen geraten war. Von seiner musikalischen Potenz abgesehen, gelang ihm das hauptsächlich durch seine eminente literarische Bildung und seinen feinen poetischen Spürsinn. Schumann wählte seine Texte, sehr im Gegensatz zu Schubert, mit kritischer Ueberlegung aus. Es ist merkwürdig, wie gründlich sich dieser Saulus in einen Paulus verwandelt hat: jetzt gilt ihm die Liedkomposition als etwas besonders Heiliges, als die Hauptschutzwehr der deutschen Kunst gegen alle Ausländerei — es klingt wie ein unbewusster Nachhall aus der Jugendzeit des deutschen Liedes im 17. Jahrhundert. Auch in der Universalität seines Stoffkreises knüpft Schumann noch an die ältere Liedertradition an. Mag auch das Liebeslied schon bei ihm dominieren, er vergisst darum doch nicht, auch Freundschaft, Vaterland, Geselligkeit, die Traulichkeit des Familienlebens‚ die Wunderwelt der Sage und des Märchens zu besingen.
Bald hatte Schumann den Dichter herausgefunden, der in der Poesie seinen eigenen verwandte Bahnen wandelte: Eichendorff. Was ihn an diesem Dichter anzog, waren nicht sowohl die romantischen Naturszenen, nicht die fröhliche Vagantenpoesie, die er alle auch anderwärts finden konnte, sondern die Natürlichkeit und Unmittelbarkeit, mit der dieser Schlesier zu fabulieren wusste und die seinem eigenen Naturell verwandt war. An Rückert, den Schumann ganz besonders hochschätzte‚ fesselte ihn ebenfalls das starke Hervortreten der Naturpoesie, die sich, wie bei Schumann selbst, gerne im engen Rahmen des Häuslichen, Gemütlichen, Märchenhaften hält, es fesselte ihn aber zugleich auch jener enge Zusammenhang zwischen Dichtung und Leben, der Rückert kennzeichnet. „Was mir nicht gesungen ist, ist mir nicht gelebet“ — das war Schumann aus dem Herzen gesprochen.
Zu Heines Lyrik hatte Schumann zweifellos seine Verwandtschaft mit der Byronschen Gefühlswelt hingeführt, auch mochte ihn seine Anlehnung an das Volkslied in Stil und Form sympathisch berühren. Seine Auswahl aus Heines Gedichten zeigt das Bemühen, nur solche Gedichte in Musik zu setzen, die wirklich erlebt waren oder doch den Schein des Erlebten mit Glück wahrten. Den Heinischen Zug zur Selbstparodie hat Schumann wohl durchschaut (er hat gelegentlich das Wort „Heinismus“ dafür geprägt) und auch einzelne ironische Züge mit Glück in seiner Musik wiedergegeben (so die „alte Geschichte“ in op. 48, No. 11 durch die italienische Bettelkadenz), indessen teilte er doch im grossen und ganzen die Neigung seiner deutschen Zeitgenossen, die den Dichter zu ernst nahmen. Er machte aus diesen Gedichten, was er dem naiven Grundzug seines Naturells gemäss machen musste: er legte die ganze Tiefe seines poetischen Empfindens hinein und drückte ihnen auf diese Weise ein verklärtes Gepräge auf, das dem Dichter selbst wohl manchmal ein ironisches Lächeln entlockt hätte.
Während ihn in Chamisso hauptsächlich der Sänger des häuslichen Glückes anzog („Frauenliebe und Leben“), fühlte er sich bei J. Kerner durch die ganze Persönlichkeit mächtig gepackt. In ihrer reizvollen Verbindung von Mystik und naivem Humor mochte er wohl sein eigenes Fleisch und Blut wiedererkennen; auch dass Kerner im Gegensatz zu der strengen kritischen Arbeit Uhlands nur „mit dem Herzen“, d. h. mit der Phantasie dichtete, gewann ihm die Sympathie des Tonkünstlers.
Der Zug zum ausgesprochen Volkstümlichen führte Schumann zu Dichtern wie R. Burns und R. Reinick. Der schottische Dichter gab ihm ausserdem jene Anklänge an die Nationalmusik fremder Völker ein, die sich auch bei seinen spanischen Stoffen findet und in letzter Linie durch die romantische Oper angeregt war.
An Goethe selbst hat Schumann bezeichnenderweise nicht der Frohmut der Jugendpoesien, sondern die schmerzensreiche Welt der Gesänge aus Wilh. Meister und die gedankenschwere Lyrik des westöstlichen Divans angezogen.
Aber auch von der Zerrissenheit des jüngsten Geschlechts ist Schumanns Lyrik noch berührt worden. In seinen späteren Liedern erscheinen neben Heine und Byron die Namen Platen und Lenau, daneben aber tauchen nunmehr Dichternamen zweiten und dritten Ranges auf, die bei der vorhergehenden kritischen Auslese befremden müssen. Vor allem trifft dies bei Elisabeth Kulmann zu, deren Gedichte, Produkte einer überhitzten Romantik, ihn geradezu in Ekstase versetzten. Dieser spezielle Fall erklärt sich aus Schumanns damaligem Geisteszustand, bei den übrigen aber trifft die bei allen echten Romantikern zu beobachtende Tatsache zu, dass der erste Anlauf auch die besten Früchte zeitigt. Die alte hinreissende Begeisterung für das Lied hat sich in den späteren Jahren, da Schumann sich dauernd mit Plänen grossen Stils trug, nur sporadisch wieder eingestellt.
Schumann betrat das Gebiet der Liedkomposition vom Klaviere aus. Er hatte die Ausdrucksfähigkeit dieses Instrumentes in einer Weise bereichert, die es ihm ermöglichte, der jeweiligen Stimmung bis in ihre zartesten Schattierungen hinein gerecht zu werden und die orchestralen Wirkungen der Romantiker seinerseits auf dem Klaviere hervorzuzaubern. Dies ist auch für die Beurteilung seiner Lieder ausschlaggebend und kennzeichnet namentlich ihre Verschiedenheit von den Liedern Schuberts. Ist in den Klavierkompositionen dieses Meisters überall der Liederkomponist am Werke, so finden wir umgekehrt in Schumanns Liedern auf Schritt und Tritt den Klavierkomponisten gegenwärtig. Das Klavier ist nicht einfaches Begleitinstrument, sondern beteiligt sich selbständig am Ausdruck der lyrischen Stimmung, die Singstimme ergänzend und den psychologischen Faden der Dichtung fortspinnend, auch da, wo das Dichterwort selbst aussetzt. Das vielverschlungene harmonische Tonweben von Schumanns Klavierstil dient ihm recht eigentlich dazu, „in das Leben des Gedichtes einzudringen“. Am deutlichsten zeigt sich dies in den Anfängen und Schlüssen der Lieder. Dort bereitet der Komponist dem Dichter den Weg; er ergänzt die Voraussetzungen, die jener verschweigt oder nur leise andeutet. Meisterhaft ist die Art, wie Schumann den Hörer gleichsam unmerklich in seinen Vorspielen in die Stimmung des Gedichtes hinübergleiten lässt; das Klavier singt uns gewissermassen ganz allmählich in diese Stimmung hinein. Ein bekanntes Beispiel liefert das Lied „Im wunderschönen Monat Mai“ mit seinem hinsichtlich der Tonalität so merkwürdig schwankenden Vorspiel und der unerwarteten harmonischen Wendung beim Eintritt der Singstimme:
Noch bedeutender ist die Rolle des Klaviers bei den Schlüssen. Hier lässt Schumann nicht allein die Stimmung des Gedichtes leise ausklingen, sondern erschliesst öfters ganz neue Ausblicke. Nachspiele wie das in No. 16 der „Dichterliebe“ und in den meisten andern Stücken dieses Zyklus erheben sich vermöge ihres teilweise vollständig neuen Ideengehaltes auf die Stufe selbständiger Tongedichte, wie sie vor Schumann noch nicht dagewesen waren.
Auch innerhalb der einzelnen Lieder nimmt das Klavier eine der Singstimme ebenbürtige Stellung ein. Mit vollem Recht verlangte Schumann bei seinen Liedern von dem Sänger ein eingehendes Studium des Klavierparts. Denn ohne dieses ist bei der überwiegenden Mehrzahl der Lieder ein den Intentionen ihres Schöpfers entsprechender Vortrag unmöglich. Nur in einzelnen, im Volkston gehaltenen Liedern ruht die Melodie durchweg in der Gesangsstimme; in den meisten übrigen hat das Klavier selbständigen Anteil an der Führung der Melodie. In einigen Stücken, wie z. B. im „Nussbaum“ oder in „Im Walde“ (aus op. 39) findet eine vollständige Teilung der Melodie zwischen Singstimme und Klavier statt; in anderen tritt dieses mit selbständigen melodischen Bildungen neben den Gesang. Zahlreich sind ferner die Lieder, wo das Klavier vollständig seine eigenen Wege geht und die Singstimme mehr deklamierend dazu tritt: „Das ist ein Flöten und Geigen“ (op. 48 No. 9).
So wird mit Schumann auch auf dem Gebiet des Liedes das Instrument immer mehr Träger des Stimmungsausdrucks. Hatte seine Beherrschung des Klavierstils einen entscheidenden Einfluss auf seine Auffassung von der Liedkomposition ausgeübt, so wirkte die Beschäftigung mit dem Liede ihrerseits wiederum auf die Weiterentwicklung seines Klavierstils befruchtend ein. Die eigentümliche polyphone Stimmführung erfährt eine weitere Ausgestaltung; die merkwürdigen, ineinander gleitenden harmonischen Gebilde mehren sich; sie treten in den Dienst einer bestimmten poetischen Idee und bilden von nun an eines der hauptsächlichsten Ausdrucksmittel des romantischen Elementes in Schumanns Kunst.
Auch in melodischer Hinsicht bezeichnen die Lieder einen merklichen Fortschritt gegenüber den Klavierkompositionen. Der Grundcharakter der Melodik ist zwar in beiden derselbe, allein das Dichterwort hat auch hier seinen läuternden Einfluss ausgeübt, insofern als Schumanns Genius nicht mehr den Einfällen seiner Phantasie rückhaltslos nachgibt, sondern bewusst über all diesen Reichtum verfügt und seine Mittel höheren künstlerischen Zwecken unterordnet. Die wohlbekannten Keime und Ansätze von Melodien finden sich auch in seinen Liedern, aber sie dienen hier dem Ausdruck traumhaft verschleierter Empfindung, wie z. B. in op. 25, No. 3 („Der Nussbaum“); op. 39, No. 11 („Im Walde“). Daneben treten jedoch freiere, weitgeschweifte melodische Bildungen, wie sie in jenen Jugendwerken nur sehr selten anzutreffen sind. Auch versteht Schumann nunmehr den Gehalt einer Melodiephrase tiefer auszubeuten. Das klassische Beispiel hierfür bietet die bekannte „Mondnacht“ in op. 39, der bis zum Schlusse ein und dasselbe melodische Motiv zugrunde liegt:
Dieses Lied mit seinem durchgehenden Sternengeflimmer in der Begleitung, seinem leisen Flügelrauschen in den Zwischenspielen‚ den verstohlenen Melodiechen in den Mittelstimmen und dem frommen Schluss ist ein wahres Muster für die Kunst Schumanns, Seelen- und Naturmalerei miteinander zu verquicken. Hier liegt die Wurzel von Liedern, wie z. B. Brahms „Feldeinsamkeit“. Keine Kunst vermöchte ferner ein so tiefpoetisches Band zu schlingen, wie es Schumann in op. 48, No. 2 zwischen dem Ruf der Nachtigall und den schmerzlichen Seufzern der Menschenbrust schlingt. Diese echt deutsche Beseelung der Natur, die sie zur Teilnehmerin an allem Menschenglück und -leid stempelt, tritt bei Schumann noch weit intensiver auf, als bei Schubert. Dieser gibt in seinen Naturschilderungen dem Sänger häufig nur die äussere Situation an die Hand, Schumann dagegen zieht diese Naturschilderung von Anfang an in die Stimmung des Gedichtes herein. Dabei zeigt sich Schumanns Naturliebe durchaus frei von aller Sentimentalität; es war die gesunde Lust am Einfach-Schönen, die ihn immer wieder zu ihr hintrieb, nicht etwa müde Weltflucht.
Du Ring an meinem Finger, |
Mein goldenes Ringelein —— | Paul Thumann |
Aus Chamisso’s „Frauenliebe und -Leben“‚ illustriert von Paul Thumann.
Verlag von Adolf Titze in Leipzig.
Ueberhaupt ist es bedenklich, Schumanns Lyrik, wie das in moderner Zeit ab und zu geschieht, mit dem einfachen Schlagwort „sentimental“ abzutun. Wohl ist zarte Schwärmerei einer ihrer Hauptgrundzüge und die Verwandtschaft mit J. Pauls Gefühlsseligkeit verleugnet sich auch in den Liedern nicht. Aber gerade in den besten wird sie paralysiert durch einen naiven, oft kindlich frommen Herzenston, der ausschliesslich Schumanns Eigentum ist (vgl. op. 42, No. 4; op. 48, No. 4). Diese Klänge lassen Schumann in jener Zeit der Ueberbildung und des tendenziösen Streites wie ein Wunderkind erscheinen, sie tönen aber auch in unserer modernen Lyrik noch vernehmlich nach. In innerem Zusammenhang damit steht die Tatsache, dass Schumann, abgesehen von seinen Balladen, das Gebiet des Pathetischen nur selten berührt hat. Kompositionen, wie Schuberts „Fragment aus dem Aeschylus“ oder „Prometheus“ haben in Schumann seinen Nachfolger gefunden.
Etwa von den Goetheliedern op. 98 an beginnt Schumanns Lyrik ein gegen früher merklich verändertes Aussehen zu zeigen, das offenbar in dem Drang nach erhöhter Realistik des Ausdrucks wurzelt. Einzelne Worte und Phrasen werden in Melodie oder Begleitung liebevoll unterstrichen, in den Klavierpart immer neue charakteristische Motive und Figuren innerhalb desselben Stückes eingeführt, ganze Lieder in einzelne Stimmungsbilder zerlegt, vor allem aber der Singstimme rezitativische Bildungen statt der melodischen zugewiesen — alles im Interesse möglichst getreuer Detailmalerei. Das ist interessant‚ weil es sich mit analogen Bewegungen in den andern Vokalgattungen berührt. Zu einem geschlossenen Bau vermochte Schumanns erlahmende Schöpferkraft freilich diese Elemente nicht mehr zusammenzufügen und so machen diese Spätlinge seiner Lyrik den Eindruck eines Trümmerhaufens, aus dem nur vereinzelte Zeugen alter Herrlichkeit hervorragen.
In den Kompositionen für zwei und mehrere Singstimmen ging Schumann mit derselben künstlerischen Gewissenhaftigkeit zu Werke. Die Mehrstimmigkeit war für ihn nicht bloss Zufall, sondern entweder bereits von den Dichtern angedeutet oder doch durch ganz bestimmt erkennbare künstlerische Gründe gerechtfertigt. Mendelssohn individualisiert in seinen Duetten höchst selten, für ihn haben diese Kompositionen nur ein rein musikalisches Interesse. Schumann dagegen dringt auch hier in das „innere Leben“ des Gedichtes ein; er führt die zwei oder mehr Individualitäten, die ihm der Dichter an die Hand gibt, auch musikalisch durch, es sei denn, dass er die schlichte Art des naiven mehrstimmigen Volksgesanges im Auge hat (wie z. B. in den Duetten des „Liederalbums für die Jugend“).
Einen besonderen Reiz bieten die 3 Zyklen: „Spanisches Liederspiel“ (op. 74), „Spanische Liebeslieder“ (op. 138) und deren deutsches Gegenstück „Minnespiel“, Werke, in denen ein-, zwei- und vierstimmige Sologesänge miteinander abwechseln. Das bedeutendste ist das zuerst genannte. Schumann führt uns hier verschiedene Gruppen von Individuen vor Augen, die sich wechselseitig ihre Gefühle aussprechen. Er erhält dadurch ein farbenreiches, lebendiges, dem südlichen Charakter des Ganzen wohl entsprechendes Bild. Das ganze Werk mit seinem reichen Kolorit und seinen diskret verwandten nationalen Anklängen gehört zu den liebenswürdigsten Kindern der Schumannschen Gesangsmuse.
Schumanns Chorkompositionen wurden zum grössten Teile durch seine Dresdener Dirigententätigkeit angeregt. Sie fallen somit alle in eine Zeit, in der die Neigung zum Volksmässigen einerseits und zum Balladenhaften, dramatisch Zugespitzten andererseits sich immer stärker geltend machte. Die volksmässig gehaltenen, wie z. B. das „Hochlandsmädchen“, das „Jägerlied“, haben die meiste Beliebtheit erlangt. In den Dichtungen dominiert R. Burns. Was die musikalische Behandlung betrifft, so ergibt sich aus dem ganzen Charakter dieser Stücke, dass von wirklicher Polyphonie darin keine Rede sein kann. Hier und da finden sich imitatorische Ansätze, auch die bei Schumann so beliebte kanonische Behandlung tritt einmal auf (op. 69, No. 6). Im übrigen aber wahren alle diese Stücke den schlichten Charakter des Volkstones. Dagegen zeigt eine andere Reihe, die „Romanzen und Balladen“ (op. 67, 75, 145, 146), deutlich die Absicht dramatischer Charakteristik. Das verhaltene Streben nach wirklich dramatischen Leistungen, das Schumann in seiner letzten Periode nicht mehr losliess, spiegelt sich auch in diesen Werken wieder. Es zeitigte allerhand wunderliche Gedanken, so die Komposition von R. Burns’ „Zahnweh“ und der „Romanze vom Gänsebuben“ und aparte Instrumentaleffekte, so in der Begleitung von Uhlands „Schifflein“ (op. 41, mit Flöte und Horn). Von den Chören patriotischen Inhalts war schon die Rede; ein Gegenstück dazu bilden die „Drei Gesänge für Männerchor“ (op. 62).
Eine Ausnahmestellung unter diesen Stücken nehmen die Ritornelle op. 65 ein. Sie sind allesamt kanonisch gehalten und beweisen aufs neue, welche Lebenskraft dieser Form in der modernen Kunst innewohnt. Schumanns geübter Hand ist es hier gelungen, der Komposition für Männergesang, die nur allzuleicht dem Fluch der Eintönigkeit verfällt, ein neues belebendes Element zuzuführen und neue, überraschende Wirkungen hervorzurufen. Die hier gegebene Anregung ist leider noch viel zu wenig ausgebeutet worden, und unsere Männerchöre, die hierin nicht allein bedeutende Musikstücke, sondern auch ein vorzügliches Studienwerk besitzen, haben diesen Ritornellen noch nicht die gebührende Beachtung geschenkt.
An die eben besprochenen Werke schliesst sich eine Reihe von Chorkompositionen an, welche die Brücke zu seinen geistlichen Kompositionen bilden. Das schönste unter ihnen, ein Meisterwerk in kleinem Rahmen, ist das „Requiem für Mignon“, op. 98b, für Soli, Chor und Orchester. Goethe verlangt für das Andenken Mignons einen „holden Gesang“. Schumann, der Meister kindlichen Ausdrucks, der Herzenskündiger des jungfräulichen Lebens, war vor allen dazu berufen, diese Forderung zu erfüllen. Er gibt uns keine Trauermusik grossen Stiles; seine Musik, von zartester Empfindung durchtränkt, ist eine sanfte Totenklage um die Dahingeschiedene, sie zeigt uns zugleich Goethes Idealgestalt im Lichte holder Verklärung. Der elegische Grundcharakter wird trotz leiser dramatischer Zutaten und trotz der bis zum Schlusse anhaltenden Steigerung beibehalten, und so gehört dieses Werk, das freilich den Pomp der Konzertsäle nun und nimmer verträgt, zu Schumanns einheitlichsten und glücklichsten Tonschöpfungen.
Es ist bezeichnend für Schumanns rastlosen Schaffensdrang, der ihn dazu trieb, nach und nach alle Gebiete des musikalischen Schaffens zu erobern, dass er am Schlusse seiner Tätigkeit sich auch noch der geistlichen Musik zuwandte. Es war ihm trotz aller Anstrengungen nicht beschieden, mit seinen Werken auf diesem Gebiete aus dem Schatten seiner übrigen Meisterwerke herauszutreten. Der ihm eigentümliche Stil, der seine schönsten Blüten auf dem Gebiet kleinerer Formen zeitigte, erwies sich dem hohen Kothurn der geistlichen Musik gegenüber als unzulänglich, so sehr sich auch seine Neigung zu Schwärmerei und Mystik gerade zur Komposition des katholischen Messtextes hingezogen fühlen mochte. Charakteristisch ist übrigens, dass er sich zuerst an geistlichen Liedern zeitgenössischer Dichter versuchte. Es gehören hierher die Motette „Verzweifle nicht“ von Rückert (op. 93) für doppelten Männerchor, der er später noch eine Orgelbegleitung hinzufügte, ferner desselben Dichters „Adventlied“ (op. 71) für Solo, Chor und Orchester und „Neujahrslied“ (op. 144) für Chor und Orchester.
Die Messe (op. 147) und das Requiem (op. 148) sind, obwohl durch das katholische Düsseldorf angeregt, doch nicht zur eigentlichen liturgischen Benützung bestimmt gewesen, wie aus ihrer der Messhandlung zuwiderlaufenden Form hervorgeht. Der Schwerpunkt beider Werke liegt der Natur der Sache gemäss in den Chorpartien, namentlich die Messe enthält so manche schönen und ergreifenden Partien, um derentwillen das Ganze wohl öfter aufgeführt zu werden verdiente, als tatsächlich der Fall ist. Die Totenmesse dagegen steht, mit einziger Ausnahme des Dies irae, an künstlerischem Werte bedeutend zurück.
Schumanns nachgelassenes Projektenbuch enthält unter anderen Entwürfen auch den Plan eines „Deutschen Requiems“. War seine Ausführung auch seinem Freunde Brahms vorbehalten, so ist er doch für Schumanns Ziele auf dem Gebiete der Chormusik grossen Stiles überaus bezeichnend. Denn er zeigt uns, dass dem Meister eine Regeneration der Chormusik auf deutsch-volkstümlicher Grundlage vorschwebte, ein Ziel, das dem ihm innewohnenden Zuge zur Natur und schlichten Einfachheit durchaus entsprach. Wir erkennen es aus dem geplanten Lutheroratorium‚ das sich Schumann als „ein durchaus volkstümliches“ dachte, „als eines, das Bürger und Bauer verstände“, wir erkennen es aber auch aus dem fertigen Oratorium „Das Paradies und die Peri“, das nach seinen eigenen Worten „ein Oratorium, aber nicht für den Betsaal, sondern für heitere Menschen“ sein sollte. Das alte biblische Oratorium war schon durch seine Stoffwelt volkstümlich gewesen, das neue „weltliche“ sollte es wenigstens seiner künstlerischen Gestaltung nach sein.
Aufs glücklichste ist dieses Ziel in der „Peri“ erreicht. Ihre Grundidee ist ebenso einfach als menschlich ergreifend: die Geschichte von der Himmelstochter, die, durch eigene Schuld aus dem Paradiese verstossen, nach mancherlei vergeblichen Versuchen schliesslich mit der Träne des reuigen Sünders Verzeihung und Rückkehr erlangt. Die orientalische Szenerie, die der romantischen Musik erstmals das Gebiet indischer Märchenpracht erschloss, wird nur soweit ausgemalt, als die Entwicklung der Haupthandlung es erfordert. Auch die Herrlichkeiten Edens werfen nur gelegentlich ihre lichten Strahlen in das Werk herein; der Schwerpunkt liegt auf den einzelnen Bildern, die die Handlung weiterführen. Auch sie sind ohne alles Theaterpathos mit rührender Einfachheit gezeichnet: der Held, der für’s Vaterland stirbt, die Jungfrau, die dem Geliebten in den Tod folgt, der schuldbeladene Mann, der beim Anblick der Kindesunschuld Tränen vergiesst. Der geistige Mittelpunkt des Ganzen ist aber die Peri selbst, eine Gestalt, wie sie nur Schumann, und zwar Schumann-Eusebius schaffen konnte, gewissermassen das weibliche Ideal, das der Romantik vorschwebte: weibliche Zartheit in höchster Verklärung, verbunden mit jener Selbstlosigkeit‚ die allein eigene wie fremde Schuld zu tilgen imstande ist. Sie ist denn auch weit mehr als die blosse „Heldin“ des Werkes geworden, denn sie ist mit ihrer Gefühlswelt überall gegenwärtig, auch wo sie nicht handelnd eingreift, ihr Auge ist es, das uns fast aus jeder Nummer der Partitur entgegenblickt. Darum hat Schumann auch auf das Rezitativ in der Erzählung verzichtet und es durch den empfindsameren ariosen Gesang ersetzt.
Dass Schumann über eine nicht unbedeutende dramatische Ader verfügte, zeigt der erste Teil mit seiner farbenglühenden Schilderung der Herrlichkeiten Indiens, über die plötzlich die Schrecken des Krieges hereinstürmen. Die Schlachtszene erhebt sich in kühner Steigerung über die dissonanzenreiche Totenklage um den Jüngling bis zu dem lapidaren Schlusschor, der volkstümliche Einfachheit mit kunstvoller Fugenarbeit verbindet. In sehr glücklichem Kontrast dazu steht der zweite Teil, der dem männlichen das weibliche Heldentum gegenüberstellt. An die Stelle des dramatischen Lebens tritt Ruhe, ja, wie bei der Schilderung der Pest, beklemmende Erstarrung, nur einmal huscht die phantastische Schar der Nilgeister vorüber, im übrigen dominiert der schmerzensreiche Ton, den die Romanze No. 14 anschlägt. Erst das Schlummerlied mit Chor am Ende des Teils löst die bange Stimmung, zugleich eine der edelsten Blüten, die die Neigung zum Volkstümlichen in der Romantik hervorgebracht hat.
Diesen beiden Vorgängern gegenüber hat der 3. Teil einen schweren Stand. Tatsächlich ruht sein Wert weit mehr auf den einzelnen Szenen, wie dem originell-phantastischen Chor der Houris, dem spottenden Quartett der vier Peris und dem rührenden Gesang des Schuldbeladenen, als in der Gesamtwirkung; selbst der Schlussgesang der erlösten Peri vermag das hinreissende Feuer des ersten Teiles nicht mehr zu erreichen. Als Ganzes genommen aber gehört die „Peri“ noch heute an die Spitze der von ihr vertretenen Gattung. Unzählige Anregungen sind von diesem Werke ausgegangen, sein Ideenreichtum allein imstande wäre, ein halbes Dutzend Oratorien zu versorgen. Für ihren modernen Charakter ist ausserdem bezeichnend, dass das Orchester nicht selten die Führung übernimmt und dass mehrmals Partien im späteren Verlaufe in sinnvoller Weise wiederholt werden.
War die „Peri“ in einem Zuge geschrieben, so dehnte sich die Komposition der „Szenen aus Goethes Faust“ über einen Zeitraum von nahezu 10 Jahren aus (1844-1853).
Das Schicksal der Dichtung wiederholte sich somit im Kleinen bei der Komposition: unmerklich stellten sich im Verlaufe einer solch langen Spanne Zeit andere Anschauungen, andere Stimmungen in der Seele des Künstlers ein und vereitelten die Wiederaufnahme des Fadens da, wo er ihn fallen gelassen. Eine bunte Bilderreihe zieht an uns vorüber, im Einzelnen blendend, als Ganzes Stückwerk‚ worin überall die Fugen deutlich erkennbar sind. Zudem fällt die Komposition der spätesten Stücke, vor allem der Ouvertüre, bereits in eine Periode der Abspannung (1853), während die Schluss-Szene schon 1844, also unmittelbar nach der „Peri“, geschrieben ist.
Schumann hat im Ganzen 7 Szenen des Faust komponiert: einen Teil der ersten Gartenszene‚ die Szene Gretchens vor dem Bild der mater dolorosa, ihre Szene im Dom, ferner die erste Szene des II. Teils, die Szene der 4 grauen Weiber und Fausts Tod (diese Szene abgekürzt). Den Schluss bildet die in sieben Abschnitte geteilte Komposition der letzten Szene des fünften Aktes („Fausts Verklärung“). Die Auswahl ist sehr bezeichnend; der Hang zur mittelalterlichen Mystik und Romantik war auch hier ausschlaggebend. Die eigentlich dramatischen Motive der Handlung, Fausts unbefriedigter Wissensdrang und vollends das Eingreifen Mephistos, bleiben durchweg im Hintergrund, das Hauptgewicht liegt auf den Stücken rein psychologischen bezw. romantisch-symbolischen Charakters. Schumann selbst bezeichnete überhaupt den Charakter der ganzen Komposition als einen „ruhigen, tief friedlichen“; der Wechsel der Tempi sollte überall ein „leise vorübergehender“ sein. Die Faustszenen bilden somit zu der ihnen inhaltlich so nahe stehenden Manfred-Musik einen merkwürdigen Kontrast: dort scharfe dramatische Akzente und ausgesprochenes Streben nach seelischer Vertiefung und individualisierender Charakteristik, hier, mit Ausnahme der Szene der grauen Weiber und der Lemuren, ein sanftes, lyrisch-romantisches Dämmerlicht — der Reiz und die Schwäche zugleich des Ganzen. Sympathisch wirkt vor allem die bis zur Selbstverleugnung gehende Pietät gegen Goethes Dichtung. Ihr verdanken wir den herrlichen Schlussteil, in dem es Schumann wie Keinem gelungen ist, den mystischen Inhalt der Dichterworte nachzuempfinden und — mit Ausnahme des allerletzten Chores, dessen Komposition Schumann selbst als Schmerzenskind empfand, musikalisch wiederzugeben.
Eine ins „Dörfliche, Deutsche“ gezogene Nachfolgerin der „Peri“ ist „Der Rose Pilgerfahrt“. Die genannten Ausdrücke Schumanns beziehen sich nur auf das äussere Milieu der Handlung. Seinen Charakter nach streift das Werk, weit entfernt von bäuerlicher Derbheit, öfters stark die Sphäre des Weichlichen und Ueberempfindsamen. Der Text stammte von M. Horn, der jedoch von Schumann selbst eingehende Instruktionen erhielt; man kann nicht sagen, das beide damit eine besonders glückliche Hand bewiesen hätten. Der Stoff ist durchaus idyllisch und Schumann hatte demzufolge auch ganz richtig anfänglich bloss das Klavier zur Begleitung herangezogen. Erst später folgte auf Drängen seiner Freunde die Orchestrierung, die den bescheidenen Stoff nun plötzlich zur Haupt- und Staatsaktion erhob. Die Musik an sich ist glücklich erfunden und gibt den Stimmungsausdruck vollständig wieder; es sei hier nur an den einleitenden Frühlingsgesang und an den Trauerchor erinnert.
Schumanns Stellung zur Ballade im allgemeinen ist nicht leicht zu präzisieren. Balladen im Sinne Carl Löwes hat er nur wenige geschrieben, wie z. B. die „Löwenbraut“ und „Die beiden Grenadiere“; in den übrigen als „Balladen“ bezeichneten Kompositionen der früheren Zeit bringt er die verschiedenartigsten Formen zur Anwendung. Ein bestimmtes Streben, eine neue Form zu schaffen, findet sich erst mit dem „Königssohn“. Die Anregung dazu hatte Schumann bei der Komposition der Peri erhalten; es handelte sich bei allen diesen Stücken („Königssohn“, „Des Sängers Fluch“‚ „Vom Pagen und der Königstochter“, „Das Glück von Edenhall“), die von ihren Dichtern Uhland und Geibel als „Balladen“ bezeichnet waren, darum, die knappe Form der Dichtung dergestalt zu erweitern, dass sie, halb Balladen, halb Cantaten, unter Aufbietung grösserer Mittel vor ein grosses Konzert-Publikum gebracht werden konnten. Die ursprüngliche Fassung musste sich zu diesem Zwecke Aenderungen, Verstümmelungen, Zusätze gefallen lassen, eine Methode, die, trotzdem sie viel Widerspruch erregt hat, einwandfrei ist, sobald durch die Umänderung ein wirkliches Kunstwerk entsteht. Allein Schumann verlor bei diesen Anfangsversuchen auf einem neuen Gebiete, bei denen ihm nicht, wie bei der „Peri“, der Text zu Hilfe kam, bald den Boden unter den Füssen. Das Ideal, zu dem es ihn in jenen letzten Jahren immer und immer wieder hinzog, war ein anderes als die Chorballade. „Das Ganze scheint mir von grosser dramatischer Wirkung“, so schreibt er bezüglich des „Sängers Fluch“ an R. Pohl; es scheint, als ob den unermüdlich nach neuen dramatischen Lorbeern strebenden Künstler diese Sehnsucht an seinem Lebensabend mit erneuter Stärke heimgesucht hätte, als ob er diese Balladen als Anweisungen auf eine spätere grössere dramatische Tat betrachtete — spähte er doch gerade in jenen Jahren unablässig nach einem neuen Operntext aus.
Eine weitere Gruppe in Schumanns Balladenkomposition bilden die drei melodramatischen Stücke: „Schön Hedwig“ (von Hebbel, op. 106), „Vom Haideknaben“ und „Die Flüchtlinge“ (von Shelley, op. 122). Hier verzichtete er auf musikalische Deklamation überhaupt und vertraute den ganzen Stimmungsgehalt der Dichtung dem Klavier an, wie denn überhaupt in jenen letzten müden Wochen des Jahres 1853 das Instrument, das den Jüngling dereinst zu den Höhen des Ruhmes getragen, sich wieder häufig in seinen Kompositionen einstellt.
Wenn Schumann einmal als sein „morgendliches und abendliches Künstlergebet“ die deutsche Oper nennt, so springt die Analogie mit seinen volkstümlich-nationalen Bestrebungen auf andern Gebieten sofort ins Auge: auch hier schwebte ihm eine Abwehr der ausländischen Kunst, vor allem der Meyerbeerischen, durch die Hebung der inländischen Produktion vor, und zwar im „einfachen, volkstümlichen deutschen“ Sinne.[1] Also auch hier bewusstes Aufsuchen neuer Wege, kräftige Opposition gegen bestehende Verhältnisse und Rückkehr zur Einfachheit. Nicht selten berühren sich Schumanns Anschauungen von der Oper mit Wagner, vor Allem darin, dass er die Dichtung als Hauptsache in den Vordergrund rückt. Bezeichnend ist auch, dass er dem Komponisten nicht allein die Wahl seines Süjets, sondern auch seine dichterische Gestaltung zuweist, während der Librettist nur die gereimte Form, das äussere Gewand zu liefern hat. Dass es ihm um ein wirkliches Drama in der Oper zu tun war, das beweisen nicht allein seine Opernprojekte, nicht allein sein Hinweis auf Shakespeare und Calderon als Hauptfundgruben, sondern vor allem auch seine Forderung, dass „wo die dramatische Wirkung durch zu viel Musik oder sonstwie aufgehalten werde, alles zum Opfer gebracht werden“ müsse, sowie dass die Sänger keine Virtuosen, sondern dramatische Darsteller sein müssen. Nur dann wird das Endziel: „ein Stück Lebensgeschichte“ voll „Natur und Wahrheit“ erreicht. Das sind alles Ideen, die beweisen, dass es Schumann mit dem Drama in der Oper heiliger Ernst war und dass er die Tendenzen seiner Zeit wohl erkannt hat.
Um so mehr muss ihre praktische Ausführung in der „Genoveva“ befremden. Nicht etwa wegen der Wahl des Stoffes, denn die Genovevalegende bringt eine schöne, allgemein menschliche Idee zur Erscheinung und ist reich an poetischen Zügen. Derartige rührende Dulderinnen waren ja von jeher besondere Lieblinge der Romantik (vgl. Webers „Euryanthe“, Schumanns „Peri“, ja auch Wagners „Elisabeth“). Aber Schumann ist die Anlehnung an das Hebbelsche Drama verhängnisvoll geworden. Von Hebbel stammen die Grundzüge der Handlung, vor Allem die Schürzung und Lösung des Knotens, während Tieck nur nebensächliche Episoden, wie die Szene mit Hidulfus, den Gesang Golos, den Schumann zum Duett erweiterte, sowie den sentimentalen Einschlag in der Charakteristik Golos beigesteuert hat. Nun ist schon das Hebbelsche Drama durchaus kein Meisterwerk, es ist unnatürlich in der Führung der Hauptintrigue und verfehlt in der Anlage wichtiger Charaktere, wie z. B. des Pfalzgrafen. Indessen erweckt doch eine Gestalt trotz aller Uebertreibung der Zeichnung unser dramatisches Interesse, Golo, der eigentliche Held des Stückes, dessen allmähliche Wandlung zum Verbrecher bis zur wahnsinnigen Selbstvernichtung den eigentlichen Inhalt des Stückes bildet. Hier war denn auch dem Musiker der Weg vorgezeichnet und obendrein reichlich Gelegenheit zu bedeutender Seelenschilderung gegeben. Schumann hat sie nicht ausgenützt, weil ihm, in scharfem Gegensatz zu Hebbel, genau wie in der Peri, die weibliche Hauptgestalt als die eigentliche Heldin des Ganzen erschien.
Wie dort, so gestaltete er auch in der Oper das ganze Werk aus der Gefühlswelt dieser Heldin heraus. Genovevas Sehnsucht und leidvolles Dulden klingt auch in den Situationen nach, die vom dramatischen Standpunkt aus eine ganz andere Gestaltung erfordert hätten. Selbst die Hexe Margaretha ist von diesem empfindsamen Zug nicht frei, für Golo aber ist er direkt verderblich geworden. Diesem Schumannschen Golo ist von der finstern Grösse Hebbels nichts mehr geblieben, auch er ist zum empfindsamen Träumer geworden, der zum Handeln stets der Initiative von aussen bedarf. Was aber dem Oratorium zum Vorteil ausschlug, musste der Oper zum Verderben werden. Die Einförmigkeit der Auffassung ist es, die dem Werke den Hals gebrochen hat, nicht die Qualität der Musik‚ die keineswegs an und für sich von erlahmender Schöpferkraft zeugt. Charakteristisch ist die stiefmütterliche Behandlung des Rezitativs, des Hauptprüfsteins für den echten Dramatiker. Mit wenig Ausnahmen entbehren die Rezitative der „Genoveva“ der dramatischen Schlagkraft. Geschweige denn, dass sie die einzelnen Individualitäten scharf von einander abhöben, nähern sie sie einander auf einer Mittellinie gleichmässigen ariosen Ausdrucks und lassen so Höhen und Tiefen der dramatischen Entwicklung ineinander verschwimmen.
Und doch weist die Oper daneben Elemente auf, die sich dem modernen Musikdrama auffallend nähern, vor Allem in der Orchesterbehandlung und der Wiederholung bestimmter Motive. Das Orchester ist mit einer Selbständigkeit bedacht, die weit über die „Peri“ hinausgeht: es hält nicht nur einzelne Szenen thematisch zusammen, sondern eröffnet auch darüber hinaus bedeutungsvolle Rück- und Ausblicke. Dass die Genoveva mit „Leitmotiven“ operiert, ist seltsamerweise gar nicht beachtet worden. Das Motiv Genovevas (S. 25 des Kl.-A.):[2]
erscheint in bedeutsamer Weise im 2. Akt (No. 10 Schluss) im Orchester, es drängt sich in die Arie No. 11 ein und taucht wieder im Augenblick der höchsten Not auf (S. 86). In ironischer Umbildung:
begleitet es Margarethas Worte im Orchester, erscheint im Munde der höhnenden Knechte auf die Worte „Fürwahr ein schönes Weib, des Küssens wert“ (S. 59) und leitet den Zauberspuk des 3. Aktes ein (S. 122). Ein zweites wichtiges Motiv geht auf Golo, den „feinen Rittersmann“:
es taucht erstmals in No. 7 auf, um sich dann, wiederum im Gefolge Margarethas, in No. 10 (S. 75) abermals einzustellen. Schmeichelnd erscheint es am Schlusse von No. 81 herrisch drängend in No. 9 (S. 64), in ritterlichem Gewande:
in No. 10. Der drohende Geselle endlich, der sich bei Genovevas Worten „ehrloser Bastard“ im Orchester meldet:
stellt sich bei Golos letzter Werbung in No. 17, sowie bei den Anstalten zu Genovevas Ermordung (No. 18) wieder ein.
Das sind alles durchaus sinnvolle und poetische Beziehungen, die stark an die Art des Wagnerischen „Tannhäuser“ gemahnen. Bedeutsam ist ferner, dass diese ganze Motivwelt bereits die Ouvertüre beherrscht. Gleich in der Einleitung erscheinen das 2. und 4. der angeführten Motive, jenes in der unheimlich drohenden, auf Wagners „Tristan“ vorausweisenden Gestalt:
Im Allegro taucht Genovevas Motiv zuerst in der Figuration, dann deutlich in dem Dialog zwischen Violinen und Klarinetten auf, während das Seitenthema mit seinem Gemisch von Ritterlichkeit und Sehnsucht auf Siegfried hindeutet.
Die Struktur der Oper entspricht den Gepflogenheiten der zeitgenössischen Romantik: neben „geschlossenen“ Nummern, in denen Schumann die liedmässige Gestaltung bevorzugt, steht die freie musikalische „Szene“. Da aber Schumann auch hier das Liedmässige bevorzugt (sehr im Gegensatz z. B. zu der Erzählung im „Tannhäuser“), so treten die beiden Faktoren nicht wirksam auseinander und stehen sich in der Wirkung gegenseitig im Wege; auch die Chöre und Ensembles gemahnen noch stark an die lyrisch-beschauliche Art der „Peri“.
So ist denn diese „Genoveva“ ein merkwürdiges Zwitterwerk, verfehlt in seiner textlichen Anlage, sowie in der Einseitigkeit der musikalischen Auffassung und doch in seinen einzelnen Bildern das Produkt einer an Phantasie, wie an Gemüt gleich reichen Künstlernatur und ausserdem wegen mancher geistvoll durchgeführter „moderner“ Züge von Interesse. Es verdiente um dieser Vorzüge willen einen Platz, wenn auch nicht mehr auf der Bühne, so doch im Konzertsaal.
Dagegen hat sich die „Manfred-Musik“ mehr und mehr die Bühne erobert. Schumann stand der Byronschen Gefühlswelt schon von früher Jugend an nahe, und dieser verwandte Zug, der in seinen bisherigen Werken nur wenig hervorgetreten war, drängte nunmehr mit einer Macht nach dem künstlerischen Ausdruck, die ihn die Komposition als allerpersönlichste Angelegenheit empfinden liess. Davon zeugt schon die Ouvertüre, das gewaltigste Seelendrama, das Schumann geschrieben hat. Die verwickelten seelischen Probleme, die er sich hier im Anschluss an Byron stellte, haben ganz von selbst zu einer Erweiterung der Ausdrucksmittel geführt, die schon stark in die „neudeutsche“ Sphäre hinüberragt. Die eigentliche Schauspielmusik setzt sich aus einer Zwischenaktsmusik, Solo- und Chorpartien und Melodramen zusammen. Die Melodramen sind das Interessanteste, sie haben einzelne wichtige Partien des Gedichtes in bedeutungsvoller Weise heraus und interpretieren sie gelegentlich auch im Sinne Schumanns, so in dem Zauberbild No. 2, das die Musik auf Astarte deutet, oder in dem Höhepunkt des Werkes, No. 11, dessen unvergleichliche Musik uns weit über die Dichtung hinaus einen Einblick in die Seele des Helden tun lässt. Denn hier herrscht eine Reinheit und Innigkeit der Empfindung, die Manfreds Entsühnung aufs glücklichste motiviert. Auch die lieblich glitzernde Musik der Alpenfeeszene ist zu erwähnen. Der freie Zusatz eines „Requiem“-Satzes am Schluss ist dramatisch anfechtbar, musikalisch dagegen durchaus wertvoll. Sehr poetisch wirkt ganz zum Schlusse das „Astartemotiv“ aus der Ouvertüre, das schon in No. 11 erschienen war und hier die Erlösung Manfreds sinnvoll andeutet.
Briefe, N. F. S. 353. |
Das Urbild dieses Motivs steht in der „Humoreske“ op. 20. |
Der Vergleich von Schumanns künstlerischer Entwicklung mit der Beethovens ist ebenso fesselnd als lehrreich. Beethoven hatte zunächst die Haydnsche Kunst des Auslegens, der nicht sowohl der musikalische Gedanke als solcher, sondern seine logische Verarbeitung und Entwicklung als Hauptsache gegolten hatte, bis zu einer schwer zu überbietenden Höhe geführt. Da schwenkte er in seinen letzten Werken plötzlich nach der entgegengesetzten Richtung ab, brach der erfindenden Phantasie eine Gasse und gelangte so zu einer ganz neuen Methode, die an Stelle der früheren Grosszügigkeit der Gedankenentwicklung einen mannigfaltigen Wechsel verschiedener Formen innerhalb desselben Satzes setzte. Diese Kleinarbeit hatte mit ihrem Phantasiereichtum den jungen Schumann vollständig in ihren Bann geschlagen, wie seine ganze Klaviermusik bezeugt. Dann aber stellte sich eine natürliche Reaktion ein. Wohl mit angeregt durch die sinfonischen Erfolge Mendelssohns erwachte in ihm der Drang, sich ebenfalls auf dem Gebiet der „grossen Formen“ zu betätigen. Damit aber war für ihn die Rückkehr zu den Prinzipien des „mittleren“ Beethoven gegeben.
Vollständig liess sich freilich die Natur auch hier nicht austreiben. Das zeigt sich vor allem in der ungebundenen Freiheit, die mit ihm in das alte klassische Durchführungssystem einzieht. Schumann ist auch in seinen Sinfonien durchaus Ton-„Dichter“ geblieben; dem poetischen Gedanken muss sich auch die thematische Arbeit stets unterordnen. Sie ist darum auch nicht auf den eigentlichen „Durchführungsteil“ beschränkt, sondern erscheint je nachdem auch in Themengruppe oder Reprise. So bedeutet die Schumannische Sinfonik eine ganz wesentliche Bereicherung der ganzen Gattung. Im schönsten Lichte zeigt sie sich in den Werken, die sich innerhalb der seiner Natur am meisten entsprechenden Empfindungssphäre des Anmutigen und Jugendlich-Frischen halten. Nur einmal, in der C-dur-Sinfonie, schwingt sich Schumann in die Ideensphäre Beethovens empor, und hier keineswegs mit Glück; in den übrigen aber behandelt er Gedanken und Stimmungen, wie sie der Alltag dem Volke bringt, den Sieg des Frühlings, schwermütige oder lustige Geschichten aus Sage und Märchen oder gar einen Ausschnitt aus dem ihn umgebenden Volke selbst. Bemerkenswert ist auch hier, dass Volkstümlichkeit, wenigstens der Intention nach, mehr und mehr das Ideal auch seiner Instrumentalkomposition wird.
Der Uebergang zur Orchester- und Kammermusik führte Schumann der Hauptsache nach hinweg von dem ihm seit frühester Kindheit vertrauten Instrument, dem Klavier, das er, wie wir sahen, noch im Liede zu einer so bedeutungsvollen Rolle herangezogen hatte. Naturgemäss dauerte es längere Zeit, bis er sich in der Kunst des Instrumentierens einigermassen zu Hause fühlte, und namentlich die erste Sinfonie weist noch deutlich die Spuren dieser tastenden Versuche auf. Aber auch in seinen späteren, auf grösserer technischer Erfahrung beruhenden Werken hat Schumann den reichen Schatz der Klangfarben-Charakteristik, der ihm im Orchester Webers und Mendelssohns vorlag, nicht voll auszubeuten oder gar zu bereichern vermocht. Es war dem Tonpoeten, dessen Welt die des Klaviers war, versagt, im Glanze der Bühne und des Konzertsaales mit den übrigen zeitgenössischen Meistern auf dem Gebiet orchestraler Technik den Wettbewerb auszuhalten.
Wie die Lieder, so haben auch die Sinfonien Schumanns einen verschollenen Vorgänger aus jüngeren Jahren. Schon im Jahre 1832 hatte er einen Sinfoniesatz in G-moll geschrieben, der in Zwickau und Schneeberg aufgeführt worden war und bei Künstlern und Kritikern lebhaften Anklang gefunden hatte. Es war zu einer Zeit, wo er mit der Kunst des Instrumentierens noch auf gespanntem Fusse stand und selbst seinem sinfonischen Talente misstraute.
Erneute und entscheidende Anregung zur Betätigung auf diesem Gebiete erhielt er durch die Leipziger Gewandhaus-Konzerte und das Verhältnis zu Mendelssohn. Der Meister, der eben der Liedkomposition neue Bahnen gewiesen, überraschte die musikalische Welt nunmehr mit drei grösseren sinfonischen Werken. Es sind die B-dur-Sinfonie (No. 1, Op. 38), die „Sinfonietta“ („Ouvertüre, Scherzo und Finale“, Op. 52) und die D-moll-Sinfonie (1851 umgearbeitet und als No. 4, Op. 120 veröffentlicht).
Die B-dur-Sinfonie, die frischeste und jungendlichste von allen, „in feuriger Stunde geboren“‚ verdankt ihr Dasein „jenem Frühlingsdrang, der den Menschen wohl bis in das höchste Alter hinauf und in jedem Jahre neu überfällt.“ Angeregt durch ein Gedicht von Ad. Böttger, namentlich durch die Zeile: „Im Tale geht der Frühling auf“ entwarf Schumann das Ganze in 4 Tagen. Die Arbeit ging ihm unmittelbar vom Herzen; war es doch nicht allein der sehnsüchtig erwartete Lenz der Natur, den er begrüsste, auch dem Frühling seines eigenen Lebens, der ihm nunmehr nach so bangen Kämpfen leuchtete, gibt dieses Werk einen beredten Ausdruck. Ein Heroldsruf aus der Höhe ertönt: da beginnt sich die Erde zu regen, sanfte Lüfte wehen über das keimende Grün, da und dort fliegt ein Schmetterling auf, bis sich endlich alle Lenzesgeister zusammengefunden haben und im Licht der Frühlingssonne ihren Reigen schlingen:
Das Larghetto mit seiner berückenden Hauptmelodie:
und seinem geheimnisvollen, in das Scherzo überleitenden Posaunenchor zeigt uns inmitten dieser ganzen Wunderwelt den Träumer, der mit empfänglichem Gemüt ihre Schönheiten wie ihre leisen Schauer auf sich wirken lässt. Im Scherzo, wohl einem der phantastischsten Stücke Schumanns, treiben allerhand Kobolde ihren tollen Spuk. Das Finale, ursprünglich „Frühlings Abschied“ genannt, mit dem Thema:
ist einer der liebenswürdigsten Sätze des Meisters; seine Heiterkeit vermögen einige während der Durchführung aufsteigende dunklere Schatten kaum merklich zu trüben.
Einen scharfen Gegensatz zu diesem Werke bildet die D-moll-Sinfonie, ursprünglich „Symphonistische Phantasie für grosses Orchester“ genannt. Sie erscheint wie eine Uebertragung der „Phantasien“ der ersten Periode auf das Orchester. Mit diesen hat sie gemein die freie, improvisatorische Form, die deutlich erkennbare Beziehung auf poetische Bilder, die dem Komponisten da und dort vorschwebten, endlich den wildleidenschaftlichen Ton, der aus den Allegrosätzen spricht. Auf eine latent zugrunde liegende poetische Idee deutet auch die Wiederverwendung gewisser Motive in den verschiedenen Sätzen hin; die bewusste, sorgfältige Art, wie diese Wiederkehr zumeist eingeleitet wird, geht auf irgend einen poetischen Grundgedanken zurück. So spielen die drei Themen, die schon der erste Satz bringt:
in den folgenden bedeutende Rollen. Diese Reminiszenzen, die noch in Beethovens 5. und 9. Sinfonie nur episodische Bedeutung haben, werden hier von Schumann mit logischer Konsequenz zu einem integrierenden Teil des ganzen sinfonischen Gebäudes erhoben. Neu und mit dieser Tendenz zusammenhängend ist ferner, dass Schumann keinen der 4 Sätze als ein geschlossenes Ganzes betrachtet, sondern die einzelnen Sätze ohne Pause miteinander verbindet.
Das dritte sinfonische Werk dieses Jahres, die „Sinfonietta“, ist eine durchaus feinsinnige und graziöse Tonschöpfung. In ihrer Struktur durchsichtig, ihrem Ideengehalt nach licht und freundlich, bietet sie dem Verständnis weiter keine Schwierigkeiten dar. Am meisten fesselt durch seinen originellen Giguen-Rhythmus das Scherzo.
Die C-dur-Sinfonie (op. 61) zeigt Schumann auf einem sonst nicht eben häufig von ihm berührten Gebiet, dem des hochpathetischen. Beethovenische Probleme liegen zugrunde, Kämpfe eines unbeugsamen Willens gegen ein feindliches Schicksal — wollte sich Schumann doch durch diese Arbeit seinem damaligen körperlichen Leiden entringen. Von dem Ernste der Intention zeugt das schicksalsschwere Motiv, das das ganze Werk durchzieht.
Aber in der Ausführung zeigt sich doch, dass Schumanns Natur aus weicherem Holze geschnitzt war, als die Beethovens. Die Partien des Leidens sind ihm besser gelungen, als die des Handelns, mit Ausnahme des Scherzos. Die Krone des Ganzen ist denn auch das Adagio, dessen Anklänge an Bachs „Musikalisches Opfer“ mit dem damaligen intensiven Bachstudium zusammenhängen. Wie wichtig Schumann dieser Gedanke war, zeigt seine Wiederholung im Finale. Dieser Satz sollte die Ideenwelt des ganzen Werkes in mächtiger Steigerung zusammenfassen, das lehrt uns ausser der genannten Reminiszenz auch die Wiedereinführung des Seitenthemas aus dem ersten Satze, sowie die Herübernahme von Schumanns Lieblingsmelodie aus Beethovens „Liederkreis“. Die Schuld daran aber, dass der Gesamteindruck der Grösse der Intention nicht entspricht, liegt vor allem an der nicht eben glücklichen Erfindung der Hauptthemen des 1. und 4. Satzes; jenes ist mit seinem eigensinnig-monotonen Rhythmus zu wenig ergiebig, dieses fällt mit seinem derb-burschikosen Charakter aus dem Ideenkreis des Ganzen heraus.
Die „Rheinische Sinfonie“ (Es-dur, op. 97) kehrt wieder zur Gedankenwelt der beiden ersten zurück; die „volkstümlichen Elemente“ sollten nach Schumanns Absicht darin in besonderem Grade vorwalten. Der Anblick des Kölner Doms, dessen zweiter Grundstein acht Jahre zuvor mit grosser Feierlichkeit gelegt worden war, gab den ersten Anstoss. Wir müssen uns erinnern, dass die alten romantischen Stimmungen am Rheine damals noch sehr mächtig waren, ja dass sie seit 1840 auch noch einen starken patriotischen Einschlag erhalten hatten. Kein Wunder darum, wenn auch Schumann alsbald unter ihren Bann geriet.
Alle Seiten des rheinischen Lebens wollte er schildern: mag der erste Satz mit seinem kraftvoll aufstrebenden Thema dem äusseren Bilde des Domes seine Entstehung verdanken (das Seitenthema gemahnt fast an eine der damals im Umlauf befindlichen schwermütigen Domsagen) so führt uns der vierte eine Szene im Dom vor. Er verdankt seine Entstehung den Feierlichkeiten bei der Kardinalserhebung des Erzbischofs Geissel. Die Hinneigung Schumanns zum Kirchenstil in seinen letzten Jahren hat hier eine besonders interessante Frucht gezeitigt. Die Kontrapunktik ist nicht weniger bewundernswert als die feierlich-erhabene Stimmung, der sie dient. Aber auch psychologisch ist der Satz von Bedeutung, denn die aufgeregten Figuren, die immer wieder in die Zeremonie hineinfahren‚ deuten auf die Anwesenheit eines zerknirschten Menschenkindes hin, in dessen Herz die heilige Handlung alte Wunden aufreisst. Das Scherzo mit seinem „himmlischen Behagen“:
das Adagio mit seiner gefühlvollen Mondscheinromantik:
Vor allem aber das Finale mit seinem buntbewegten volkstümlichen Treiben
geben prägnante Bilder aus dem Leben und Treiben am Rhein. Freilich weist die Erfindung der Themen sowohl als ihre Verarbeitung, zumal in den Ecksätzen, jenen matten abgespannten Zug auf, der vielen Werken aus dieser Spätzeit anhaftet.
Weit schwächer sind die in den letzten Lebensjahren entstandenen Ouvertüren, die ihre Entstehung grossenteils neuen Opernplänen verdanken. Es sind die Ouvertüren zur „Braut von Messina“ (op. 100), zu „Julius Cäsar“ (op. 128) und zu „Hermann und Dorothea“ (op. 136); ihnen gesellt sich als Gelegenheitsstück die „Fest-Ouvertüre über das Rheinweinlied“ (op. 123) bei. Merkwürdigerweise entschlagen sich diese Stücke aller poetisierenden Tendenzen im Stile der Mendelssohnschen Ouvertüren und wollen als wirkliche Eröffnungsstücke gelten. Schumanns Geist hat hier seine Aufgabe nicht mehr zu bewältigen vermocht; weder die Erfindung noch die Verarbeitung der Themen reicht auch nur von ferne an die Ouvertüren zu „Genoveva“ oder gar zu „Manfred“ heran. Um so mehr lagen sie dem unermüdlich nach neuen Operntexten ausspähenden Meister selbst am Herzen. So schenkte er die Partitur der erstgenannten Ouvertüre seinem Liebling Brahms mit folgender Widmung:
„Willkommen zum 1. Mai, Johannes, nimm sie liebend an, die Partitur. Bist Du ein Maikind?
Dein Robert.“
Auch in der Kammermusik gelang Schumann gleich zu Anfang ein grosser Wurf: die Streichquartette op. 41, die Frucht des Studiums Beethovens, dessen Auge uns denn auch mehr als einmal aus diesen Werken entgegenblickt. Das erste behandelt den alten Gegensatz zwischen jugendlichem Frohmut und Melancholie (vgl. die Tonarten A-moll und F-dur im 1. Satz!), der sich mehr und mehr zugunsten des Frohmuts ausgleicht, im zweiten kämpft stolzes Kraftbewusstsein mit teils versonnener, teils leidenschaftlicher Grübelei‚ um dann schliesslich in jene erregte, durch den bekannten Beethovenschen Gedanken nur mühsam im Schach gehaltene Stimmung auszumünden, die wir aus dem 1. Satze der D-moll-Sinfonie kennen. Das 3. Quartett entrollt mit seiner Mischung von zarter Schwärmerei und jugendlichem Draufgängertum ein echt Schumannisches Stimmungsbild. Schumanns Kammermusik hat ja überhaupt vor seinen Sinfonien den Vorzug, dass sie sich durchaus innerhalb des seiner Individualität entsprechenden poetischen Ideenkreises bewegt. Sie ist darum ebenso originell und poetisch, als naturwahr, und der Vorwurf, der Stil der Quartette sei zu „klavieristisch“, will deshalb dieser Fülle von Poesie gegenüber nicht viel besagen.
Dasselbe gilt für Schumanns Kammermusik mit Klavier, vor allem das Quintett (op. 44) und das Quartett (op. 47). Das Klavier spricht auch hier das Hauptwort, dafür entstehen aber durch die Verbindung des Schumannischen Klavierklanges mit den Instrumenten soviel neue und poetische Wirkungen, dass Nörgelei nicht am Platze ist.
In dem Beginn des Quintetts mit seinem hinreissenden Jugendfeuer steht Florestan leibhaftig vor uns, ja er teilt — in dem so wunderbar poetisch eingeführten Seitenthema — auch seinem Bruder Eusebius etwas von seinem ungestümen Drängen mit. Die Durchführung freilich führt ihn mit ihren schmerzlichen Akzenten, ihren bangen Fragen in den Streichinstrumenten und ihren zerrissenen, dem Hauptthema entstammenden Klavierfiguren in allerhand beklemmende Situationen, aus denen erst die Reprise den rettenden Ausweg findet. An diese bange Stimmung knüpft (auch motivisch) der Trauermarsch an. Tod und Verklärung sind die Gedanken, die das Stück beherrschen; nur einmal unterbricht ein wilder Ausbruch des Schmerzes diese Stimmungsfolge. Das Scherzo nimmt die lebensfrohe Stimmung des 1. Satzes wieder auf, steigert sie zu derbem Uebermut und bereitet so auf das Finale vor: das 2. Trio mit seinen entlegenen Tonarten und seinen geheimnisvollen Naturlauten stellt einen Exkurs ins Wildphantastische dar. Das Finale entrollt ein buntes Frühlingsbild aus dem Leben des Menschen und der Natur zugleich. In ungebundener Keckheit stürmt Florestan im 1. Thema einher, aber schon im G-dur-Satz mischen sich allerhand Naturstimmen ein, und vollends in dem E-dur-Abschnitt, der in wunderbar poetischer Weise von fernem Hörnerklang eingeleitet wird, entspinnt sich eine Waldszene mit dumpfem Wipfelrauschen und seltsam fragenden Klängen, die Florestans Lauf ins Stocken bringen. Da beflügelt eine wie von ungefähr dahergetragene herrliche Melodie voll Glück und Seligkeit aufs neue seinen Schritt, und nun wird die Wanderung mit verdoppelter Energie fortgesetzt. Die Lenzesstimmung nimmt bei der Synkopenstelle des Klaviers einen geradezu visionären Charakter an. In dem Fugato scheint der Weg durch allerhand wirres Gestrüpp zu führen, aus dem wiederum jene Melodie den Ausweg zeigt. Mit ungestümem Jubel geht es nunmehr in die Schlusspartie hinein, in der sich die Kraft des Themas des 1. Satzes mit dem Uebermut des letzten vermählt. Nochmals erscheint jener visionäre Abschnitt, dann schliesst der Satz mit handfesten Dudelsackbässen und übermütigem Siegesjubel ab.
Ein ganz anderes Stimmungsbild entrollt das Quartett. Schon dass das Hauptthema des ersten Satzes erst nach längerem Sinnen und Träumen gewonnen wird, ist charakteristisch, noch mehr aber sein eigenes Janusgesicht: ein kecker Ansturm aller Instrumente nach der Höhe, gefolgt von einer schwärmerisch niedersteigenden Figur, die sich am Schlusse der Durchführung in der Vergrösserung zu sehnsüchtigem Flehen steigert. Das hier gegebene empfindsame Element teilt sich bald auch den ersten Noten des Hauptthemas mit: Eusebius nimmt dem Bruder sozusagen das Wort vom Munde. Erst mit dem G-moll-Thema erhebt dieser die Stimme wieder, sein Thema gibt Anlass zu recht erregten kanonischen Auseinandersetzungen und gewaltsamen Kraftausbrüchen‚ bis der Beginn der Durchführung die Träumerei des Anfangs zurückführt. Die Durchführung, an Aufbau wie an Empfindungsgehalt dem Schwesterwerk überlegen, führt in thematisch wie harmonisch gleich interessanter Weise das empfindsame Element des Satzes in gewaltiger Steigerung bis zu dem ekstatischen Beginn der Reprise; der Jubel ist so gross, dass nicht einmal jene Achtelfigur mehr zu Worte kommt. Am Schlusse der Reprise wird der schon begonnene Rückgang in das Sostenuto durch eine Stretta abgeschnitten, die nochmals den ganzen Empfindungsgehalt des Satzes zusammenfasst: drängendes Sehnen, inniges Schwärmen und zum Schluss trotziges Ungestüm. Nach dieser Jean Paulschen Gefühlsseligkeit führt uns das Scherzo mit seinem Gespensterreigen in die Sphäre E. T. A. Hoffmanns. Aus der atemversetzenden Hast des Scherzos hebt sich im 1. Trio eine klagende Gestalt heraus, die unaufhörlich die Arme auszustrecken scheint. Das 2. Trio mit seinen schwebenden Sphärenklängen gemahnt an das analoge Stück der B-dur-Sinfonie. Bemerkenswert ist, dass die Kobolde des Hauptteils gelegentlich auch in den Trios über die Bühne huschen. Der dritte Satz bringt einen überwältigenden Durchbruch innigster Empfindung, unterbrochen durch das fromme Gebet des aus Beethovenntschem Geiste geborenen Mittelsatzes. Die Art, wie dieses Stück mit Orgelton, Glockenklang und leisem Geflüster am Schlusse verhallt, wie der Hauptgedanke des Finale gleichsam aus weiter Ferne herübertönt, ist ein Meisterstück romantischer Stimmungsmalerei. Das Thema des Finale hat mit dem des 1. Satzes den kecken Ansturm der ersten Noten gemein, aber der Nachsatz ist diesmal nicht zarte Schwärmerei, sondern eigensinniges, ja unwirsches Ungestüm, das zum grossen Teil den Charakter des Satzes mitbestimmt. Auch das 1. Seitenthema setzt noch recht mürrisch in C-moll ein, um sich aber dann bei der Wendung nach C-dur zu triumphierender Freude zu erheben. In dem unmittelbar darauf einsetzenden Motiv (con anima) haben wir wieder den Schwärmer aus dem 2. bis 5. Takt des ersten Allegro vor uns. Aber seines Bleibens ist nicht lange, denn die nun folgende Durchführungspartie mit ihrer ungenierten Kontrapunktik ist in allem das Gegenteil der entsprechenden Partie des ersten Satzes: voll von Kampfstimmung und mitunter unbändiger Wildheit. Charakteristisch ist für die zerrissene Stimmungswelt des ganzen Werkes das plötzliche Abbrechen, nachdem das Hauptthema wieder erreicht ist, und der Eintritt des As-dur-Satzes mit seiner müden Resignation und dem unstet umherirrenden Figurenwerk, aus dem erst das erste Seitenthema mühsam einen Ausweg findet. Dass nunmehr die ganze durchführungsartige Partie wiederholt wird, gereicht dem Satze nicht eben zum Vorteil. Das abschliessende Fugato steigert die (diesmal kontrapunktisch gegeneinandergeführten) Stimmungsgegensätze des Hauptthemas ins Ungemessene; noch einmal klingt schmerzlich das 1. Seitenthema an, dann schliesst der Satz, ähnlich wie der erste, mit einem kurzen, etwas forcierten Aufschwung ab. Man erkennt deutlich, warum das Quintett von Anfang an dem Quartett an Popularität den Rang ablaufen musste: dort haben wir eine gemeinverständliche, mit unzweideutiger Klarheit entwickelte Grundidee, hier dagegen weit kompliziertere seelische Probleme, deren innerer Zusammenhang nicht ohne weiteres erkennbar ist.
Ein zweites Geschwisterpaar von Werken bilden die in demselben Jahre (1847) komponierten Trios in D-Moll (op. 63) und F-Dur (op. 80). Beide rechtfertigen vollauf den Ruf, den die ebenerwähnten Werke Schumann als Kammermusik-Komponisten eingetragen hatten. Dem Stimmungsausdruck nach ergänzen sich beide, das erste ist leidenschaftlich und düster, das zweite zart und freundlich. Nicht auf derselben Höhe steht das dritte Trio in G-moll (op. 110) aus dem Jahre 1851, das bereits die Spuren geistiger Ermattung an sich trägt.
Nicht ohne Interesse sind dagegen die beiden Violinsonaten in A-moll (op. 105) und D-moll (op. 121), die aus demselben Jahre (1851) stammen. Beide tragen mit Ausnahme der langsamen Sätze einen vorwiegend düsteren und grüblerischen Charakter. Deutlich genug gelangt hier nochmals die alte Wärme des Empfindens zum Durchbruch. Interessant ist ferner, zumal bei der A-moll-Sonate die enge Verbindung beider Instrumente zu einem geschlossenen Ganzen, auch hier ermöglicht durch Schumanns eigentümlichen Klavierstil, der, wie in den Liedern mit der Singstimme, so hier mit dem Instrument jene eigenartige Mischung eingeht, die zu wirklich neuen und originellen Klangbildungen geführt hat.
Von sonstigen Leistungen auf dem Gebiete der Kammermusik seien noch genannt die ursprünglich als Trio bezeichneten „Phantasiestücke“ (op. 88), ein Werk „ganz leiser Natur“, wie Schumann sagte, ferner die „Märchen-Erzählungen“ (op. 132) und die „Märchenbilder“(op. 113), alle überaus stimmungsvoll und voll fesselnder Einzelzüge.
Auch auf dem Gebiete der Konzertliteratur hat sich Schumann den besten Werken seiner Vorgänger mit zwei Schöpfungen würdig zur Seite gestellt, mit dem A-moll-Konzert (op. 54) für Klavier und dem A-moll-Violoncellokonzert (op. 129). Beide ragen darum turmhoch über das gewohnte Niveau empor, weil sie sich von allen Konzessionen an das Virtuosentum als solches konsequent fernhalten. „Ich kann kein Konzert schreiben für Virtuosen“, schreibt Schumann im Jahre 1839 seiner Braut, „ich muss auf etwas anderes sinnen.“
Die Idee, ein Klavierkonzert zu schreiben, stammt noch aus der Zeit, da Schumann selbst die Virtuosenlaufbahn hatte einschlagen wollen; sie lebte von neuem auf in seiner Bräutigamszeit und verwirklichte sich schliesslich 1841 in der Komposition des „Allegro affettuoso“, dem er dann vier Jahre darauf die zwei übrigen Sätze anfügte. Der erste Satz, in der Form etwas freier gehalten, ist ein letzter Nachzügler der Klavierphantasien aus der Sturm- und Drangperiode. Sein Hauptthema kehrt, mehrfach umgebildet, im Verlaufe des Ganzen wieder und verleiht ihm so den Charakter der Einheitlichkeit. Die Grundidee des Werkes ist der Gegensatz zwischen Schwermut und Frohsinn, der sich im Schlusssatz in eitel Glücksgefühl auflöst[1]. Diese Idee wird in einem regen Wechselspiel zwischen Solo und Orchester entwickelt, wie es zwar nicht den Wiener Klassikern, wohl aber der Epoche Bachs zu eigen war, und durch Bachs Kunst mag Schumanns Werk nach dieser Richtung beeinflusst sein.
Mit seinem Cellokonzert hat Schumann die ohnehin nicht sehr umfangreiche Literatur dieses Instrumentes um ein wertvolles Stück bereichert. Auch hier entschlägt er sich jedes virtuosen Flitters — vielleicht nur allzu streng, denn die Allegrosätze kommen nicht durchweg zu ihrer vollen Geltung, während dagegen die getragenen Partien die ganze Innigkeit der Schumannschen Kantilene offenbaren.
Die übrigen Konzertstücke, „Introduktion und Allegro appassionato“ (op. 92), „Konzert-Allegro mit Introduktion“ (op. 134, Brahms gewidmet), beide für Klavier und Orchester, ferner die Phantasie für Violine und Orchester (op. 131, Joachim zugeeignet), wozu sich noch ein unveröffentlichtes Violinkonzert gesellt — alle diese Werke erreichen nicht mehr die Höhe der beiden eben genannten.
Als „etwas ganz kurioses“ bezeichnet Schumann selbst sein Konzertstück für vier Hörner und Orchester. Das alte Concerto grosso feiert in diesem Werke eine wunderliche Auferstehung. Die Wirkung ist eine aussergewöhnliche, glänzende; das massive Auftreten des Hornes‚ das gerade die Romantiker zu besonderen Wirkungen verwandt haben, verleiht dem Ganzen einen frischen, romantischen Charakter.
Vgl. H. Kretzschmar in Breitkopf & Härtels Musikbüchern Nr. 592. |
R. Schumann, Gesammelte Schriften über Musik und Musiker, 2 Bände, 4. Aufl. mit Nachträgen und Erläuterungen von F. G. Jansen, Leipzig 1891.
Jugendbriefe von Rob. Schumann, mitgeteilt von Clara Schumann, 2. Aufl., Leipzig 1886.
Robert Schumanns Briefe. Neue Folge. Herausgegeben von F. G. Jansen. 2. Aufl. Leipzig 1904.
Ph. Spitta, Rob. Schumann. Ein Lebensbild. Leipzig 1882.
H. Erler‚ R. Schumanns Leben und Werke, aus seinen Briefen geschildert. 2. Bände. 2. Aufl. Leipzig 1887.
H. Reimann, Robert Schumann. Leipzig 1887.
W. J. von Wasielewski, Rob. Schumann. 4. Aufl. Herausgegeben von Dr. W. von Wasielewski. Leipzig 1906.
Wolff, E., Rob. Schumann, Berlin 1906.
B. Litzmann, Clara Schumann. Ein Künstlerleben. 3 Bände. Leipzig 1902-1908.
F. G. Jansen, Die Davidsbündler. Leipzig 1883.
J. v. Wasielewski, Schumanniana. Leipzig 1883.
M. Kalbeck, Aus Rob. Schumanns Jugendzeit, Oesterr. Rundschau (A. Edlinger) 1883.
F. G. Jansen, Aus Rob. Schumanns Schulzeit, Die Musik (Berlin), 5. Jahrg., Heft 20.
— R. Schumann und Robena Laidlaw, Grenzboten 1895, IV, 32C ff.
G. Wustmann, Zur Enstehungsgeschichte der Schumannischen Zeitschrift für Musik. Zeitschrift der Internat. Musikgesellschaft (Leipzig) 1906, VIII, 396 ff.
E. Hanslick, R. Schumann in Endenich, in „Am Ende des Jahrhunderts“. 3. Aufl. Berlin 1899.
P. Möbius, Ueber R. Schumanns Krankheit. Halle a. S. 1906.
E. Herzog, Chronik der Kreisstadt Zwickau. 2 Bände. Zwickau 1839-1845.
— Geschichte des Zwickauer Gymnasiums. Zwickau 1869.
A. Seidl, Das Robert Schumann-Problem. Wagneriana Bd. 2 Berlin 1901.
Ph. Spitta, Ueber Rob. Schumanns Schriften, Musikgeschichtliche Aufsätze, Berlin 1894.
H. Kretzschmar, R. Schumann als Aesthetiker, Jahrbuch der Musikbibliothek Peters (Leipzig) 1906.
— Ueber die Bedeutung Cherubinis für die Gegenwart, ebenda.
— Führer durch den Konzertsaal, 3 Bde. Leipzig 1898-1905.
P. Graf Waldersee, Ueber Schumanns Manfred, Leipzig 1880.
S. Bagge, R. Schumann und seine Faustszenen, Leipzig 1879.
E. Hanslick, R. Schumann als Opernkomponist‚ „Moderne Oper“. Berlin 1892.
W. Nagel, Die neueren dramatisch-musikalischen Bearbeitungen der Genovefa-Legende, Zürich 1888.
H. Abert, R. Schumanns „Genoveva“, Zeitschrift der Internationalen Musikgesellschaft 1910
Von Herrn Anstalts-Oberlehrer Kreisig in Zwickau ging dem Verf. nachträglich noch folgende interessante Mitteilung zu (vergl. Cap. II):
Der Erste, der (noch vor Kuntsch) den jungen Schumann in die Tonkunst einführte, war ein hochbegabter Dilettant, Aug. Vollert aus Glauchau, der, sechs Jahre älter als Schumann, während seiner Gymnasialzeit in Schumanns Vaterhause als Kostgänger wohnte. Vollert, der ein ausgezeichneter Beethovenspieler war und gelegentlich auch selbst komponierte, erbot sich, mit dem Knaben Musik zu treiben und ihn namentlich auch mit den Elementen der Theorie bekannt zu machen. Dieser erste „Musiklehrer“ Schumanns ist 1857 als Justizamtmann in seiner Vaterstadt gestorben; sein Enkel ist der bekannte Dirigent Dr. Georg Göhler in Leipzig.
mit Angabe von Schumanns Verlegern und dem Jahr der Komposition.
op. 1. | Thème sur le nom Abegg varié pour le Pianoforte. Leipzig, Kistner. 1830. | ||
op. 2. | Papillons pour le Pianoforte seul. Leipzig, Kistner. 1829-31. | ||
op. 3. | Studien für das Pianoforte, nach Capricen von Paganini bearbeitet. Leipzig, Hofmeister. 1832. | ||
op. 4. | Intermezzi per il Pianoforte. Leipzig, Hofmeister. 1832. | ||
op. 5. | Impromptus über ein Thema von Clara Wieck. Leipzig, Hofmeister. 1832. | ||
op. 6. | Davidsbündlertänze für das Pianoforte. Leipzig, R. Friese. 1837. | ||
op. 7. | Toccata pour le Pianoforte. Leipzig, Hofmeister. 1830 (1833). | ||
op. 8. | Allegro pour le Pianoforte. Leipzig, R. Friese. 1831. | ||
op. 9. | Carnaval. Scènes mignonnes composées pour le Pianoforte sur quatre notes. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1834-35. | ||
op. 10. | VI Études de concert pour le Pianoforte composées d’après des caprices de Paganini. Leipzig, Hofmeister. 1833. | ||
op. 11. | Grande Sonate pour le Pianoforte. Leipzig, Kistner. 1835. | ||
op. 12. | Phantasiestücke für das Pianoforte. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1837. | ||
op. 13. | Études en forme de Variations (XII Études symphoniques) pour le Pianoforte. Leipzig, J. Schuberth u. Co. 1834. | ||
op. 14. | Troisième Grande Sonate (Concert sans Orchestre) pour le Pianoforte. Leipzig, Schuberth u. Co. 1835-36 (1853). | ||
op. 15. | Kinderszenen. Leichte Stücke für das Pianoforte. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1838. | ||
op. 16. | Kreisleriana. Phantasieen für das Pianoforte. Leipzig, G. Heinze. 1838. | ||
op. 17. | Phantasie (C-dur) für das Pianoforte. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1836. | ||
op. 18. | Arabeske für das Pianoforte. Wien, C. A. Spina. 1839. | ||
op. 19. | Blumenstück für das Pianoforte. Wien, C. A. Spina. 1839. | ||
op. 20. | Humoreske für das Pianoforte. Wien, C. A. Spina. 1839. | ||
op. 21. | Novelletten für das Pianoforte. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1838. | ||
op. 22. | Sonate No. II für das Pianoforte. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1835-38. | ||
op. 23. | Nachtstücke für das Pianoforte. Wien, C. A. Spina. 1839. | ||
op. 24. | Liederkreis von H. Heine für eine Singstimme und Pianoforte. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1840. | ||
op. 25. | Myrthen. Für Gesang und Pianoforte. Leipzig, Kistner. 1840. | ||
op. 26. | Faschingsschwank aus Wien. Phantasiebilder für das Pianoforte. Wien, C. A. Spina. 1839. | ||
op. 27. | Lieder und Gesänge (Heft I) für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, F. Whistling. 1840. | ||
op. 28. | Drei Romanzen für das Pianoforte. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1839. | ||
op. 29. | Drei Gedichte von Em. Geibel für mehrstimmigen Gesang mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1840. | ||
op. 30. | Drei Gedichte von Em. Geibel für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Berlin, Bote & Bock. 1840. | ||
op. 31. | Drei Gesänge (A. v. Chamisso). Leipzig, Schuberth & Co. 1840. | ||
op. 32. | Vier Klavierstücke. Scherzo, Gigue, Romanze und Fughette. Leipzig, Schuberth & Co. 1838-39. | ||
op. 33. | Sechs Lieder für 4stimmigen Männergesang. Leipzig, Schuberth & Co. 1840. | ||
op. 34. | Vier Duette für Sopran und Tenor mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, C. A. Klemm. 1840. | ||
op. 35. | Zwölf Gedichte von Justinus Kerner für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, C. A. Klemm. 1840. | ||
op. 36. | Sechs Gedichte eines Malers von Reinick für Sopran oder Tenor mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Schuberth & Co. 1840. | ||
op. 37. | Zwölf Gedichte aus F. Rückerts Liebesfrühling für Gesang und Pianoforte von Robert und Clara Schumann. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1840. (No. 2, 4 und 11 — Clara Schumann op. 12.) | ||
op. 38. | Sinfonie (No. 1 B-dur) für grosses Orchester. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1841. | ||
op. 39. | Liederkreis. 12 Gesänge von J. v. Eichendorff für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Gust. Heinze. 1840. | ||
op. 40. | Fünf Lieder aus dem Dänischen und Neugriechischen für eine Singstimme mit Pianoforte. Leipzig, Schuberth & Co. 1840. | ||
op. 41. | Drei Quartette für 2 Violinen, Bratsche und Violincell. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1842. | ||
op. 42. | Frauenliebe und Leben (A. v. Chamisso) für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, G. Heinze. 1840. | ||
op. 43. | Drei zweistimmige Lieder mit Begleitung des Pianoforte. Berlin, N. Simrock. 1840. | ||
op. 44. | Quintett für Pianoforte, 2 Violinen, Viola und Violoncello. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1842. | ||
op. 45. | Romanzen und Balladen (Heft I) für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Whistling. 1840. | ||
op. 46. | Andante und Variationen für 2 Pianofortes. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1843. | ||
op. 47. | Quartett für Pianoforte, Violine, Viola und Violoncello. Leipzig, G. Heinze. 1842. | ||
op. 48. | Dichterliebe (H. Heine) für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, C. F. Peters. 1840. | ||
op. 49. | Romanzen und Balladen (Heft II, s. op. 45). Leipzig, G. Heinze. 1840. | ||
op. 50. | Das Paradies und die Peri. Dichtung aus Lalla Rookh von Th. Moore, für Solostimmen, Chor und Orchester. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1843. | ||
op. 51. | Lieder und Gesänge (Heft II, s. op. 27). Leipzig, Whistling. 1842. | ||
op. 52. | Ouvertüre, Scherzo und Finale für Orchester. Leipzig, Kistner. 1841. | ||
op. 53. | Romanzen und Balladen (Heft III, s. op. 45). Leipzig, Whistling. 1840. | ||
op. 54. | Konzert für das Pianoforte mit Begleitung des Orchesters. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1841 (S. I) und 1845 (S. II u. III). | ||
op. 55. | Fünf Lieder von Rob. Burns für gemischten Chor. Leipzig, G. Heinze. 1846. | ||
op. 56. | Studien für den Pedalflügel. Leipzig, Whistling. 1845. | ||
op. 57. | Belsatzar. Ballade von Heine für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Edm. Stoll. 1840. | ||
op. 58. | Skizzen für den Pedalflügel. Leipzig, Kistner. 1845. | ||
op. 59. | Vier Gesänge für gemischten Chor. Leipzig, G. Heinze. 1846. | ||
op. 60. | Sechs Fugen über den Namen BACH für Orgel oder Pianoforte mit Pedal. Leipzig, Heinze. 1845. | ||
op. 61. | Zweite Sinfonie (C-dur) für grosses Orchester. Leipzig, Whistling. 1845-46. | ||
op. 62. | Drei Gesänge für Männerchor. Leipzig, Whistling. 1847. | ||
op. 63. | Trio (D-moll) für Pianoforte, Violine und Violoncell. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1847. | ||
op. 64. | Romanzen und Balladen (Heft IV, s. op. 45). Leipzig, Whistling. 1841 und 1847 (No. 1 und 2). | ||
op. 65. | Ritornelle von Friedrich Rückert in kanonischen Weisen für vierstimmigen Männergesang. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1847. | ||
(op. 65. | Aus der Sammlung Malherbe in Paris: | ||
Drei Männerchöre: | } | ||
„Zu den Waffen“ (Titus Ulrich) | } | mit Begleitung | |
„Schwarz-Rot-Gold“ (K. Freiligrath) | } | von Harmoniemusik | |
„Freiheitsgesang“ (J. Fürst) 1848. | } | (ad libitum).) | |
op. 66. | Bilder aus Osten. Sechs Impromptus für das Pianoforte zu vier Händen. Leipzig, Kistner. 1848. | ||
op. 67. | Romanzen und Balladen für Chor (Heft I). Leipzig, Whistling. 1849. | ||
op. 68. | Album für die Jugend. 40 Klavierstücke. Leipzig, Schuberth & Co. 1848. | ||
op. 69. | Romanzen für Frauenstimmen (Heft I) mit willkürlicher Begleitung des Pianoforte. Bonn, N. Simrock. 1849. | ||
op. 70. | Adagio und Allegro für Pianoforte und Horn (ad libitum Violoncell oder Violine).Leipzig, Kistner. 1849. | ||
op. 71. | Adventlied von Friedrich Rückert für Sopran-Solo und Chor mit Begleitung des Orchesters. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1848. | ||
op. 72. | Vier Fugen für das Pianoforte. Leipzig, Whistling. 1845. | ||
op. 73. | Phantasiestücke für Pianoforte und Klarinette (ad libitum Violine oder Violoncell). Cassel, C. Luckhardt. 1849. | ||
op. 74. | Spanisches Liederspiel für eine und mehrere Singstimmen (Sopran, Alt, Tenor und Bass) mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Kistner. 1849. | ||
op. 75. | Romanzen und Balladen für Chor (Heft II. s. op. 67). Leipzig, Whistling. 1849. | ||
op. 76. | Vier Märsche für Pianoforte. Leipzig, Whistling. 1849. | ||
op. 77. | Lieder und Gesänge (Heft III, s. op. 27). Leipzig, Whistling. 1840 (No. 1 und 4) und 1850 (No. 2, 3 und 5). | ||
op. 78. | Vier Duette für Sopran und Tenor mit Begleitung des Pianoforte. Cassel, C. Luckhardt. 1849. | ||
op. 79. | Lieder-Album für die Jugend. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1849. | ||
op. 80. | Zweites Trio (F-dur) für Pianoforte, Violine und Violoncell. Leipzig, Schuberth & Co. 1847. | ||
op. 81. | Genoveva. Oper in 4 Akten nach Tieck und F. Hebbel. Leipzig, C. F. Peters. 1847-48. | ||
op. 82. | Waldszenen. Neun Klavierstücke. Leipzig, Bartholf Senff. 1848-49. | ||
op. 83. | Drei Gesänge für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Schuberth & Co. 1850. | ||
op. 84. | Beim Abschied zu singen (E. v. Feuchtersleben) für Chor mit Begleitung von 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotten, 2 Hörnern oder des Pianoforte. Leipzig, Whistling. 1847. | ||
op. 85. | Zwölf vierhändige Klavierstücke für kleine und grosse Kinder. Leipzig, Schuberth & Co. 1840. | ||
op. 86. | Konzertstück für 4 Hörner und grosses Orchester. Leipzig, Schuberth & Co. 1849. | ||
op. 87. | Der Handschuh. Ballade von F. Schiller für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Whistling. 1850. | ||
op. 88. | Phantasiestücke für Pianoforte, Violine und Violoncell. Leipzig, Kistner. 1842. | ||
op. 89. | Sechs Gesänge von Wilfried von der Neun für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Kistner. 1840. | ||
op. 90. | Sechs Gedichte von N. Lenau und Requiem (altkatholisches Gedicht) für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Kistner. 1850. | ||
op. 91. | Romanzen für Frauenstimmen (Heft II, s. op. 69). Bonn, N. Simrock. 1849. | ||
op. 92. | Introduktion und Allegro appassionato. Konzertstück für das Pianoforte mit Begleitung des Orchesters. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1849. | ||
op. 93. | Motette „Verzweifle nicht“ von F. Rückert für doppelten Männerchor mit Begleitung der Orgel (ad libitum). Leipzig, Whistling. 1849. | ||
op. 94. | Drei Romanzen für Oboe, ad libitum Violine oder Klarinette, mit Begleitung des Pianoforte. Bonn, N. Simrock. 1849. | ||
op. 95. | Drei Gesänge aus Lord Byrons hebräischen Gesängen für eine Singstimme mit Begleitung der Harfe oder des Pianoforte. Bonn, N. Simrock. 1849. | ||
op. 96. | Lieder und Gesänge (Heft IV, s. op. 27). Leipzig, Whistling. 1850. | ||
op. 97. | Dritte Sinfonie (Es-dur) für grosses Orchester. Bonn, N. Simrock. 1850. | ||
op. 98. | Lieder, Gesänge und Requiem für Mignon aus Goethes Wilhelm Meister. I. Abteilung (op. 98a). Lieder Mignons, des Harfners und Philinens für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. II. Abteilung (op. 98b). Requiem für Mignon für Chor, Solostimmen und Orchester. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1849. | ||
op. 99. | Bunte Blätter. 14 Stücke für das Pianoforte. Elberfeld, F. W. Arnold. 1836, 1838, 1839, 1841, 1843, 1849. | ||
op. 100. | Ouvertüre zur Braut von Messina von Schiller für grosses Orchester. Leipzig, C. F. Peters. 1850-51. | ||
op. 101. | Minnespiel aus F. Rückerts Liebesfrühling für eine und mehrere Singstimmen (Sopran, Alt, Tenor und Bass) mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Whistling. 1849. | ||
op. 102. | Fünf Stücke im Volkston für Violoncell (ad libitum Violine) und Pianoforte. Cassel, Luckhardt. 1849. | ||
op. 103. | Mädchenlieder von E. Kulmann für 2 Sopranstimmen (oder Sopran und Alt) mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig. Kistner. 1851. | ||
op. 104. | Sieben Lieder von E. Kulmann für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Kistner. 1851. | ||
op. 105. | Sonate (A-moll) für Pianoforte und Violine. Leipzig, Hofmeister. 1851. | ||
op. 106. | Schön Hedwig. Ballade von F. Hebbel für Deklamation und Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Barth. Senff. 1849. | ||
op. 107. | Sechs Gesänge für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Cassel, Luckhardt. 1851-52. | ||
op. 108. | Nachtlied von F. Hebbel für Chor und Orchester. Bonn, N. Simrock. 1849. | ||
op. 109. | Ballszenen. 9 charakteristische Tonstücke für das Pianoforte zu 4 Händen. Leipzig, Schuberth & Co. 1851. | ||
op. 110. | Drittes Trio (G-moll) für Pianoforte, Violine und Violoncell. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1851. | ||
op. 111. | Drei Phantasiestücke für Pianoforte. Leipzig, C. F. Peters. 1851. | ||
op. 112. | Der Rose Pilgerfahrt. Märchen nach einer Dichtung von Moritz Horn für Solostimmen, Chor und Orchester. Leipzig, Kistner. 1851. | ||
op. 113. | Märchenbilder. Vier Stücke für Pianoforte und Viola (Violine ad libitum). Cassel, Luckhardt. 1851. | ||
op. 114. | Drei Lieder für 3 Frauenstimmen mit Begleitung des Pianoforte. Bonn. N. Simrock. 1853. | ||
op. 115. | Manfred. Dramatisches Gedicht in 3 Abteilungen. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1848-49. | ||
op. 116. | Der Königssohn, Ballade von L. Uhland für Solostimmen, Chor und Orchester. Leipzig, Whistling. 1851. | ||
op. 117. | Vier Husarenlieder (Lenau) für eine Baritonstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Senff. 1851. | ||
op. 118. | Drei Klaviersonaten (G-, D- und C-dur) für die Jugend. Leipzig, Schuberth. 1853. | ||
op. 119. | Drei Gedichte aus den Waldliedern von S. Pfarrius für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Schuberth. 1851. | ||
op. 120. | Sinfonie No. 4 (D-moll) für grosses Orchester. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1841 (umgearb. 1851). | ||
op. 121. | Zweite grosse Sonate für Violine und Pianoforte (D-moll). Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1851. | ||
op. 122. | 1) Ballade vom Haideknaben (Hebbel) | } | für Deklamation mit Begleitung des |
2) Die Flüchtlinge, Ballade (Shelley) | } | Pianoforte. Leipzig, Senff. 1852. | |
op. 123. | Fest-Ouvertüre mit Gesang über das Rheinweinlied für Orchester und Chor. Bonn, N. Simrock. 1853. | ||
op. 124. | Albumblätter. 20 Klavierstücke. Elberfeld. F. W. Arnold. 1832-45. | ||
op. 125. | Fünf heitere Gesänge für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Schuberth. 1851. | ||
op. 126. | Sieben Klavierstücke in Fughettenform. Elberfeld, F. W. Arnold. 1853. | ||
op. 127. | Lieder und Gesänge von Kerner, Heine, Strachwitz und Shakespeare, für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, G. Heinze. 1850-51. | ||
op. 128. | Ouvertüre zu Shakespeares Julius Cäsar für grosses Orchester. Braunschweig, H. Litolff. 1851. | ||
op. 129. | Konzert (A-moll) für Violoncell mit Begleitung des Orchesters. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1850. | ||
op. 130. | Kinderball. Sechs leichte Tanzstücke zu 4 Händen für das Pianoforte. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1853. | ||
op. 131. | Phantasie für Violine mit Begleitung des Orchesters oder Pianofortes. Leipzig. Kistner. 1853. | ||
op. 132. | Märchenerzählungen. Vier Stücke für Klarinette (ad libitum Violine), Viola und Pianoforte. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1853. | ||
op. 133. | Gesänge der Frühe. Fünf Stücke für das Pianoforte. Elberfeld, Arnold. 1853. | ||
op. 134. | Konzert-Allegro mit Introduktion für das Pianoforte mit Begleitung des Orchesters. Leipzig, Senff. 1853. | ||
op. 135. | Gedichte der Königin Maria Stuart. Leipzig, C. F. W. Siegel. 1852. | ||
op. 136. | Ouvertüre zu Goethes Hermann und Dorothea für Orchester. Leipzig, Rieter-Biedermann. 1851. | ||
op. 137. | Jagdlieder (H. Laube). Fünf Gesänge für 4stimmigen Männerchor. Leipzig, Rieter-Biedermann. 1849. | ||
op. 138. | Spanische Liebeslieder für eine oder mehrere Stimmen (Sopran, Alt, Tenor und Bass) mit Begleitung des Pianoforte zu 4 Händen. Leipzig, Rieter-Biedermann. 1849. | ||
op. 139. | Des Sängers Fluch, Ballade (Uhland-Pohl) für Solostimmen, Chor und Orchester. Elberfeld, Arnold. 1852. | ||
op. 140. | Vom Pagen und der Königstochter. Vier Balladen (Geibel) für Solostimmen, Chor und Orchester. Leipzig, Rieter-Biedermann. 1852. | ||
op. 141. | Vier doppelchörige Gesänge. Leipzig, Kistner. 1849. | ||
op. 142. | Vier Gesänge für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Rieter-Biedermann. 1852. | ||
op. 143. | Das Glück von Edenhall, Ballade (Uhland-Hasenclever) für Männerstimmen, Soli, Chor und Orchester. Leipzig, Rieter-Biedermann. 1853. | ||
op. 144. | Neujahrslied von Fr. Rückert, für Chor mit Begleitung des Orchesters. Leipzig, Rieter-Biedermann. 1849. | ||
op. 145. | Romanzen und Balladen für Chor (Heft III, s. op. 67). Elberfeld, Arnold. 1849. | ||
op. 146. | Romanzen und Balladen für Chor (Heft IV, s. op. 67). Elberfeld, Arnold. 1849. | ||
op. 147. | Messe für 4stimmigen Chor mit Begleitung des Orchesters. Leipzig, Rieter-Biedermann. 1852. | ||
op. 148. | Requiem für Chor und Orchester. Leipzig, Rieter-Biedermann. 1852. |
1. | Szenen aus Goethes Faust für Solostimmen, Chor und Orchester. Leipzig, Peters. 1844, 48, 49, 50 und 53. |
2. | Der deutsche Rhein (Nik. Becker) für eine Singstimme und Chor mit Begleitung des Pianoforte. Leipzig, Schuberth & Co. 1840. |
3. | Soldatenlied für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. |
4. | Scherzo und Presto für Pianoforte. |
5. | Kanon über „An Alexis“. |
6. | Klavierbegleitung zu den 6 Violinsonaten von J. S. Bach. 1853. |
Vorwort | 7 |
Schumanns geschichtliche Stellung | 9 |
Jugendjahre | 18 |
Zwischen Kunst und Wissenschaft | 25 |
Davidsbund. Der Kampf um Clara | 32 |
Die Reifezeit | 41 |
Düsseldorf. Das Ende | 51 |
Klavierkomponist und Schriftsteller | 56 |
Das Lied | 76 |
Chor- und geistliche Kompositionen | 83 |
Oratorien, Chorballaden und dramatische Musik | 85 |
Orchester- und Kammermusik | 93 |
Anhang I. Literatur | 106 |
Anhang II. Verzeichnis der Werke R. Schumanns | 107 |
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On p. 103 of the original book, the sentence „Beide ragen darum turmhoch über das gewohnte Niveau empor, weil sie sie sich von allen Konzessionen an das Virtuosentum als solches konsequent fernhalten.“ has been changed to „Beide ragen darum turmhoch über das gewohnte Niveau empor, weil sie sich von allen Konzessionen an das Virtuosentum als solches konsequent fernhalten.“
[The end of Robert Schumann by Hermann Abert]