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Title: Josephus und Lucas
Date of first publication: 1894
Author: Peter Maximilian Krenkel (1839-1901)
Date first posted: July 30, 2023
Date last updated: Aug. 12, 2023
Faded Page eBook #20230748
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JOSEPHUS UND LUCAS
DER SCHRIFTSTELLERISCHE EINFLUSS
DES
JÜDISCHEN GESCHICHTSCHREIBERS
AUF DEN CHRISTLICHEN
NACHGEWIESEN
VON
MAX KRENKEL.
LEIPZIG
VERLAG VON H. HAESSEL
1894.
Die Frage, welcher die folgenden Blätter gewidmet sind, ist nicht erst in jüngster Zeit an mich herangetreten. Schon vor länger als zwei Jahrzehnten hatte sich mir infolge mehrfacher Berührungen, die ich zwischen den Geschichtswerken des Flavius Josephus und den von der kirchlichen Ueberlieferung dem Apostelschüler Lucas beigelegten Schriften bemerkte und die ich nicht für zufällig halten konnte, die Vermutung aufgedrängt, dass der Verfasser der letzteren den jüdischen Historiker gelesen und hie und da benutzt haben möge. Als dann 1873 Holtzmann den ersten Versuch einer Begründung dieser Ansicht unternahm, begrüsste ich sein Bekenntnis zu derselben mit ungeteilter Zustimmung, indem ich zugleich die von ihm aus beiden Schriftstellern erbrachten Parallelen um ein paar mir gerade erinnerliche Beispiele vermehrte. Damit war vorläufig mein Interesse an diesem Gegenstand erschöpft und ich wandte demselben meine Aufmerksamkeit nicht früher wieder zu, als bis 1888 die überraschende Behauptung Stecks, dass sich aus etwa 40 Stellen des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte Lucas’ Bekanntschaft mit Josephus mehr oder weniger sicher ergebe, in mir das Verlangen erweckte, über eine bis dahin nur gelegentlich in den Kreis meiner Betrachtung gezogene Frage ein abschliessendes Urteil zu gewinnen. Hierzu war es unerlässlich, sämtliche Werke des Josephus unter stetem Hinblick auf Lucas nochmals durchzulesen. Um aber nicht Zeit und Kraft an eine Arbeit zu verschwenden, welche vielleicht schon von andern, eine vollkommenere Lösung derselben verbürgenden Händen in Angriff genommen war, suchte ich mich zuvörderst darüber zu vergewissern, ob von dem genannten Theologen demnächst eine weitere Ausführung der in seinem “Galaterbrief” gegebenen Andeutungen zu erwarten sei. Er beantwortete meine briefliche Anfrage verneinend und hatte zugleich die Güte, mir einen Aufsatz “Lucas und Josephus”, der von ihm zur Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift bestimmt, aber vor dem Abdrucke behufs nochmaliger Ueberarbeitung zurückgenommen worden war, zu übersenden und mir dessen uneingeschränkte Benutzung zu gestatten. Um meine Selbständigkeit nach Kräften zu wahren und möglichst unbeeinflusst von fremden Anschauungen meine eigenen Wege zu gehen, legte ich denselben vorderhand ungelesen bei Seite und nahm von seinem Inhalte nicht eher Kenntnis, als bis mich eine zweimalige Durcharbeitung des Josephus von der Richtigkeit meiner längst gehegten Ansicht überzeugt und mir eine bis dahin ungeahnte Menge von Beweismitteln für dieselbe zur Verfügung gestellt hatte. Bei der nunmehr vorgenommenen Vergleichung der beiderseitigen Ergebnisse fand sich, dass ich mit Steck in der Entdeckung von sachlichen und sprachlichen Berührungen nicht selten zusammengetroffen war, daneben aber ebenso ihm wie mir noch eine Anzahl solcher als alleiniges Eigentum verblieb. Nur wenige der ihm ausschliesslich angehörigen Parallelen musste ich nach reiflicher Erwägung des Für und Wider ablehnen, während die meisten von mir für die vorliegende Arbeit dankbar verwertet worden sind.
Da mir daran gelegen war, möglichste Vollständigkeit zu erreichen und jedenfalls nichts Wesentliches zu übersehen, so unterzog ich hierauf die Schriften des Josephus noch einer dritten und vierten Durcharbeitung, bei welcher ich neben der sachlichen hauptsächlich auch die sprachliche Seite ins Auge fasste, die mir noch bei keinem meiner Vorgänger hinreichende Berücksichtigung gefunden zu haben schien. Mit diesem Bestreben, den philologischen Standpunkt in seine Rechte einzusetzen, hängt es zusammen, dass ich auch den von Keim so geringschätzig behandelten “vagen und kleinen Aehnlichkeiten” eine manchem Leser vielleicht zu weit gehende Beachtung geschenkt habe. Indessen meine ich, dass der Wissenschaft nichts als klein und geringfügig gelten dürfe, da oft genug selbst eine scheinbar unbedeutende Einzelheit sich als ein triebkräftiger Keim erweist, der Ergebnisse von ungeahnter Tragweite birgt, eine Erfahrung, die sich mir bei Abfassung der vorliegenden Schrift von Neuem bestätigt hat.
Obgleich ich bemüht gewesen bin, Alles, was bisher über Lucas’ Verhältnis zu Josephus geschrieben worden ist, mir zugänglich und für meine Arbeit nutzbar zu machen, musste ich doch aus Clemens mir erst nach Abschluss dieser Untersuchung zugekommenen “Chronologie der Paulinischen Briefe” (Halle 1893, S. 66-69) ersehen, dass mir mehrere von deutschen und ausserdeutschen Gelehrten zu den Verhandlungen über diese Frage gespendete Beiträge unbekannt geblieben sind. Ich glaube dies jedoch um so mehr verschmerzen zu können, als diese Vorgänger mit Ausnahme von zwei holländischen Theologen samt und sonders zu der Zahl derjenigen gehören, über welche der Verfasser des eben erwähnten Buches sein Gutachten dahin abgibt, dass ihre Nachweisungen “nichts Neues brachten” (S. 67). Lebhafter bedaure ich, dass mir noch nicht für sämtliche Schriften des Josephus die Ausgabe von Niese, durch welche erst eine den Anforderungen der heutigen Wissenschaft entsprechende Textgrundlage geschaffen worden ist, zu Gebote gestanden hat, daher ich mich für den “Jüdischen Krieg” mit der Bekkerschen Ausgabe begnügen musste.
Wenn es mir nach dem Urteil unbefangener und sachkundiger Mitforscher gelungen sein sollte, eine für die richtige Erkenntnis und Würdigung des urchristlichen Schrifttumes keineswegs belanglose Frage ihrer befriedigenden Lösung um einige Schritte näher zu führen, so würde ich mich für die auf diese Arbeit verwendete Mühe vollauf belohnt sehen.
Dresden, 12. Juni 1894.
Max Krenkel.
Im Folgenden ist unter Lucas überall da, wo nicht nach dem Zusammenhange der Kol. 4, 14. Philem. 24. 2 Tim. 4, 11 erwähnte Apostelschüler gemeint sein muss, der uns nach Namen und Person unbekannte Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte zu verstehen. Unseren Anführungen aus dem N. T. liegt der Text von Tischendorfs letzter Recension[1] zu Gründe, doch glaubten wir uns hie und da zu Abweichungen von demselben berechtigt. So haben wir mit Rücksicht auf Lucas’ Vorliebe für Zusammensetzungen (s. S. 320 ff.) in solchen Fällen, wo die Lesart zwischen einem Simplex und einem Compositum schwankt, uns regelmässig für das letztere entschieden, wenn nicht das dem ersteren günstige Zeugnis der besten Handschriften noch durch andere gewichtige Gründe unterstützt wird. Wir lesen deshalb Lc. 2, 17: διεγνώρισαν (wo sich die Weglassung von δι durch vorausgehendes δὲ und ἐγνώρισεν [V. 15] erklärt), 5, 2: ἀπέπλυναν (wo ἀπ nach ἀπ’ αὐτῶν ἀποβάντες leicht ausfallen konnte), AG. 15, 7: συζητήσεως, 23, 25: περιέχουσαν, 25, 24: ἐπιβοῶντες, 27, 27: ἐπεγένετο, während Tischendorf an allen diesen Stellen die entsprechenden Simplicia bietet. Ebenso geben wir den Decompositis διεξελθοῦσα (AG. 28, 3) und ἐπισύστασιν (24, 12) vor den Compositis ἐξελθοῦσα und ἐπίστασιν den Vorzug. Nur AG. 25, 18 halten wir mit Tischendorf αἰτίαν ἔφερον gegenüber von αἰτίαν ἐπέφερον für das Ursprüngliche, weil die Vertauschung der selteneren Verbindung mit der üblichen den Abschreibern sehr nahe lag (s. S. 280 Anm. 2). Im Hinblick auf die allbekannte Neigung derselben, einen ungewöhnlichen Ausdruck durch den geläufigeren zu ersetzen, lesen wir ferner Lc. 8, 29: ἐδεσμεῖτο statt ἐδεσμεύετο, 10, 41: τυρβάζῃ statt θορυβάζῃ (Meyer: “Interpretament nach dem gangbaren θόρνβος”), AG. 7, 26: συνήλασεν statt συνήλλασσεν (das nur als eine zur Erklärung der ganzen Formel συνήλασεν εἰς εἰρήνην beigeschriebene Glosse gelten kann, da συναλλάσσεν εἰς εἰρ. ein Pleonasmus sein würde), 19, 7 und 24, 11: δεκαδύο statt δώδεκα, 19, 39: περαιτέρω statt περὶ ἑτέρων, 23, 10: εὐλαβηθείς statt φοβηθείς. Ferner entscheiden wir uns Lc. 22, 37 mit Rücksicht auf Lucas’ durchgängigen Sprachgebrauch (24, 19. 27. AG. 1, 3. 18, 25. 19, 8. 23, 11. 24, 10. 22. 28, 15. 31) für τὰ περὶ ἐμοῦ gegen τὸ π. ἐ. und AG. 27, 41 aus den von Meyer zu d. St. angegebenen Gründen für ἐπώκειλαν gegen ἐπέκειλαν. Mit dem Genannten behalten wir Lc. 10, 30 τυγχάνοντα bei, da sich die Weglassung dieses hier ganz entbehrlichen Wortes leichter als seine Hinzufügung erklärt, und ebenso nehmen wir mit ihm die von Tischendorf Lc. 9, 54-56.[2] 24, 42[3] und AG. 28, 16 ausgeschiedenen Worte gegen das Verwerfungurteil dieses Kritikers in Schutz.
Alle sonstigen Abweichungen von Tischendorfs Text sind bei Anführung der betreffenden Stellen angegeben und begründet worden (s. S. 442. 1302. 2111. 2711).
Grundsätzlich ablehnend haben wir uns gegen die von Tischendorf befolgte (alexandrinische) Orthographie verhalten, da wir uns mit dem von Cremer[4] über dieselbe gefällten Urteil in vollkommener Uebereinstimmung befinden. Wir schreiben deshalb nicht ἀνάθεμα (im Sinne von “Weihgeschenk”), ἀναιδία, δανιστής, ἐνγράφω, μαγία, ἐπάρχεια, πανπληθεί, συνβάλλω, συνκαλέω, σφυδρόν, τετραάρχης usw., sondern schliessen uns bei diesen wie allen übrigen griechischen Wörtern der herkömmlichen Orthographie an.
Nur in verhältnismässig seltenen Fällen haben wir uns zu Abweichungen von Nieses Ausgabe des Josephus[5] veranlasst gesehen. So halten wir A. XX, 7, 1 an Πέμπει δὲ καὶ Κλαύδιος Φήλικα fest, weil die von ihm bevorzugte Lesart Κλαύδιον sich leicht als Aenderung eines Abschreibers begreift, welcher im Hinblick auf den mit seinen beiden Namen eingeführten Amtsnachfolger des genannten Procurators dessen nomen gentilicium vermisste und die auf Tac. hist. V, 9. Sueton. Claud. 28 beruhende, wenn auch keineswegs aus diesen Stellen zu erweisende Annahme älterer und neuerer Gelehrter teilte, dass Felix als Freigelassener des Kaisers Claudius letzteren Namen geführt habe.[6] Wo wir ausserdem uns mit einer Lesart Nieses nicht zu befreunden vermochten, ist das jedesmal in oder unter dem Text ausdrücklich angegeben (s. S. 124 f. 1791. 1802. 214 f. 2411. 2751. 3041. 306. 3091. 3211).
Ueber das von uns bei Anführung fremder Arbeiten beobachtete Verfahren bemerken wir Folgendes. Eine dem Namen eines Verfassers beigefügte Jahreszahl bezeichnet den Jahrgang der aus der “Einleitung” (S. 5 f. 8 f.) zu ersehenden Zeitschrift, welche den eben in Rede stehenden Aufsatz enthält. Somit verweist “Holtzmann 1873, S. 89” auf Holtzmanns Aufsatz: “Lucas und Josephus” in Hilgenfelds “Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie” 1873 (S. 85-93), “Nösgen 1879, S. 531 f.” auf Nösgens in den “Theologischen Studien und Kritiken” 1879 (S. 521-540) veröffentlichte Abhandlung: “Ueber Lucas und Josephus”. Anführungen, in denen der Name eines Gelehrten ohne weiteren Beisatz erscheint, beziehen sich auf die ausschliesslich oder doch vorzugsweise berücksichtigte Schrift des Genannten, deren Titel, sofern nicht allbekannte Werke wie Grimms Lexikon, Meyers Commentare, Winers Grammatik und Realwörterbuch u. a. in Betracht kommen, an der ersten Stelle, wo sie citirt wird, genau angegeben ist (s. z. B. S. 41. 53. 81. 151. 1101. 1791).
Die von uns gebrauchten Abkürzungen, soweit solche nicht allgemein üblich oder ohne weiteres verständlich sind, ersieht man aus nachstehendem Verzeichnisse:
A. | = Josephus’ “Altertümer” (Archäologie). |
AG. | = Apostelgeschichte. |
Ap. | = Josephus’ Streitschrift gegen Apion. |
BL. | = Schenkels Bibellexikon. |
dr. | = dreimal. |
HL. | = Hohes Lied. |
K. | = Josephus’ “Jüdischer Krieg”. |
L. | = Josephus’ Lebensbeschreibung. |
Lc. | = Lucasevangelium. |
ö. | = öfter. |
RWB. | = Winers Biblisches Realwörterbuch. |
St. u. Kr. | = Theologische Studien und Kritiken. |
Vw. | = Vorwort. |
zw. | = zweimal. |
[1] Novum Testamentum Graece ex ultima Tischendorfii recensione edidit Oscar de Gebhardt. Lipsiae 1891.
[2] In Betreff dieser Stelle glauben wir noch einen Schritt über Meyer hinausgehen und auch die Worte ὁ γὰρ υἱὸς—σῶσαι als echt betrachten zu dürfen, da ihre Aehnlichkeit mit den Stellen Mt. 18, 11. Lc. 19, 10, aus denen er sie herleitet, zu gering ist, um uns zu dieser Annahme zu nötigen.
[3] Der Bemerkung Meyers zu dieser Stelle (“Alte Schreibauslassung, durch καὶ—καὶ veranlasst”) fügen wir noch bei, dass ein Interpolator schwerlich das sonst nirgends nachweisbare μέλισσιος gewählt haben würde, da ihm doch die Formen μελισσαῖος und μελίσσειος zur Verfügung standen (s. Grimm s. v.).
[4] Biblisch-theologisches Wörterbuch der Neutestamentlichen Gräcität. Vierte Auflage (Gotha 1886) Vorrede S. XI f.
[5] Fl. Josephi opera edidit et apparatu critico instruxit Benedictus Niese. Berolini, apud Weidmannos (vol. I-V. 1885-1892).—Fl. Jos. opera recognovit B. N. (kleinere Ausgabe) ebd. (vol. I-V. 1888-1892).
[6] S. Winer, Biblisches Realwörterbuch, Art. Felix. Dagegen: Schürer, Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi I, 478.
Inhalt.
Seite | |||
I. | Einleitung | 1 | |
II. | Josephus im dritten Evangelium | 50 | |
1, 1-4 | 50 | ||
1, 5-25 | 61 | ||
2, 1 ff. | 64 | ||
2, 40-52 | 75 | ||
3, 1-18 | 85 | ||
3, 23-38 | 104 | ||
4, 16 | 105 | ||
4, 22 | 105 | ||
4, 29 | 105 | ||
4, 38 | 106 | ||
5, 1 | 106 | ||
5, 8 | 107 | ||
5, 15 | 107 | ||
6, 13-17 | 107 | ||
6, 49 | 109 | ||
7, 25 | 109 | ||
8, 15 | 110 | ||
8, 42 f. | 110 | ||
9, 1 ff. S. zu 6, 13-17 (S. 107 f.) | 111 | ||
9, 51-56 | 111 | ||
10, 1-20. S. zu 6, 13-17 (S. 107 ff.) | 113 | ||
10, 30-35 | 113 | ||
11, 47 | 115 | ||
12, 1 | 115 | ||
12, 29 | 116 | ||
13, 1-3 | 116 | ||
14, 7-10 | 118 | ||
15, 11-32 | 119 | ||
16, 6 f. | 120 | ||
19, 12-27 | 120 | ||
19, 29 | 124 | ||
19, 35-38 | 125 | ||
19, 41-44 | 126 | ||
21, 5 f. 11. 20-22. 24. S. zu 19, 41-44 (S. 127 ff.) | 136 | ||
21, 37. S. zu 19, 29 (S. 124) | 136 | ||
22, 4 | 136 | ||
22, 25 | 137 | ||
22, 29 | 138 | ||
22, 37 | 138 | ||
23, 6 f. 12 | 139 | ||
23, 26 ff. 48 | 140 | ||
23, 28-31. S. zu 19, 41-44 (S. 126) | 141 | ||
23, 44 f. | 141 | ||
23, 48. S. zu. V. 26 ff. (S. 140) | 142 | ||
23, 50 | 142 | ||
24, 13 | 142 | ||
24, 31 | 144 | ||
24, 50 f. S. zu AG. 1, 1-11 (S. 146 ff.) | 144 | ||
III. | Josephus in der Apostelgeschichte | 145 | |
1, 1-11 | 145 | ||
1, 13 f. | 149 | ||
1, 20 | 154 | ||
2, 1-14 | 154 | ||
2, 29 | 157 | ||
2, 44 f. | 157 | ||
3, 2. 10 | 159 | ||
3, 11 | 159 | ||
4, 6. S. zu Lc. 3, 2 (S. 98 ff.) | 160 | ||
4, 32. 34 f. 37. S. zu 2, 44 f. (S. 157 ff.) | 160 | ||
5, 12. S. zu 3, 11 (S. 159 f.) | 160 | ||
5, 16 | 160 | ||
5, 17 | 161 | ||
5, 34-39 | 162 | ||
6, 1. S. zu 2, 44 f. (S. 157 ff.) | 174 | ||
6, 9 | 174 | ||
7, 2-53 | 174 | ||
8, 9-24 | 178 | ||
8, 26-39 | 190 | ||
9, 10-19 | 191 | ||
9, 36-11, 18 | 193 | ||
11, 27-30 | 199 | ||
12, 1-23 | 201 | ||
13, 16-41 | 211 | ||
13, 42 | 216 | ||
13, 43 | 216 | ||
14, 19 | 217 | ||
15, 6-29 | 217 | ||
16, 9 f. 18, 9 f. 23, 11. 27, 23 f. | 218 | ||
16, 18-40 | 222 | ||
17, 16-34 | 223 | ||
18, 9 f. S. zu 16, 9 f. (S. 218 ff.) | 229 | ||
18, 12-17 | 229 | ||
18, 18 | 230 | ||
19, 16 | 231 | ||
19, 23-41 | 231 | ||
20, 17-38 | 236 | ||
21, 17-26. S. zu 18, 18 (S. 230 f.) | 240 | ||
21, 27-22, 3 | 240 | ||
22, 30-23, 11 | 250 | ||
23, 23-33 | 256 | ||
24, 1-26 | 257 | ||
24, 27-26, 32 | 269 | ||
27, 1-28, 16 | 281 | ||
IV. | Josephus’ Einfluss auf Lucas’ Sprache | 283 | |
V. | Ergebnisse und neue Aufgaben | 337-353 |
Dass die Geschichtswerke des Flavius Josephus die wertvollsten sachlichen und sprachlichen Beiträge zum Verständnisse der urchristlichen Literatur liefern, ist bereits frühzeitig anerkannt worden. Auf sein Zeugnis beruft sich häufig schon Eusebius, um die Aussagen neutestamentlicher Schriftsteller zu bekräftigen, und seit es eine wissenschaftliche Bibelerklärung gibt, hat dieselbe sich dankbar der von ihm gebotenen Handreichung bedient. Die Aussicht auf den reichen Gewinn, den eine von steten Seitenblicken auf das N. T. begleitete Durchforschung seiner Werke verhiess, hat Arbeiten veranlasst, welche sich die Nachweisung und Zusammenstellung der zwischen jenem und diesen stattfindenden Berührungen zur ausschliesslichen Aufgabe machen. Die umfänglichste derselben, von dem gelehrten Züricher Theologen Johann Baptist Ott verfasst, erschien 1741 unter dem Titel: Spicilegium sive excerpta ex Fl. Josepho ad N. Ti illustrationem[7] und ihr folgten im nächsten Jahrzehnte die Observationes in N. T. e Fl. Josepho von Johann Tobias Krebs, Conrector der Fürstenschule zu Grimma.[8] Die reiche Ausbeute, welche der Sammelfleiss beider Gelehrten zu Tage förderte, musste dem aufmerksamen Leser die Frage nahe legen, ob die häufigen Berührungen zwischen Josephus und den Schriftstellern des N. T.s in der Gemeinsamkeit der Sprache und nationalen Denkweise eine genügende Erklärung fänden oder nicht etwa auf einen noch engeren Zusammenhang zwischen dem einen und den anderen hindeuteten. Schon Ott fasst, nachdem er die Aehnlichkeiten zwischen Josephus’ Romfahrt und Paulus’ letzter Seereise ausführlich aufgezählt, sein Urteil in die Worte zusammen: “Hoc saltem conjicio, etiamsi non fuerit eadem atque una navigatio, probabile tamen esse Josepho Pauli doctrinam et causam vel in ipsa Palaestina, vel Romae ubi iisdem prope temporibus degerunt, non fuisse ignotam et ab ipsis Judaeis detectam” (p. 337 sq.). Der nämlichen Auffassung hat sich späterhin, anscheinend ohne Kenntnis von diesem Vorgänger, ein katholischer Theolog, Aberle, zugeneigt.[9] “Dass die Ankläger des Paulus nicht verlegen sein durften, aus ihrer Nation Leute zu finden, die sie zur Bearbeitung der öffentlichen Meinung auf literarischem Wege brauchen konnten”, glaubt er durch das Beispiel des Josephus sichergestellt, welcher die Loslassung einiger vom Procurator Felix zum Zwecke der Aburteilung nach Rom gesandten Priester erwirken wollte. Dies konnte nach Aberle kaum geschehen, ohne dass Josephus auch in Berührung mit der Processsache des Paulus trat. “Merkwürdig ist jedenfalls, dass sich mehrfach Kennern des Josephus, auch ohne dass sie an den hier als möglich hingestellten Zusammenhang dachten, die Vermutung aufdrängte, derselbe müsse die Schriften des Lucas gekannt und auf sie, ohne sie zu nennen, in der feindseligsten Weise Rücksicht genommen haben.”
Selbst wenn das über diese Hypothese von einem neueren (gleichfalls katholischen) Bibelausleger gefällte Urteil, dass dieselbe sich schon wegen der zwischen Josephus und Lucas wahrnehmbaren Abweichungen nicht wahrscheinlich machen lasse[10], Anspruch auf allgemeine Zustimmung haben sollte, so würden doch die angeführten Aeusserungen insofern ernste Beachtung verdienen, als sich in ihnen die Erkenntnis oder mindestens die Ahnung verrät, dass der jüdische Geschichtschreiber zu dem Evangelisten in einem ganz eigenartigen Verhältnisse steht und sich mit ihm viel näher als mit irgend einem anderen Schriftsteller des N. T.s berührt. Nur so erklärt sich auch der breite Raum, welcher bei Ott so gut wie bei Krebs den zu dem dritten Evangelium und der Apostelgeschichte aus Josephus beigebrachten Parallelen gewidmet ist.[11] Wenn man nun bei dem Versuche, dieses Verhältnis genauer zu bestimmen, zu der Annahme gelangte, dass einer der beiden Schriftsteller den andern gekannt und benutzt haben möge, so konnte es auf dem Standpunkte der ebengenannten Forscher nicht zweifelhaft sein, nach welcher Seite hin die Entscheidung ausfallen musste. Dieselbe ergab sich für sie, ganz abgesehen von ihrer dogmatischen Stellung, schon daraus, dass ihnen als Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte der in der letzteren in erster Person redende Augenzeuge galt, als welchen die kirchliche Ueberlieferung einstimmig den in drei paulinischen Briefen (Kol. 4, 14. Philem. 24. 2 Tim. 4, 11) erwähnten Arzt Lucas bezeichnete. Wenn es an sich schon schwer glaublich war, dass ein Reisebegleiter des Paulus, welcher die von ihm erzählten Begebenheiten zum Teil selbst miterlebt hatte und, wo dies nicht der Fall, über dieselben aus zuverlässigster Quelle Nachrichten einziehen konnte, sich bei einem jüdischen Schriftsteller Rats erholt haben solle, so wurde eine solche Vermutung von vorn herein vollends ausgeschlossen durch die damals herrschende Annahme, dass die Entstehung des dritten Evangeliums um die Zeit der römischen Gefangenschaft des Paulus[12], also jedenfalls noch vor die Zerstörung Jerusalems falle, welche für Josephus bei Abfassung seines frühesten Werkes seit mehreren Jahren schon eine vollendete Tatsache war. Wiesen daher mannichfache Anzeichen auf die Bekanntschaft des einen Schriftstellers mit dem andern, so konnte nur Josephus den Lucas, nicht dieser jenen, gelesen und benutzt haben. Dieser Meinung scheint auch Ott zu sein, wenn er einer weiter unten zu besprechenden Angabe des ersteren[13] die Bemerkung beifügt: “Ceterum non aliter scribit Josephus, quam si a Luca haec verba descripsisset. Lucas enim tempore prior fuit” (p. 187).
Diese Sachlage musste jedoch eine Aenderung erfahren, nachdem die herkömmlichen Ansichten über Verfasser und Entstehungszeit der von der Ueberlieferung dem Lucas beigelegten Schriften von der kritischen Theologie einer schärferen Prüfung unterzogen worden waren. Wenn auch die Forscher, welche sich an derselben beteiligt haben, im Einzelnen mannichfach auseinandergehen, so stimmen sie doch in zwei Hauptpunkten überein, indem ihnen allen als zweifellos gilt, dass der aus dem N. T. bekannte Apostelschüler Lucas nicht der Verfasser der nach ihm genannten Schriften ist und dass zwischen ihrer Entstehung und dem Zeitpunkte, bis zu welchem die zweite derselben den Faden der Erzählung fortführt, ein nach Jahrzehnten zu bemessender Zeitraum mitten inne liegt. Nichts war natürlicher, als dass nach Gewinnung dieser Ergebnisse die Frage nach dem Verhältnisse des Lucas zu Josephus von Neuem auftauchte und nunmehr eine ganz entgegengesetzte Beantwortung fand. Ist der Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte nicht Lucas, sondern ein den von ihm erwähnten Personen, Tatsachen und Oertlichkeiten schon ferner stehender Schriftsteller, so verliert die Annahme alles Befremdliche, dass er sich über das jüdische Land und Volk, wie es vor der Zerstörung Jerusalems war, aus zuverlässigen Quellen eine Anschauung zu bilden suchte, und sind die Werke des Josephus noch vor den seinigen an die Oeffentlichkeit getreten und ihm zugänglich geworden, so lag ihm nichts näher, als bei diesem in seinem Heimatlande wohlbewanderten Geschichtschreiber sein Wissensbedürfnis zu befriedigen.
Trotzdem währte es geraume Zeit, bis die gedachte Frage von Seiten der kritischen Theologie ernstlich in Angriff genommen wurde. Zwar fand es Overbeck[14] “beachtenswert”, dass ebenso wie in der bekanntlich einen chronologischen Irrtum enthaltenden Angabe AG. 5, 37 auch bei Josephus (A. XX, 5, 2) “des Judas und zwar des Todes seiner Söhne gedacht ist unmittelbar nach Theudas”, zog jedoch hieraus keinen Schluss auf Abhängigkeit des einen Berichtes von dem andern. Keim[15] sah sich durch diese “interessante Bemerkung” zunächst lediglich zu der Aeusserung veranlasst, dass sich aus der erwähnten Aufeinanderfolge “vielleicht der Irrtum des Lucas erkläre, auch wenn er den jüdischen Geschichtschreiber noch nicht gekannt”. Einen Schritt weiter ging er bereits mit der Vermutung[16], dass Lucas das 15. Jahr des Tiberius (Lc. 3, 1) aus Josephus’ Schilderung der Procuratur des Pilatus berechnet haben mochte, welche er (so gut als Tac. hist. 5, 2-13 Josephus’ jüdischen Krieg las) kennen konnte.” Bald darauf wurde die von Keim angeregte Frage durch Holtzmann[17] zum Gegenstand einer besonderen Untersuchung gemacht. Derselbe nahm seinen Ausgangspunkt von der Apostelgeschichte, um an einer Anzahl Stellen dieser Schrift und des dritten Evangeliums den Nachweis zu führen, dass sie ebenso wie letzteres Bekanntschaft mit Josephus’ Werken voraussetze. Das hier aufgestellte Verzeichnis von Berührungen zwischen Lucas und Josephus veranlasste uns zu einem “Nachtrag”[18] und erfuhr kurz darauf eine wesentliche Vervollständigung durch Hausrath[19], der zu den von Lucas benutzten Materialien die sämtlichen Bücher des Josephus rechnete und insbesondere darauf Nachdruck legte, dass sich das ganze Personal seines historischen Dramas bei dem jüdischen Schriftsteller zusammenfinde und sein Signalement auffällig mit den Charakterschilderungen des Josephus stimme. Zugleich suchte er durch manche von Holtzmann noch nicht verwertete Beispiele die Behauptung zu erhärten, dass die Lectüre des Josephus für Lucas ganz besonders fruchtbar gewesen sei. Anscheinend noch ohne Kenntnis von diesen Arbeiten ging bald nachher Bröcker[20] an Erörterung der Frage, ob Lucas den Josephus benutzt habe, indem er dieselbe im Wesentlichen mit derjenigen, ob er die “Altertümer” benutzt habe, für gleichbedeutend erklärte. Die grösseren oder kleineren Abweichungen, auf die “wir fast überall da stossen, wo wir die Angaben des Lucas über jüdische Geschichte und Geographie um Christi Zeit mit entsprechenden Angaben des Josephus vergleichen können”, liessen es ihn “höchst unwahrscheinlich finden, dass im Allgemeinen der Evangelist den jüdischen Historiker als Quelle benutzte, ihn zum Wegweiser durch die israelitische Geschichte und Geographie um Christi Zeit nahm”. Einen scharfen Gegensatz zu diesem Urteile bildeten die Zustimmungserklärungen, deren sich Holtzmanns Ergebnisse in den nächsten Jahren von Seiten einiger gesinnungsverwandten Theologen[21] zu erfreuen hatten, von welchen einer “die Abhängigkeit des Lucas von Josephus” bereits als “unwiderleglich erwiesen” ansah.[22] Indessen regte sich nunmehr auch der Widerspruch, obschon es einigermassen überraschen musste, denselben zuerst von einem Forscher erhoben zu sehen, welcher zu der kirchlichen Ueberlieferung kaum eine minder freie Stellung als der Urheber der von ihm bekämpften Hypothese einnahm. Es war Schürer[23], der es als seine Aufgabe betrachtete, der Annahme Holtzmanns, “ehe die Sache vollends zum Dogma wird”, entgegenzutreten, hierbei jedoch sich ausdrücklich dagegen verwahrte, als ob er eine Lanze für das Alter der Schriften des Lucas brechen wollte, die möglicherweise jünger seien als die im Jahre 93-94 vollendeten “Altertümer” des Josephus. In dem aus AG. 5, 36 f. entnommenen Hauptargumente Holtzmanns fand er gerade einen Beweis dafür, dass Lucas den Josephus nicht gelesen hat, und auch im Hinblick auf die von jenem zu AG. 21, 38 angeführten Parallelen glaubte er sich mindestens zu dem Schlusse berechtigt, dass der christliche Geschichtschreiber nicht aus dem jüdischen geschöpft habe, während er allen übrigen Gründen Holtzmanns nur für den Fall einige Beweiskraft zugestand, wenn man voraussetze, “dass sich auch eine dürftige und mangelhafte Kenntnis der jüdischen Dinge lediglich aus Josephus gewinnen liess”. Hierauf suchte er in einer mehr auf das Einzelne gerichteten Erörterung an vier Punkten die Selbständigkeit des Lucas und seine Unbekanntschaft mit Josephus ins hellste Licht zu setzen und fasste sodann sein Endergebnis in die Worte zusammen: “Entweder hat Lucas von Josephus überhaupt keine Notiz genommen oder er hat nachträglich von seiner Lectüre wiederum Alles vergessen.” Die erstere Annahme schien ihm als die einfachere den Vorzug zu verdienen. Somit behauptete Schürer unzweideutig, dass Lucas die Schriften des Josephus nicht gekannt habe, denn dass der Ausdruck “keine Notiz nehmen” nur in diesem Sinne zu verstehen ist, kann nach seinen vorhergegangenen Aeusserungen (S. 576. 580 ff.) keinem Zweifel unterliegen.
In seiner Entgegnung[24] auf diesen Angriff verkannte Holtzmann keineswegs das Gewicht der Einwendungen Schürers, ohne sich indessen zur Zurücknahme seiner Ansicht veranlasst zu finden. Lucas’ unleugbare Abweichungen von Josephus erklärte er einerseits daraus, dass seine Lectüre dieses Schriftstellers bei Abfassung seiner eigenen Werke “bereits hinter ihm lag und sehr tiefdringend und genau überhaupt niemals gewesen sein konnte”, andererseits verwies er darauf, dass Lucas in nicht wenigen Fällen auch zu der älteren evangelischen Ueberlieferung und zu den paulinischen Briefen in Widerspruch trete, obwohl seine Bekanntschaft mit diesen wie mit jener ausser Frage stehe. Zugleich vervollständigte er im Anschluss an Hausrath sein früheres Verzeichnis durch eine Anzahl neuer Parallelen und stellte der weiteren Forschung die Aufgabe, die sich aus dem von ihm und Schürer ermittelten Sachverhalt ergebenden Schwierigkeiten durch eine Hypothese zu lösen, welche die beiden einander entgegenstehenden Reihen von Beobachtungen, von denen die eine für, die andere gegen eine Benutzung des Josephus spreche, in Einklang zu bringen geeignet sei. Schliesslich suchte er durch eine Vergleichung des beiderseitigen Sprachgebrauches, welche eine grössere Anzahl bemerkenswerter Uebereinstimmungen zwischen Lucas und Josephus ergab, seine Ansicht noch fester zu begründen.
Gleichzeitig begann die bisher nur zwischen deutschen Gelehrten verhandelte Frage auch die Aufmerksamkeit des Auslandes zu erregen. In seinem 1877 erschienenen Werke: Les évangiles et la seconde génération chrétienne fand Renan, dass das Vorwort des dritten Evangeliums an die den Eingang von Josephus’ Schrift gegen Apion bildende Widmung erinnere, und wies auf mehrfache schriftstellerische Aehnlichkeiten zwischen ihm und Lucas hin, ohne jedoch aus denselben einen weitergehenden Schluss zu ziehen, als den, “que le monde où vivait Luc et celui où vivait Josèphe étaient fort voisins l’un de l’autre et devaient avoir plus d’un point de contact” (p. 255 s.). Renans Werk erfuhr in England eine ausführliche Besprechung durch den ungenannten Verfasser des weitverbreiteten Buches Supernatural Religion (Cassell), der sich schon vorher mit dem Urteile “The author of the Acts was, we maintain, acquainted with the works of Josephus” im Wesentlichen zu den Ansichten Holtzmanns und Hausraths bekannt hatte.[25] Auf Grund der eingehenden Erörterung, welcher er nunmehr das Verhältnis des Lucas zu Josephus unterzog, bezeugte er seine unumwundene Zustimmung zu dem bisherigen Ertrage der deutschen Forschungen, den er mit den Ergebnissen eigener Studien bereichern konnte.[26]
Im nächsten Jahre (1878) griff Keim[27], der inzwischen zu der von ihm früher in der Schwebe gelassenen Frage eine bestimmtere Stellung gewonnen hatte, durch die Untersuchung: “Josephus im N. T.” in den Gang der Verhandlungen ein. Indem er auf die “vagen und kleinen Aehnlichkeiten”, zu denen er auch die “lexikalische Begründung” rechnete, ausdrücklich verzichtete, sprach er einer ziemlichen Anzahl der von seinen Vorgängern geltend gemachten Beziehungen zwischen Lucas und Josephus die Beweiskraft ab. Dagegen sah er “das dankbarste Versuchsfeld in denjenigen Partien des Lucas, welche zu den Eigentümlichkeiten seines Pragmatismus gehören”, vor Allem in seiner Chronologie, in der er deutliche Anzeichen seiner Abhängigkeit von dem jüdischen Geschichtschreiber zu entdecken glaubte. Ferner lieferte ihm die Musterung der Berichte beider Schriften des Lucas über zeitgeschichtliche Tatsachen und Persönlichkeiten eine beträchtliche Ausbeute auffälliger Berührungen mit Josephus und begründete in ihm die Ueberzeugung, dass Lucas diesen auch in manchen seiner historischen Abweichungen von ihm voraussetze. Das Endergebnis seiner Untersuchung lautet dahin, dass Josephus’ “Jüdischer Krieg” sowie seine Archäologie zu Lucas’ Quellen gehört habe, während von einer Benutzung der Lebensbeschreibung des ersteren und der Bücher gegen Apion keine irgendwie sichere oder auch nur wahrscheinliche Spur bei letzterem zu finden sei.
Jetzt endlich erschien auch ein Vertreter derjenigen Richtung auf dem Plane, deren bisheriges Schweigen um so mehr befremden musste, als sie gerade das lebhafteste Interesse daran hatte, die neue Ansicht nicht zum Dogma werden zu lassen. Auf welche Seite sie sich schlagen würde, konnte von vorn herein nicht zweifelhaft sein. Forschungsergebnisse, welche nicht nur die Entstehungszeit der dem Lucas beigelegten Schriften so tief herabdrückten, dass ihre Abfassung durch einen Schüler des Apostels Paulus mehr als zweifelhaft wurde, sondern auch die Glaubwürdigkeit derselben in bedenklichem Masse gefährdeten, durften sich von den Verfechtern der kirchlichen Ueberlieferung keine freundliche Aufnahme versprechen und es konnte daher nicht überraschen, dass Nösgen, der Namens derselben das Wort ergriff[28], über die neue Hypothese ein unbedingtes Verwerfungsurteil fällte. Die Zumutung, “den Zeugen Jesu Christi dem eklektischen Schüler der Pharisäer die Schleppe nachtragen zu lassen”, musste von diesem Theologen schon deshalb eine entschiedene Ablehnung erfahren, weil sie mit seiner eigenen Annahme, dass selbst die jüngere von Lucas’ Schriften bereits gegen Ende der sechziger Jahre abgefasst ist[29], in unvereinbarem Widerspruche stand. Obgleich nach seiner Meinung “die ganze Hypothese einer Abhängigkeit des dritten Evangelisten von Josephus manchen kaum der Widerlegung wert erscheinen dürfte”, hat er derselben doch eine eingehende Prüfung gewidmet, indem er an einer grösseren Anzahl der von Holtzmann und seinen Mitforschern beigebrachten Parallelen den Nachweis zu führen sucht, dass die von jenen betonten Aehnlichkeiten durch ebenso grosse Verschiedenheiten reichlich aufgewogen würden und die höhere Einfachheit und Ursprünglichkeit überall auf Seiten des Lucas zu finden sei. Holtzmann unterwarf diese Abhandlung einer ausführlichen Besprechung, in welcher er seine Aeusserungen gegen die von Nösgen aus ihnen gezogenen Folgerungen sowie gegen missverständliche Auffassung verwahrte, verschiedene Schwächen von dessen Beweisverfahren aufdeckte, ihm gegenüber seine von Anfang an eingenommene Stellung behauptete und sein Verzeichnis der Belege für eine Benutzung des Josephus durch Lucas um einige neue Beispiele vermehrte.[30]
Nachdem sich sodann noch E. Simons unumwunden auf Holtzmanns Seite gestellt hatte[31], erstand diesem ein dritter Gegner in P. Schanz[32], welcher, ohne erhebliche neue Gründe beizubringen, unter Berufung auf Schürer der Annahme einer Benutzung des Josephus durch Lucas widersprach. Erst geraume Zeit nachher, als der anfangs so lebhaft geführte Streit bereits erloschen zu sein schien, überraschte R. Steck die theologischen Fachgenossen durch die Erklärung, dass “die eigene Prüfung dieser Frage ihm die volle Bestätigung und Weiterführung der von Holtzmann aufgestellten Ansicht ergeben habe”, und er “im Lucasevangelium und in der Apostelgeschichte zusammen etwa 40 Nummern zähle, aus denen sich Bekanntschaft mit Josephus mehr oder minder sicher ergibt”.[33] In der Tat enthält der für eine wissenschaftliche Zeitschrift bestimmte, aber nicht zur Veröffentlichung gelangte Aufsatz[34], in dem Steck die Begründung dieses Urteiles unternommen hat, nicht weniger als 41 Parallelen, von welchen 16 auf das dritte Evangelium, 25 auf die Apostelgeschichte entfallen.
Bei genauerer Prüfung der bisher geführten Verhandlungen sind wir mehr und mehr in der Ueberzeugung befestigt worden, dass in der Frage nach Lucas’ Verhältnis zu Josephus noch lange nicht das letzte Wort gesprochen ist und dieselbe wohl eine gründlichere Untersuchung verdient, als sie bisher gefunden hat. Für eine solche haben bereits Ott und Krebs den rechten Weg deutlich vorgezeichnet. Offenbar genügt es nicht, eine Anzahl Parallelen, die sich dem mit Lucas vertrauten Leser des Josephus ohne Weiteres aufdrängen, aneinanderzureihen und einzelne, dem ersteren eigentümliche Ausdrücke und Redewendungen aus dem Sprachschatze des letzteren zu belegen, sondern es ist unbedingt erforderlich, die Schriften beider einer sorgfältigen, ausschliesslich dem Zwecke der Vergleichung dienenden Durcharbeitung zu unterziehen, um sodann die Erträgnisse derselben in einem auf möglichste Vollständigkeit in den Hauptpunkten abzielenden Verzeichnisse der sachlichen und sprachlichen Berührungen zusammenzufassen.
Dies ist die Aufgabe, die uns im Folgenden beschäftigen soll. Ehe wir jedoch an die Lösung derselben gehen, empfiehlt sich die Erledigung einiger Vorfragen, zu deren Besprechung sich im weiteren Verlauf unserer Untersuchung keine gleich passende Gelegenheit finden dürfte. Erstlich erscheint uns schon hier eine mindestens teilweise Auseinandersetzung mit den Bestreitern der Abhängigkeit des Lucas von Josephus geboten. Zwar werden wir dieselben bei Betrachtung derjenigen Stellen, an welche die von ihnen erhobenen Einwendungen anknüpfen, ausführlich zu Worte kommen lassen. Da aber auch die von ihnen geltend gemachten Erwägungen allgemeinerer Art Berücksichtigung fordern, so wird die Prüfung derselben am zweckmässigsten der Würdigung ihrer von Einzelheiten hergenommenen Gegengründe vorausgeschickt.
Während Schürer aus den von ihm zwischen Lucas und Josephus nachgewiesenen Widersprüchen den Schluss zieht, dass ersterer die Schriften des letzteren entweder nicht gelesen oder von seiner Lectüre nachträglich wiederum Alles vergessen habe, fasst Nösgen die in seiner Abhandlung “über Lucas und Josephus” gewonnenen Ergebnisse in der Einleitung seines “Commentares über die Apostelgeschichte” (S. 14) folgendermassen zusammen: “Ein so genaues Studium eines Autors, wie die (von Holtzmann u. a.) behaupteten sprachlichen Entlehnungen oder eine Nachbildung von Schilderungen voraussetzen, und ein so flüchtiges Lesen, wie solches allein andererseits zu mit Josephus ganz unvereinbaren Annahmen und falschen Auffassungen der Darstellung desselben führen konnte, verträgt sich mit einander nimmer. Eine Benutzung des Josephus wird deshalb durch das innere Verhältnis der Nachrichten beider Autoren geradezu ausgeschlossen. Dasselbe ist der Zeit nach der Fall. Der jüdische Historiker hat die Schrift contra Apionem (vgl. I, 9) im Jahre 79 vollendet und seine nächste Arbeit fällt erst in das Jahr 93 oder 94. Wer nun, wie die besonnenen Kritiker, die AG. im Jahre 80 geschrieben sein lässt, der sollte darum eine Kenntnis der Arbeit des Josephus dem Verfasser der AG. nicht zumuten. Zu bedenken ist auch, dass der jüdische Historiograph niemals zu den Augenzeugen der berichteten Tatsachen gerechnet werden konnte und durch seine Benutzung der Schreiber der AG. sich selbst den Makel der Unwahrhaftigkeit zu deutlich aufgeheftet hätte.”
Wir müssen zunächst die Richtigkeit und Statthaftigkeit der Schlussfolgerung Schürers entschieden bestreiten. Wenn uns bei Lucas wirklich auffällige Abweichungen von den Berichten des jüdischen Geschichtschreibers begegnen, so sind wir zur Erklärung derselben keineswegs ausschliesslich auf die beiden von ihm genannten Möglichkeiten angewiesen. Schürer selbst führt die ihm für unvereinbar mit Josephus geltenden Angaben des Lucas auf “Hörensagen”, auf “mündliche Information” und “die populäre Ueberlieferung” zurück (S. 577. 579) und, davon abgesehen, wissen wir, dass dem Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte für jenes die Schriften zahlreicher Vorgänger und für diese die Aufzeichnungen eines Reisegefährten des Paulus zur Verfügung standen. Liegt unter diesen Verhältnissen etwa die Annahme nicht nahe genug, dass er sich in der Hauptsache an diese Quellen hielt und nur, wo sie versagten, sich bei Josephus Rats erholte? Dass er ihre Mitteilungen auf Treu und Glauben hinnahm, ohne sie jedesmal vorher sorgfältig auf ihre Uebereinstimmung mit Josephus zu prüfen? Dass er auch in solchen Fällen, wo ihm der Widerspruch zwischen diesem und jenen nicht verborgen blieb, kein Bedenken trug, seinen christlichen Gewährsmännern den Vorrang vor dem jüdischen Geschichtschreiber einzuräumen? Schwerlich wird jemand im Ernste behaupten wollen, dass für Lucas die Auctorität des Josephus mehr ins Gewicht fiel, als das Zeugnis der älteren, von Matthäus und Marcus aufbewahrten evangelischen Ueberlieferung. Und doch ist unleugbar, dass er von derselben in nicht wenigen wesentlichen Punkten abweicht und seine eigenen Wege einschlägt. Wir erinnern nur an die Geburts- und Kindheitsgeschichte Jesu (Lc. 1, 4-2, 40 vgl. mit Mt. 1, 18-2, 23), das Geschlechtsregister (Lc. 3, 23-28 vgl. mit Mt. 1, 1-17), die Berufung der ersten Jünger (Lc. 5, 1-11 vgl. mit Mt. 4, 18-22), das weder einen Lebbäus (Mt. 10, 3), noch einen Thaddäus (Mc. 3, 16), dafür aber einen sonst nirgends erwähnten Judas, Jakobus’ Sohn, aufweisende Apostelverzeichnis (Lc. 6, 16. AG. 1, 13), die anstatt der Zwölf als Reiseprediger ausgesandten siebzig Jünger (Lc. 10, 1-20 vgl. mit Mt. 10, 5 ff.), die Ersetzung der Salbung Jesu im Hause Simons von Bethanien (Mt. 26, 6-13. Mc. 14, 3-9) durch eine frühere, in einer unbenannten Stadt Galiläas und im Haus eines Pharisäers stattfindende (Lc. 7, 37-50), die unter Vermeidung Peräas durch Samarien gehende Reise nach Jerusalem[35], den nicht in die Schmähungen seines Spiessgesellen einstimmenden, sondern ihn strafenden und sich zum Glauben an Jesum bekennenden Mitgekreuzigten (Lc. 23, 40 ff. vgl. mit Mt. 27, 44. Mc. 15, 32), den durch einen unglücklichen Zufall, nicht durch des Verräters eigene Hand hierbeigeführten Tod des Judas Ischarioth (AG. 1, 18 vgl. mit Mt. 27, 5), die sich auf Jerusalem und seine nächste Umgegend beschränkenden Erscheinungen des Auferstandenen (Lc. 24. AG. 1, 3 f. vgl. mit Mt. 28, 16 ff. Mc. 16, 7), endlich die Verzichtleistung der Jünger auf die Rückkehr in ihre galiläische Heimat (Lc. 24, 47. 49. AG. 1, 4. 12 vgl. mit Mt. 28, 16 ff. Mc. 16, 7).[36] Noch weit stärkere Abweichungen von der ursprünglichen Ueberlieferung als im dritten treten bekanntlich im vierten Evangelium zu Tage. Dass seine Darstellung diejenige der Synoptiker an wesentlichen Punkten geradezu ausschliesst, gilt der kritischen Schule für ebenso zweifellos, wie dass sein Verfasser diese Vorgänger gekannt hat. Wollte man sich dagegen auf den von Schürer eingenommenen Standpunkt stellen, so müsste man sagen: Es ist ganz undenkbar, dass ein Schriftsteller, der die älteren Evangelien gelesen hat, die ersten Anhänger Jesu aus dem Jüngerkreise Johannes des Täufers herkommen lässt (1, 35 ff.), dass er neben ihnen einem sonst nirgends erwähnten Nathanael eine ehrenvolle Stelle einräumt (V. 47 ff. 21, 2), dass er wiederholte Festreisen Jesu nach Jerusalem berichtet (2, 1. 5, 1. 7, 10. 12, 12 ff.), dass er die Tempelreinigung an den Beginn statt an das Ende der öffentlichen Wirksamkeit Jesu setzt (2, 14 ff.), dass er als Hauptschauplatz derselben Judäa, nicht Galiläa, betrachtet (2, 13-4, 3. 5, 1-47. 7, 10-10, 39. 11, 17-53. 12, 1-20, 29), dass er die letzte Katastrophe an eine der früheren Ueberlieferung völlig unbekannte Wunderhandlung, die Auferweckung des Lazarus, knüpft (Kap. 11), dass er als Todestag Jesu nicht den 15., sondern den 14. Nisan bezeichnet (19, 28). Schürer wird diesem Einwand das Urteil der neueren Kritik entgegenhalten, dass der vierte Evangelist nach bestimmten, vorwiegend dogmatischen Gesichtspunkten die ältere Ueberlieferung umgestaltet habe. Zugegeben, aber kann nicht ebenso gut auch Lucas seine Gründe gehabt haben, von dem ihm durch Josephus dargebotenen Geschichtsstoffe hie und da abzuweichen, selbst wenn wir dieselben nicht in jedem einzelnen Falle zu durchschauen und aufzuzeigen vermögen?
Er hätte damit doch nur von einem Rechte Gebrauch gemacht, in dessen Ausübung ihm der genannte Historiker vorausgegangen war, wie sich an einem schlagenden Beispiele nachweisen lässt. Bekanntlich erzählt Herodot, dass Astyages’ Enkel Cyrus sich mittelst der Entthronung seines Grossvaters zum Herrscher von Medien und Persien aufschwang (I, 127 ff.) und später durch Eroberung der Hauptstadt des babylonischen Reiches auch dieses unterwarf, dessen letzter König Labynetos Nachfolger seines gleichnamigen Vaters war (ebd. 188 ff.). Dagegen weiss Josephus zu berichten, dass zu jener Zeit Darius, ein Sohn des Astyages (den Herodot nur als Vater einer Tochter kennt), über die Perser herrschte und als Cyrus’ Verbündeter an dem Kriegszuge gegen Babylon teilnahm, wo damals ein Sohn des Labosordachos, der bei den Babyloniern Naboandelos genannte Baltasar, regierte (A. X, 11, 2. 4). Dürfen wir uns nun angesichts dieser unvereinbaren Widersprüche nach Schürers Vorgang zu dem Schlusse berechtigt halten: Entweder hat Josephus nie den Herodot gelesen oder er hat das Gelesene vollständig wieder vergessen? Dies verbietet uns der jüdische Geschichtschreiber selbst auf das nachdrücklichste, indem er sich nicht nur öfter auf Herodot bezieht[37], sondern auch eine Stelle aus dessen Geschichtswerk wörtlich anführt[38], zum deutlichen Beweise, dass er mit ihm wohl vertraut ist und Einzelnes aus demselben sich dauernd seinem Gedächtnis eingeprägt hat. Vielmehr erklären sich die obigen Abweichungen seiner Darstellung von derjenigen Herodots einfach aus der Bevorzugung anderer Quellen, von denen die eine sich sofort dadurch verrät, dass uns bei ihm in engster Verbindung mit dem Bericht über die Belagerung und Einnahme Babylons die aus dem Buche Daniel (Kap. 5) bekannte Erzählung von Belsazars (Baltasars) Gastmahl begegnet.[39] Wenn es sich aber um eine Entscheidung zwischen Herodot und diesem Buche handelte, konnte einem Josephus die Wahl nicht schwer fallen. Der Verfasser desselben stand ihm nicht nur als Landsmann und Glaubensgenosse näher, sondern er sah in ihm auch einen Augenzeugen der letzten Schicksale des babylonischen Reiches und, was mehr als alles dies bedeutet, einen wie keinen zweiten vom göttlichen Geist erfüllten Propheten, dessen auf ferne Jahrhunderte bezügliche Weissagungen bis in das Einzelste eingetroffen waren (A. X, 11, 1. XII, 7, 6). Wie hätte er also diesem Manne nicht den Vorrang vor dem griechischen Geschichtschreiber einräumen sollen, der sich von anderen seines Faches so viele Berichtigungen gefallen lassen muss (Ap. I, 3, 14) und auch von ihm zu wiederholten Malen des Irrtums geziehen wird (A. VIII, 10, 2 f. X, 1, 4)? Wir brauchen nur statt Herodot Josephus und statt Daniel einen in Lucas’ Augen zuverlässigen christlichen Gewährsmann zu setzen, um sofort eine befriedigende Antwort auf die Frage zu erhalten, warum unser Schriftsteller selbst in solchen Fällen, wo ihm die Unvereinbarkeit der Aussagen des jüdischen Geschichtschreibers mit den seinigen zu deutlichem Bewusstsein kommen musste, dennoch einen schroffen Widerspruch mit Josephus unbedenklich auf sich genommen hat.
Andere Abweichungen, die sich nicht auf diesem Weg erklären lassen, werden verständlich, sobald wir uns in die schriftstellerischen Verhältnisse der Zeit des Lucas lebhaft hineinzudenken versuchen. Bekanntlich standen Bücher damals verhältnismässig hoch im Preise, so dass sich nur eine glückliche Minderheit den Luxus einer Bibliothek gestatten konnte.[40] Wer eine solche nicht fortwährend zu uneingeschränkter Verfügung hatte, der war darauf angewiesen, aus den ihm von anderen zu vorübergehender Benutzung überlassenen Büchern Auszüge zu machen und überdies möglichst viel von ihrem Inhalt in seinem Gedächtnis aufzuspeichern.[41] Das führte zu einer Stärkung und Ausbildung des Gedächtnisses, welche uns oft in Erstaunen setzt und heutzutage, wo man so leicht die Erinnerung an früher Gelesenes wieder auffrischen kann, nur noch ganz vereinzelt vorkommt. Indessen lehrt die Erfahrung, dass diese Geisteskraft ihrem Besitzer in neun Fällen die treuesten Dienste leistet, um ihn dann im zehnten schmählich im Stiche zu lassen. So erklärt es sich, dass uns nicht selten auch bei guten Schriftstellern des Altertumes starke Gedächtnisfehler aufstossen, die sie vermieden haben würden, wenn sie gewöhnt gewesen wären, ihre Werke, bevor sie dieselben der Oeffentlichkeit übergaben, erst noch einer sorgfältigen Vergleichung mit den von ihnen benutzten Quellen zu unterziehen.
Alles eben Gesagte findet seine durchgängige Anwendung auch auf die urchristliche Literatur. Sollte es hiefür eines Beweises bedürfen, so würde sich derselbe mit leichter Mühe aus dem Verhältnisse derselben zum A. T. erbringen lassen. Dass letzteres in der Gestalt, in welcher es sich zuerst dem Verständnisse der griechisch-gebildeten Welt erschlossen hatte, d. h. in der Uebersetzung der Siebzig, den ältesten Christen als das wichtigste aller Bücher galt und sein Inhalt infolge der unausgesetzten Beschäftigung mit demselben ihnen gleichsam in Fleisch und Blut übergegangen war, unterliegt nach ihren häufigen Berufungen auf die “Schrift” nicht dem leisesten Zweifel. Ebenso steht aber auch ausser Frage, dass nur eine verschwindend kleine Zahl dieser Anführungen auf wörtliche Genauigkeit Anspruch machen kann, die weitaus meisten dagegen sich mehr oder weniger von dem Texte der Siebzig entfernen und manche einen von demselben ganz verschiedenen Sinn zum Ausdrucke bringen. Dieses freie Verfahren bei Wiedergabe alttestamentlicher Aussprüche hat in der genannten Literatur ein Seitenstück darin, dass sich oft auch bei Erwähnung von Tatsachen, deren Kenntnis ausschliesslich aus dem A. T. zu gewinnen war, starke Abweichungen von dieser Quelle bemerklich machen.[42] Derartige Erscheinungen beweisen zur Genüge, dass auch die urchristlichen Schriftsteller nicht für nötig fanden, solche Aussagen, in denen sie früher Gelesenes und gedächtnismässig Angeeignetes verwerteten, vor der Veröffentlichung nochmals sorgfältig auf ihre Uebereinstimmung mit denjenigen ihrer Gewährsmänner zu prüfen.
Dass Lucas von dieser allgemeinen Regel eine Ausnahme gemacht haben solle, hat schon an sich geringe Wahrscheinlichkeit und eine nähere Betrachtung seiner Schriften zeigt deutlich, dass er auch in diesem Punkte der Sitte seiner Zeit und Umgebung folgte. Lehrreich ist in dieser Hinsicht zunächst eine Durchmusterung der uns bei ihm begegnenden Anführungen aus dem A. T. Wenn wir die seinem Evangelium mit demjenigen des Matthäus gemeinsamen Citate, welche ihm jedenfalls aus zweiter Hand zugekommen sind und daher keinen Schluss auf sein eigenes Verfahren gestatten, bei Seite lassen, so verbleiben ihm als alleiniges Eigentum neun Stellen, von denen keine einzige wörtlich mit dem Texte der Siebzig zusammentrifft.[43] Von den 28 alttestamentlichen Citaten der AG. stimmen mit demselben nur drei Wort für Wort überein[44], sechs weitere schliessen sich ihm ziemlich genau an[45], während bei allen übrigen grössere oder geringere Abweichungen zu Tage treten.[46] Ferner bietet uns Lucas mehrfache geschichtliche Angaben, die ebenso unverkennbar ihren Ursprung aus dem A. T. verraten, wie sie den Aussagen desselben widersprechen.[47] So lässt er Abraham noch vor seiner Übersiedelung nach Haran in Mesopotamien die erste Offenbarung Gottes empfangen (AG. 7, 2 f.), die doch nach Gen. 11, 31-12, 3 in die Zeit seines Aufenthaltes in jenem Lande fällt, und setzt die Ankunft dieses Patriarchen in Kanaan nach dem Tode seines Vaters (V. 4), welcher dieselbe dem A. T. zufolge (Gen. 11, 25. 32. 12, 4 f.) um 60 Jahre überlebt hat. Alsdann berichtet er, dass Abraham in Sichem ein Grab von Hemors Söhnen gekauft habe (V. 16), während er vielmehr ein solches in Hebron und zwar von Hemor selbst erwarb (Gen. 23, 2 ff. 49, 30), den Söhnen dieses letzteren dagegen Jakob ein bei Sichem gelegenes Stück Feld abkaufte (ebd. 33, 18 f.). Endlich gilt ihm der ebengenannte Ort als Begräbnisstätte Jakobs und aller seiner Söhne (a. a. O.), während ersterer in der Höhle Machpela bei Hebron ruhte (Gen. 49, 29 ff. 50, 13) und für keinen seiner Angehörigen ausser Joseph eine Bestattung in Sichem bezeugt ist (Jos. 24, 32). Es verdient Beachtung, dass alle diese Verstösse gegen alttestamentliche Angaben einem einzigen Abschnitte, nämlich der Rede des Stephanus (AG. 7, 2-53), entnommen sind. Wenn uns dieselben keinen Zweifel darüber lassen, dass Lucas diese Rede, die eine für einen Heidenchristen nicht gewöhnliche Vertrautheit mit der Geschichte Israels bekundet, lediglich auf Grund seiner Erinnerungen an früher Gelesenes ausgearbeitet und sie auch vor Veröffentlichung seines Buches nicht einer nochmaligen Vergleichung mit dem A. T. unterzogen hat, so wird dieser Umstand einerseits zwar in uns eine günstige Meinung von der Stärke seines Gedächtnisses erwecken, die ihn befähigte, sich eine solche Menge von Einzeltatsachen einzuprägen und im Anschluss an die Ausdrucksweise seiner Quellen wiederzugeben, andererseits uns aber auch beweisen, dass ihm dasselbe nicht immer treu geblieben ist, und uns überdies die Annahme nahelegen, dass er, wenn er seine Geschichtsstoffe solchen Urkunden verdankte, die im Range dem A. T. nicht gleich standen, noch weit weniger auf Vermeidung von Abweichungen bedacht gewesen sein werde. Diese Annahme wird zur Notwendigkeit, wenn ein Schriftsteller sogar gegen die Uebereinstimmung mit sich selbst solche Gleichgiltigkeit zeigt, dass er seinen früheren Aussagen durch spätere widerspricht, wie dies der Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte gar nicht selten tut. So sehen wir den Täufer Johannes in jenem (3, 15 f.) schon zu Anfang, in dieser (13, 25) erst am Ende seiner Wirksamkeit gegen die Meinung des Volkes, dass er der Messias sei, Widerspruch erheben. Im Evangelium legt Lucas zwischen Jesu Taufe (3, 21 f.) und seine erste Begegnung mit Petrus (4, 38 ff.) einen vierzigtägigen Aufenthalt in der Wüste (V. 1) und eine mindestens mehrwöchentliche Lehrtätigkeit in Galiläa (V. 14 f. 31 f.) und lässt ihm die nächst Petrus am frühesten berufenen Jünger Jakobus und Johannes noch etwas später persönlich nahetreten (5, 1-11), während nach der Apostelgeschichte der Verkehr Jesu mit seinen Jüngern bis auf die Zeit der Taufe zurückreicht (1, 21 f.). Das Evangelium erzählt im Einklang mit der älteren Ueberlieferung, dass ein heimlicher Anhänger Jesu, Joseph von Arimathäa, seinen Leichnam vom Kreuz abnahm und in ein Grab legte (23, 50 ff.), in der Apostelgeschichte dagegen wird das Gleiche von den Anstiftern seines Todes ausgesagt (13, 29). Nach ersterer Schrift fallen Auferstehung und Himmelfahrt auf denselben Tag (s. Meyer zu Lc. 24, 50), während letztere diese beiden Ereignisse durch einen Zeitraum von vierzig Tagen trennt (AG. 1, 1 ff.). Angesichts dieses Beispieles liegt nun allerdings die Entgegnung nahe, dass Lucas irrtümliche Angaben seines früheren Geschichtswerkes, die er erst nach Veröffentlichung desselben auf Grund genauerer Nachforschungen als solche erkannte, stillschweigend berichtigt habe. Indessen wird durch diesen Einwand unsere obige Behauptung um so weniger hinfällig, als sich leicht zeigen lässt, dass Lucas auch innerhalb einer und derselben Schrift derartigen Widersprüchen nicht aus dem Wege geht. Zu dieser Beobachtung liefert die Apostelgeschichte zahlreiche Belege. Nachdem sie zuerst berichtet, dass es in der jerusalemischen Gemeinde keine Armen gab, weil alle im Besitze von Häusern und Grundstücken befindlichen Gemeindeglieder solche verkauften und der Erlös zum allgemeinen Besten verwandt wurde (4, 34 f.), erfahren wir später, dass dennoch ebendaselbst sich eine tägliche Versorgung der Armen notwendig machte (6, 1) und dass Maria, die Mutter des Marcus, Eigentümerin eines Hauses geblieben war (12, 12). Der Bekehrung des Paulus hat die genannte Schrift bekanntlich drei Berichte gewidmet, die mehrfach von einander abweichen. Während nach dem ersten Paulus, von dem ihn umblitzenden himmlischen Lichte geblendet, zu Boden stürzt, seine Begleiter dagegen stehen bleiben (9, 4. 7), fallen nach dem dritten alle ausnahmslos zur Erde (26, 14). Jenem zufolge umstrahlt der plötzliche Lichtglanz nur den Paulus, dessen Gefährten von demselben nichts wahrnehmen und bloss die zu ihm redende Stimme hören (9, 3. 7), nach dem zweiten Berichte hören sie dieselbe nicht, sehen aber das Licht (22, 9), welches nach der ausdrücklichen Angabe des dritten auch sie umleuchtet (26, 13). Die Worte Jesu werden in allen drei Berichten verschieden wiedergegeben und zwar im ersten (9, 4-6) und zweiten (22, 8. 10) weit kürzer als im dritten (26, 14-18), welcher jedoch seine grössere Ausführlichkeit in diesem Punkte vornehmlich den augenfälligen Entlehnungen aus Redestücken verdankt, die in jenen beiden an anderer Stelle vorkommen (vgl. 26, 16-18 mit 9, 15. 22, 14 f. 21 und s. Zeller, die Apostelgeschichte S. 192).[48] Endlich gibt nach der einen Darstellung Paulus sofort der ihm aufgegangenen Ueberzeugung von der Wahrheit des Evangeliums in Predigten und Streitreden mit den Hellenisten zu Jerusalem entschiedenen Ausdruck und reizt diese dadurch zu einem Mordanschlage, der ihn zur Flucht nötigt (9, 28 ff.), nach der andern dagegen empfängt er in unmittelbarem Anschluss an seine Rückkehr nach Jerusalem, ohne dass ein öffentliches Auftreten daselbst erwähnt wird, von Jesus mittelst einer Offenbarung im Tempel die Weisung, diese Stadt, weil sie sein Zeugnis nicht annehmen werde, schleunigst zu verlassen, um in der Heidenwelt zu wirken (22, 17 f. 21). Gelegenheit zu ähnlichen Wahrnehmungen wird uns durch die Erzählung von dem Hauptmanne Cornelius geboten, in welcher die von einem Engel an diesen ergehende Aufforderung zur Herbeirufung des Petrus in drei von einander abweichenden Fassungen erscheint (10, 3-6. 31 f. 11, 13 f.) und nach der einen Angabe die Geistesmitteilung an die in Cornelius’ Hause versammelten Heiden erst gegen Ende von Petrus’ Rede, zufolge der andern schon nach Beginn derselben stattfindet (vgl. 10, 44: Ἔτι δὲ λαλοῦντος τοῦ Πέτρου τὰ ῥήματα ταῦτα mit 11, 15: ἐν δὲ τῷ ἄρξασϑαί με λαλεῖν). Nachdem die Apostelgeschichte mitgeteilt, dass Paulus nach seiner Ankunft in Jerusalem nur auf dringendes Zureden des Jakobus und seiner Gesinnungsgenossen sich zu einem Nasiräeropfer verstand (21, 23 ff.), legt sie ihm später eine Erklärung in den Mund, welche die Absicht, daselbst Opfer darzubringen, als einen der Hauptbeweggründe für seine letzte Reise nach der jüdischen Hauptstadt erscheinen lässt (24, 17). Wenn ferner die Apostelgeschichte über Paulus’ Gefangennahme in Jerusalem berichtet, dass der römische Tribun ihn aus den Händen einer wütenden Volksmenge befreit, aber zugleich, da er ihn für einen Verbrecher hält, seine Fesselung verfügt (21, 31 ff.) und erst nachträglich durch den Apostel selbst erfährt, dass er es mit einem Römer zu tun hat (22, 23 ff.), so steht dieser Hergang in Widerspruch nicht nur mit der späteren brieflichen Aussage jenes Beamten, dass ihn die Kenntnis von Paulus’ römischem Bürgerrecht bestimmt habe, denselben gegen seine Feinde in Schutz zu nehmen (23, 17), sondern auch mit des Apostels eigener Erklärung, laut welcher er als Gefangener von Jerusalem aus in die Hände der Römer überliefert worden ist (28, 17). Wenn Paulus bei letzterem Anlasse behauptet, zu seiner Berufung an den Kaiser durch den Einspruch der Juden gegen seine von der römischen Obrigkeit beschlossene Freigebung gezwungen worden zu sein (V. 18 f.), so streitet dies wieder mit der früheren Darstellung unseres Buches, nach welcher er vielmehr durch Festus’ Vorschlag, ihn in Jerusalem abzuurteilen, zu seiner Appellation bestimmt wurde (25, 9 ff.). Schwerlich wird jemand sich zu dem Glauben zwingen können, dass dem Verfasser der Apostelgeschichte diese Abweichungen zwischen seinen früheren und späteren Aussagen samt und sonders verborgen geblieben sind, zumal da sich einzelne derselben, wie die in der Erzählung von Cornelius zu Tage tretenden, innerhalb eines einzigen, nicht allzu umfänglichen Abschnittes finden. Jedenfalls beweisen sie soviel, dass bei ihm das Interesse an der treuen Wiedergabe geschichtlicher Tatsachen von dem Streben nach Abwechselung und Mannichfaltigkeit der Darstellung weit überwogen wurde und er es nicht für notwendig erachtete, einen seiner eigenen Feder entstammten Bericht über eine Begebenheit, wenn er im Verlaufe seiner Erzählung auf dieselbe zurückkam, zum Zwecke der Vermeidung von Selbstwidersprüchen nochmals nachzulesen.[49]
Nach diesen hauptsächlich durch Schürer veranlassten Ausführungen erübrigt uns noch die Prüfung der von Nösgen gegen die Annahme einer Benutzung des Josephus durch Lucas erhobenen Einwände, soweit dieselben nicht schon durch das Bisherige für erledigt gelten dürfen. Auf den ersten derselben erwidern wir Folgendes. Es ist nicht nur recht wohl denkbar, sondern sogar sehr wahrscheinlich, dass Lucas einen Teil von Josephus’ Werken genau studirt, einen andern aber nur flüchtig gelesen hat. Mit seinen christlichen Zeitgenossen erblickte er in der Zerstörung Jerusalems ein Gottesgericht über das ungläubige jüdische Volk und welche Bedeutung gerade er diesem gewaltigen Ereignisse beilegt, erhellt am besten daraus, dass er sich eingehender als irgend ein anderer Evangelist mit den Endschicksalen der heiligen Stadt und ihrer Bewohner beschäftigt (19, 41-44. 21, 5-24. 23, 28-31). Daher musste eine ausführliche, lebendige und farbenreiche Schilderung des Verzweiflungskampfes der Juden, zumal wenn sie von der Hand eines Augenzeugen herrührte, auf ihn den tiefsten und nachhaltigsten Eindruck ausüben und eine solche bot ihm Josephus in seinem berühmtesten Werke. Was war natürlicher, als dass er dasselbe von Anfang bis Ende mit gespanntester Aufmerksamkeit las und auch später noch mit Vorliebe zu ihm zurückkehrte? Dagegen wird niemand glaublich finden, dass er der ersten, grösseren Hälfte der “Altertümer” (B. I-XI) ein ebenso reges und nachhaltiges Interesse gewidmet habe. Der hier verarbeitete Geschichtsstoff vermochte einen mit dem A. T. vertrauten Leser nicht durch den Reiz der Neuheit anzulocken und wie hätte auch ein solcher einer abgeleiteten Darstellung grossen Wert beilegen sollen, da er aus den Quellen schöpfen konnte, d. h. in diesem Fall, aus heiligen, unter der unmittelbaren Einwirkung des göttlichen Geistes entstandenen Schriften, an die kein noch so ausgezeichnetes menschliches Geschichtswerk heranreichte? Durfte man es ihm verargen, wenn er sich an einer einmaligen Durchlesung der elf ersten Bücher der “Altertümer” genügen liess und nur solche Abschnitte, welche nicht lediglich den Inhalt des A. T.s in Umschreibungen bieten oder ihm irgendwie bei seiner eigenen schriftstellerischen Tätigkeit als Vorbild dienen konnten, einer genaueren Betrachtung würdigte?
Wir haben bereits früher hervorgehoben, dass Lucas sich eines guten Gedächtnisses erfreute, vermöge dessen ihm das A. T. dergestalt zu einem geistigen Besitze geworden war, dass er aus dem Kopf einen die Haupttatsachen umfassenden Abriss der Geschichte des jüdischen Volkes zu entwerfen vermochte (AG. 7, 2-47, vgl. 13, 17-22). Dasselbe bewährt sich auch bei mehreren umfänglichen Anführungen aus dem A. T., welche den Text der Siebzig bis auf unwesentliche Abweichungen genau wiedergeben, indem sie zugleich dadurch, dass die Uebereinstimmung sich nicht auf jedes einzelne Wort erstreckt, gegen den Verdacht, abgeschrieben zu sein, geschützt sind.[50] Zu ihnen gesellt sich eine nicht geringe Anzahl Stellen, welche, ohne für förmliche Citate gelten zu können, doch in Gedankengehalt und Ausdrucksweise sofort an alttestamentliche Vorbilder erinnern.[51] Endlich zeigt sich Lucas auf jeder Seite seiner Schriften als gründlichen Kenner der Siebzig durch ausgiebige Verwertung ihres Sprachschatzes und der ihnen geläufigen Redewendungen, worauf wir im weiteren Verlauf unserer Untersuchung ausführlicher zurückkommen werden. Ein sich ausschliesslich dem Eindrucke derartiger Beobachtungen hingebender Leser wird unbedenklich dem Urteile Nösgens beizustimmen geneigt sein, dass Lucas “die prophetische Geschichtschreibung des A. T.s, wenn auch nur durch Vermittelung der Siebzig, sorgsam studirt hatte”.[52] Wie vertragen sich aber mit dieser Behauptung seine zahlreichen von uns bereits wahrgenommenen Verstösse gegen alttestamentliche Angaben? Wie verträgt sich mit derselben die Annahme von zwei gleichzeitigen Hohenpriestern (s. zu Lc. 3, 2), gegen die eine lange Reihe von Stellen des A. T.s Einspruch erhebt (Lev. 16, 32. 21, 10 ff. Num. 35, 25. 1 Kön. 2, 35. 2 Kön. 25, 18. 2 Chron. 19, 11). Wenn man vollends berücksichtigt, dass dieser Irrtum das wichtigste und am häufigsten erwähnte Amt der jüdischen Theokratie betrifft und die früher nachgewiesenen Gedächtnisfehler sich innerhalb eines einzigen Redestückes finden, so kann man sich leicht versucht fühlen, Holtzmanns Urteil über Lucas’ Verhältnis zu Josephus auch auf unsern Fall anzuwenden und demgemäss zu sagen: “Als Lucas zur Abfassung seiner Werke schritt, lag die Lectüre der Siebzig bereits hinter ihm und sehr tiefdringend und genau konnte sie überhaupt niemals gewesen sein. Er hatte eben im griechischen Alten Testamente sich umgesehen, weiter nichts.” Wer aber gewohnt ist, anscheinend unvereinbare Seiten einer schriftstellerischen Individualität auf sich einwirken zu lassen und erst nach unbefangener, reiflichster Erwägung des Für und Wider seine Entscheidung zu treffen, der wird vielmehr zu dem Ergebnisse gelangen: Lucas hat allerdings das A. T. nicht bloss flüchtig durchblättert, sondern wirklich studirt und sich mit dem wesentlichen Inhalte desselben vertraut gemacht, indessen schliesst dies keineswegs aus, dass ihm nicht selten bei Wiedergebe des früher Gelesenen sein gutes Gedächtnis untreu und dadurch Veranlassung zu Irrtümern geworden ist, die er bei nachträglicher Vergleichung seiner Niederschrift mit seinen Quellen jedenfalls selbst bemerkt und berichtigt haben würde.
Ein lehrreiches Beispiel dafür, wie gut sich bei unserm Schriftsteller Gleichgiltigkeit gegen Abweichungen von seinen Vorlagen und buchstäbliche Gebundenheit an dieselben mit einander vertragen, liegt uns in dem kleinen, der mehrerwähnten Rede angehörigen Stück AG. 7, 23-29 vor, welches auf Grund von Ex. 2, 11-15 den von Moses an einem Aegypter verübten Totschlag und seine Flucht nach Midian erzählt. Hier geht Lucas zunächst in zweifacher Hinsicht über seine Quelle hinaus, indem er die unbestimmte Zeitangabe derselben (ἐγένετο ἐν ταῖς ἡμέραις ταῖς πολλαῖς ἐκείναις) durch eine ganz bestimmte (ὡς δὲ ἐπληροῦτο αὐτῷ τεσσερακονταέτης χρόνος) ersetzt und dem Moses eine von jener mit keinem Wort angedeutete Erwartung von der Wirkung seines Auftretens zuschreibt (ἐνόμιζεν—συνῆκαν). Dagegen unterdrückt er die Aussagen, dass Moses vor Vollbringung seiner Tat sich durch vorsichtiges Umherschauen von der Abwesenheit unwillkommener Zeugen vergewissert und nach derselben den Erschlagenen im Sande verscharrt habe. Ferner lässt er im Widerspruche mit seiner Quelle Moses’ vorwurfsvolle Frage, die er in völlig veränderter Fassung mitteilt, nicht an einen der hadernden Israeliten, sondern an beide gerichtet sein und schickt ihr die Worte: ἄνδρες, ἀδελφοί ἐστε voraus. Nach alledem muss es uns höchlich überraschen, ihn die weit umfänglichere Entgegnung des Angeredeten in buchstäblicher Uebereinstimmung mit den Siebzig wiedergeben zu sehen. Somit begegnet uns hier neben einer ziemlich flüchtigen Behandlung der Hauptsachen eine sich bis auf wortgetreue Aneignung des sprachlichen Ausdruckes der Quelle erstreckende Genauigkeit im minder Wesentlichen. Derartige Beobachtungen nötigen mindestens zur Anerkennung der Möglichkeit, dass anscheinend unvereinbare Gegensätze, wie wir sie in Lucas’ schriftstellerischem Verhältnisse zu den Siebzig wahrgenommen haben, sich auch in seinem Verhältnisse zu Josephus zusammenfinden konnten, und verbieten uns damit, dem ersten Einwande Nösgens sonderliches Gewicht beizulegen.
Noch weit geringeren Anspruch auf Berücksichtigung darf Nösgens zweiter Einwand erheben, für den es schon kein günstiges Vorurteil erweckt, dass sich vor dem Eintritt in eine Erörterung über denselben die Berichtigung eines starken lapsus calami nötig macht. Wie kann Josephus die Schrift gegen Apion im Jahre 79 vollendet haben, wenn er doch in derselben (I, 1. 10) seine ἀϱχαιολογία, deren Abfassung nach seiner eignen Aussage (A. XX, 12, 1) in das dreizehnte Regierungsjahr Domitians (93-94 n. Chr.) fällt, als ein den Lesern schon seit geraumer Zeit zugängliches Buch erwähnt? Vielmehr spricht Josephus an der von Nösgen angeführten Stelle (Ap. I, 9) von dem “Jüdischen Krieg” und sagt überdies kein Wort davon, dass er dieses sein erstes Werk in dem genannten Jahre vollendet, sondern bloss, dass er es dem Vespasian und Titus überreicht habe[53], eine Angabe, welche lediglich beweist, dass er es spätestens im Todesjahre Vespasians, der am 23. Juni 79 starb, abgeschlossen hat, und daher keineswegs die Annahme verbietet, dass die Ueberreichung und also auch der Abschluss desselben schon in früherer Zeit erfolgt ist.[54] Somit steht die Möglichkeit einer Benutzung des “Jüdischen Krieges” mindestens für die AG., wenn man diese mit den in Nösgens Augen “besonnenen” Kritikern um das Jahr 80 verfasst sein lässt[55], sicherlich ausser Frage. Die Mahnung, die derselbe bei dieser Gelegenheit den Freunden dieser Annahme erteilt, muss als höchst überflüssig gelten, da von ihnen noch niemand daran gedacht hat, “dem Verfasser der AG. eine Kenntnis der Arbeit des Josephus zuzumuten”, sondern alle Vertreter dieser Ansicht und sogar einer ihrer Bestreiter (Schürer) unter denjenigen Theologen zu finden sind, welche das genannte Buch dem angehenden zweiten Jahrhundert zuweisen. Wenn es einmal den Gegnern dieser Annahme gelungen sein wird, die gewichtigen Gründe, auf denen sie beruht, samt und sonders zu entkräften und ihre eigene Meinung durch einen leidlich widerstandsfähigen Unterbau zu stützen, werden wir ihnen die Unmöglichkeit einer Benutzung des Josephus durch Lucas ohne Weiteres einräumen. Bis dahin aber wird Nösgen, in dessen Commentar man eine Lösung der angedeuteten Aufgabe ebenso vergeblich wie bei andern ihm gesinnungsverwandten Theologen sucht, uns schon erlauben müssen, nach dem Vorgang “unbesonnener” Kritiker wie Baur, Schwegler, Zeller, Overbeck, Keim, Hausrath, Pfleiderer die Entstehung der Apostelgeschichte in eine Zeit zu setzen, wo Josephus’ schriftstellerische Tätigkeit mit der Herausgabe seiner bald nach Ablauf des ersten Jahrhunderts aufgezeichneten Lebenserinnerungen bereits ihren Abschluss gefunden hatte.
Der letzte Einwand des genannten Theologen fusst auf der von ihm wiederholt mit grossem Nachdrucke geltend gemachten Annahme, “dass das dritte Evangelium aus der mündlichen Ueberlieferung der ersten Augenzeugen, vornehmlich etlicher Apostel hervorgegangen” sei.[56] Da er nun die Apostelgeschichte durch die Ankündigung derselben als δεύτερος λόγος in ein näheres Verwandtschaftsverhältnis zu jener früheren Arbeit rücke und durch keine Bemerkung einen Wechsel seiner dort bekundeten Grundsätze irgendwie andeute[57], so müssen nach Nösgen wir ebenso wie die ersten Leser die Giltigkeit derselben auch für diese zweite Arbeit annehmen, für die Lucas somit gleichfalls nur die Berichte von Augenzeugen benutzt habe.[58] Indessen räumt Nösgen selbst ein, dass jene Ankündigung die Apostelgeschichte “keineswegs geradezu als den zweiten Teil des Evangeliums hinstellt” und erstere “vielleicht bei der Abfassung des letzteren noch nicht einmal beabsichtigt war”. Unter diesen Umständen will es wenig genug besagen, dass Lucas keinen Wechsel seiner schriftstellerischen Grundsätze andeutet, da wir vielmehr eine ausdrückliche Wiederholung seiner im Vorworte des Evangeliums abgegebenen Erklärungen verlangen müssten, wenn dieselben ohne Weiteres “auch für diese zweite Schrift massgebend sein” sollten, welche ein selbständiges, von jener ersten in mehr als einer Hinsicht verschiedenes Ganze bildet. Daher bliebe immer die Möglichkeit, dass Lucas die Werke des Josephus, wenn auch nicht für das Evangelium, so doch für die Apostelgeschichte benutzt habe, in der man ja auch bis jetzt viel zahlreichere Berührungen mit dem jüdischen Geschichtschreiber als in jenem entdeckt hat. Indessen lässt sich leicht zeigen, dass in den von Nösgen angerufenen Erklärungen keineswegs das liegt, was er aus ihnen herausliest. Die von ihm aus denselben gezogene Schlussfolgerung lautet, möglichst mit seinen eignen Worten wiedergegeben: “Der Evangelist schreibt den (durch πολλοί bezeichneten) christlichen Schriftstellern ein alleiniges Halten in ihren Berichten an solche zu, die beides Augenzeugen und Diener des Wortes geworden[59]”: nun aber “stellt er sein eigenes Unternehmen mit diesen in eine Reihe”[60]: folglich “schliesst er andere Quellen als Berichte von Augenzeugen von der Benutzung bei seiner Arbeit völlig aus”.[61] Ob dieser Schluss zwingend ist oder nicht, wird sich uns bei genauerer Betrachtung der Aussagen des Evangelisten ergeben.
Wenn nach diesen die früheren Bearbeiter der evangelischen Ueberlieferung geschrieben haben, καθὼς παρέδοσαν ἡμῖν οἱ ἀπ’ ἀρχῆς αὐτόπται καὶ ὑπηρέται γενόμενοι τοῦ λόγου, so behauptet Nösgen, dass “der Evangelist die von seinen Vorgängern befragten Träger der Paradosis” hier in zweierlei Hinsicht näher bezeichne: einmal nach der Stellung, welche sie von vorn herein einnahmen (αὐτόπται), und sodann nach dem, wozu sie im Verlaufe der Geschichte geworden (ὑπηρέται τ. λ.). Hiergegen bemerken wir, dass Lucas, wenn er wirklich hätte sagen wollen, dass seine Vorgänger nur bei einer Klasse von Gewährsmännern ihre Erkundigungen einzogen, jedenfalls den Zusatz κ. ὑπ. κτλ. weggelassen haben würde, weil derselbe in diesem Falle nicht nur überflüssig, sondern geradezu irreführend gewesen wäre. Ueberflüssig, denn der einzigartige Wert jener Paradosis beruhte ausschliesslich auf der Augenzeugenschaft ihrer Träger und konnte durch das, was dieselben später wurden, keine Steigerung erfahren. Irreführend, weil es schon zur Zeit jener Vorgänger eine grosse Anzahl solcher gab, welche, ohne αὐτόπται zu sein, ὑπηρέται τ. λ. waren und die von Lucas gewählte doppelte Bezeichnung den Schein erwecken musste, als ob er der ersten Klasse, d. h. den unmittelbaren Jüngern Jesu, eine zweite anreihe, welche die persönliche Bekanntschaft mit ihm und folglich auch die αὐτοψία der von ihnen überlieferten Tatsachen abging. Dagegen haftet an jener Aussage nicht die geringste Schwierigkeit bei der sich einem unbefangenen Leser ohne Weiteres aufdrängenden Annahme, dass Lucas zwei Klassen von Gewährsmännern unterscheide. Alsdann tritt dem Apostelkreis eine weitere Gruppe an die Seite, bestehend aus Männern, welche, ohne mit dem Stifter des Christentums von Anfang an oder überhaupt je in Berührung gekommen zu sein, sich durch ihren Beruf auf Erwerbung einer möglichst genauen Kenntnis der Haupttatsachen des Lebens Jesu hingewiesen sahen. Als solch ὑπηϱέται τοῦ λόγου dürfen wir in Lucas’ Sinne beispielsweise den von ihm des Aposteltitels gewürdigten Barnabas (AG. 14, 14) und die mit dem Prophetennamen beehrten Glieder der jerusalemischen Gemeinde Agabus (11, 28. 21, 10), Judas Barsabbas und Silas (15, 32) betrachten. Sollte das Zeugnis solcher mit den Uraposteln eng verbundener und bei allen Christen hoch angesehener Männer[62] und anderer ihnen geistesverwandter von irgend einem Forscher auf dem Gebiet evangelischer Geschichte bloss aus dem Grunde verschmäht worden sein, weil sie keinen Anspruch auf αὐτοψία erheben durften? Kann man sich nicht mit einer so höchst unwahrscheinlichen Annahme befreunden, so bleibt nichts übrig, als die Verschiedenheit der αὐτόπται und ὑπηρέται τ. λ. anzuerkennen und damit einzuräumen, dass die von Lucas erwähnten Vorgänger sich nicht ausschliesslich auf die Verarbeitung des ihnen von unmittelbaren Jüngern Jesu dargebotenen Geschichtstoffes beschränkt haben. Nur beiläufig sei noch bemerkt, dass eine so scharfe Sichtung der Quellen, wie sie Nösgen jenen ältesten christlichen Historikern zutraut, ganz und gar nicht dem Geist einer so wenig kritischen Zeit entspricht und einem späteren Benutzer ihrer Schriften wie Lucas auch schwerlich die Mittel zu Gebote standen, von jedem einzelnen derselben festzustellen, ob er sich mit Ablehnung aller anderweitigen Nachrichten lediglich von Gewährsmännern, die αὐτόπται καὶ ὑπρηϱέται τοῦ λόγον in einer Person waren, Rats erholt hatte.
Nicht minder anfechtbar als der Obersatz ist auch der Untersatz der Nösgenschen Schlussfolgerung. Wenn Lucas sagen wollte, dass sein Verfahren bei Sammlung und Verarbeitung des geschichtlichen Stoffes ganz durch das Beispiel seiner Vorgänger bestimmt worden sei, so würde die zweite Hälfte der sein Evangelium eröffnenden Periode etwa lauten: “so entschloss auch ich mich zur Abfassung einer derartigen Schrift, nachdem ich gleichfalls meine Nachrichten bei Augenzeugen und nachherigen Dienern des Wortes eingezogen hatte.” Wollte man uns einwenden, dass der von uns für den untergeordneten Satz geforderte Gedanke in den Worten παϱηκολουϑηκότι ἄνωϑεν πᾶσιν ἀκϱιβῶς liege und diese von V. 2 abweichende Ausdrucksweise lediglich auf Lucas’ Streben nach stilistischer Abwechselung zurückzuführen sei, so müssten wir eine solche Behauptung als durchaus verfehlt bezeichnen. Παρακολουυεῖν τοῖς πράγμασιν heisst “dem Gange der Ereignisse folgen”[63], ob aber diese Formel in eigentlicher oder uneigentlicher Bedeutung zu fassen sei, lehrt einzig der Zusammenhang. Die erstere, in der das Wort παρακολουθεῖν bei Josephus von Augenzeugen geschichtlicher Begebenheiten gebraucht wird[64], ist an unserer Stelle dadurch ausgeschlossen, dass Lucas, indem er sich den von den αὐτόπταις verschiedenen ἡμῖν beizählt, ausdrücklich für seine Person die Augenzeugenschaft ablehnt. Somit will er dieses Wort in übertragenem Sinne verstanden wissen, in dem es die Tätigkeit des Forschers bezeichnet, der mit dem Auge des Geistes den Tatsachen Schritt für Schritt nachgeht.[65] Dass er solches getan, konnte Lucas mit gutem Gewissen von sich behaupten, auch wenn er seine Kenntnis der evangelischen Geschichte lediglich den sie behandelnden Schriften anderer verdankte, ohne jemals mit einem unmittelbaren Jünger Jesu in Berührung gekommen zu sein.
Wird denn aber nicht durch κἀμοί die vollständige Gleichartigkeit seines Verfahrens mit demjenigen seiner Vorgänger ausser Frage gestellt? Erstlich ist es mindestens sehr zweifelhaft, ob sich καί auch auf die folgenden Worte und nicht bloss auf das unmittelbar vorhergehende ἔδοξε bezieht. (“Wie viele andere bereits den Versuch unternommen haben, so beschloss auch ich, ein Evangelium zu schreiben.”) Allein, selbst jenes einmal zugegeben, so durfte Lucas jenes καί schon dann setzen, wenn er die Aehnlichkeit zwischen seinen Vorgängern und sich lediglich darin sah, dass er so gut wie sie auf Erlangung möglichst genauer Nachrichten bedacht gewesen sei. (“Dieselbe Genauigkeit, die sie bei Befragung von Augenzeugen und Dienern des Wortes bewiesen, habe ich bei Benutzung schriftlicher Quellen betätigt.”[66]) Endlich könnte Lucas (eine Annahme, welche durch die Sinnesverwandtschaft der Ausdrücke ἀπ’ ἀϱχῆς und ἄνωθεν begünstigt wird) als das ihm mit den πολλοῖς Gemeinsame dies hervorheben wollen, dass er ebenso wie jene schon die Anfänge der evangelischen Geschichte in den Bereich seiner Forschung und Darstellung gezogen habe, anstatt wie andere (z. B. Marcus) seine Schrift mit der öffentlichen Wirksamkeit Jesu zu beginnen.[67] Aus diesen verschiedenen Möglichkeiten erhellt zur Genüge, wie wenig die Berufung auf jenes καί geeignet ist, der Behauptung zur Stütze zu dienen, dass “Lucas andere Quellen als die Berichte von Augenzeugen von der Benutzung bei seiner Arbeit völlig ausschliesse”.
Lässt sich aber für diesen Zweck nicht vielleicht das doppelte ἡμῖν des Vorwortes (V. 1 f.) verwerten? Aus der Angabe παρέδοσαν ἡμῖν οἱ αὐτόπται folgert Nösgen, dass “die Zeitgenossen des Evangelisten wenigstens zum grösseren Teile selbst noch die evangelische Geschichte von Aposteln und andern Augenzeugen erzählt erhalten haben müssen und dieselbe nicht erst durch mehr oder weniger Mittelspersonen auf sie gekommen sein kann” (St. u. Kr. 1880, S. 59). Nach seiner Meinung tut die Vergleichung des ἡμῖν V. 2 mit dem ἐν ἡμῖν V. 1 “unwiderleglich” dar, dass der Evangelist “sich und die Christen seiner Zeit als die unmittelbaren Empfänger der von den αὐτόπταις κ. ὑπ. τ. λ. ausgegangenen Paradosis ansieht” (S. 66). Wenn wir nun auch mit Nösgen darin einverstanden sind, dass sich ἐν ἡμῖν nicht auf alle gleichzeitig Lebenden, sondern auf die Christengemeinde beziehe (St. u. Kr. 1876, S. 269), so bestreiten wir ihm doch durchaus die Befugnis, jenes ἡμεῖς auf die den αὐτόπταις κ. ὑπ. gleichzeitige Christengemeinde einzuschränken. So wie Lucas geschrieben hat, konnte er sich unbedenklich ausdrücken, auch wenn er durch mehrere Menschenalter von den frühesten Trägern der christlichen Ueberlieferung getrennt war, und es ist hierbei ohne Belang, welche Bedeutung man dem streitigen πεπληροφορημένων beilegt.[68] Von den Tatsachen der evangelischen Geschichte galt im zweiten Jahrhundert ebenso gut wie im ersten, dass sie unter den Christen “zur vollen Ueberzeugung gelangt” waren, und dass sie sich “unter uns zugetragen oder verwirklicht haben”, konnte ein damaliger christlicher Schriftsteller mit nicht minderem Rechte von ihnen sagen, indem er sich und die Christen seiner Zeit mit den Augenzeugen jener Tatsachen zu einer grossen von der Heidenwelt unterschiedenen Gesamtheit verbunden wusste. Wer dies leugnen wollte, den würden wir einfach auf das bekannte Zeugnis des Märtyrers Justin über den Apostel Johannes hinweisen: ἔπειτα καὶ παρ’ ἡμῖν ἀνήρ τις, ᾧ ὄνομα Ἰωάννης, εἷς τῶν ἀποστόλων τοῦ Χριστοῦ, ἐν ἀποκαλύψει γενομένῃ αὐτῷ χίλια ἔτη ποιήσειν ἐν Ἱερουσαλὴμ τὸυς τῷ ἡμετέρῳ Χριστῷ πιστεύσαντας προεφήτευσε (Dial. c. Tryph. c. 81). Insofern aber die von den Augenzeugen ausgegangene Paradosis sich von Geschlecht zu Geschlecht bis auf seine Tage fortgepflanzt hatte, konnte der nämliche Schriftsteller von jenen den Ausdruck brauchen: παρέδοσαν ἡμῖν. Wer dies bestreiten sollte, der möge sich von Lucas selbst eines Besseren belehren lassen, welcher den Anklägern des Stephanus die Worte in den Mund legt: ἀκηκόαμεν αὐτοῦ λέγοντος ὅτι Ἰησοῦς ὁ Ναζωραῖος οὗτος καταλύσει τὸν τόπον τοῦτον καὶ ἀλλάξει τὰ ἔϑη ἃ παρέδωκεν ἡμῖν Μωϋσῆς (AG. 6, 14). Wird nun angesichts dieser Stellen, von denen namentlich die zweite mit Lc. 1, 2 völlig gleichartig ist, Nösgen zu behaupten wagen, dass Justin noch mit dem Verfasser der Apokalypse Umgang gepflogen hat und dass “die Zeitgenossen des Stephanus mindestens zum grösseren Teile ihre Satzungen von Moses selbst erhalten haben und dieselben nicht erst durch mehr oder weniger Mittelspersonen auf sie gekommen sein können”? So lange er sich zu solchen Ungereimtheiten nicht zu entschliessen vermag, ist er auch nicht befugt, dem ἡμῖν des Vorwortes eine Einschränkung zu geben, die der Evangelist selbst mit keinem Wort andeutet.[69]
Die Unzulässigkeit der Annahme, dass Lucas in seinem Vorwort alle ihm nicht durch αὐτόπται κ. ὑπηρέται τ. λ. zugekommenen Berichte von der Benutzung bei seiner Arbeit ausschliesse, glauben wir im Bisherigen dargetan zu haben. Damit ist die Berechtigung der Meinung erweisen, dass zu seinen Quellen auch die Mitteilungen solcher Gewährsmänner, welche keine Augenzeugen gewesen waren, gehört haben können. Wir brauchen uns jedoch nicht mit dieser blossen Möglichkeit zu begnügen, sondern dürfen getrost einen Schritt weiter gehen zu der Behauptung, dass unter seinen Quellen solche der letzteren Art gewesen sein müssen. Darüber, wie er ἄνωθεν verstanden wissen will, belehrt er uns selbst durch die unmittelbar auf das Vorwort folgende Erzählung, aus der sich unzweideutig ergibt, dass ihm als Anfangspunkt, von dem er bei seinen Forschungen ausgegangen ist, die Verkündigung der Geburt des Täufers Johannes gilt. Aus seinen eigenen Aussagen entnehmen wir, dass der einzige menschliche Augenzeuge dieses wunderbaren Ereignisses Johannes’ Vater Zacharias war (1, 9 ff.) und dasselbe in eine Zeit fiel, welche hinter der Geburt Jesu um mehr als fünf Vierteljahre[70] (V. 24-26), hinter seiner Taufe durch Johannes um mehr als 31 Jahre zurückliegt (2, 21-23). Da nun Nösgen diese letztere in das Jahr 27 unserer Aera setzt[71], so ergibt sich das Jahr 5 vor derselben als spätester Zeitpunkt der Verkündigung, woraus weiter folgt, dass diese mindestens 70 Jahre vor Abfassung des Evangeliums stattfand, selbst wenn dieses, wie Nösgen annimmt[72], zwischen 65 und 70 nach Chr. geschrieben ist. Sollte es aber in solchem Falle dem Lucas, als er den Stoff für diese Schrift sammelte, noch möglich gewesen sein, Erkundigungen über jenes Ereignis bei einem Mann einzuziehen, der zur Zeit desselben schon im Greisenalter stand (1, 7)? Wenn man einerseits diese Frage zu verneinen gezwungen ist und andererseits sich auch nicht dazu entschliessen kann, sein Wissen von jener ausserordentlichen Begebenheit auf eine Offenbarung des dem Zacharias erschienenen Engels zurückzuführen, so bleibt nichts übrig, als mit Meyer (zu 1, 3) unumwunden einzuräumen, dass dem Evangelisten für den Anfang der von ihm erforschten und dargestellten Geschichte “die authentische Ueberlieferung abgehen musste”. Spricht aber auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Schriftsteller unmittelbar an die Versicherung, seine Kenntnis der von ihm berichteten Tatsachen lediglich den Augenzeugen derselben zu verdanken, eine Erzählung anschliessen werde, die jene Erklärung geradezu Lügen straft? Und bietet ein Schriftsteller, dem man sogleich an seinem ersten Berichte nachweisen kann, dass ihm derselbe nicht durch einen Augenzeugen zugekommen ist, irgend welche Bürgschaft dafür, dass der in den folgenden Abschnitten seines Werkes verarbeitete Geschichtsstoff ganz oder auch nur teilweise durch die Aussagen von Gewährsmännern gedeckt ist, welche den von ihm erzählten Begebenheiten nahegestanden haben?
Nach alledem wird schwerlich jemand die von uns in den Ausführungen Schürers vermisste Beweiskraft in den ihnen durch Nösgen zu teil gewordenen Ergänzungen zu finden vermögen. Indem wir hiermit von beiden Theologen vorläufig Abschied nehmen, wenden wir uns einer Frage zu, deren Erörterung uns für die Lösung unserer Hauptaufgabe beachtenswerte Fingerzeige zu geben verspricht. Wer die Möglichkeit einer Benutzung des Josephus durch Lucas einräumt und darüber, ob dieselbe Wirklichkeit geworden, sich durch sorgfältige Einzelforschung zu vergewissern im Begriffe steht, der darf die Frage, welches Verfahren in diesem Falle von Lucas zu erwarten sei, um so weniger von vorn herein für müssig und aussichtslos erklären, als zu ihrer Beantwortung in der schriftstellerischen Eigenart desselben ausreichende Anhaltspunkte gegeben sind. Unter den griechischen Schriftstellern der nachklassischen Zeit nimmt Lucas jedenfalls keine der niedrigsten Stufen ein. Die Gabe lebendiger, anschaulicher Schilderung wird ihm namentlich angesichts seines zweiten Werkes, welches gegenüber dem ersten einen erheblichen Fortschritt bezeichnet, wohl niemand abzusprechen wagen. Mit Aufbietung geringer Mittel weiss er nicht selten überraschende Wirkungen zu erzielen, wie dies besonders die rührenden, auf das Gefühl des Lesers berechneten Scenen beweisen, für die er eine unverkennbare Vorliebe an den Tag legt. Die zahlreichen, ausnahmslos seiner eigenen Feder entstammenden Reden der Apostelgeschichte sind ebenso viele Zeugnisse von seiner Fähigkeit, sich in den Gedankenkreis der von ihm dem Leser vorgeführten Personen zu versetzen und für ihn einen den jedesmaligen Verhältnissen und Zeitumständen entsprechenden Ausdruck zu finden. Als eine hervorstechende Eigentümlichkeit ist uns bereits früher bei ihm das Streben nach Abwechselung der Darstellung begegnet, aus welchem eine auffällige Gleichgiltigkeit gegen die Uebereinstimmung späterer Aussagen mit früheren hervorgeht, so dass er vor Selbstwidersprüchen nicht wie vor einer ängstlich zu vermeidenden Klippe zurückschreckt.
Mit einer solchen Geistesart erscheint sklavische Abhängigkeit von einem Vorgänger geradezu unverträglich. Vielmehr werden wir bei Lucas dasselbe Verfahren voraussetzen müssen, welches wir bei Schriftstellern, deren Leistungen über das Mittelmass hinausgehen, gewöhnlich da wahrnehmen, wo sich ihre Tätigkeit im Wesentlichen auf Umarbeitung eines schon von Früheren behandelten Stoffes beschränkt. Charakteristisch ist für solche die sich auf Schritt und Tritt bemerklich machende Scheu, zu blossen Abschreibern und Plagiatoren herabzusinken, und das angelegentliche Bemühen, bei aller Anlehnung an ihre Vorlage doch ihre Selbständigkeit, so weit nur immer möglich, zu wahren. Dies hat zur Folge, dass sie sich nicht selten willkürliche Abänderungen gestatten, hier einen nebensächlichen Zug streichen, dort einen andern hinzufügen, manches von dem Vorgänger nur Angedeutete weitläufig ausspinnen, dagegen breitere Ausführungen desselben kurz zusammenziehen. In nicht geringerem Grade wird durch dieses Bestreben die rein sprachliche Seite der Darstellung beeinflusst. Da der spätere Schriftsteller zur Beibehaltung gewisser Ausdrücke und Redewendungen des früheren gezwungen ist, weil sie in dem gegebenen Falle die einzig treffenden und sachgemässen sind, so benutzt er da, wo diese Nötigung nicht stattfindet, um so mehr die Gelegenheit zu Abweichungen von seiner Vorlage. So vertauscht er geläufige, von ihm selbst sonst häufig gebrauchte Wörter mit ungewöhnlichen Synonymen und ersetzt allgemein übliche Redensarten durch gesuchtere oder umgekehrt einen gewählten Ausdruck durch den sich zunächst darbietenden, alles wirksame Mittel, um dem Vorwurfe, dass er seine Quelle geradezu abgeschrieben habe, von vorn herein die Spitze abzubrechen.
Von den zahlreichen Beispielen, welche alte und neuere Literaturen für das Gesagte darbieten[73], wählen wir eins aus, welches schon deshalb auf Beachtung rechnen darf, weil es die eben besprochene Erscheinung an dem Verhältnisse des grössten römischen Geschichtschreibers zu einem seiner namhaftesten Vorgänger veranschaulicht. In der Biographie seines Schwiegervaters Agricola hat Tacitus augenscheinlich eine ihm von Sallust gebotene Vorlage benutzt. In der Beschreibung des von dem Genannten den aufständischen Britanniern gelieferten Treffens (Agr. c. 35-37) klingt deutlich die lebendige Schilderung der Schlacht bei Cirta (bell. Iug. c. 101) nach. Eine Vergleichung beider Berichte ergibt zunächst, dass hier wie dort der Gang der Ereignisse ein ganz ähnlicher ist, indem beidemale die Feinde dem römischen Heer in den Rücken zu fallen versuchen und, wenn schon ihnen dies nicht gelingt, ihm doch geraume Zeit hindurch den Sieg streitig machen, endlich aber trotz tapferer Gegenwehr eine vollständige Niederlage erleiden. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich auch eine bemerkenswerte Uebereinstimmung des sprachlichen Ausdruckes. Manche sowohl von Sallust wie von Tacitus gebrauchte Wörter (acies, arma, capere, equi, equites, fuga, fugere, hostis, ordo, pedites, puana, sanguis, sequi, tela) können für eine Abhängigkeit des letzteren von ersterem nichts beweisen, weil sie jedem lateinischen Schriftsteller, der ein Schlachtgemälde entwarf, nahe genug zur Hand lagen. Immerhin bleibt nach Abzug derselben noch eine ziemliche Anzahl anderer übrig, von denen dies nicht in gleichem Masse gilt (accurrere, acrius, adducere, clam, cohortari, eminus, interim, retentus, terga, vitabundus), und zu ihnen gesellt sich eine stattliche Reihe auffälliger Aehnlichkeiten, welche die ängstliche Scheu des Nachahmers vor völliger Gleichheit mit seinem Vorbilde deutlich bekunden (avertitur—aversam, incurrit—incursabant, in manus venerant—ad manus adducerent, jaculis emissis—missilia, pauci—paucitatem, paucioribus; paullo, paullum—paulatim, terrentur—terrorem, exterriti; turmatim—turmae). Sollte jedoch noch ein Zweifel über das Muster, nach welchem Tacitus gearbeitet hat, obwalten, so müsste er durch Gegenüberstellung folgender Sätze beseitigt werden:
Bell. Iug. c. 101: | Agricola c. 37: | |
Tum spectaculum horribile in campis patentibus: sequi, fugere, occidi, capi; . . . postremo omnia, qua visus erat, constrata telis, armis, cadaveribus, et inter ea humus infecta sanguine. | Tum vero patentibus locis grande et atrox spectaculum: sequi, vulnerare, capere, atque eosdem oblatis aliis trucidare . . . passim arma et corpora et laceri artus et cruenta humus. |
Bei Vergleichung beider Stellen fällt sofort in die Augen, wie eng sich Tacitus hier an seine Vorlage anschliesst, nicht minder aber auch, wie sorgfältig er auf Vermeidung wörtlicher Uebereinstimmung und auf möglichste Abwandlung des Ausdruckes Bedacht nimmt. So vertauscht er campis mit locis, occidere mit vulnerare, den Infinitiv des Passivs (capi) mit demjenigen des Activs (capere). Das vorgefundene horribile ersetzt er durch zwei Adjectiva grande et atrox, deren letzteres ihm durch das entsprechende Substantivum, das er bei Sallust wenige Zeilen vorher (§ 7) gelesen hatte, an die Hand gegeben war. Anstatt cadaveribus wählt er das umständlichere corpora et laceri artus, während er humus infecta sanguine unter dem Einflusse des von atrocitas nur durch fünf Wörter getrennten cruentaverat (§ 6) kürzer mit cruenta humus wiedergibt.
Es würde nicht schwer halten, den eben aufgezeigten Aehnlichkeiten beider Berichte eine Reihe sachlicher und sprachlicher Verschiedenheiten gegenüberzustellen, indessen können solche keineswegs zum Beweise der Unabhängigkeit des späteren von dem früheren dienen, da sie lediglich unsere obige Behauptung bestätigen, dass ein sich über die Linie der Mittelmässigkeit erhebender Schriftsteller auch bei weitgehender Benutzung eines Vorgängers seine Selbständigkeit nicht völlig aufgibt, sie vielmehr durch bewusste Abweichungen von demselben zur Geltung zu bringen und sich dadurch gegen den Vorwurf sklavischer Nachahmung zu schützen bemüht ist. Ein solches Verfahren glauben wir nach dem aus dem dritten Evangelium und der Apostelgeschichte gewonnenen Eindruck unbedenklich auch dem Verfasser dieser beiden Schriften zutrauen zu dürfen. Glücklicherweise sind wir in diesem Falle nicht auf die Ergebnisse blosser Wahrscheinlichkeitsrechnung angewiesen, da uns wenigstens bei einer derselben die Möglichkeit der Vergleichung mit einer ihrer Hauptquellen geboten ist. Da Lucas einen grossen Teil des in seinem frühesten Werke verarbeiteten Geschichtsstoffes unzweifelhaft aus der älteren evangelischen Ueberlieferung geschöpft hat, so sehen wir uns in Stand gesetzt, durch eine an dem Massstabe dieser letzteren unternommene Prüfung seines Verhaltens zu seinen Vorlagen uns darüber zu vergewissern, ob dasselbe wirklich den Erwartungen entspricht, welche die uns aus dem Evangelium und der Apostelgeschichte entgegentretende schriftstellerische Individualität in dieser Beziehung zu erwecken geeignet ist. Wo aber haben wir innerhalb des N. T.s die dem Lucas vorgängige evangelische Ueberlieferung zu suchen? Findet sie sich bei Matthäus und Marcus oder nur bei einem von beiden und alsdann bei welchem? Da eine jede der auf diese Fragen möglichen Antworten gegenwärtig ihre Vertreter zählt und wir uns hier weder in eine ausführliche Erörterung derselben einlassen noch von allen unsern Lesern verlangen können, dass sie unsere Ansicht über die zeitliche Aufeinanderfolge der Synoptiker teilen[74], so macht sich eine Umgrenzung jenes Begriffes notwendig, vermöge deren er auf allgemeine Zustimmung rechnen darf. Wir werden daher im Folgenden zur Vergleichung mit Lucas nur solche Parallelstellen heranziehen, deren Fassung bei Matthäus mit derjenigen des Marcus, wenn nicht wörtlich, doch im Wesentlichen zusammentrifft. Dass in diesen die ältere Ueberlieferung zum Ausdrucke kommt, könnte nur von einem Standpunkt aus bestritten werden, welchem beide letztgenannte Evangelisten für jünger als Lucas gelten, eine Annahme, die unseres Wissens bis jetzt noch keine Freunde gefunden hat und sie schwerlich auch in Zukunft finden dürfte.
Unter den sachlichen Abänderungen, welche die dem Lucas von Matthäus und Marcus gemeinschaftlich gebotenen Vorlagen unter seinen Händen erfahren haben, fallen namentlich Zusätze verschiedener Art sofort ins Auge. Bisweilen dienen dieselben dem Zwecke, die Aussagen seiner Quellen zu erläutern, dem Leser zum richtigen Verständnisse derselben zu verhelfen und Fragen, zu denen sie ihn veranlassen können, im Voraus zu beantworten. So, wenn er die mehrdeutige Angabe, dass der heilige Geist bei Jesu Taufe ὡς (ὡσεὶ) περιστεράν auf ihn herabgekommen sei, durch das vorausgeschickte σωματικῷ εἴδει gegen falsche Auffassung sichert (Lc. 3, 22 = Mc. 1, 10. Mt. 3, 16), wenn er ferner die Meinung mancher Zeitgenossen Jesu, dass dieser einer der alten Propheten sei, durch die ihnen in den Mund gelegte Voraussetzung ὅτι τις τῶν ἀρχαίων ἀνέστη begreiflich macht (Lc. 9, 19 = Mc. 8, 28. Mt. 16, 14), als Inhalt der Unterredung Jesu mit Moses und Elias die Mitteilungen der letzteren über den ihn zu Jerusalem erwartenden Lebensausgang angibt (Lc. 9, 30 = Mc. 9, 4. Mt. 17, 3), den “Sauerteig der Pharisäer” durch die Bemerkung: ἥτις ἐστὶν ὑπόκρισις erklärt (Lc. 12, 1 = Mc. 8, 14. Mt. 16, 5), aus der Engelgleichheit der Auferstandenen ihre Unsterblichkeit folgert und ihnen auf Grund der Auferstehung die Gotteskindschaft beilegt (Lc. 20, 36 = Mc. 12, 25. Mt. 22, 30), den Verrat des Judas Ischarioth damit begründet, dass Satanas in ihn gefahren sei (Lc. 22, 3 = Mc. 14, 10. Mt. 26, 14 f.), den Schlaf der Jünger in Gethsemane von ihrer Betrübnis (Lc. 22, 45 = Mc. 14, 37. Mt. 26, 40) und die bei Jesu Tode das ganze Land bedeckende Dunkelheit von einer Verfinsterung der Sonne ableitet (Lc. 23, 44 f. = Mc. 15, 33. Mt. 27, 45). Andere Zusätze entspringen aus seiner Vorliebe für ausmalende, den Hergang lebhaft veranschaulichende Darstellung. Die ihren Hunger mit Aehren stillenden Jünger zerreiben diese mit den Händen (Lc. 6, 1 = Mc. 2, 23. Mt. 12, 1), David nimmt nach seinem Eintritt in den Tempel die Schaubrote vom Tisch, um sie zu essen (Lc. 6, 4 = Mc. 2, 26. Mt. 12, 4), Jesus gibt den von ihm geheilten epileptischen Knaben seinem Vater wieder (Lc. 9, 42 = Mc. 9, 27. Mt. 17, 18) und wendet sich nach Petrus, der ihn verleugnet hat, mit einem vielsagenden Blick um (Lc. 22, 61 = Mc. 14, 72. Mt. 26, 75).[75] Besonders gefällt sich Lucas darin, seine Vorlage durch Schilderung des Eindruckes zu ergänzen, den Jesu Zeitgenossen, Freunde wie Feinde, von seinen Taten und Worten empfangen. Wunderbare Heilungen, welche er vollzieht, veranlassen die Geheilten und die versammelte Volksmenge zum Preise Gottes (Lc. 5, 25 = Mc. 2, 12. Mt. 9, 7.—Lc. 18, 43 = Mc. 10, 52. Mt. 10, 34) und rufen bei allen Zuschauern Erstaunen über seine Macht hervor (Lc. 9, 42 f. = Mc. 9, 27. Mt. 17, 18), während sie die Pharisäer und Schriftgelehrten mit Wut erfüllen (Lc. 6, 11 = Mc. 3, 6. Mt. 12, 14). Die Augenzeugen der Verklärung Jesu bewahren über dieselbe in der nächsten Folgezeit tiefes Stillschweigen (Lc. 9, 36 = Mc. 9, 8. Mt. 17, 8). Weitere Zusätze erklären sich aus Lucas’ Bestreben, da bestimmte Angaben zu bieten, wo sich seine Vorlagen mit unbestimmten begnügen. So ist der Sabbath, an dem die Jünger Aehren ausraufen, ein σάββατον δευτέροπρωτον (Lc. 6, 1 = Mc. 2, 23. Mt. 12, 1), die vertrocknete Hand, welche Jesus heilt, die rechte (Lc. 6, 6 = Mc. 3, 1. Mt. 12, 10), sowie dem Knechte des Hohenpriesters das rechte Ohr abgehauen wird (Lc. 22, 50 = Mc. 14, 47. Mt. 26, 51), der Ungenannte (εἷς), welcher Jesus nach den Bedingungen des ewigen Lebens fragt, ein ἄρχων (Lc. 18, 18 = Mc. 10, 17. Mt. 19, 16), die Jünger, die zur Vorbereitung des Passahmahles nach Jerusalem gesandt werden, sind Petrus und Johannes (Lc. 22, 7 f. = Mc. 14, 12 f. Mt. 26, 17 f.). Die kleine Entfernung (μικρόν), welche Jesus in Gethsemane zwischen sich und seinen Jüngern lässt, beträgt nach Lucas ungefähr einen Steinwurf (Lc. 22, 41 = Mc. 14, 35. Mt. 26, 39), die kurze Zeit, welche zwischen Petrus’ zweiter und dritter Verleugnung liegt (μετὰ μικρόν), etwa eine Stunde (Lc. 22, 59 = Mc. 14, 70. Mt. 26, 73). Durch das beigefügte πόλις τῶν Ἰουδαίων wird der heidenchristliche Leser darüber belehrt, wo er das ihm unbekannte Arimathäa zu suchen habe (Lc. 23, 51 = Mc. 14, 43. Mt. 27, 57).
Noch andere Zusätze des Lucas sind steigernder Art, indem in ihnen das Bestreben, die Angaben der Vorlagen zu überbieten, ersichtlich zu Tage tritt. Die vom Fieber geheilte Schwiegermutter des Petrus steht sogleich auf, um Jesum zu bedienen (Lc. 4, 39 = Mc. 1, 31. Mt. 8, 15). Die Jünger des Johannes und der Pharisäer unterscheiden sich nicht bloss durch häufiges Fasten, sondern auch durch ihren Eifer im Beten von den Jüngern Jesu (Lc. 5, 33 = Mc. 2, 18. Mt. 9, 14).[76] Jairus’ Tochter ist ebenso wie der epileptische Knabe μονογενής, also in dem einen wie in dem anderen Falle der Vater doppelt beklagenswert (Lc. 8, 42 = Mc. 5, 23. Mt. 9, 18.—Lc. 9, 38 f. = Mc. 9, 17 f. Mt. 17, 15). Den Endzeiten gehen ausser den Hungersnöten und grossen Erdbeben auch Seuchen und himmlische Schreckbilder und Wunderzeichen voraus (Lc. 21, 11 = Mc. 13, 8. Mt. 24, 7). Nicht genug, dass die Herrscher der Heidenvölker Gewalt über sie ausüben, werden sie obendrein noch Wohltäter genannt (Lc. 22, 25 = Mc. 10, 42. Mt. 20, 25). Im Palaste des Hohenpriesters muss Jesus ausser den von Matthäus und Marcus berichteten Verhöhnungen noch viele andere Lästerungen über sich ergehen lassen (Lc. 22, 63 ff. = Mc. 14, 65. Mt. 26, 67 f.). Nicht nur die Frauen, welche ihn aus Galiläa nach Jerusalem begleitet haben, sondern alle seine Bekannten sind Zeugen seines Todes (Lc. 23, 49 = Mc. 15, 40 f. Mt. 27, 55 f.).
Den bisher betrachteten Zusätzen des Lucas zu der von ihm benutzten Vorlage steht auf der anderen Seite eine Anzahl Verkürzungen und Auslassungen gegenüber, deren Ursachen für uns in manchen, wenn auch keineswegs in allen Fällen noch erkennbar sind. Dass die dem felsigen Boden entkeimte Saat nach Sonnenaufgang von der Hitze verbrannt wurde, erwähnt er ebenso wenig, wie dass der Mann, welcher einen Weinberg anlegte, ringsum einen Zaun zog, einen Keltertrog grub und einen Turm baute (Lc. 8, 6 = Mc. 4, 6. Mt. 13, 6.—Lc. 20, 9 = Mc. 12, 1. Mt. 21, 33). Die durch die Nachricht vom Kommen der Seinigen veranlasste Frage Jesu: τίς ἐστιν ἡ μήτηρ μου κτλ.; vermissen wir bei Lucas gerade so wie seine Aussprüche über das von Hand, Fuss und Auge gegebene Aergernis und seine Zusage, das Füllen, welches er zum Einzug in Jerusalem benutzen will, schleunigst zurückzusenden[77] (Lc. 8, 20 = Mc. 3, 32 f. Mt. 12, 46. 48.—Lc. 17, 1 f. = Mc. 9, 42—48. Mt. 18, 6—9.—Lc. 19, 31 = Mc. 11, 3. Mt. 21, 3). Von der Tempelreinigung werden nach Lucas nur die Verkäufer, nicht auch die Käufer betroffen und bei derselben weder die Tische der Wechsler noch die Stühle der Taubenhändler umgestürzt (Lc. 19, 45 = Mc. 11, 5. Mt. 21, 12). Die von Pilatus vor der Kreuzigung über Jesus verfügte Geisselung ist bei ihm gleichfalls mit Stillschweigen übergangen (Lc. 23, 25 = Mc. 15, 15. Mt. 27, 26).
Bisweilen begegnet uns in einem und demselben Abschnitte des dritten Evangeliums erst eine Auslassung und dann ein Zusatz zu der Vorlage, so dass es den Anschein gewinnt, als ob Lucas hie und da eine minder wesentliche Angabe dieser letzteren solchen Zügen, die für ihn mehr Interesse boten, aufgeopfert habe aus Furcht, bei Berücksichtigung der einen und der andern allzu weitschweifig zu werden. So streicht er in der Aufzählung der Güter, die ein Mann um des Evangeliums willen verlassen kann, sowohl Schwestern als Aecker, um sie durch die zum Hause notwendig gehörende Hausfrau zu ersetzen, die er bei seinen Vorgängern vermisst (Lc. 18, 29 = Mc. 10, 29. Mt. 19, 29). Die dem Gleichnisse von den Weingärtnern angefügte Psalmstelle (118, 22 f.) teilt er nur zur Hälfte mit, versieht sie aber mit einem das Bild vom Eckstein noch weiter verwertenden Zusatze (Lc. 20, 17 f. = Mc. 12, 10 f. Mt. 21, 42). Das von Jesus über die Sadducäer gefällte Urteil, dass sie aus Unkenntnis der Schriften und der Kraft Gottes irren, lässt er bei Seite, um dafür das Verhalten der Kinder dieser Welt demjenigen der Auferstandenen gegenüberzustellen, die Aeusserungen über diese etwas breiter auszuführen und dem Ausspruche, dass Gott nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen sei, die Begründung: πάντες γὰρ αὐτῷ ζῶσιν beizufügen (Lc. 20, 34-38 = Mc. 12, 24-27. Mt. 22, 29-33. Die vor Eintritt des Weltendes an Sonne, Mond und Sternen vorgehenden Veränderungen streift er nur flüchtig, verweilt dagegen um so länger bei den von Marcus und Matthäus in diesem Zusammenhange nicht berührten Ereignissen, welche auf Erden zu erwarten sind (Lc. 21, 25 f. = Mc. 13, 24 f. Mt. 24, 29).
Indem wir uns von den sachlichen den rein sprachlichen Umgestaltungen zuwenden, welche Lucas’ Vorlagen unter seinen Händen erfahren haben[78], beginnen wir mit der am wenigsten augenfälligen, die darin besteht, dass er mit Beibehaltung des vorgefundenen Wortes lediglich die Form (Tempus, Modus, Person, Numerus) desselben verändert. Man vergleiche:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
2, 5: ἀφίενται | 9, 2 wie Mc. | 5, 20: ἀφέωνται (S. 26). | ||
2, 14. 14, 32: λέγει | 9, 9. 26, 36 wie Mc. | 5, 27. 22, 40: εἶπεν (S. 27. 154). | ||
2, 17: ἦλθον | 9, 13 wie Mc. | 5, 32: ἐλήλυθα (S. 27). | ||
10, 21: ἐν οὐρανῷ | 19, 21 wie Mc. | 18, 22: ἐν οὐρανοῖς (S. 105). | ||
13, 2: οὐ μὴ ἀφεθῇ | 24, 2 wie Mc. | 21, 6: οὐκ ἀφεθήσεται (S. 134).[79] |
Seltener erscheint bei Lucas an Stelle des ursprünglichen ein zu einer andern Wortklasse gehöriger Ausdruck gleichen Stammes oder anstatt des Concretums das entsprechende Abstractum:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
2, 3: παραλυτικόν (vgl. V. 10) | 9, 2 wie Mc. (vgl. V. 6) | 5, 18: παραλελυμένος (vgl. V. 24, S. 26). | ||
10, 22: λυπούμενος | 19, 22 wie Mc. | 18, 23: περίλυπος (S. 105). | ||
13, 13: ὁ ὑπομείνας | 24, 13 wie Mc. | 21, 19: ἐν τῇ ὑπομονῇ (S. 136). | ||
14, 36: τί ἐγὼ θέλω | 26, 39: ὡς ἐγὼ θέλω | 22, 42: τὸ θέλημα μοῦ (S. 154). | ||
14, 63: μαρτύρων | 26, 65 wie Mc. | 22, 71: μαρτυρίας (S. 158). | ||
14, 70: ἀληθῶς | 26, 73 wie Mc. | 22, 59: ἐπ’ ἀληθείας (S. 159). |
Sehr beliebt ist bei Lucas die Vertauschung eines Simplex mit einem von demselben gebildeten Compositum:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
1, 29: ἦλθον | 8, 14: ἐλθὼν | 4, 38: εἰσῆλθεν (S. 23). | ||
4, 5: ἔπεσεν | 13, 5 wie Mc. | 8, 6: κατέπεσεν (S. 55). | ||
5, 7: κράξας | 8, 29: ἔκραξαν | 8, 28: ἀνακράξας (S. 63). | ||
10, 21: δός | 19, 21 wie Mc. | 18, 22: διάδος (S. 105).[80] | ||
10, 30: λάβῃ | 19, 29: λήμψεται | 18, 30: ἀπολάβῃ (S. 106). | ||
11, 8: ἔστρωσαν | 21, 8 wie Mc. | 19, 36: ὑπεστρώννυον (S. 114). | ||
12, 18: λέγουσιν | 22, 23: λέγοντες | 20, 27: ἀντιλέγοντες (S. 126).[81] | ||
15, 41: ἠκολούθουν | 27, 55: ἠκολούθησαν | 23, 49: συνακολουθοῦσαι (S. 167). |
Bei Veränderung zusammengesetzter Zeitwörter seiner Vorlage verfährt Lucas auf dreifache Weise:
1) Er verbindet den beibehaltenen Verbalstamm mit einer andern Präposition:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
6, 7: προσκαλεῖται | 10, 1: προσκαλεσάμενος | 9, 1: συγκαλεσάμενος (S. 69). | ||
6, 11: ἐκτινάξατε | 10, 14 wie Mc. | 9, 5: ἀποτινάσσετε (S. 70). | ||
6, 39: ἀνακλῖναι | 14, 19: ἀνακλιθῆναι | 9, 14: κατακλίνατε. 15: κατέκλιναν (S. 79). | ||
11, 31: διελογίζοντο | 21, 25 wie Mc. | 20, 5: συνελογίσαντο (S. 118). | ||
14, 53: ἀπήγαγον | 26, 57 wie Mc. | 22, 54: εἰσήγαγον (S. 157).[82] |
2) Er behält die Präposition bei, verbindet sie aber mit einem andern Verbum:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
1, 34: ἐξέβαλεν | 8, 16 wie Mc. | 4, 41: ἐξήρχοντο (S. 23). | ||
3, 27: διαρπάσει | 12, 29: διαρπάσῃ | 11, 22: διαδίδωσιν (S. 53). | ||
4, 1: συνάγεται | 13, 2: συνήχθησαν | 8, 4: συνιόντος (S. 55). | ||
9, 2: ἀναφέρει | 17, 1 wie Mc. | 9, 28: ἀνέβη (S. 90). | ||
10, 23: εἰσελεύσονται | 19, 23: εἰσελεύσεται | 18, 24: εἰσπορεύονται (S. 105). |
3) In den seltensten Fällen begnügt er sich an Stelle des Compositums mit dem Simplex:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
8, 34: ἀπαρνησάσθω | 16, 24 wie Mc. | 9, 23: ἀρνησάσθω (S. 89). | ||
10, 42: κατακυριεύουσιν . . . κατεξουσιάζουσιν | 20, 25 wie Mc. | 22, 25: κυριεύουσιν . . . ἐξουσιάζοντες (S. 111).[83] |
Sehr häufig erscheint bei Lucas anstatt des Ausdruckes der Vorlage ein lautlich völlig verschiedenes Wort, das in vielen, aber keineswegs in allen Fällen mit jenem sinnverwandt (synonym) ist.
1) Sinnverwandte Worte (Synonyma) finden sich in folgenden Parallelen:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
2, 11: ὕπαγε | 9, 6 wie Mc. | 5, 24: πορεύου (S. 26). | ||
2, 17: οἱ ἰσχύοντες | 9, 12 wie Mc. | 5, 31: οἱ ὑγιαίνοντες (S. 27). | ||
5, 13: εἰς τὴν θάλασσα | 8, 32 wie Mc. | 8, 33: εἰς τὴν λίμνην (S. 64). | ||
9, 1: ὧδε | 16, 28 wie Mc. | 9, 27: αὐτοῦ (S. 90). | ||
10, 25: διὰ τῆς τρυμαλιᾶς τῆς ῥαφίδος | 19, 24: διὰ τρυπήματος ῥαφίδος | 18, 25: διὰ τρήματος βελόνης (S. 105). | ||
12, 14: κῆνσον | 22, 17 wie Mc. | 20, 22: φόρον (S. 126). | ||
13, 7: μὴ θροεῖσθε | 24, 6 wie Mc. | 21, 9: μὴ πτοηθῆτε (S. 135). | ||
14, 45: προσελθών | 26, 49 wie Mc. | 22, 47: ἤγγισεν (S. 156).[84] |
2) Nicht sinnverwandte:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
1, 32: Ὀψίας δὲ γενομένης | 8, 16 wie Mc. | 4, 40: Δύνοντος δὲ τοῦ ἡλίου (S. 23). | ||
2, 5: τέκνον | 9, 2 wie Mc. | 5, 20: ἄνθρωπε (S. 26). | ||
4, 7: ἀνέβησαν | 13, 7 wie Mc. | 8, 7: συμφυεῖσαι (S. 56). | ||
4, 17: γενομένης θλίψεως ἢ διωγμοῦ | 13, 21 wie Mc. | 8, 13: ἐν καιρῷ πειρασμοῦ (S. 57). | ||
4, 19: ἄκαρπος γινεται | 13, 22 wie Mc. | 8, 14: οὐ τελεσφοροῦσιν (S. 57). | ||
6, 4: οὐκ ἔστιν προφήτης ἄτιμος εἰ μὴ κτλ. | 13, 57 wie Mc. | 4, 24: οὐδεὶς προφήτης δεκτός ἐστιν κτλ. (S. 68). | ||
14, 24: ὑπὲϱ πολλῶν | 26, 38: πεϱὶ πολλῶν | 22, 20: ὑπὲϱ ὑμῶν (S. 153). | ||
14, 38: γρηγορεῖτε ϰαὶ πϱοσεύχεσϑε | 26, 41 wie Mc. | 22, 46: ἀναστάντες πϱοσεύχεσϑε (S. 155)[85]. |
Unverkennbar macht sich bei ihm häufig das Bestreben geltend, den vorgefundenen Ausdruck durch einen gewählteren, vom Sprachgebrauche des alltäglichen Lebens weiter abliegenden zu ersetzen:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
3, 27: τὰ σϰεύη | 12, 29 wie Mc. | 11, 22: τὴν πανοπλίαν, τὰ σϰῦλα (S. 53). | ||
4, 38: ἦν ϰαϑεύδων | 8, 24: ἐϰάϑευδεν | 8, 23: ἀφύπνωσεν (S.62). | ||
4, 39: τῇ ϑαλάσσῃ | 8, 26 wie Mc. | 8, 24: τῷ ϰλύδωνι τοῦ ὕδατος (ebd.). | ||
6, 36: ἀγοϱάσωσιν ἑαυτοῖς τί φάγωσιν | 14, 15: ἀγοϱάσωσιν ἑαυτοῖς βϱώματα | 9, 12: εὕϱωσιν ἐπισιτισμόν (S. 79). | ||
12, 4: πάλιν ἀπέστειλεν | 21, 36 wie Mc. | 19, 12: πϱοσέϑετο πέμψαι (S. 123). | ||
12, 25: ὡς ἄγγελοι | 22, 30 wie Mc. | 20, 36: ἰσάγγελοι (S. 127). | ||
14, 35: πϱοελϑών | 26, 39 wie Mc.[86] | 22, 41: ἀπεσπάσϑη ἀπ’ αὐτῶν (S. 154). | ||
15, 14: πεϱισσῶς ἔϰϱαξαν | 27, 23: πεϱισσῶς ἔϰϱαξον λέγοντες | 23, 23: ἐπέϰειντο ϕωναῖς μεγάλαις αἰτούμενοι (S. 162)[87]. |
Nichtsdestoweniger bedient er sich anderwärts wieder des gewöhnlichen Ausdruckes, um wörtliche Uebereinstimmung mit seiner Vorlage, die den gewählteren braucht, zu vermeiden:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
4, 5: τὸ πετρῶδες. | 13, 5. 20: τὰ πετρώδη | 8, 6. 13: τὴν πέτραν (S. 55. 57). | ||
16: τὰ πετρώδη | ||||
5, 41: τὸ κοράσιον | 9, 25 wie Mc. | 8, 54: ἡ παῖς (S. 66). | ||
9, 42: μύλος ὀνικός | 18, 6 wie Mc. | 17, 2: λίθος μυλικός (S. 96). | ||
14, 47: τὸ ὠτάριον | 26, 51: τὸ ὠτίον | 22, 50: τὸ οὖς (S. 156). | ||
15, 21: ἀγγαρεύουσιν . . . | 27, 32: ἠγγάρευσαν . . . | 23, 26: ἐπέθηκαν αὐτῷ | ||
︷ | ||||
ἵνα ἄρῃ τὸν σταυρὸν αὐτοῦ | ||||
15, 27: ἐξ εὐωνύμων | 27, 38 wie Mc. | 23, 33: ἐξ ἀριστερῶν (ebd.).[88] |
Sehr zahlreich sind die Fälle, wo er sich von seiner Vorlage durch breitere und umständlichere Ausdrucksweise unterscheidet. Insbesondere liebt er es, ein Wort durch zwei mit καί verbundene Wörter oder durch die Verbindung eines Verbums mit dem Participium eines andern oder mit einem Substantivum wiederzugeben:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
1, 30: πυρέσσουσα | 8, 14 πυρέσσουσαν | 4, 38: συνεχομένη πυρετῷ μεγάλῳ (S. 23). | ||
1, 40: λεπρός | 8, 2 wie Mc. | 5, 12: ἀνὴρ πλήρης λέπρας (S. 24). | ||
2, 7: βλασφημεῖ | 9, 3 wie Mc. | 5, 21: λαλεῖ βλασφημίας (S. 26). | ||
2, 18: οὐ νηστεύουσιν | 9, 14 wie Mc. | 5, 33: ἐσθίουσιν καὶ πίνουσιν (S. 28). | ||
3, 19: ὃς καὶ παρέδωκεν αὐτόν | 10, 4: ὁ καὶ παραδοὺς αὐτόν | 6, 16: ὃς ἐγένετο προδότης (S. 33). | ||
6, 7: ἐξουσίαν | 10, 1 wie Mc. | 9, 1: δύναμιν καὶ ἐξουσίαν (S. 69). | ||
12, 7: πρὸς ἑαυτοὺς εἶπαν | 21, 38: εἰπον ἐν ἑαυτοῖς πρὸς | 20, 14: διελογίζοντο ἀλλήλους λέγοντες (S. 123). | ||
13, 9: παραδώσουσιν | 24, 9 wie Mc. | 21, 12: διώξουσιν, παραδιδόντες (S. 135). | ||
14, 32: ἔρχονται | 26, 36: ἔρχεται | 22, 39: ἐξελθὼν ἐπορεύθη (S. 154). | ||
14, 53: ἀπήγαγον | 26, 57 wie Mc. | 22, 54: ἤγαγον καὶ εἰσήγαγον (S. 157)[89]. |
Auf der andern Seite bietet Lucas im Vergleich mit den beiden andern Synoptikern nicht selten den kürzeren und einfacheren Ausdruck:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
3, 35: οὗτος ἀδελφός μου | 12, 50: αὐτός μου ἀδελφὸς | 8, 21: μήτηρ μου καὶ ἀδελφοί μου οὗτοί εἰσιν (S. 55). | ||
︷ | ||||
καὶ ἀδελφὴ καὶ μήτηρ ἐδτίν | ||||
10, 22: ἦν γὰρ ἔχων κτήματα πολλά | 19, 22 wie Mc. | 18, 23: ἦν γὰρ πλούσιος σφόδρα (S. 105). | ||
10, 29: μητέρα ἢ πατέρα | 19, 29: πατέρα ἢ μητέρα | 18, 29: γονεῖς (S. 106). | ||
12, 14: οὐ γάρ βλέπεις εἰς πρόσωπον ἀνθρώπων | 22, 16 wie Mc. | 20, 21: οὐ λαμβάνεις πρόσωπον (S. 126). | ||
13, 28: ὅταν αὐτῆς ἤδη ὁ κλάδος ἁπαλὸς γένηται καὶ ἐκφύῃ τὰ φύλλα. | 24, 32 wie Mc., nur mit veränderter Wortstellung. | 21, 30: ὅταν προβάλωσιν ἤδη (S. 139). | ||
15, 1: ἀπήνεγκαν καὶ παρέδωκαν Πειλάτῳ | 27, 2: ἀπήγαγον, sonst wie Mc. | 23, 1: ἤγαγον αὐτὸν ἐπὶ τὸν Πειλᾶτον (S. 159). | ||
15, 31: ὁμοίως καὶ οἱ ἀρχιερεῖς ἐμπαίζοντες πρὸς ἀλλήλους μετὰ τῶν γραμματέων ἔλεγον | 27, 41: ὁμοίως οἱ ἀρχιερεῖς ἐμπαίζοντες μετὰ τῶν γραμματέων καὶ πρεσβυτέρων ἔλεγον | 23, 35: ἐξεμυκτήριζον δὲ οἱ ἄρχοντες λέγοντες (S. 165). | ||
15, 38: τὸ καταπέτασμα τοῦ ναοῦ ἐσχίσθη εἰς δύο ἀπὸ ἄνωθεν ἕως κάτω | 27, 51 erst wie Mc., dann: ἕως κάτω εἰς δύο | 23, 45: ἐσχίσθη δὲ τὸ καταπέτασμα τοῖ ναοῦ μέσον (S. 166). | ||
15, 46: ἐν μνήματι ὃ ἦν λελατομημένον ἐκ πέτρας | 27, 60: ἐν μνημείῳ ὃ ἐλατόμησεν ἐν τῇ πέτρᾳ | 23, 53: ἐν μνήματι λαξευτῷ (S. 167).[90] |
Directe Rede seiner Vorlage setzt Lucas bisweilen in indirecte um:
Mc. | Mt. | Lc. | ||
11, 33: ἀποκριθέντες . . . λέγουσιν· οὐκ οἴδαμεν | 21, 27: ἀποκριθέντες . . . εἶπαν· οὐκ οἴδαμεν | 20, 7: ἀπεκρίθησαν μὴ εἰδέναι πόθεν (S. 119). | ||
12, 26: πῶς εἶπεν αὐτῷ ὁ θεὸς λέγων ἐγὼ ὁ θεὸς Ἀβραὰμ καὶ ὁ θεὸς Ἰδαάκ καὶ ὁ θεὸς Ἰακώβ; | 22, 31: τὸ ῥηθὲν ὑμῖν ὑπὸ τοῦ θεοῦ λέγοντος· ἐγώ εἰμι ὁ θεος κτλ. | 20, 37: ὡς λέγει κύριον τὸν θεὸν Ἀβραὰμ καὶ θεὸν Ἰδαὰκ καὶ θεὸν Ἰακώβ (S. 127). | ||
15, 14: οἱ δὲ περισσῶς ἔκραξαν· σταύρωσον αὐτόν | 27, 23: οἱ δὲ περισσῶς ἔκραξον λέγοντες· σταυρωθήτω | 23, 23: οἱ δὲ ἐπέκειντο φωναῖς μεγάλαις αἰτούμενοι αὐτὸν σταυρωθῆναι (S. 162 f.). |
Schliesslich können wir bei Betrachtung der sprachlichen Abänderungen, welche die ältere evangelische Ueberlieferung unter Lucas’ Händen erfährt, nicht mit Stillschweigen an einer Eigentümlichkeit dieses Schriftstellers vorübergehen, die in einer Verknüpfung der Sätze besteht, welche man zum Unterschiede von der logischen als die lexikalische bezeichnen kann. Sie beschränkt sich auf die Redestücke des dritten Evangeliums und beruht darauf, dass ihn ein Wort, auf welches ein besonderer Ton fällt, an einen das gleiche Wort enthaltenden, aber einem ganz anderen Gedankenkreis angehörigen Ausspruch erinnert und ihn zu sofortiger Anreihung desselben bestimmt, wie wenig sich dieser auch manchmal vermöge seines Sinnes in den neuen Zusammenhang einfügt.[91] Folgende Beispiele mögen zur Veranschaulichung des Gesagten dienen:
Lc. 5, 37 ff.: οὐδεὶς βάλλει οἶνον νέον εἰς ἀσϰοὺς παλαιούς . . . ἀλλὰ οἶνον νέον εἰς ἀσϰοὺς ϰαινοὺς βλητέον. ϰαὶ οὐδεὶς πιὼν παλαιὸν ϑέλει νέον· λέγει γὰϱ· ὁ παλαιὸς χϱηστός ἐστιν.
6, 38: πέτϱον ϰαλὸν πεπιεσμένον σεσαλευμένον ὑπεϱεϰχυννόμενον δώσουσιν εἰς τὸν ϰόλπον ὑμῶν· ᾧ γὰϱ μέτϱῳ μετϱεῖτε ἀντιμετϱηϑήσεται ὑμῖν.
11, 33 f.: Οὐδεὶς λύχνον ἅψας εἰς ϰϱυπτὴν τίϑησιν οὐδὲ ὑπὸ τὸν μόδιον, ἀλλ’ ἐπὶ τὴν λυχνίαν . . . ὁ λύχνος τοῦ σώματός ἐστιν ὁ ὀϕϑαλμός σου ϰτλ.
13, 24 f.: ἀγωνίζεσϑε εἰσελϑεῖν διὰ τῆς στενῆς ϑύϱας . . . ἀϕ’ οὖ ἂν ἐγεϱϑῇ ὁ οἰϰοδεσπότης ϰαὶ ἀποϰλείσῃ τὴν ϑύϱαν, ϰαὶ ἄϱξησϑε ἔξω ἑστάναι ϰαὶ ϰϱούειν τὴν ϑύϱαν ϰτλ.
16, 11 ff.: εἰ οὖν ἐν τῷ ἀδίϰῳ μαμωνᾷ πιστοὶ οὐϰ ἐγένεσϑε, τὸ ἀληϑινὸν τίς ὑμῖν πιστεύσει; . . . οὐ δύνασϑε ϑεῷ δουλεύειν ϰαὶ μαμωνᾷ.
21, 32 f.: οὐ μὴ παϱέλϑῃ ἡ γενεὰ αὕτη ἕως ἂν πάντα γένηται. ὁ οὐϱανὸς ϰαὶ ἡ γῆ παϱελεύσονται, οἱ δὲ λόγοι μου οὐ μὴ παϱελεύσονται.
Diese Eigentümlichkeit des Lucas ist für uns besonders insofern lehrreich, als sie uns die Möglichkeit gewährt, ihn gleichsam mitten in seinem schriftstellerischen Schaffen zu belauschen. Wir sehen dasselbe auf Schritt und Tritt begleitet von der ununterbrochenen Tätigkeit eines Gedächtnisses, welches die verschiedenartigsten Stoffe in sich aufgenommen hat und nur eines geringen äusseren Anstosses bedarf, um seinem Besitzer Nahe- und Fernliegendes mit gleicher Lebendigkeit zu vergegenwärtigen. Wir werden wohl tun, dieser Wahrnehmung eingedenk zu bleiben, da sie uns für unsere fernere Untersuchung an mehr als einer Stelle wertvolle Fingerzeige zu geben geeignet ist.
Hiermit schliessen wir diese einleitenden Bemerkungen, nicht ohne Furcht, durch dieselben die Geduld des Lesers auf eine vielleicht zu harte Probe gestellt zu haben, aber in der Ueberzeugung, dass die ihnen geschenkte Aufmerksamkeit nicht unbelohnt bleiben werde. Insbesondere schien uns eine Verständigung über das von Lucas gegenüber seinen Vorlagen beobachtete Verfahren vor dem Eintritt in unsere eigentliche Untersuchung um so unabweisbarer geboten, als sie uns im weiteren Verlaufe derselben manche ausserdem nicht zu vermeidende Auseinandersetzungen zu ersparen verspricht. Wer einmal einen mehr als oberflächlichen Einblick in Lucas’ schriftstellerische Werkstatt gewonnen hat, der besitzt damit eines der unerlässlichsten Erfordernisse für eine richtige Beurteilung seines Verhältnisses zu Josephus. Wer sich der Erkenntnis nicht verschliesst, dass Lucas’ Scheu vor sklavischer Nachahmung ebenso gross ist wie seine Vorliebe für abwechselungsreiche, aller Eintönigkeit abholde Darstellung und dass die Verbindung beider Eigentümlichkeiten auf seine Behandlung der von ihm benutzten Vorlagen nach der sprachlichen wie sachlichen Seite hin entscheidenden Einfluss übt, der wird um so mehr befähigt sein, die zwischen ihm und Josephus zu Tage tretenden Uebereinstimmungen nach ihrem wahren Werte zu bemessen, und der Versuchung widerstehen, durch Einwendungen, die sich in Betonung der Abweichungen des einen Schriftstellers von dem andern nicht genug tun können, die Unbefangenheit seines Urteiles trüben und beirren zu lassen.
Wir wenden uns nunmehr der Lösung unserer Hauptaufgabe zu, indem wir zunächst das dritte Evangelium und sodann die Apostelgeschichte einer Vergleichung mit den Schriften des Josephus unterziehen.
[7] Jo. Baptistae Ottii spicilegium sive excerpta ex Fl. Josepho ad N. Ti illustrationem cura Sigeberti Havercampi. Lugduni Batavorum 1741. Der Verfasser heisst Ott, nicht Otte, wie Holtzmann und nach ihm Keim schreibt. Er war nach Leu (Schweizerisches Lexikon XIV, S. 338) im Jahre 1661 zu Zürich geboren und starb ebenda 1742 als Archidiaconus und Chorherr am Grossmünster. Verfasser zahlreicher theologischer und erbaulicher Schriften, war er zugleich ein etwas sonderbarer Kauz, auf welchen sein Urenkel Pestalozzi in seinem “Schwanengesang” manche seiner Eigenheiten zurückführt. Vgl. Hunziker, Das Pestalozzistübchen in Zürich 1886. S. 5 (Anmerkung Stecks).
[8] Jo. Tobiae Krebsii observationes in N. T. e Fl. Josepho. Lips. 1755. Der Verfasser, geboren 1718 zu Buttelstedt, wurde, nachdem er vorher Conrector am Lyceum zu Chemnitz gewesen, 1751 als Collega tertius an die Fürstenschule zu Grimma berufen, erhielt noch nicht ein volles Jahr darauf das dortige Conrectorat und starb als Rector daselbst am 16. März 1782. Nach diesen aus der seinem Buche vorgedruckten Widmung (S. 3) und Winers Handbuch der theologischen Literatur II, S. 626 geschöpften Angaben ist diejenige Holtzmanns (in Hilgenfelds Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie 1877, S. 544), der ihn einen “Grimmaer Prediger” nennt, zu berichtigen. Die Grundlosigkeit einer weiteren Bemerkung Holtzmanns, es wäre Krebs “zu wünschen gewesen, dass er seines Vorgängers Arbeit gekannt hätte” (ebd. S. 545), ergibt sich nicht nur aus der Praefatio des Genannten, wo er nach Erwähnung von Otts Spicilegium fortfährt: “Nam perlecto libro eadem et iisdem fere verbis deprehendimus, quae in Lexico Flaviano continentur”, sondern auch aus seinen zahlreichen Anführungen dieses Buches z. B. S. 60. 250. 316. 323. 331. 350. 356 (B. Ottius in libro saepius laudato!). 380.
[9] Ueber den Zweck der Apostelgeschichte (Theol. Quartalschrift. 1855, S. 174-236) S. 216.
[10] P. Schanz, Commentar über das Evangelium des heiligen Lucas. (Tübingen 1883) S. 16.
[11] Bei Ott entfallen von 526 Seiten 196 (83 + 113), bei Krebs von 414 Seiten 151 (44 + 107) auf die beiden den Namen des Lucas tragenden Schriften.
[12] S. de Wette, Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in die kanonischen Bücher des N. Ts. 6. Aufl. S. 208, vgl. S. 253.
[13] S. zu Lc. 24, 3.
[14] Kurze Erklärung der Apostelgeschichte (Lpz. 1870) S. 79.
[15] Geschichte Jesu von Nazara III, 134. Anm. 3 (vom J. 1872).
[16] Ebd. S. 480, vgl. die kürzere (dritte) Bearbeitung (1873) S. 102. 151.
[17] In dem Aufsatze: Lucas und Josephus (Hilgenfelds Ztschr. f. w. Th. 1873, S. 85-93).
[18] Ebd. S. 441-444.
[19] Neutestamentliche Zeitgeschichte. 1. Aufl. (1868-73). III, 423-427, wörtlich wiederholt in der zweiten Auflage (1873-77) IV, 239-243, vgl. in letzterer noch S. 142. 225-227. III, 342 Anm. 2. 345 Anm. 5.
[20] Untersuchungen über die Evangelien und das Leben Jesu (Hamburg 1874) S. 57.
[21] Sevin, Chronologie des Lebens Jesu. 2. Aufl. (Tübingen 1874) S. 108. Wittichen, Das Leben Jesu in urkundlicher Darstellung (Jena 1876) S. 46. 289. 332. W. Brückner, Das Verhältnis von Geschichte und Mythus in den synoptischen Evangelien (Studien der evang.-prot. Geistlichkeit des Grossherzogtums Baden 1877, S. 161-216) S. 168.
[22] Brückner a. a. O.
[23] Lucas und Josephus (Ztschr. f. w. Th. 1876, S. 574-582).
[24] Noch einmal Lucas und Josephus (ebd. 1877, S. 535-549).
[25] Supernatural Religion III (1877) p. 475.
[26] The fortnightly Review. Vol. 22 (London 1877) p. 485-509: M. Renan’s new volume.
[27] Aus dem Urchristentum. Geschichtliche Untersuchungen in zwangloser Folge. Erster Band (Zürich 1878) S. 1-27.
[28] Ueber Lucas und Josephus (Theol. Studien und Kritiken 1879, S. 521-540). Vgl.: “Der Ursprung und die Entstehung des dritten Evangeliums” (ebd. 1880, S. 49-137) S. 64 f.
[29] S. Commentar über die Apostelgeschichte (Leipzig 1882) S. 40.
[30] Ztschr. f. w. Theol. 1880, S. 121-125.
[31] Hat der dritte Evangelist den kanonischen Matthäus benutzt? (Bonn 1880) S. 13.
[32] In dem S. 2 Anm. 2 angeführten Werke S. 16.
[33] Der Galaterbrief nach seiner Echtheit untersucht (Berlin 1888) S. 291 Anm. 1 (vgl. S. 150. 164).
[34] Weiteres über denselben s. in unserer “Vorrede”.
[35] S. unten zu Lc. 9, 51-54.
[36] Im Obigen hat der erste Teil der von Holtzmann in dem S. 6 Anm. 3 angeführten Aufsatze gegen Schürer gerichteten Bemerkungen weitere Ausführung gefunden. Wenn wir nicht auch mit jenem gegen diesen die zwischen der Apostelgeschichte und Paulus’ eigenen Aussagen wahrnehmbaren Widersprüche geltend machen, so hat dies seinen Grund darin, dass die Bekanntschaft des Lucas mit den paulinischen Briefen neuerdings von namhaften Kritikern (Sabatier, Steck) bestritten worden ist und jedenfalls zur Zeit nicht als allgemein feststehende Voraussetzung behandelt werden darf, wenn wir auch unsererseits der Meinung sind, dass durch eine sorgfältige, insbesondere die sprachliche Seite berücksichtigende Untersuchung das gute Recht der bisherigen Annahme ausser Frage zu stellen sein würde.
[37] Ausser an den aus dem Text (S. 14) und der folgenden Anmerkung zu ersehenden Stellen noch A. VIII, 6, 2. Ap. I, 22. II, 13.
[38] Her. II, 104: μοῦνοι bis ἐξέμαθον, mit ganz unerheblichen Abweichungen wiedergegeben Ap. I, 12.
[39] Die zweite Quelle, aus welcher Josephus die oben erwähnten Namen Labosordachos und Naboandelos entnahm, ist nicht mehr nachzuweisen und jedenfalls nicht in dem von ihm sonst fleissig benutzten Berosus zu suchen, welcher die beiden letzten Könige von Babylonien vielmehr Laborosoardochos und Nabonnedos nennt (Ap. I, 20).—Dasselbe eklektische Verfahren wie in unserm Falle können wir bei Josephus A. XI, 2, 1 f. beobachten, wo er den König Arthasasthes seiner Vorlage, des apokryphischen Esrabuches (4, 7 ff.), auf Grund seiner aus andern Quellen geschöpften Kenntnis der persischen Geschichte mit Kambyses vertauscht (s. Bloch, die Quellen des Fl. Josephus in seiner Archäologie. Leipzig 1879. S. 75).
[40] Vgl. Augustin, Confessiones VI, 10: “Hoc solo autem paene jam illectus erat studio literario, ut pretiis praetorianis codices sibi conficiendos curaret”.
[41] Wie dies Augustin von sich selbst bezeugt (ebd. V, 3): “multa philosophorum legeram memoriaeque mandata retinebam”. Welchen Wert die jüdischen Lehrer beim Unterricht im Gesetze auf die Ausbildung eines guten Gedächtnisses legten, beweisen die von Hausrath (2. Aufl. I, 90) und Schürer (Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi. 2. Aufl. II, 265) mitgeteilten rabbinischen Aussprüche.
[42] Um einige Beispiele anzuführen, erinnern wir an die Unrichtigkeiten der bei Matthäus (1, 6-11) mitgeteilten Geschlechtsreihe von David bis auf Jechonias (s. Holtzmann, Handcommentar zum N. T. I, 38), die Verwechselung des 2 Chron. 24, 20 erwähnten Zacharias mit dem bekannteren Propheten (Mt. 23, 35), die irrtümliche Nennung des Hohenpriesters Abiathar statt seines Vaters Achimelech (Mc. 2, 26), die hinter der Angabe der Quelle (Num. 25, 9) zurückbleibende Zahl der in Sittim getöteten Israeliten bei Paulus (1 Kor. 10, 8), die teilweise gegen das A. T. verstossenden Aussagen des Hebräerbriefes über die Einrichtung des jüdischen Heiligtumes (9, 1-5), die Uebertragung der Zahl der Kriegsleute Abrahams (Gen. 14, 14) auf die von ihm beschnittenen Hausgenossen (17, 23) im Barnabasbriefe (c. 9).
[43] 1, 17 = Mal. 4, 5 f.—1,33 = Micha 4, 7. Jes. 9, 7.—1, 46 ff. = 1 Sam. 2, 1 ff. 1, 11. Ps. 31, 8.—2, 23 = Ex. 13, 2.—4, 18 = Jes. 61, 1 f. 58, 6.—10, 27 = Deut. 6, 5. Lev. 19, 18.—22, 37 = Jes. 53, 12.—23, 30 = Hos. 10, 8.—23, 46 = Ps. 31, 6.
[44] 4, 25 f. = Ps. 2, 1 f.—13, 33 = Ps. 2, 7.—13, 35 = Ps. 16, 10.
[45] 2, 25-28 = Ps. 16, 8-11.—2, 34 f. = Ps. 110, 1.—7, 27 f. = Ex. 2, 14.—8, 32 f. = Jes. 53, 7 f.—23, 5 = Ex. 22, 28.—28, 26 f. = Jes. 6, 9 f.
[46] 1, 20 = Ps. 69, 26. 109, 8.—2, 17-21 = Joel 3, 1-5.—2, 30 = Ps. 132, 11.—3, 22 (= 7, 37) = Deut. 18, 15. 18 f. Gen. 17, 14.—3, 25 = Gen. 12, 3. 22, 18.—4, 11 = Ps. 118, 22.—4, 24 (14, 15) = Ex. 20, 11. Ps. 146, 6.—7, 3 = Gen. 12, 1.—7, 6 f. = Gen. 15, 13 f. Ex. 3, 12.—7, 26 ff. = Ex. 2, 13 f.—7, 32 ff. = Ex. 3, 6. 5. 7 f.—7, 40 = Ex. 32, 1.—7, 42f. = Amos 5, 25 ff.—7, 49 f. = Jes. 66, 1 f.—13, 22 = Ps. 89, 21. 1 Sam. 13, 14. Jes. 44, 28.—13, 34 = Jes. 55, 3.—13, 41 = Hab. 1, 5.—13, 47 = Jes. 49, 6.—15, 16 ff. = Amos 9, 11 f. Jes. 45, 21.
[47] Beides gilt auch in dem Falle, wenn Lucas diese Angaben, wie wenigstens bei den an erster und zweiter Stelle angeführten sehr wahrscheinlich ist, aus der jüdischen Tradition geschöpft hat. S. hierüber zu AG. 7, 1-53, wo wir auf dieselben zurückkommen.
[48] Nach Nösgen (Commentar über die AG. S. 62) dürfen freilich die Abweichungen in diesen drei Berichten als “ein höchst unglücklich gewähltes Beispiel” für die Sorglosigkeit der AG. in Detailschilderungen bezeichnet werden. “Es müsste nämlich, um deren Verschiedenheiten zu diesem Behufe verwenden zu können, erst erweisbar sein, dass die Reden Pauli 22, 1 f. und 26, 1 f. vom Verfasser der AG. selber fingirt wären. Stammen diese Reden aber nicht von ihm selber, wie wir schon im Allgemeinen wahrscheinlich gemacht (?), dann tritt uns in jenen Abweichungen vielmehr ein Zeugnis der Genauigkeit seiner Relationen entgegen. Der Verfasser der AG. hat Verschiedenheiten in unwesentlichen (?) Nebenzügen einer Begebenheit weniger gescheut als eine Correctur einer ihm zugekommenen Relation, denn dass er sie nicht selbst erkannt, ist bei der Gewandtheit des Apostelgeschichtschreibers schwerlich anzunehmen.” Wenn nun aber, wie uns Nösgen belehrt, der Apostel Paulus für die Partie 21, 26-26, 32 “Hauptgewährsmann bleibt” (S. 25) und selbst für den (von ihm abgewiesenen) Fall, dass die Wirstücke und was mit ihnen zusammenhängt, nicht ursprünglich von Lucas’ Hand niedergeschrieben sind, “der Gewährsmann der drei Darstellungen ist” (S. 193), so ersieht man leicht, mit wie schweren Opfern Nösgen diese Ehrenrettung seines Schriftstellers erkaufen muss. Also Paulus hat um das bedeutungsvollste Ereignis seines eigenen Lebens so schlecht Bescheid gewusst, dass ihm, so oft er dasselbe später erzählte, handgreifliche Widersprüche mit seinen früheren Berichten unterliefen! Von einer Ansprache, die sich ihm so unauslöschlich einprägte, dass ihm ihr Wortlaut zu einem guten Teile noch nach langen Jahren erinnerlich war, hat er gleichwohl vergessen, aus wessen Mund er sie vernahm, so dass er sie bald auf Jesus, bald auf Ananias zurückführt! Wenn sich Lucas von einem so unzuverlässigen Berichterstatter noch weitere Reden, welche er nicht selbst gehört, mitteilen liess (Nösgen a. a. O. S. 46), so ist die Kritik sicherlich vollkommen berechtigt, sämtlichen in der AG. enthaltenen Reden des Paulus, auch solchen, denen sie keine Selbstwidersprüche nachzuweisen vermag, das äusserste Misstrauen entgegenzubringen. Jedenfalls gebührt unter den schon von H. Lang gekennzeichneten “Grosstaten der gläubigen Apologetik”, durch die sie “den glänzendsten und schärfsten Charakter der ersten Christenheit verdunkelt und entstellt”, der obigen Musterleistung Nösgens ein Ehrenplatz mit der Aufschrift Mt. 12, 24.
[49] Das hier von Lucas Gesagte gilt in gleichem Masse von Josephus. Eine grosse Anzahl von Selbstwidersprüchen (besonders zwischen den “Altertümern” und dem “Jüdischen Krieg”) hat ihm schon Bröcker in der oben (S. 5 Anm. 4) genannten Schrift nachgewiesen (S. 18 ff. 47. 114 ff. 119 Anm. 128. 146 f. 182 Anm. 192 Anm. 200) und diese Sammlung dürfte sich leicht noch vermehren lassen. S. auch J. v. Destinon, Die Quellen des Fl. Josephus (Kiel 1882) S. 34 f.
[50] AG. 2, 25-28 = Ps. 16, 8-11.—8, 32 f. = Jes. 53, 7 f.—28, 26 f. = Jes. 6, 9 f.
[51] Lc 1, 48 (1 Sam. 1, 11). AG. 2, 24 (Ps. 18, 5. 115, 3. 2 Sam. 22, 6). 4, 11 (Ps. 118, 22). 24. 27-30 (Jes. 37, 16-28. Jer. 32, 17). 4, 34 (Deut. 15, 4). 5, 2 (Jos. 7, 1). 8, 21 (Ps. 78, 37). 23 (Jes. 58, 6). 9, 38 (Num. 22, 16). 13, 17-19 (Ex. 6, 1. Deut. 4, 34. 37. 1, 31. 7, 1. Jos. 14, 1).
[52] a. a. O. S. 2.
[53] Ἐγὼ δὲ καὶ περὶ τοῦ πολέμου παντὸς καὶ περὶ τῶν αὐτῷ κατὰ μέρος γενομένων ἀληθῆ τὴν ἀναγραφὴν ἐποιησάμην . . . τοσοῦτον δέ μοι περιῆν ϑάρσος τῆς ἀληϑείας ὥστε πρώτους πάντων τοὺς αὐτοκράτορας τοῦ πολέμου γενομένους Οὐεσπασιανὸν καὶ Τίτον ἠξίωσα λαβεῖν μάρτυρας. πρώτοις γὰρ ἔδωκα τὰ βιβλία κτλ.—Das hier gerügte Quidproquo ist übrigens weder das einzige noch das schlimmste Nösgens. Lesen wir doch bei ihm (Die Evangelien nach Matthäus, Marcus und Lucas ausgelegt. Nördlingen 1886. S. 282): “Die Zusammenrottung der Juden unmittelbar nach dem Tode des Herodes . . . also um 750 a. C. n.” (= ante Christum natum anstatt p. U. c. = post Urbem conditam)!
[54] Auf die Abfassungszeit dieser wie der übrigen Schriften des Josephus werden wir im fünften Abschnitte zu sprechen kommen.
[55] Schliesst Nösgen sich nicht selbst aus der Zahl der “besonnenen” Kritiker aus, wenn er die jüngere von Lucas’ Schriften gegen Ende der sechziger Jahre verfasst sein lässt? (s. oben S. 9).
[56] Studien und Kritiken 1880, S. 114, vgl. S. 66 ff. 1876, S. 269 f. 1879, S. 539.
[57] Dies scheint der Sinn des schwer verständlichen Satzes zu sein: “Da er nun dieser Verweisung aufs Evangelium keine Bemerkung über einen Wechsel seiner dort angekündigten Grundsätze irgendwie andeutet” (Comm. über die AG. S. 14). Derartige ungeheuerliche Sätze sind bei Nösgen nicht selten. Vgl. ebd. S. 185: “Diese Ungewissheit kann bei der auf Verkennung des Wesens des göttlichen Geistes und seiner Gaben weder nach Christi Wort Mt. 12, 31 noch nach der AG. 5 an Ananias gemachten Erfahrung des Ap.s auffallen.” Ebd.: “Da nun an der alttest. Grundstelle in dem folgenden erläuternden Ve. den Worten der Ausdruck שׁררות לבי, welcher im Hebr. immer sensu malo von der Verstocktheit des Herzens steht, so erweist sich das mit χολὴν πικρίας verbundene σὐνδεσμον ἀδικίας demselben nachgebildet und ist darum σύνδεσμος in der Bed. “Bündel” zu nehmen und σύνδεσμος ἀδικίας nicht nach Eph. 4, 3 σύνδ. εἰρ., sondern als Bezeichnung einer zusammengebundenen d. i. verhärteten Ungerechtigkeit zu fassen zu sein.” S. 240: “Der Bericht gibt dann V. 18. 19 noch die Folgen der Flucht für die Soldaten und bei Herodes an, aber nur, um des Herodes Gesinnung gegen den Petrus aus seinem strengen Verfahren mit den Wächtern erhellen und auch um das Gerücht über den König, von dem er noch zur Erläuterung des Endes der Verfolgung vgl. V. 1 und V. 23 berichten will, im rechten Lichte erscheine.” S. 251: “Weil die Mitteilungen der letzteren . . . eine Tatsache behandeln, welche dem bis V. 25 geführten Nachweise zu widersprechen scheinen und ihrerseits erst wieder behufs ihrer richtigen Würdigung beleuchtet werden müssen.” S. 261: “Ganz entspricht es indessen der Stellung, welche Paulus beim Anfange seiner Missionsreisen noch einnahm, dass er sein Zeugnis und das der andern App. scharf auseinanderhält, aber, wozu noch kein Anlass vorlag, seine eigene gleiche Apostelwürde unbetont lässt.” S. 285: “Die App. machen dann durch das ἐκλεξαμένους . . . ausdrücklich die sorgfältige Auswahl der Abgesandten ihrerseits bemerklich, ehe sie den Beschluss dieselben als Begleiter (σύν) des Barnabas und Paulus aussprechen.”
[58] Comm. S. 14, vgl. S. 24. 30. 36 f. 44.
[59] Studien und Kritiken 1876, S. 270. Vgl. den ganzen über das Zeugnis des Proömiums handelnden Abschnitt S. 266-275.
[60] Ebd. 1880, S. 66.
[61] Ebd. 1879, S. 539. Vgl. auch: “Die Evangelien nach Matthäus u. s. w. S. 6. 269.
[62] ἄνδρες ἡγούμενοι ἐν τοῖς ἀδελψοῖς (AG. 15, 22).
[63] S. Westermann-Rosenberg zu Demosthenes’ Rede vom Kranze § 172.
[64] S. die unten (zu Lc. 1, 1-4) angeführte Stelle Ap. I, 10 und L. 65: . . . τολμᾷς λέγειν ἁπάντων τῶν τὴν πραγματείαν ταύτην γεγραφότων αὐτὸς ἄμεινον ἑξηγγελκέναι, μήτε τὰ πραχθέντα κατὰ τὴν Γαλιλαίαν ἐπιστάμενος . . . μηθ’ ὅσα ἔπαθον Ῥωμαῖοι ἐπὶ τῆς Ἰωταπάτων πολιορκίας ἢ ἔδρασαν ἡμᾶς παρακολουθήσας.
[65] S. Ap. I, 23 (gleichfalls zu Lc. 1, 1-4 angeführt) und Demosthenes 19, 257: ἵν’ ὡς μετὰ πλείστης συγγνώμης παρ’ ὑμῶν ὁ τὰ τούτου πονηρεύματ’ ακριβέστατα εἰδὼς ἐγὼ καὶ παρηκολουθηκὼς ἅπασι κατηγορῶ.
[66] Obgleich man sich im Hinblick auf Stellen wie A. XVIII, 4, 5: τὸ πάντα ἀκριβῶς γράψας εἰς ἐπιστολήν. 6, 6: γράφει πρὸς αὐτὸν τὰ πάντα ἀκριβῶς versucht fühlen kann, auch in Lucas’ Vorwort ἀκριβῶς auf γράψαι zu beziehen, so wird doch unseres Erachtens die Annahme, dass es zu παρηκολουθηκότι gehöre, durch die Analogie der (zu Lc. 1, 1-4) mitgeteilten Stelle Ap. I, 23 (μετὰ πάσης ἀκριβείας παρακολουθεῖν) wie durch den Umstand, dass γράψαι schon an καθεξῆς eine Näherbestimmung hat, noch mehr empfohlen. Nösgen verbindet ἀκριβῶς nach Belieben bald mit γράψαι (St. u. Kr. 1880, S. 88. Comm. über die AG. S. 45), bald mit παρηκολουθηκότι (St. u. Kr. 1876, S. 271 f., 1880, S. 67. Comm. S. 14. 44. Die Evangelien S. 270).
[67] Hierbei wird vorausgesetzt, dass ἀρχή den Lebensanfang (so die meisten Ausleger), nicht den Anfang des öffentlichen Wirkens Jesu (so de Wette, Meyer, Nösgen, St. u. Kr. 1876, S. 270) bezeichne.
[68] S. hierüber Holtzmann, Handcommentar I, 26.
[69] Vgl. noch Mt. 22, 31: οὐκ ἀνέγνωτε τὸ ῥηϑὲν ὑμῖν ὑπὸ τοῦ ϑεοῦ . . .; Mc. 10, 5: πρὸς τὴν σκληροκαρδίαν ὑμῶν ἔγραψεν (sc. Μωϋσης) ὑμῖν τὴν ἐντολὴν ταύτην. 12, 19. Lc. 20, 28: Μωϋσῆς ἔγραψεν ἡμῖν κτλ. Joh. 8, 5: ἐν δὲ τῷ νόμῳ ἡμῖν Μωϋσῆς ἐνετείλατο κτλ. Aus Josephus: A. VII, 14, 2: τὰς ἐντολὰς αὐτοῦ καὶ τοὺς νόμους οὓς διὰ Μωυσέος ἔδωκεν ἡμῖν φύλαττε (Worte Davids an Salomo).
[70] Selbst dann, wenn der unbestimmte Ausdruck μετὰ ταύτας τὰς ἡμέρας einen ganz kurzen Zeitraum bezeichnet, eine Annahme, die nicht unbedingt notwendig ist.
[71] Commentar über die AG. S. 64.
[72] Die Evangelien nach Matthäus u. s. w. S. 268.
[73] Leser, die des Spanischen kundig sind, machen wir auf die von uns (Klassische Bühnendichtungen der Spanier III, 41 f.) nachgewiesenen Umbildungen aufmerksam, welche in Calderons Alcalde de Zalamea der sprachliche Ausdruck des gleichnamigen Stückes von Lope de Vega erfahren hat.
[74] d. i. im Wesentlichen diejenige, welche Holtzmann in den “Synoptischen Evangelien” (Leipzig 1863) begründet und im “Handcommentar zum N. T.” (Bd. I) durchgeführt hat.
[75] Dieses malende στραφείς ist im Lucasevangelium sehr beliebt und die einzige Form, in welcher daselbst das Verbum στρέφειν vorkommt (noch 7, 9. 44. 9, 55. 10, 22 f. 14, 25. 23, 28). Die AG. gebraucht zwar einigemale dieses Verbum (7, 39. 42. 13, 46), aber nie in jener Form, die sie durch ἐπιστρέψας ersetzt (9, 40. 15, 36. 16, 18).
[76] Welchen Wert gerade Lucas auf das Gebet legt, ergibt sich daraus, dass er öfter durch Zufügung von προσεύχεσθαι über die Angaben seiner Quellen hinausgeht (vgl. Lc. 3, 21 = Mc. 1, 10. Mt. 3, 16.—Lc. 9, 18 = Mc. 8, 27. Mt. 16, 13).
[77] oder: seine Zusicherung, dass der Besitzer des Füllens dasselbe unweigerlich hergeben werde. Die Erklärung der Stelle hängt davon ab, ob man als Subject zu ἀποστέλλει (Mt. ἀποστελεῖ) τις oder ὁ κύριος betrachtet.
[78] Wir folgen hierbei dem Gange von Hucks “Synopse der drei ersten Evangelien” (Freiburg 1892) und fügen zur Erleichterung der Vergleichung mit den Parallelstellen überall die betreffenden Seitenzahlen dieses Werkes bei.
[79] Weitere Beispiele: Lc. 5, 13. 19, 30: εἰπών (S. 24. 114). 13, 19: κατεσκήνωσεν (S. 59). 18, 28: ἀφέντες (S. 106). 20, 20: ἀπέστειλαν (S. 126). 22, 45: ἐλθὼν . . . εὗρεν (S. 155). 52: ἐξεληλύθατε (S. 156). 59: ἦν (S. 159). 23, 21: σταύρου (S. 162). 34: διαμεριζόμενοι . . . ἔβαλον κλήρους (S. 164).
[80] Vgl. Lc. 11, 17: διαμερισθεῖσα (S. 52). 18: διεμερίσθη (ebd.). 8, 24: διήγειρεν (S. 62).
[81] Vg1. 8, 26: ἀντίπερα (S. 63).
[82] Wenn, wie wir glauben, sowohl das erste als das zweite Evangelium dem Verfasser des dritten vorgelegen hat, so verdienen besonders folgende beide Fälle Beachtung:
Mc. | Mt. | Lc. |
4, 7: συνέπνιξαν | 13, 7: ἔπνιξαν | 8, 7: ἀπέπνιξαν (S. 56). |
14, 72: ἀνεμνήσθη | 26, 75: ἐμνήσθη | 22, 61: ὑπεμνήσθη (S. 159). |
Lucas’ Vorliebe für Composita war die Ursache, dass er sich an keiner der beiden Stellen mit dem ihm von Matthäus gebotenen Simplex begnügte, während seine Abneigung gegen wörtliche Wiedergabe des von einem Vorgänger gebrauchten Ausdruckes ihn veranlasste, die Composita des Marcus durch andere zu ersetzen.
[83] Vgl. Lc. 23, 53 (S. 167), wo er dem von Matthäus (27, 60) gebrauchten Simplex (ἔθηκεν) den Vorzug vor dem ihm von Marcus (15, 46) gebotenen Compositum (κατέθηκεν) gegeben hat.
[84] Als weitere derartige Abänderungen des Ausdruckes der Vorlage führen wir an: Lc. 8, 6 ff.: ἕτερον (S. 55 f.). 8: ἀγαθήν, ἐποίησεν καρπόν (S. 56). 13: δέχονται (S. 57). 24: τῷ κλύδωνι τοῦ ὕδατος (S. 62). 37: ἠρώτησαν (S. 64). 9, 25: ἑαυτόν (S. 90). 13, 22: διεπορεύετο (S. 69). 18, 15: τὰ βρέφη (S. 104). 38: ἐβόησεν (S. 112). 39: σιγήσῃ (ebd.). 20, 13: πέμψω (S. 123). 33: γίνεται (S. 127). 21, 9: ἀκαταστασίας, οὐκ εὐθέως (S. 135). 23: ἀνάγκη (S. 137). 22, 14: οἱ ἀπόστολοι σὺν αὐτῷ (S. 152). 19: εὐχαριστήσας (S. 153). 22: κατὰ τὸ ὡρισμένον (S. 152). 25: οἱ βασιλεῖς (S. 111). 26: μείζων, νεώτερος, ἡγούμενος, διακονῶν (ebd.). 45: κοιμωμένους (S. 155). 60: παραχρῆμα (S. 159). 63: δέροντες (S. 158). 23, 33: ὃν μὲν—ὃν δὲ (S. 164). 39: ἐβλασφήμει (S. 165) 47: ὄντως (S. 166).
[85] Weitere Beispiele: Lc. 5, 30: ἐγόγγυζον λέγοντες (S. 27). 8, 6: ἰϰμάδα (S. 55). 13: ἀϕίστανται (S. 57). 20: ἰδεῖν σε ϑέλοντες (S. 54). 21: τὸν λόγον (S. 55). 20, 10: δώσουσιν (S. 122). 21, 31: ἡ βασιλεία τοῦ ϑεοῦ (S. 139). 22, 41: ϑεὶς τὰ γόνατα (S. 154). 23, 25: παϱέδωϰεν τῷ ϑελήματι αὐτῶν (S. 163).
[86] πϱοσελϑών bei Matthäus ist trotz seiner guten Bezeugung lediglich als ein durch die folgenden Wörter πϱόσωπον und πϱοσευχόμενος veranlasster Schreibfehler zu betrachten.
[87] Weitere Beispiele 5, 14: παϱήγγειλεν (S. 25). 27: ἐϑεάσατο (S. 27). 8, 20: ἀπηγγέλη (S. 54). 9, 29: ὁ ἱματισμός (S. 90). 35: ἐϰλελεγμένος (S. 91). 41: πϱοσάγαγε (S. 92). 11, 21: αὐλήν (S. 53). 18, 40: ἐπηϱώτησεν (S. 112). 19, 31: ἐρωτᾷ (S. 114). 35: ἐπεβίβασαν (ebd.). 20, 1: ἐπέστησαν (S. 118), 6: πεπεισμένος ἐστίν (S. 119). 21, 6: θεωρεῖτε (S. 134). 22, 22: πλήν (S. 152). 23, 20: προσεφώνησεν (S. 162). 21: ἐπεφώνουν λέγοντες (ebd). 35: ἐξεμυκτήριζον ... λέγοντες (S. 165).
[88] Weitere Beispiele: 5, 14: ἀπελθών (S. 25). 8, 6: φυέν (S. 55). 9, 25: ἑαυτόν (S. 90). 18, 22: λείπει (S. 105). 19, 46: ἔσται (S. 117).
[89] Andere Beispiele von Erweiterung der Vorlage: Lc. 5, 32: καλέσαι . . . εἰς μετάνοιαν (S. 27). 6, 3: οἱ μετ’ αὐτοῦ ὄντες (S. 29). 8, 5: σπεῖραι τὸν σπόρον αὐτοῦ (S. 55). 22: εἰς τὸ πέραν τῆς λίμνης (S. 62). 9, 19: προφήτης τις τῶν ἀρχαίων (S. 88). 29: ἐγένετο . . . τὸ εἶδος τοῦ προσώπου αὐτοῦ ἕτερον (S. 90). 18, 40: ἐκέλευσεν αὐτὸν ἀχθῆναι πρὸς αὐτόν (S. 112). 19, 37: ἤρξαντο . . . δυνάμεων (S. 114). 20, 19: ἐζήτησαν . . . ἐπιβαλεῖν ἐπ’ αὐτὸν τὰς χεῖρας (S. 123). 21: ἐπηρώτησαν αὐτὸν λέγοντες, ebd.: ὀρθῶς λέγεις καὶ διδάσκεις (S. 126). 21, 19: κτήσασθε τὰς ψυχάς (S. 136). 22, 3: ὄντα ἐκ τοῦ ἀριθμοῦ τῶν δώδεκα (S. 151). 33: μετὰ σοῦ . . . πορεύεσθαι (S. 153). 34: τρὶς ἀπαρνήσῃ μὴ εἰδέναι με (ebd.). 53: οὐκ ἐξετείνατε τὰς χεῖρας ἐπ’ ἐμέ (S. 156). 59: διϊσχυρίζετο λέγων (S. 159). 64: ἐπηρώτων λέγοντες (S. 158). Beachtenswert ist namentlich die Erweiterung, welche Mc. 3, 27 (= Mt. 12, 29) unter Lucas’ Händen (11, 21f.) erfahren hat (S. 52f.).
[90] Weitere Beispiele: Lc. 6, 11: διελάλουν πρὸς ἀλλήλους (S. 30). 8, 8: ἐποίησεν καρπὸν ἑκατονταπλασίονα (S. 56). 20, 29: ἀπέθανεν ἄτεκνος (S. 127). 21, 8: βλέπετε μὴ πλανηθῆτε (S. 135). 32: πάντα (S. 139). 22, 18: ἕως . . . ἔλθῃ (S. 153). 69: ἀπὸ τοῦ νῦν . . . θεοῦ (S. 158).
[91] S. hierüber Holtzmann, Handcomm. I, 16 und die dortigen Bemerkungen zu der Mehrzahl der von uns oben angeführten Stellen.
1, 1-4. Das Vorwort, mit dem Lucas sein Evangelium einführt, besteht aus einer einzigen, trefflich abgerundeten Periode, auf welche der beste griechische Stilist stolz sein könnte. Nachdem schon Ott (S. 108) und Krebs (S. 96) das hier von schriftstellerischen Versuchen gebrauchte ἐπιχειρεῖν durch zwei (weiter unten angeführte) Stellen aus Josephus erläutert, wies zuerst Hausrath (IV, 241) darauf hin, dass dieses Vorwort “ganz an die Sätze anklinge, mit denen Josephus seine vier echten Werke eröffne”, und Holtzmann fand diese Behauptung begründet, für die er zugleich eine Reihe sprachlicher Belege beibrachte (1877, S. 541 f.). Lucas beginnt mit einem Causalsatz, in dem er als den ihn zur Abfassung seines Werkes bestimmenden Anlass die schriftstellerischen Versuche zahlreicher Vorgänger bezeichnet, welche die Mitteilungen zuverlässiger Gewährsmänner verarbeitet haben. In dem hierauf folgenden Hauptsatz erklärt er seine Absicht, ein ähnliches Werk zu schreiben, während ein demselben untergeordneter Participialsatz seine durch sorgfältige Nachforschungen erlangte Befähigung hierzu hervorhebt und der den Schluss bildende finale Nebensatz als Zweck des Unternehmens die Belehrung des Lesers angibt, der auf diesem Wege die Gewissheit des Inhaltes der ihm zuteil gewordenen Unterweisung erkennen soll.
Josephus’ Einleitung zu seiner “Geschichte des jüdischen Krieges” beginnt folgendermassen: Ἐπειδὴ τὸν Ἰουδαίων πρὸς Ῥωμαίους πόλεμον συστάντα μέγιστον οὐ μόνον τῶν καθ’ ἡμᾶς, σχεδὸν δὲ καὶ ὧν ἀκοῇ παρειλήφαμεν ἢ πόλεων πρὸς πόλεις ἢ ἐθνῶν ἔθνεσι συρραγέντων, οἱ μὲν οὐ παρατυχόντες τοῖς πράγμασιν, ἀλλ’ ἀκοῇ συλλέγοντες εἰκαῖα καὶ ἀσύμφωνα διηγήματα, σοφιστικῶς ἀναγράφουσιν, οἱ παραγενόμενοι δὲ ἢ κολακείᾳ τῇ πρὸς Ῥωμαίους ἢ μίσει τῷ πρὸς Ἰουδαίους καταψεύδονται τῶν πραγμάτων, περιέχει δὲ αὐτοῖς ὅπου μὲν κατηγορίαν ὅπου δὲ ἐγκώμιον τὰ συγγράμματα, τὸ δ’ ἀκριβὲς τῆς ἱστορίας οὐδαμοῦ, προυθέμην ἐγὼ τοῖς κατὰ τὴν Ῥωμαίων ἡγεμονίαν, Ἑλλάδι γλώσσῃ μεταβαλών, ἃ τοῖς ἄνω βαρβάροις τῇ πατρίῳ συντάξας ἀνέπεμψα πρότερον, ἀφηγήσασθαι, Ἰώσηπος, Ματθίου παῖς, γένει Ἑβραῖος ἐξ Ἱεροσολύμων, ἱερεύς, αὐτός τε Ῥωμαίους πολεμήσας τὰ πρῶτα καὶ τοῖς ὕστερον παρατυχὼν ἐξ ἀνάγκης . . . ἄτοπον οὖν ἡγησάμην περιιδεῖν πλαζομένην ἐπὶ τηλικούτοις πράγμασι τὴν ἀλήθειαν, καὶ Πάρθους μὲν καὶ Βαβυλωνίους Ἀράβων τε τοὺς πορρωτάτω καὶ τὸ ἱπὲρ Εὐφράτην ὁμόφυλον ἡμῖν Ἀδιαβηνούς τε γνῶναι διὰ τῆς ἐμῆς ἐπιμελείας ἀκριβῶς ὅθεν τε ἤρξατο καὶ δι’ ὅσων ἐχώρησε παθῶν ὁ πόλεμος καὶ ὅπως κατέστρεψεν, ἀγνοεῖν δὲ Ἕλληνας ταῦτα καὶ Ῥωμαίων τοὺς μὴ ἐπιστρατευσαμένους, ἐντυγχάνοντας ἢ κολακείαις ἢ πλάσμασι.
Bei Vergleichung dieses Abschnittes mit dem Vorworte des dritten Evangeliums begegnet uns nicht nur eine unverkennbare Aehnlichkeit in Gedankengang und Inhalt, sondern auch ein bis auf unwesentliche Abweichungen übereinstimmender Satzbau. Auch Josephus beginnt sein Werk mit einem Causalsatz, in welchem er als Veranlassung desselben die Schriften seiner Vorgänger angibt, die teils von Hörensagen Vernommenes, teils Selbsterlebtes berichten. Sodann spricht er im Hauptsatze die Absicht aus, sein ursprünglich hebräisch geschriebenes Werk durch eine Uebersetzung der griechisch-römischen Welt zugänglich zu machen, und betont in einem angefügten Participialsatze seinen durch persönliche Teilnahme an diesem Kriege verbürgten Beruf zum Geschichtschreiber desselben. Am Schlusse bestimmt er seinen Zweck dahin, dass er angesichts so bedeutsamer Tatsachen die Wahrheit gegen Irrtum sicherstellen und, wie durch seine Bemühungen bereits die Völker des Morgenlandes eine genaue Erkenntnis von Ursprung, Drangsalen und Ausgang dieses Krieges gewonnen hätten, so auch Griechen und Römer vor Täuschungen durch Schmeichel- und Lügen-schriften bewahren wolle. Ausserdem bietet dieser Abschnitt auch bemerkenswerte sprachliche Berührungen mit Lucas’ Vorwort. Letzteres enthält nicht nur die Wörter πράγματα (in der Bedeutung “Geschichtstatsachen”) und ἀκριβῶς, sondern auch eine Reihe Ausdrücke, denen bei Josephus sinnverwandte entsprechen, was zu der Annahme berechtigt, dass Lucas auch hier, um seine Selbständigkeit gegenüber der von ihm benutzten Vorlage soweit möglich zu wahren, sich Abänderungen gestattet hat, die mit denjenigen, welche die älteren evangelischen Berichte unter seinen Händen erfahren haben[92], auf einer Stufe stehen. Man vergleiche:
Ἐπειδή | und | ἐπειδήπερ |
ἀναγράφουσιν, συντάξας | ” | ἀνατάξασθαι, γράψας |
διηγήματα | ” | διήγησιν |
πϱουϑέμην ἐγώ | ” | ἔδοξε ϰἀμοί |
γνῶναι | ” | ἐπιγνῷς |
ἀλήϑειαν | ” | ἀσϕάλειαν. |
Aus diesem schriftstellerischen Verfahren erklärt sich am einfachsten die nach Nösgens Vermutung vom dritten Evangelisten erst selbstgeprägte Phrase ἀνατάξασϑαι διήγησιν. Um nämlich die ihm durch Josephus nahegelegte Formel ἀναγϱάφειν διήγμαημα zu vermeiden, ersetzte er das Substantiv durch διήγησις und behielt von dem Verbum nur die Präposition bei, während er γϱάϕειν mit dem ihm durch Josephus’ συντάξας an die Hand gegebenen τάσσειν vertauschte. Das Medium kann durch die Ungebräuchkeit des Activums von ἀνατάσσειν[93], ebenso gut aber durch die bald darauf[94] von Josephus gebrauchte Form συνετάξαντο veranlasst sein, welche letztere im Verein mit συντάξας auch den Infinitiv des Aorist herbeigeführt haben wird, den das vorhergehende ἐπεχείϱησαν hier ebensowenig erfordert hätte, als er AG. 19, 13 in gleichem Falle steht.[95]
Die nächstfolgenden Abschnitte (§ 3-8) der Einleitung zum “Jüdischen Krieg” weisen noch einige weitere Berührungen mit Lucas’ Vorwort auf. Man vergleiche:
ἱστοϱίας αὐτὰς ἐπιγϱάϕειν τολμῶσιν (§ 3) | und | ἐπεχείϱηφαν ἀνατάξασϑαι διήγησιν. |
τηλιϰούτων ϰατ’ αὐτοὺς πϱαγμάτων γεγενημένων (§ 5) | ” | τῶν πεπληϱοϕοϱημένων ἐν ἡμῖν πϱαγμάτων. |
τὰ μὲν ἔϱγα μετ’ ἀϰϱιβείας ἑϰατέϱων διέξειμι (§ 4), τὰ πεϱὶ ἑϰάστην πόλιν τῶν ἁλισϰομένων πάϑη μετ’ ἀϰϱιβείας, ὡς εἶδον ἢ ἔπαϑον, δίειμι (§ 8) | ” | παϱηϰολουϑηϰότι ἄνωϑεν πᾶσιν ἀϰϱιβῶς ϰαθεξῆς σοι γϱάψαι. |
In der Einleitung zu Josephus’ “Altertümern” wie im Anfange der sogleich mit der Darlegung seiner Familienverhältnisse beginnenden Lebensbeschreibung lassen sich nur spärliche und zweifelhafte Anklänge an Lucas’ Vorwort entdecken, um so ergibiger ist dafür an solchen die Streitschrift gegen Apion, deren erste Sätze folgendermassen lauten:
Ἱκανῶς μὲν ὑπολαμβάνω καὶ διὰ τῆς περὶ τὴν ἀρχαιολογίαν συγγραφῆς, κράτιστε ἀνδρῶν Ἐπαφρόδιτε, τοῖς ἐντευξομένοις αυτῇ πεποιηκέναι φανερὸν περὶ τοῦ γένους ἡμῶν τῶν Ἰουδαίων, ὅτι καὶ παλαιότατόν ἐστι καὶ τὴν πρώτην ὑπόστασιν ἔσχεν ἰδίαν, καὶ πῶς τὴν χώραν ἣν νῦν ἔχομεν κατῴκησε * πεντακωισχιλίων ἐτῶν ἀριθμόν ἱστορίαν περιέχουσαν ἐκ τῶν παρ’ ἡμῖν ἱερῶν βίβλων διὰ τῆς Ἑλληνικῆς φωνῆς συνεγραψάμην. ἐπεὶ δὲ συχνοὺς ὁρῶ ταῖς ὑπὸ δυσμενείας ὑπό τινων εἰρημέναις προσέχοντας βλασφημίαις καὶ τοῖς περὶ τὴν ἀρχαιολογίαν ὑπ’ ἐμοῦ γεγραμμένοις ἀπιστοῦντας τεκμήριόν τε ποιουμένους τοῦ νεώτερον εἶναι τὸ γένος ἡμῶν τὸ μηδεμιᾶς παρὰ τοῖς ἐπιφανέσι τῶν Ἑλληνικῶν ἱστοριογράφων μνήμης ἠξιῶσθαι, περὶ τούτων ἁπάντων ᾠήθην δεῖν [γράψαι] συντόμως τῶν μὲν λοιδορούντων τὴν δυσμένειαν καὶ τὴν ἑκούσιον ἐλέγξαι ψευόδολογίαν, τῶν δὲ τὴν ἄγνοιαν ἐπανορθώσασθαι, διδάξαι δὲ πάντας, ὅσοι τἀληθὲς εἰδέναι βούλονται, περὶ τῆς ἡμετέρας ἀρχαιότητος.
Unwillkürlich erinnert man sich bei den Eingangsworten dieses Abschnittes sofort der von Lucas seinem Evangelium vorausgeschickten Widmung, angesichts deren bereits Renan die Frage aufgeworfen hat: “Ne peut-on pas trouver une pratique romaine dans cette dédicace à Théophile, qui rappelle celle de Josèphe à Epaphrodite, et paraît tout à fait en dehors des habitudes syriennes et palestiniennes au premier siècle de notre ère?”[96] Ebenso wie Josephus würdigt auch Lucas seinen nächsten Leser des von ihm nur in der Anrede an hochgestellte Männer gebrauchten Titels κράτιστος.[97] Ja, wenn der Name Θεόφιλος nicht eine dem Lucas bekannte Einzelperson, sondern, wie man bisweilen schon in früher Zeit angenommen hat[98], im Allgemeinen den gottliebenden Leser bezeichnet, so liegt die Vermutung nicht fern, dass Lucas zur Wahl desselben durch die Absicht bestimmt worden ist, Josephus’ heidnischem ϕίλος τῆς Ἀϕϱοϑίτης einen christlichen ϕίλος ϑεοῦ (Jac. 2, 23) gegenüberzustellen. Die zweite Periode des obigen Abschnittes zeigt mit Lucas’ Vorwort in Form und Inhalt eine auffällige Aehnlichkeit, indem Josephus hier gleichfalls zunächst in einem Causalsatze zahlreicher Zeitgenossen gedenkt, welche sich mit der Geschichte seines Volkes beschäftigen, und sodann im Hauptsatze seinen Entschluss zur Abfassung einer Schrift ausspricht, als deren Zweck er die Belehrung aller derjenigen angibt, welche die Wahrheit über das hebräische Altertum erfahren wollen. Hierzu gesellen sich noch sprachliche Berührungen, wie das den Schriftsteller und seine Glaubensgenossen zusammenfassende ἡμεῖς, die Aoristformen συνεγϱαψάμην und γϕάψαι, das den πᾶσι des Lucas entsprechende ἁπάντων, das wiederholte πεϱί und endlich die in πεϱὶ ὧν . . . λόγων τὴν ἀϱφάλειαν widerklingenden Worte: τἀληϑὲς . . . πεϱὶ τῆς ἡμετέϱας ἀϱχαιολογίας.
Man wird schon angesichts der bisherigen Nachweisungen geneigt sein, dem Urteile des Verfassers von “Supernatural Religion” beizustimmen[99]: “It is, we think impossible to examine carefully the commencement of the first book against Apion and the statement of the reasons which induced him to write his history, without perceiving the influence which Josephus has exercised over the mind and language of our canonical writer and how closely this introduction is imitated in the prologue to the Gospel and Arts[100] in which the author speaks in the first person, and probably displays himself more directly than elsewhere.” Da es nun aber nicht wahrscheinlich ist, dass Lucas von Josephus’ Streitschrift gegen Apion, wenn sie ihm einmal bekannt gewesen, bloss die ersten Sätze gelesen hat, so empfiehlt es sich, nach dem Vorgange des eben genannten Forschers auch die folgenden Abschnitte ihrer Einleitung (§ 2-11) darauf anzusehen, ob sie dem Evangelisten einen Beitrag zu seinem Vorworte geliefert haben. Unbedingt wird diese Frage zu bejahen sein, da dieselben eine grössere Anzahl der von Lucas gebrauchten Ausdrücke und Redewendungen enthalten, von denen manche sich so oft wiederholen, dass sie sich fast unvermeidlich dem Gedächtnis eines nicht ganz unaufmerksamen Lesers einprägen mussten. So finden wir ἐπιχειρέω viermal und zwar immer wie bei Lucas mit folgendem Infinitiv (§ 2. 10 zw. 11), eben so oft πράγματα (§ 2. 3. 9. 10), παραδιδωμι zwar nur einmal (§ 3), dafür aber nicht weniger als fünfmal παράδοσις (§ 2. 6. 8. 9. 10), das mit άπ’ ἀρχῆς gleichbedeutende ἐξ ἀρχῆς zweimal (§ 4. 7), αὐτόπτης einmal (§ 10), γενόμενος achtmal (§ 2 zw. 4. 7. 8. 9 zw. 10), δοκέω dreimal (§ 2. 3. 4), je einmal παρακολουθέω (§ 10) und ἄνωθεν (§ 6, daneben ἀνωτάτω [§ 7]), ἀκριβῶς zweimal (§ 3. 10)[101], überdies ebenso oft ἀκρίβεια (§ 6. 7) und je einmal ἀκριβής (§ 8), τὸ ἀκριβές (§ 7) und ἀκριβεστάτη (§ 3), je dreimal den Aorist von γράφω (§ 5. 8. 10) und den Plural von λόγος (§ 5 zw. 8). An Lucas’ πολλοὶ ἐπεχείρησαν ἀνατάξασθαι διήγησιν werden wir durch Josephus’ οἱ . . . τάς ἱστορίας ἐπιχειρήσαντες συγγράφειν (§ 2), wie an die Construction: ἵνα ἐπιγνῷς περὶ ὧν κατηχήθης λόγων τὴν ἀσφάλειαν durch περὶ τοῦ τὴν νῦν οὖσαν τῶν γραμμάτων χρῆσιν ἐκείνους ἀγνοεῖν (§ 2) erinnert (vgl. ἡ περὶ τὸ συγγράφειν τὰς ἱστορίας ἐπιμέλεια [ebd.], τῆς περὶ τῶν ἀρχαίων ἀληθοῦς ἱστορίας [§ 5], ἡ περί τῶν παλαιῶν ἀναγραφή [§ 11]). Die αὐτόπται καὶ ὑπηρέται γενόμενοι τοῦ λόγου weisen deutlich auf πολλῶν μὲν αὐτουργὸς πράξεων, πλείστων δ’ αὐτόπτης γενόμενος (§ 10, vgl. Αἰγυπτίων καὶ Χαλδαίων γενομένους μαθητάς [§ 2] und τοὺς αὐτοκράτορας τοῦ πολέμου γενομένους [§ 9]). Der Satz ἔδοξε κἀμοὶ παρηκολουθηκότι ἄνωθεν ἀκριβῶς καθεξῆς σοι γράψαι verleugnet weder in seinem Inhalt noch in der Construction die Aehnlichkeit mit Josephus’ Selbstzeugnis: Ἐγὼ δὲ καὶ περὶ τοῦ πολέμου παντός καὶ περὶ τῶν ἐν αὐτῷ κατὰ μέρος γενομένων ἀληθῆ τὴν ἀναγραφήν ἐποιησάμην τοῖς πράγμασιν αὐτὸς ἅπασι παρατυχών (§ 9). Die Verbindung παρακολουθήκοτι ἀκριβώς berührt sich nicht nur mit δεῖ τὸν ἄλλοις παράδοσιν πράξεων ἀληθινῶν ὑπισχνούμενον αὐτὸν ἐπίστασθαι ταύτας πρότερον ἀκριβῶς ἢ παρηκολουθηκότι τοῖς γεγονόσιν ἢ παρὰ τῶν εἰδότων πυνθανόμενον (§ 10), sondern mindestens ebenso nahe mit einer späteren Stelle der nämlichen Schrift, wo dieses Verbum wie bei Lucas in übertragener Bedeutung erscheint: οὐ γὰρ ἐνῆν αὐτοῖς (d. i. den vorher genannten Geschichtschreibern) μετὰ πάσης ἀκριβείας τοῖς ἡμετέροις γράμμασι παρακολουθεῖν (§ 23).[102] Die zuletzt angeführten Uebereinstimmungen verdienen deshalb doppelte Beachtung, weil die Wörter αὐτόπτης und παρακολουθεῖν von Lucas sonst nirgends gebraucht werden, und bei ersterem fällt daneben noch ins Gewicht, dass es den übrigen neutestamentlichen Schriftstellern ebenso fremd ist, wie dem Sprachschatze der Siebzig.[103]
Ueberhaupt enthält das kurze Vorwort des dritten Evangeliums nicht weniger als sieben Wörter, die sich innerhalb des N.T.s nur bei Lucas finden, nämlich ausser αὐτόπτης die ebenso wenig bei ihm wiederkehrenden ἀνατάσσομαι, διήγησις, ἐπειδήπερ und ausserdem ἐπιχειρέω (noch AG. 9, 29. 19, 13), καθεξῆς (noch Lc. 8, 1. AG. 3, 24. 11, 4. 18, 23) und κράτιστος (noch AG. 23, 26. 24, 3. 26, 25). Von diesen sind ihm διήγησις, ἐπιχειρέω und κράτιστος mit den Siebzig[104] und Josephus, αὐτόπτης und ἐπειδήπερ ausschliesslich mit letzterem gemein, während ihm ἀνατάσσομαι und καθεξῆς als alleiniges Eigentum verbleiben. Αὐτόπτης kommt in der Verbindung mit dem zweiten Aorist von γίγνεσθαι bei Josephus noch mehrmals vor (A. XVIII, 9, 5. XIX, 1, 15. K. VI, 2, 5) und auf ἐπειδήπερ lässt dieser nicht nur das Präsens (K. IV, 4, 3), Imperfect (I, 9, 3) und Plusquamperfect (A. I, 1, 2. V, 1, 20), sondern auch wie Lucas den Aorist folgen (K. IV, 9, 6: ἐπειδήπερ εἰς τοὺς σφετέρους ὑπέστρεψεν). Nicht minder erinnert an Josephus der innerhalb des N.T.s gleichfalls auf Lucas’ Schriften beschränkte Gebrauch von ὑπηρέτης mit dem Genitiv eines Abstractums (noch AG. 26, 16), vgl. K. II, 10, 5: τῶν προσταγμάτων αὐτοῦ βραδὺς ὑπηρέτης ἐγένετο. 17, 9: τόν τε ἐπισημότατον τῆς τυραννίδος ὑπηρέτην Ἀψάλωμον. Die dem Lucas im N.T. ebenso ausschliesslich angehörige Formel ἔδοξέ μοι (noch AG. 15, 22. 25. 28) ist dem jüdischen Geschichtschreiber sehr geläufig (vgl. ausser der in Anm. 1 angeführten Stelle noch XI, 3, 10. 4, 9. XIII, 2, 2. 3, 3. 12, 5. XIV, 10, 10. 23 ff. 11, 5. 14, 4. XVI, 6, 2) und selbst ἔδοξε κἀμοί begegnet uns bei ihm (wenigstens nach Bekkers Lesart) A. XI, 5, 1: ὁ βουλόμενος ἀπίτω, καθάπερ ἔδοξε κἀμοὶ καὶ τοῖς ἑπτά μου συμβούλοις.
Wir wenden uns nunmehr der Würdigung der Gründe zu, mit welchen die Annahme, dass sich im Vorworte des dritten Evangeliums Einfluss des Josephus kundgebe, von Nösgen bestritten worden ist. Derselbe macht (1879, S. 537 f.) zunächst geltend, dass Josephus zur Bezeichnung seiner von ihm kritisirten Vorgänger durchgängig (vgl. Ap. I, 2 u. 8) τὰς ἱστσρίας συγγράφειν und nicht ἀνατάσσεσθαι διήγησιν gebrauche[105] und ebenso neben allen von Josephus zur Bezeichnung des Gegenstandes der Darstellung gebrauchten Redewendungen, namentlich auch der am nächsten kommenden περὶ τοῦ γενομένου νῦν ἡμῖν πολέμου ἱστορίας ἐπιγράψαντες des Evangelisten Worte: περὶ τῶν πεπληροφορημένων ἐν ἡμῖν πραγμάτων als ganz unabhängig von ihm gezeugte und selbständig gewählte erscheinen. Diese Verschiedenheiten im Ausdrucke werden nach Nösgen indes noch überboten durch den bei Josephus im Unterschiede vom dritten Evangelisten sich findenden Anspruch auf eine persönliche Gewähr der von ihm berichteten Tatsachen, indem dieser sich in keiner Weise zum Augenzeugen der Begebenheiten der Geschichte Jesu mache, sondern allein seine sorgfältige Nachforschung nach der Ueberlieferung der Augenzeugen versichere, jener dagegen in Bezug auf den jüdischen Krieg andern Berichterstattern gegenüber wiederholt darauf Gewicht lege, dass er selbst bei allen Vorgängen dabei gewesen, ja nicht nur αὐτόπτης, sondern αὐτουργὸς πολλῶν sei (Ap. I, 9 f.), und auch die von ihm in Betreff seiner Archäologie gewählte Bezeichnung seines Verhältnisses zum Stoffe seiner Arbeit (ebd. 10) in keiner Weise mit der des Evangelisten im Prologe zusammengestellt werden dürfe. Wie sei es demnach annehmbar, dass der Evangelist, falls er den Josephus in diesem Punkte zum Vorbilde nahm, so wie er geschrieben, sich ausgesprochen und nicht vielmehr, um seiner Darstellung eine analoge Glaubwürdigkeit zu geben, sich als Zeitgenossen und Augenzeugen der evangelischen Geschichte dargestellt haben würde?
Hierauf erwidern wir Folgendes. Dass die von Nösgen an erster Stelle hervorgehobenen Redewendungen keineswegs für Lucas’ Unabhängigkeit und weit eher für seine Anlehnung an die ihm von Josephus gebotenen Vorlagen sprechen, glauben wir bereits oben gezeigt zu haben. Indessen selbst einmal zugegeben, dass Lucas zu ihrer Wahl nicht durch Josephus veranlasst worden sei, so würde dies angesichts so mancher andern in seinem Vorworte wahrnehmbaren Spuren einer Benutzung desselben doch höchstens beweisen, dass er kein geistloser Abschreiber und blinder Nachahmer seines Vorbildes gewesen ist, was ja noch niemand behauptet hat. Wie wir schon früher gesehen haben (S. 21), liebt Lucas Abwechselung der Darstellung und verfügt über einen ausgibigen Sprachschatz und über hinreichende stilistische Gewandtheit, um seine eigenen oder fremde Gedanken in verschiedene Formen zu kleiden. Gerade bei einem so gearteten Schriftsteller müssen die von uns nachgewiesenen sprachlichen Uebereinstimmungen mit Josephus doppelt ins Gewicht fallen. Auf Nösgens leicht hingeworfene Frage: “Was will solchen durchschlagenden Unähnlichkeiten gegenüber der beiderseitige Gebrauch etlicher Wörter wie πϱάγματα, παϱέδοσαν, αὐτόπται, παϱαϰολουϑηϰότι, ἀϰϱιβῶς, γϱάψαι in einer Besprechung des eigenen schriftstellerischen Verfahrens und ihres Verhältnisses zu den Quellen seitens zweier Geschichtschreiber besagen, welche aus dem gleichen Sprachstrome schöpfen und einer und derselben Literaturperiode angehören?” (S. 539) haben wir zu entgegnen, dass 1) obiges Verzeichnis unvollständig ist, indem in ihm mehrere dem Vorworte des dritten Evangeliums und der Schrift gegen Apion gemeinsame Wörter (wie ἐπεχείϱησαν, ἄνωϑεν, ϰϱάτιστε) vermisst werden, 2) der beiderseitige Gebrauch der nämlichen Ausdrücke bei zwei verschiedenen Schriftstellern in dem Fall allerdings etwas besagen will, wenn der eine von ihnen sich derselben an keiner andern Stelle wieder bedient und dadurch zu erkennen gibt, dass sie nicht zu den wesentlichen Bestandteilen seines Sprachschatzes gehören, 3) der Zusammenhang, in dem manche dieser Wörter hier wie dort erscheinen, nur die Wahl zwischen der von Nösgen bestrittenen Ansicht und der Annahme eines ganz ausserordentlichen Spieles des Zufalles lässt, welches man so lange unwahrscheinlich finden muss, als nicht die Unmöglichkeit einer Beeinflussung des Lucas durch Josephus überzeugend dargetan ist. Wenn uns in zwei Schriften verschiedener Verfasser die Ausdrücke ἤϱεμος, ἡσύχιος, βίος und διάγειν durch grössere Zwischenräume getrennt begegnen, so berechtigt uns dies bei der Gangbarkeit dieser Wörter noch nicht zu dem Schlusse, dass der eine den andern gekannt und benutzt haben müsse. Wenn wir aber in der einen Schrift lesen: ἵνα ἤϱεμον ϰαὶ ἡσύχιον βίον διάγωμεν (1 Tim. 2, 2) und in der zweiten: ὅπως ἤϱεμον ϰαὶ ἡσύχιον βίον διάγοιμεν (Athenagoras, Apol. c. 37), so ist, falls nicht beide erweislich aus einer gemeinsamen Quelle geschöpft haben, der Schluss völlig gerechtfertigt, dass uns in der einen das Original, in der andern eine Nachahmung vorliege.
Auf Nösgens zweiten Einwand erwidern wir, dass es doch ein bedeutender Unterschied ist, ob ein Schriftsteller die Einleitungen eines Vorgängers nachbildet oder im Widerspruche mit der Wahrheit für die von ihm berichteten Tatsachen die Augenzeugenschaft in Anspruch nimmt. Nach einem gegebenen Muster ein sich auf wenige Sätze beschränkendes Vorwort auszuarbeiten, bietet jedenfalls weit geringere Schwierigkeiten, als in einer umfänglichen, ihren Stoff lediglich den Mitteilungen anderer Gewährsmänner entnehmenden Schrift die Rolle eines Augenzeugen von Anfang bis Ende folgerichtig durchzuführen. In ganz besonderem Masse findet dies Anwendung auf unsern Fall. Aus Lucas’ eigener Aussage (1, 1 f.) müssen wir schliessen, dass unter den zahlreichen ihm bekannten Vorgängern in Bearbeitung der evangelischen Geschichte kein unmittelbarer Jünger Jesu gewesen ist.[106] Ein Werk, das mit dem Anspruche, von einem solchen geschrieben zu sein, auftrat, bedeutete somit eine Abweichung von der bis dahin geltenden Regel, eine mindestens auffällige Neuerung, und dass dieselbe dem Lucas durch sehr gewichtige Gründe widerraten wurde, ist von jedem Standpunkt aus leicht zu begreifen. Wenn er nämlich, wie die kritische Schule annimmt, sein Evangelium gegen Ende des ersten oder zu Anfang des zweiten Jahrhunderts schrieb, wo aller Wahrscheinlichkeit nach kein einziger Apostel mehr am Leben war, so musste ihm schon der weite zeitliche Abstand von den in demselben erzählten Begebenheiten ein derartiges Wagnis höchst bedenklich erscheinen lassen. Derselbe verringert sich zwar bei Nösgens Annahme, welcher die Abfassung dieser Schrift in die Zeit von 65 bis 70 n. Chr. setzt, obwohl er dann immerhin noch 40 Jahre beträgt, dafür aber entsteht für diesen eine zweite, geradezu unüberwindliche Schwierigkeit. Nösgen betrachtet nämlich das dritte Evangelium als eine Privatschrift, deren Zweck er darin sieht, dem durch judenchristliche Einflüsse in seinem Glauben beirrten Theophilus zur Ueberzeugung von der Gewissheit der ihm zu teil gewordenen Unterweisung zu verhelfen (1880, S. 57). Letzterer stand also zu Lucas in einem näheren persönlichen Verhältnis und war infolge des früher empfangenen Unterrichtes mit der evangelischen Geschichte wenigstens im Ganzen und Grossen bereits bekannt. Wie hätte sich da Lucas erdreisten dürfen, einem solchen Manne vorzuspiegeln, dass er zu den Augenzeugen derselben gehöre, wenn diesem bis dahin weder aus seinem eigenen Munde noch durch andere die geringste Kunde davon zugekommen war? Mit einer solchen Behauptung würde er nur das Gegenteil dessen, was er beabsichtigte, erreicht haben und durfte es seinem Leser nicht verargen, wenn derselbe das Buch schon nach einem flüchtigen Blick auf dessen Vorwort wieder bei Seite gelegt hätte in der nicht unbegründeten Voraussetzung, dass von einem Schriftsteller, der gleich im Anfange sich eine so handgreifliche Abweichung von der Wahrheit erlaube, nimmermehr eine zuverlässige Berichterstattung zu erwarten sei.
Die Schwierigkeiten häufen sich noch in dem Falle, wenn Lucas zur Zeit, wo er sein Evangelium schrieb, schon zur Abfassung der Apostelgeschichte entschlossen war, eine Annahme, die nicht bewiesen, aber ebensowenig widerlegt werden kann. In diesem Buche kommt bekanntlich ein wirklicher Augenzeuge zu Worte, in welchem die grosse Mehrzahl der Ausleger den aus Paulus’ Briefen bekannten Heidenchristen Lucas sieht, nur mit dem Unterschiede, dass Nösgen und die ihm gesinnungsverwandten Theologen das ganze Buch von Anfang bis Ende als sein Werk betrachten, während die kritische Richtung allein die sogenannten Wirstücke auf ihn zurückführt, welche der spätere Verfasser der AG. in sein Werk aufgenommen habe, sei es in der bewussten Absicht, für jenen apostolischen Gehilfen zu gelten, sei es in gewohnheitsmässigem Anschluss an die alttestamentliche Geschichtschreibung, der die wörtliche Wiedergabe vorgefundener Quellenberichte geläufig war.[107] Welcher von diesen Meinungen man auch den Vorzug einräumen möge, so wird man doch die durch eine achtzehnhundertjährige Erfahrung bestätigte Tatsache nicht leugnen wollen, dass der ungelehrte, nicht kritisch geschulte Leser aus der AG. den Eindruck empfängt, dass deren Verfasser mit ihrem Augenzeugen ein und dieselbe Person ist. Sollte unser Schriftsteller sich dies nicht selbst gesagt haben, als er sich für Beibehaltung der ihm von seiner Quelle dargebotenen Ausdrucksweise entschied? Das ist doch, um mit Nösgen zu reden (s. o. S. 19 Anm. 1), “bei der Gewandtheit des Apostelgeschichtschreibers schwerlich anzunehmen”. Hat er es aber vorausgesehen, dann durfte er nimmermehr wagen, den Lesern seiner ersten Schrift, die doch im Wesentlichen keine anderen als die der zweiten waren, in der Rolle eines Urapostels gegenüberzutreten. Die Unmöglichkeit, dass ein Mann, der zu Jerusalem und den Uraposteln in keinerlei Beziehung steht, sich dem Paulus erst während dessen zweiter Missionsreise in einer kleinasiatischen Küstenstadt als Begleiter anschliesst (16, 10) und neben ihm eine durchaus untergeordnete Stellung einnimmt, dem engeren Jüngerkreise Jesu angehört habe, musste selbst dem blödesten Auge sofort einleuchten. Sollte Nösgen den Vertretern der kritischen Richtung die Frage entgegenhalten: “Wenn der Verfasser der AG. sich durch den Gedanken, etwas anderes zu scheinen, als er war, so wenig beunruhigt fühlte, wie ihr meint, warum hat er dann nicht sich in seinen beiden Schriften gleich als Apostel eingeführt?” so würde unsere Antwort lauten: Weil er dann auf den grossen Vorteil hätte verzichten müssen, der zweiten derselben die Aufzeichnungen eines wirklichen Augenzeugen mit Beibehaltung der ersten Person einzuschalten und ihr damit den Stempel strenger Geschichtlichkeit aufzudrücken.
Aus alledem dürfte zur Genüge hervorgehen, dass die Gegenbemerkungen Nösgens nicht ausreichend sind, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des aus der Vergleichung von Lucas’ Vorwort mit zwei Einleitungen des Josephus gewonnenen Ergebnisses zu begründen.
[92] S. die oben (S. 40 ff.) gegebenen Nachweise.
[93] Wenigstens steht dieses Verbum an der einzigen Stelle, durch die es bis jetzt belegt ist (Plutarch, de sollertia animalium c. 12), gleichfalls im Medium neben dem Activum eines andern Zeitwortes: ἀναταττόμενος ϰαὶ μελετῶν.
[94] § 6: τὰ τῶν πϱογόνων συνετάξαντο μετ’ ἀϰϱιβείας.
[95] In der Regel folgt auf ἐπιχειϱεῖν der Infinitiv des Präsens, mag dieses Verbum nun im Präsens (2 Makk. 2, 29. Jos. A. V, 7, 11. XI, 6, 11. XII, 4, 5), Imperfectum (A. VIII, 7, 8. 9, 1. K. I, 4, 4 ö.), Perfectum (A. XVII, 5, 6. K. I, 10, 2. Ap. I, 10 ö.) oder Aorist (AG. 19, 13. 2 Makk. 7, 19. Jos. A. XV, 5, 4. K. IV, 3, 7. Ap. I, 24 ö.) stehen, seltener der Aorist (AG. 9, 29. Jos. A. VII, 1, 5. VIII, 1, 2. XI, 4, 6. K. IV, 9, 8. Ap. I, 14. II, 31), am seltensten das Futurum (K. VI, 7, 3).
[96] S. 255 des oben (S. 7) angeführten Werkes.
[97] AG. 23, 26. 24, 3. 26, 25. Bei Josephus findet sich ausser in der L. 76 wörtlich wiederholten Anrede an Epaphroditus der Vocativ noch A. IV, 6, 8 (ὦ κράτιστοι νεανιῶν). Dass er das Wort in derselben Bedeutung wie Lucas braucht, ergibt sich aus A. XVIII, 8, 4 (Ἀριστόβουλος ὁ Ἀγρίππα τοῦ βασιλέως αδελφός καὶ Ἑλκίας ὁ μέγας, ἄλλοι τε οἱ κράτιστοι τῆσδε τῆς οἰκίας καὶ οἱ πρῶτοι σὺν αὐτοῖς) und XX, 1, 2 (ὁ κράτιστος καί μοι τιμιώτατος Οὐιτέλλιος). S. auch Otto, Epistola ad Diognetum. Ed. II (Lips. 1852) p. 53 sqq.
[98] Epiphanius haer. 51, 7: ϰϱάτιστε Θεόϕιλε, εἶτ’ οὖν τινὶ Θεοϕίλῳ τότε γϱάϕων τοῦτο ἔλεγεν, ἢ παντὶ ἀνϑϱώπῳ ϑεὸν ἀγαπῶντι.
[99] S. 506 f. des oben (S. 7 Anm. 2) angeführten Aufsatzes.
[100] Ueber letzteren s. unten zu AG. 1, 1-11.
[101] Ausserdem in der Schrift gegen Apion noch I, 26. II, 2. 17. 31. 36.
[102] Vgl. auch die von diesem Verbum abgeleiteten Adjectiva δυσπαρακολούθητος (A. XI, 3, 10) und εὐπαρακολούθητος (K. VII, 3, 2), beide bei Josephus mit διήγησις verbunden.
[103] Ausserdem vergleiche man noch mit πολλοὶ ἐπεχείρησαν ἀνατάξασθαι διήγησιν L. 9: ἐπεχείρησεν καὶ τὴν ἱστορίαν τῶν πραγμάτων τούτων ἀναγράφειν. 65: Ἰοῦστος γοῦν συγγράφειν τὰς περὶ τούτων ἐπιχειρήσας πράξεις τὸν πόλεμον. Ap. II, 31: ἀμέλει τῶν γράψαι τι παραπλήσιον εἰς πολιτείαν καὶ νόμους ἐπιχειρησάντων ὡς θαυμαστὰ συνθέντων κατηγοροῦσι und A. XX, 8, 3: πολλοὶ γὰρ τὴν περὶ Νέρωνα συντετάχασιν ἱστορίαν, mit ἔδοξε κἀμοὶ . . . σοι γράψαι A. XI, 2, 1: ἔδοξεν ἡμῖν γράψαι σοι, mit παρέδοσαν ἡμῖν οἱ . . . ὑπηρέται γενόμενοι τοῦ λόγου A. XV, 11, 7: τοῦτον τὸν λόγον οἱ πατέρες ἡμῖν παρέδωκαν. L. 65: ἐβουλήθη τὴν γνῶσιν τοῖς ἀνθρώποις παραδοῦναι τῶν πράξεων.
[104] Doch kommt κράτιστος bei den Siebzig, die es im Ganzen nur viermal haben (1 Sam. 15, 15. Ps. 16, 6. 23, 5. Amos 6, 2) nie von Personen gebraucht vor. Belegstellen für die beiden andern Ausdrücke findet man in dem weiter unten (Abschnitt IV) folgenden Verzeichnisse der dem Lucas eigentümlichen Wörter und Redensarten, in welchem man überhaupt, wie hier ein für allemal bemerkt sein möge, Nachweise sprachlicher Art, die nicht sogleich im Texte gegeben sind, zu suchen hat.
[105] Dieser Behauptung lässt Nösgen selbst die Widerlegung auf dem Fusse folgen durch Anziehung einer Stelle (Ap. I, 8 Schluss), wo Josephus die Tätigkeit seiner Vorgänger durch ἱστορίας ἐπιγράφειν bezeichnet. Ausserdem findet sich bei ihm, wie schon früher (S. 56 Anm. 1) nachgewiesen, noch ἱστορίαν ἀναγράφειν.
[106] wie auch Nösgen annimmt (Die Evangelien nach Matthäus u.s.w. S. 6).
[107] S. Hilgenfeld, Einleitung in das N. T. (Leipzig 1875) S. 607. Holtzmann, Ueber den sogenannten Wirbericht der Apostelgeschichte (Ztschr. f. w. Th. 1881, S. 408-420) S. 418.
1, 5-25. Nachdem bereits Ott (S. 108 ff.) und Krebs (S. 96 f.) aus Josephus mehrfache Beiträge zur Erläuterung dieses Abschnittes erbracht hatten, ist neuerdings von Hausrath (IV, 241) hervorgehoben worden, dass “in den Schilderungen des priesterlichen Lebens des Zacharias, sowie in der genaueren Ausmalung des Tempellebens die Bekanntschaft mit Josephus durchklinge”. Unstreitig verrät diese Erzählung eine Vertrautheit mit jüdischen Cultuseinrichtungen, wie sie bei einem heidenchristlichen Schriftsteller nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden darf. Allerdings kann man gegen die Annahme, dass Lucas solche dem Josephus verdanke, geltend machen, dass sich Kenntnis des Tempelwesens schon aus dem A. T. gewinnen liess und es für einen Leser desselben am nächsten gelegen habe, sich aus diesem zu unterrichten. Ferner scheint auch der Umstand von der Annahme einer Benutzung des Josephus abzumahnen, dass die das dritte Evangelium eröffnenden Erzählungen (1, 5-2, 39), welche in stilistischer Hinsicht merklich von dem Vorworte desselben abstechen, mit höchster Wahrscheinlichkeit auf judenchristliche Quellen zurückzuführen sind, denen somit auch die auf Tempeldienst und Priestertum bezüglichen Angaben entnommen sein dürften. Jedenfalls verdient es Beachtung, dass die zahlreichen im N. T. nur bei Lucas vorkommenden Wörter, welche dieser Abschnitt enthält, sich mit einer einzigen Ausnahme auch bei den Siebzig wiederfinden und keines derselben ihm ausschliesslich mit Josephus gemein ist.[108] Auf der andern Seite darf nicht übersehen werden, dass die alttestamentlichen Beschreibungen des Tempeldienstes nicht für alle Einzelheiten unserer Erzählung Anknüpfungspunkte bieten und dass “jene judenchristlichen Quellen nicht ohne verarbeitende Aneignung benutzt wurden, da die Eigentümlichkeit des Lucas im Ausdruck auch diese Vorgeschichte durchdringt” (Meyer zu V. 5). Es wird also immerhin der Mühe lohnen, die zwischen diesem Abschnitt und einigen Stellen des Josephus wahrnehmbaren sprachlichen und sachlichen Berührungen genauer ins Auge zu fassen.
Zunächst erinnern Lucas’ Aussagen über Zacharias unverkennbar an diejenigen des Josephus über Mattathias, den Vater der Makkabäer, und über sich selbst:
A. XII, 6, 1: Κατὰ δὲ τὸν αὐτὸν καιρὸν ἦν τις οἰκῶν ἐν Μωδαῗ κώμῃ τῆς Ἰουδαίας ὄνομα Ματταθίας, υἱὸς Ἰωάννου τοῦ Συμεῶνος τοῦ Ἀσαμωναίου, ἱερεὺς ἐξ ἐφημερίδος[109] Ἰώαβος, Ἱεροσολυμίτης. | Lc. 1, 5: Ἐγένετο ἐν ταῖς ἡμέραις Ἡρώδου βασιλέως τῆς Ἰουδαίας ἱερεύς τις ὀνόματι Ζαχαρίας ἐξ ἐφημερίας Ἀβιά. | |
L. 1: ἐμοὶ δ’ οὐ μόνον ἑξ ἱερέων ἐστὶν τὸ γένος, ἀλλὰ καὶ ἐκ τῆς πρώτης ἐφημερίδος τῶν εἰκοσιτεσσάρων. |
Ferner empfangen Lucas’ Andeutungen über den Tempeldienst erst volles Licht durch die ausführliche Darstellung des Josephus:
A. VII, 14, 7: Βουλόμενος δὲ Δανίδης ἐπὶ παντὸς τοῦ λαοῦ άποδεῖξαι τὸν υἱὸν βασιλέα συγκαλεῖ τοὺς ἄρχοντας εἰς Ἱεροσόλυμα καὶ τοὺς ἱερεῖς καὶ τοὺς Ληουίτας . . . διεμέρισε δ’ αὐτοὺς καὶ κατὰ πατριὰς καὶ χωρίσας ἐκ τῆς φυλῆς τοὺς ἱερεῖς εὖρε τούτων εἴκοσι τεσσαρας πατριάς, ἐκ μὲν τῆς Ἐλεαζάρου οἰκίας ἑκκαίδεκα, ἐχ δὲ τῆς Ἰθαμάρου ὀχτώ, διέταξέ τε μίαν πατριὰν διακονεῖσθαι τῷ θεῷ ἐπὶ ἡμέρας ὀκτὼ ἀπὸ σαββάτου ἐπὶ σάββατον. καὶ οὕτως αἱ πατριαὶ πᾶσαι διεκληρώσαντο Δανίδου παρόντος καὶ Σαδώκου καὶ Ἀβιαθάρου τῶν ἀρχιερέων καὶ πάντων τῶν ἀρχόντων· καὶ ἡ πρώτη μὲν ἀναβᾶσα πατριὰ ἐγράφη πρώτη, ἡ δὲ δευτέρα ἀκολούθως ἄχρι τῶν εἴκοσι τεσσάρων· καὶ διέμεινεν οὗτος ὁ μερισμὸς ἄχρι τής σήμερον ἡμέρας. ἐποίησε δὲ καὶ τῆς Ληουίτιδος φυλῆς εἴκοσι μέρη καὶ τέσσαρα καὶ κληρωσαμένων κατὰ τὸν αὐτὸν ἀνέβησαν τρόπον ταῖς τῶν ἱερέων ἐφημερίσιν ἐπὶ ἡμέρας ὀκτώ. | Lc. 1, 8 f.: Ἐγενετο δὲ ἐν τῷ ἱερατεύειν αὐτὸν ἐν τῇ τάξει τῆς ἐφημερίας αὐτοῦ ἔναντι τοῦ θεοῦ, κατά τὸ ἔθος τῆς ἱερατείας ἔλαχε τοῦ θυμιᾶσαι εἰσελθών εἰς τὸν ναὸν τοῦ κυρίου. | |
Ap. II, 8[110]: Licet enim sint tribus quattuor[111] sacerdotum et harum tribum singulae habeant hominum plus quam quinque milia, fit tamen observatio particulariter per dies certos, et his transactis alii succedentes ad sacrificia veniunt . . . | 1, 23: καὶ ἐγένετο ὡς ἐπλήσθησαν αἱ ἡμέραι τῆς λειτουργίας αὐτοῦ, ἀπήλθεν εἰς τὸν οἶκον αὐτοῦ. |
Somit empfangen folgende Voraussetzungen der Erzählung des Lucas durch Josephus Bestätigung: 1) dass der Tempeldienst einer Anzahl (24) von Priesterklassen übertragen war, welche ihn abwechselnd besorgten, 2) dass eine jede derselben, an welche die Reihe kam, ihm während eines mehrtägigen Zeitraumes obzuliegen hatte und 3) dass die Verteilung der priesterlichen Geschäfte durch das Loos bestimmt wurde. Da nun das A. T. nur die erste dieser Einrichtungen ausdrücklich erwähnt (1 Chron. 24, 3-19. 2 Chron. 5, 11. 23, 8)[112], so spricht immerhin eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Evangelisten die Kenntnis der beiden andern durch Josephus vermittelt worden ist.
Endlich darf auch folgende bereits von Ott (a. a. O.) angezogene Parallele nicht übersehen werden:
A. XIII, 10, 3: Παράδοξον δέ τι καὶ περὶ τοῦ ἀρχιερέως Ὑρκανοῦ λέγεται, τίνα τρόπον αὐτῷ τὸ θεῖον εἰς λόγους ἠλθεν· φασὶν γὰρ ὅτι κατ’ ἐκείνην τὴν ἡμέραν καθ’ ἣν οἱ παῖδες αὐτοῦ τῷ Κυζικηνῷ συνέβαλον, αὐτὸς ἐν τῷ ναῷ θυμιῶν μόνος ὢν ἀρχιερεὺς ἀκούσειε φωνῆς, ὡς οἱ παῖδες αὐτοῦ νενικήκασιν ἀρτίως τὸν Ἀντίοχον. καὶ τοῖτο προελθὼν τοῦ ναοῦ παντὶ τῷ πλήθει φανερὸν ἐποίησεν, καὶ συνέβη οὕτως γενέσθαι.[113] | Lc. 1, 9 f. ἔλαχε τοῦ θυμιᾶσαι είδελθὼν εἰς τὸν ναὸν τοῦ κυρίου, καὶ πᾶν τὸ πλῆθος ἦν τοῦ λαοῦ προσευχόμενον ἕξω τῇ ὥρᾳ τοῦ θυμιάματος. 21: καὶ ἦν ὸ λαὸς προσδοκῶν τὸν Ζαχαρίαν καὶ ἐθαύμαζεν ἐν τῷ χρονίζειν αὐτὸν ἐν τῷ ναῷ. ἐξελθὼν δὲ οὐκ ἐδύνατο λαλῆσαι αὐτοῖς, καὶ ἐπέγνωσαν ὅτι ὀπτασίαν ἑώρακεν ἐν τῷ ναῷ· καὶ αὐτὸς ἦν διανεύων αὐτοῖς κτλ. |
Josephus’ Erzählung bietet mit derjenigen des Lucas nicht nur mehrfache sprachliche, sondern auch die sachlichen Berührungen, dass 1) Hyrkanus ebenso wie Zacharias beim Räuchern im Tempel eine Offenbarung empfängt, was sich daraus erklärt, dass “die Darbringung des Räucheropfers als des feierlichste Moment der ganzen Opferhandlung galt” (Schürer II, 240), und 2) die Menge, welche er bei seinem Heraustreten aus dem Tempel versammelt findet, durch ihn die erste Kunde von dem Geschehenen erhält, wie das den Zacharias erwartende Volk aus seiner Unfähigkeit, zu reden, erkennt, dass er eine himmlische Erscheinung gesehen hat.
[108] Bei den Siebzig und Josephus kommen vor ἐφοράω, θυμιάω, ἱερατεύω, ὄνειδος, bei jenen, aber nicht bei diesem διανεύω, ἔναντι, ἐφημερία, σίκερα, στεῖρος, während περικρύπτω ersteren wie letzterem fremd ist.
[109] Bekker liest ἐφημερίας.—Vgl. übrigens 1 Makk. 2, 1, wo jedoch die Angaben über Mattathias zu kurz und dürftig sind, als dass diese Stelle dem Evangelisten als Vorlage gedient haben könnte.
[110] Nur in lateinischer Uebersetzung erhalten.
[111] Jedenfalls ist hier, wie schon Ott (S. 111) und Schürer (II, 184) vermuten, viginti quattuor zu lesen.
[112] Dass jeder zu dem Tempeldienst Verpflichtete demselben, wenn an ihn die Reihe kam, volle acht Tage obzuliegen hatte, folgt nicht notwendig aus 2 Chron. 23, 4. 8, da hier nicht gesagt ist, dass die Ablösung der diesen Dienst besorgenden Priester und Leviten ausschliesslich am Sabbath stattzufinden pflegte.
[113] Diesen Zug aus Hyrkans Geschichte kennt auch die jüdische Tradition (s. Bloch a. a. O. S. 92).
2, 1. ff. Die hier berichtete Schatzung wird durch die Näherbestimmung in V. 2 als ein chronologischer Markstein gekennzeichnet und erscheint als solcher auch AG. 5, 37, wo der Ausdruck τῆς ἀπογραφῆς keinen Zweifel daran gestattet, dass Lucas auf ein seinen Lesern bereits bekanntes Ereignis zurückblickt und somit nur die in seinem Evangelium an unserer Stelle erwähnte Schatzung meinen kann, da von einer weiteren bei ihm nirgends die Rede ist. Ueber dieselbe erfahren wir durch ihn Folgendes: 1) dass sie auf Befehl des Kaisers Augustus abgehalten wurde, 2) dass sie die erste in Judäa veranstaltete war[114], 3) dass sie in die Zeit der Verwaltung Syriens durch Quirinius fiel, 4) dass sie zeitlich zusammentraf mit einer von Judas dem Galiläer hervorgerufenen Volkserhebung (AG. 5, 37). Diese unterscheidenden Merkmale kehren sämtlich bei einer Schatzung wieder, deren Josephus an mehreren Stellen gedenkt:
A. XVII, 13, 5: Τῆς δ’ Ἀρχελάου χώρας ὑποτελοῦς προσνεμηθείσης τῇ Σύρων πέμπεται Κυρίνιος ὑπὸ Καίσαρος, ἀνὴρ ὑπατικός ἀποτιμησόμενός τε τὰ ἐν Συρίᾳ καὶ τὸν Ἀρχελάου ἀποδωσόμενος οἶκον.
XVIII, 1, 1: Κυρίνιος δέ . . . ἐπὶ Συρίας παρῆν, ὑπὸ Καίσαρος δικαιοδότης τοῦ ἔθνους ἀπεσταλμένος καὶ τιμητὴς τῶν οὐσιων γενησόμενος . . . παρῆν δὲ καὶ Κυρίνιος εἰς τὴν Ἰουδαίαν προσθήκην τῆς Συρίας γενομένην ἀποτιμησόμενός τε αὐτῶν τὰς οὐσίας καὶ ἀποδωσόμενος τὰ Ἀρχελάου χρήματα. οἱ δὲ, καίπερ τὸ κατ’ αρχὰς ἐν δεινῷ φέροντες τὴν ἐπι ταῖς ἀπογραφαῖς ἀκρόασιν ὑποκατέβησαν τοῦ μὴ εἰς πλέον ἐναντιοῦσθαι πείσαντος αὐτοὺς τοῦ ἀρχιερέως Ἰωζάρου, Βοηθοῦ δὲ οὗτος υἱὸς ἦν. καὶ οἱ μέν ἡττηθέντες τοῦ Ἰωζάρου τῶν λόγων ἀπετίμωυ τὰ χρήματα, μηδὲν ἐνδοιάσαντες· Ἰούδας δὲ Γαυλανίτης ἀνὴρ ἐκ πόλεως ὄνομα Γάμαλα, Σάδδωκον Φαρισαῖον προσλαβόμενος ἠπείγετο ἐπὶ ἀποστάσει, τήν τε ἀποτίμησιν οὐδὲν ἄλλο ἢ ἄντικρυς δουλείαν ἐπιφέρειν λέγοντες καὶ τῆς ἐλευθερίας ἐπ’ ἀντιλήψει παρακαλοῦντες τὸ ἔθνος.
Ebd. 2, 1: Κυρίνιος δὲ τὰ Ἀρχελάου χρήματα ἀποδόμενος ἤδη καὶ τῶν ἀποτιμήσεων πέρας ἐχουσῶν. . . . Ἄνανον τὸν Σεθὶ καθίσταται ἀρχιερέα.
XX, 5, 2: πρὸς τούτοις δὲ καὶ οἱ παῖδες Ἰούδα τοῦ Γαλιλαίου ἀνήχθησαν, τοῦ τὸν λαὸν ἀπὸ Ῥωμαίων ἀποστήσαντος Κυρινίου τῆς Ἰουδαίας τιμητεύοντος, ὡς ἐν τοῖς πρὸ τούτων δεδηλώκαμεν, Ἰάκωβος καὶ Σίμων οὓς ἀνασταυρῶσαι προσέταξεν Ἀλέξανδρος.
K. VII, 8, 1: . . . Ἐλεάζαρος, ἀπόγονος Ἰούδα τοῦ πείσαντος Ἰουδαίων οὐκ ὀλίγους, ὡς πρότερον δεδηλώκαμεν, μὴ ποιεῖσθαι τὰς ἀπογραφάς, ὅτε Κυρίνιος τιμητὴς εἰς τὴν Ἰουδαίαν ἐπέμφθη.[115]
Dass Lucas’ Angaben über die Schatzung des Quirinius aus Josephus herstammen, ist schon von Holtzmann (1873, S. 89, vgl. Handcomm. I, 42) und Hausrath (IV, 242) und noch entschiedener von Keim (S. 4 f.) behauptet worden. Letzterer bemerkt, dass “die Schatzung, den Kaiser, den Legaten, die Vollziehung in Judäa Josephus meldet, auch die Erstmaligkeit der Schatzung wenigstens in Judäa deutlich K II, 8, 1. A. XVIII, 1, 1 stand und ihre Erstreckung über das ganze Land, zunächst Syrien, aus XVIII, 1, 1 ganz gut, auch wenn es falsch war, erschlossen werden konnte.” Auf die Frage, “woher Lucas die geradezu wichtigste Notiz von der Geburt Jesu in diesem weltgeschichtlichen Zeitpunkt der Einziehung des h. Landes bekommen,” antwortet er nicht minder zuversichtlich: aus Josephus. “Wie leicht konnte aus dem Eindruck der Schatzung bei Josephus, aus dem Bilde der gänzlichen “Knechtung”, aus dem lockenden und täuschenden Zündruf Juda de Galiläers “Gott allein Herr und keine sterblichen Despoten” (K. II, 8, 1. A. XVIII, 1) in Verbindung mit der Auffassung Jesu als des wahren Erretters der Nation (Lc. 1, 68 ff. 24, 21) die Vorstellung der Geburt Christi im kritischesten und zeitlich jedenfalls nahegelegenen Momente der jüdischen Geschichte sich gerade so heranbilden, wie im ersten Evangelium die Idee der Geburt des Messias auf dem Höhepunkt des Aftermessias?”
Die Ansicht der genannten Forscher hat indessen durch Schürer und Nösgen nachdrückliche Bestreitung erfahren. Schürer (1876, S. 577) geht bei derselben von dem bekannten “doppelten Irrtum” des Lucas aus, der jene Schatzung a) für einen Census der ganzen οἰϰουμένη halte und ihn b) in die Zeit des Herodes setze, wo ein römischer Census in Judäa überhaupt noch nicht möglich war. Den ersteren Irrtum leitet er davon her, dass Lucas irgend etwas von der zur Zeit des Augustus zu geographisch-statistischen Zwecken unternommenen Reichsvermessung gehört, dieselbe für einen Reichscensus gehalten und sie demgemäss mit dem ihm anderweitig bekannten Census des Quirinius identificirt habe. Wenn schon hiernach eine Benutzung des Josephus, der ihn doch darüber belehrt hätte, dass der Census kein allgemeiner war, recht unwahrscheinlich sei, so werde eine solche Annahme geradezu ausgeschlossen dadurch, dass Lucas den Census des Quirinius um 10 oder mehr Jahre zurückverlege in die Zeit des Herodes, während doch auch dem flüchtigsten Leser des Josephus sich das von selbst einprägen müsse, dass zwischen dem Tode des Herodes und dem Census des Quirinius die zehnjährige Regierung des Archelaus in der Mitte liege. Nach alledem glaubt sich Schürer zu dem Urteile berechtigt, “dass das historische Wissen des Lucas in diesen Dingen mehr auf mangelhafter mündlicher Information als auf Studium schriftlicher Quellen beruhte”.
Nösgen (1879, S. 531 f.) ergänzt diese Bemerkungen durch den Hinweis darauf, dass bei Josephus A. XVIII, 1, 1. K. II, 8, 1 allerdings von dem Kaiser, von Kyrenius[116] dem Legaten und von dessen Aufgabe ἀποτιμᾶσϑαι αὐτῶν τὰς οὐσίας, aber zum Unglück für die Abhängigkeitshypothese in unmittelbarem Zusammenhange damit von der weiteren Aufgabe des Kyrenius, das Vermögen des Archelaus zu verkaufen, die Rede sei, daher nur ein Irrsinniger aus diesen Stellen auf die Annahme einer Schatzung unter Herodes dem Grossen und, da neben Judäa höchstens noch Syrien als Terrain[117] für das ἀποτιμᾶσϑαι genannt sei, auf die Schatzung der Welt durch diese Angaben kommen könne. Gegen Keim, welcher betont, dass “Lucas von der Geburt Jesu unter König Herodes wenigstens in c. 2 kein Wort, in c. 1 aber höchstens ganz mittelbar in Beziehung auf den Täufer geredet hat” (S. 5), beruft er sich auf die Eingangsformel ἐγένετο δὲ ἐν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις (2, 1), die “im Zusammenhange des dritten Evangeliums so unzweideutig auf das ἐγένετο ἐν ταῖς ἡμέραις Ἡρώδου βασιλέως zurückweist, welches, weil der zeitliche Zwischenraum nur fünf Vierteljahre beträgt, an die Tage eines andern Fürsten im Sinne des Evangelisten nicht denken lässt.” Endlich erklärt er es für unwahrscheinlich, “dass ein paulinischer Christ, welcher Judas’ des Galiläers nur als politischen Empörers in seiner Arbeit gedenkt (AG. 5, 37), desselben Auftreten auch nur als ein Moment im Grundriss seines Messiasbildes verwertet habe.”
Auf diese Einwendungen haben wir Folgendes zu erwidern. Erstlich zwingt der Ausdruck πᾶσαν τὴν οἰκουμένην nicht, an einen allgemeinen Reichscensus zu denken, da “die von früheren Auslegern zuweilen beliebte Beschränkung” desselben auf Palästina keineswegs so “ganz unmöglich” ist, wie Schürer behauptet (I, 431), vielmehr die Zulässigkeit der Uebersetzung “das ganze Land” keinem gegründeten Zweifel unterliegt. οἰκουμένη hat mit γῆ und dem entsprechenden hebräischen אֶרֶץ das gemein, dass es sowohl den Erdkreis als auch ein einzelnes Land bezeichnen kann. Letztere Bedeutung ist durch Josephus völlig gesichert, der den fraglichen Ausdruck anstatt des bei den Siebzig vorgefundenen βασιλεία und abwechselnd mit diesem Worte gebraucht. Man vergleiche:
Est. 2, 2 f.: εἶπαν οἱ διάκονοι τοῦ βασιλέως· Ζητηθήτω τῷ βασιλεῖ κοράσια ἄφθορα καλὰ τῷ εἴδει· καὶ καταστήσει ὁ βασιλεὺς κωμάρχας ἐν πάσαις ταῖς χώραις τῆς βασιλείας αὐτοῦ, καὶ ἐπιλεξάτωσαν κοράσια παρθενικὰ καλὰ τῷ εἴδει εἰς Σοῦσαν τὴν πόλιν εἰς τὸν γυναικῶνα. | A. XI, 6, 2: βλέποντες δ’ αὐτὸν οὕτως ἔχοντα χαλεπῶς οἱ φίλοι συνεβούλευον τὴν μὲν τῆς γυναικὸς μνήμην καὶ τὸν ἔρωτα μηδὲν ὠφελούμενον ἐκβαλεῖν, ζητήσαι δὲ περιπέμψαντα καθ’ ὅλην τὴν οἰκουμένην παρθένους εὐπρεπεῖς . . . πεισθεὶς δὲ τῇ συμβουλίᾳ ταύτῃ προσέταξέ τισιν ἐπιλεξαμένους τὰς εὐδοκιμύσας ἐπ’ εὐμορφίᾳ τῶν ἐν τῇ βασιλείᾳ παρθένων ἀγαγεῖν πρὸς αὐτόν. | |
Ebd. 3, 8: (Ἀμὰν) ἐλάλησε πρὸς τὸν βασιλέα Ἀρταξέρξην λέγων· Ὑπάρχει ἔθνος διεσπαρμένον ἐν τοῖς ἔθνεσιν ἐν πάσῃ τῇ βασιλείᾳ σου. | Ebd. 5: προσελθὼν οὖν τῷ βασιλεῖ κατηγόρει λέγων ἔθνος εἶναι πονηρόν, διεσπάρθαι δὲ τοῦτο κατὰ τῆς ὑπ’ αὐτοῦ βασιλευομένης οἰκουμένης. |
Wollte man uns einhalten, dass an diesen Stellen der Ausdruck sich auf das grosse Perserreich beziehe und aus ihm nicht geschlossen werden dürfe, dass er jedes beliebige Land bedeuten könne, so würden wir auf das gleich darauf (§ 6) folgende Schreiben des Artaxerxes verweisen, der sich hier rühmt als πολλῶν ἐθνῶν ἄρξας καὶ πάσης ἧς ἐβουλήθην κρατήσας οἰκουμένης. Dass vielmehr in Josephus’ Augen schon ein Gebiet von mässigem Umfang als οἰκουμένη gilt und insbesondere auch Palästina Anspruch auf diese Bezeichnung hat, beweist er durch die Worte, die er dem seine erbitterten Landsleute vom Kampfe gegen die Römer abmahnenden König Agrippa II. in den Mund legt (K. II, 16, 4): σκέψασθε δὲ καὶ τὸ Βρεττανῶν τεῖχος οἱ τοῖς Ἱεροσολύμων τείχεσι πεποιθότες· καὶ γὰρ ἐκείνους περιβεβλημένους ὠκεανόν, καὶ τῆς καθ’ ἡμᾶς οἰκουμένης οὐκ ἐλάσσονα νῆσον οἰκοῦντας, πλεύσαντες ἐδουλώσαντο Ῥωμαῖοι.[118]
Trotz alledem bestehen wir keineswegs darauf, dass Lucas die Schatzung des Quirinius auf Palästina beschränkt gedacht haben müsse. Wohl aber kommt noch in Betracht, dass unser Schriftsteller eine ausgeprägte Neigung zu hyperbolischer Redeweise bekundet[119] und dass οἰκουμένη zu seinen Lieblingsausdrücken gehört und von ihm wiederholt in dem unbestimmten Sinn eines weiten, doch darum noch nicht mit dem römischen Reiche sich deckenden Ländergebietes gebraucht wird.[120] Die Annahme, dass sich jene Schatzung über ein solches erstreckt habe, war ihm durch Josephus selbst nahe gelegt, aus dem er ersah, dass sie sich nicht bloss auf Judäa, sondern auch auf Syrien bezog. Lucas wird also, wie das schon Keim (S. 4) erkannt hat, in diesem Fall ebenso über seine Quelle hinausgegangen sein, wie in dem Bericht über die Hungersnot unter Claudius, welcher er eine Ausdehnung ἐϕ’ ὅλην τὴν οἰϰουμένην gibt, während nach Josephus nur Judäa von derselben betroffen worden ist (s. zu AG. 11, 27-30). Endlich geben wir noch zu bedenken, dass der Evangelist, wenn er den Anlass zu Josephs Reise nach Bethlehem in der erwähnten Schatzung fand, seinen Lesern noch eine Aufklärung darüber schuldig war, wie es gekommen, dass Maria trotz ihres Ruhe und Schonung erheischenden Zustandes ihren Gatten dorthin begleitet habe. Eine Schatzung, welche selbst schwangern Frauen die Verpflichtung auferlegte, persönlich am Stammorte des Mannes zu erscheinen, musste notwendigerweise eine sehr umfassende und allgemeine sein und dieser Gedanke konnte nicht kürzer und gemeinverständlicher ausgedrückt werden, als es durch die Worte ἀπογϱάϕεσϑαι πᾶσαν τὴν οἰϰουμένην geschehen ist.
Weiter bemerken wir gegen Nösgen, dass seine Behauptung, die Formel ἐγένετο ἐν ταῖς ἡμέϱαις ἐϰείναις weise unzweideutig auf die ἡμέϱαι Ἡϱώδου zurück, unrichtig ist. Vielmehr dient diese dem A. T. entnommene, sehr dehnbare Zeitbestimmung lediglich zur Anknüpfung eines neuen Abschnittes an den vorhergehenden und wie wenig sie gepresst werden darf, ergibt sich schon aus Mt. 3, 1, wo der Erzähler mit derselben von der soeben (2, 23) berichteten Niederlassung der Eltern Jesu zu Nazareth sofort auf die um Jahrzehnte spätere Wirksamkeit Johannes des Täufers überspringt.[121]
Mit dieser beiläufigen Berichtigung soll nun keineswegs geleugnet werden, dass nach Lucas’ Darstellung zwischen der Geburt Johannes des Täufers (1, 57) und der Schatzung nur ein kurzer (etwa halbjähriger) Zeitraum liegt, nur folgt daraus noch nicht, dass diese letztere in die Regierung Herodes des Grossen fallen müsse. Schon Reuss[122] hat die Frage aufgeworfen, ob denn der Lc. 1, 5 genannte König nach des Evangelisten Meinung wirklich Herodes der Grosse und nicht vielmehr sein Sohn Archelaus sei, und Steck mindestens das Recht zu dieser Frage erwiesen durch die Bemerkungen, dass Archelaus, wenn gleich er eigentlich nur ἐϑνάϱχης war, doch von Josephus (A. XVIII, 4, 3) als βασιλεύς, seine Regierung von diesem (L. 1) und von Matthäus (2, 22) als ein βασιλεύειν bezeichnet werde, wie im N. T. auch der Tetrarch Antipas βασιλεύς heisse (Mt. 14, 9. Mc. 6, 14. 22. 25 ff.), dass ferner auf Münzen und bei Dio Cassius sein Name einfach Herodes laute und endlich Judäa nicht das ganze Land, das Archelaus niemals besass, sondern im Gegensatze von Galiläa (Lc. 1, 26), wie auch sonst bei Lucas (3, 1. AG. 1, 8. 8, 1), nur den Landesteil bedeute. Indessen glauben wir, dass Lucas in dem von Reuss angenommenen Falle sich wohl etwas deutlicher ausgedrückt haben würde, da zu seiner Zeit sich für die griechisch-römische Welt mit dem Namen Herodes allgemein und unzertrennlich die Erinnerung an den berühmtesten Träger desselben verband und er seinen heidenchristlichen, einer genaueren Kenntnis der jüdischen Geschichte ermangelnden Lesern nicht zumuten durfte, hinter einem Fürsten, der ihnen als Ἡϱώδης βασιλεὺς τῆς Ἰουδαίας vorgeführt wurde, einen der bereits halb oder ganz vergessenen Nachfolger des grossen Königs zu suchen. Für einen solchen diese Bezeichnung zu wählen, lag unserm Schriftsteller noch ferner, wenn sich, wie wohl zweifellos, unter den von ihm benutzten Schriften seiner Vorgänger auch unser Matthäusevangelium befunden hat. Wer in diesem gelesen hatte: Τοῦ δὲ Ἰησοῦ γεννηϑέντος ἐν Βηϑλεὲμ τῆς Ἰουδαίας ἐν ἡμέϱαις Ἡϱώδου τοῦ βασιλέως (2, 1), der konnte nimmermehr, wenn er nicht seine Leser absichtlich irreführen wollte, seine Schrift mit den sofort die Erinnerung an diese Stelle weckenden Worten beginnen: Ἐγένετο ἐν ταῖς ἡμέϱαις Ἡϱώδου βασιλέως τῆς Ἰουδαίας wenn er an einen von dem des Matthäus verschiednen Herodes gedacht wissen wollte. Und wer sich weiter von Matthäus belehren liess, dass Herodes des Grossen Nachfolger sein Sohn Archelaus war (V. 22), der blieb auch sicherlich vor der Versuchung bewahrt, letzterem seinen ihm von Rechtswegen zukommenden Namen vorzuenthalten, zumal derselbe die andernfalls fast unausbleibliche Verwechslung dieses Fürsten mit seinem Vater von vorn herein unmöglich gemacht haben würde.
Indessen bieten sich andere Wege, die eine ungezwungenere Lösung der hier vorliegenden Schwierigkeit versprechen. Zunächst ist im Auge zu behalten, dass die das dritte Evangelium eröffnende Vorgeschichte (1, 5-2, 52) deutlichen Spuren zufolge aus zwei ursprünglich selbständigen Stücken judenchristlicher Herkunft besteht, welche von Lucas nur zu einem Ganzen zusammengearbeitet worden sind.[123] Wenn er nun in seinen Quellen die mehrerwähnte Zeitangabe vorfand, so ist es begreiflich, dass er dieselbe auf Treu und Glauben hinnahm, ohne sich erst die Frage vorzulegen, ob sie sich mit der anderen aus Josephus gewonnenen chronologischen Bestimmung (2, 1) vertrage. So würden wir den Evangelisten entschuldigen, wenn wir Schürers Behauptung, dass er die Schatzung in die Zeit Herodes des Grossen setze, als unbedingt richtig anerkennen müssten. Indessen wird der von ihm angenommene Irrtum des Lucas hinfällig, sobald man nur den Worten desselben ihr volles Recht widerfahren lässt. Es ist nämlich durchaus unstatthaft, ἐγένετο, wie dies gewöhnlich geschieht, als gleichbedeutend mit ἦν (2, 25. 36) zu fassen, während es vielmehr bedeutet: “exstitit, er trat unter den Menschen, in der Geschichte hervor”.[124] In diesem Sinne wird γίγνεσϑαι, das Inchoativum von εἶναι, nicht selten zur Bezeichnung des Zeitpunktes im Leben eines Menschen gebraucht, wo zuerst diejenige Seite seines Wesens und Wirkens zur sichtbaren Erscheinung kommt, welche ihm seine eigentümliche Stellung in der Erinnerung der Mit- und Nachwelt anweist. Im Leben des Priesters Zacharias wird man als diesen Zeitpunkt am natürlichsten seinen Amtsantritt betrachten, jedenfalls aber denselben nicht erst in seinem Greisenalter, wo seine Tage bereits zu Ende gingen (V. 7), suchen dürfen. Wenn somit V. 7 durch die Aussage πϱοβεβηϰότες ἐν ταῖς ἡμέϱαις αὐτῶν ἦσαν eine im Vergleich mit V. 5 weiter fortgeschrittene Zeit voraussetzt, so gilt das Gleiche von der Angabe über Elisabeths Unfruchtbarkeit, da doch seit Beginn ihrer Ehe mit Zacharias eine Reihe von Jahren verflossen sein musste, ehe über diese Frage ein abschliessendes Urteil gefällt werden konnte. Wir sehen uns daher auch durch die mit V. 8 beginnende Erzählung in eine viel spätere Zeit als die in V. 5 angegebene versetzt und es ist mindestens fraglich, ob Lucas der Meinung war, dass Herodes der Grosse damals noch über Judäa geherrscht habe. Jedenfalls konnte er unbedenklich die chronologische Bestimmung in V. 5, mag sie nun ihm selbst oder seiner Quelle angehören, an die Spitze seines Evangeliums stellen, auch wenn er wusste, dass Zacharias’ Leben und Amtstätigkeit noch tief in die Tage des Archelaus hineinreichte, denn offenbar war sein Absehen nicht auf eine genaue Zeitangabe gerichtet, sondern er wollte nur seinen Lesern durch einen Fingerzeig ganz allgemeiner Art den Zeitraum der jüdischen Geschichte andeuten, in welchem sie die von ihm im Eingange seines Evangeliums berichteten Ereignisse zu suchen hätten, nämlich in der mit “den Tagen des Königs Herodes” anhebenden Periode der Herodier.
Endlich können wir auch Nösgens Bestreitung der von Keim für die Anknüpfung der Geburt Jesu an den Census des Quirinius gegebenen Erklärung nicht für glücklich halten, so wenig wir damit der letzteren auch unbedingt das Wort reden wollen. Wenn Nösgen meint, dass der Meister des Evangelisten auch für diesen nicht umsonst gefragt haben werde: Τίς ϰοινωνία ϕωτὶ πϱὸς σϰότος; so ist zu erwidern, dass gerade die Rücksicht auf den Gegensatz zwischen Licht und Finsternis unsern Schriftsteller leicht zu jener Anknüpfung bestimmen konnte. Teilte er doch mit seinen christlichen Zeitgenossen die Ueberzeugung, dass der Wiederkunft Jesu das Auftreten zahlreicher, die Menge durch den Messiasnamen betörender Lügenpropheten vorangehen werde (Lc. 21, 8). Wie nahe lag ihm da die Folgerung, dass auch unmittelbar vor dem Aufgange des mit Jesu erstem Eintritt in die Welt erschienenen Lichtes (1, 78 f., 2, 32) die Macht der Finsternis sich in einem Volksverführer ähnlichen Schlages verkörpert habe! Wenn Lucas von dieser Voraussetzung aus die Reihe der von Josephus verzeichneten Empörer gegen das Römerjoch durchmusterte, so bot sich ihm als eine solche Gestalt ungesucht der alle andern an Bedeutung und Gefährlichkeit übertreffende Judas von Galiläa dar, dessen Unternehmen nicht nur den Charakter einer wirklichen Volkserhebung trug, sondern auch in seinen Wirkungen noch Jahrzehnte lang nachzitterte (s. zu AG. 5, 37). Endlich verdient noch Erwähnung, dass auch die messianischen Erwartungen der Vorgeschichte, die unverkennbar national-jüdisches Gepräge tragen und in dem verheissenen König aus Davids Stamm den Erretter Israels von aller feindlichen Gewalt begrüssen (Lc. 1, 32 f. 51 ff. 68 ff.), unserm Schriftsteller das Auftreten des Judas ins Gedächtnis rufen konnten.
Wenn wir soeben Keims Annahme als zulässig verteidigt haben, so folgt daraus noch nicht, dass wir sie auch für die einzig mögliche halten. Es ist schon wiederholt bemerkt worden, dass die Voraussetzung, durch welche Lucas die Reise der Eltern Jesu nach Bethlehem begründet, zwar nicht für eine römische Schatzung, aber doch für eine Aufnahme jüdischer Geschlechtsregister zutreffe.[125] Wie erklärt sich aber bei einem ausserhalb Palästinas und nach der Zerstörung Jerusalems schreibenden Heidenchristen die Bekanntschaft mit einer Einrichtung, welche jedenfalls die Selbständigkeit des jüdischen Staatswesens nicht überlebte? Die Antwort kann unsers Erachtens nur lauten: aus der judenchristlichen Ueberlieferung, welcher Lucas die Kindheitsgeschichte verdankt. Da Jesu Name einmal unzertrennlich mit Nazareth verbunden war, so musste jede Erzählung, welche für seine Geburt in Bethlehem eintrat, sich über die Veranlassung äussern, die seine Eltern von ersterer nach letzterer Stadt geführt hatte. Der dem Evangelisten vorliegende Bericht fand dieselbe in der durch obrigkeitliche Anordnung allen jüdischen Bewohnern Palästinas auferlegten Verpflichtung, sich an ihrem Stammorte zur Eintragung in die Geschlechtsregister zu melden. Wenn ihm nun seine Quelle die Angabe bot: ἐποϱεύοντο πάντες ἀπογϱάϕεσϑαι ϰτλ., so sah er sich sofort an die ihm aus Josephus bekannte ἀπογϱαϕή des Quirinius erinnert und derselbe Universalismus, der sich bei ihm in der Uebertragung der den zwölf Aposteln geltenden Mahnungen und Verheissungen auf die siebzig Jünger bekundet, erklärt die Vertauschung einer auf das jüdische Volk beschränkten Massregel mit einer sich über ὅλη ἡ οἰϰουμένη erstreckenden Schatzung.
Wie man aber auch über diese Nebenfrage urteilt, so glauben wir doch dargetan zu haben, dass die Gegengründe Schürers und Nösgens nicht ausreichend sind, um uns die Ableitung der vielumstrittenen Schatzung des Lucas aus Josephus zu verbieten. Wir bekennen uns um so zuversichtlicher zu dieser Annahme, als wir für dieselbe noch eine neue Stütze beibringen können. Obwohl die Angabe αὕτη ἡ ἀπογϱαϕὴ ἐγένετο πϱώτη ἡγ. τ. Σ. Κ. verschiedene Auffassungen zulässt[126], so geht doch aus derselben zweifellos so viel hervor, dass die erwähnte Schatzung nach Lucas’ Meinung nicht die einzige in Judäa überhaupt gewesen ist. Nun aber weiss von einer zweiten die Geschichte nichts zu berichten und auch nach Lucas kann eine solche mindestens bis zu der Zeit, in welche die berühmte Rede Gamaliels fällt, nicht stattgefunden haben, da er diesen die erste als ἡ ἀπογϱαϕή schlechthin bezeichnen lässt (AG. 5, 37). Die Frage, woher sich Lucas die Vorstellung gebildet habe, dass das jüdische Land während der römischen Herrschaft mehreren Schatzungen unterzogen worden sei, beantwortet sich ungezwungen gleichfalls aus Josephus. Einmal konnte ihm nicht entgehen, dass dieser das Wort ἀπογραφή durchgängig im Plural gebraucht.[127] Wenn er ferner bei ihm den Census, welcher den Anstoss zum Auftreten des Judas gab, als ἡ ἀποτίμησις bezeichnet fand (A. XVIII, 1, 1) und dann weiterhin las: Κυρίνιος δὲ τὰ Ἀρχελάου χρήματα ἀποδόμενος ἤδη καὶ τῶν ἀποτιμήσεων πέρας ἐχουσῶν (ebd. 2, 1), so lag die Annahme nahe genug, dass auf jene unfraglich erste Schatzung unter der Verwaltung desselben Quirinus noch weitere gefolgt seien.
Endlich dienen dem Ergebnis unserer Untersuchung auch noch einige sprachliche Berührungen zwischen Josephus und Lucas zur Bestätigung. Das bei ersterem regelmässig einen Erlass des Trägers der Staatsgewalt bezeichnende δόγμα[128] hat innerhalb des N. T.s nur bei Lucas diese Bedeutung (noch AG. 17, 7). Ἀπογραφή kommt bei ihm nur hier und AG. 5, 37 vor und ist den übrigen neutestamentlichen Schriftstellern ebenso fremd, wie das bei ihm noch einmal (3, 1) wiederkehrende ἡγεμονεύειν, welches ihm gleichfalls Josephus an die Hand geben konnte, der nicht nur die römischen Statthalter Syriens ἡγεμόνες, ihr Amt ἡγεμονία, ihre Amtstätigkeit ἡγεμονεύειν nennt[129], sondern auch letzteres Verbum in der von Lucas an beiden Stellen gewählten Form und Construction gebraucht.[130]
[114] wie sich noch deutlicher als aus Lc. 2, 2 (s. unten) aus AG. 5, 37 ergibt, wo Gamaliel voraussetzt, dass sie bis dahin die einzige geblieben ist.
[115] Von Judas ist ausserdem noch K. II, 8, 1. 17, 8 die Rede, ohne dass hier der Schatzung ausdrücklich Erwähnung geschieht. S. zu AG. 5, 34-39.
[116] Beiläufig bemerkt, eine ebenso unerträgliche vox hibrida, wie das von Nösgen anderwärts (Comm. über die AG. S. 183) gebrauchte Adjectiv: “anormal”. Entweder: “Kyrenios” und “anomal” oder: “Quirinius” und “abnorm”. Wir schreiben in Anführungen aus Josephus nach Nieses Vorgang überall Κυϱίνιος, da die Form Κυϱήνιος wohl lediglich des Vermutung, dass dieser Name mit Κυϱήνη, Κυϱηναῖος zusammenhänge, ihre Entstehung verdankt.
[117] So ist jedenfalls statt “Termin” zu lesen.
[118] Auf die von Krebs (S. 100) als Belege für diesen Gebrauch von οἰκουμένη beigebrachten Stellen verzichten wir, da sie unseres Erachtens nicht beweiskräftig sind. Wenn Josephus (A. VIII, 13, 4) den König Ahab sagen lässt: περιπέμψαντα κατὰ πᾶσαν τὴν οἰκουμένην τοὺς ζητήσοντας τὸν προφήτην Ἠλίαν οὐχ εὑρηκέναι, so verbietet seine alttestamentliche Vorlage 1 Kön. 18, 10 (ζῇ κύριος ὁ θεός σου, εἰ ἔστιν ἔθνος ἢ βασιλεία σὗ οὐκ ἀπέστειλεν ὁ κύριός μου ζητεῖν σε), diesen Ausdruck auf das jüdische Land einzuschränken. An der zweiten Stelle A. XIV, 7, 2 (Θαυμάσῃ δὲ μηδεὶς, εἰ τοσοῦτος ἦν πλοῦτος ἐν τῷ ἡμετέρῳ ἱερῷ πάντων τῶν κατὰ τὴν οἰκουμένην Ἰουδαίων καὶ σεβομένων τὸν θεόν ἔτι δὲ καὶ τῶν ἀπὸ τῆς Ἀσίας καὶ τῆς Εὐρώπης εἰς αὐτὸ συμφερόντων ἐκ πολλῶν πάνυ χρόνων) wird man eine schriftstellerische Nachlässigkeit des Josephus annehmen müssen, da die σεβόμενοι τὸν θεόν (s. über dieselben zu AG. 13, 43) den Leser zunächst an Heidenländer denken lassen und σἰκουμένη deshalb hier nicht wohl einen andern Sinn haben kann als an der gleichfalls von Krebs angeführten Parallelstelle K. V, 5, 1: οἱ ἱεροὶ θησαυροὶ πάντες, οὓς ἀνεπίμπλασαν οἱ παρὰ τῆς οἰκουμένης δασμοὶ πεμπόμενοι τῷ θεῷ. Josephus hat dann darin gefehlt, dass er καὶ τῶν ἀπὸ τ. Ἀσίας κτλ. durch ἔτι anstatt durch μάλιστα oder ein ähnliches Wort anfügte. Dagegen können wir für unsere obige Behauptung noch folgende Stellen beibringen: A. IV, 6, 8: δεῖν οὖν αὐτοῖς ἔλεγον ἢ ταὐτὰ πᾶσιν ἡγητέον ἢ ζητεῖν ἄλλην οἰκουμένην. ἐν ᾗ βιώσονται μόνοι κατὰ τοὺς ἰδίους νόμους. XIX, 1, 2: ἀναπεπληρωκότι δὲ αὐτῷ συκοφαντιῶν καὶ κακῶν πᾶσαν τὴν οἰκουμένην, ἧς ἐπῆρχεν.
[119] Man erinnere sich nur der Myriaden, die zu Jesu Predigt herbeiströmen (Lc. 12, 1), sowie derer, aus denen zur Zeit von Paulus’ letzter Anwesenheit in Jerusalem die dortige Christengemeinde besteht (AG. 21, 20), des πσλὺς ὄχλος τῶν ἱεϱέων, die dem Evangelium zufallen (6, 7), der ἡμέϱαι ἀϱχαῖαι, seit welchen Petrus den Heiden das Evangelium gepredigt hat (15, 7), der πολλὰ ἔτη von Felix’ Verwaltung (24, 10, s. zu 24, 1-26), der hyperbolischen Ausdrücke πάντες (Lc. 15, 1. 22, 70. 23, 49. AG. 9, 35. 22, 12) und ἅπαν τὸ πλῆϑος (25, 24).
[120] AG. 17, 6. 19, 27. 24, 5. Ausserdem kommt es bei ihm noch Lc. 4, 5. 21, 26. AG. 11, 28. 17, 31 vor.
[121] “Er gebraucht dabei nur den sehr ungenauen Uebergang ἐν ταῖς ἡμέϱ. ἐϰ. in der nämlichen Einfalt unstudirter Geschichtschreibung, in welcher wir ihn Ex. 2, 11 finden, wo mit demselben Ausdrucke die Zeit, wo sich Moses noch am ägyptischen Hofe aufhielt, gemeint ist, aber nicht seine Kindheitszeit (V. 10), sondern sein männliches Alter” (Meyer zu d. St.). Vgl. Krebs (S. 7): “Hebraei, hosque imitati N. T. scriptores, formulam loquendi ἐν ἐϰείναις ἡμέϱαις de tempore quamvis longo, permultorumque annorum elapsorum spatio adhibent, adeo ut in hoc Matthaei loco annos ad minimum XX. aut XXV. complectatur.” Grimm (s. v. ἐϰεῖνος): “ἐν τ. ἡμ. ἐϰ. . . . dicitur de tempore, quod scriptores accuratius definire aut nesciunt aut nolunt ac tamen conjungi volunt cum rerum modo narratarum tempore.” Den daselbst angeführten alttestamentlichen Stellen fügen wir noch Richt. 17, 6. 18, 31. 21, 25 bei.
[122] Histoire évangélique p. 121. 142.
[123] Darin, dass 2, 4. 5 “von Nazaret, Joseph und Maria gesprochen wird, als ob uns diese Namen nicht schon aus 1, 26. 27 bekannt wären”, hat bereits Holtzmann einen “Beweis verhältnismässiger Selbständigkeit des neuen Stücks” gesehen (Handcomm. I, 43 f.). Ebenso erklärt er die Antwort der Maria 1, 34 insofern für “beanstandbar, als sie ja verlobt ist und sonach die Verheissung des Engels nur auf die erste Frucht ihrer bevorstehenden Ehe beziehen konnte, also begreiflich finden musste” (ebd. S. 31 f.). Man kann noch mehr sagen: diese Antwort verstösst geradezu gegen die Wahrheit, da γινώσϰω nicht im Sinne von Mt. 1, 25, sondern nur nach AG. 19, 15 (vgl. 26, 5) verstanden werden kann, indem in ersterem Falle nach herrschendem Sprachgebrauche (Gen. 19, 8. Num. 31, 17. Richt. 11, 39. 21, 12) statt des Präsens ein Präteritum zu erwarten wäre. Wir halten uns hiernach berechtigt, die Worte ἐμνηστευμένην—Ἰωσήϕ (1, 27) als einen von dem Ueberarbeiter herrührenden Zusatz zu betrachten, dessen Ursprung in 2, 4 f. zu suchen ist, eine Annahme, welche auch dadurch empfohlen wird, dass nach Ausscheidung dieser Worte Sinn und Zusammenhang lediglich gewinnt. Wenn die Angabe ἐξ οἴϰου Δαυείδ sich auf Maria bezieht, so dient sie zur Begründung der weiterhin folgenden: Δαυείδ τοῦ πατϱός αὐτοῦ (V. 32), während, wenn erstere auf Joseph geht, letztere unverständlich wird, da man nicht absieht, wie ein Sohn der Maria, der nach des Engels ausdrücklicher Ankündigung (V. 35) Joseph nicht zum Vater haben soll, ein Davidssohn heissen kann, wenn doch nur ihr Verlobter, nicht auch sie selbst dem Geschlechte Davids entstammte.
Zerlegt sich somit die Geburtsgeschichte des dritten Evangeliums in zwei ursprünglich von einander unabhängige Stücke (1, 5-80 und 2, 1-40), so entsteht die Frage, welchem derselben das höhere Alter zukomme. Wir können diese Frage nur zu Gunsten des jetzt die zweite Stelle einnehmenden Stückes beantworten. Als jünger erweist sich das erste schon dadurch, dass es in unlöslichem Zusammenhange mit der Geburtsgeschichte Jesu eine solche Johannes des Täufers bietet. Eine wunderbare Vorgeschichte dieses letzteren kann sich nicht früher, als nachdem ihn die christliche Ueberlieferung mit Jesu als Vorläufer desselben in enge Verbindung gesetzt hatte, gebildet haben, da zu einer solchen seine eigene Wirksamkeit, aus der man keine einzige Wunderhandlung zu berichten wusste (Joh. 10, 41), zu wenig Anlass bot. War aber einmal die Kindheit Jesu Gegenstand verherrlichender Dichtung geworden, so machte sich leicht das Bedürfnis geltend, einen Abglanz des Lichtes, welches seinen Eintritt in die Welt umgab, auf seinen Vorgänger fallen zu lassen. Die Geburtsgeschichte Johannes des Täufers ist somit nur der “Wiederschein” derjenigen Jesu (Holtzmann a. a. O. S. 31).
[124] Vgl. Mc. 1, 4. Joh. 1, 6. 1 Joh. 2, 18. 2 Ptr. 2, 1. Jos. L. 1: οὗτος ἐγένετο ϰαϑ’ ὃν ϰαιϱὸν ἠϱχιεϱάτευσε Σίμωνος ἀϱχιεϱέως ὁ παῖς und die Anfangsworte des (unechten) Zeugnisses von Christo (A. XVIII, 3, 3): γίνεται δὲ ϰατὰ τοῦτον τὸν χϱόνον Ἰησοῦς σοϕὸς ἀνήϱ.
[125] S. Winer, Biblisches Realwörterbuch unter “Schatzung”. Holtzmann, Handcomm. I, 43.
[126] Die natürlichste und ungezwungenste Auffassung wird immer diejenige bleiben, nach welcher diese Angabe die fragliche Schatzung zu einer zweiten gleichfalls unter Quirinius’ Statthalterschaft abgehaltenen in Gegensatz stellt (s. Meyer). Aber auch wenn man in ἡγ. τ. Σ. nur eine lose angefügte chronologische Bestimmung sieht, wird man zugeben müssen, dass “der geographische Hintergrund der ganzen lucanischen Vorgeschichte dem πϱώτη seine Beziehung auf Judäa zuweist.” (Holtzmann a. a. O. S. 42.)
[127] ausser an den oben angeführten Stellen (A. XVIII, 1, 1. K. VII, 8, 1) noch A. XII, 2, 3.
[128] A. XIV, 10, 26: Πολλὰ μὲν οὖν ἐστι κα ἄλλα τοιαῦτα τῇ συγκλήτῳ καὶ τοῖς αὐτοκράτορσι τοῖς Ῥωμαίων δόγματα πρὸς Ὑρκανὸν καὶ τὸ ἔθνος ἡμῶν γεγενημένα . . . XVII, 6, 3. θαυμαστόν τε οὐδέν, εἰ τῶν σῶν δογμάτων ἀξιωτέρους τετηρῆσθαι ἡγησάμεθα νόμους. (Die Rede geht an Herodes d. Gr.) Insbesondere ist δόγμα stehender Ausdruck für senatus consultum (XII, 10, 6. XIV, 8, 5. 10, 9. 14, 5. δόγμα συγκλήτου XII, 9, 2. XIV, 10, 10. τῆς συγκλήτου δόγμα XIII, 9, 2. XIV, 10, 1. 22. 16, 1).
[129] ἡγεμών A. XII, 3, 1. XIX, 6, 3. 7, 2. 8, 1. K. II, 12, 5. IV, 10, 6. ἡγεμονία A. XVIII, 4, 2. 6, 5. ἡγεμονεύειν A. XV, 10, 1. K. VII, 3, 4. L. 8.
[130] K. Vw. 7: Αὐγούστου μὲν Ῥωμαίων ἡγεμονεύοντος.
2, 40-52. Zu dieser Erzählung bietet Josephus einige Parallelen. Zunächst weist der Anfang derselben unverkennbare sprachliche und sachliche Berührungen mit seiner, in Einzelheiten über die Angaben des A. T.s hinausgehenden Darstellung von Simsons Geschichte auf. Man vergleiche:
A. V, 8, 4 f. γενόμενον τό παιδίον Σαμψῶνα καλοῦσιν, ἰσχυρὸν δ’ ἀποσημαίνει τὸ ὄνομα. ηὔξετο δ’ ὁ παῖσ ῥᾳδίως καὶ δῆλος ἦν προφητεύσων ὑπὸ τής περὶ τὴν δίαιταν σωφροσύνης καὶ τῆς τῶν τριχῶν ἀνέσεως. Ἀφικόμενος δὲ μετὰ τῶν γονέων εἰς Θάμνα πόλιν τῶν Παλαιστίνων πανηγύρεως ἀγομένης κτλ. | Lc. 2, 40 f.: Τὸ δὲπαιδίον ηὔξανεν καὶ ἐκραταιοῦτοπληρούμενον σοφίας, καὶ χάρις θεοῦ ἦν ἐπ’ αὐτό. Καὶ ἐπορεύοντο οἱ γονεῖς αὐτοῦ κατ’ ἔτος εἰς Ἱερουσαλὴμ τῇ ἑορτῇ τοῦ πάσχα κτλ. |
Es verdient Beachtung, dass sich bei Josephus wie bei Lucas unmittelbar an die Bemerkung über die erfreuliche körperliche und geistige Entwickelung des Knaben die Erwähnung einer Reise anschliesst, die derselbe nach einer fremden Stadt und zwar in Gesellschaft seiner Eltern und auf Veranlassung eines Festes unternimmt. Letztere beiden Züge sucht man im A. T. (Richt. 14, 1) vergebens[131], sodass höchstens V. 40, dessen erste Hälfte eine nahezu wörtliche Wiederholung von 1, 80 a ist, als Nachbildung von Richt. 13, 24 f. gelten kann[132], obgleich der Ausdruck des Evangelisten auch hier weit deutlicher an Josephus als an die Siebzig anklingt.
Was wir weiterhin bei Lucas (V. 46-52) lesen, erinnert uns sofort an eine bereits von Ott (S. 124 f.) zur Vergleichung herangezogene Stelle der Lebensbeschreibung des Josephus (c. 2), wo er berichtet, dass er als Knabe im Lernen rasche Fortschritte gemacht und sich durch Gedächtnis und Verstand hervorgetan habe, so dass ihm schon in seinem vierzehnten Lebensjahre vielseitige Anerkennung zu teil geworden und öfter die Hohenpriester und ersten Männer der Stadt zusammengekommen seien, um sich von ihm über Fragen des Gesetzes belehren zu lassen. Die von Ott dieser Vergleichung beigefügte Bemerkung: “Si licet miscere profana Sanctis” zeigt jedoch, wie fern ihm der Gedanke einer Abhängigkeit des Lucas von Josephus liegt. Noch ohne von diesem Vorgänger zu wissen, haben wir von Neuem auf die augenfällige Aehnlichkeit beider Erzählungen hingewiesen und aus derselben auf Benutzung des jüdischen Schriftstellers durch den christlichen geschlossen.[133] Unsere Annahme hat sich der Zustimmung Hausraths erfreut (IV, 241), aber auch von andrer Seite lebhafte Bestreitung erfahren. Die Gegnerschaft von Nösgen (1879, S. 535 f.), Gloel[134] und Wandel[135] befremdet uns weniger als der Machtspruch, mit dem Keim (S. 3) jene “plumpe, längst bekannte Parallele” abtun zu können meint. Nösgen, der am meisten auf das Einzelne eingeht, findet neben den von uns hervorgehobenen “beweisunkräftigen Uebereinstimmungen” “eine Reihe für die beiden Zeichnungen höchst bedeutsame Verschiedenheiten. Man vergleiche nur auf Seite der evangelischen Schilderung die ganze Vorgeschichte zu dem Antreffen des Jesusknaben im Tempel, desselben nur hörendes, fragendes und nur nach Art eines Schülers antwortendes Verhalten und die Einmaligkeit solcher Begegnung mit jüdischen Lehrern im Tempel und hingegen in des Josephus selbstgefälliger Schilderung seiner Jugend die schon früh erwachende und von allen[136] belobte Liebe zur Wissenschaft, das beständige (ἀεί) Zusammenkommen der Hohenpriester und der Ersten der Stadt, um von ihm etwas Genaueres πεϱὶ τῶν νομίμων zu erfahren. Wie ist’s da möglich, zu verkennen, auf welcher Seite die unwahrscheinliche und übertreibende Darstellung ist, welche sicherlich nicht der einfachen, in jeder Hinsicht schlichten und Wahrheit atmenden, in jenem ersten unmittelbaren Selbstzeugnis des Jesuskindes ein ganz selbständiges Moment enthaltenden Darstellung zu Grunde liegen kann! Wer sieht nicht an Josephus’ Selbstberäucherung seiner Jugend, in welcher Weise eine von einem unwahrhaftigen Schriftsteller selbsterfundene Schilderung die Kindheit Jesu malen würde?” Auch nach Gloel ist “der Gesamtcharakter beider Berichte so verschieden, dass jeder irgend besonnene Leser den Gedanken weit abweisen wird, dass der schlichte einfache Bericht des Lucasevangeliums irgendwie unter der Einwirkung jener Josephusplaudereien könnte entstanden sein.”[137] Eben so zuversichtlich urteilt Wandel, dass durch solche Gegenüberstellung des Josephus die Glaubwürdigkeit des Lucas nur gewinnen könne, “da die dick aufgetragene Uebertreibung in der Schilderung des ersteren von sich selbst scharf von dem schlichten wahrheitsgetreuen Colorit der Erzählung des letztern absticht, der die Begabung Jesu und seine verständigen Antworten zwar von den älteren Schriftgelehrten, die mit ihm sprechen, anerkannt und bewundert werden lässt, aber weit entfernt ist von einer solchen Beräucherung desselben, wie sie Josephus sich selbst angedeihen lässt, ganz im Geist der späteren apokryphischen Legende.”
Wir haben gegen diese Stimmen mehreres zu erinnern. Erstlich beruht es lediglich auf einem Vorurteile, wenn man in der grösseren Schlichtheit und Einfachheit, welche eine Erzählung vor einer andern den gleichen oder einen ähnlichen Stoff behandelnden voraushat, ohne weiteres eine Bürgschaft höherer Ursprünglichkeit erblickt. Dazu wäre man nur dann berechtigt, wenn man bei jedem späteren Schriftsteller, der einen früheren benutzt, die unwiderstehliche Neigung voraussetzen dürfte, den ihm von seiner Quelle gebotenen Stoff durch Zutaten eigener Hand zu bereichern und auszuschmücken. Nun aber ist bekanntlich gar nicht selten das gerade Gegenteil der Fall, indem ein jüngerer Berichterstatter oft genug mehr oder minder wesentliche Einzelzüge seiner Vorlage abschwächt oder auch gänzlich streicht. Von den verschiedenen, selbstverständlich nicht immer nachweisbaren Beweggründen, die ihn zu diesem Verfahren bestimmen können, sei hier als einer der wirksamsten nur die Scheu erwähnt, durch unverkürzte Wiedergabe alles dessen, was der Vorgänger seinen Zeitgenossen unbedenklich bieten konnte, bei einem andersgearteten Leserkreis Anstoss zu erregen, Zweifel an der Wahrheit der Erzählung hervorzurufen, den Helden derselben in einem ungünstigen Licht erscheinen zu lassen, kurz dem beabsichtigten Zwecke der Darstellung auf irgend eine Weise Eintrag zu tun. Ohne alle Frage ist der sich auf drei Verse beschränkende Bericht der Chronik von der Eroberung der ammonitischen Hauptstadt Rabba durch David (1 Chron. 21, 1-3) viel einfacher, als die entsprechende, zwei Kapitel füllende Erzählung des zweiten Samuelbuches (2 Sam. 11. 12), der allein wir die Kenntnis einiger mit diesem Ereignis in engster Verbindung stehenden Tatsachen (Urias’ Tod, dessen Veranlassung und Folgen) verdanken: darf aber deshalb ein Bibelforscher der ersteren Darstellung im Vergleiche mit letzterer grössere Ursprünglichkeit zuerkennen? Ebenso wird der mit dem A. T. vertraute Leser des Josephus bisweilen durch seine Schlichtheit und Nüchternheit in Behandlung des aus dieser Quelle entnommenen Geschichtsstoffes überrascht. Als Beispiel diene hier eine Erzählung aus dem Leben des Elias, die wir in der ursprünglichen Form und in seiner Beabeitung mitteilen:
1 Kön. 19, 4 ff.: αὐτὸς ἐπορεύϑη ἐν τῇ ἐρήμῳ ὁδὸν ἡμέρας καὶ ῇλϑε καὶ ἐκάϑισεν ὑποκάτω Ῥαϑμέν[138] καὶ ᾐτήσατο τὴν ψυχὴν αὐτοῦ ἀποϑανεῖν καὶ εἶπεν· Ἱκανούσϑω νῦν, λάβε δὴ τὴν ψυχήν μου ἀπ’ ἐμοῦ, κύριε, ὅτι οὐ κρείσσων ἐγώ εἰμι ὑπὲρ τοὺς πατέρας μου. καὶ ἐκοιμήϑη καὶ ὕπνωσεν ἐκεῖ ὐπὸ φυτόν· καὶ ἰδού τις ἥψατο αὐτοῦ καὶ εἶπεν αὐτῷ· Ἀνάστηθι καὶ φάγε. καὶ ἐπέβλεψεν Ἠλιού, καὶ ἰδοὺ πρὸς κεφαλῆς αὐτοῦ ἐγκρυφίας ὀλυρίτης καὶ κάψακης ὕδατος· καὶ ἀνέστη καὶ ἔφαγε καὶ ἔπιε, καὶ ἐπιστρέψας ἐκοιμήϑη. καὶ ἐπέστρεψεν ὁ ἄγγελος κυρίου ἐκ δευτέρου καὶ ἥψατο αὐτοῦ καὶ εἶπεν αὐτῷ· Ἀνάστα, φάγε, ὅτι πολλὴ ἀπὸ σοῦ ἡ ὁδός· καὶ ἀνέστη καὶ ἔφαγε καὶ ἔπιε· καὶ ἐπορεύϑη ἐν ἰσχύϊ τῆς βρώσεως ἐκείνης τεσσαράκοντα ὑμέρας καὶ τεσσαράκοντα νύκτας ἕως ὅρους Χωρήβ. | A. VIII, 13, 7: . . . εἰς τὴν ἔρημον ἀνεχώρησεν εὐξάμενος ἀποϑανεῖν· οὐ γὰρ δὴ κρείττων εἶναι τῶν πατέρων, ἵνα ἐκείνων ἀπολωλότων αὐτὸς ζῆν γλίχηται· κατακοιμηϑεὶς δὲ πρός τινι δένδρῳ διεγείραντος αὐτόν τινος ἀναστὰς εὑρίσκει παρακείμενην αὑτῷ τροφὴν καὶ ὕδωρ· φαγὼν δὲ καὶ συλλεξάμενος ἐκ τῆς τροφῆς ἐκείνης τὴν δύναμιν εἰς τὸ Σιναῖον καλούμενον ὄρος παραγίνεται. |
Die zweite dieser beiden Darstellungen unterscheidet sich von der ersten hauptsächlich in folgenden Punkten: 1) dass sie weder über die Länge der von Elias zurückgelegten Wegstrecken noch über die Art der von ihm beim Erwachen vorgefundenen Nahrungsmittel genauere Angaben enthält, 2) dass sie den Propheten nur einmal, nicht zweimal, einschlafen und erweckt werden lässt, 3) dass sie die Worte des ihn Ermunternden nicht mitteilt und 4) dass sie letzteren unbestimmt als τις, nicht als einen Engel bezeichnet. Die grössere Einfachheit hat sie somit unzweifelhaft auf ihrer Seite: wird aber jemand geneigt sein, dieselbe als Beweisgrund gegen ihre Abhängigkeit von der ersten geltend zu machen? Gewiss ebenso wenig, als man sich versucht fühlen kann, die ursprüngliche Gestalt der Sage von Elias’ Himmelfahrt anstatt in der ausführlichen und lebendigen Schilderung, welche das A. T. derselben widmet (2 Kön. 2, 1-11), in Josephus’ trockner Bemerkung zu finden: κατ’ ἐκεῖνον δὲ τὸν καιρὸν Ἠλίας ἐξ ἀνϑρώπων ἠφανίσϑη καὶ οὐδεὶς ἔγνω μέχρι τῆς σήμερον αὐτοῦ τὴν τελευτήν (A. IX, 2, 2). Dass aber zu der sich bei dieser Vergleichung des jüdischen Geschichtschreibers mit seiner Quelle aufdrängenden Beobachtung auch andere Literaturgebiete hinreichenden Anlass geben, wird uns jeder Kenner des griechisch-römischen Altertumes bestätigen. Wir erinnern hier nur an die uns u. a. durch T. Livius (IX, 30) und Ovid (Fasti VI, 651-692) überlieferte, von Zeller[139] eingehend behandelte römische Volkssage von der Auswanderung der Flötenspieler nach Tibur. Obgleich Ovid jünger ist als Livius und die Darstellung des letzteren gegenüber der seinigen grössere Einfachheit und Nüchternheit aufweist, so urteilt Zeller doch gewiss mit vollem Rechte, dass uns “die ursprüngliche Sage der Dichter, der sie in ihrer ganzen Naivetät wiedergibt, treuer bewahrt hat”, als der Geschichtschreiber, “für den dieselbe, so wie sie hier erzählt wurde, zu unglaublich lautete”, daher er es auch hier macht, wie überall, “wo er mit Sagen zu tun hat, in welche sich die Aufklärung des augustischen Zeitalters nicht mehr zu finden weiss: er streicht, was ihm zu bunt ist, um sich aus dem Rest einen Hergang von leidlich geschichtlichem Aussehen zurechtzumachen” (a. a. O. S. 146).
Sollen wir angesichts solcher Beispiele dem Evangelisten, dessen schriftstellerische Fähigkeiten und Leistungen von Nösgen bei jeder Gelegenheit mit Lobsprüchen bedacht werden[140], nicht das bescheidene Mass von gutem Geschmack zutrauen dürfen, welches schon in mehr als einem Leser des Josephus die Empfindung erweckt hat, dass dieser gleichfalls es manchmal “zu bunt” treibt und das von ihm beliebte starke Auftragen der Farben dem Gesamteindrucke seiner Darstellung bisweilen eher nachteilig als förderlich ist?
Zweitens bemerken wir, dass die Behauptung unserer Gegner, nach welcher Lucas’ Bericht vor demjenigen des Josephus durchweg den Vorzug grösserer Einfachheit hat, dem wirklichen Sachverhalte keineswegs entspricht. Richtig ist nur so viel, dass Josephus in seinem Auftreten gegenüber den Schriftgelehrten von Fach geistig selbständiger und demgemäss auch selbstbewusster und anspruchsvoller erscheint, als Jesus bei Lucas. Allein schon dieser Umstand wird reichlich dadurch aufgewogen, dass der Hörerkreis Jesu einen Eindruck empfängt, mit dem sich die bescheidene Anerkennung, deren sich Josephus erfreut, nicht von fern messen kann: während jener durch seine Einsicht und seine Antworten alle Versammelten in Staunen setzt, wird dieser nur wegen seiner Liebe zu den Wissenschaften belobt. Andere steigernde Züge der evangelischen Geschichte erblicken wir darin, dass Jesus von der geistigen Reife, deren sich Josephus nicht vor dem vierzehnten Jahre rühmen konnte, bereits als Zwölfjähriger eine glänzende Probe ablegt, dass er diesen seinen ersten Triumph nicht in der Stille eines Privathauses, sondern vor der Oeffentlichkeit und an der heiligsten Stätte des Judentumes feiert und dass schon in dem Knaben die Idee seines höheren Berufes als eine ihn völlig beherrschende und bestimmende Macht zum Durchbruche kommt, die ihn seine Eltern tagelang vergessen und die vorwurfsvolle Frage seiner bekümmerten Mutter mit einer Erwiderung, in der sich das Bewusstsein der Gottessohnschaft in voller Stärke offenbart, kurzer Hand abweisen lässt. Was will es neben diesen über Josephus weit hinausgehenden Zügen noch bedeuten, wenn Nösgen bei Lucas “das beständige Zusammenkommen der Hohenpriester und der Ersten der Stadt” vermisst und “die Einmaligkeit der Begegnung Jesu mit jüdischen Lehrern im Tempel” zu Gunsten der Ursprünglichkeit des Evangelisten geltend macht? Um einen häufigeren Verkehr zwischen beiden Teilen berichten zu können, hätte Lucas den Wohnsitz der Eltern Jesu nach Jerusalem verlegen müssen, was ihm durch die einstimmig Nazareth als solchen bezeugende Ueberlieferung verboten war, und wer wollte überdies verkennen, dass die Wirkung der Tempelscene auf den Leser gerade durch ihre Einzigartigkeit bedingt ist und durch jede Wiederholung nur abgeschwächt werden konnte?
Von dieser kritischen Auseinandersetzung mit den Gegnern unserer Annahme gehen wir zur näheren Begründung dieser selbst über und lassen zunächst den Wortlaut beider Erzählungen, so weit es für diesen Zweck erforderlich ist, folgen:
L. 2: ἐγὼ δὲ συμπαιδευόμενος ἀδελφῷ Ματϑίᾳ τοὔνομα, γεγόνει γάρ μοι γνήσιος ἐξ ἀμφοῖν τῶν γονέων, εἰς μεγάλην παιδείας προύκοπτον ἐπίδοσιν μνήμῃ τε καὶ συνέσει δοκῶν διαφέρειν, ἔτι δ’ ἀντίπαις ὢν περὶ τεσσαρεσκαιδέκατον ἔτος διὰ τὸ φιλογράμματον ὑπὸ πάντων ἐπηνούμην συνιόντων ἀεὶ τῶν ἀρχιερέων καὶ τῶν τῆς πόλεως πρώτων ὑπὲρ τοῦ παρ’ ἐμοῦ περὶ τῶν νομίμων ἀκριβέστερόν τι γνῶναι. | Lc. 2, 42-47. 52: καὶ ὅτε ἐγένετο ἐτῶν δώδεκα, ἀναβαινόντων αὐτῶν κατὰ τὸ ἔϑος τῆς ἑορτῆς, καὶ τελειωσάντων τὰς ἡμέρας, ἐντῷ ὑποστρέφειν αὐτοὺς ὑπέμεινεν Ἰησοῦς ὁ παῖς ἐν Ἱερουσαλήμ, καὶ οὐκ ἔγνωσαν οἱ γονεῖς αὐτοῦ.νομίσαντες δὲ αὐτὸν εἶναι ἐν τῇ συνοδίᾳ ἦλϑον ἡμέρας ὁδὸν καὶ ἀνεζήτουν αὐτὸν ἐν τοῖς συγγενέσι καὶ τοῖς γνωστοῖς, καὶ μὴ εὑρόντες ὑπέστρεψαν εἰς Ἱερουσαλὴμ ἀναζητοῦντες αὐτόν. καὶ ἐγένετο μετὰ ἡμέρας τρεῖς εὗρον αὐτὸν ἐν τῷ ἱερῷ καϑεζόμενον ἐν μέσῳ τῶν διδασκάλων καὶ ἀκούοντα καὶ ἐπερετῶντα αὐτούς· ἐξίσταντο δὲ πάντες οἱ ἀκούοντες αὐτοῦ ἐπὶ τῇ συνέσει καὶ ταῖς ἀποκρίσεσιν αὐτοῦ . . . Καὶ Ἰησοῦς προέκοπτεν ἐν τῇ σοφίᾳκαὶ ἡλικίᾳ καὶ χάριτι παρὰ ϑεῷ καὶ ἀνϑρώποις. |
Ausser den von uns durch den Druck hervorgehobenen sprachlichen Berührungen verdienen noch einige Punkte Beachtung. Wenn man die evangelische Erzählung für sich ohne Seitenblick auf Josephus betrachtet, so muss der Ausdruck ἀποϰϱίσεις (V. 47) befremden. Antworten setzen immer Fragen voraus; nun aber ist davon, dass solche an Jesum gerichtet worden seien, nirgends vorher die Rede, vielmehr erscheint er allein als der Fragende (V. 46), der sich nach Art eines lernbegierigen Schülers um ein gründliches Verständnis des von den Gesetzeslehrern Gehörten bemüht. Diese kleine Unebenheit in Lucas’ Darstellung erklärt sich am einfachsten aus der Erinnerung an Josephus’ Aussage, dass er von den Hohenpriestern und ersten Männern der Stadt um Belehrung über die Gesetze angegangen worden sei, wobei sich für den Leser aus dem Zusammenhange von selbst versteht, dass er ihnen die Antwort auf die ihm vorgelegten Fragen nicht schuldig geblieben ist.[141] Wenn ferner das bei Lucas nur noch an zwei Stellen (13, 32. AG. 20, 24) vorkommende τελειοῦν in nächster Nähe von ὑποστϱέϕειν erscheint, so dürfen wir auch hierin Einfluss des Josephus erblicken, der nur wenige Zeilen hinter der von uns mitgeteilten Erzählung beide Verben in engster Verbindung und zwar das erstere in der gleichen Zeitform wie Lucas gebraucht:
L. 2: ϰαὶ διατϱίψας παϱ’ αὐτῷ ἐνιαυτοὺς τϱεῖς καὶ τὴν ἐπιϑυμίαν τελειώσας εἰς τὴν πόλιν ὑπέστϱεϕον. | Lc. 2, 43: ϰαὶ τελειωσάντων τὰς ἡμέϱας, ἐν τῷ ὑποστϱέϕειν αὐτούς κτλ. |
Dass Lucas die innerhalb des N. T.s ihm eigentümlichen Ausdrücke αναξητεῖν, γνωστοί (im Sinne von “Bekannten”), διατηϱεῖν, ὀδυνᾶσθαι und συνοδία samt und sonders den Schriften des Josephus entnehmen konnte, sei hier nur kurz erwähnt, da ihr Gebrauch deshalb nichts für seine Abhängigkeit von diesem beweist, weil sie alle auch dem Sprachschatze der Siebzig angehören. Beachtenswerter ist schon, dass er πϱοϰόπτειν mit dem Dativ verbindet (V. 52), wie Josephus A. XVIII, 8, 7: Ἀγϱίππας δὲ ὁ βασιλεύς . . . πϱούποπτε ϕιλίᾳ τῇ πϱὸς τὸν Γάιον μειζόνως. Mehr noch fällt jedoch ins Gewicht, dass die bekanntlich eine doppelte Auffassung zulassenden Worte ἐν τοῖς τοῦ πατρός μσυ ihre beste Erklärung durch Josephus finden, welcher uns aus dem Geschichtswerke des Menander von Ephesus die auf den König Hirom von Tyrus bezügliche Angabe aufbehalten hat: οὗτος ἔχωσε τὸν Εὐρύχωρον τόν τε χρυσῦν κίονα τὸν ἐν τοῖς τοῦ Διὸς ἀνέθηκεν (Ap. I, 18). Dieser zuerst von Capellus entdeckten, nach ihm von Ott (S. 125 f.) verwerteten Parallele können wir noch zwei denselben Sprachgebrauch bezeugende Stellen beifügen: A. XV, 10, 1: τούτοις ἀνελθοῦσι καταγωγὴ μὲν ἦν Πολλίωνος οἶκος . . . ἐφεῖτο δὲ κἂν τοῖς Καίσαρος κατάγεσθαι. XVI, 10, 1: ἦν δ’ αὐτῷ καταγωγὴ μὲν ἐν τοῖς Ἀντιπάτρου.
Unter den von Josephus ausser seinem eigenen noch berichteten Beispielen geistiger Frühreife darf hier der junge Hyrkan, Josephs Sohn, nicht unerwähnt bleiben, von dem wir A. XII, 4, 6 lesen: ἔτι δὲ ὢν τρισκαίδεκα ἐτῶν οὗτος ὁ παῖς νεώτερος ἐπεδείκνυτο τὴν φυσικὴν ἀνδρείαν καὶ σύνεσιν (vgl. Lc. 2, 47). Die hierauf folgende Erzählung, welche diese Aussage durch die Mitteilung mehrerer Handlungen und Aeusserungen Hyrkans begründet, bietet eine Reihe Berührungen mit Lucas, die nicht samt und sonders auf Zufall beruhen können. Auf die in derselben ebenso wie bei ihm vorkommenden Wörter ἐπερωτᾶν (§ 8, vgl. V. 46), ὑλικία (§ 6. 9, vgl. V. 52), πορεύεσθαι (§ 7. 9, vgl. V. 41) und ὑποστρέφειν (§ 6, vgl. V. 43) legen wir kein grosses Gewicht, dagegen vergleiche man:
§ 6: ἐξέπεμψεν ὁδὸν ἡμερῶν δύο. | V. 44: ἦλθον ἡμέρας ὁδόν. | |
§ 9: τρεῖς διαλιπὼν ἡμέρας. | V. 46: ἐγένετο μετὰ τρεῖς ἡμέρας. | |
Ebd.: ὁ δὲ βασιλεὺς θαυμάζει τὴν ἀπόκρισιν αὐτοῦ σοφὴν οὕτως γενομένην καὶ πάντας ἐκέλευσεν ἀνακροτῆσαι τῆς εὐτραπελίας ἀποδεχόμενος αὐτόν. | V. 47: ἐξίσταντο δὲ πάντες οἱ ἀκούοντες αὐτοῦ ἐπὶ τῇ συνέσει καὶ ταῖς ἀποκρίσεσιν αὐτοῦ. |
Dass Lucas’ Darstellung hier von derjenigen des Josephus beeinflusst ist, darf um so mehr für wahrscheinlich gelten, als auch an zwei andern Stellen seines Evangeliums deutliche Spuren seiner Bekanntschaft mit dem von Hyrkan handelnden Abschnitte der “Altertümer” zu Tage treten (s. zu 14, 7-10 und 15, 11-32).
Man kann sich leicht versucht fühlen, auch die zwölf Altersjahre Jesu, die wir früher schon genugsam aus der Bedeutung der heiligen Zahl erklärt fanden, aus den beiden eben betrachteten Erzählungen des Josephus abzuleiten.[142] Wenn Lucas durch dieselben einen Vierzehnjährigen und einen Dreizehnjährigen kennen lernte, die sich durch ungewöhnliche Handlungen und Aeusserungen hervortaten, so konnte er hierin eine Aufforderung sehen, bei der Altersangabe des Grösseren, von dem er das Gleiche berichtete, noch um ein Jahr weiter herabzugehen, weil dieser doch noch früher im Besitze der geistigen Reife gewesen sein musste, durch welche jene beiden die Bewunderung ihrer Zeitgenossen erregt hatten. Indessen weist uns Josephus selbst einen andern, noch näheren Weg zum Verständnisse der fraglichen Angaben. Die schon von Ott (S. 124 f.) beigebrachte Stelle A. V, 10, 4: Σαμουῆλος δὲ πεπληρωκὼς ἔτος ἤδη δωδέκατον προεφήτενε verdient doppelte Beachtung, einmal, weil sie sich auf Samuel bezieht, dessen Geschichte unverkennbar zu den von Lucas für die ersten Abschnitte seines Evangeliums benutzten Vorlagen gehört und insbesondere auf Gestaltung des Anfanges und Schlusses unserer Erzählung augenscheinlich eingewirkt hat[143], und sodann, weil sie eine aus dem A. T. nicht belegbare chronologische Angabe enthält. War einmal der Lobgesang der Hanna (2 Sam. 2, 1-10) das Vorbild für das Danklied geworden, in welchem Marias Mutterglück begeisterten Ausdruck gefunden hat (Lc. 1, 46-55)[144], so lag dem Evangelisten nichts näher, als die Aussage des A. T.s, nach welcher sich die höhere Bestimmung Samuels schon in früher Jugend kundgab (1 Sam. 3, 1-18), auch auf Jesum zu übertragen, und dabei konnte ihm die von Josephus dargebotene Altersangabe wegen der allgemein anerkannten Bedeutsamkeit der heiligen Zwölfzahl nur als eine willkommene Ergänzung jener Quelle dienen. Bemerkenswert ist ferner, dass Josephus durch dieselbe Angabe auch an einer andern Stelle über das A. T. hinausgeht. Wir dürfen dieselbe schon deshalb nicht übersehen, weil sie gleichfalls von einem Vertreter der Theokratie handelt und mehrfache sprachliche Berührungen mit der evangelischen Erzählung aufweist. Er berichtet nämlich von dem König Josias (A. X, 4, 1): γενόμενος δὲ ἐτῶν δυοκαίδεκα τὴν εὐσέβειαν καὶ τὴν δικαιοσύνην ἐπεδείξατο· τὸν γὰρ λαὸν ἐσωφρόνιζε καὶ παρῄνει τῆς περὶ τῶν εἰδώλων δόξης ὡς οὐχὶ θεῶν ὄντων ἀποστάντας σέβειν τὸν πάτριον θεόν, τά τε τῶν προγόνων ἐπισκοπῶν ἔργα τὰ μὲν ἁμαρτηθέντα διώρθου συνετῶς ὡσανεὶ πρεσβύτατος καὶ νοῆσαι τὸ δέον ἱκανώτατος, ὅσα δ’ εὕρισκεν εὖ γεγονότα κατὰ χώραν ἐφύλαττέ τε καὶ ἐμιμεῖτο. ταῦτα δ’ ἔπραττε σοφίᾳ καὶ ἐπινοίᾳ τῆς φύσεως χρώμενος κτλ.
Nachdem wir für die bereits früher von uns vertretene Ansicht mehrere neue Stützen gewonnen haben, können wir uns um so weniger veranlasst sehen, dieselbe zurückzunehmen oder irgendwie einzuschränken, müssen es vielmehr jetzt noch für weit wahrscheinlicher erklären, dass Josephus dem Evangelisten zu der Erzählung von Jesu erstmaligem Heraustreten an die Oeffentlichkeit die Vorlagen geliefert hat.
[131] Nach demselben wird Simson erst auf seinem zweiten Gange nach Thimna (V. 5) von Vater und Mutter begleitet.
[132] Vgl. Holtzmann, a. a. O. S. 37. 51. Die Stelle lautet: ἐκάλεσε τὸ ὄνομα αὐτοῦ Σαμψὼν· καὶ ἡδρύνϑη τὸ παιδάριον καὶ εὐλόγησεν αὐτὸ κύριος. καὶ ἤρξατο πνεῦμα κυρίου συνεκπορεύεσϑαι αὐτῷ κτλ.
[133] In Hilgenfelds “Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie” 1873, S. 441 f. (nicht in der “Kirchengeschichtlichen Zeitschrift”, wie Nösgen 1879, S. 535 angibt).
[134] Die jüngste Kritik des Galaterbriefes auf ihre Berechtigung geprüft. (Erlangen und Leipzig 1890) S. 66.
[135] Der jüdische Geschichtschreiber Fl. Josephus und das Christentum (Holzhausens “Neue kirchliche Zeitschrift” 1891. S. 967-987) S. 969.
[136] So ist zu lesen statt “vor allem” (ὑπὸ πάντων).
[137] daher er es auch der modernen kritischen Schule als eine Pflichtversäumnis anrechnet, gegen eine derartige Verirrung der Kritik nicht protestirt zu haben!
[138] Entspricht dem hebräischen רתם (Ginsterstrauch), das von den Uebersetzern in ihrem Texte vermutlich falsch geschrieben vorgefunden, deshalb nicht verstanden und unverändert beibehalten wurde.
[139] Vorträge und Abhandlungen. Zweite Sammlung (Leipzig 1877) S. 136-153: Eine Arbeitseinstellung im alten Rom.
[140] S. z. B. die Evangelien nach Matthäus usw. S. 268 ff. 281. 283.
[141] Dass Lucas wahrscheinlich auch den Ausdruck, den dieser Gedanke bei ihm gefunden, aus Josephus entnommen hat, wird sich sofort zeigen (S. 83).—Ein ähnlicher Fall wie hier liegt Lc. 20, 41 vor, wo die dritte Person λέγουσιν befremdet, weil die λέγοντες von den Angeredeten, den V. 39 genannten γϱαμματεῖς, nicht verschieden sind, man daher λέγετε erwartet. Auch diese Stelle empfängt volles Licht erst durch Vergleichung mit ihrer Vorlage (Mc. 12, 35), wo die Frage an das Volk (V. 37) gerichtet ist. Indem Lucas trotz der Streichung des Subjectes οἱ γϱαμματεῖς die dritte Person beibehält, “wird die Darstellung undeutlicher” (Holtzmann, Handcomm. I, 249).
[142] Die Unrichtigkeit der weit verbreiteten Annahme, dass der israelitische Knabe mit erfülltem zwölften Jahr ein “Sohn des Gesetzes” geworden sei, hat Schürer (II, 355 f.) nachgewiesen.
[143] Man vergleiche V. 41 mit 1 Sam. 1, 3. 21. 2, 19 und V. 52 mit 2, 26. S. auch Strauss, Leben Jesu f. d. d. V. S. 388 f.
[144] wobei dahingestellt bleibt, ob dieses Lied der von Lucas benutzten judenchristlichen Quelle entstammt oder von ihm selbst herrührt.
3, 1-18. Die vermöge der Reichhaltigkeit ihrer chronologischen Angaben im N. T. einzig dastehende Stelle 3, 1 f. fordert schon hierdurch wie keine andere die Vergleichung mit Josephus heraus und ist deshalb bereits von Ott (S. 126 ff.) und Krebs (S. 107 ff.) mit besonders ausführlichen Erläuterungen aus seinen Schriften bedacht worden. Um die Zeit des Beginnes der Wirksamkeit des Täufers Johannes genau zu bestimmen, gibt sie dem Leser nicht weniger als vier Anhaltspunkte an die Hand: 1) das fünfzehnte Regierungsjahr des Kaisers Tiberius, 2) die Procuratur des Pontius Pilatus, 3) die Regierung der Vierfürsten Herodes (Antipas), Philippus und Lysanias, 4) das Hohepriestertum des Hannas und Kaiaphas. Da alle bei dieser Gelegenheit von Lucas genannten Personen und Ländernamen bei Josephus wiederkehren, so ist die Frage unabweisbar, ob die Angaben des Evangelisten sämtlich oder wenigstens zum Teil aus dem jüdischen Geschichtschreiber entnommen sind. Daher untersuchen wir der Reihe nach bei jeder einzelnen derselben, welche Gründe für ihre Ableitung aus dieser Quelle sprechen und welche Bedenken gegen eine solche Annahme erhoben werden können.
1) Dass schon die erste derselben aus Josephus stamme, behauptet Keim (S. 7)[145], dem zufolge Lucas “durch eine Art Mittelrechnung vom zwölften Jahre des Tiberius (welches ihm mit dem Auftrittsjahre des Procurators Pontius Pilatus in Judäa zusammenfalle [A. XVIII, 2, 2]), auf das fünfzehnte gegangen ist, weil Pilatus bei zehnjähriger Procuratur, bei sichtlich schon längerer Amtsführung in Judäa, welche die Leidensgeschichte Jesu im Hinweis auf die meuterische Stimmung des Volkes und auf eine mehrjährige Gewohnheit des Statthalters klar genug andeutet, die ersten Jahre seiner Missregierung schon hinter sich haben musste. Welche Jahreszahl war da billiger und rationeller, als bei der dem Lucas sonst schon geläufigen Dreiheit der Jahre (13, 6 ff.) statt des 12. Jahres das 15.! Ganz gut ging es auch an, in ant. 18, 3, 1 das 13., in 18, 3, 2 das 14., in 18, 3, 3 das 15. Jahr des Tiberius zu suchen, wie denn auch das apokryphische christliche Kapitel seit der Zeit des Eusebius bald in 18, 3, 1 (13. Jahr), bald noch vielmehr in 18, 3, 3 (15. Jahr) sich eingeschoben.”
Gegen diese Sätze Keims sind bereits von Nösgen Einwendungen erhoben worden (1879, S. 532 ff.), deren Berechtigung nicht zu verkennen ist. Im Anschluss an dieselben bemerken wir Folgendes. Erstlich “nennt Josephus” keineswegs, wie Keim sagt (a. a. O.), “das Auftrittsjahr des Procurators Pontius Pilatus in Judäa das 12. Jahr des Kaisers Tiberius”, sondern er berichtet an der angegebenen Stelle im Zusammenhange mit der Thronbesteigung dieses letzteren nur die Entsendung des Procurators Valerius Gratus und weiterhin dessen nach elfjähriger Verwaltung Judäas erfolgten Abgang und seine Ersetzung durch Pilatus. Zweitens weiss Keim die “Dreiheit der Jahre” bei Lucas nur durch eine einzige Stelle zu belegen. Wenn schon das zum Beweise der “Geläufigkeit” ausreicht, so wird man der Siebenzahl der Jahre (Lc. 2, 36) den gleichen, der bei ihm zweimal vorkommenden Zweizahl (AG. 24, 27. 28, 30) und der dreimal nachweisbaren Zwölfzahl (Lc. 2, 42. 8, 42. 43) derselben einen noch höheren Anspruch auf diese Bezeichnung zugestehen müssen. Allein selbst wenn wir in diesen beiden Punkten beistimmen wollten, würde uns deshalb das 15. Jahr des Tiberius noch nicht als das “billigste und rationellste” gelten. Vielmehr hätte dem Evangelisten, wenn er nach Josephus die elf Jahre der Procuratur des Gratus von Tiberius’ Regierungsantritt ab rechnete, nichts näher gelegen, als das zwölfte Jahr des genannten Kaisers mit dem ersten der Verwaltung des Pilatus gleich zu setzen und demgemäss die Wirksamkeit des Täufers schon in Tiberius’ vierzehntem Jahre beginnen zu lassen. Zu demselben Ergebnisse gelangen wir von Keims zweitem Ausgangspunkt aus, der im Uebrigen schon deshalb anfechtbar ist, weil Josephus mit keinem Wort andeutet, dass er in jedem der drei ersten Abschnitte des 18. Buches gerade ein Jahr des Pilatus behandele. Aber einmal angenommen, dass ein Leser auf diesen Gedanken verfallen sei, so konnte ihm doch nimmermehr entgehen, dass, da Josephus 2, 2 im Anschluss an Gratus’ Rückkehr nach Rom nur die Ankunft des Pilatus in Judäa erwähnt, der Bericht über die Amtstätigkeit des neuen Procurators erst mit 3, 1 beginne, somit das in diesem Abschnitt Erzählte der unmittelbar auf die 11 Jahre des Gratus folgenden Zeit, also dem 12. Jahre des Tiberius, angehöre, woraus sich dann für § 3 das vierzehnte Jahr dieses Kaisers ergab. Wie sollen wir es uns aber vollends vorstellig machen, dass zu Lucas’ Zeit ein Leser des Josephus in A. XVIII, 3, 3 überhaupt etwas gesucht und gefunden habe? Heutzutage lesen wir hier bekanntlich das unechte Zeugnis von Christo, welches sich in diesen Abschnitt keineswegs bloss “eingeschoben” hat, sondern ihn von Anfang bis Ende ausfüllt. Wer nun dasselbe wie Keim[146] für eine etwa aus dem dritten Jahrhundert stammende Einschaltung ansieht, der behauptet damit, dass sich ursprünglich an den zweiten Abschnitt sofort der vierte angeschlossen hat, in dem von Pilatus nicht mehr die Rede ist, zu welchem Josephus erst im folgenden Kapitel zurückkehrt, um die Veranlassung zu seiner Abberufung und diese selbst zu melden (4, 1 ff.). Somit würde ein Leser, der in A. XVIII, 3, 1 das dreizehnte, in § 2 das vierzehnte Jahr des Tiberius gefunden hätte, sich nach einem fünfzehnten Jahre vergeblich umgesehen haben, da er durch die nächsten Berichte über Pilatus schon in das Ende der 23jährigen Regierung dieses Kaisers versetzt wurde.
Wenn wir sonach Keims Versuch, Lucas’ erste chronologische Angabe über das Auftreten des Täufers aus Josephus abzuleiten, nicht als gelungen betrachten können, so sind wir deshalb keineswegs gemeint, die völlige Unabhängigkeit desselben von dem jüdischen Geschichtschreiber zu vertreten. Wenn Lucas, und zwar er allein unter den Evangelisten, eine geschichtliche Tatsache, um sie zeitlich zu bestimmen, an das Regierungsjahr eines römischen Kaisers knüpft, erinnert dies ebensosehr an Josephus, wie die Bezeichnung der kaiserlichen Herrschaft durch das im N. T. nur hier vorkommende ἡγεμονία und die Aufeinanderfolge der Namen Τιβέριος Καῖσαρ im Gegensatze zu: Καῖσαρ Αὔγουστος (2, 1). Man vergleiche:
A. XVIII, 6, 11: Δευτέρῳ δὲ ἔτει τῆς Γαΐου Καίσαρος ἡγεμονίας Ἀγρίππας ἠξίου συγχώρησιν αὐτῷ γενέσθαι κτλ.
K. II, 14, 4: προσελάμβανε τὴν ἀρχὴν ὁ πόλεμος δωδεκάτῳ μὲν ἔτει τῆς Νέρωνος ἡγεμονίας, ἑπτακαιδεκάτῳ δὲ τῆς Ἀγρίππα βασιλείας, Ἀρτεμισίου μηνός.
Ebd. 19, 9: ταῦτα μὲν οὖν ἐπράχθη Δίου μηνὸς ὀγδόῃ δωδεκάτῳ ἔτει τῆς Νέρωνος ἡγεμονίας.
L. 1: ἐμοὶ δὲ παῖδές εἰσιν τρεῖς, Ὑρκανὸς μὲν ὁ πρεσβύτατος ἔτει τετάρτῳ τῆς Οὐεσπασιανοῦ Καίσαρος ἡγεμονίας, ἑβδόμῳ δὲ Ἰοῦστος, ἐνάτῳ δέ Ἀγρίππας.
A. XV, 11, 4: . . . ὑπὸ Ῥωμαίοις ἦν (sc. ἡ ἱερατικὴ στολή) μέχρι τῶν Τιβερίου Καίσαρος χρόνων.
XVIII, 6, 4: Ἀγρίππας δὲ εἰς Ποτιόλους παραβαλὼν ἐπιστολὴν ὡς Τιβέριον τὸν Καίσαρα γράφει . . . αὖθις δὲ αὐτῷ Τιβέριος ὁ Καῖσαρ συνίστησιν υἱωνὸν τὸν αὐτοῦ.
Welcher Quelle aber hat Lucas das fünfzehnte Jahr zu verdanken? Die Vermutung liegt nicht allzufern, dass dasselbe, wie er anderwärts seine Zahlen durch Multiplication bildet (s. zu AG. 5, 34-39) durch Division der bald darauf (V. 23) von ihm erwähnten 30 Altersjahre Jesu gewonnen ist. Doch konnte er es ebensowohl aus Josephus entnehmen, welcher gleichfalls ein bedeutungsvolles fünfzehntes Regierungsjahr kennt: dasjenige Herodes des Grossen, von dem er berichtet: πεντεκαιδεκάτῳ γοῦν ἐτει τῆς βασιλείας αὐτόν τε τὸω ναόν ἐπεσκεύασε καὶ τὴν περὶ αὐτὸν ἀνετειχίσατο χώραν τῆς οὔσης διπλασίαν, ἀμέτροις μὲν χρησάμενος τοῖς ἀναλώμασιν, ἀνυπερβλήτῳ δὲ τῇ πολυτελείᾳ (K. I, 21, 1). Wenn nun den Christen die Predigt des Täufers Johannes als “Anfang des Evangeliums” galt (Mc. 1, 1. Joh. 1, 19 ff.), so erschien dieselbe damit, bildlich gesprochen, als Grundsteinlegung des neuen, nicht von Menschenhänden erbauten geistlichen Tempels, der an die Stelle des jüdischen Nationalheiligtumes zu treten berufen war (1 Kor. 3, 16. 2 Kor. 6, 16. Eph. 2, 19 ff.). In solcher Anschauung lag für einen christlichen Leser des Josephus wohl Aufforderung genug, diese Tatsache gleichfalls mit dem fünfzehnten Regierungsjahr eines allbekannten Fürsten zu verbinden, der in diesem Falle gemäss der die ganze Menschheit umfassenden Bestimmung des Christentumes nur ein Weltherrscher, somit kein anderer als der römische Kaiser sein konnte. Obwohl diese Vermutung vor derjenigen Keims die grössere Wahrscheinlichkeit und Ungezwungenheit voraushaben dürfte, so sind wir doch weit entfernt davon, derselben übermässigen Wert beizumessen. Da die Persönlichkeit und Wirksamkeit des Busspredigers Johannes, wie Josephus bezeugt (A. XVIII, 5, 2), bei seinen Zeitgenossen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat, so ist die Möglichkeit, dass die Ueberlieferung das Jahr seines Auftretens richtig festgehalten habe, nicht in Abrede zu stellen.[147] Ob Lucas dieser oder dem Josephus seine erste chronologische Angabe verdankt, wird somit eine offene Frage bleiben, wenn auch die Form, in der er dieselbe seinen Lesern bietet, mehr zu Gunsten der letzteren Annahme spricht.
2) Dass der römische Landpfleger, welcher das Todesurteil über Jesum fällte, Pilatus hiess, wusste Lucas schon als Christ, und dass derselbe damals in seinem Amte kein Neuling mehr war, konnte er aus jener von den älteren Evangelien wie von Josephus verschiedenen Quelle ersehen, welcher er die Kenntnis einer in frühere Zeit fallenden, weder von ersteren noch von letzterem erwähnten Handlung des Genannten verdankt (s. zu 13, 1-3). Da nun Pilatus der einzige Procurator von Judäa ist, dessen Namen die evangelische Ueberlieferung kennt, und Lucas im Einklange mit seinen Vorgängern eine nur kurze Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu voraussetzt, so ergab sich der Schluss sehr leicht, dass schon zur Zeit von Johannes’ Auftreten die Verwaltung Judäas in den Händen dieses Mannes gelegen habe. Wenn wir daher eine Entlehnung von Lucas’ zweiter chronologischer Angabe aus Josephus um so weniger wahrscheinlich finden, als dieser erst lange nach Pilatus’ Abberufung (A. XVIII, 4, 2) auf den Täufer zu sprechen kommt (ebd. 5, 2) und beide Männer in keinerlei Beziehung zu einander setzt, so glauben wir doch auch an dieser Stelle den Einfluss des jüdischen Geschichtschreibers in einem kleinen von ihm gespendeten Beitrage zu entdecken. Es verdient jedenfalls Beachtung, dass Lucas, nachdem er kurz vorher (2, 1) den Statthalter Syriens schlechtweg Quirinius genannt hat, den Procurator von Judäa bei dessen erstmaliger Erwähnung mit seinen beiden Namen Pontius Pilatus bezeichnet, während er später, wenn er im Evangelium auf ihn zurückkommt, ausschliesslich den zweiten derselben braucht (13, 1. 23, 1. 3 f. 6. 11-13. 20. 24. 52).[148] Da der Name Pontius, wenn wir ihn Mt. 27, 2 mit Tischendorf zu streichen berechtigt sind, der urchristlichen Ueberlieferung fremd ist und innerhalb des N. T.s nur bei dem mehrere Jahrzehnte nach Lucas schreibenden Verfasser der Pastoralbriefe wiederkehrt (1 Tim. 6, 13)[149], so fragt es sich, welcher Quelle Lucas denselben entnommen habe. Die Antwort gibt Josephus, der in den “Altertümern” genau so wie Lucas seinen Lesern die übrigen Namen des Quirinius[150] vorenthält (XVII, 13, 5. XVIII, 1, 1. 2, 1.), dagegen den gedachten Procurator bei ihnen gleichfalls als Pontius Pilatus einführt (ebd. 2, 2), dann aber dessen Geschlechtsnamen beständig weglässt (ebd. 3, 1 f. 4, 1 f.). Der aus diesen Beobachtungen zu ziehende Schluss empfängt dadurch Bestätigung, dass die von zwei andern uns ebenso aus Josephus bekannten Procuratoren handelnden Abschnitte der AG. Gelegenheit zu der gleichen Wahrnehmung bieten. Sicherlich muss es befremden, dass Lucas uns das nomen gentilicium des Felix schuldig bleibt, selbst da, wo man dasselbe am wenigsten zu vermissen erwartet, in der den vollen Namen des Absenders enthaltenden Aufschrift eines an diesen Beamten gerichteten Briefes (AG. 23, 26, ausserdem V. 24. 24, 3. 22. 24 f. 27. 25, 14).[151] Dagegen nennt er Felix’ Nachfolger, wo er dessen Amtsantritt berichtet (24, 27), mit seinen beiden Namen Porcius Festas (24, 27), weiterhin aber ausschliesslich mit dem letzteren (25, 1. 4. 9. 12-14. 22-24. 26, 24 f. 32). Auch in diesem Falle wiederholt sich bei Lucas das Verfahren des Josephus, der uns über Felix’ nomen gentilicium in Unkenntnis lässt (A. XX, 7, 1 f. 8, 5 ff.) und bei Festus’ erstmaliger Erwähnung dessen beide Namen angibt (ebd. 9), um von da ab sich auf den zweiten derselben zu beschränken (ebd. 10 f. 9, 1). Gewiss sind wir unter diesen Umständen zu der Annahme berechtigt, dass Lucas dem jüdischen Geschichtsschreiber Pilatus’ und Festus’ Geschlechtsnamen verdankt, dass die nur einmalige Anführung derselben bei ihm sich aus der Nachahmung dieses Vorbildes erklärt und dass er sich für Quirinius wie für Felix nur deshalb mit einem Namen begnügte, weil er bei seinem Gewährsmanne weder für diesen noch für jenen einen zweiten angegeben fand.
3) Dass Herodes (Antipas) Tetrarch von Galiläa war, konnte Lucas aus Josephus, der ihn öfter als solchen erwähnt (A. XVII, 8, 1. XVIII, 5, 4. 7, 1. K. I, 33, 7. II, 6, 3), ebensogut aber auch aus der evangelischen Ueberlieferung (Mt. 14, 1. Mc. 6, 21) ersehen. Die Bezeichnung des Philippus als eines Tetrarchen von Ituräa und Trachonitis glaubt Schürer (1876, S. 577 f.) sogar als ein Zeugnis gegen eine Benutzung des Josephus betrachten zu müssen. Letzterer beschreibe nämlich an fünf Stellen den Umfang von Philippus’ Gebiet. Durch Herodes’ letztwillige Verfügung erhielt derselbe τήν Γαυλωνῖτιν καὶ Τραχωνίτιν καὶ Βατανέαν καὶ Πανειάδα (A. XVII, 8, 1), daher er τοῦ Τράχωνος καὶ τῶν γειτνιώντων χωρίων κληρονόμος genannt wird (K. I, 33, 8). Durch Augustus’ Entscheidung wurde ihm zuerkannt Βατανέα σὺν Τράχωνι καὶ Αὐρανῖτις σύν τινι μέρει οἴκου τοῦ Ζηνοδώρου λεγομένου (A. XVII, 11, 4), oder, wie es anderwärts (K. II, 6, 3) genauer heisst: Βαταναία καὶ Τράχων Αὐρανῖτίς τε καὶ μέρη τινὰ τοῦ Ζήνωνος οἴκου τὰ περὶ Ἰάμνειαν. 37 Jahre lang war er Herrscher τῆς Τραχωνίτιδος καὶ Γαυλανίτιδος καὶ τοῦ Βατανέων ἔθνους πρὸς αὐταῖς (A. XVIII, 4, 6).[152] Bei aller Verschiedenheit im Einzelnen stimmen diese Angaben doch in dem einen Punkt überein, dass sie das von Lucas der Tetrarchie des Philippus zugeteilte Ituräa nicht nennen. Dazu komme noch, dass diese Landschaft nach Dio Cassius 59, 12 und Tacitus Ann. 12, 23 vom J. 38 bis 49 n. Chr. einem gewissen Soämus, also nicht dem gleichzeitigen (37-44 n. Chr.) Agrippa I., gehörte und folglich, da dieser die ehemalige Tetrarchie des Philippus im Besitz hatte, auch nicht dem Philippus gehört haben könne. Somit stossen wir hier auf eine irrtümliche Angabe des Lucas, die nach Schürers Meinung unerklärlich wäre, wenn er den Josephus gekannt hätte. “Oder hält man es im Ernst für möglich, dass er die ganze Blumenlese von Landschaften, die Josephus ihm darbot, verschmäht haben sollte lediglich zu dem Zweck, um an Stelle des Verschmähten etwas Falsches zu setzen?” Hingegen werde Alles vollkommen verständlich bei der Annahme, dass Lucas seine Notizen aus mündlicher Information geschöpft habe und dabei von dem Stande der Dinge ausgehe, wie er unter Agrippa II., dem letzten und ihm gleichzeitigen oder doch am nächsten stehenden jüdischen Könige, sich gestaltet hatte. Da derselbe nämlich von Claudius die ἐπαρχία des Varus erhalten habe (K. II, 12, 8), dieser mit dem von Josephus (L. 11) erwähnten Οὔαρος ἔκγονος Σοαίμου τοῦ περὶ τὸν Λίβανον τετραρχοῦντος identisch und letzterer wieder kein anderer als der uns aus Dio Cassius und Tacitus bekannte Beherrscher der Ituräer sei, so scheine es, “dass dessen Gebiet nach seinem Tode im J. 49 nicht ganz eingezogen wurde (wie es nach Tac. Ann. 12, 23 scheinen könnte), sondern teilweise seinem Sohne Varus verblieb und von diesem auf Agrippa II. überging. Darnach würde sich des letzteren Herrschaft auch über die Ituräer erstreckt haben. Dies mag Lucas gewusst haben. Und da er nun weiter im Allgemeinen hörte, dass das damalige Gebiet Agrippas II. früher (zur Zeit Jesu und des Täufers) teilweise dem Philippus gehört hatte, so macht er diesen zu einem Tetrarchen von Ituräa und Trachonitis.”
Holtzmann hat sich mit Schürers Auffassung der ungeschichtlichen Angabe über Philippus “dankbarst einverstanden” erklärt, ohne deshalb aus derselben die gleiche Folgerung zu ziehen (1877, S. 535 ff., vgl. auch Handcomm. I, 58 f.). “Dem Philippus darum den Besitz von Ituräa streitig zu machen, dazu hätte” nach seiner Ansicht “eine Lectüre des Josephus unsern Schriftsteller nur dann bewegen können, wenn er die fünf Stellen, wo die Landschaften des Tetrarchen berührt werden, so im Gedächtnisse gehabt hätte, wie sie Schürer abdrucken lässt zum Beweise, dass gerade Ituräa überall fehlt. Statt dessen lag jene Lectüre, als unser Verfasser zur Abfassung seiner Werke schritt, bereits hinter ihm und sehr tiefdringend und genau konnte sie überhaupt niemals gewesen sein. Er hatte eben im Josephus sich umgesehen, weiter nichts.”[153] Im Gegensatze zu Holtzmann hat Keim (S. 8 f.) “die Einsprache Schürers gegen die Benützung des Josephus . . . sowie die bloss mündliche Information, die für solche Masse von Detail gar nicht ausreicht und noch dazu eine so kühne wie irrige Zurücktragung des selbst nur mit Unrecht vermuteten Besitzstandes Agrippas II. involviren würde”, entschieden zurückgewiesen. Auch wir halten Schürers Ausführungen keineswegs für überzeugend, da sie zu viel mit blossen Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten rechnen müssen. Dieser Erkenntnis hat er sich jedenfalls selbst nicht ganz entziehen können, da die zuversichtliche Ausdrucksweise seines Aufsatzes: “Lucas und Josephus” in der “Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi” wesentlich abgeschwächt ist. Während er früher behauptete, dass der Varus, dessen Besitznachfolger Agrippa II. wurde, ohne Zweifel identisch mit dem gleichnamigen ἔκγονος Σοαίμου, dieser aber hinwieder gewiss kein andrer als der Soämus des Dio Cassius und Tacitus sei, ist ihm jetzt die erstere Annahme nur “höchst wahrscheinlich” (Gesch. I, 492), die zweite sogar bloss “wahrscheinlich” und “nicht ganz sicher” (ebd. 595. 60542). Auch gibt er zu, dass für einen von diesem Fürsten verschiedenen, zur Zeit Neros und Vespasians lebenden Soämus von Emesa das Präsens τετραρχοῦντος geltend gemacht werden könnte (ebd.). Dieses von Schürer (S. 605) unter Berufung auf Winer (Gramm. § 45, 7) für “nicht entscheidend” erklärte grammatische Argument findet eine kräftige Stütze an dem Sprachgebrauche des Josephus, welcher wohl hier ebenso wie anderwärts[154] das Participium Aoristi gesetzt haben würde, wenn ein der Vergangenheit angehöriger Fürst gemeint wäre. Noch weit mehr fällt jedoch gegen Schürer Folgendes ins Gewicht. Wenn, wie er selbst mit vollem Recht behauptet (a. a. O. S. 4926. 604. 739), der L. 11 als ἔγγονος[155] Σοαίμου τοῦ περὶ τὸν Λίβανον τετϱαϱχοῦντος erscheinende Varus von dem K. II, 18, 6 als Σοαίμῳ τῷ βασιλεῖ πϱοσήϰων ϰατὰ γένος bezeichneten Noarus nicht verschieden ist, so muss notwendigerweise auch Σόαιμος ὁ πεϱὶ τ. Λ. τετϱαϱχῶν mit dem gleichnamigen βασιλεύς ein und dieselbe Person sein.[156] Nun aber führt Josephus nur wenige Seiten nach Erwähnung dieses letztern (§ 9) unter den mit den Römern gegen die Juden verbündeten Fürsten einen Soämus auf, der nach einer späteren Angabe derselben Schrift (VII, 7, 1) König von Emesa war.[157] Da nun Josephus im “Jüdischen Krieg” mit keinem Wort andeutet, dass er ausser diesem Soämus noch einen zweiten kenne, so muss er denselben auch bei der erstmaligen Nennung dieses Namens im Auge gehabt haben. Daraus folgt weiter, dass auch unter dem am Libanon herrschenden Tetrarchen Soämus der König von Emesa zu verstehen ist und Varus somit ein Abkömmling dieses Fürsten, nicht des aus Tacitus und Dio Cassius bekannten, dem Josephus aber völlig fremden Ituräerkönigs gleichen Namens, war.[158] Schürers Annahmen ruhen also durchgängig auf unhaltbarem Grund und erweisen sich damit als ungeeignet zur Entkräftung eines von einem so zuverlässigen Gewährsmanne wie Tacitus vertretenen geschichtlichen Zeugnisses. Wenn dieses Zeugnis somit in Kraft bleibt d. h. Ituräa nach dem Tode seines Königs Soämus zur römischen Provinz Syrien geschlagen worden ist, so kann auch das Gebiet des Varus nicht in jenem Lande gesucht werden und die Herrschaft Agrippas II. sich nicht über dasselbe erstreckt haben, womit der angebliche Stand der Dinge, von dem Lucas ausgegangen sein soll, hinfällig wird.
Auf anderm Wege hat Keim die Nennung Ituräas bei Lucas zu erklären versucht. Während er früher sich mit der Auskunft begnügte, dass diese “Irrung aus der Vielerleiheit” der von Josephus für die Fürstentümer des Philippus gebrauchten Namen entstehen konnte (Schenkels Bibellexikon III, 41), äussert er sich später dahin, dass “das Detail der einzelnen Provinzen Lucas nicht erschöpfen wollte, so wenig als bei Antipas, dessen zweite Provinz, Peräa, er mit Erlaubnis des Josephus selbst verschwieg, und hier nun ihm Ituräa als eine Art Gesamtname der östlichen Nebenländer Galiläas ausser der Trachonitis um so mehr taugte, weil dieser Name nach Josephus selbst seit den Makkabäern, welche Ituräa unterwarfen und zur Beschneidung zwangen, für den NO. zwischen den Gennesarbergen und Damaskus üblich war (A. XIII, 11, 3) und unter den Römern üblich blieb (Dio Cass. 49, 32) und weil dem Philippus wie schon seinem Vater, Herodes dem Grossen, die grössten und besten Stücke des N.O.-Landes, Gaulanitis, Batanäa, Auranitis, das “ganze Land zwischen Trachonitis und Galiläa (K. I, 20, 4. A. XV, 10, 3)”, wozu im Grund Ituräa wesentlich mitgehörte, “von Augustus gegeben war” (S. 8).
Wir glauben, dass Keim, so wenig wir ihm auch in allen Einzelheiten beizustimmen vermögen, doch den richtigen Weg zur Lösung der hier vorliegenden Schwierigkeit angebahnt hat. Unsere eigene Ansicht ist die folgende. Bei Vergleichung der oben mitgeteilten Angaben des Josephus finden wir, dass denselben nicht nur die Auslassung von Ituräa, sondern auch die Erwähnung von Trachonitis gemeinsam ist, während keiner der übrigen Ländernamen an allen sechs Stellen zugleich erscheint. Der Grund dieser Bevorzugung liegt darin, dass Trachonitis die grösste der von Philippus beherrschten Provinzen war, (s. Keim, BL a. a. O.), daher Josephus diesen auch ohne Rücksicht auf seinen übrigen Besitzstand kurzweg τετϱάϱχης τῆς Τϱαχνίτιδος nennt (A. XVIII, 5, 4, vgl. K. III, 10, 7: τοῦ τετϱαϱχήσαντος Τϱαχωνιτῶν). Wenn nun Lucas die hier in Betracht kommenden Stellen des jüdischen Geschichtsschreibers las, so musste sich dieser Name vor allen seinem Gedächtnis einprägen, während die übrigen, unter sich nicht im Einklange stehenden Angaben lediglich die Erinnerung bei ihm hinterliessen, dass Philippus’ Gebiet ausser Trachonitis auch noch eine Anzahl andrer Landschaften umfasst habe. Nun wusste Lucas aber aus der nämlichen Quelle auch, dass Aristobul einen grossen Teil von Ituräa mit Judäa vereinigt hatte (A. XIII, 11, 3). Da Josephus nirgends berichtet oder nur andeutet, dass dieses Gebiet später wieder verloren gegangen sei, so war der Evangelist zu der Annahme berechtigt, dass dasselbe auch Herodes dem Grossen gehört habe und nach dessen Tod einem seiner Söhne zugefallen sei. Dies konnte aber kein anderer als der Beherrscher von Trachonitis sein, da die auch im Abendlande wohlbekannten Ituräer[159] Grenznachbarn dieser Landschaft waren. Falls Lucas dies nicht schon wusste, konnte er hierüber sich gleichfalls aus Josephus, wenn auch diesmal auf einem Umwege, Belehrung erholen. Dieser hat nämlich die obige Nachricht zufolge seiner eigenen Aussage wörtlich aus Strabo entlehnt, den er auch sonst häufig als Gewährsmann anführt.[160] Einem wissbegierigen Leser, der sich näher über die von Josephus nicht weiter erwähnten Ituräer unterrichten wollte, lag es nun sicherlich nahe genug, diesem Fingerzeige nachzugehen und das grosse geographische Werk Strabos aufzuschlagen, welches ihm (XVI, 2, 20) folgende Auskunft bot: ὑπέϱϰεινται δ’ αὐτῆς (sc. Δαμασϰοῦ) δύο λεγόμενοι Τϱάχωνες· ἔπειτα πϱὸς τὰ Ἀϱάβων μέϱη ϰαὶ τῶν Ἰτουϱαίων ἀναμὶξ ὄϱη δύσβατα (ἦν). Auf Grund dieser Angabe mochte Lucas leicht zu dem Schlusse gelangen, dass die Landschaften, welche Philippus ausser Trachonitis besass, zusammen das von Aristobul zu Judäa geschlagene Ituräa ausmachten und Josephus von Nennung dieses Gesamtnamens bloss deshalb absehe, weil er die einzelnen unter demselben zu befassenden Gebietsteile aufzähle.
An dritter Stelle erscheint unter den von Lucas genannten Landesfürsten Lysanias als Tetrarch von Abilene, dessen Erwähnung nach Holtzmann gleichfalls durch Josephus veranlasst ist. Nach seiner Annahme “erklärt sich Lucas den Titel “Vierfürst” so, dass Archelaus, an dessen Stelle der römische Landpfleger getreten war, Herodes Antipas, Philippus und Lysanias sich in die Erbschaft des grossen Herodes geteilt hätten. Den Ausdruck ἡ Λυσανίου τετϱαϱχία hatte er aber A. XVIII, 6, 10. XX, 7, 1 gefunden, wo dieses Land dem Agrippa geschenkt wird, und zwar nach A. XIX, 5, 1. K. II, 11, 5 als Zugabe zu seinem grossväterlichen Reiche. Dies schien auf ursprüngliche Zusammengehörigkeit zu weisen und trotz der neuesten Versuche von Wieseler, Kneucker und Godet liegt einfacher Irrtum vor.” Dagegen wird nach Schürer die sonst ziemlich unmotivirt erscheinende Erwähnung des Lysanias von Abilene gleichfalls bei der Annahme verständlich, in welcher er den Schlüssel zu der vorhergehenden Angabe gefunden zu haben glaubt. “Wenn Lucas von der Regierung Agrippas II. als dem gegebenen status quo ausgeht, so begreifen wir, wie er dazu kommt, auch dieses ehemaligen Beherrschers eines nun dem Agrippa gehörigen Gebietes bei seiner Zeitbestimmung zu gedenken. Er will einfach angeben, wer damals (zur Zeit des Auftretens des Täufers) in den jetzigen Ländern des Agrippa regiert habe” (1876, S. 579). Die Schwäche dieser Annahme liegt darin, dass sie einen dem Philippus gleichzeitigen Lysanias voraussetzen muss, welcher ein Abkömmling des aus Josephus und Dio Cassius bekannten, im Jahre 36 n. Chr.[161] von Antonius auf Veranlassung der Kleopatra hingerichteten gleichnamigen Fürsten gewesen sein soll. Indessen hat es trotz aller aufgewandten Bemühungen, zu denen auch die von Holtzmann erwähnten “Versuche” gehören, bisher nicht gelingen wollen, die Geschichtlichkeit dieses jüngeren Lysanias nachzuweisen.[162] Auch die Gründe, welche Schürer, dem früher die Existenz desselben “schon durch Josephus hinreichend verbürgt schien” (Ztschr. f. w. Th. a. a. O.), nachträglich für seine Ansicht beigebracht hat (Gesch. I, 602 f.), sind nicht geeignet, den Stand der Frage zu seinen Gunsten zu ändern. Schürer behauptet zunächst, dass bei Josephus Abila die Tetrarchie des Lysanias heisst, so aber unmöglich das ansehnliche, fast den ganzen Libanon umfassende Reich des älteren Lysanias habe bezeichnet werden können, von dem das Gebiet jener Stadt nur ein kleines Stück bildete. Sodann beruft er sich auf eine bei Abila gefundene, nach seiner Meinung frühestens aus der Zeit des Tiberius stammende Inschrift[163], der zufolge Nymphäus, ein Freigelassener des Tetrarchen Lysanias, eine Strasse gebaut und einen Tempel errichtet hat, was doch mindestens fünfzig Jahre nach dem Tode Lysanias’ I. schwerlich geschehen sein könne. Selbst wenn man Schürers erste Bemerkung als richtig gelten lässt, braucht man sich noch nicht der von ihm aus derselben gezogenen Folgerung zu unterwerfen. Josephus berichtet, dass Herodes der Grosse von Augustus Trachon, Batanäa und Auranitis als Geschenk erhielt, weil der Pächter von Lysanias’ Hinterlassenschaft (ὁ οἶκος τοῦ Λυσανίου), ein gewisser Zenodorus, nicht zufrieden mit den ihm aus derselben zufliessenden Steuererträgnissen, mit Hilfe der in Trachon hausenden Räuberbanden seine Grenznachbarn brandschatzte, auf deren Klagen der Kaiser dem Statthalter Syriens diesem Unfuge zu steuern befahl und das erwähnte Gebiet dem Herodes überwies (A. XV, 10, 1. K. I, 20, 4). Wenn nun jene drei Landschaften später die Hauptbestandteile von Philippus’ Herrschaft bilden (A. XVII, 11, 4. K. II, 6, 3), diese sowie die Tetrarchie des Lysanias in Agrippas I. Besitz übergeht (A. XVIII, 6, 10. K. II, 11, 5) und endlich Abila unter letzterer Bezeichnung erscheint (A. XX, 7, 1, vgl. XIX, 5, 1): so liegt die Vermutung doch gewiss sehr nahe, dass das Gebiet von Abila der letzte Rest jenes οἶκος τοῦ Λυσανίου war, welcher von der Schenkung an Herodes ausgenommen blieb und bis zum Regierungsantritt Agrippas unter unmittelbarer römischer Verwaltung stand. Da an der Stadt Abila der Name des Lysanias, ihres vermutlichen Neugründers, unzertrennlich haftete (s. Schürer I, 604), so erklärt es sich leicht, dass man auch das zu ihr gehörige Gebiet nach diesem Namen benannte, und nicht minder begreiflich ist es, dass man die Bezeichnung Tetrarchie, nachdem sie für die benachbarten Fürstentümer in Gebrauch gekommen, auf dasselbe gleichfalls anwandte, um es von der Stadt Abila zu unterscheiden. Dagegen erscheint es als ganz undenkbar, dass Josephus, der doch mit dem οἶκος τοῦ Λυσανίου zweifellos die Besitzungen des älteren Lysanias gemeint hat, seinen Lesern zumuten solle, unter Λυσανίου τετραρχία oder βασιλεία das Fürstentum eines späteren Lysanias zu verstehen, von dessen Existenz er ihnen bis dahin nicht die leiseste Andeutung gegeben hat.
Noch weniger belangreich ist der zweite Grund Schürers. Selbst angenommen, dass die erwähnte Inschrift nicht früher als in Tiberius’ Regierung gesetzt werden dürfe: ist es denn so auffällig, dass in jener baulustigen Zeit ein Mann in höherem Alter noch eine Strasse angelegt und einen Tempel errichtet haben soll? Hat doch Hieronymus Lotter in seinem 69. Jahre den Bau des Schlosses Augustusburg, Michel Angelo im 71. den der Peterskirche begonnen, während, um auch ein Beispiel aus unseren Tagen anzuführen, Ferdinand Lesseps bereits am Ausgange der Siebziger stand, als er sich an das grösste Unternehmen seines Lebens wagte. Wer sagt uns übrigens, ob Nymphäus nicht aus einer Sklavenehe entsprossen war und schon in frühester Kindheit zugleich mit seinen Eltern die Freiheit erlangte, in welchem Fall er damals, als er seinen Namen durch jene Inschrift verewigte, noch nicht einmal die Schwelle des Greisenalters erreicht zu haben brauchte?[164]
Da somit die Geschichtlichkeit eines zweiten Tetrarchen Lysanias, weit entfernt davon, “immer allgemeiner anerkannt zu werden” (Schanz a. a. O. S. 16), nach wie vor dem berechtigtsten Zweifel unterliegt, so gebührt der Ansicht Holtzmanns unbedingt der Vorzug vor derjenigen Schürers, da sie für die der Aussage des Lucas anhaftende Schwierigkeit eine befriedigende Lösung darbietet. Wir fügen ihr nur noch die Bemerkung bei, dass auch das im N. T. nicht weiter und bei den Siebzig selbstverständlich gar nicht vorkommende Verbum τετϱαϱχεῖν auf Josephus hinweist.[165]
4) Die letzte chronologische Angabe nennt den “Hohenpriester Annas und Kaiaphas”, und dieselbe Verbindung kehrt AG. 4, 6 wieder zum Beweise, dass nach Lucas’ Auffassung an erster Stelle Annas und neben ihm Kaiaphas das Hohepriestertum verwaltet habe, eine Ansicht, deren Unrichtigkeit keinem Zweifel unterliegt und auch von Meyer eingeräumt wird. Denn erstens konnte dieses höchste geistliche Amt niemals gleichzeitig von zweien bekleidet werden und sodann wissen wir aus Josephus, dass Annas (oder wie er bei diesem heisst, Ananos) bereits von Pilatus’ Vorgänger, Valerius Gratus, abgesetzt wurde und, nachdem binnen wenigen Jahren das gleiche Schicksal drei seiner Nachfolger betroffen, Kaiaphas das erwähnte Amt erhielt, der während der ganzen Procuratur des Pilatus Träger desselben geblieben ist (A. XVIII, 2, 2. 4, 3). Schürer (1876, S. 579 f.) sieht deshalb in der Nebeneinanderstellung jener beiden ein Zeugnis gegen eine Benutzung des Josephus, da sie bei einem mit diesem Schriftsteller Bekannten unbegreiflich wäre. Die “befremdliche Formel” des Lucas erklärt sich nach ihm daraus, dass dieser “den Annas für den eigentlichen Hohenpriester hielt und den Kaiaphas nur daneben stellt, weil er ihn auch als Hohenpriester überliefert fand, ohne dass er aber recht weiss, was er mit ihm anfangen soll.” Ferner bemerkt er, dass dem Evangelisten, wenn er den Stoff der beiden andern Synoptiker, welche den Annas überhaupt nicht erwähnen, aus Josephus ergänzt hätte, doch wohl auch die von Josephus ausschliesslich gebrauchte Form Ἄνανος am nächsten gelegen haben würde. Daher findet Schürer die ganze Notiz des Lucas nur bei der Annahme begreiflich, dass er auch hier aus der populären Ueberlieferung schöpfe, in der sich die Kunde davon erhalten hatte, dass Annas, dessen sämtliche fünf Söhne nach einander zum hohenpriesterlichen Amte gelangten (A. XX, 9, 1), auch nach seinem Rücktritt vom Amte noch ein Mann von Ansehen und Einfluss war, wie ihr auch ein Bewusstsein darüber verblieben sei, dass er im Processe Jesu und der Apostel eine entscheidende Stimme geführt hat.
Im Gegensatze zu Schürer glaubt Keim (S. 11 ff.) die Erklärung für Lucas’ “Nachricht vom doppelköpfigen Hohepriestertum” nur aus Josephus ableiten zu sollen. “Er ist es ja allein, der aus Anlass der Hinrichtung des Jakobus durch den Hohenpriester Hannas den Jüngern (63 n. Chr.) die Nachricht gibt, dass Hannas der Aeltere als der glücklichste Mensch gepriesen worden sei, weil er fünf Söhne zu Nachfolgern im Hohepriestertum gehabt, nachdem er selbst diese Ehre sehr lange Zeit genossen (A. XX, 9, 1). Der Glücklichste konnte er nach streng jüdischen Begriffen nur dann recht heissen, wenn er selbst diese Ehre seiner Söhne miterlebte, woraus zu schliessen ist, dass er nicht nur die Erhebung seines Sohnes Eleazar (c. 16 n. Chr.), sondern auch die des Jonathan und Theophilus (36-38), vielleicht selbst die des Matthias (43-44), wenn auch nicht die des letzten, Hannas (63), mit eigenen Augen sah. Wie leicht bildete sich nun die Auffassung, dass er mit den Söhnen noch Jahrzehnte mitregiert und dass auch der Ausdruck des Josephus von der Länge seiner eigenen Herrschaft auf den Löwenanteil im gleichzeitigen, nicht nur vergangenen Regiment gedeutet!” (S. 14). Gegen den von der Form Hannas hergenommenen Einwand Schürers bemerkt Keim: “Jene, ich möchte sagen, hellenisirende Schreibweise erklärt sich sattsam, wenn man an die Analogieen Annibas, Annon, Annios, denkt, während Analogieen von Ananos erst bei Athenäus und Proclus erscheinen.”
Wir können diese Ausführungen Keims, denen sich auch Holtzmann zuzuneigen scheint (Handcomm. I, 59), keineswegs für überzeugend halten. Wie auf die Nebeneinanderstellung von Hannas und Kaiaphas jemand, der den ersteren nur aus Josephus kannte, verfallen sein sollte, ist selbst bei Voraussetzung der von Keim angenommenen irrigen Auffassung schwer begreiflich, da Josephus letzteren unzweideutig als vierten Nachfolger des Hannas bezeichnet und zugleich durch den lediglich dem Namen des Eleazar zugefügten Beisatz: τὸν Ἀνάνου τοῦ ἀϱχιεϱέως υἱὸν die Annahme verbietet, dass beide in einem näheren Verwandtschaftsverhältnisse gestanden haben (A. XVIII, 2, 2). Ebensowenig erklären die von Keim beigebrachten Analogieen, warum Lucas, wenn er seine Kenntnis von Hannas ausschliesslich dem Josephus verdankte, die vorgefundene Namensform, anstatt sie einfach beizubehalten, mit einer der Volkssprache angehörigen vertauschte.[166] Jedenfalls verdient es Beachtung, dass uns Hannas und Kaiaphas AG. 4, 6 in Verbindung mit zwei dem Josephus unbekannten Männern hohenpriesterlichen Geschlechtes, Johannes und Alexander, begegnen. Da kein Grund vorliegt, in denselben rein erdichtete Personen zu sehen, so spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Lucas eine christliche Quelle diese Namen zugeführt hat. Dann aber kann er derselben den Hannas verdanken und wenn er hier den ehemaligen Hohenpriester durch den ihn von andern Trägern eines häufigen Namens unterscheidenden Titel ὁ ἀρχιερεύς ausgezeichnet fand, so war ihm damit die Annahme an die Hand gegeben, dass Hannas noch während seiner Amstdauer feindlich gegen das Christentum aufgetreten sei, und es galt nur, dieselbe mit der von der evangelischen Ueberlieferung unumstösslich bezeugten Tatsache, dass Jesu Verurteilung vor dem Richterstuhle des Hohenpriesters Kaiaphas erfolgt war (Mt. 26, 57 ff.), in Einklang zu bringen. Hier aber griff Josephus helfend ein, welcher nicht nur öfter den dem N. T. gleichfalls geläufigen Plural ἀρχιερεῖς gebraucht, sondern auch wiederholt zwei Hohepriester namentlich neben einander aufführt.[167] Dass dem Evangelisten die gleichzeitige Amtstätigkeit von zwei Hohenpriestern als Regel gegolten habe, wird man angesichts der Stellen, wo er nur einen solchen erwähnt (AG. 7, 1. 22, 5. 23, 2. 24, 1), natürlich nicht behaupten dürfen; wie er sie aber auch nur als zulässige Ausnahme betrachten konnte, das erklärt sich am einfachsten bei der Annahme, dass er sich seine Vorstellung vom Hohenpriestertum aus Josephus gebildet habe. Dieselbe wird durch den Einwand, dass in der Verbindung von Hannas und Kaiaphas ein starker Verstoss gegen unzweideutige Aussagen dieses Gewährsmannes vorliege, nicht hinfällig, da Lucas sich durch diesen Widerspruch mit Josephus, wenn er ihm zum Bewusstsein gekommen ist, ebensowenig beunruhigt gefühlt haben wird wie in andern Fällen, wo er im Vertrauen auf die Glaubwürdigkeit der christlichen Ueberlieferung sich Abweichungen von dem jüdischen Geschichtschreiber gestattet hat.[168]
Wenn wir nunmehr die bisher über die Stelle 3, 1 f. gewonnenen Ergebnisse kurz zusammenfassen, so zeigt sich, dass Josephus eine, aber keineswegs die einzige Quelle für Lucas’ chronologische Angaben gewesen ist. Vielmehr erscheint das Verfahren des Evangelisten als dasjenige eines Eklektikers, welcher sich nicht ängstlich an einen Gewährsmann bindet, sondern den ihm von verschiedenen Seiten zufliessenden Stoff nach eigener freier Wahl verarbeitet. Es empfiehlt sich, diese Wahrnehmung für unsere fernere Untersuchung im Auge zu behalten, da sie geeignet ist, uns die rechte Würdigung solcher Stellen zu ermöglichen, welche von Vertretern und Bestreitern einer Beeinflussung des Lucas durch Josephus zu Gunsten ihrer Ansicht gleichmässig verwertet worden sind.
Der im Folgenden geschilderten Wirksamkeit des Täufers Johannes hat bekanntlich auch Josephus in seinen “Altertümern” (XVIII, 5, 2) Erwähnung getan. Einen schon von Ott (S. 133 f.) nicht unbemerkt gebliebenen Berührungspunkt zwischen beiden Berichten findet Keim (S. 15) darin, dass “wenigstens die in den übrigen Evangelien fehlenden Moralregeln, deren Gestaltung auf Lucas zurückgehen kann, eine frappante Individualisirung der bei Josephus begehrten δικαιοσύνη πρὸς ἀλλήλους zeigen”. In gleichem Sinne haben wir wohl die Bemerkung Hausraths zu verstehen, dass “die breitere Schilderung der Johannestaufe aus den Antiquitäten stamme” (IV, 241 f.). Indessen war die Forderung wechselseitiger Gerechtigkeit schon von den Propheten des alten Bundes so oft und nachdrücklich mit Beziehung auf die verschiedensten Verhältnisse des menschlichen Lebens geltend gemacht worden, dass einem Volksprediger wie Johannes, der sich mit diesen Vorgängern, insbesondere mit Jesaja, “gründlich beschäftigt” hatte (Keim, Gesch. J. I, 482), jene Moralregeln sich ganz ungesucht von selbst darbieten konnten und ein christlicher Schriftsteller, der in dem Täufer den Abschluss des alttestamentlichen Prophetentumes sah (Lc. 16, 16), den Anlass, ihm dieselben in den Mund zu legen, nicht erst aus Josephus zu entnehmen brauchte. Da die genannten Forscher weitere Gründe für die Abhängigkeit des Lucas von Josephus nicht beigebracht haben, so fragt es sich bloss, ob die Darstellung des ersteren vielleicht solche Züge enthält, die sich bei letzterem anderwärts nachweisen lassen. Die Schilderung, welche die Synoptiker von Johannes entwerfen, hat schon Winer (RWB I, 586 Anm. 1) an Josephus’ Lehrer, den Einsiedler Banus, erinnert, welcher sich gleichfalls in der Wüste aufhielt und sich in seiner Lebensweise von dem Täufer nicht wesentlich unterschied.[169] Indessen suchen wir die Angaben über dessen Kleidung und Nahrung (Mt. 3, 4. Mc. 1, 6), auf welchen vornehmlich die Berechtigung zur Nebeneinanderstellung beider Männer beruht, gerade bei Lucas vergebens und damit schwindet jede Wahrscheinlichkeit für die Annahme, dass dieser das von Josephus gezeichnete Bild des Banus für seine Schilderung des Johannes benutzt habe. Dagegen verdient der dem dritten Evangelium eigentümliche Zug Beachtung, dass neben den Volksmassen (V. 10) und Zöllnern (V. 12), die Johannes’ Taufe begehren, auch Kriegsleute erscheinen (V. 14). Unverkennbar hegt Lucas von dem Stande derselben eine sehr günstige Meinung und setzt bei ihnen ganz besondere Empfänglichkeit für religiöse Einwirkungen voraus. Die römischen Centurionen, welche er seinen Lesern vorführt, können sämtlich Muster von Frömmigkeit oder mindestens wohlwollender Gesinnung gegen die Verehrer des wahren Gottes heissen. Der Hauptmann von Kapernaum empfängt von den Aeltesten dieser Stadt das Zeugnis, dass er ihr Volk liebe und ihnen aus eigenen Mitteln die Synagoge erbaut habe (Lc. 7, 2 ff.). Cornelius in Cäsarea ist mit seinem ganzen Hause fromm und gottesfürchtig und ein nimmermüder Wohltäter seiner jüdischen Mitbürger (AG. 10, 1 f.). Der mit Paulus’ Ueberführung nach Rom betraute Hauptmann Julius erweist dem Apostel nicht nur eine menschenfreundliche Behandlung, sondern beschützt auch dessen Leben gegen seine eigenen Leute (ebd. 27, 3. 42 ff.).[170] Wenn es hiernach dem Evangelisten nahe lag, neben den auch bei den beiden andern Synoptikern sich durch Bussfertigkeit auszeichnenden Zöllnern noch Kriegsleute zur Taufe des Johannes kommen zu lassen, so musste er die Vorschriften, die ihnen dieser erteilt, ihren besonderen Verhältnissen anpassen. Hierzu aber bot sich ihm eine treffliche Vorlage in den Mahnungen, die Josephus als Statthalter von Galiläa an die unter seinem Oberbefehle stehenden Truppen gerichtet hat. Ihre wesentliche Uebereinstimmung mit denjenigen des Busspredigers erhellt aus folgender Zusammenstellung:
K. II, 20, 7[171]: ἔφη δὲ πεῖραν αὐτῶν λαβεῖν τῆς κατὰ τὸν πόλεμον εὐταξίας καὶ πρὸ παρατάξεως, εἰ τῶν συνήϑων ἀδικημάτων ἀπόσχοιντο, κλοπῆς καὶ λῃστείας καὶ ἁρπαγῆς, τοῦ τε ἐξαπατᾶν τὸ ὁμόφυλον, καὶ μὴ κέρδος οἰκεῖον ἡγεῖσϑαι τὴν βλάβην τῶν συνηϑεστάτων. διοικεῖσϑαι γὰρ κάλλιστα τοὺς πολέμους παρ’ οἷς ἂν ἀγαϑὸν τό συνειδὸς ἔχωσιν οἱ στρατευόμενοι· τοὺς δὲ οἴκοϑεν φαύλους οὐ μόνον τοῖς ἐπιοῦσιν ἐχϑροῖς, ἀλλὰ καί τῷ ϑεῷ χρήσϑαι πολεμίῳ. | Lc. 3, 14: ἐπηρώτων δὲ αὐτὸν καὶ στρατευόμενοι λέγοντες· τί ποιήσωμεν καὶ ἡμεῖς; καὶ εἶπεν πρὸς αὐτούς· μηδένα διασείσητε, μηδένα συκοφαντήσετε, καὶ ἀρκεῖσϑε τοῖς ὀψωνίοις ὑμῶν. | |
L. 47: κἀγὼ χάριν αὐτοῖς ἔχειν ὁμολογήσας συνεβούλευον πρὸς μηδένα μήτε πολεμεῖν μήτε ἁρπαγῇ μολύνειν τὰς χεῖρας, ἀλλὰ σκηνοῦν κατὰ τὸ πεδίον ἀρκουμένους τοῖς ἑαυτῶν ἐφοδίοις. |
Zu den sachlichen Berührungen gesellen sich sprachliche, die wir nicht für zufällig halten können, wenn wir bedenken, dass Lucas, so oft er auch weiterhin noch Soldaten erwähnt (7, 8. 23, 36. AG. 10, 7. 12, 4. 6. 18. 21, 32 zw. 35. 23, 23. 31. 27, 31 f. 42. 28, 16), sonst nirgends den Ausdruck στρατευόμενοι, sondern ausnahmslos στρατιῶται braucht und ebensowenig bei ihm das Verbum ἀρκεῖσϑαι wiederkehrt, das in Verbindung mit einem Dativ der Sache im N. T. nur noch zweimal (Hebr. 13, 5. 1 Tim. 6, 8), bei Josephus dagegen sehr häufig vorkommt (A. I, 8, 1. II, 6, 8. 12, 1. IV, 8, 38. V, 2, 5. 9f. VI, 9, 2. K. II, 7, 4. 11, 2 ö.). Die innerhalb des N. T.s ihm allein angehörigen Verba διασείειν und συκοφαντεῖν (letzteres noch 19, 8) hat der Evangelist allerdings ebensogut bei den Siebzig wie bei Josephus finden können, doch ist beachtenswert, dass bei jenen das erstere, welches sie überhaupt nur einmal (Job 4, 14) haben, nicht in übertragenem Sinne steht wie bei Lucas und Josephus K. IV, 1, 9: τῶν δ’ ἀνὰ τὴν πόλιν διασεισϑέντων ὑπὸ τοῦ ψόφου διαδρομή τε ἦν καὶ πτοία πολλή. Auch das den Siebzig fremde, im N. T. nur bei Paulus (Röm. 6, 23. 1 Kor. 9, 7. 2 Kor. 11, 8) nachweisbare ὀψώνιον konnte ihm Josephus an die Hand geben, vgl. A. XII, 2, 3: . . . τούτους ἀπολυέτωσαν οἱ παρ’ αὐτοῖς ἔχοντες ὑπὲρ ἑκάστου σώματος λαμβάνοντες δραχμὰς ἑκατὸν εἴκοσι, οἱ μὲν στρατιῶται μετὰ καὶ τῶν ὀψωνίων κτλ. Nach alledem darf wohl die Antwort, welche der Evangelist den Täufer auf die Anfrage der Kriegsleute erteilen lässt, als ein Zeugnis für die Benutzung des Josephus durch Lucas gelten. Der ganze Bericht dieses letzteren über Johannes ist insofern lehrreich, als er uns einen neuen Einblick in das eklektische Verfahren des Evangelisten eröffnet. Derselbe hat bei Darstellung der Wirksamkeit des Täufers von Josephus’ Bericht in den “Altertümern” ganz abgesehen, vermutlich, weil ihm dieser neben der für ihn massgebenden christlichen Ueberlieferung zu wenig Eigentümliches und Bedeutsames bot, dagegen das von der letzteren ausgestaltete Bild dieses Mannes durch Einzelzüge bereichert, die er zwei andern Schriften des Genannten entnahm. Wenn wir dieses Ergebnis im Auge behalten, wird uns die bei oberflächlicher Betrachtung so befremdliche Erscheinung verständlicher werden, dass bisweilen ein und dieselbe Stelle des Lucas neben einer Anzahl unverkennbarer Berührungen mit Josephus ebenso viele Abweichungen von demselben aufweist.
[145] Vgl. dessen “Geschichte Jesu.” Dritte Bearbeitung (Zürich 1873) S. 151 f. 101.
[146] Geschichte Jesu von Nazara I, 13.
[147] Vgl. Bröcker a. a. O. S. 126, nach welchem Lucas die gedachte Angabe wahrscheinlich “mittelbar oder unmittelbar aus jüdischen Quellen entnahm”.
[148] Der Name Pontius findet sich bei Lucas nur noch an einer Stelle der AG. (4, 27), wo sich die Hinzufügung desselben aus dem feierlichen Charakter des dort mitgeteilten Gemeindegebetes erklärt.
[149] welcher vermutlich ebenso diesen Namen wie den von ihm angeführten Ausspruch Jesu (1 Tim. 5, 18 = Lc. 10, 7) dem dritten Evangelium entlehnt hat (s. Holtzmann, Die Pastoralbriefe, S. 118. 353).
[150] Derselbe führte zwei nomina gentilicia, indem er vollständig Publius Sulpicius, Publii filius, Quirinius hiess (s. Nipperdey-Andresen zu Tac. Ann. II, 30).
[151] Nach Tacitus (Hist. V, 9) war sein Geschlechtsname Antonius (s. Schürer I, 478). Vgl. übrigens unsere “Vorbemerkungen.”
[152] Wir tragen eine sechste Stelle nach: K. II, 12, 8: δοὺς αὐτῷ τήν τε Φιλίππου γενομένην τετραρχίαν (αὕτη δὲ ἦν Βαταναία καὶ Τραχωνῖτις καὶ Γαυλανῖτις). Zenodorus hatte das Gebiet zwischen Trachon und Galiläa (Οὐλάθαν καὶ Πανειάδα καὶ τὴν πέριξ χώραν) besessen (A. XV, 10, 3).
[153] Dass wir dieser Behauptung nicht zustimmen, soll hier nur kurz bemerkt sein, da unsere gegenteilige Ansicht im weiteren Verlaufe der Untersuchung zu unzweideutigem Ausdrucke kommen wird.
[154] Vgl. K. III, 10, 7: ἀγνοούμενος δὲ τέως ὁ Ἰορδάνης ἐντεῦθεν ἄρχεσθαι διὰ τοῦ τετραρχήσαντος Τραχωνιτῶν ἠλέγχθη Φιλίππου. IV, 1, 10: τῆς Φιλίππου δὲ ἦσαν ἀδελφῆς θυγατέρες αὗται, αὐτὸς δ’ ὁ Φίλιππος Ἰακίμου τινὸς ἀνδρὸς ἐπισήμου, στραταρχήσοντος Ἀγρίππᾳ τῷ βασιλεῖ. Dagegen II, 9, 5: κἀν τούτῳ κατήγορος Ἡρώδου τοῦ τετραρχοῦντος Ἀγρίππας υἱὸς Ἀριστοβούλου . . . παραγίνεται πρὸς Τιβέριον. A. XIX, 5, 2: Κλαύδιος ἐπιστέλλει τῷ ἐπαρχοῦντι κατὰ τὴν Αἴγυπτον.
[155] So Niese statt ἔκγονος. Weder die eine noch die andere Lesart nötigt uns, mit Schürer in Varus einen Sohn des Soämus zu sehen, da beide Wörter, die in den Handschriften fortwährend verwechselt werden, das mit einander gemein haben, dass sie nicht nur einen Sohn, sondern auch einen Enkel und ganz allgemein einen Abkömmling bezeichnen (s. Stephanus’ Thesaurus s. v.)—Mit Unrecht vermutet Ewald (Gesch. d. apost. Zeitalters. 3. Ausg. S. 433 Anm. 2), dass Νόαϱος K. II, 18, 6 irrtümlich für Varus L. 11 stehe. Vielmehr war ersteres jedenfalls der ursprüngliche (semitische) Name des an diesen beiden Stellen erwähnten Mannes, welcher später neben demselben einen lateinischen ähnlichen Klanges geführt haben wird, wie dies in jener Zeit nicht selten vorkam (s. unsere “Beiträge”, S. 17). Ueber den auch inschriftlich bezeugten (s. Schürer I, 739) Namen Νόαϱος s. E. Renan, Mission de Phénicie (Paris 1864) p. 1472. 199 (der auch L. 11 so lesen will).
[156] wie auch Keim (S. 13) annimmt.
[157] Er wird im “Jüdischen Krieg” noch III, 4, 2, ausserdem von Josephus noch A. XX, 8, 4 genannt. Aus dieser Stelle ersehen wir, dass er in Neros erstem Regierungsjahre (54 n. Chr.) als Nachfolger seines Bruders Aziz den Thron bestieg, während der gleichnamige Ituräerkönig spätestens im J. 49 starb (s. Tac. Ann. XII, 23 und Nipperdey-Andresen zu d. St.) Nach Heräus (zu Tac. Hist. II, 81) war letzterer (von Tacitus noch Ann. XIII, 7. Hist. V, 1 erwähnt) vielleicht der Vater des ersteren.
[158] Einen Ituräer, aber nicht Ituräerkönig Soämus kennt Josephus als Vertrauten Herodes d. Gr. (A. XV, 6, 5. 7, 1. 3 f.), zu dessen Zeit auch noch ein vornehmer Araber in Petra als Träger dieses Namens erscheint (XVII, 3, 2. K. I, 29, 3).
[159] Sie werden von lateinischen Schriftstellern nicht selten erwähnt (z. B. Cic. Phil. II, 8. XIII, 8. Bell. Afr. 20. Verg. Georg. 2, 448. Lucan. Phars. 7, 230. 514 f., Valerius bei Vopiscus, Aurelianus 11) und waren als Bogenschützen ebenso berühmt, wie als gefährliche Räuber gefürchtet.
[160] A. XIII, 10, 4. 12, 6. XIV, 3, 1. 4, 3. 6, 4. 7, 2. 8, 3. XV, 1, 2. Ap. II, 7. Alle diese Anführungen beziehen sich auf Strabos für uns verlorene ὑπομνήματα ἱστοϱιϰά. S. Schürer I, 39.
[161] Nicht 34, wie Keim (S. 9) angibt. S. Schürer I, 296.
[162] S. gegen dieselbe: Keim S. 9 ff. Geschichte Jesu III, 618 f. Sevin a. a. O. S. 106-112. Holtzmann, Handcomm. I, 58 ff.
[163] Ausführlich handelt über dieselbe E. Renan, Mémoire sur la dynastie des Lysianas d’Abilene (Mémoires de l’Institut impérial de France, Académie des inscriptions et belles-lettres T. 26 P. II. [Paris 1870] p. 49-84) unter Inscriptions (p. 66 ss.). Von einer zweiten ebd. S. 75 f. abgedruckten Inschrift sagt Schürer (S. 603) selbst nur, sie “mache es wahrscheinlich, dass es mehrere Fürsten Namens Lysanias gegeben habe”. Die Richtigkeit von Renans Ergänzungen vorausgesetzt, spricht sie vielmehr dafür, dass der erste von ihm genannte Lysanias der einzige Fürst dieses Namens gewesen ist, da sie diesen allein als τετράρχης, die neben ihm erwähnten Personen aber mit ihrem blossen Namen ohne jeden Beisatz bezeichnet. S. Keim S. 11.
[164] Vgl. Renan a. a. O. S. 69: “Il n’y a en cela rien de rigoureusement impossible: Nymphaeus pouvait bien n’être qu’un enfant lors son affranchissement; les affranchissements de familles entières par testament n’étaient point rares.”
[165] Die Belege s. oben S. 91. 92 Anm. 2.
[166] S. Winer, Gramm. § 16 Anm. 1. Näher hätte unseres Erachtens für Keim der Hinweis darauf gelegen, dass bei Lucas der in den neutestamentlichen Briefen stets Silvanus genannte apostolische Gehilfe des Paulus (2 Kor. 1, 19. 1 Thess. 1, 1. 2 Thess. 1, 1. 1 Pt. 5, 12) durchgängig Silas heisst (AG. 15, 22. 27. 32. 40 ö.), wie andererseits bei Josephus der König Asa (Siebzig Ἀσά 1. Kön. 15, 8 f. 2 Chron. 14-16) unter dem Namen Ἄσανος erscheint (A. VIII, 11, 3 f. 12, 4 ff.).
[167] ἀρχιερεῖς im N. T.: Mt. 2, 4. 16, 21. Mc. 8, 31. Lc. 9, 22. Joh. 7, 32. 45. AG. 4, 23. 22, 30 ö. Bei Josephus: K. II, 20, 4. IV, 3, 7. 9. 4, 3. 5, 2. 9, 11. V, 13, 1. VI, 2, 2. VII, 10, 2. Zwei Hohepriester II, 12, 6. IV, 5, 2. VI, 2, 2. L. 38, vgl. A. XVII, 6, 4. XIX, 6, 2. S. Schürer II, 171 f.
[168] S. zu AG. 12, 1-23.
[169] L. 2: πυθόμενός τινα Βάννουν ὄνομα κατὰ τὴν ἐρημίαν διατρίβειν, ἐσθῆτι μὲν ἀπὸ δένδρων χρώμενον, τροφὴν δὲ τὴν αὐτομάτως φυομένην προσφερόμενον, ψυχρῷ δὲ ὕδατι τὴν ἡμέραν καὶ τὴν νύκτα πολλάκις λουόμενον πρὸς ἁγνείαν, ζηλωτὴς ἐγενόμην αὐτοῦ.
[170] Wir halten die den dritten der Genannten betreffenden Angaben, da sie jedenfalls von einem Begleiter des Apostels herrühren, für geschichtlich und finden in den günstigen Erfahrungen, die Paulus auf seiner letzten Reise mit einem römischen Hauptmanne gemacht hat, einen Erklärungsgrund für die soldatenfreundliche Gesinnung des Evangelisten.
[171] Nur die ersten Sätze bis ἁρπαγῆς sind von Ott (S. 134) zur Vergleichung herangezogen worden.
3, 23-38. Dass Jesus bei seinem Hervortreten an die Oeffentlichkeit ungefähr dreissig Jahre alt gewesen sei, wird von den beiden andern Synoptikern nicht bestätigt und kann, da er im vierten Evangelium auf der Höhe seines Wirkens dem fünfzigsten Jahre nahe erscheint (Joh. 8, 57) auch nicht wohl herrschende Ueberlieferung gewesen sein. Die Quelle dieser Angabe dürfen wir vielleicht in einer bereits von Ott (S. 134) als Parallele herbeigezogenen, auf die Zeit von Josephus’ galiläischer Amtstätigkeit bezüglichen Stelle der “Lebensbeschreibung” desselben erblicken (c. 15): Περὶ τριακοστὸν γοῦν ἔτος ὑπάρχων, ἐν ᾧ χρόνῳ, κἂν ἀπέχηταί τις τῶν παρανόμων ἐπιϑυμιῶν, δύσκολον τὰς ἐκ τοῦ φϑόνου διαβολὰς φεύγειν κτλ. Die Schilderung dieses Lebensabschnittes war ganz dazu angetan, auf den Neubearbeiter einer sich an denselben Boden knüpfenden geschichtlichen Ueberlieferung besondere Anziehungskraft auszuüben, und hat auch, wie sich weiterhin zeigen wird, Lucas’ Darstellung noch mehrfach beeinflusst.[172] Aus dieser Vorlage würde sich auch leicht die bloss ungefähre Altersbestimmung erklären, die nach den ihr vorausgegangenen genauen chronologischen Angaben (2, 42. 3, 1) einigermassen befremdet.—Wenn von dem folgenden Stammbaum Hausrath (IV, 241) behauptet, dass er “dem des Josephus im Eingange zur vita entspricht”, so ist dies offenbar zu viel gesagt. Mit Recht bemerkt Steck, dass für denselben wohl Mt. 1, 1-17 das näher liegende Vorbild sei, wenn er auch am ersten noch zugeben zu können meint, “dass die Abstammung des Josephus väterlicherseits aus priesterlichem, mütterlicherseits aus königlichem Geschlecht an die von Lucas angenommene Abstammung Jesu von David durch Joseph und von Aaron durch Maria (1, 27. 32, vgl. 1, 5) erinnert.”
[172] S. zu 6, 13-17. AG. 23, 23-33. 25, 11.
4, 16. Den ausser hier im N. T. nur noch AG. 13, 14. 16, 13 vorkommenden Ausdruck ἡ ἡμέρα τῶν σαββάτων konnte dem Lucas, wie Holtzmann (1877, S. 539) bemerkt, die Stelle A. XII, 6, 2 liefern: σνμβάλλουσιν αὐτοῖς εἰς μάχην σαββάτων ἡμέρᾳ. Indessen lässt der genannte Gelehrte selbst die Möglichkeit offen, dass diese Formel aus den Siebzig stamme. Da sie bei diesen (Ex. 20, 8. 35, 3. Dt. 5, 12. Jer. 17, 21 f.) in einer mit derjenigen des Lucas noch wörtlicher übereinstimmenden Fassung erscheint, so werden wir Nösgens Widerspruch gegen erstere Annahme (1879, S. 525) gerechtfertigt finden und uns vielmehr für die zweite entscheiden müssen.
4, 22. Wie der Evangelist den Eindruck von Jesu Predigt in Nazareth in den λόγοις τῆς χάριτος τοῖς ἐκπορευομένοις ἐκ τοῦ στόματος αὐτοῦ begründet sieht, so rühmt Josephus den Moses als εἰπεῖν τε καὶ πλήϑεσιν ὁμιλῆσαι κεχαρισμένος (A. IV, 8, 49, vgl. XVIII, 6, 8: οἱ μὲν ὡμιληκότες ἁλισκόμενοι τῇ χάριτι τῆς ἐντεύζεως). Wenn nun auch die Siebzig (Pred. 10, 12) und Jesus Sirach (21, 16. 37, 21) Parallelen bieten, welche sich mit Lucas’ Ausdrucksweise mindestens ebenso nahe berühren, so verdient doch obige Stelle des Josephus volle Beachtung, einmal, weil sie von Moses handelt, dessen Geschichte auf die Gestaltung der evangelischen Ueberlieferung unverkennbar eingewirkt hat[173], und sodann, weil sie sich in unmittelbarer Nähe eines Abschnittes findet, dessen wiederholte Benutzung durch Lucas keinem ernstlichen Zweifel unterliegen kann.[174]
[173] S. Strauss a. a. O. S. 368 ff.
[174] S. zu 23, 26 ff. 48 und zu AG. 1, 1-11. 20, 17-38.
4, 29. Dieselbe Situation wie hier findet Holtzmann A. IX, 9, 1, wo erzählt wird, dass der König Amazia von Juda 10,000 kriegsgefangene Amalekiter von einem Felsen herabstürzen liess. Wir stellen zum Zwecke der Vergleichung dem Texte des Josephus seine alttestamentliche Vorlage und den evangelischen Bericht an die Seite:
2 Chron. 25, 11 f.: | A. IX, 9, 1: | Lc. 4, 29: | ||
Ἀμασίας . . . ἐπάταξεν ἐκεῖ τούς υἱοὺς Σηεὶρ δέκα χιλιώδας. καὶ δέκα χιλιάδας ἐζώγρησαν οἱ υἱοὶ Ἰούδα καὶ ἔφερον αὐτοὺς ἐπὶ τὸ ἄκρον τοῦ κρημνοῦ καὶ κατεκρήμνιζον αὐτοὺς ἀπὸ τοῦ ἄκρου τοῦ κρημνοῦ. | κρατήσας αὐτῶν τῇ μάχῃ μυρίους μὲν ἀπέκτεινε, τοσούτους δὲ ζῶντας ἔλαβεν, οὓς ἐπὶ τῆν μεγάλην ἀγαγῶν πέτραν, ἥπερ ἐστὶ κατὰ τὴν Ἀραβίαν, ἀπ’ αὐτῆς κατεκρήμνισεν. | ἀναστάντες ἐξέβαλον αὐτὸν ἔξω τῆς πολέως καὶ ἤγαγον αὐτὸν ἕως ὀφρύος τοῦ ὄρους ἐφ᾽ οὗ ἡ πόλις ὠκοδόμητο αὐτῶν, ὥστε κατακρημνίσαι αὐτόν. |
Wie man sieht, ist allen drei Texten das im N. T. nicht weiter vorkommende Verbum κατακρημνίζειν, dem zweiten und dritten auch ἄγειν gemeinsam und ausserdem treffen die beiden letzteren noch darin zusammen, dass sie als erzählende Form nirgends das Imperfect, sondern ausschliesslich den Aorist gebrauchen, auf ein die Periode eröffnendes Participium dieses Tempus zwei coordinirte Indicative folgen lassen und dann die genauere Ortsbestimmung mittelst eines Relativsatzes geben. Lucas berührt sich also in diesem wie in andern Fällen[175] mehr mit Josephus als mit den Siebzig und die Annahme, dass seine obige Darstellung durch ersteren beeinflusst ist, wird, wenn auch nicht als unbedingt notwendig, doch als zulässig betrachtet werden dürfen.
[175] S. zu 2, 40-52 (S. 75 f.). 9, 51-56 (S. 112 f.). 19, 35-38. AG. 2, 1-13. 4, 31. 20, 17-38.
4, 38. Die Formel πυρετῷ συνέχεσϑαι findet sich im N. T. nur bei Lucas (noch AG. 28, 8: πυρετοῖς συνεχόμενον) und könnte von ihm aus Josephus entlehnt sein, bei dem wir A. XIII, 15, 5 lesen: Μετὰ δὲ ταῦτα ὁ βασιλεὺς Αλέξανδρος ἐκ μέϑης εἰς νόσον καταπεσὼν καὶ τρισὶν ἔτεσιν τεταρταίῳ πυρετῷ συσχεϑεὶς οὐκ ἀπέστη τῶν στρατειῶν.
5, 1. Die Bezeichnung des grössten galiläischen Sees als ἡ λίμνη Γεννησαρέτ und ἡ λίμνη schlechthin (V. 2. 8, 22 f. 33) ist dem Lucas eigentümlich, während derselbe bei den andern Evangelisten ἡ ϑάλασσα τῆς Γαλιλαίας (Mt. 4, 18. 15, 29. Mc. 1, 16. 7, 31), ἡ ϑάλασσα τῆς Τιβεριάδος (Joh. 21, 1), ἡ ϑάλασσα τῆς Γαλιλαίας τῆς Τιβεριάδος (ebd. 6, 1), am häufigsten aber bloss ἡ ϑάλασσα heisst (Mt. 4, 18. 8, 24. 26 ö. Mc. 2, 13. 3, 7. 4, 1 ö. Joh. 6, 16-19 ö.). Bei Josephus finden sich folgende Namen: Γεννησάρ (K. III, 10 1. 7 f.), Γεννησὰρ ἡ λίμνη (II, 20, 6), ἡ λίμνη Γεννησάρ (III, 10, 7), Γενησαρίς (A. V, 1, 22), Γεννησαρίς λίμνη (L. 65), λίμνη ἡ Γενησαρῖτις (A. XVIII, 2, 1. 3), τὰ ὕδατα τὰ Γενήσαρα λεγόμενα (XIII, 5, 7), ἡ Τιβεριάδος λίμνη (K. III, 3, 5), λίμνη Τιβεριέων (IV, 8, 2) und λίμνη ohne weiteren Beisatz wie bei Lucas (A. XIV, 15, 10. K. I, 17, 2. II, 21, 6. 8. III, 10, 5. 9. IV, 1, 1. L. 18. 31. 33. 59. 63). Somit spricht eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch hier die Ausdrucksweise des Lucas durch Josephus bestimmt ist, während andererseits erhellt, dass er die wohl der Volkssprache angehörige Form Γεννησαρέτ, welche bei den andern Synoptikern als Name der von Josephus (K. III, 18, 8) gleichfalls ἡ Γεννησάρ genannten Landschaft erscheint (Mt. 14, 34. Mc. 6, 53), nicht von dem jüdischen Geschichtsschreiber entlehnen konnte. Vermutlich war diese Namensform zu Lucas’ Zeit in christlichen Kreisen bereits so eingebürgert, dass sich ihm die Beibehaltung derselben aus Rücksicht auf seine Leser empfahl. Also ein neuer Beleg für sein eklektisches Verfahren!
5, 8. Die Redensart προσπίπτειν τοῖς γόνασί τινος kommt im N. T. nur an dieser Stelle vor, während sich anderwärts προσπίπτειν πρὸς τούς πόδας τινός (Mc. 7, 25), προσπίπτειν τινί (ebd. 5, 33. Lc. 8, 28. 47. AG. 16, 29), γονυπετεῖν τινα (Mt. 17, 14. Mc. 1, 40. 10, 17) und γονυπετεῖν ἔμπροσθέν τινος (Mt. 27, 29) finden. Erstere Verbindung braucht Josephus A. XIX, 3, 4: Καὶ οἱ μεν πρεσβευταὶ Οὐηράνιός τε καὶ Βρόγχος, δήμαρχοι δὲ ἦσαν ἀμφότεροι, τοῖσδε ἐχρῶντο τοῖς λόγοις καὶ καθικέτευον τοῖς γόνασιν αὐτοῦ προσπεσόντες κτλ. Vgl. XVII, 5, 3: Ἀντιπάτρου δὲ προσπεσόντος τῷ πατρὶ πρὸς τὰ γόνατα κτλ. 9, 7: Καῖσαρ δὲ Ἀρχέλαον προσπεσόντα αὐντῷ πρὸς τὰ γόνατα φιλοφρόνως τε ἀνίστη. Mindestens eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass Lucas sich obigen ganz vereinzelt stehenden Ausdruck aus Josephus angeeignet habe, wird zugegeben werden müssen. Dasselbe gilt von
5, 15: διήρχετο ὁ λόγος, indem Lucas diese im N. T. nicht weiter belegbare Redensart gleichfalls bei Josephus finden konnte, der L. 36 schreibt: λόγος διῆλθεν, ὡς στρατηγοίη τῶν Ἰουδαίων ἐπὶ τὸν πρὸς Ῥωμαίους πόλεμον.
6, 13-17. Die Berichte von der Erwählung der zwölf Apostel und ihrer Aussendung (9, 1 ff.) haben bei Lucas bekanntlich eine Parallele an dem von den siebzig Jüngern handelnden Abschnitte 10, 1-20. Die Frage, was den Evangelisten veranlasst haben möge, den von der älteren Ueberlieferung allein bezeugten Uraposteln einen weiteren Schülerkreis, dessen er doch selbst sonst nirgends wieder Erwähnung tut, an die Seite zu stellen, wird man unbedenklich dahin beantworten dürfen, “dass die feierliche und so reichlich berichtete Aussendung der siebenzig Jünger im Beginn der samaritanischen Reise nicht bloss überhaupt der Erweiterung und Steigerung der Mission, sondern wesentlich der Mission der Heiden gilt” (Keim, Gesch. J. III, 11) und “die Zahl 70 teils durch das Vorbild der 70 Aeltesten des Moses Num. 11, 16. 25 (Clem. Rec. I, 40), teils durch die 70 Heidenvölker, welche die Juden auf Grund der Völkertafel Gen. 10 unterschieden, gegeben war” (Holtzmann, Handcomm. I, 163). Indessen ist damit die Annahme recht wohl verträglich, dass auch an diesem Punkte Josephus auf Lucas’ Darstellung eingewirkt haben könne. Dieselbe erinnert an eine Erzählung des ersteren, zufolge welcher Varus, der Reichsverweser des Königs Agrippa II., die zwölf angesehensten Mitglieder der Judenschaft von Cäsarea zu sich berief, um durch sie siebzig Vertreter ihrer zu Ekbatana wohnhaften nach jener Stadt entbieten zu lassen. Man vergleiche:
L. 11: καλέσας οὖν τῶν κατὰ τὴν Καισάρειαν Ἰουδαίων δώδεκα τοὺς δοκιμωτάτους προσέτασσεν αὐτοῖς ἀφικομένοις εἰς Ἐκβάτανα πρὸς τοὺς ἐκεῖ κατοικοῦντας αὐτῶν ὁμοφύλους εἰπεῖν . . . ἐκέλευε δὲ καὶ τοὺς πρώτους αὐτῶν ἄνδρας ἐβδομήκοντα πέμπειν . . . ἐλθόντες οὗν οἱ δώδεκα πρὸς τοὺς ἐν Ἐκβατάνοις ὁμοφύλους . . . ἔπεισαν καὶ τοὺς ἑβδομήκοντα πέμπειν. οἱ δὲ . . . ἐξαπέστειλαν· καταβαίνουσιν δ’ οὗτοι μετὰ τῶν δώδεκα πρέσβεων εἰς τὴν Καισάρειαν. | Lc. 6, 13: προσεφώνησεν τοὺς μαθητὰς αὐτοῦ καὶ ἐκλεξάμενος ἀπ’ αὐτῶν δώδεκα . . . 17: καὶ καταβὰς μετ’ αὐτῶν ἔστη ἐπὶ τόπου πεδινοῦ. | |
9, 1 ff.: Συγκαλεσάμενος δὲ τοὺσ δώδεκα ἔδωκεν αὐτοῖς δύναμιν καὶ ἐξουσίαν . . . καὶ ἀπέστειλεν αὐτοὺς . . . καὶ εἶπεν πρὸς αὐτούς κτλ. | ||
10, 1: Μετὰ δὲ ταῦτα ἀνέδειξεν ὁ κύριος καὶ ἑτέρους ἑβδομήκοντα καὶ ἀπέστειλεν αὐτοὺς . . . εἰς πᾶσαν πόλιν καὶ τόπον οὗ ἤμελλεν αὐτὸς ἔρχεσθαι. |
Einen weitern Anlass zur Einführung der siebzig Jünger konnte dem Evangelisten die gleiche Zahl von Aeltesten bieten, welchen Josephus als Statthalter von Galiläa an der Ausübung der höchsten Gewalt Anteil gewährte:
K. II, 20, 5: συνιδὼν δὲ ὅτι τοὺς μὲν δυνατοὺς οἰκειώσεται μεταδιδοὺς τῆς ἐξουσίας αὐτοῖς, τὸ δὲ πᾶν πλῆθος, εἰ δι’ ἐγχωρίων καὶ συνήθων τὰ πολλὰ προστάσσοι, τῶν μὲν γηραιῶν ἑβδομήκοντα τοὺς σωφρονεστάτους ἐπιλέξας ἐκ τοῦ ἔθνους κατέστησεν ἄρχοντας ὅλης τῆς Γαλιλαίας, ἑπτὰ δὲ ἐν ἑκάστῃ πόλει δικαστὰς τῶν εὐτελεστέρων διαφορῶν· τὰ γὰρ μείζω πράγματα καὶ τὰς φονικὰς δίκας ἐφ’ ἑαυτὸν ἀναπέμπειν ἐκέλευσε καὶ τοὺς ἑβδομήκοντα.
L. 14: τοὺς δ’ ἐν τέλει τῶν Γαλιλαίων ὅσον ἑβδομήκοντα πάντας βουλόμενος ἐν προφάσει φιλίας καθάπερ ὅμηρα τῆς πίστεως ἔχειν φίλους τε καὶ συνεκδήμους ἐποιησάμην ἐπί τε κρίσει παρελάμβανον καὶ μετὰ γνώμης τῆς ἐκείνων τὰς ἀποφάσεις ἐποιούμην.
Es verdient insbesondere Beachtung, dass auch die siebzig Jünger als Reisegefährten (συνέκδημοι) und Wegebereiter eingeführt werden und mit einer Art obrigkeitlicher Gewalt, die sich sogar auf die bösen Geister erstreckt, ausgestattet erscheinen (V. 17. 20), sowie dass die Worte δέδωκα ὑμῖν τὴν ἐξουσίαν an Josephus’ μεταδιδοὺς τῆς ἐξουσίας αὐτοῖς anklingen.
Endlich scheint auch die Erzählung von den 70 Aeltesten, welche der Hohepriester Eleazar dem ägyptischen Könige Ptolemäus Philadelphus zum Zwecke der von ihm beabsichtigten Uebersetzung des A. T.s sandte, einen kleinen Beitrag zu Lucas’ Bericht von dem 70 Jüngern geliefert zu haben. Man vergleiche:
A. XII, 2, 7: ἐμοὶ δ’ οὐκ ἀναγκαῖον ἔδοξεν εἶναι τὰ ὀνόματα τῶν ἑβδομήκοντα πρεσβυτέρων, οἳ τὸν νόμον ἐκόμιζον ὑπὸ Ἑλεαζάρου πεμφϑέντες, δηλοῦν· ἦν γὰρ ταῦτα ὑπογεγραμμἐνα ἐν τῇ ἐπιστολῇ.[176] | Lc. 10, 17: Ὑπέστρεψαν δὲ οἱ ἑβδομήκοντα . . . 20: χαίρετε δὲ ὅτι τὰ ὀνόματα ὑμῶν ἐγγέγραπται ἐν τοῖς οὐρανοῖς. |
Auch das Verzeichnis der zwölf Apostel bietet an einer Stelle eine sprachliche Berührung mit Josephus, indem Lucas in der dem Namen des Judas Ischarioth beigefügten Näherbestimmung (6, 16) von dem Ausdrucke seiner Vorgänger (Mt. 10, 4. Mc. 3, 19, s. o. S. 45) abweicht und eine AG. 7, 52 wiederkehrende Formel braucht, die sich bei keinem andern neutestamentlichen Schriftsteller[177], wohl aber bei Josephus nachweisen lässt. Vgl. A. II, 14, 5: Φαραώϑης . . . ἀντεφιλονίκει τῷ ϑεῷ καὶ τοῦ κρείττονος ἑκὼν προδότης ἐγενετο. K. I, 29, 3: ἐφ’ οἷς ὁργισϑεὶς Φαβᾶτος . . . γίνεται προδότης Συλλαίου τῶν ἀπορρήτων. III, 8, 5: οὐ μεταβήσομαι δ’ ἐγὼ εἰς τὴν τῶν πολεμίων τάξιν, ἵνα ἐμαυτοῦ προδότης γένωμαι.
Alles wohl erwogen, wird man der Annahme, dass in den eben betrachteten Abschnitten des dritten Evangeliums mehrfache Spuren einer Benutzung des Josephus zu Tage treten, einen nicht ganz geringen Grad von Wahrscheinlichkeit zugestehen müssen.
[176] Die Zahl 70 ist bei Josephus überhaupt beliebt. So erwähnt er 70 Männer (K. II, 18, 6. IV, 5, 4. L. 11), 70 Lebensjahre Davids (A. VII, 15, 2), 70 Stadien (XIII, 9, 4), 70 Talente (K. I, 25, 6). Bei Lucas kommt sie nur noch AG. 23, 23 vor.
[177] προδότης findet sich im N. T. nur noch 2 Tim. 3, 4.
6, 49. Dass Lucas das ἔπεσεν des Matthäus mit συνέπεσεν vertauscht und εὐϑύς beifügt, beruht möglicherweise auf Erinnerung an K. I, 17, 4: εὐϑέως ὁ οἶκος συνέπεσεν, zumal da das Verbum συμπίπτειν an keiner weiteren Stelle des N. T.s vorkommt.
7, 25. Lucas fügt zu dem den μαλακοῖς des Matthäus (11, 8) entsprechenden ἱματισμὸς ἔνδοξος der Palastbewohner noch die τρυφή (ein im N. T. nur noch 2 Pt. 2, 13 sich findendes Wort) und berührt sich durch die Verbindung ἐν τρυφῇ ὑπάρχοντες mit Josephus’ L. 55: καταλαμβάνω τήν τε βουλὴν πᾶσαν συνεληλυϑυῖαν καὶ τὸν δημοτικὸν ὄχλον ποιουμένους τε πολλίν κατηγορίαν μου τοὺς περὶ τὸν Ἰωνάϑην, ὡς τοῦ μὲν τὸν πόλεμον ἐλελαφρύνειν αὐτοῖς ἀμελοῦντος, ἐν τρυφαῖς δὲ διάγοντος.
8, 15. Die Worte ἐν καρδίᾳ καλῇ καὶ ἀγαϑῇ fehlen in der von den beiden andern Synoptikern überlieferten Fassung des Gleichnisses vom Säemann. Die bei den griechischen Klassikern bekanntlich sehr beliebte Verbindung der beiden Adjectiven kehrt im N. T. nicht wieder und ist den Siebzig völlig fremd[178], dagegen dem Josephus ganz geläufig. Vgl. A. X, 10, 1: ἦσαν δ’ ἐν τούτοις τῶν ἐκ τοῦ Σαγχίου γένους τέσσαρες καλοί τε καὶ ἀγαϑοὶ τὰς φύσεις. XIV, 10, 22: τῆς βουλῆς ἡμῶν Λούκιος Πέττιος ἀνὴρ καλὸς καὶ ἀγαϑὸς προσέταξεν κτλ. L. 3: . . . ἱερεῖς τινας συνήϑεις ἐμοὶ καλοὺς κἀγαϑοὺς . . . δήσας εἰς τὴν Ῥώμην ἔπεμψε. (Ausserdem A. X, 10, 4. XIII, 9, 2. XX, 3, 2. L. 7. 49, meistens mit ἄνδρες verbunden, das Substantiv καλοκαγαϑία A. XV, 10, 5.) Sehr wohl kann auch diese Formel dem Evangelisten durch Josephus zugeführt worden sein.
[178] S. Cremer, Biblisch-theologisches Wörterbuch d. neutest. Gräcität. 4. Aufl. (Gotha 1886) S. 466.
8, 42 f. Schon Krebs bemerkt (S. 120) unter Berufung auf Mc. 5, 23 (ἐσχάτως ἔχει), dass, da dem Synagogenvorsteher erst später (V. 49) der Tod seiner Tochter gemeldet werde, αὕτη ἀπέϑνησκεν nicht mortua erat, sondern morti proxima erat, animam agebat zu übersetzen sei, und vergleicht A. V, 1, 1, wo Josephus von Josua berichtet: ὑπεμίμνησεν ἃ ὑπέσχοντο Μωυσεῖ, καὶ παρεκάλει χαριζομένους τῇ τε ἐκείνου προνοίᾳ μηδ’ ὁτε ἀπέϑνησκε περὶ αὐτοὺς καμούσῃ τῷ τε κοινῇ συμφέροντι παρέχειν αὑτοὺς εἰς τὰ παραγγελλόμενα προϑύμους. Holtzmann (1877, S. 547) rechnet die Form ἀπέϑνησκεν “war im Begriffe, zu sterben”, zu den “Wörtern, bei welchen der Gebrauch, den Lucas von ihnen macht, am nächsten und natürlichsten sich an den Stil des Josephus anschliesst”, indem er ebenfalls auf die angeführte Stelle der “Altertümer” verweist. Dagegen wendet Nösgen (1879, S. 523) ein, dass “der Evangelist doch Josephus auf das genaueste studirt haben musste”, wenn er jene Form in der angegebenen Bedeutung “aus ihm entlehnt hätte”. Da die Frage, ob Lucas den Josephus genau studirt habe, uns noch weiterhin beschäftigen wird, so beschränken wir uns hier auf die Erwiderung, dass Holtzmanns Annahme einer solchen Voraussetzung zu ihrer Stütze durchaus nicht bedarf. Dass Lucas die den Schluss des vierten Buches der “Altertümer” bildende Erzählung mehrfach benutzt und folglich auch gelesen hat, kann, wie schon früher (S. 105) bemerkt, keinem ernstlichen Zweifel unterliegen. Dann aber ist es höchst unwahrscheinlich, dass er gerade vor dem unmittelbar folgenden Abschnitte Halt gemacht und den Josephus bei Seite gelegt haben solle, zumal da schon der Anfang des fünften Buches (Μωυσέος) in ihm die Erwartung, dass dasselbe noch einige nachträgliche Angaben über Moses bieten werde, zu erwecken geeignet war. Wenn er aber weiterlas, so konnte er über jenes ἀπέϑνησϰεν um so weniger flüchtig hinwegeilen, als dasselbe im Hinblick auf eine vorhergehende Aussage des Josephus, die ein eigentliches Sterben des Moses zu verneinen scheint[179], allerdings befremden kann, ein Anstoss, der sich jedoch hebt, sobald man diese Form hier in einem andern als dem sonst gebräuchlichen Sinne fasst. War dieselbe somit einmal für Lucas Gegenstand des Nachdenkens geworden, so begreift es sich leicht, dass er sie später bei gegebener Gelegenheit selbst anwandte.[180] Wie V. 42 an das fünfte, so erinnert V. 43 an das dem Evangelisten so wohlbekannte vierte Buch der “Altertümer”, indem er die Bemerkung seiner Vorlage (Mc. 5, 26) über die Erfolglosigkeit der von dem blutflüssigen Weibe gesuchten ärztlichen Hilfe durch einen Relativsatz wiedergibt, dessen erste Hälfte ἥτις ἰατϱοῖς πϱοσαναλώσασα ὅλον τὸν βίον an eine Gesetzesbestimmung anklingt, die Josephus in folgender Fassung mitteilt (IV, 8, 33): ἀποτινέτω πάντ’ ὅσα παϱὰ τὸν χϱόνον τῆς ϰαταϰλίσεως ἀνάλωσε ϰαὶ ὅσα τοῖς ἰατϱοῖς ἕδωϰεν. Man beachte noch, dass nicht nur das (im N. T. überhaupt nicht weiter nachweisbare) πϱοσαναλίσϰειν, sondern auch das Simplex ἀναλίσϰειν bei keinem andern Evangelisten als Lucas (9, 54) vorkommt.[181]
[179] A. IV, 8, 48: ἀφανίζεται ϰατά τινος ϕάϱαγγος. γέγϱαϕε δ’ αὐτὸν ἐν ταῖς ἱεϱαῖς βίβλοις τεϑνεῶτα, δείσας μὴ δι’ ὑπεϱβολὴν τῆς πεϱὶ αὐτὸν ἀϱετῆς πϱὸς τὸ θεῖον ἀναχωϱῆσαι τολμήσωσιν εἰπεῖν.
[180] Dieses sogenannte imperfectum de conatu braucht Josephus noch an einer andern Stelle, die Lucas jedenfalls gelesen hat (s. zu AG. 8, 26-39 und 9, 10-19): A. XX, 3, 4: οὗτος δὴ πϱὸς τὸν Ἰζάτην ἀϕιϰόμενος ἔπειϑεν αὐτὸν μέλλων πϱὸς Ῥωμαίους πόλεμον ἐκφέρειν συστϱατεύεσϑαι ϰαὶ συμμαχίαν ἑτσιμάζειν. οὐ μὴν ἔπεισεν. Diese Stelle bietet zu Lc. 8, 42. 52 eine treffende Parallele sprachlicher Art, indem hier wie dort auf ein Imperfectum (ἀπέϑνησϰεν, ἔπειϑεν) der Aorist desselben Verbums mit vorangehender Negation folgt (οὐϰ ἀπέϑανεν, οὐϰ ἔπεισεν).
[181] Im N. T. findet sich letzteres nur Gal. 5, 15 und vielleicht 2 Thess. 2, 8.
9, 1 ff. S. zu 6, 13-17 (S. 107 f.)
9, 51-56. Dass Jesu Reise nach Jerusalem durch Samarien gegangen sei, lesen wir nur bei Lucas und gewiss ist von Keim (Gesch. J. III, 3 f.) mit Recht den abweichenden Berichten des Matthäus (19, 1) und Marcus (10, 1) der Vorzug geschichtstreuerer Darstellung zuerkannt worden. Nach Holtzmann (1880, S. 125) “hat er nur vergessen, zu bemerken, dass die Voraussetzung, Jesus könne oder müsse durch Samarien gezogen sein, sich auf Grund von A. XX, 6, 1. K. II, 12, 3. Lc. 52 von selbst ergab.” Zweifellos erhellt aus diesen Stellen, dass die Galiläer auf ihren Festreisen nach Jerusalem gewöhnlich den Weg durch Samarien nahmen, weil derselbe der kürzeste war und schon in drei Tagen zum Ziele führte:
A. XX, 6, 1: ἔϑος ἦν τοῖς Γαλιλαίοις ἐν ταῖς ἑορταῖς εἰς τὴν ἱερὰν πόλιν παραγινομένοις ὀδεύειν διὰ τῆς Σαμαρέων χώρας.
K. II, 12, 3: αὖϑις δὲ Γαλιλαίων καὶ Σαμαρέων γίνεται συμβολή. κατὰ γὰρ τὴν Γημὰν καλουμένην κώμην, ἥτις ἐν τῷ μεγάλῳ πεδίῳ κεῖται τῆς Σαμαρείτιδος, πολλῶν ἀναβαινόντων Ἰουδαίων ἐπὶ τὴν ἑορτὴν ἀναιρεῖταί τις Γαλιλαῖος.
L. 52: ἔγραψα δὲ καὶ τοῖς ἐν Σαμαρείᾳ φίλοις προνοήσασϑαι τοῦ ἀσφαλῆ γενέσϑαι τὴν πορείαν αὐτοῖς· ἤδη γὰρ Ῥωμαίοις ἦν ἡ Σαμάρεια καὶ πάντως ἔδει τοὺς ταχὺ βουλομένους ἀπελϑεῖν δι’ ἐκείνης πορεύεσϑαι· τρισὶν γὰρ ἡμέραις ἀπὸ Γαλιλαίας ἔνεστιν οὕτως εἰς Ἱεροδόλυμα καταλῦσαι.
Sicherlich waren diese Stellen wohl geeignet, den dritten Evangelisten zu seiner Neuerung gegenüber der älteren Ueberlieferung zu veranlassen, wenn auch zu derselben, wie Steck hervorhebt, noch andere in Lucas’ heiden- und samariterfreundlicher Tendenz liegende Gründe mitgewirkt haben mögen.
Uebrigens bietet zu dem Stücke V. 54-56 das A. T. eine unseres Wissens bis jetzt noch nicht beachtete Parallele (2 Sam. 19, 16-23), welche in der ihr von Josephus gegebenen Fassung noch deutlicher als solche hervortritt. Dieser berichtet nämlich (A. VII, 11, 2) nach seiner alttestamentlichen Quelle, dass der nach der Niederlage Absaloms und seiner Anhänger in die Hauptstadt zurückkehrende David von Simei, der ihn bei seiner Flucht aus derselben geschmäht und mit Steinen geworfen hatte, fussfällig um Verzeihung angefleht wurde. Von hier ab lassen wir zum Zwecke der Vergleichung unsere beiden Schriftsteller mit ihren eigenen Worten reden:
A. VII, 11, 2: ταῦτα δ’ ἀντιβολοῦντος αὐτοῦ καὶ οἰκτιζομένου Ἀβισαῖος ὁ Ἰωάβου ἀδελφός, “διὰ τοῦτο οὖν, εἶπεν, οὐ τεϑνήξῃ βλασφημήσας τὸν ὑπὸ τοῦ ϑεοῦ χατασταϑέντα βασιλεύειν;” Δαυίδης δ’ ἐπιστραφεὶς πρὸς αὐτόν, “οὐ παύσεσϑ', εἶπεν, ὦ Σαρουίας παῖδες; μὴ κινήσητε πάλιν ἡμῖν καινὰς έπὶ ταῖς πρώταις ταραχὰς καὶ στάσεις· οὐ γὰρ ἀγνοεῖν ὑμᾶς προσῆκεν, ὅτι σήμερον ἄρχομαι τῆς βασιλείας. διὸ πᾶσιν ἀφιέναι τὰς κολάσεις τοῖς ἀσεβήσασιν ὄμνυμι καὶ μηδενὶ τῶν ἁμαρτόντων ἐπεξελϑεῖν. σύ τε, εἶπεν, ὧ Σαμούι, ϑάρρει καὶ δείσῃς μηδέν ὡς τεϑνηξόμενος.” ὁ δὲ προσκυνήσας αὐτὸν προῆγεν. | Lc. 9, 54-56: ἰδόντες δὲ οἱ μαϑηταὶ Ἰάκωβος καὶ Ἰωάννης εἶπαν· κύριε, ϑέλεις εἴπωμεν πῦρ καταβῆναι ἀπὸ τοῦ οὐρανοῦ καὶ ἀναλῶσαι αὐτούς, ὡς καὶ Ἡλίας ἐποίησεν; στραφεὶς δὲ ἐπετίμησεν αὐτοῖς καὶ εἶπεν· οὐκ οἴδατε ποίου πνεύματός έστε; ὁ υἱὸς τοῦ ἀνϑρώπου οὐκ ἦλϑεν ψυχὰς (ἀνϑρώπων) ἀπολέσαι ἀλλὰ σῶσαι. καὶ ἐπορεύϑησαν εἰς ἑτεραν κώμην. |
In der einen wie in der andern Erzählung sehen wir die Hauptperson auf dem Wege nach Jerusalem begriffen und von einem grösseren Gefolge umgeben, aus welchem sich ein ihr nahestehendes, unter sich engverbundenes Brüderpaar heraushebt, das seinen Eifer für seinen Herrn durch das Verlangen nach strenger Ahndung einer demselben zugefügten Beleidigung an den Tag legt, aber von diesem dafür eine scharfe Zurechtweisung erfährt. Hier wie dort empfängt eine Frage ihren Bescheid durch eine Gegenfrage, an die sich die Begründung desselben anschliesst, welche die versöhnliche, einer Gewalttat abholde Gesinnung des Redenden zum Ausdrucke bringt. In diesem wie in jenem Falle bildet eine kurze Bemerkung über den Fortgang der Reise den Abschluss. Endlich klingt Josephus’ ausmalendes ἐπιστραφείς ebenso in Lucas’ στραφείς[182] wieder, wie des letzteren οὐκ οἴδατε an οὐ γὰρ ἀγνοεῖν ὑμᾶς προσῆκεν erinnert. Dass sich in diesen sprachlichen Einzelheiten wie in dem vorher erwähnten Schlusssatze Lucas nur mit Josephus, nicht auch mit den Siebzig berührt, muss der Vermutung zur Empfehlung gereichen, dass ihm die Darstellung des ersteren als Vorlage gedient habe.
[182] Man erinnere sich hierbei an den schon früher (S. 37 Anm. 1) von uns bei Lucas beobachteten Wechsel zwischen στραφείς und ἐπιστρέψας.
10, 1-20. S. zu 6, 13-17 (S. 107 ff.).
10, 30-35. Dass die Sicherheitszustände in Palästina viel zu wünschen übrig liessen und insbesondere für einzelne Reisende die Gefahr, von Räubern angegriffen zu werden, eine nicht geringe war, ist eine Voraussetzung des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter, deren Richtigkeit von Josephus nicht nur für die unruhigen Jahre, welche dem jüdischen Verzweiflungskampfe vorausgingen[183], und für die Zeit des Krieges selbst[184], sondern auch für die frühere Zeit[185] vollauf bestätigt wird. Von den Essenern berichtet er (K. II, 8, 4): ποιοῦνται τὰς ἀποδημίας οὐδὲν μὲν ὅλως ἐπικομιζόμενοι, διὰ δὲ τοὺς λῃστὰς ἔνοπλοι. Auch zu dem von Lucas erzählten Ueberfalle fehlt es bei ihm nicht an Parallelen. Vgl. ebd. 12, 2: κατὰ τὴν Βαιθωρὼ δημοσίαν ὁδὸν Στεφάνου τινὸς δούλου Καίσαρος ἀποσκευὴν κομιζομένην διήρπασαν λῃσταὶ προσπεσόντες. (Dasselbe A. XX, 5, 4.) Ebd. 21, 3: καθ’ ὃν καιρὸν ἀπὸ Δαβαρίττων κώμης νεανίσκοι τινὲς τῶν ἐν τῷ Μεγάλῳ πεδίῳ καθεζομένων φυλάκων, ἐνεδρεύοντες Πτολεμαῖον τὸν Ἀγρίππα καὶ Βερενίκης ἐπίτροπον, ἀφείλοντο πᾶσαν ὅσην ἦγεν ἀποσκευήν. (Dasselbe ausführlicher L. 26.) Mehr Gewicht als auf diese Stellen, welche für eine Abhängigkeit des Lucas von Josephus noch nichts beweisen, legen wir darauf, dass unser Gleichnis im N. T. das einzige ist, welches bestimmte Ortsangaben enthält. Wenn dieselben auf Rechnung des Evangelisten zu setzen sind, so findet die Frage, was ihn zur Wahl gerade dieser Oertlichkeiten veranlasst habe, durch Josephus ihre einfachste und völlig befriedigende Beantwortung. Aus diesem ersehen wir zunächst, weshalb sich die Gegend zwischen Jerusalem und Jericho vorzugsweise dazu eignete, Räubern willkommene Schlupfwinkel zu bieten: K. IV, 8, 3: ἀπέχει δὲ (sc. Ἱεριχούς) Ἱεροσολύμων μὲν σταδίους ἑκατὸν πεντήκοντα, τοῦ δὲ Ἰορδάνου ἑξήκοντα. καὶ τὸ μὲν μέχρι Ἱεροσολύμων αὐτῆς ἔρημον καὶ πετρῶδες. Ferner erfahren wir durch ihn, dass während der nach Herodes d. Gr. Tode herrschenden Wirren in Jericho eine von einem gewissen Simon gesammelte Bande ihre Frechheit auf den Gipfel trieb: II, 4, 2: κατὰ δὲ τὴν Περαίαν Σίμων τις τῶν βασιλικῶν δούλων, εὐμορφίᾳ σώματος καὶ μεγέθει πεποιθὼς, περιτίθησι μὲν ἑαυτῷ καὶ διάδημα, περιιὼν δὲ μεθ’ ὧν ἤθροισε λῃστῶν τά τε ἐν Ἱεριχοῖ βασίλεια καταπίμπρησι καὶ πολλὰς ἑτέρας τῶν πολυτελῶν ἐπαύλεις, ἁρπαγὰς ῥᾳδίους ἐκ τοῦ πυρὸς ποριζόμενος ἑαυτῷ (nochmals erzählt A. XVII, 10, 6). Endlich enthält unser kurzer Abschnitt eine ansehnliche Reihe sprachlicher Eigentümlichkeiten des Lucas, die sich samt und sonders, zum Teil durch zahlreiche Beispiele, aus Josephus belegen lassen. Zu diesen gehören die im N. T. nur bei Lucas und mit Ausnahme des ersten auch bei ihm nur hier vorkommenden Wörter ἐπανέρχεσθαι, ἐπιχεῖν, καταδεῖν, ὁδεύειν, τραῦμα, ferner die Verba περιπίπτειν mit persönlichem Dativ, τυγχάνειν mit Adjectiv und ὑπολαμβάνειν in der Bedeutung “die Rede eines andern durch Erwiderung aufnehmen”, die, wenigstens so gebraucht, im N. T. nicht wiederkehren. Wenn er nun auch die fünf zuerst angeführten Wörter (ebenso ὑπολαμβάνειν in der angegebenen Bedeutung) sich aus den Siebzig angeeignet haben kann, so verdient es doch immerhin Beachtung, dass auch bei Josephus ἐπιχεῖν in enger Verbindung mit οἶνος und ἔλαιον erscheint: K. V, 13, 7: διὰ τοῦτο καὶ τὸν ἱερὸν οἶνον καὶ τὸ ἔλαιον, ὃ τοῖς ὁλοκαυτώμασιν οἱ ἱερεῖς ἐφύλαττον, ἐπιχεῖν κτλ. Der erwähnte, den Siebzig fremde Gebrauch von περιπίπτειν und τυγχάνειν ist diesem Schriftsteller gleichfalls geläufig. Vgl. K. III, 10, 5: οἱ δὲ ἐπὶ τὴν λίμνην καταθέοντες ὑπαντιάζουσι τοῖς πολεμίοις περιέπιπτον (VI, 2, 6. A. IV, 8, 23. VI, 14, 6. VII, 8 1 ö.). A. IV, 7, 2: Μωυσῆς δὲ γηραιὸς ἤδη τυγχάνων διάδοχον ἑαυτοῦ Ἰησοῦν καθίστησιν (III, 5, 1. IV, 5, 3. VI, 4, 3. IX, 4, 4. XVIII, 9, 4 ö.). Die neutestamentlichen Hapaxlegomena ἡμιθανής und ἀντιπαρέρχεσθαι sind zwar bei Josephus nicht nachzuweisen, waren aber einem Leser desselben durch die bei ihm sehr beliebten Zusammensetzungen mit ἡμι und ἀντιπαρα nahe genug gelegt.[186]
Alles in Allem wird somit auch in diesem Falle die Wahrscheinlichkeit einer Beeinflussung des Lucas durch Josephus nicht von der Hand zu weisen sein.
[183] A. XX, 6, 1. 8, 5. K. II, 12, 4 f. 13, 2. 14, 1 f.
[184] K. IV, 2, 1. 3. 3, 3. f. 9, 3. L. 14. 22. 30. 35.
[185] A. XV, 9, 2. XVII, 10, 4-8. K. I, 10, 5. II, 4, 1-3.
[186] Vgl. ἡμιαμφόριον (K. II, 21, 2), ἡμίβρωτος (VII, 8, 7), ἡμίεργος (A. III, 15, 3. XVII, 10, 9. XIX, 2, 5), ἡμίθεος (K. II, 8, 11), ἡμιιουδαῖος (A. XIV, 15, 2), ἡμιμανής (ebd. 12, 3), ἡμιόλιος (XV, 11, 5), ἡμίσικλον (VII, 13, 1. IX, 8, 2), ἡμιστάδιον (XV, 8, 5. K. III, 7, 23), ἡμισφαίριον (A. VIII, 3, 5 zw.), ἡμισφαίριος (III, 7, 6). Bei den Siebzig nur ἡμίεφθος (Jes. 51, 20) und ἡμίονος (Gen. 12, 16 ö.).—ἀντιπαραβάλλω (A. VIII, 14, 4. Ap. II, 16), ἀντιπαράγω (A. XIII, 6, 5. K. III, 7, 20), ἀντιπαράθεσις (Ap. II, 33), ἀντιπαρακαλέω (K. I, 25, 5), ἀντιπαράταξις (A. XVIII, 8, 4), ἀντιπαρατάσσω (VII, 6, 2. VIII, 12, 1. K. I, 19, 2), ἀντιπαρεκτείνω (III, 7, 24. V, 3, 5), ἀντιπαρεξάγω (A. XVIII, 8, 1), ἀντιπαρέξειμι (II, 9, 4), ἀντιπαρέχω (K. I, 14, 1. 26, 2), ἀντιπαρηγορέω (ebd. 15, 5).
11, 47. Abweichend von Mt. 23, 29 (οἰκοδομεῖτε τοὺς τάφους) schreibt Lucas οἰκοδομεῖτε τὰ μνημεῖα, vielleicht unter dem Einflusse von A. XIII, 6, 6: Σίμων δὲ καὶ μνημεῖον μέγιστον ᾠκοδόμησεν τῷ τε πατρὶ καὶ τοῖς ἀδελφοῖς ἐκ λιθοῦ λευκοῦ καὶ ἀνεξεσμένου und XVIII, 4, 6: τελευτᾷ (sc. Φίλιππος) δ’ ἐν Ἰουλιάδι καὶ αὐτοῦ κομισθέντος ἐπὶ τὸ μνημεῖον, ὃ ἔτι πρότερον ᾠκοδόμησεν αὐτὸς, ταφαὶ γίνονται πολυτελεῖς.
12, 1. Das den andern Evangelisten fremde, von Lucas noch einmal (AG. 21, 20) gebrauchte μυριάδες gehört zu den Lieblingsausdrücken des Josephus. Aus der fast unübersehbaren Menge von Stellen, wo dieses Wort bei ihm vorkommt, seien hier nur folgende mitgeteilt: A. XI, 5, 2: αἱ δὲ δέκα φυλαὶ πέραν εἰσὶν Εὐφράτου ἕως δεῦρο, μυριάδες ἄπειροι καὶ ἀριθμῷ γνωσθῆναι μὴ δυνάμεναι. XIV, 13, 4: τῆς δ’ ἡμέρας ἐνστάσης πολλαὶ περὶ τὸ ἱερὸν άθροίζονται μυριάδες ἀνθρώπων ὡπλιομένων τε καὶ ἀνόπλων . . . Ἡρώδης . . . καρτερῶς μαχεσάμενος πολλάς τε μυριάδας τρέπει. XV, 3, 1: οὐ γὰρ ὀλίγαι μυριάδες τοῦ λαοῦ περὶ τὴν Βαβυλωνίαν ἀπῳκίσθησαν. Ap. I, 8: οὐ μυριάδες βιβλίων εἰσὶ παρ’ ἡμῖν άσυμφώνων καὶ μαχομένων. Besonders häufig ist πολλαὶ μυριάδες (noch A. VI, 6, 4. VII, 1, 1. 14, 2. VIII, 10, 1. X, 6, 1. XVIII, 8, 2. K. II, 21, 7. Ap. I, 22. II, 16. L. 6), ausserdem findet sich bei ihm πόσαι μυριάδες (A. VII, 13, 1. XII, 2, 1. 3), τοσαίδε μυριάδες (A. XVIII, 8, 4), τοσαῦται μυριάδες (III, 4, 1. VII, 10, 2. K. IV, 1, 6. VII, 8, 7. Ap. II, 9).
12, 29. Das im N. T. nicht weiter nachweisbare Verbum μετεωρίζεσθαι begegnet uns zwar bei den Siebzig (Ezech. 10, 16 f. 19. Micha 4, 1. Obadja 4. Ps. 131, 1), aber nicht in der hier durch den Zusammenhang am meisten empfohlenen Bedeutung: inter spem metumque fluctuare (Grimm). Dagegen lässt sich dieselbe durch A. XVI, 4, 6 belegen: ἤδη γὰρ ὑπὸ τῆς ἁμίλλης καὶ τῶν ἐλπίδων ἃς ἐδεδώκει τοῖς παισὶ μεμετεώριστο[187] πολλὰ καὶ νεωτέρων ἐφιέμενοι*. Weit häufiger braucht Josephus das Adjectivum μετέωρος in entsprechendem Sinne (suspensus, pendens animi). Zu den von Ott (S. 155 f.) angeführten Stellen A. IV, 3, 1. K. I, 27, 3[188]. II, 8, 11. IV, 2, 5, welchen Krebs (S. 122 f.) noch A. VIII, 8, 2 und XVI, 11, 4 beifügt, tragen wir folgende nach: K II, 21, 1: ἐλῄζετο πᾶσαν τὴν Γαλιλαίαν καὶ μετεώρους ὄντας ἐπὶ τῷ μέλλοντι πολέμῳ τοὺς πολλοὺς ἐσπάρασσεν. III, 7, 32: πρὸς δὲ τὰς Ῥωμαίων εὐπραγίας ἐν ἀλογίστῳ τῇ κατὰ σφᾶς ἀσθενείᾳ ὠρρώδουν καὶ μετέωροι πρὸς ταραχήν ὑπῆρχον. IV, 4, 1: θορυβῶδες καὶ ἄτακτον ἔθνος, ἀεί τε μετέωρον πρὸς τὰ κινήματα καὶ μεταβολαῖς χαῖρον. 5, 1: μετέωροί τε οἱ ζηλωταὶ τὴν ἄφιξιν αὐτῶν ἐκαραδόκουν. 9, 2: οἱ μὲν μετέωροι περὶ τῶν ὅλων ὄντες ὡς ἂν σαλευομένης τῆς Ῥωμαίων ἡγεμονίας, ὑπερεώρων τὴν ἐπὶ Ἰουδαίους στρατείαν. VI, 8, 4: πρὶν ὑπερβήναι τοὺς πολεμίους ἐνάρκων τε καὶ μετέωροι πρὸς φυγὴν ἦσαν. VII, 4, 2: ὁρῶντες τὴν Ῥωμαίων αρχὴν ταῖς συννεχέσι τῶν αὐτοκρατόρων ἀλλαγαῖς ἐν ἑαυτῇ τεταραγμένην, πᾶν τε μέρος τῆς ὑπ’ αὐτοῖς οἰκουμένης πυθόμενοι μετέωρον εἶναι καὶ κραδαίνεσθαι κτλ.
Nach alledem liegt die Annahme nicht fern, dass Lucas zur Wahl des Wortes μετεωρίζεσθαι durch Josephus veranlasst worden ist.
[187] So liest Nieses kleinere Ausgabe jedenfalls mit Recht, da gegen die Richtigkeit der bisherigen Lesart νενεωτέριστο schon das folgende νεωτέρων spricht.
[188] Unrichtig steht bei Ott: l. XVII.
13, 1-3. Dass die hier erwähnte grausame Handlung des Pilatus sonst nirgends bezeugt ist, begründet um so weniger einen Zweifel an ihrer Geschichtlichkeit, als Josephus noch stärkere Betätigungen der judenfeindlichen und vor Blutvergiessen nicht zurückscheuenden Gesinnung dieses Landpflegers mitteilt (A. XVIII, 3, 2. 4, 1). Wohl aber befremdet mitten in nüchterner Prosa der poetisch gefärbte Ausdruck: τὸ αἷμα ἔμιξε μετὰ τῶν θυσιῶν αὐτῶν. Indessen erklärt derselbe sich leicht bei einem Leser des Josephus, da ein solcher, wenn auch nicht wörtlich diesen Ausdruck, so doch die Veranlassung, ihn zu bilden, aus manchen Stellen entnehmen konnte, die den gleichen Gedanken in ähnlicher Fassung enthalten. Die deutlichsten Berührungen mit Lucas bieten Josephus’ Berichte über die Verhandlungen in der Sache des von seinen eigenen Verwandten und dann von einer jüdischen Gesandtschaft bei dem Kaiser Augustus angeklagten Tetrarchen Archelaus, dem vor Allem die Niedermetzelung von 3000 eben beim Opfern beschäftigten Festteilnehmern zum Vorwurfe gemacht wurde:
A. XVII, 9, 5: μάλιστα δὲ τὴν σφαγὴν τῶν περὶ τὸ ἱερὸν ἐδείνου τῷ λόγῳ καὶ τὴν δυσσέβαιαν, ὡς ἑορτῆς τε ἐνεστηκυίας καὶ ἱερείων ἐν τρόπῳ σφαχθεῖεν ἔνιοι μὲν ξένοι οἱ δε ἐγχώριοι, πλησθείη δὲ τὸ ἱερον νεκρῶν κτλ.
K. II, 2, 5: καὶ τὸν ἀγῶνα παντὸς τοῦ λόγου ἐναπηρείσατο τῷ πλήθει τῶν περὶ τὸν ναὸν φονευθέντων, οὓς ἐληλυθέναι μὲν ἐφ’ ἑορτήν, παρὰ δὲ ταῖς ἰδίαις θυσίαις ὠμῶς ἀπεσφάχθαι· καὶ τοσοῦτον ἐν τῷ ἱερῷ σεσωρεῦσθαι νεκρῶν πλῆθος, ὅσον οὐδ’ ἂν ἀλλόφυλος ἐδώρευσε πόλεμος ἐπελθὼν ἀκήρυκτος. 6, 2: τὸν δέ, ὥσπερ αγωνιάσαντα μὴ νόθος υἱὸς δόξειεν Ἡρώδου, προοιμιάσασθαι τὴν βασιλείαν τρισχιλίων πολιτῶν φόνῳ, καὶ τοσαῦτα μὲν παρεστακέναι θύματα περὶ τὴς ἀρχῆς τῷ θεῷ, τοσούτοις δὲ ἐμπεπληκέναι νεκροῖς τὸ ἱερὸν ἐν ἑορτῇ.
Ausser diesen fordern noch folgende Stellen zu einer Vergleichung auf:[189]
[189] Die erste und letzte derselben sind bereits von Ott (S. 157 ff.) herangezogen.
A. XIV, 4, 3: οἱ πολέμιοι μὲν εἰσπεσόντες ἔσφαττον τοὺς ἐν τῷ ἱερῷ, οἱ δὲ πρὸς ταῖς θυσίαις οὐδὲν ἧττον ἱερουργοῦντες διετέλουν, οὔτε ὑπὸ τοῦ φόβου τοῦ περὶ τῆς ψυχῆς οὔθ’ ὑπὸ τοῦ πλήθους τῶν ἤδη φονευομένων αναγκασθέντες ἀποδρᾶναι πᾶν θ’ ὅ τι δέοι παθεῖν τοῦτο παρ’ αὐτοῖς ὑπομεῖναι τοῖς βωμοῖς κρεῖττον εἶναι νομίζοντες ἢ παρελθεῖν τι τῶν νομίμων.
K. I, 7, 5: ἔνθα πολλοὶ τῶν ἱερέων, ξιφήρεις τοὺς πολεμίους ἐπιόντας βλέποντες, ἀθορύβως ἐπὶ τῆς θρησκείας ἔμειναν, σπένδοντές τε καὶ θυμιῶντες ἀπεσφάττοντο.
Ebd. 19, 4: τέρας μέντοι μέγιστον ἁλώσεως γέγονε τοῖς ἐχθροῖς, ούκ αὐτομάτως οὐδὲ διὰ χειρὸς ἀλλοτρίας, οἳ πρέσβεις ἡμετέρους παρὰ τὸν πάντων ἀνθρώπων νόμον ὠμῶς ἀπέκτειναν καὶ τοιαῦτα τῷ θεῷ θύματα περὶ τοῦ πολέμου κατέστεψαν.
II, 10, 4: Ἰουδαῖοι περὶ μὲν Καίσαρος καὶ τοῦ δήμου τῶν Ῥωμαίων δὶς τῆς ἡμέρας θύειν ἔφασαν, εἰ δὲ βούλεται τὰς εἰκόνας ἐγκαθιδρύειν, πρότερον αὐτὸν δεῖν ἅπαν τὸ Ἰουδαίων ἔθνος προθύσασθαι.
V, 1, 3: τὰ γὰρ ἀπὸ τῶν ὀργάνων βέλη μέχρι τοῦ βωμοῦ καὶ τοῦ νεὼ διὰ τὴν βίαν ὑπερφερόμενα τοῖς τε ἱερεῦσι καὶ τοῖς ἱερουργοῦσιν ἐνέπιπτε, καὶ πολλοὶ σπεύσαντες ἀπὸ γῆς περάτων περὶ τὸν διώνυμον καὶ πᾶσιν ἀνθρώποις χώρον ἅγιον πρὸ τῶν θυμάτων ἔπεσον αὐτοί, καὶ τὸν Ἕλλησι πᾶσι καὶ βαρβάροις σεβάσμιον βωμὸν κατέσπεισαν ἰδίῳ φόνῳ. νεκροῖς δὲ ἐπιχωρίοις. ἀλλόφυλοι καὶ ἱερεῦσι βέβηλοι συνεφύροντο, καὶ παντοδαπῶν αἷμα πτωμάτων ἐν τοῖς θείοις περιβόλοις ἐλιμνάζετο.
Diese zahlreichen Anklänge dürften wohl berechtigen, Lucas’ ungewöhnliche Ausdrucksweise auf den Einfluss des Josephus zurückzuführen.
14, 7-10. Zu diesem dem dritten Evangelium eigentümlichen Stücke bietet sich eine Parallele in einem von Josephus (A. XII, 4, 9) berichteten Erlebnisse des als Abgesandter seines Vaters, des Steuerpächters Joseph, die Gastfreundschaft des ägyptischen Königs Ptolemäus III. geniessenden Hyrkan. Man vergleiche:
A. XII, 4, 9: κληθεὶς δ’ ἐφ’ ἑστίασιν πρὸς τὸν βασιλέα μετὰ τῶν πρώτων τῆς χώρας ὑποκατακλίνεται πάντων, καταφρονηθεὶς ὡς παῖς ἔτι τὴν ἡλικίαν ὑπὸ τῶν τοὺς τόπους κατὰ τὴν ἀξίαν διανεμόντων. τῶν δὲ συγκατακειμένων πάντων κτλ. | Lc. 14, 8 ff.: ὅταν κληθῇς ὑπό τινος εἰς γάμους, μὴ κατακλιθῇς εἰς τὴν πρωτοκλισίαν, μήποτε έντιμότερός σου ᾖ κεκλημένος ὑπ’ αὐτοῦ, καὶ ἐλθὼν ὁ σὲ καὶ αὐτὸν καλέσας ἐρεῖ σοι· δὸς τούτῳ τόπον, καὶ τότε ἄρξῃ μετὰ αἰσχύνης τὸν ἔσχατον τόπον κατέχειν. ἀλλ’ ὅταν κληθῇς, πορευθεὶς ἀνάπεσε εἰς τὸν ἔσχατον τόπον, ἵνα ὅταν ἔλθῃ ὁ κεκληκώς σε ἐρεῖ σοι· φίλε, προσανάβηθι ἀνώτερον· τότε ἔσται σοι δόξα ἐνώπιον πάντων τῶν συνανακειμένων σοι. |
Die Uebereinstimmungen in diesen beiden kurzen Abschnitten sind unseres Erachtens zahlreich und deutlich genug, um zu dem Schlusse zu berechtigen, dass Lucas auch in diesem Falle mindestens stilistisch von Josephus beeinflusst ist. Die Veränderung des συγκατακειμένων seiner Vorlage in συνανακειμένων erklärt sich aus dem gleichen Streben nach Abwechslung, welches ihn anderwärts (9, 14 f.) zur Vertauschung eines vorgefundenen ἀνακλίνειν mit κατακλίνειν veranlasst hat (s. S. 42).
15, 11-32. Wenn auch bei dem Gleichnisse vom verlorenen Sohn selbstverständlich jeder Gedanke an eine Entlehnung des Stoffes aus Josephus fern liegt, so zeigt doch die Sprache dieses Abschnittes einige auffällige Berührungen mit der seinigen. Die im N. T. dem dritten Evangelium ausschliesslich angehörigen Wörter μίσθιος (V. 17. 19.), δακτύλιος (V. 22) und συμφωνία (V. 25) hat Lucas allerdings nicht nur mit Josephus, sondern auch mit den Siebzig gemein, dagegen findet sich ebensowenig bei diesen wie im übrigen N. T. das unpersönliche ἐπιβάλλειν (V. 12), welches bei jenem mehrmals vorkommt, z. B. A. XV, 6, 6: . . . πέμψας δὲ καὶ χρήματα καὶ σῖτον ἐκείνῳ. καὶ ταῦτ’ εἶναι μετριώτερα τῶν ἐπιβαλλόντων αὐτῷ γενέσθαι (ferner XIX, 1, 1. K. I, 22, 1. L. 65). An Josephus erinnert sodann das periphrastische Präteritum ἦν ἀπολωλώς (V. 24. 32), vgl. A. XVI, 9, 1: λόγον ὡς ἀπολωλὼς εἴη διασπείροντες. Viel deutlicher jedoch weist auf ihn das seltene Adverbium ἀσώτως (V. 13)[190], welches bei ihm genau wie bei Lucas in Verbindung mit ζῆν und zwar an einer Stelle erscheint, die gleichfalls von einem seines Vaters Vermögen leichtsinnig vergeudenden Sohne handelt und zu allem Ueberfluss nicht allein das von Lucas nur noch einmal (14, 21) gebrauchte ὀργίζεσθαι und das den Siebzig gänzlich fremde Substantivum οὐσία enthält, sondern auch durch das Verbum συνάγειν an V. 13 unseres Abschnittes anklingt. Man vergleiche:
A. XII, 4, 8: Ὡς δὲ παραγενόμενος[191] εἰς τὴν Ἀλεξάνδρειαν ἀπέδωκε τῷ Ἀρίονι τὴν ἐπιστολήν, ἐπερωτήσαντος αὐτοῦ, πόσα βούλεται τάλαντα λαβεῖν, ἢλπισε δ’ αὐτὸν αἰτήσειν δέκα ἢ βραχεῖ τούτων πλέον, εἰπόντος χιλίων χρῄζειν ὀργισθεὶς ἐπέπληττεν αὐτῷ ὡς ἀσώτως ζῆν διεγνωκότι, καὶ ὡς ὁ πατὴρ αὐτοῦ συναγάγοι[192] τὴν οὐσίαν [ὡς] πονῶν καὶ ταῖς ἐπιθυμίαις ἀντέχων ἐδήλου ϰαὶ μιμητὴν αὐτὸν ἠξίου γενέσϑαι τοῦ γεγεννηϰότος. | Lc. 15, 12 f.: εἶπεν ὁ νεώτερος αύτῶν τῷ πατρί· πάτερ, δός μοι τὸ ἐπιβάλλον μέρος τῆς οὐσίας. καὶ διεῖλεν αὐτοῖς τὸν βίον. καὶ μετ’ οὐ πολλὰς ἡμέρας συναγαγὼν ἅπαντα ὁ νεώτερος υἱὸς ἀπεδήμησεν εἰς χώϱαν μαϰϱὰν, ϰαὶ ἐϰεῖ διεσϰόϱπισεν τὴν οὐσίαν αὐτοῦ ζῶν ἀσώτως . . . 28: ὠϱγίσϑη δὲ ϰαὶ οὐϰ ἤϑελεν εἰσελϑεῖν. |
Hat es irgend welche Wahrscheinlichkeit für sich, dass diese handgreiflichen Uebereinstimmungen ihre Entstehung einem blossen Spiele des Zufalles verdanken?
[190] Das Adjectiv ἄσωτος bei den Siebzig Spr. 7, 11 und bei Josephus K. IV, 11, 4.
[191] Die Rede ist von dem uns bereits bekannten Hyrkan (s. zu 2, 40-52, S. 83 und 14, 7-10, S. 118).
[192] συνάγειν in diesem Sinne bei Josephus noch A. XIII, 10, 1 (χρημάτων πλῆθος) und XVI, 6, 6 (χρήματα).
16, 6 f. Die betrügerische Abänderung der γϱάμματα, zu welcher der ungerechte Haushalter die Schuldner seines Herrn veranlasst, erinnert an Josephus’ vornehmlich auf Justus von Tiberias abzielende Aeusserung über die Geschichtsfälscher seiner Zeit: πϱάττουσι μὲν γὰϱ ὅμοιόν τι τοῖς πεϱὶ συμβολαίων πλαστὰ γϱάμματα συντεϑειϰόσι (L. 65).
19, 12-27. Die dem dritten Evangelium eigentümliche Einrahmung eines bei Matthäus (25, 14-30) in einfacherer Fassung erhaltenen Gleichnisses, dass ein Mann von edler Abkunft behufs Erlangung der Königswürde in ein fernes Land reist, seine ihm missgünstig gesinnten Mitbürger durch eine ihm nachgeschickte Gesandtschaft seine Absicht, wenn gleich vergeblich, zu vereiteln suchen und jener nach Erreichung seines Zweckes bei der Rückkehr an seinen Feinden ein strenges Strafgericht vollzieht, hat schon ältere Ausleger wie Clercius und Wolf an die Romfahrt des Archelaus zu denken veranlasst und die Neueren stimmen ihnen im Wesentlichen fast durchweg bei. Nach Meyer (zu V. 12 f.) z. B. ist “diese Darstellung von den damaligen Regentenverhältnissen in Palästina entlehnt, dessen Könige, die Herodier, von Rom aus ihre βασιλεία empfingen; namentlich ist das Beispiel des Archelaus in Betreff des fruchtlos wider ihn erhobenen Protestes ähnlich genug, um die parabolische Erzählung betreffenden Teils mit Grund aus der Erinnerung jenes Vorganges herzuleiten”, ja er findet es sogar “möglich, dass selbst die Oertlichkeit Jesu die Erinnerung an Archelaus nahe legte”, da “in Jericho der königliche Palast stand, welchen Archelaus mit grosser Pracht gebaut hatte (A. XVII, 13, 1)”. Erwägt man jedoch unbefangen die Frage: “Was ist wahrscheinlicher, dass Matthäus die überlieferte Erzählung der oben angeführten Züge entkleidet oder dass Lucas sie erst durch dieselben bereichert habe, so wird die Entscheidung, selbst wenn man nicht allen von Keim[193] beigebrachten Gründen volle Beweiskraft zuerkennt, doch schon um deswillen nach der letzteren Seite ausfallen müssen, weil das Gleichniss bei Weglassung jener Züge nicht nur in keiner Weise an Verständlichkeit Einbusse erleidet, sondern auch an einheitlichem Charakter gewinnt. Setzt man dieselben auf Rechnung des Lucas, so entsteht die weitere Frage, woher dieser seine Kenntnis der von ihm hier verwerteten Geschichtstatsachen geschöpft habe. Nach Keim (a. a. O.) “ist die Zugrundelegung des Josephus durch Lucas selbst oder, wenn man das vorziehen will, seine späte ebjonitische Quelle (welche die Parallelen des Bösen für das Leben Jesu nicht scheute) sehr wahrscheinlich zu nennen”. Noch weit entschiedener äussert sich Holtzmann (1880, S. 123 f.): “Mag man nun mit Sevin an Antipas oder mit mir und Keim an Archelaus denken: der fremde Eintrag entstammt sicher den Reminiscenzen an die Lectüre des Verfassers.”[194] In der Tat wird man, sobald man nur einmal die Möglichkeit einer Benutzung des Josephus durch Lucas einräumt, sich schwerlich der Erkenntnis verschliessen können, dass diese Möglichkeit hier Wirklichkeit geworden ist. Wir glauben dies am besten dadurch zu veranschaulichen, dass wir die ausführlichen Berichte des ersteren, soweit sie für uns hier in Betracht kommen, den kürzeren Angaben des letzteren gegenüberstellen:
A. XVII, 9, 1: τούτοις Ἀρχέλαος . . . ἐπένευεν * τὴν ὁρμὴν αὐτῶν διὰ τὴν ἐπὶ Ῥώμης ὁδὸν ἀνύεσθαι προκείμενον αὐτῷ τάχος ἐπὶ περισκοπήσει τῶν δοξάντων Καίσαρι . . . 3: Ἀρχέλαος δ’ ἐπὶ θαλάσσης κατῄει μετὰ τῆς μητρός . . . Φιλίππῳ τἀδελφῷ τὰ πάντα ἐφεὶς καθίστασθαι τοῦ οἴκου καὶ τῆς ἀρχῆς. συνεξῄει δ’ αὐτῷ καὶ Σαλώμη ἡ Ἡρώδου ἀδελφή γενεὰν ἀγομένη τὴν αὐτῆς, πολλοί τε τῶν συγγενῶν, λόγῳ μὲν ὡς συναγωνιούμενοι τῷ Ἀρχελάῳ ἐπὶ κτήσει τῆς βασιλείας . . . ἐπεὶ δ’ ἐκπλεῖ μὲν ἐπὶ τῆς Ῥώμης Ἀρχέλαος κτλ. | Lc. 19, 12: Ἄνθρωπος τις εὐγενὴς ἐπορεύθη εἰς χώραν μακράν, λαβεῖν ἑαυτῷ βασιλείαν καὶ ὑποστρέψαι. | |
Ebd. 11, 1: Ἀρχελάῳ δ’ ἐπὶ Ῥώμης ἑτέρων πραγμάτων ἐφύοντο ἀρχαὶ κατὰ τοιαύτας αἰτίας. ἀφίκετο εἰς τὴν Ῥώμην πρεσβεία Ἰουδαίων Οὐάρου τὸν ἀπόστολον αὐτῶν τῷ ἔθνει ἐπικεχωρηκότος ὑπὲρ αἰτήσεως αὐτονομίας. καὶ ἦσαν οἱ μὲν πρέσβεις οἱ ἀποσταλέντες γνώμῃ τοῦ ἔθνους πεντήκοντα κτλ. (Dasselbe K. II, 6, 1.) | V. 14: οἱ δὲ πολῖται αὐτοῦ ἐμίσουν αὐτὸν χαὶ ἀπέστειλαν πρεσβείαν ὀπίσω αὐτοῦ λέγοντες· οὐ θέλομεν τοῦτον βασιλεῦσαι ἐφ’ ἡμας. | |
Ebd. 4: Καῖσαρ δ’ ἀκούσας διαλύει μὲν τὸ συνέδριον, ὀλίγων δ’ ἡμερῶν ὕστερον Ἀρχελάῳ βασιλέα μὲν οὐκ ἀποφαίνεται, τῆς δ’ ἡμίσεως χώρας ἥπερ Ἡρώδῃ ὑπετέλει ἐθνάρχην καθίσταται, τιμήσειν ἀξιώματι βασιλείας ὑπισχνούμενος, εἴπερ τὴν εἰς αὐτὴν ἀρετὴν προσφέροιτο. (Dasselbe K. II, 6, 3, wo der Ausdruck: τὸ μὲν ἥμισυ τῆς βασιλείας Ἀρχελάῳ δίδωσιν dem des Lucas noch näher kommt.) | V. 15: καὶ ἐγένετο ἐν τῷ ἐπανελθεῖν αύτὸν λαβόντα τὴν βασιλείαν κτλ. | |
Ebd. 13, 1: Ἀρχέλαος δὲ τὴν ἐθναρχίαν παραλαβών ἐπεὶ εἰς Ἰουδαίαν ἀφικνεῖται κτλ. |
Der anscheinende Widerspruch, dass der Edle des Gleichnisses die βασιλεία erlangt, während Archelaus sich zunächst mit der ἐθναρχία begnügen muss und jene ihm erst für die Zukunft bedingsweise in Aussicht gestellt wird, löst sich leicht bei Beobachtung des neutestamentlichen Sprachgebrauches, welcher mit den Ausdrücken βασιλεύς, βασιλεύειν und βασιλεία einen so weiten Begriff verbindet, dass Lucas in einer volkstümlichen Erzählung, wo es nicht auf scharfe staatsrechtliche Bestimmungen ankam, sich unbedenklich derselben bedienen konnte, auch wenn er wusste, dass Archelaus es bloss bis zum Ethnarchen gebracht hatte. Noch mehr, er war berechtigt, sich hierbei auf Josephus’ Vorgang zu berufen, welcher den genannten Fürsten wenigstens an einer Stelle als βασιλεύς und an einer andern seine Regierung als ein βασιλεύειν bezeichnet.[195] Nur für den letzten der Darstellung des Lucas eigentümlichen Zug, dass der neue Herrscher nach seiner Rückkehr ein blutiges Strafgericht über seine Feinde hält, sehen wir uns bei Josephus vergeblich nach einem Beleg um. Indessen berichtet derselbe wenigstens, dass Archelaus nach seiner Wiederkunft aus Rom über den Hohenpriester Joazar, den er der Parteinahme an dem gegen ihn ausgebrochnen Aufstande beschuldigte, die Strafe der Amtsentsetzung verhängte (A. XVII, 13, 1). Ferner bot sich dem Evangelisten jener zur Abrundung seiner Erzählung notwendige Zug ganz ungesucht dar, wenn er sich aus Josephus erinnerte, dass Herodes der Grosse nach seiner Rückkehr aus Rom für die Einfälle der trachonitischen Räuber in sein Gebiet blutige Rache nahm[196], dass Archelaus unmittelbar nach seinem Regierungsantritt in Jerusalem durch seine Soldaten dreitausend seiner Untertanen niedermetzeln liess (A. XVII, 9, 3, s. S. 117) und bereits im zehnten Jahre seiner Herrschaft seine unerträgliche Härte und Grausamkeit (ἡ ὠμότης αύτοῦ καὶ τυραννίς ebd. 13, 2) die angesehensten Männer unter den Juden und Samaritern zu einer Klage bei dem Kaiser veranlasste, welche für ihn den Verlust seiner Würde, sowie Verbannung nach Vienna und Einziehung seines Vermögens zur Folge hatte (ebd.). Die Ausdrücke, welche Josephus von den erwähnten Gewalttaten beider Fürsten braucht (ἀποσφάζειν A. XVI, 9, 1, σφάζειν XVII, 9, 5, σφαγή ebd. 11, 2), klingen deutlich in dem innerhalb des N. T.s nur bei Lucas und auch bei diesem an keiner zweiten Stelle vorkommenden κατασφάζειν wieder.
Da somit Lucas’ Zutaten zu dem ursprünglichen Gleichnisse durch Josephus’ Berichte über Archelaus volles Licht empfangen, so sehen wir uns ausser Stande, mit Sevin[197] unter dem in die Ferne reisenden Edlen Herodes Antipas zu verstehen (A. XVIII, 5, 1), zumal da bei dieser Annahme ein wesentlicher Zug, die Gesandtschaft der feindlichen Bürger und ihr Misserfolg, sich nicht durch geschichtliche Tatsachen belegen lässt.
An sprachlichen Berührungen mit Josephus bietet unser Abschnitt 6 im N. T. dem Lucas allein angehörige Wörter, die sich sämtlich bei Josephus, mit Ausnahme des vorletzten jedoch auch bei den Siebzig wiederfinden, nämlich ausser dem schon erwähnten ϰατασϕάζειν noch μνᾶ (V. 13. 16. 18 zw. 20. 24 zw. 25), πϱαγματεύεσϑαι (V. 13), πολίτης (V. 14)[198], πϱεσβεία (ebd.) und ἐπανέϱχεσϑαι (V. 15). Eine deutlichere Hinweisung auf Josephus liegt jedenfalls in der dem dritten Evangelium eigentümlichen Aeusserung des trägen Knechtes: αἴϱεις ὃ οὐϰ ἔϑηϰας (V. 21), welche unverkennbar an die von jenem einer Vorschrift des mosaischen Gesetzes gegebene Fassung erinnert: ὃ μὴ ϰατέϑηϰέν τις, οὐϰ ἀναιϱήσεται (Ap. II, 27, vgl. 30: ϰἂν ὑϕέληταί τις ἀλλότϱιον, ϰἂν ὁ μὴ ϰατέϑηϰεν ἀνέληται, πάντων εἰσὶ ϰολάσεις).
Gegenüber diesen schwerwiegenden Anzeichen wird die Bestreitung der Annahme, welche in dem fraglichen Abschnitt eines der beweiskräftigsten Zeugnisse für die Benutzung des Josephus durch Lucas findet, kaum auf Erfolg zu rechnen haben.
[193] S. 16: “da . . . das gewählte Vorbild im Munde Jesu sehr sonderbar und selbst von der Parallele mit dem verhassten Archelaus abgesehen, gar zu stark politisch gefärbt wäre, da endlich die sorgfältige Ausführung des Wiederkunftsgedankens von selbst der Vermutung spätern Ursprungs ruft” . . . Vgl. Gesch. J. III, 552. 213.
[194] Der Zusammenhang zeigt, dass damit die Lectüre des Josephus gemeint ist.
[195] S. o. S. 70. So nennt auch Herodes Antipas seine Tetrarchie eine βασιλεία (Mc. 6, 23), obwohl die Tetrarchen im Range noch unter den Ethnarchen standen (Schürer I, 35012).
[196] A. XVI, 9, 1: Ἡρώδης δὲ ἐπανελθὼν ἀπὸ τῆς Ῥώμης ἔγνω πολλὰ τῶν οἰκείων αὐτῷ κεκακωμένα, καὶ τῶν μὲν λῃστῶν ἐγκρατὴς γενέσθαι οὐκ ἠδυνήθη διὰ τὴν ἀσφάλειαν, ἣν ἐκ τῆς τῶν Ἀράβων προστασίας ἐπορίσαντο, χαλεπῶς δὲ ἔχων αὐτὸς τῶν ἀδικημάτων περιελθὼν τὸν Τράχωνα τοὺς οἰκείους αὐτῶν ἀπέσφαξεν.
[197] a. a. O. S. 128 ff. Dagegen Keim, Gesch. Jesu III, 552). 4882). Auf Sevins Einwendungen gegen die von uns geteilte Ansicht Keims und Holtzmanns, soweit sie sich nicht durch das oben Gesagte erledigen, bemerken wir Folgendes. Allerdings reist Archelaus nicht nach Rom, “um ein fremdes Königreich zu gewinnen”, zu dieser Auffassung nötigt uns aber auch nicht Lucas’ Ausdruck λαβεῖν ἑαυτῷ βασιλείαν, welcher vielmehr mit den bei Josephus den Zweck der Reise bezeichnenden Worten ἐπὶ κτήσει τῆς βασιλείας vortrefflich übereinstimmt. Wenn ferner von Archelaus solche Rachetaten, wie das Abschlachten der Untertanen, nach der Rückkehr bei Josephus nicht erwähnt sind, so gilt das Gleiche erst recht von Herodes Antipas, dem von seiner Romfahrt gar keine Rückkehr nach Palästina beschieden war (A. XVIII, 7, 2). Sevins letztes Bedenken endlich, dass Jesus einen vor einem Menschenalter vorgekommenen, vielleicht gar nicht zu seiner Kenntnis gelangten Fall nicht seinem Gleichnisse zu Grunde gelegt haben werde, beruht auf der Voraussetzung von der Richtigkeit des “anderweit (nämlich von Holtzmann, Synoptische Evangelien S. 234) gewonnenen Resultates, dass die ursprüngliche Form des Gleichnisses nicht bei Matthäus, sondern bei Lucas erhalten ist,” entbehrt somit aller Beweiskraft für diejenigen, welche dieses Resultat nicht anerkennen, sondern sich für die gegenteilige Annahme entscheiden, die jetzt von Holtzmann selbst vertreten wird (Handcomm. I, 268 f.).
[198] Hebr. 8, 11 im Citat Jer. 31, 34.
19, 29. Mit Recht schreibt Tischendorf hier und 21, 37: τὸ ὄϱος τὸ ϰαλούμενον ἐλαιών, nicht wie die Recepta ἐλαιῶν, da erstere Form durch AG. 1, 12 (ὄϱους τοῦ ϰαλουμένου ἐλαιῶνος) ausser Frage gestellt wird (s. Grimm s. v., vgl. Winer, Gramm. § 29, 1). Dagegen findet sich bei Lucas auch zweimal (19, 37. 22, 39) τὸ ὄϱος τῶν ἐλαιῶν und dies ist bei den übrigen Evangelisten der herrschende Name des Oelberges (Mt. 21, 1. 24, 3. Mc. 11, 1. 13, 3. 14, 26. [Joh. 8, 1]). Mit gutem Grunde leitet Holtzmann (1873, S. 93) obige Abweichung von dem sonstigen neutestamentlichen Sprachgebrauch aus Josephus her, und er kann sich dabei auf einen “fachkundigen Gelehrten, welchem niemand progressistische Neigungen vorwerfen wird, B. Weiss” berufen (1880, S. 123), der “es einfach als Factum hinstellt, dass Lucas 19, 29 den Oelberg nach Jos. A. VII, 9, 2 bezeichnet” (Das Marcus-Evangelium S. 365). Die eben erwähnte Stelle (ἀναβαίνοντος δ’ αὐτοῦ διὰ τοῦ ἐλαιῶνος ὄϱους), sowie der Umstand, dass bei Josephus nirgends das den Evangelisten so geläufige τὸ ὄϱος τῶν ἐλαιῶν vorkommt, verbietet die Form ἐλαιων, wo sie anderwärts bei ihm in Verbindung mit ὄϱος erscheint, auf ἐλαία zurückzuführen und demgemäss ἐλαιῶν zu accentuiren wie dies auch noch von neueren Herausgebern (Bekker, Niese) unrichtigerweise geschehen ist. Τὸ ἐλαιὼν ὄρος heisst der gedachte Berg bei Josephus noch K. V, 12, 2. VI, 2, 8, ausserdem τὸ ἐλαιὼν καλούμενον ὄρος (II, 13, 5. V, 2, 3. 3, 5.) und ὄρος τὸ προσαγορευόμενον ἐλαιών (A. XX, 8, 6).
19, 35-38. Lucas’ Schilderung des Einzuges Jesu in Jerusalem weist einige sprachliche Abweichungen von derjenigen des Matthäus (21, 6 ff.) und Marcus (11, 7 ff.) auf, in denen wir ebenso viele Berührungen mit Josephus erkennen. Schon in den Worten ἐπιρίψαντες αὐτῶν τὰ ἱμάτια ἐπὶ τὸν πῶλον ἐπεβίβασαν τὸν Ἰησοῦν finden wir einen Anklang an A. XX, 3, 2: Ταῦτα εἰπὼν ἀνεβίβαζεν τὸν Ἀρτάβανον ἐπὶ τὸν ἵππον.[199] Weit augenfälliger sind jedoch im Folgenden die Uebereinstimmungen mit Josephus’ Bericht über Jehus Ausrufung zum König Israels. Man vergleiche:
A. IX, 6, 2: σπουδαζόντων δ’ ἀκοῦσαι καὶ δεομένων ἔφη τὸν θεὸν αὐτὸν ἡρῇσθαι βασιλέα τοῦ πλήθους εἰρηκέναι. ταῦτ’ εἰπόντος ἕκαστος περιδύων αὑτὸν ὑπεστρώννυεν αὐτῷ τὸ ἱμάτιον καὶ σαλπίζοντες τοῖς κέρασιν ἐσήμαινον Ἰηοῦν εἶναι βασιλέα. | Lc. 19, 36 ff.: πορευομένων δὲ αὐτοῦ ὑπεστρώννυον τὰ ἱμάτια αὐτῶν ἐν τῇ ὁδῷ. ἐγγίζοντος δὲ αὐτοῦ ἤδη πρὸς τῇ καταβάσει τοῦ ὄρους τῶν ἐλαιῶν ἤρξαντο ἅπαν τὸ πλῆθος τῶν μαθητῶν χαίροντες αἰνεῖν τὸν θεὸν φωνῇ μεγάλῃ περὶ πασῶν ὧν εἶδον δυνάμεων, λέγοντες· εὐλογημένος ὁ βασιλεὺς ἐν ὀνόματι κυρίου.[200] |
Ausser den durch den Druck hervorgehobenen Uebereinstimmungen beachte man noch, dass in jedem dieser kurzen Abschnitte nicht weniger als vier participia praesentis, und zwar drei derselben in Pluralform, vorkommen und zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Sätze mit genetivis absolutis beginnen, sowie dass das Verbum ὑποστρωννύναι sich im N. T. nur hier findet. Da die entsprechende Stelle der Siebzig (2 Kön. 9, 13), welche Holtzmann (Handcomm. I, 231) vergleicht, von Lucas’ Ausdrucksweise zu weit abweicht, um für seine Vorlage gelten zu können, so wird die Annahme, dass seine Darstellung durch Josephus wesentlich beeinflusst ist, bei unbefangenen Forschern kaum einem ernstlichen Zweifel begegnen.
[199] Beachte den gleichen Bau dieser beiden Sätze, von denen jeder mit einem participium aoristi beginnt.
[200] Die Berichte der beiden andern Synoptiker enthalten von den gesperrt gedruckten Worten bloss ἱμάτια.
19, 41-44. Jesu Wehklage über Jerusalem sowie die ihr dem Inhalte nach verwandte Ansprache an die ihn auf dem Wege zur Kreuzigung begleitenden Frauen (23, 28-31) eignen ausschliesslich dem dritten Evangelisten. Steck hält es für möglich, dass demselben hier als Vorbild Josephus’ Erzählung von Jesus, Ananus’ Sohn, gedient habe (K. VI, 5, 3), welcher vier Jahre vor Beginn des Krieges mit dem Rufe αἰαῖ Ἱεροσολύμοις auftrat und, aller Misshandlungen ungeachtet, denselben unablässig bei Tag und Nacht wiederholte, bis er ihn während der Belagerung mit dem andern αἰαῖ πάλιν τῇ πόλει καὶ τῷ λαῷ καὶ τῷ ναῷ vertauschte und, als er noch die Worte αἰαῖ δὲ κἀμοί hinzufügte, durch den Wurf einer Steinschleuder getötet wurde. Wir finden die Aeusserungen dieses Unglückspropheten doch zu inhaltlos und ihre Aehnlichkeit mit den angeführten Stellen des Lucas zu gering, um dieser Annahme zustimmen zu können. Dagegen werden wir durch die Schilderung des letzteren, wie bei Jesu Annäherung an die Stadt das ihr bevorstehende Schicksal mit solcher Deutlichkeit vor sein geistiges Auge tritt, als ob er sie schon in Trümmern liegen sähe, und der Hinblick auf ihren Untergang ihm Tränen erpresst, lebhaft an den Eindruck erinnert, den nach Josephus’ Aussage Titus empfing, als er auf seiner Reise von Antiochien nach Aegypten nochmals das zerstörte Jerusalem berührte:
K. VII, 5, 2: καὶ κατὰ τὴν πορείαν τοῖς Ἱεροσολύμοις προσελθών, καὶ τὴν λυπρὰν ἐρημίαν βλεπομένην ἀντιθεὶς τῇ ποτὲ τῆς πόλεως λαμπρότητι, καὶ τὸ μέγεθος τῶν ἐρρηγμένων κατασκευασμάτων καὶ τὸ πάλαι κάλλος εἰς μνήμην βαλόμενος, ᾤκτειρε τῆς πόλεως τὸν ὄλεθρον, οὐχ ὥσπερ ἄλλος ἄν τις αὐχῶν ὅτι τηλικαύτην οὖσαν καὶ τοσαύτην εἷλε κατὰ κράτος, ἀλλὰ πολλάκις ἐπαρώμενος τοῖς αἰτίοις τῆς ἀποστάσεως ὑπάρξασι καὶ ταύτην ἐπὶ τῇ πόλει τὴν τιμωρίαν γενέσθαι παρασκευάσασιν. | Lc. 19, 41 ff.: Καὶ ὡς ἤγγισεν[201], ἰδὼν τὴν πόλιν ἔκλαυσεν ἐπ’ αὐτὴν, λέγων· . . . ἐδαφιοῦσίν σε . . . καὶ οὐκ ἀφήσουσιν λίθον ἐπὶ λίθον ἐν σοί κτλ. |
Wenn ferner Lucas die Wehklage Jesu über Jerusalem in Form einer Anrede an die dem Untergange geweihte Stadt kleidet und durch die gegen sie erhobenen Vorwürfe (V. 42. 44) deutlich die Ueberzeugung hindurchschimmern lässt, dass sie bei rechtzeitiger Erkenntnis der göttlichen Heimsuchung das ihr drohende Geschick habe abwenden können, so bietet er auch hierin unverkennbare Berührungen mit Josephus, welcher angesichts der seine Vaterstadt erfüllenden Greuel in die Worte ausbricht (K. V, 1, 3): τί τηλικοῦτον, ὦ τλημονεστάτη πόλις, πέπονθας ὑπὸ Ῥωμαίων, οἵ σου τὰ ἐμφύλια μύση περικαθαιροῦντες εἰσῆλθον. θεοῦ μὲν γὰρ οὔτε ἦς ἔτι χῶρος οὔτε μένειν ἠδύνασο, τάφος οἰκείων γενομένη σωμάτων, καὶ πολέμου τὸν ναὸν ἐμφυλίου ποιήσασα πολυάνδριον· δύναιο δ’ ἄν γενέσθαι πάλιν ἀμείνων, εἴ γέ ποτε τὸν πορθήσαντα θεὸν ἐξιλάσῃ.
Endlich sei noch darauf hingewiesen, dass auch Josephus, nachdem er in Titus’ Auftrag die Verteidiger Jerusalems flehentlich beschworen hat, nicht durch Fortsetzung des ungleichen Kampfes Stadt und Tempel der Vernichtung preiszugeben, von Schmerz übermannt wird, der ihm laute Wehklagen und Tränen erpresst (K. VI, 2, 2: ταῦτα λέγων ὁ Ἰώσηπος μετ’ ὀδυρμοῦ καὶ δακρύων λυγμῷ τὴν φωνὴν ἀνεκόπη).
Die mit den Klagerufen eng zusammenhängenden und ihnen zur Begründung dienenden Weissagungen Jesu über Jerusalems Untergang finden ihre Ergänzung und Erläuterung in der eschatologischen Rede 21, 6-36, welche sich von den entsprechenden Abschnitten bei Matthäus und Marcus vornehmlich durch ihre bestimmteren Aussagen über das Endschicksal der heiligen Stadt unterscheidet. Während nach den beiden andern Berichterstattern Jesus nur die Entweihung und Zerstörung des Tempels vorherverkündigt (Mt. 24, 15. 2. Mc. 13, 14. 2) und überdies in allgemeinen Andeutungen eine bis dahin unerhörte Drangsalszeit in Aussicht stellt (Mt. a. a. O. V. 21 f. Mc. a. a. O. V. 7 f. 19 f.), erscheint im dritten Evangelium die Ueberlieferung durch mehrere Einzelzüge bereichert, die in Verbindung mit 19, 43 f. ein weit anschaulicheres Bild von den Geschicken Jerusalems ergeben. Darnach hat diese Stadt Umzingelung durch ein feindliches Heer, eine regelrechte Belagerung und schliesslich vollständige Zerstörung und Schleifung zu gewärtigen. Was hier noch im Schosse der Zukunft ruht, liegt uns in Josephus’ Geschichte des jüdischen Krieges als vollendete Tatsache vor Augen und seine ausführliche Darstellung bietet fast für jedes Wort jener Weissagungen so handgreifliche Belege, dass man sich wundern müsste, wenn sie nicht längst schon zur Erläuterung von Jesu Aussprüchen herangezogen wären, wie dies wirklich bereits von Ott (S. 178 f. 185 f.) und Krebs (S. 129 f.) geschehen ist. Nach dem Vorgange Holtzmanns (1873, S. 92), welcher “den Evangelisten die eschatologische Rede seines Originales mit Mitteln seiner Erinnerungen an Josephus ausfüllen” lässt, sieht auch Keim (S. 16) Josephus “greifbar in den erweiterten Weissagungen Jesu von der Zerstörung Jerusalems (19, 42 ff. 21, 20 ff. 23, 28 ff.), welche im Voraus den späteren Schriftsteller mit der genauen Kenntnis der Momente der römischen Kriegsarbeit und im Detail den fleissigen Leser des ‘Jüdischen Krieges’ zeigen.”[202] Sicherlich wird diesem Ergebnisse jeder beistimmen, der sich nicht aus Befangenheit und Voreingenommenheit gegen die Annahme einer Beeinflussung des Lucas durch Josephus hartnäckig verschliesst.
Wenn wir uns aus den diesem Evangelisten eigentümlichen Aeusserungen Jesu über Jerusalems Schicksal den Gang der Ereignisse zu verdeutlichen suchen, so erhalten wir folgendes Bild:
1) Hungersnot, Pest[203] und Schreckzeichen vom Himmel als Vorboten der nahenden Drangsalszeit (21, 11),
2) Umzingelung und Belagerung der Stadt durch ein feindliches Heer (21, 20. 19, 43),
3) Flucht eines grossen Teils der Bevölkerung (21, 21),
4) Zerstörung des Tempels (21, 5 f.),
5) Niedermetzelung und Gefangenführung der Einwohner (21, 24),
6) Vollständige Zerstörung und Schleifung Jerusalems (19, 44),
7) Zertretung der Stadt durch die Heiden (21, 24).
Wir belegen nunmehr alle diese Einzelzüge durch entsprechende Angaben des Josephus:
1) Lc. 21, 11: κατὰ τόπους λιμοὶ καὶ λοιμοὶ ἔσονται, φόβητρά τε καὶ σημεῖα ἀπ’ οὐρανοῦ μεγάλα ἔσται.
Da zum Passahfest eine ungeheure Volksmenge nach Jerusalem zusammengeströmt war und hier vom Krieg überrascht wurde, so bewirkte die Ansammlung grosser Menschenmassen auf engem Raume den Ausbruch von pestartigen Seuchen und Hungersnot (K. VI, 9, 3: λοιμώδη φθοράν . . . λιμὸν ὠκύτερον). Letztere nahm bald dermassen überhand, dass sie zahlreiche Menschen hinwegraffte (V, 8, 2) und dass manche der Belagerten bei Nacht in der Nähe der römischen Vorposten mit Lebensgefahr Früchte und Kräuter auflasen (10, 3) oder, unbekümmert um das ihnen drohende Schicksal, in das feindliche Lager überliefen (11, 1 f. 13, 4. VI, 7, 2), daher Josephus den Hunger als den besten Bundesgenossen der Römer betrachtete (V, 9, 3) und diese durch ihn allein die Stadt schon zu bezwingen hofften (12, 1. VI, 1, 5). Das kleinste Gewicht Fleischfasern wurde mit 4 Drachmen (3, 3), das Mass Korn mit einem Talente bezahlt (V, 13, 7) und manche gaben ihr ganzes Vermögen für ein Mass Weizen oder Gerste hin, das sie dann aus Heisshunger ungemahlen oder schlecht gebacken verschlangen (10, 2). Selbst Leder, verdorbenes Heu und die ekelhaftesten Abfälle mussten als Speise dienen (VI, 3, 3. V, 13, 7). Als Getreidemangel eintrat, brachen die Aufrührer in die Häuser ein, von deren Bewohnern sie unter den ausgesuchtesten Peinigungen Nahrungsmittel erpressten (10, 2 f.). Weiber rissen ihren Männern, Kinder ihren Eltern, Mütter ihren Kleinen den letzten Bissen Brod vom Munde weg (ebd. 3), ja eine Mutter schlachtete ihren Säugling, um ihn zu braten und zu verzehren (VI, 3, 4). Ganze Familien fielen dem Hunger zur Beute (V, 12, 3) und zahllos war die Menge seiner Opfer (VI, 3, 3), welche allenthalben (7, 2), auf den Dächern und Gassen (V, 12, 3), in den Häusern (VI, 6, 3), sogar in den Kloaken (9, 4) umherlagen. Aus der ausführlichen Aufzählung der Schreckzeichen, welche den Untergang der Stadt ankündigten (5, 3), heben wir nur Folgendes hervor: Während das Volk am Feste der ungesäuerten Brode bei Nacht versammelt war, umstrahlte plötzlich den Altar und Tempel ein helles Licht, das eine halbe Stunde anhielt. Als in der Nacht des Pfingstfestes die Priester das innere Heiligtum betraten, vernahmen sie zuerst nur Rauschen und Getöse, dann aber den vielstimmigen Ruf: “Lasst uns von hinnen ziehen!”[204]. Auch die σημεῖα ἀπ’ οὐϱανοῦ blieben nicht aus: ein schwertähnliches Gestirn erschien über der Stadt und ein Komet stand ein volles Jahr lang am Himmel, ja manche wollten sogar einige Zeit nach dem Passahfeste gesehen haben, wie vor Sonnenuntergang über der ganzen Gegend Kriegswagen und bewaffnete Scharen durch die Wolken daherzogen und die Städte umkreisten.
2) Lc. 21, 20: Ὅταν δὲ ἴδητε κυκλουμένην ὑπὸ στρατοπέδων[205] Ἱερουσαλήμ, τότε γνῶτε ὅτι ἤγγικεν ἡ ἐρήμωσις αὐτῆς.
19, 43: ὅτι ἥξουσιν ἡμέραι ἐπὶ σέ, καὶ περιβαλοῦσιν[206] οἱ ἐχθροί σου χάρακά σοι καὶ περικυκλώσουσίν σε καὶ συνέξουισίν δε πάντοθεν.
Titus liess nach seiner Ankunft vor Jerusalem auf der an den nördlichen Abhang der Stadt grenzenden Ebene Skopos drei Lager aufschlagen, während er der etwas später eintreffenden zehnten Legion ihre Stellung im Osten, am Oelberg, anwies (V, 2, 3). Nachdem der Raum bis zur Stadt geebnet war (3, 2), schob er den Kern seines Heeres nordwestlich gegen sie vor und lagerte sich selbst zwei Stunden von Jerusalem bei dem Turme Psephinus, indess die übrigen Truppen mit Ausnahme der ihre bisherige Stellung beibehaltenden zehnten Legion sich bei dem Rossturme verschanzten (ebd. 5). Dann umgab er die Stadt mit Belagerungsdämmen (χώματα, χαρακώματα, ἐρύματα) und eroberte die erste Mauer, worauf er sein Lager bis zum Kidron ausdehnte, so dass er von der zweiten nur auf Schussweite entfernt war (6, 2-7, 3). Nach Erstürmung derselben (8, 1 f.) errichtete er weitere Belagerungsdämme, die jedoch von den Juden zerstört wurden (11, 4 f.). Nunmehr zog er rings um die Stadt in der kurzen Zeit von drei Tagen einen Steinwall von 39 Stadien Umfang (12, 2) und warf überdies gegen die Burg Antonia vier neue grössere Dämme auf (ebd. 4. VI, 1, 1 f.), mittelst welcher er sich dieses tapfer verteidigten Bollwerkes bemächtigte (ebd. 7). Die Belagerung und Einnahme der dritten Ringmauer (2, 7) und der oberen Stadt (8, 1. 4 f.) bildete den Abschluss des Kampfes um Jerusalem.
3) Lc. 21, 21: τότε . . . οἱ ἐν μέσῳ αὐτῆς ἐκχωρείτωσαν καὶ οἱ ἐν ταῖς χώραις μὴ εἰσερχέσθωσαν εἰς αὐτήν.
Die bei Beginn des Krieges von Menschen überfüllte Hauptstadt (s. unter 1)) wurde schon nach der Niederlage des Cestius von vielen Vornehmen verlassen (II, 20, 1). Später flüchteten vor den Greueltaten der Zelotenpartei zahlreiche Juden in das römische Lager (IV, 6, 3), denen nach Einschliessung Jerusalems noch mehrere folgten, da Titus die Ankömmlinge ungekränkt, wohin sie wollten, gehen liess (V, 10, 1). Auch nachdem an Stelle dieser Milde eine härtere Behandlung der Flüchtlinge getreten war, trieb der Hunger noch viele Belagerte hinaus (11, 1 f. 13, 4) und endlich verlockte die gute Aufnahme, welche zwei Hohepriester und andere Männer aus edlem Geschlechte bei Titus fanden, zu unzähligen Ueberläufereien (VI, 2, 2 f. 8, 2), denen die von den Anführern des Zeloten unter das Volk verteilten falschen Propheten vergeblich zu steuern suchten (5, 2).
4) Lc. 21, 5 f.: Καί τινων λεγόντων περὶ τοῦ ἱεροῦ, ὅτι λίθοις καλοῖς καὶ ἀναθήμασιν κεκόσμηται, εἶπεν· ταῦτα ἃ θεωρεῖτε, ἐλεύσονται ἡμέραι ἐν αἷς οὐκ ἀφεθήσεται λίθος ἐπὶ λίθῳ, ὃς οὐ καταλυθήσεται.
Der Tempel, den Herodes der Grosse erbaute, wurde aus weissen, festen Steinen aufgeführt (A. XV, 11, 3). Sämtliche Hallen desselben ruhten auf 25 Ellen hohen Säulen vom weissesten Marmor aus einem Stück. Der offene Hofraum war mit mannichfaltigen Steinen gepflastert und von dem zweiten Tempel durch eine sehr kunstvoll gearbeitete steinerne Wandung getrennt (K. V, 5, 2). Tempel und Altar umgab ein zierlicher Kranz aus schönem Gestein (εὔλιθόν τι καὶ χαρίεν γείσιον). Den nach Jerusalem kommenden Fremden erschien das Heiligtum aus der Ferne einem schneebedeckten Hügel ähnlich, da es an allen Stellen, welche die Vergoldung frei liess, von weissem Marmor erglänzte (ebd. 6).
Dieser Tempel war ungewöhnlich reich an Weihgeschenken.[207] Der hervorragendste Anteil an seiner Ausstattung kam dem Gründer Herodes selbst zu, welcher seine Ehre darein setzte, einen Prachtbau, der die schwersten Geldopfer erfordert hatte, mit kostbaren Bildwerken zu schmücken (A. XVII, 6, 3: κοσμῆσαι δὲ καὶ ἀναθήμασιν ἀξιολόγοις).[208] Zwei derselben fielen besonders in die Augen: im Innern ein goldener Weinstock mit herabhängenden Trauben (XV, 11, 3) und über dem grössten Tempeltor ein goldener Adler (XVII, 6, 2. K. I, 33, 2). Rings um das Heiligtum hängte er die in früheren Kriegen erbeuteten Rüstungen auf und fügte ihnen diejenigen bei, welche er den Arabern abgenommen hatte (A. XV, 11, 3: ταῦτα πάντα βασιλεύς Ἡρώδης ἀνέθηκεν). Als später sein Enkel Agrippa I. aus der römischen Gefangenschaft nach Jerusalem zurückkehrte, hängte er eine ihm von Caligula geschenkte goldene Kette im Gewichte der eisernen, die er während seiner Haft getragen, im Tempel oberhalb der Schatzkammer auf (XIX, 6, 1). Die römischen Kaiser gestatteten nicht nur die Darbringung von Weihgeschenken an den Tempel (K. VI, 6, 2), sondern schmückten ihn auch selbst mit solchen (V, 13, 6), so dass später der Hohepriester Ananus im Hinblick auf die Römer und seine aufständischen Landsleute ausrufen konnte: πώς δ’ οὐ δακρύων ἄξιοων ἐκείνων μὲν ἐν τῷ ἱερῷ καὶ ἀναθήματα βλέπειν, τῶν δὲ ὁμοφύλων τὰ σκῦλα σεσυληκότων καὶ άνελόντων τὴν τῆς μητροπόλως εὐγένειαν κτλ.; (IV, 3, 10). Endlich besass der Tempel einen unermesslichen Schatz an Gold, Gefässen, Kleidern, wertvollen Stoffen, wie Purpur und Scharlach, und Specereien (II, 3, 3. V, 13, 6. VI, 4, 7. 5, 2. 8, 3).
Die Zerstörung dieses Prachtbaues nahm ihren Anfang damit, dass die Römer die Grundsteine aushoben (τοὺς ἔμπροσθεν λίθους ἐξεκύλισαν). Die verzweifelte Gegenwehr der Belagerten veranlasste Titus zur Anzündung der Tempeltore. Nachdem der Brand einen Tag und die folgende Nacht hindurch gewütet hatte, befahl der römische Feldherr, demselben Einhalt zu tun. Als die mit Löschen beschäftigten Soldaten kämpfend bis zu dem Innern des Tempels vorgedrungen waren, schleuderte einer derselben ein brennendes Stück Holz durch die nach den Gemächern am Allerheiligsten führende goldene Tür. Die sofort hoch auflodernde Flamme griff, durch die von den Nachdrängenden geworfenen Brandfackeln genährt, unaufhaltsam um sich und der ganze Tempel wurde ein Raub des Feuers, worauf die Römer auch noch die anstossenden Gebäude verbrannten (ebd. 4, 1-5, 2).
5) Lc. 19, 44: ἐδαφιοῦσιν[209] . . . τὰ τέκνα σου ἐν σοί.
21, 24: καὶ πεσοῦνται στόματι μαχαίρης καὶ αἰχμαλωτισθήσονται εἰς τὰ ἔθνη πάντα.
Die in den Tempel eindringenden römischen Soldaten metzelten eine grosse Menge geringen Volkes nieder, so dass die Leichen sich um den Altar häuften und das Blut die Stufen desselben überströmte (K. VI, 4, 6). Gleichzeitig wurde in der Stadt Alles ohne Unterschied des Alters, Geschlechtes und Standes hingemordet, so dass man vor Toten den Erdboden nicht mehr sah und die Römer über Leichenhaufen einherschreiten mussten (5, 1). Als sie sich später der oberen Stadt bemächtigten, hieben sie alle nieder, die ihnen in den Weg kamen, besäeten die Strassen mit Toten und badeten die Stadt in Blut (8, 5). Da die Zahl der Uebriggebliebenen immer noch beträchtlich genug war, so befahl Titus, bloss die Bewaffneten zu töten, die andern gefangen zu nehmen, vermochte jedoch nicht dem grausamen Wüten seiner Leute Einhalt zu tun. Im Ganzen kostete die Belagerung Jerusalems 1,100,000 Menschen das Leben (9, 2 f.).
Die Zahl der während des ganzen Krieges gefangen genommenen Juden betrug 97,000 (ebd. 3). Die zu den Römern Uebergelaufenen wurden zum grossen Teil mit Weibern und Kindern als Sklaven verkauft (8, 2) und das gleiche Loos traf diejenigen Gefangenen, welche noch nicht 17 Jahre alt waren. Die andern schickte Titus, soweit er sie nicht für seinen Triumph aufsparte, in die ägyptischen Bergwerke oder verschenkte sie in die Provinzen, damit sie dort bei den öffentlichen Schauspielen durch das Schwert oder durch wilde Tiere umkämen (9, 2). Die Festlichkeiten, welche er in den auf seinem Zuge von ihm berührten Städten veranstaltete, kosteten jedesmal einer Menge Juden das Leben (VII, 2, 1. 3, 1. 5, 1): so fielen in Cäsarea bei der Feier des Geburtstages seines Bruders Domitian nicht weniger als 2500 solcher Schlachtopfer (3, 1). 700 der grössten und schönsten Gefangenen sandte er nach Italien, wo sie bei seinem Triumph, in festliche Gewänder gekleidet, die Augen der Bevölkerung Roms auf sich zogen (5, 3. 5).
6) Lc. 19, 44: ἐδαϕιοῦσίν σε . . . ϰαὶ οὐϰ ἀϕήσουσιν λίϑον ἐπὶ λίϑον ἐν σοί.
Nach Einnahme der ersten Mauer rissen die Römer ein grosses Stück derselben nebst den nördlichen Stadtteilen nieder (V, 7, 2) und ebenso verfuhren sie mit der zweiten Mauer nach ihrer Eroberung (8, 2). Nach Einäscherung des Tempels zündeten sie viele Häuser an, so dass das Feuer sich schnell über die ganze Stadt verbreitete (VI, 6, 3. 8, 5). Die Ueberreste derselben wurden geschleift (9, 1) und zuletzt auch die äusseren Stadtteile in Brand gesteckt und ihre Mauern zerstört (ebd. 4). Mit Ausnahme von drei Türmen der westlichen Ringmauer machten die Römer Jerusalem so vollständig dem Boden gleich, dass, wer von jetzt an dahin kam, in dieser Stätte nimmermehr den ehemaligen Wohnsitz zahlreicher Menschen vermuten konnte (VII, 1, 1).
7) Lc. 21, 24: Ἱερουσαλὴμ ἔσται πατουμένη ὑπὸ ἐθνῶν.
Wie Jerusalem von den Heiden mit Füssen getreten wurde, das schildert in ergreifenden Worten Eleazar, der Verteidiger Masadas, des letzten Zufluchtsortes der Juden (VII, 8, 7): “Wo ist die grosse Stadt, der Mittelpunkt des ganzen jüdischen Volkes, die, durch die stärksten Bollwerke geschützt, kaum die Menge der Kriegsvorräte und die Tausende ihrer Verteidiger zu fassen vermochte? Sie, die gewürdigt war, der Wohnsitz Gottes zu sein? Aus ihren Grundfesten mit der Wurzel herausgerissen, hat sie kein anderes Denkmal hinterlassen, als das Lager ihrer Zerstörer, das sich jetzt auf ihren Trümmern erhebt. Auf der Asche des Tempels liegen elende Greise und einzelne, von den Feinden zur Befriedigung schamloser Lust aufgesparte Weiber ... Hätte uns doch alle der Tod ereilt, ehe wir die heilige Stadt von den Händen der Feinde geschleift, den altehrwürdigen Tempel freventlich niedergerissen sahen!”
Wenn Lucas den Gesichtspunkt, unter dem er das Schicksal Jerusalems betrachtet, mit den Worten ἡμέραι ἐκδικήσεως αὗταί εἰσιν (21, 22) bezeichnet, so ist ihm auch in dieser Auffassung Josephus vorausgegangen, der denselben Gedanken, vornehmlich im Hinblick auf die in der Stadt herrschende Zelotenpartei und ihre Häupter, wiederholt ausgesprochen hat, z. B. V, 1, 1: συνέβη καὶ τὴν ἐν τοῖς Ἱεροσολύμοις στάσιν ἀνακμάσασαν τριμερῆ γενέσθαι καὶ καθ’ αὑτοῦ θάτερον ἐπιστρέψαι μέρος, ὅπερ ἄν τις ὡς ἐν κακοῖς ἀγαθὸν εἴποι καὶ δίκης ἔργον. VI, 9, 4: ἀπετίσατό γε μὴν ὁ θεὸς ἀμφοτέρους ἀξίως. VII, 2, 1: Σίμωνα μὲν οὖν εἰς δίκην τῆς κατὰ τῶν πολιτῶν ὠμότητος, ὧν πικρῶς αὐτὸς ἐτυράννευσεν, ὑπὸ τοῖς μάλιστα μισοῦσι πολεμίοις ἐποίησεν ὁ θεός . . . οὐ γὰρ διαφεύγει πονηρία θεοῦ χόλον, οὐδὲ ἀσθενής ἡ δίκη, χρόνῳ δὲ μέτεισι τοὺς εἰς αὐτὴν παρανομήσαντας, καὶ χείρω τὴν τιμωρίαν ἐπιφέρει τοῖς πονηροῖς, ὅτι καὶ προσεδόκησαν αὐτῆς ἀπηλλάχθαι μὴ παραυτίκα κολασθέντες. 8, 1: προσῆκον ἕκαστοι τὸ τέλος εὕροντο, τοῦ θεοῦ τὴν ἀξίαν ἐπὶ πᾶσιν αὐτοῖς τιμωρίαν βραβεύσαντος. Im Ausdruck erinnert obige Stelle an V, 9, 4: πότε δὲ οὐ θεὸς ὁ κτίσας, ἄν ἀδικῶνται, Ἰουδαίων ἔκδικος;
Ausser den schon im Bisherigen angemerkten sprachlichen Berührungen mit Josephus, welche in den eben betrachteten Stellen des dritten Evangeliums zu Tage treten, heben wir noch folgende hervor. Mit περικυκλώσουσίν σε (19, 43) vergleiche man A. VIII, 11, 3: λάθρα τινὰς τῶν στρατιωτῶν Ἱεροβόαμος ἔπεμψε περικυκλωσομένους τὸν Ἀβίαν ἔκ τινων οὐ φανερῶν τοῦ στρατοπέδου μερῶν, mit der Verbindung πολέμους καὶ ἀκαταστασίας (21, 9) A. XI, 2, 2: στάσεις καὶ πολέμους, mit λιμοὶ καὶ λοιμοὶ (V. 11) K. I, 19, 4: λοιμοῦ μὲν γὰρ καὶ λιμοῦ καὶ τῶν χθονίων βρασμῶν προγένοιτο ἄν τι σημεῖον βραχύτερον. IV, 6, 1: ἀναιρούμενος δὲ ὁ Νίγερ τιμωροὺς Ῥωμαιοὺς αὐτοῖς ἐπηράσατο, λιμόν τε καὶ λοιμὸν ἐπὶ τῷ πολέμῳ καὶ πρὸς ἅπασι ἀλλήλων χεῖρας, mit κυκλουμένην . . . Ἱερουσαλήμ (V. 20) III, 7, 4: διπλῇ δὲ τῇ φάλαγγι κυκλοῦνται τὴν πόλιν (dieselbe Verbindung noch IV, 1, 3. V, 4, 1. 12, 1. VI, 5, 3. 9, 4), mit οἱ ἐν μέσῳ αὐτῆς ἐκχωρείτωσαν (V. 21) A. II, 1, 1: Ἠσαῦς μὲν τῆς Ἑβρωνίας πόλεως ἐκχωρήσας[210], mit Ἱερουσαλήμ ἔσται πατουμένη ὑπὸ ἐθνῶν (V. 24) K. IV, 3, 10: φέρετε πατούμενα βλέποντες τὰ ἅγια. 4, 3: ὁ δὲ ὑπὸ τῆς οἰκουμένης προσκυνούμενος χῶρος, καὶ τοῖς ἀπὸ περάτων γῆς ἀλλοφύλοις ἀκοῇ τετιμημένος, ὑπὸ τῶν παραγεννηθέντων ἐνθάδε θηρίων καταπατεῖται. (Ausserdem πατεῖν τὸ δίκαιον I, 27, 4, τοὺς νόμους II, 9, 2. IV, 4, 3, καταπατεῖν θεσμὸν IV, 6, 3.)
[201] Man erinnere sich, dass Lucas auch an einer andern Stelle (22, 47) ein προσελθών seiner Vorlage durch ἤγγισεν wiedergibt (s. S. 43).
[202] Vgl. auch Fortnightly Review p. 505 f. und Wittichen a. a. O. S. 289.
[203] Die Verbindung λιμοὶ καὶ λοιμοί hat nur Lucas, da letzteres Wort Mt. 24, 7 unecht ist.
[204] Zu den von Josephus berichteten Vorzeichen gehört auch der bereits (S. 126) erwähnte Klageruf Jesus des Sohnes Ananus’ und die sich von selbst öffnende Tür (s. zu AG. 12, 1-23).
[205] Wir fassen στρατόπεδον hier in der Bedeutung “Lager”, da bei Lucas “Heer” sonst στρατιά (2, 13. AG. 7, 42) und στράτευμα (ebd. 23, 10. 27) heisst und Jerusalem nur von einem Heer umzingelt wurde. Noch mehr empfohlen wird diese Annahme durch die Vergleichung mit Josephus, der nicht nur öfter den Plural von στρατόπεδον in diesem Sinne braucht (z. B. A. VIII, 14, 2. XIV, 2, 1. K. II, 19, 9. V, 2, 1. 7, 1. 3. 8, 1. 11, 5 zw.), sondern auch A. XIII, 8, 2 von Antiochus Sidetes berichtet: τὸν Ὑρκανὸν εἰς αὐτὴν ἐνέκλεισε τὴν πόλιν, ἣν ἑπτὰ στρατοπέδοις περιλαβὼν κτλ.
[206] Die von Tischendorf bevorzugte Lesart παρεμβαλοῦσι χάρακα verdankt ihre Entstehung jedenfalls einem Abschreiber, dem παρεμβάλλειν als λέξις στρατιωτική (Eustathius) aus den Siebzig geläufig war. Indessen nimmt es als solche bei den Siebzig, die das Wort häufig brauchen (Gen. 33, 18. Ex. 14, 9. 15, 27. Num. 9, 18. 33, 7. Dt. 23, 9 ö.) niemals ein Object, bei andern Schriftstellern wenigstens kein sachliches Object zu sich (s. Stephanus’ Thesaurus s. v.). Bei Josephus findet sich das Wort in dieser Bedeutung nicht (nur λόγους ἀπιθάνους παρεμβάλλειν Ap. I, 26). Auch παρεμβάλλειν χάρακα πόλει kommt bei ihm nicht vor, wohl aber περιβάλλειν πόλει κύκλον (A. VIII, 7, 7), τάφρον (XIII, 10, 2, pass. K. III, 5, 2), τείχος oder τείχη (A. XI, 4, 4. XIII, 1, 3. K II, 11, 6, τεῖχος περί τι VII, 8, 2), περιβάλλεσθαι πόλεως περιβόλους (A. X, 11, 1. Ap. I, 19), π. στρατόπεδον (K. III, 10, 1. V, 2, 3. 5), τεῖχος oder τείχη (A. VIII, 14, 1. XIII, 1, 5. K. II, 21, 3, hier mit τινί), περιβάλλειν πόλιν oder τόπον τείχει (A. XV, 8, 5. Ap. I, 14), τείχεσι καὶ πύργοις (K. VII, 6, 2), ferner χάρακα βάλλεσθαι (A. XV, 5, 1. XX, 4, 2. L. 43. 71), χ. τιθέναι (ebd. 72) und περιχαρακοῦν πόλιν (A. VIII, 14, 2). Wahrscheinlich beruht Lucas’ Ausdruck auf Ezech. 4, 2: περιβαλεῖς ἐπ’ αὐτὴν χάρακα.
[207] S. Ott S. 176 f.
[208] Vgl. K. VII, 10, 3 (vom Tempel zu Heliopolis): Ὀνίας τὸν μὲν ναὸν οὐχ ὅμοιον ᾠκοδόμησε τῷ ἐν Ἱεροσολύμοις . . . τοῦ βωμοῦ δὲ τὴν κατασκευὴν πρὸς τὸν οἴκοι ἐξεμιμήσατο καὶ τοῖς ἀναθήμασιν ὁμοίως ἐκόσμησε. Ap. I, 17: τοῦ Ὀλνμπίου Διὸς τὸ ἱερὸν . . . χρυσοῖς ἀναθήμασιν ἐκόσμησεν (sc. Εἴρωμος). II, 5: παραγενόμενος εἰς Ἱεροσόλυμα (sc. Πτολεμαῖος ὁ λεγόμενος Εὐεργέτης) . . . ἀνέθηκεν ἀναθήματα τῆς νίκης ἀξίως.
[209] Ζυ ἐδαφίζειν mit persönlichem Object (= κατασείειν εἰς ἔδαφος K. V, 10, 3) vgl. Hos. 14, 1. Nah. 3, 10. Psalm 137, 9.
[210] Das an keiner weiteren Stelle des N. T.s, bei den Siebzig nur zweimal (Num. 16, 45. Amos 7, 12) vorkommende Verbum findet sich bei Josephus noch A. I, 3, 1. V, 6, 1. XIX, 4, 1. K. I, 6, 5. II, 18, 6.
21, 5 f. 11. 20-22. 24. S. zu 19, 41-44.
21, 37. S. zu 19, 29.
22, 4. Die hier neben den ἀρχιερεῖς genannten στρατηγοί sind jedenfalls von den V. 52 zwischen den ἀρχιερεῖς und πρεσβύτεροι erscheinenden στρατηγοὶ τοῦ ἱεροῦ nicht verschieden. Die Apostelgeschichte kennt nur einen στρατηγὸς τοῦ ἱεροῦ (4, 1. 5, 24. 26), während den übrigen Schriften des N. T.s dieser Titel, wie das Wort στρατηγός überhaupt, fremd ist. Derselbe bezeichnet nicht, wie Ott (S. 181 f. 253) meint, im Allgemeinen einen praeses, sondern den סגן d. i. den Befehlshaber der levitischen Tempelwache, welcher mit den der Art, wenn auch nicht dem Range nach gleichen Unteranführern derselben bisweilen durch den Plural στρατηγοί zusammengefasst wird. Träger dieses Amtes erwähnt Josephus an folgenden Stellen:
A. XX, 6, 2: κἀκείνους μὲν ὁ Κουαδρᾶτος ἀνελεῖν προσέταξεν, τοὺς δὲ περὶ Ἀνανίαν τὸν ἀρχιερέα καὶ τὸν στρατηγὸν Ἄνανον δήσας εἰς Ῥώμην ἀνέπεμψεν.
Ebd. 9, 3: Πάλιν δ’ οἱ σικάριοι κατὰ τὴν ἑορτήν . . . διὰ νυκτὸς εἰς τὴν πόλιν παρελθόντες συλλαμβάνουσι ζῶντα τὸν γραμματέα τοῦ στρατηγοῦντος Ἐλεαζάρου.
K. 11, 17, 2: ἅμα δὲ καὶ κατὰ τὸ ἱερὸν Ἐλεάζαρος υἱὸς Ἀνανίου τοῦ ἀρχιερέως, νεανίας θρασύτατος, στρατηγῶν τότε τοὺς κατὰ τὴν λατρείαν λειτουργοῦντας ἀναπείθει μηδενὸς άλλοφύλου δῶρον ἢ θυσίαν προσδέχεσθαι.
Ebd. VI, 5, 3: δραμόντις οἱ τοῦ ἱεροῦ φύλακες ἤγγειλαν τῷ στρατηγῷ.
Keim, der über dieses Amt zuerst Näheres beigebracht hat (Gesch. J. III, 3103)[211], erklärt, “die Erwähnung des Tempelstrategen”, diesen “bis jetzt noch nicht genannten Anklang, nicht als entscheidend betrachten” zu können (Aus d. Urchristentum S. 17). Da jedoch, wie er selbst anerkennt, die Parallele “sprechend” ist und “der Name Strateg nur bei Josephus vorkommt”, so wird man unbedenklich mit Steck hier eine deutliche Uebereinstimmung zwischen dem jüdischen und dem christlichen Schriftsteller finden dürfen, welche im Verein mit andern ins Gewicht fällt.
[211] S. über dasselbe auch Schürer II, 211 ff.
22, 25. Eine derjenigen Stellen, welche am lautesten für eine Benutzung des Josephus durch Lucas zeugen, so wenig dies auch bis jetzt bemerkt worden ist. Wenn letzterer die den beiden andern Synoptikern gemeinsamen Worte: οἱ μεγάλοι κατεξουσιάζουσιν αὐτῶν (Mt. 20, 25. Mc. 10, 42) durch οἱ ἐξουσιάζοντες αὐτῶν εὐεργέται καλοῦνται ersetzt, so spielt er damit auf eine bekannte Sitte des Altertumes an, welches mit dem Ehrentitel eines Wohltäters sehr freigebig umzugehen pflegte. Josephus bietet für dieselbe besonders zahlreiche Belege. Den ägyptischen König Ptolemäus III. unterscheidet er von andern Herrschern gleichen Namens durch den Beisatz: ὁ λεγόμενος Εὐεργέτης (Ap. II, 5, vgl. A. XII, 4, 1). In einer von ihm mitgeteilten Bittschrift der Samaritaner an Antiochus Epiphanes wird dieser angeredet: ἀξιοῦμεν οὖν σε, τὸν εὐεργέτην καὶ σωτῆρα κτλ. (ebd. 5, 5). Von dem makkabäischen Priesterfürsten Simon berichtet er: τοσαύτη ἦν ἡ τοῦ πλήθους περὶ τὸν Σίμωνα φιλοτιμία ὥστ’ ἐν τοῖς πρὸς ἀλλήλους συμβολαίοις καὶ τοῖς δημοσίοις γράμμασιν πρώτου ἔτους γράφειν ἐπὶ Σίμωνος τοῦ εὐεργέτου Ἰουδαίων καὶ ἐθνάρχου (XIII, 6, 7). Von Herodes dem Grossen: τὸν λυμεῶνα τῆς οἰκίας καὶ δραματουργὸν ὅλου τοῦ μύσους Εύρυκλέα, σωτῆρα καὶ εὐεργέτην καλῶν, πεντήκοντα δωρεῖτια ταλάντοις (K. I, 26, 4). Dem in Herodes’ Diensten stehenden Eunuchen Bagoas spiegeln die Pharisäer vor, dass er πατήρ τε καὶ εὐεργέτης des von ihnen geweissagten Nachfolgers dieses Königes heissen werde (A. XVII, 2, 4). Der Landpfleger Florus übte eine so unerhörte Gewaltherrschaft, dass seinem Vorgänger Albinus ἐπῄνουν ὡς εὐεργέτην Ἰουδαῖοι (XX, 11, 1). In demselben Licht erschien später Cestius, als er Jerusalem belagerte, der Mehrzahl der hauptstädtischen Bevölkerung: προσῄεσαν αὐτοὶ τὰς πύλας άνοίξοντες καὶ δεξόμενοι τὸν Κέστιον ὡς εὐεργέτην (K. 11, 19, 6). Die Bewohner von Tiberias öffneten im jüdischen Kriege wirklich dem römischen Reiteranführer Trajanus die Tore ihrer Stadt καὶ μετ’ εὐφημιῶν ὑπήντων, σωτῆρα καὶ εὐεργέτην ἀνακαλοῦντες (K. III, 9, 8). Das Gleiche geschah, als Titus vor den Mauern Gischalas erschien: μετὰ τῶν γενεῶν προσελθόντες ἀνευφήμουν ὡς εὐεργέτην καὶ φρουρᾶς ἐλευθερώσαντα τὴν πόλιν (IV, 2, 5). Die Scharen des römischen Volkes, welche dem nach Italien zurückkehrenden Vespasian aus der Hauptstadt entgegeneilten, παντοίας ἠφίεσαν φωνάς, τὸν εὐεργέτην καὶ σωτῆρα καὶ μόνον ἄξιον ἡγεμόνα τῆς Ῥώμης ἀποκαλοῦντες (VII, 4, 1). Josephus selbst wurde von seinen Landsleuten mehr als einmal der Ehre dieses Titels gewürdigt (L. 47: ἐπεὶ δὲ καταστὰς εἰς αὐτοὺς λέγειν ἠρξάμην, ἐβόων ἅπαντες εὐεργέτην καὶ σωτῆρα τῆς χώρας αὐτῶν καλοῦντες. 50: Ταῦτ’ ἔτι λέγοντος κοιναὶ παρὰ πάντων ἐγένοντο φωναί καλούντων εὐεργέτην με καὶ σωτῆρα).[212] Und nicht nur ein einzelner Mann, sondern auch ein ganzes Volk konnte durch denselben ausgezeichnet werden, wie es z. B. in einem von ihm (A. XIV, 10, 23) aufbewahrten ψήφισμα Ἁλικαρνασέων heisst: κατακολουθοῦντες τῷ δήμῳ τῶν Ῥωμαίων πάντων ἀνθρώπων ὄντι εὐεργέτῃ.
Die Annahme, dass dem Evangelisten an der fraglichen Stelle Gedanke und Ausdruck durch Josephus an die Hand gegeben ist, dürfte somit keinem gegründeten Bedenken unterliegen.
[212] Beide Ehrentitel verbunden noch A. XI, 6, 12. K. IV, 3, 5.
22, 29. Den im N. T. nicht weiter vorkommenden Ausdruck διατίθεσθαι βασιλείαν konnte Lucas bei Josephus (A. XIII, 16, 1) finden: δύο μέντοι γε υἱοὺς Ἀλέξανδρος κατέλιπεν Ὑρκανὸν καὶ Ἀριστόβουλον, τὴν δὲ βασιλείαν εἰς τὴν Ἀλεξάνδραν διέθετο.
22, 37. Der dem Lucas eigentümliche Ausspruch: τὰ περὶ ἐμοῦ τέλος ἔχει besteht aus zwei bei Josephus sehr beliebten Formeln. Die erste derselben finden wir A. I, 19, 3: τὰ περὶ τοῦ πατρὸς αὐτῆς, 4: τὸ περὶ τῆς Ῥεβέκκας, 15, 1: τὰ περὶ τῶν Ἰουδαίων, ferner II, 2, 4. V, 10, 2. VIII, 9, 1. 13, 7. IX, 7, 5. 8, 6. 11, 1 ö., die zweite III, 8, 1: τὸ μὲν ἔργον ἤδη τέλος ἔχει, sodann V, 1, 1. VI, 14, 2. 9. VIII, 10, 4. X, 4, 2 ö. An Lucas’ Ausdruck erinnern vornehmlich folgende Stellen: VIII, 14, 4: τὰ μὲν περὶ τῆς Ἀδάδου τοῦ Σύρων βασιλέως στρατείας ἐπὶ Ἄχαβον καὶ τοὺς Ἰσραηλίτας τοιοῦτον ἔσχε τὸ τέλος. XIII, 16, 6: τὰ μὲν οὖν περὶ Ἀλεξάνδραν τὴν βασίλισσαν τοῦτο εἶχεν τὸ τέλος. XVII, 12, 2: καὶ τὰ μὲν περὶ τὸν ψευδαλέξανδρον τολμηρῶς συντεθέντα οὕτως ἀκλεῶς ἔσχεν τέλος. L. 31: καὶ τὰ μὲν περὶ ἐκείνους τοῦτ’ ἔσχε τὸ τέλος. Ausserdem kann man noch vergleichen: VI, 13, 5: καὶ τὰ μὲν περὶ Σαμουῆλον οὕτω πέρας ἔσχεν. IX, 13, 3: ὡς δὲ τὰ περὶ τὴν ἑορτὴν αὐτοῖς πέρας εἶχεν. K. I, 33, 9: καὶ τὰ μὲν περὶ Ἡρώδην τοιοῦτον ἔσχε πέρας.
23, 6 f. 12. Die hier von Lucas berichtete Handlungsweise des Pilatus wird von der Kritik schon wegen des Schweigens aller übrigen Evangelisten in Anspruch genommen (s. Keim, Gesch. J. III, 379 ff.), stimmt aber vollkommen mit derjenigen des Vespasian überein, welcher laut Josephus’ Zeugnis nach der Einnahme von Tarichäa über die Gefangenen Verfügungen traf χωρὶς τῶν Ἀγρίππᾳ χαρισθέντων· τοὺς γὰρ ἐκ τῆς τούτου βασιλείας ἐπέτρεψεν αὐτῷ ποιεῖν ὅ το βούλοιτο (K. III, 10, 10). Der ungeschichtliche Zug des dritten Evangeliums kann sonach recht wohl auf diese Stelle zurückgeführt werden. Dass ferner dem Pilatus zu Streitigkeiten und Wiederaussöhnung mit Herodes Antipas reichlicher Anlass gegeben war, bemerkt schon Ott (S. 184) unter Hinweisung auf Josephus’ Bericht (K. 11, 9, 2-4), nach welchem der genannte Procurator zu grossem Aergernisse der Juden die mit Kaiserbildern verzierten Feldzeichen nach Jerusalem brachte, den Tempelschatz zum Bau einer Wasserleitung verwendete und die sich hierüber beschwerende Volksmenge durch seine Soldaten mit Knütteln auseinandertreiben liess, wobei nicht wenige Juden umkamen. Ausserdem zieht Ott (S. 185, vgl. S. 156 f.) nach dem Vorgange früherer Ausleger die uns allein durch Lucas (13, 1) bekannte Bluttat des Pilatus zur Erläuterung herbei. Bröcker (a. a. O. S. 43) sucht den Grund der Feindschaft beider Männer darin, dass sich Antipas unter den vier Söhnen Herodes’ d. Gr. befand, welche nach Philo (Gesandtschaft S. 1034) an dem Widerstande des Volkes gegen die von Pilatus beabsichtigte Aufhängung goldener Schilde in der Königsburg teilnahmen. Nach Keim (a. a. O. S. 381) lag die Spannung in den Verhältnissen selbst, da Antipas gern Judäa, “sein Erbe”, besessen hätte; besonders gross wurde sie zwar nicht durch den Vorfall Lc. 13, 1 . . ., aber durch die Beteiligung des Antipas an der Klage gegen Pilatus (32-34) und wohl durch geheime Berichte an Tiberius (A. XVIII, 4, 5).[213] Wiewohl wir die Zulässigkeit dieser Annahmen keineswegs bestreiten, bietet sich doch für Lucas’ Angabe auch die Möglichkeit einer andern, vielleicht noch einfacheren Ableitung. Wenn er die oben angeführte Stelle K. III, 10, 10 las, so konnte die Aufmerksamkeit, welcher sich laut derselben Herodes Antipas von Seiten eines römischen Gewalthabers zu erfreuen hatte, ihn leicht daran erinnern, dass ein anderer Herodier von einem römischen Beamten einst eine weit rücksichtslosere Behandlung erfuhr. Josephus erzählt nämlich (A. XIX, 8, 1), dass fünf mit Agrippa I. befreundete Fürsten, die in Tiberias seine Gastfreundschaft genossen, auf Befehl des misstrauischen Proconsuls Marsus von Syrien, der sich später ebendaselbst eingefunden hatte, unverweilt in ihre Heimat zurückkehren mussten, und fährt hierauf fort: ταῦτα Ἀγρίππας ἀνιαρῶς ἐξεδέχετο· καὶ Μάρσῳ μὲν ἐκ τούτου διαφόρως ἔσχεν (kurz vorher: τοῦτο δὲ ἄρα ἔμελλεν τῆς πρὸς Μάρσον ἀρχή γενήσεσθαι διαφορᾶς). Dieser διαφορά das Verhältnis des Herodes Antipas zu Pilatus zu übertragen, lag für Lucas um so näher, als sich auf diesem Weg ein befriedigender Erklärungsgrund für die von ihm berichtete auffällige Handlungsweise des letzteren gewinnen liess.
[213] Vgl. “Aus dem Urchristentum” S. 15: “Die Feindschaft des Pilatus mit Antipas ergab sich aus dem allgemeinen Judenhass und der beständigen Rivalität der Statthalter mit den Landesherren, Antipas gegenüber auch ohne Philo aus ant. 18, 4, 5 zu beweisen, ganz von selbst.”
23, 26 ff. 48. Dass einen zum Tode Verurteilten, der zum Richtplatz abgeführt wird, eine schaulustige Volkmenge begleitet, lesen wir auch bei Josephus. Man vergleiche:
A. XIX, 4, 5: ἀπήγετο οὖν τὴν ἐπὶ θανάτῳ . . . πλήθους τε ἀνθρώπων ἑπομένου κατὰ θέαν, ὥς ἦχεν ἐπὶ τὸ χωρίον κτλ. | Lc. 23, 26 f. Καὶ ὡς ἀπήγαγον αὐτόν . . . ἠκολούθει δὲ αὐτῷ πολὺ πλῆθος τοῦ λαοῦ καὶ γυναικῶν . . . 33: Καὶ ὅτε ἀπῆλθον ἐπὶ τὸν τόπον . . . 48: καὶ πάντες οἱ συμπαραγενόμενοι ὄχλοι ἐπὶ τὴν θεωρίαν ταύτην. |
Schwerer fällt ins Gewicht, dass die dem Lucas eigentümliche Schilderung der Teilnahme, welche Jesu Schicksal auch ausserhalb des Kreises seiner nächsten Angehörigen findet, mit Josephus’ Erzählung von Moses’ Abschied mehrfache Berührungen bietet, von denen eine (τύπτειν τὰ στήθη) schon bei Ott (S. 186) berücksichtigt ist. Man vergleiche:
A. IV, 8, 48: Μωυσέος δὲ ταῦτα πρὸς τελευτῇ τοῦ βίου φήσαντος καὶ μετ’ εὐλογίας ἑκάστῃ τῶν φυλῶν προφητεύσαντος τὰ καὶ γενομένα τὸ πλῆθος εἰς δάκρυα προύπεσεν, ὡς καὶ τὰς γυναῖκας στερνοτυπουμένας ἐμφανίζειν τὸ ἐπ’ αὐτῷ τεθνηξομένῳ πάθος. καὶ οἱ παῖδες δὲ θρηνοῦντις ἔτι μᾶλλον . . . πορευομένῳ δ’ ἔνθεν οὗ ἔμελλεν ἀφανισθήσεσθαι πάντες εἵποντο δεδρακρυμένοι, καὶ Μωυσῆς τοὺς μὲν πόρρω τῇ χειρὶ κατασείων μένειν ἠρεμοῦντας ἐχέλευε, τὸ δ ἔγγιον λόγοις παρεκάλει μὴ ποιεῖν αὐτῷ δακρυτὴν τὴν ἀπαλλαγὴν ἑπομένους. | Lc. 23, 27 f.: ἠκολούθει δὲ αὐτῷ πολὺ πλῆθος τοῦ λαοῦ καὶ γυναικῶν, αἵ ἐκόπτοντο καὶ ἐθρήνουν αὐτόν. στραφεὶς δὲ πρὸς αὐτὰς Ἰησοῦς εἶπεν· θυγατέρες Ἱερουσαλήμ, μὴ κλαίετε ἐπ’ ἐμέ . . . 48: καὶ πάντες οἱ συμπαραγενόμενοι ὄχλοι ἐπὶ τὴν θεωρίαν ταύτην, θεωρήσαντες τὰ γενόμενα, τύπτοντες τὰ στήθη ὑπέστρεφον. |
Hier wie dort wird der dem Tod Entgegengehende von einer zahlreichen Volksmenge begleitet, unter welcher sich namentlich die Frauen durch laute Gefühlsausbrüche hervortun, beide Male äussert sich die Teilnahme durch Wehklagen, Tränen und Zerschlagen der Brust und in dem einen und andern Falle gebietet derjenige, dem sie gilt, ihren Kundgebungen Einhalt. Auch die Verbindung der Verba κόπτεσθαι und θρηνεῖν und ihre innerhalb des N. T. auf das dritte Evangelium beschränkte Construction mit dem Accusativ[214] erinnert an den Sprachgebrauch des Josephus, vgl. A. VI, 14, 8: πένθος ἐφ’ ἡμέρας ἑπτὰ σὺν γυναιξὶ καὶ τέκνοις ἐπ’ αὐτοῖς ἦγον κοπτόμενοι καὶ θρηνοῦντες τὸν βασιλέα καὶ τοὺς παῖδας αὐτοῦ. VIII, 11, 1: ἡ γυνὴ . . . θρηνοῦσα διὰ τῆς ὁδοῦ καὶ τὴν μέλλουσαν τοῦ τέκνου κοπτομένη τελευτήν. (Θρηνεῖν τινα noch K. III, 9, 5, κόπτεσθαί τινα A. XIII, 15, 5.)
Wir können die in den beiden Darstellungen zu Tage tretenden Uebereinstimmungen um so weniger für zufällig ansehen, als die oben auszugsweise mitgeteilte Erzählung des Josephus auch noch in andern weiterhin zu besprechenden Fällen dem Lucas als Vorbild gedient hat.[215]
[214] κόπτεσθαί τινα noch 8, 52.
[215] S. zu AG. 1, 1-11 und 20, 17-38.
23, 28-31. S. zu 19, 41-44.
23, 44 f. Die auch nach dem Berichte der beiden anderen Synoptiker (Mt. 27, 45. Mc. 15, 33) sich über die ganze Erde verbreitende Dunkelheit leitet Lucas allein von einer Sonnenfinsternis her. Zu diesem Zuge findet sich bei Josephus eine beachtenswerte Parallele in seiner Erzählung von dem hochangesehenen Gesetzeslehrer Matthias, Sohn des Margaloth (A. XVII, 6, 2-4). Nachdem dieser, weil er seine Anhänger zur Herabreissung und Zertrümmerung des von Herodes dem Grossen am Tempel angebrachten goldenen Adlers (s. oben S. 132) verleitet hatte, auf des Königs Befehl samt mehreren seiner Gesinnungsgenossen lebendig verbrannt worden war, trat in selbiger Nacht eine Mondfinsternis ein, die Josephus augenscheinlich nur deshalb erwähnt, weil er mit andern gesetzestreuen Israeliten in diesem Ereignis ein Anzeichen des göttlichen Zornes über die ungerechte Hinrichtung eines frommen und volksbeliebten Mannes erblickte. Auch der sprachliche Ausdruck ist bei ihm und Lucas derselbe (Lucas: τοῦ ἡλίου ἐκλιπόντος, Josephus: ἡ σελήνη δὲ τῇ αὐτῇ νυκτὶ ἐξέλιπεν), wodurch die Vermutung, dass der Anlass zur Hinzufügung jenes der ältern evangelischen Ueberlieferung fremden Zuges bei Josephus zu suchen sei, an Wahrscheinlichkeit gewinnt.
23, 48. S. zu V. 26 ff.
23, 50. Die Verbindung ἀγαθὸς καὶ δίκαιος findet sich im N. T. nur hier, ist dagegen bei Josephus sehr beliebt und konnte sich daher einem Leser dieses Schriftstellers ganz ungesucht in die Feder drängen. Wie an unserer Stelle erscheinen beide Adjective als Epitheta zu ἀνήρ A. IX, 6, 6: ἀνὴρ ἀγαθὸς καὶ δίκαιος, Ἰωνάδαβος ὄνομα, vgl. 5, 2: τοὺς ἀγαθοὺς ἀνδρας καὶ δικαίους ἀπέκτεινεν. Ausserdem kommt ἀγαθὸς καὶ δίκαιος z. B. VI, 7, 4. VII, 14, 8. VIII, 10, 1. IX, 10, 3, δίκαιος καὶ ἀγαθὸς I, 11, 3. VII, 15, 1 vor.
24, 13. Die Angabe εἰς κώμην ἀπέχουσαν σταδίους ἑξήκοντα ἀπὸ Ἱερουσαλήμ, ᾗ ὄνομα Ἐμμαούς findet sich mit nur unerheblichen Abweichungen auch bei Josephus K. VII, 6, 6: ὀκτακοσίοις δὲ μόνοις ἀπὸ τῆς στρατιᾶς διαφειμένοις χωρίον ἔδωκεν εἰς κατοίκησιν, ὃ καλεῖται μὲν Ἀμμαοῦς, ἀπέχει δὲ τῶν Ἱεροσολύμων σταδίους ἑξήκοντα. Schon Ott bemerkt (S. 187) im Hinblick auf diese Stelle: “Ceterum non aliter scribit Josephus, quam si a Luca haec verba descripsisset. Lucas enim tempore prior fuit.” Da Letzteres heutzutage nicht mehr als unumstössliche Voraussetzung gelten darf so hat die Annahme Holtzmanns (1877, S. 545), dass Lucas seine genaue Ortsbestimmung dem Josephus verdanke, vollen Anspruch auf Beachtung, wie denn auch Steck derselben beigetreten ist. Der von Nösgen (1879, S. 525) gegen sie erhobene Einwand, dass “die Angabe des Josephus über die Entfernung des von ihm Ἀμμαοῦς genannten Ortes sich von jedem palästinensischen Christen hätte erfahren lassen”, enthält erstens eine mindestens ungenaue und zweitens eine ebenso unbeweisbare wie zur Widerlegung des Gegners ungeeignete Behauptung. Einmal braucht Josephus die beiden Formen Ἀμμαοῦς und Ἐμμαοῦς unterschiedslos neben einander.[216] Sodann ist es mindestens zweifelhaft, ob jeder palästinensische Christ zu Lucas’ Zeit eine so gründliche Kenntnis seines Heimatlandes besass, um über die Lage eines unbedeutenden, weder im A. T. noch in der älteren evangelischen Ueberlieferung erwähnten Fleckens genaue Auskunft erteilen zu können. Da wir ferner nach Nösgens eigener Aussage über den Entstehungsort des dritten Evangeliums “nur haltlose Combinationen haben[217]”, so wissen wir ebensowenig, ob der jedenfalls nicht in Palästina schreibende Verfasser desselben Gelegenheit hatte, sich bei Glaubensgenossen, die dort zu Hause waren, Rats zu erholen. Endlich aber wird Lucas, wenn er wirklich der gewissenhafte, Alles ἀκριβῶς erforschende Geschichtschreiber war, der er nach Nösgens wiederholten Versicherungen gewesen ist, seine Erkundigungen nach einem ihm unbekannten Orte nicht bei dem ersten besten Palästinenser, den ihm der Zufall in den Weg führte, eingezogen haben, sondern sogleich an die Quelle gegangen sein, welche ihm über die Topographie Jerusalems und seiner näheren und ferneren Umgebung die sichersten und zuverlässigsten Aufschlüsse bot, und das waren eben die Schriften des Josephus.
Wie aber würde sich unser Urteil gestalten müssen, wenn an obiger Stelle des Josephus die durch gute Handschriften empfohlene Lesart τριάκοντα den Vorzug vor ἑξήκοντα verdienen sollte?[218] Unseres Erachtens liesse sich auch in diesem Falle bei der sonstigen Gleichheit beider Aussagen diejenige des Evangelisten aus Josephus ableiten. Letzterer braucht nämlich die Zahl 60 in Verbindung mit στάδιον nicht nur ebenso häufig wie die Zahl 30[219], sondern es findet sich auch bei ihm nicht weniger als viermal die Angabe, dass die Entfernung der Festung Herodeion (Herodia) von Jerusalem 60 Stadien betrug.[220] Hatte nun Lucas in seiner Erinnerung nur so viel festgehalten, dass Josephus die Entfernung des Fleckens Emmaus von Jerusalem nach Stadien bestimmt, so lag ihm, wenn er diesem Beispiele folgte, ohne jene Stelle nochmals nachzuschlagen, die Zahl 60, die er bei seinem Gewährsmanne so oft unmittelbar neben Jerusalem gelesen hatte, näher als jede andere zur Hand. Somit wird selbst, wenn die endgiltige Entscheidung der Textkritik zu Gunsten der Lesart τριάκοντα ausfallen sollte, der Ansicht Holtzmanns und Stecks noch keineswegs der Boden entzogen.
[216] Ἀμμαοῦς A. XIII, 1, 3. XIV, 11, 2. 15, 7. K. I, 11, 2. 16, 6. II, 20, 4. III, 3, 5. IV, 1, 3. 8, 1. V, 1, 6. 2, 3. 13, 1. VI, 4, 2. VII, 6, 6. Ἐμμαοῦς A. XII, 7, 3. 4 zw. XVII, 10, 7. 9. K. II, 4, 3. 5, 1. An den beiden zuletzt angeführten Stellen findet W. Hoffmann (Gfrörer und Hoffmann, Fl. Josephus’ Gesch. d. jüd. Kr. I, 166 Anm.) das neutestamentliche Emmaus, während nach Schürer (I, 538) mit diesem der K. VII, 6, 6 erwähnte Ort “höchst wahrscheinlich identisch ist”. Die Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieser Annahme kann hier auf sich beruhen, da die hebräische Namensform für alle drei Emmaus die gleiche, von חמת abgeleitete, war (s. Winer, RWB u. d. W. und vgl. K. IV, 1, 3: μεθερμηνευομένη δὲ Ἀμμαοῦς θερμὰ λέγοιτ’ ἂν). Nicht wenige neuere Gelehrte sehen das biblische Emmaus in dem heutigen Kalonijeh (Kulonie), dessen Entfernung auf der Fahrstrasse nach Jafa 45 Stadien beträgt (s. Holtzmann, Handcomm. I, 289 f. Schürer a. a. O. S. 539).
[217] Die Evangelien nach Matthäus usw. S. 268.
[218] Die LA ἑξήκοντα würde dann wohl auf Rechnung eines christlichen Abschreibers zu setzen sein, der den Josephus nach Lucas berichtigen zu müssen glaubte. So auch Schürer a. a. O. S. 537.
[219] 30 Stadien: A. V, 2, 8. XII, 10, 5. XIX, 1, 1. K. II, 16, 4. 19, 9. III, 9, 7. 10, 8. IV, 1, 1. 8. V, 2, 1. VII, 5, 2. 8, 3. L. 32. 54. 65.—60 (= 30 × 2) Stadien: A. IV, 6, 4. V, 1, 1. XIV, 13, 9. XV, 9, 4. K. I, 13, 8. 21, 10. II, 10, 2. 14, 5. 16, 2. IV, 1, 1. 8, 3. VII, 6, 1. L. 24. 43. 65.—Ausserdem 120 (= 30 × 4) Stadien: K. II, 10, 2. VII, 7, 1. L. 65.—180 (= 30 × 6) Stadien: K. VII, 10, 3.
[220] A. XIV, 13, 9. XV, 9, 4. K. I, 13, 8. 21, 10.
24, 31. Der Schlusssatz αὐτὸς ἄφαντος ἐγένετο ἀπ’ αὐτῶν berührt sich, wie schon Ott (S. 188 f.) bemerkt hat, mit A. XX, 8, 6: ὁ δ’ Αἰγύπτιος αὐτὸς διαδρὰς ἐκ τῆς μάχης ἀφανὴς ἐγένετο. Als sprachliche und sachliche Parallelen fügen wir noch hinzu I, 20, 2: τὸ μὲν φάντασμα ταῦτ’ εἰπὸν ἀφανὲς γίνεται. IX, 2, 2: περὶ μέντοι γε Ἠλία καὶ Ἀνώχου τοῦ γενομένου πρὸ τῆς ἐπομβρίας ἐν ταῖς ἱεραῖς ἀναγέγραπται βίβλοις, ὅτι γεγόνασιν ἀφανεῖς. Vgl. ferner II, 3, 4. IV, 3, 4. VI, 4, 5. 11, 4. X, 9, 4. Ausserdem kommen bei Josephus noch ἀφανῆ εἶναι (VII, 12, 4. Ap. I, 21. 28) und ἀφανίζεσθαι (IV, 3, 3. 8, 48 zw. IX, 2, 2. XX, 7, 2). vor. Der Annahme, dass dem Evangelisten obige Verbindung durch Josephus an die Hand gegeben sein möge, steht das ebenso diesem wie den Siebzig fremde und auch im N. T. nirgends wiederkehrende Adjectiv ἄφαντος nicht entgegen, da ihn zur Wahl desselben seine von uns schon öfter beobachtete Neigung zur Abwandlung des ihm von seiner Vorlage dargebotenen Ausdruckes veranlasst haben kann.
24, 50 f. S. zu AG. 1, 1-11.
1, 1-11. Dass der Eingang der Apostelgeschichte ebenso wie derjenige des dritten Evangeliums dem Josephus nachgebildet ist, hat bereits Steck vermutet, welcher die Aehnlihkeit ihres ersten Satzes mit dem Anfange des zweiten Buches der Streitschrift gegen Apion hervorhebt. Wir wagen noch einen Schritt weiter zu gehen und zu behaupten, dass das ganze Stück V. 1-8 eine Reihe Berührungen mit dem einleitenden Abschnitte des genannten Buches aufweist, die nicht wohl für zufällig gelten können. Man vergleiche:
Ap. II, 1: Διὰ μὲν οὖν τοῦ προτέρου βιβλίου, τιμιώτατέ μοι Ἐπαφρόδιτε, περί τε τῆς ἀρχαιότητος ἡμῶν ἐπέδειξα τοῖς Φοινίκων καὶ Χαλδαίων καὶ Αἰγυπτίων γράμμασι πιστωσάμενος τὴν ἀλήθειαν καὶ πολλοὺς τῶν Ἑλλήνων συγγραφεῖς παρασχόμενος μάρτυρας, τήν τε ἀντίρρησιν ἐποιησάμην πρὸς Μανέθων καὶ Χαιρήμονα καὶ τινας ἑτέρους. ἄρξομαι δὲ νῦν τοὺς ὑπολειπομένονς τῶν γεγραφότων τι καθ’ ἡμῶν ἐλέγχειν . . . καὶ γὰρ αὖ κἀκεῖνο τοῖς πολλοῖς ἀνθρώποις ὁρῶ παρακολουθοῦν, τὸ λίαν ἐφήδεσθαι ὅταν τις ἀρξάμενος βλασφημεῖν ἕτερον αὐτὸς ἐλέγχηται περὶ τῶν αὐτῷ προσόντων κακῶν. ἔστι μὲν οὖν οὐ ῥᾴδιον αὐτοῦ διελθεῖν τὸν λόγον οὐδὲ σαφῶς γνῶναι, τί λέγειν βούλεται κτλ. | AG. 1, 1: Τὸν μὲν πρῶτον λόγον ἐποίησάμην περὶ πάντων, ὦ Θεόφιλε, ὧν ἤρξατο ὁ Ἰησοῦς ποιεῖν τε καὶ διδάσκειν . . . 6: οἱ μὲν οὖν συνελθόντες ἠρώτων αὐτὸν λέγοντες . . . . 7: οὐχ ὑμῶν ἐστιν γνῶναι . . . 8: ἔσεσθέ μου μάρτυρες. |
Als beachtenswerte Berührungen zwischen beiden Abschnitten heben wir folgende hervor:
1) die Anrede an einen einzelnen Leser,
2) die Aehnlichkeit des je ersten Satzes in Form und Inhalt: a) Hinweisung auf ein vorhergegangenes Buch, b) Anrede an den Leser, c) Inhaltsangabe jenes Buches,
3) den Gebrauch von λόγος für ein Schriftwerk,
4) ποιεῖσθαι mit einem Objectsaccusativ zur Bezeichnung schriftstellerischer Tätigkeit, eine in den Büchern gegen Apion besonders häufige Verbindung[221],
5) μάρτυρες im Sinne von Gewährsmännern geschichtlicher Tatsachen.
Da wir bereits im Vorworte zum dritten Evangelium die unzweideutigsten Spuren einer weitgehenden Benutzung der Einleitung der Streitschrift gegen Apion entdeckt haben, so kann uns die Wahrnehmung um so weniger überraschen, dass Lucas auch für den Eingang seines zweiten Werkes die nämliche Vorlage verwertet hat.
Wenn wir den ersten Abschnitt der Apostelgeschichte auf seinen sachlichen Inhalt ansehen, so können wir nicht umhin, dem Urteile Holtzmanns (1877, S. 539) beizustimmen, dass “in dem von Lucas (hier und im Evangelium 24, 50 f.) eingeführten Himmelfahrtsberichte der Einfluss der Darstellung nicht zu verkennen sein dürfte, welche Josephus von dem wunderbaren Ende des Moses gibt (A. IV, 8, 48).” Soweit dieselbe hier für uns in Betracht kommt, lautet sie folgendermassen: Μωυσέος δὲ ταῦτα πρὸς τελευτὴν τοῦ βίου φήσαντος καὶ μετ’ εὐλογίας ἑκάστῃ τῶν φυλῶν προφητεύσαντος τὰ καὶ γενόμενα, τὸ πλῆθος εἰς δάκρυα προὔπεσεν . . . πορευομένῳ δ’ ἔνθεν οὗ ἔμελλεν ἀφανισθήσεσθαι, πάντες εἵποντο δεδακρυμένοι, καὶ Μωυσῆς τοὺς μὲν πόρρω τῇ χειρὶ κατασείων μένειν ἠρεμοῦντας ἐκέλευε, τὸ δ’ ἔγγιον λόγοις παρεκάλει μὴ ποιεῖν αὐτῷ δακρυτὴν τὴν ἀπαλλαγὴν ἑπομένους . . . μόνη δ’ ἡ γερουσία προύπεμψεν αὐτὸν καὶ ὁ ἀρχιερεὺς Ἐλεάζαρας καὶ ὁ στρατηγὸς Ἰησοῦς. ὡς δ’ ἐπὶ τῷ ὄρει τῷ Ἀβαρεῖ καλουμένφῳ ἐγένετο, τοῦτο δὲ ὑψηλὸν Ἱεριχοῦντος καταντικρὺ κεῖται γῆν ἀρίστην τῶν Χαναναίων καὶ πλείστην παρέχον τοῖς ἐπ’ αὐτοῦ κατοπτεύειν, ἀπέπεμπε τὴν γερουσίαν. ἀσπαζομένου δὲ καὶ τὸν Ἐλεάζαρον αὐτοῦ καὶ τὸν Ἰησοῦν καὶ προσομιλοῦντος ἔτι, νέφους αἰφνίδιον ὑπὲρ αὐτὸν στάντος ἀφανίζεται κατά τινος φάραγγος. γέγραφε δ’ αὐτὸν ἐν ταῖς ἱεραῖς βίβλοις τεθνεῶτα, δείσας μὴ δι’ ὑπερβολὴν τῆς περὶ αὐτὸν ἀρετῆς πρὸς τὸ θεῖον αὐτὸν ἀναχωρῆσαι τολμήσωσιν εἰπεῖν.
Dass eine Reihe wesentlicher Züge dieser Darstellung in dem doppelten Himmelfahrtsberichte des Lucas wiederkehrt, ist sofort ersichtlich:
1) Moses segnet vor seinem Scheiden die zwölf Stämme Israels, wie Jesus seine Jünger (Lc. 24, 50).
2) Er sagt jedem Stamme die ihm bevorstehende Zukunft voraus, wie Jesus den Jüngern die Ausgiessung des heiligen Geistes und ihre apostolische Wirksamkeit (AG. 1, 4 f. 8).
3) Er begibt sich mit einem kleinen Kreis Auserwählter auf einen Berg, wie Jesus mit den Elfen auf den Oelberg (Lc. 24, 50 vgl. mit AG. 1, 12). Dem Namen des Berges ist bei Josephus wie bei Lucas eine genaue Bestimmung seiner Lage im Verhältnisse zur nächsten Stadt beigefügt.
4) Er wird den Blicken seiner Vertrauten, während er noch mit ihnen redet, durch eine sich auf ihn herabsenkende Wolke entzogen, wie Jesus den Augen der Seinigen unmittelbar nach seinen letzten Worten (AG. 1, 9, nach Lc. 24, 51: ἐν τῷ εὐλογεῖν).
5) Die Wirkung dieser wunderbaren Entrückung würde, wenn Moses nicht noch bei Lebzeiten vorgebaut hätte, unausbleiblich die gewesen sein, dass von den Augenzeugen derselben die Behauptung verbreitet worden wäre, πϱὸς τὸ ϑεῖον αὐτὸν ἀναχωϱῆσαι, ähnlich wie in den Aposteln Jesu Abschied von der Erde die Ueberzeugung begründet: ὅτι ἐποϱεύϑη, ἀνελήμϕϑη εἰς τὸν οὐϱανόν (AG. 1, 10 f.).
Dem aus diesen augenfälligen Uebereinstimmungen gewonnenen Ergebnisse kann der Umstand nur zur Empfehlung gereichen, dass die nämliche Erzählung des Josephus noch mehrfach von Lucas als Vorlage benutzt worden ist[222], zum Beweise, dass dieselbe seine Aufmerksamkeit in ganz besonderen Grade erregt hat.
Der Abschnitt AG. 1, 1-11 enthält die vier im N. T. nicht weiter, wohl aber bei Josephus nachweisbaren Wörter: ὀπτάνειν, πεϱιμένειν, συναλίζεσϑαι und τεϰμήϱιον. Da die beiden ersten derselben sich auch bei den Siebzig finden, so kommen nur die ihnen fremden zwei letzten in Betracht. συναλίζεσϑαι in der Bedeutung “sich versammeln” braucht Josephus K. III, 9, 4: Οὐεσπασιανὸς δὲ, ὡς μὴ πάλιν οἱ πειϱαταὶ συναλισϑεῖεν εἰς αὐτήν (sc. Ἰόπην), στϱατόπεδόν τε ἐπὶ τῆς αϰϱοπόλεως ἐγείσει.[223] Das bei Josephus nicht seltene[224] τεϰμήϱιον erscheint bei ihm wie bei Lucas in Verbindung mit παϱαστῆσαι A. XVII, 5, 6: ὁ δ’ ἐπὶ στόμα ἕϰειτο ἀνατετϱαμμένος τῷ τε ϑεῷ ϰαὶ πᾶσι πϱοστιϑεὶς τὸ ἐπιμαϱτυϱῆσον αὐτῷ μηδὲν ἀδιϰεῖν, ἢ τεϰμηϱίοις ἐμϕανέσι παϱαστῆσαι μὴ οὐϰ ἐπίβουλον αὐτὸν τοῦ πατϱὸς γεγονέναι.
Unsere bisherigen Beobachtungen verbieten uns, den von Nösgen (1879, S. 536 f.) gegen Holtzmann geltend gemachten Einwänden sonderliche Bedeutung beizumessen. Nach seiner Ansicht ist “der evangelische Bericht wiederum eine viel zu einfache und ungesuchte Darstellung der vom N. T. auch sonst bezeugten Himmelfahrt, um aus Josephus entlehnt sein zu können”, bei dem sich ein viel grösserer Apparat finde (das sich mit Mühe von Moses losreissende Volk, die Begleitung und Entlassung der Mosen ähnlich wie Elisa dem Elias noch weiter zur Seite bleibenden Gerusie u. a.). “Hätte diese Darstellung dem Evangelisten bei der Abfassung der Himmelfahrtsgeschichte vorgelegen, so müsste es auffallen, dass er in der letzteren nicht noch Grösseres zu sagen sich bemüht, da für ihn das von Josephus Mose selbst bei der Abfassung des Berichtes über sein Ende beigelegte Motiv nicht vorhanden war.” Indessen haben wir die Meinung, dass die grössere Einfachheit einer Erzählung im Vergleiche mit einer andern ohne Weiteres eine Bürgschaft für ihre Ursprünglichkeit biete, schon früher als ein Vorurteil erkannt (s. o. S. 78 ff.). Alsdann hatte Lucas in unserem Falle mit der unumstösslichen Tatsache zu rechnen, dass, während Moses Jahrzehnte lang bis zu seinem Tod als unumschränkter Herrscher an der Spitze eines nach Hunderttausenden (Ex. 12, 37) zählenden Volkes stand, Jesus nur von einem kleinen Jüngerkreis als Messias anerkannt und selbst von diesem zuletzt verlassen worden war. Die Einsicht in diesen wesentlichen Unterschied musste ihn vor der Versuchung bewahren, Jesu Scheiden von der Erde, mit dem gleichen Gepränge zu umgeben, mit dem er bei dem jüdischen Geschichtschreiber die Schilderung von Moses’ Ende ausgestattet fand. Ueberdies konnte er auf eine derartige Ausschmückung um so leichter verzichten, als seine Erzählung gegenüber derjenigen des Josephus eine weit mehr ins Gewicht fallende Steigerung enthält. Während letzterer nämlich den Moses hinter der ihn bedeckenden Wolke in eine Schlucht versinken lässt und die naheliegende Vermutung, πϱὸς τὸ ϑεῖον αὐτὸν ἀναχωϱῆσαι, unmissverständlich abweist, wird Jesus vor den Augen der Apostel auf wunderbare Weise von der Erde emporgehoben, bis ihn eine Wolke ihren Blicken entzieht, und die sich infolge dieses Vorganges ihnen aufdrängende Ueberzeugung, dass er in den Himmel aufgenommen sei, empfängt durch Engelstimmen eine feierliche Bestätigung.
Sonach dürfte die Berechtigung, eine Reihe wesentlicher Züge der dem Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte eigentümlichen Darstellung der Himmelfahrt aus Josephus abzuleiten, keinem gegründeten Zweifel unterliegen.
[221] I, 9: ἀληθῆ τὴν ἀναγραφὴν ἐποιησάμην. Ebd.: οὕτως ἐποιησάμην τῶν πράξεων τὴν παράδοσιν. 11: ἀναγκαίαν ἐποιησάμην τὴν παρέκβασιν. 14: ποιήσομαι τὴν ἐξέτασιν ἀκριβεστέραν. II, 40: τὴν ἀκριβῆ πεποίημαι παράδοσιν. In den übrigen Schriften des Josephus ist diese Verbindung sehr selten (K. VII, 3, 2: ἵνα . . . εὐπαρακολούθητον ποιήσωμαι τὴν διήγησιν).
[222] S. S. 105 Anm 2.
[223] ausserdem in rein passivischer Bedeutung ebd. 7, 8: συναλισϑείσης ἅμα τοῖς ξύλοις ἀπείϱου χεϱμάδος. Das Simplex ἁλίζειν A. XIX, 7, 4. Wer einmal zugibt, dass Lucas’ Sprachgebrauch Spuren der Beeinflussung durch Josephus zeigt, der wird auch folgerichtig für συναλίζεσϑαι an der obigen Stelle der AG. mit de Wette, Grimm u. a. die Bedeutung “sich versammeln” wahrscheinlicher finden, als die überaus seltene, von Meyer nur durch eine sichere Stelle (s. Overbeck) belegte Bedeutung “zusammen essen”. Meyers einziger Grund gegen erstere Annahme, dass Lucas dann συναλισϑείς geschrieben haben müsste, schlägt nicht durch, da ihm συναλιζόμενος durch die unmittelbar vorhergehenden participia praesentis am nächsten gelegt war.
[224] Ausser an den in unserm Wörterverzeichnis angegebenen Stellen z. B. noch A. VIII, 2, 2. XV, 6, 3. K. III, 3, 4. L. 1. 11.
1, 13 f. Das ὑπεϱῷον, in welches sich die Jünger nach ihrer Rückkehr vom Oelberge begeben, sucht man gewöhnlich in dem Privathause, welches unter dem οἶϰος, wo sie am Pfingstfeste versammelt waren (2, 2), zu verstehen sein soll. Diese Annahme hat bereits Krebs (S. 162 ff.) aus guten Gründen bestritten und Holtzmann (1877, S. 543 f. 1880, S. 124)[225] ist ihm beigetreten. Es muss schon befremden, dass weder hier noch 2, 2 die leiseste Andeutung auf ein Privathaus hinweist, während Lucas an andern Stellen, wo er ein solches meint, durch ausdrückliche Angabe des Hausbesitzers oder -bewohners jede Ungewissheit hierüber von vornherein ausschliesst (9, 11. 10, 17. 32. 12, 12. 18, 7. Lc. 1, 40. 4, 38. 7, 36 f. 14, 1. 22, 54). Sodann erscheint diese Annahme mit den sonstigen Voraussetzungen unseres Schriftstellers unverträglich. Derselbe betrachtet wo nicht alle, doch mindestens elf der Urapostel als Galiläer (AG. 2, 7, vgl. 13, 31), somit als Fremdlinge in Jerusalem, und widerspricht der Annahme, dass ihnen daselbst ein Privathaus zur Verfügung gestanden habe, geradezu durch die Aussagen, dass Jesus während seines dortigen Aufenthaltes die Tage im Tempel, die Nächte aber am Oelberge zubrachte (Lc. 21, 37) und erst besondere Veranstaltungen treffen musste, um sich in der Stadt auf einige Stunden eine für die Feier des Passahmahles geeignete Räumlichkeit zu sichern (22, 7 ff.). Dass nach seiner Gefangennehmung die Jünger eine Wohnung in Jerusalem bezogen, hat Lucas mit keinem Wort angedeutet und schwerlich wird er sich auch verhehlt haben, dass in dieser Stadt Privathäuser, die in ihrem ὑπεϱῷον 120 Menschen aufzunehmen vermochten (AG. 1, 15), gar nicht oder doch nur in spärlicher Anzahl vorhanden waren und, wenn es dort solche gab, sich im Besitze von Angehörigen der höchsten Gesellschaftsklassen befanden, welche ihre Pforten nicht armen galiläischen Festpilgern zu öffnen pflegten.
Dagegen gelangen wir zu einem ganz andern Ergebnisse, wenn wir den Schluss des dritten Evangeliums darüber befragen, wo die Apostel nach der Himmelfahrt Jesu in Jerusalem zusammenkamen. Hier lesen wir: καὶ αὐτοὶ ὑπέστρεψαν εἰς Ἱερουσαλὴμ μετὰ χαρᾶς μεγάλης καὶ ἦσαν διαπαντὸς ἐν τῷ ἱερῷ αἰνοῦντες τὸν ϑεόν (24, 52 f.), finden also unzweideutig den Tempel als ihren ständigen Versammlungsort bezeichnet. Da nun die Apostelgeschichte vor 1, 13 mit keinem Wort eine hierin etwa inzwischen eingetretene Veränderung bemerklich macht, so dürfen wir auch das ὑπερῷον nur in dem Tempel suchen. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, dass unsere Schrift auch nach dem Pfingstfeste noch tägliche Zusammenkünfte im Tempel erwähnt und, wie die bei dieser Gelegenheit gebrauchte Ausdrucksweise zeigt, hierbei auf unsere Stelle zurückblickt.[226] Kann aber demnach mit dem ὑπερῷον nur ein Obergemach des Tempels gemeint sein, so wird man auch das bald darauf (2, 1 ff.) berichtete Pfingstwunder nicht in ein Privathaus verlegen dürfen. Denn dass die Jünger seitdem in einem solchen Unterkunft gefunden hätten, lässt sich, da zwischen 1, 13 und 2, 2 jede hierauf bezügliche Andeutung fehlt, nicht behaupten, und ferner spricht auch das schnelle Zusammenströmen einer grossen Menschenmenge entschieden dafür, dass jenes Ereignis sich an einem verkehrsreichen und allen Festteilnehmern wohlbekannten Orte zutrug, wie dies an erster Stelle der Tempel war[227], der ja von Lucas auch anderwärts (7, 47. Lc. 11, 51) als οἶκος schlechthin bezeichnet wird.
Dieses aus den Schriften des Lucas allein schon zu gewinnende Ergebnis empfängt nun nach der Ansicht von Krebs und Holtzmann durch Josephus seine volle Bestätigung. Es kommen hier drei Stellen in Betracht, von denen sich die beiden ersten auf den salomonischen Tempel beziehen, während die dritte den von Herodes d. Gr. erbauten Tempel im Auge hat.[228]
A. VII, 14, 10: Ὁ μὲν οὖν βασιλεὺς τούτους ποιησάμενος τοὺς λόγους ἐπαύσατο, τήν τε διαγραφὴν καὶ διάταξιν τῆς οἰκοδομίας τοῦ ναοῦ πάντων ὁρώντων ἔδωκε Σολόμωνι ϑεμελίων καὶ οἴκων καὶ ὑπερῴων, ὅσοι τε τὸ πλῆϑος καὶ πηλίκοι τὸ ὕψος καὶ εὖρος γένοιντο.
VIII, 3, 2: περιῳκοδόμησε δὲ τὸν ναὸν ἐν κύκλῳ τριάκοντα βραχέσιν οἴκοις, οἳ συνοχή τε τοῦ παντὸς ἔμελλον ἔσεσϑαι δια πυκνότητα καὶ πλῆϑος ἔξωϑεν περικείμενοι, καὶ δὴ καὶ τὰς εἰσόδους αὐτοῖς δι’ ἀλλήλων κατεσκεύασεν. ἕκαστος δὲ τῶν οἴκων τούτων εὖρος μὲν εἶχε πέντε πήχεις, μῆκος δὲ τοὺς αὐτούς, ὕψος δὲ εἴκοσιν. ἐπῳκοδόμηντο δὲ τούτοις ἄνωϑεν ἕτεροι οἶκοι καὶ πάλιν ἄλλοι κατ’ αὐτῶν ἴσοι καὶ τοῖς μέτροις καὶ τῷ ἀριϑμῷ, ὡς τὸ πᾶν ὕψος αὐτοὺς λαβεῖν τῷ κάτωϑεν οἴκῳ παραπλήσιον· ὁ γὰρ ὑπερῷος οὐκ ἦν περιῳκοδομημέυος . . . έφιλοτέχνησε δὲ ὁ βασιλεὺς ἄνοδον εἰς τὸν ὑπερῷον οἶκον διὰ τοῦ εὔρους τοῦ τοίχου· οὐ γὰρ εἶχε ϑύραν μεγάλην κατὰ τῆς ἀνατολῆς ὡς εἶχεν ὁ κάτωϑεν οἶκος, ἀλλ’ ἐκ τῶν πλευρῶν ἦσαν αἱ εἴσοδοι διὰ μικρῶν πάνυ ϑυρῶν.
K. V, 5, 5: περὶ δὲ τὰ πλευρὰ τοῦ κάτω ναοῦ δι’ ἀλλήλων ἦσαν οἶκοι τρίστεγοι πολλοὶ καὶ παρ’ ἑκάτερον εἰς αὐτοὺς ἀπὸ τῆς πύλης εἴσοδοι. τὸ δὲ ὑπερῷον μέρος τούτους μὲν οὐκέτ’ εἶχε τοὺς οἴκους, παρόσον ἦν καὶ στενώτερον, ὑψηλότερον δ’ ἐπὶ τεσσαράκοντα πήχεις καὶ λιτότερον τοῦ κάτω.
Aus diesen Stellen können wir Folgendes entnehmen:
Ὁ ὑπερῷος οἶκος, τὸ ὑπερῷον μέρος oder auch bloss τὸ ὑπερῷον ist im Gegensatze zu dem κάτωϑεν οἶκος das Obergeschoss des Tempels, οἶκοι dagegen heissen die kleinen, je 25 Quadratellen enthaltenden Gemächer[229], welche sich, 90 an Zahl, gleichmässig auf die drei Stockwerke des Anbaues verteilten, von dem die untere Hälfte (ὁ κάτωϑεν οἶκος) des ersten wie des dritten Tempels umgeben war.
Wenn Lucas diese Angaben des Josephus gelesen hatte, so begreift es sich vollkommen, wie ihm das geräumige und dabei von dem im Erdgeschosse herrschenden regen Verkehr unberührte ὑπερῷον des Tempels als eine geeignete Stätte für die Zusammenkünfte der ersten Christengemeinde erscheinen konnte. Welchen Raum aber will er unter dem οἶκος 2, 2 verstanden wissen? Wenn man erwägt, dass als die in demselben am Pfingstfest Anwesenden lediglich Petrus und die Elf bezeichnet sind (V. 14, vgl. V. 1 mit 1, 26), so liegt der Schluss nahe, dass, wie der weitere Jüngerkreis Jesu in dem ὑπεϱῷον, so der engere in einem seiner geringen Zahl entsprechenden kleineren Gelass, also in einem jener 90 οἶϰοι, sich vereinigt haben werde. Wenn nun aber auch ein Gemach von der angegebenen Grösse zu einer Sitzung (V. 2) von zwölf Personen notdürftig ausreicht, so ist dieser Annahme doch der Ausdruck ὅλον τὸν οἶϰον ungünstig, welcher deutlich auf ein grösseres Ganzes hinweist. Unter diesem nach 7, 47. Lc. 11, 51 den Tempel schlechthin zu verstehen, widerrät der Beisatz οὗ ἦσαν ϰαϑέμενοι, welcher, wenn er nicht zur Näherbestimmung des in Frage stehenden οἶϰος dienen sollte, als müssig und überflüssig erscheinen würde. Wir sind daher gewiss berechtigt, im Hinblick auf 1, 13 οἶϰος von dem ὑπεϱῷος οἶϰος zu verstehen, um so mehr, als Lucas eine Verschiedenheit des späteren Versammlungsortes von dem früheren mit keinem Wort andeutet.
Da somit die obigen Aussagen der Apostelgeschichte erst aus Josephus’ Schriften ihr volles Licht empfangen, so darf die Annahme, dass Lucas auf Grund der aus dieser Quelle gewonnenen Anschauungen den Tempel als Geburtsstätte der messianischen Gemeinde vorzüglich geeignet gefunden habe, einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen, welcher durch die in diesem Falle besonders dürftigen Gegenbemerkung Nösgens (1879, S. 526 f.) nicht verringert wird. Wenn derselbe zunächst unter Berufung auf die von uns mitgeteilten Stellen des Josephus geltend macht, dass “an eine Identificirung des ὑπεϱῷον und der οἶϰοι nicht zu denken sei”, so hat bereits Holtzmann (1880, S. 124) ihm Missverständnis der ganzen Richtung und Haltung seiner Argumentation vorgeworfen und noch weniger wird von diesem Einwand unsere zwischen den durch jene Ausdrücke bezeichneten Räumlichkeiten scharf unterscheidende Auffassung getroffen. Auf die fernere Behauptung, der Wechsel zwischen οἶϰος und ὑπεϱῷον in der Apostelgeschichte beweise, dass bei dem als Versammlungsort der ersten Jünger angegebenen οἶϰος nicht an das Tempelgebäude als Geburtsstätte der messianischen Gemeinde gedacht werden dürfe, erwidern wir, dass bei unserer Annahme, nach welcher unter οἶϰος nicht das ganze Tempelgebäude, sondern nur der obere Teil desselben zu verstehen ist, jener Wechsel, der überhaupt unter keinen Umständen etwas beweisen würde, ebensowenig befremden kann wie der ähnliche 20, 8 f., wo die nämliche Räumlichkeit erst τὸ ὑπεϱῷον und dann τὸ τϱίστεγον heisst. Wenn endlich Nösgen aus der eben angeführten Stelle, wo genau wie 1, 13 von dem ὑπεϱῷον eines vorher nicht erwähnten Hauses die Rede ist, den Schluss zieht, “dass τὸ ὑπεϱῷον nicht das Obergemach des salomonischen Tempels in der Sprache des dritten Evangelisten bezeichnet”, so ist diese Behauptung allerdings zweifelsohne richtig, aber zugleich auch durchaus überflüssig und belanglos, weil der salomonische (!!) Tempel für keinen Vernünftigen als Geburtsstätte der messianischen Gemeinde in Betracht kommen kann, die Berechtigung aber, solche in dem herodischen Tempel zu finden, sich nicht auf das articulirte ὑπεϱῷον, sondern vielmehr darauf gründet, dass die mit dem dritten Evangelium vertrauten Leser, welche Lucas für die Apostelgeschichte voraussetzt, dieses ὑπεϱῷον nur in dem von ihm zuletzt (Lc. 24, 53) als Versammlungsort der Jünger erwähnten Gebäude d. i. eben dem Tempel suchen konnten.[230] Wenn endlich Nösgen aus der Bemerkung AG. 2, 46 (ϰαϑ’ ἡμέϱαν τε πϱοσϰαϱτεϱοῦντες ὁμοϑυμαδὸν ἐν τῷ ἱεϱῷ neben dem ϰλῶντές τε ϰατ’ οἶϰον ἄϱτον) erschliesst, “dass der tägliche Aufenthalt im Tempel nicht von einem fabelhaften Bleiben im Tempel bei Tag und Nacht gedeutet werden darf,” so entgegnen wir hierauf zunächst, dass eine solche Auffassung keineswegs unmöglich sein würde, da sie sich auf Lc. 2, 37 (ἣ οὐϰ ἀϕίστατο τοῦ ἱεϱοῦ νηστείαις ϰαὶ δεήσεσιν λατϱεύουσα νύϰτα ϰαὶ ἡμέϱαν) berufen könnte, dieselbe aber bis jetzt noch von keinem Ausleger vertreten, somit ihre Bestreitung unnötig ist, lehnen aber sodann die von Nösgen aus obiger Stelle gezogene Folgerung, “dass auch den ersten Jüngern für ihr Zusammensein ein anderer Aufenthalt zuzuweisen ist als das Tempelhaus,” deshalb mit aller Entschiedenheit ab, weil die angeführte Bemerkung sich auf die Zeit nach dem Pfingstfeste bezieht, welches in Lucas’ Darstellung einen bedeutsamen Wendepunkt in der Geschichte der jungen Christengemeinde bildet, indem es ihr einen Zuwachs von 3000 Seelen bringt. Demgemäss erscheint dieselbe 2, 46 im Vergleiche mit 1, 13 f. und 2, 1, wo sie nur den Kreis der ersten Jünger umfasst, in ihrer Entwickelung wesentlich fortgeschritten. Jetzt erst vereinigen sich ihre Glieder zur Feier des Liebesmahles, von dem bis dahin in der Apostelgeschichte keine Rede gewesen ist, und da diesem das alttestamentliche Passahmahl zum Vorbilde diente, so verbot es sich für Lucas von selbst, solche Feier anderswo als in Privathäusern stattfinden zu lassen, die nunmehr der Gemeinde in hinreichender Anzahl zur Verfügung standen (vgl. 4, 34).
Somit sind sämtliche Gegengründe Nösgens unzulänglich, die von ihm bekämpfte Annahme zu entkräften, welche sich jedem empfehlen muss, der sich dem durch so viele anderweitige Anzeichen nahegelegten Ergebnis einer Beeinflussung des Lucas durch Josephus nicht zu entziehen vermag.
[225] S. auch dessen “Forschungen über die Apostelgeschichte” (Ztschr. f. w. Th. 1885, S. 426-448) S. 442 und Handcomm. I, 326. 329.
[226] Vgl. 1, 14: οὗτοι πάντες ἦσαν προσκαρτεροῦντες ὁμοϑυμαδὸν τῇ προσευχῇ mit 2, 46: καϑ’ ἡμέραν τε προσκαρτεροῦντες ὁμοϑυμαδὸν ἐν τῷ ἱερῷ und 5, 12: ἦσαν ὁμοϑυμαδὸν ἅπαντες ἐν τῇ στοᾷ Σολομῶντος.
[227] Einen weiteren von Krebs (S. 165 f.) geltend gemachten Grund, dass die Apostel zu der 2, 15 angegebenen Zeit (solemnissima quippe omnium hora precandi) am allerwenigsten im Tempel fehlen durften, vermögen wir uns trotz seiner Berufung auf die von Capellus aus dem Talmud beigebrachten Belege nicht anzueignen, da die Meinung, dass je um die dritte, sechste und neunte Stunde eine ständige Gebetszeit gewesen sei, nach neueren Forschungen als unhaltbar erscheint (s. Schürer II, 537).
[228] Die von Krebs und Holtzmann ausserdem noch angezogene (von uns zu 2, 1-14 mitgeteilte) Stelle A. XI, 5, 4 liefert zur Entscheidung unserer Frage keinen Beitrag, da hier statt ἐν τῷ ὑπερῴῳ τοῦ ἱεροῦ mit Niese ἐν τῷ ὑπαίϑρῳ τ. ἱ. zu lesen ist, wie eine Vergleichung mit Josephus’ alttestamentlicher Vorlage (Esra 10, 9 LXX: ἐν πλατείᾳ οἴκου τοῦ ϑεοῦ) beweist.
[229] οἶκος wird seit Homer häufig von einem einzelnen Zimmer gebraucht und ist in dieser Bedeutung auch in das Lateinische übergegangen. S. die Wörterbücher und Krebs S. 166. Bei Josephus steht es in diesem Sinne z. B. A. VII, 15, 3. VIII, 1, 2. 3, 7. X, 11, 2. XII,4, 11. XV, 9, 5. K. V, 4, 3 (πολυτελεῖς ἦσαν οἶκοι καὶ καϑύπερϑεν ὑπερῷα).
[230] Wenn AG. 1, 13 die von Tischendorf in seiner achten Ausgabe des N. T.s aufgenommene Lesart τὸν ὑπεϱῷον den Vorzug verdienen sollte, so würde an dieser Stelle das Obergeschoss des jerusalemischen Tempels nicht nur gemeint, sondern auch unzweideutig bezeichnet sein, da die bei Lucas nicht weiter vorkommende Masculinform (= ὁ ὑπεϱῷος οἶϰος) nur die Unterscheidung dieses ὑπεϱῷον von den in Privathäusern befindlichen zum Zweck haben könnte und der Ausdruck vollkommen mit dem von Josephus A. VIII, 3, 2 gebrauchten zusammenträfe.
1, 20. Die erste hier angeführte Psalmstelle (Ps. 69, 26) lautet bei den Siebig: γενηθήτω ἡ ἔπαυλις αὐτῶν ἠρημωμένη. Während die Vertauschung des Plurales mit dem Singular sich aus der von Petrus dem Ausspruche gegebenen Beziehung auf einen Einzelnen erklärt, ist Lucas’ zweite Abweichung, die Vertauschung des Participiums mit dem Adjectiv, vielleicht durch die Erinnerung an die schon von Ott (S. 233 f.) angemerkte Stelle K II, 19, 9 bewirkt: ἕωθεν Ἰουδαῖοι κατιδόντες ἔρημον τὴν ἔπαυλιν αὐτῶν.
2, 1-14. Die Schilderung der von Lucas in den Tempel verlegten Pfingstbegebenheit erinnert mehrfach an Josephus’ Bericht von einer nach dem Nationalheiligtume zusammenberufenen Volksversammlung. Man vergleiche:
A. XI, 5, 4: ἐκείνην τὴν ἡμέραν διήγαγεν αὐτόθι. γενομένου δὲ κηρύγματος ὥστε πάντας τοὺς ἀπὸ τῆς αἰχμαλωσίας συνελθεῖν εἰς Ἱεροσόλυμα, ὡς τῶν ἐν δυσὶν ἢ τρισὶν ἡμέραις οὐκ ἀπαντησάντων ἀπαλλοτριωθησομένων τοῦ πλήθους . . . συνῆλθον ἐκ τῆς Ἰουδαϊκῆς καὶ Βενιαμίτιδος . . . καθισάντων δὲ ἐν τῷ ὑπαίθρῳ τοῦ ἱεροῦ, παρόντων ἅμα καὶ τῶν πρεσβντέρων . . . ἀναστὰς Ἔσδρας ᾐτιᾶτο ἐκείνους λέγων κτλ. | AG. 2, 1: ἐν τῷ συμπληροῦσθαι τὴν ἡμέραν τῆς πεντηκοστής ἦσαν πάντες ὁμοῦ ἐπὶ τὸ αὐτό . . . 2: . . ὅλον τὸν οἶκον οὗ ἦσαν καθήμενοι. 3: . . ἐκάθισεν ἐφ’ ἕνα ἕκαστον αὐτῶν . . . 6: γενομένης δὲ τῆς φωνῆς ταύτης συνῆλθεν τὸ πλῆθος . . . 14: σταθεὶς δὲ ὁ Πέτρος σὺν τοῖς ἕνδεκα ἐπῆρεν τὴν φωνὴν αὐτοῦ καὶ ἀπεφθέγξατο αὐτοῖς κτλ. |
Auch der durch die Reden des Esra und Petrus bei den Zuhörern hervorgerufene Eindruck ist ganz derselbe: wie nach dem Schlusse der ersteren ποιήσειν τοῦτο πάντες ἐξεβόησαν, so spricht die um die Apostel versammelte Volksmenge, nachdem Petrus geendet, durch die Frage: τί ποιήσωμεν, ἄνδρες ἀδελφοί; (V. 37) ihre Bereitwilligkeit aus, den Forderungen, die man an sie stellen werde, unweigerlich Folge zu leisten. Wir halten es daher für wahrscheinlich, dass Lucas auch in diesem Fall eine ihm von Josephus dargebotene Vorlage benutzt hat, während der entsprechende Abschnitt der Siebzig (Esra 10, 6-12), der nur unbedeutende Berührungen mit seiner Erzählung wahrnehmen lässt, als solche kaum in Betracht kommen kann.
Wenn ferner, wie schon Holtzmann bemerkt hat (1877, S. 544), der Darstellung des Lucas die Voraussetzung zu Grunde liegt, dass gerade zu Pfingsten ein grosser Zusammenfluss von Menschen aus allen Weltgegenden in Jerusalem stattzufinden pflegte[231], so dürfen wir auch hierin ein deutliches Anzeichen seiner Bekanntschaft mit Josephus erblicken, dessen für diesen Punkt in Betracht kommende Aussagen folgendermassen lauten:
A. XIV, 13, 4: . . . ἀνέμενον οἱ πολέμιοι τὸν ἐκ τῆς χώρας ὄχλον εἰς τὴν καλουμένην πεντηκοστήν, ἑορτή δ’ ἐστίν, μέλλοντα ἥξειν. τῆς δ’ ἡμέρας ἐνστάσης πολλαὶ περὶ τὸ ἱερὸν ἀθροίζονται μυριάδες ἀνθρώπων ὡπλισμένων τε καὶ ἀνόπλων.
XVII, 10, 2: Ἐνστάσης δὲ τῆς πεντηκοστῆς, ἑορτὴ δὲ ἡμῶν ἐστὶ πάτριος τοῦτο κεκλημένη, οὔτι κατὰ τὴν θρησκείαν μόνον παρῆσαν, άλλ’ ὀργῇ φέροντες τὴν παροινίαν τῆς Σαβίνου ὕβρεως μυριάδες συνηθροίσθησαν ἀνθρώπων καὶ πάνυ πολλαὶ Γαλιλαίων τε καὶ Ἰδουμαίων, Ἱεριχουντίνων τε ἦν πληθὺς καὶ ὁπόσοι περάσαντι Ἰορδάνην ποταμὸν οἰκοῦσιν, αὐτῶν τε Ἰουδαίων πλῆθος πρὸς πάντας συνειλέχατο κτλ.
K. I, 13, 3: ἐνστάσης δὲ ἑορτῆς ἣ πεντηκοστὴ καλεῖται, τά τε περὶ τὸ ἱερὸν πάντα καὶ ἡ πόλις ὅλη πλήυους τῶν ἀπὸ τῆς χώρας άναπίμπλαται κτλ.
II, 3, 1[232]: ἐνστάσης δὲ τῆς πεντηκοστῆς (οὕτω καλοῦσί τινα ἑορτὴν Ἰουδαῖοι παρ’ ἑπτὰ γινομένην ἑβδομάδας, κατὰ τὸν ἀριθμὸν τῶν ἡμερῶν προσηγορίαν ἔχουσαν) οὐχ ἡ συνήθης θρησκεία συνήγαγε τὸν δῆμον, ἀλλ’ ἀγανάκτησις. συνέδραμε γοῦν πλῆθος ἄπειρον ἔκ τε τῆς Γαλιλαίας καὶ Ἰδουμαίας Ἱεριχοῦντός τε καὶ τῆς ὑπὲρ Ἰορδάνην Περαίας. ὑπερεῖχε δὲ πλήθει καὶ προθυμίαις ἀνδρῶν ὁ γνήσιος ἐξ αὐτῆς Ἰουδαίας λαός.
Unter diesen Stellen weisen namentlich die zweite und vierte bemerkenswerte Berührungen mit der Apostelgeschichte auf. An beiden erscheinen wie in dieser neben den eigentlichen Ἰουδαίοις Vertreter einer Anzahl anderer Volksgemeinschaften, unter denen die Galiläer den ersten Platz einnehmen. An der zweiten Stelle des Josephus hat das Streben nach Abwechselung ganz wie bei Lucas (V. 9) zur Folge, dass nach Aufzählung mehrerer Volksnamen mit einer Umschreibung fortgefahren wird (ϰαὶ ὁπόσοι πεϱάσαντι Ἰοϱδάνην ποταμὸν οἰϰοῦσιν—ϰαὶ οἱ ϰατοιϰοῦντες τὴν Μεσοποταμίαν ϰτλ.). An der vierten Stelle dagegen erinnert die dem Worte πεντηϰοστή beigefügte Erklärung durch τὸν ἀϱιδμὸν ἡμεϱῶν deutlich an Lucas’ συμπληϱοῦσϑαι τὴν ἡμέϱαν τῆς πεντηϰοστῆς.
Nicht minder verdient es Beachtung, dass sich sämtliche V. 9-11 aufgeführten Völker- und Ländernamen in den Schriften des Josephus wiederfinden und in denselben den von Lucas zuerst genannten Parthern ein sehr breiter Raum gewidmet ist. Hier die Belege[233]:
**Πάϱϑοι A. X, 11, 7. XIII, 5, 11. XIV, 6, 2. XV, 2, 1. XVI, 8, 4. K. I, 13, 1 ö.
**Μῆδοι A. I, 6, 1. X, 11, 7. XX, 3, 4 ö.
Ἐλυμαῖοι A. I, 6, 4 (die bei den Griechen übliche Form statt des von Lucas im Anschluss an die Siebzig gebrauchten **Ἐλαμῖται, s. Grimm s. v.).
*Μεσοποταμία (noch 7, 2) A. I, 10, 4. XII, 10, 2. K. IV, 9, 7 ö.
Καππαδοϰία A. XVI 2, 2. XVII, 13, 4. K. IV, 11, 1 ö.
Πόντος A. XVI, 6, 2. XIX, 8, 1. K. II, 16, 4 ö.
Ἀσία A. XVI, 6, 1. K. II, 16, 4. Ap. I, 12.
*Φϱυγία (noch 16, 6. 18, 23) A. XII, 3, 4. K. IV, 11, 1.
*Παμϕυλία (noch 13, 13. 14, 24. 15, 38. 27, 5) A. XI, 8, 1. XIV, 14, 3.
Αἴγυπτος A. I, 8, 3. II, 10, 1. K. II, 16, 4 ö.
ἡ πϱὸς Κυϱήνῃ Λιβύη (=**ἡ Λιβύη ἡ ϰατὰ υϱήνην) A. XVI, 6, 1.[234]
Κϱῆτες Ap. II, 16.
**Ἄϱαβες A. I, 12, 2. V, 6, 1. K. I, 19, 1 ö.
Endlich verdient noch Beachtung, dass der Abschnitt 2, 1-14 nicht weniger als 14 innerhalb des N. T.s ausschliesslich bei Lucas vorkommende Wörter enthält. 7 derselben finden sich sowohl bei den Siebzig als bei Josephus (ἄϱνω, **βίαιος, **γλεῦϰος, διάλεϰτος, εὐλαβής, **μεγαλεῖον, συγχέω), 2 (ἀποϕϑέγγομαι, πνοή) nur bei ersteren, während eins (**μεστόω) sowohl ihnen wie dem Josephus fremd ist, so dass mit letzterem allein Lucas 4 gemein hat (διαποϱέω, **διαχλευάζω, ἐπιδημέω, συμπληϱόω). Genau wie Lucas braucht auch Josephus συμπληϱόω von der Zeit A. IV, 8, 1: Τῶν τεσσαϱάϰοντα ἐτῶν παϱὰ τϱιάϰοντα ἡμέϱας συμπεπληϱωμένων. Ebenso wie in unserm Abschnitte (V. 4. 6. 8. 11) wechseln bei ihm γλῶσσα und διάλεϰτος Ap. I, 14: τὸ υϰ ϰαϑ’ ἱεϱὰν γλῶσσαν βασιλέα σημαίνει, τὸ δὲ σὼς ποιμήν ἐστι ϰαὶ ποιμένες ϰατὰ τὴν ϰοινὴν διάλεϰτον. Ausserdem erinnert auch V. 2 durch ἦχος ὥσπεϱ ϕεϱομένης πνοῆς βιαίας an diesen Schriftsteller, bei dem wir in einer und derselben Erzählung (K. IV, 4, 5 f.) ἄνεμοι βίαιοι und ὁ τῶν ἀνέμων ἧχος lesen.[235]
[231] Diese Voraussetzung lässt freilich Schürer (II, 5483) für AG. 2, 9-11 nicht gelten, da es sich dort nach 2, 5 nicht um Festpilger handle, sondern um auswärtige Juden, welche ihren dauernden Wohnsitz in Jerusalem hatten. Diese Vorstellung hat Lucas allerdings ausgesprochen, aber sie nicht festgehalten, da man unter den ἐπιδημοῦντες Ῥωμαῖοι nach 17, 21 nur zeitweilig anwesende Fremdlinge verstehen kann (s. auch Holtzmann 1885, S. 429). Jedenfalls aber setzt auch bei Schürers Annahme die gedachte Stelle voraus, dass das Pfingstfest in Jerusalem der schnellen Ansammlung einer zahlreichen, buntgemischten Volksmenge besonders günstig war, und ganz dasselbe ersehen wir aus den oben mitgeteilten Stellen des Josephus.
[232] von Ott (S. 234) und Holtzmann (1877, S. 544) angeführt.
[233] Es sei hier ein für allemal bemerkt, dass wir mit * die innerhalb des N. T.s bloss bei Lucas, mit ** die bei ihm nur in dem eben in Rede stehenden Abschnitte vorkommenden Wörter bezeichnen.—Für Ἰουδαία, Ἰουδαῖοι und Ῥωμαῖοι Belege aus Josephus beizubringen, ist uns überflüssig erschienen.
[234] Ausserdem: **Λιβύη A. I, 6, 2. XII, 10, 6. K. II, 16, 4 ö., **Κυϱήνη A. XVI, 6, 5. VII, 11, 1.
[235] Vgl. auch die zu 4, 31 mitgeteilte Stelle A. IV, 3, 3, wo ἀνέμου βία und ἦχος neben einander stehen, ferner πνεῦμα βίαιον (K. III, 9, 3) πνεῦμα πολὺ ϰαὶ βίαιον (A. XIV, 2, 2), und τὴν βίαν τοῦ πνεύματος (K. IV, 1, 10).
2, 29. Petrus’ Hindeutung auf das in Jerusalem noch vorhandene Grab Davids ist schon von Ott (S. 248 f.) aus Josephus erläutert worden, welcher (A. VII, 15, 3) an seinen Bericht über die Bestattung des genannten Königs als Beleg für die Behauptung, dass mit ihm unermessliche Reichtümer begraben worden seien, die Angabe knüpft, dass nach 1300 Jahren der Hohepriester Hyrkan und längere Zeit darauf ebenso der König Herodes dem Grabe bedeutende Schätze entnommen habe. Die Eröffnung desselben durch Hyrkan wird ausserdem noch A. XIII, 8, 4 und K. I, 2, 5, die spätere durch Herodes A. XVI, 7, 1 erwähnt. Holtzmann (1877, S. 538) rechnet “das noch sichtbare Grab” Davids zu den Momenten, die sich dafür geltend machen lassen, dass gewisse Specialkenntnisse, die bei Lucas zu Tage treten, “aus Josephus stammen”, und diese Annahme wird auch trotz Nösgens gegenteiliger Meinung (a. a. O. S. 525) mehr als einem unbefangenen Forscher nicht nur möglich, sondern auch wahrscheinlich vorkommen, so lange man nicht eine andere Quelle nachzuweisen vermag, welche einem Schriftsteller damaliger Zeit, der sich von Jerusalem während der letzten Jahrzehnte seines Bestandes einige Kenntnis erwerben wollte, näher lag und sich durch Genauigkeit und Zuverlässigkeit in gleichem oder höherem Grad empfahl, als die Geschichtswerke des Josephus.
2, 44 f. Die hier zum ersten Mal erwähnte, 4, 32. 34-37 ausführlicher behandelte und 6, 1 noch als bestehend vorausgesetzte Gütergemeinschaft der jerusalemischen Christen ist schon von älteren Auslegern als eine Entlehnung aus dem Essäismus betrachtet worden (s. Meyer zu unserer St.). Auch nach Zeller, der ebenso wie Baur (Paulus I, 36 ff.) ihre Geschichtlichkeit mit beachtenswerten Gründen bestreitet (Apostelgesch. S. 122 f.), “gehört die Annahme einer allgemeinen Gütergemeinschaft zu sehr zum essenisch-ebjonitischen Ideal, als dass wir nicht vermuten müssten, schon die ebjonitische Ueberlieferung über die Urgemeinde habe sie gekannt”, doch setzt er die weitere Ausmalung dieses Zuges auf Rechnung der späteren Darstellung und sucht die Quelle desselben im Neupythagoreismus, “diesem Vater des Essäismus” (a. a. O. S. 503 f.). Hierbei sieht er sich freilich zu dem Zugeständnisse genötigt, dass selbst der älteste von den Schriftstellern, welche die von ihm angeführten Parallelen bieten, immer noch etwas jünger ist, als die Apostelgeschichte, glaubt jedoch diese Schwierigkeit durch die Bemerkung heben zu können, dass sie “wahrscheinlich alle hier so gut, wie sonst, aus älteren Darstellungen geschöpft haben” und “für die vielbesprochene Gütergemeinschaft der Pythagoreer gewisse Ausdrücke und Schilderungen im Umlaufe waren, die unserem Verfasser unwillkürlich vorgeschwebt haben können”. Wer aber vor den zahlreichen und deutlichen Spuren der Benutzung des Josephus durch Lucas, die uns bisher schon begegnet sind, nicht sein Auge verschliesst, der wird die Annahme, dass ersterer, dem allein wir unsere Kenntnis von der Gütergemeinschaft der Essener verdanken, die Vorlage für die apostelgeschichtlichen Berichte geliefert habe, einfacher und wahrscheinlicher finden, sobald er diese mit Josephus’ Angaben vergleicht:
A. XVIII, 1, 5: ἄξιον δ’ αὐτῶν θαυμάσαι παρὰ πάντας τοὺς ἀρετῆς μεταποιουμένους τόδε διὰ τὸ μηδαμῶς ὑπάρξαν Ἐλλήνων ἢ βαρβάρων τισίν, ἀλλὰ μηδ’ εἰς ὀλίγον, ἐκείνοις ἐκ παλαιοῦ συνελθόν ἐν τῷ ἐπιτηδεύεσθαι μὴ κεκωλῦσθαι· τὰ χρήματά τε κοινά ἐστιν αὐτοῖς, ἀπολαύει δὲ οὐδὲν ὁ πλούσιος τῶν οἰκείων μειζόνως ἢ ὁ μηδ’ ὁτιοῦν κεκτημένος. | AG. 2, 44 f.: πάντες δὲ οἱ πιστεύοντες ἦσαν ἐπὶ τὸ αὐτὸ καὶ εἶχον ἅπαντα κοινά, καὶ τὰ κτήματα καὶ τὰς ὑπάρξεις ἐπίπρασκον καὶ διεμέριζον αὐτὰ πᾶσιν, καθότι ἄν τις χρείαν εἶχεν. | |
K. II, 8, 3: καταφρονηταὶ δὲ πλούτου καὶ θαυμάσιον παρ’ αὐτοῖς τὸ κοινωνικόν, οὐδὲ ἔστιν εὑρεῖν κτήσει τινὰ παρ’ αὐτοῖς ὑπερέχοντα. νόμος γὰρ τοὺς εἰς τὴν αἵρεσιν εἰσιόντας δημεύειν τῷ τάγματι τὴν οὐσίαν, ὥστε ἐν ἅπασι μήτε πενίας ταπεινότητα φαίνεσθαι μηθ’ ὑπεροχὴν πλούτου, τῶν δὲ ἑκάστου κτημότων ἀναμεμιγμένων μίαν ὥσπερ ἀδελφοῖς ἅπασιν οὐσίαν εἶναι. | 4, 32: Τοῦ δὲ πλήθους τῶν πιστευσάντων ἦν καρδία καὶ ψυχὴ μία, καὶ οὐδὲ εἷς τι τῶν ὑπαρχόντων αὐτῷ ἔλεγεν ἴδιον εἶναι, ἀλλ’ ἦν αὐτοῖς ἅπαντα κοινά. 34 f.: οὐδὲ γὰρ ἐνδεής τις ἦν ἐν αὐτοῖς· ὅσοι γὰρ κτήτορες χωρίων ἢ οἰκιῶν ὑπήρχον, πωλοῦντες ἔφερον τὰς τιμὰς τῶν πιπρασκομένων καὶ ἐτίθουν παρὰ τοὺς πόδας τῶν ἀποστόλων· διεδίδετο δὲ ἑκάστῳ καθότι ἄν τις χρείαν εἶχεν. |
3, 2. 10. Die hier erwähnte “schöne Tür” hat bereits Ott (S. 250 ff.) aus Josephus nachgewiesen, welcher ein Tempeltor als besonders prachtvoll schildert (K. V, 5, 3): τῶν δὲ πυλῶν αἱ μὲν ἐννέα χρυσῷ καὶ ἀργύρῳ κεκαλυμμέναι πανταχόθεν ἦσαν, ὁμοίως τε παραστάδες καὶ τὰ ὑπέρθυρα· μία δ’ ἡ ἔξωθεν τοῦ νεὼ Κορινθίου χαλκοῦ, πολὺ τῇ τιμῇ τὰς καταργύρους καὶ περιχρύσυς ὑπεράγουσα. καὶ δύο μὲν ἑκάστου πυλῶνος θύραι, τριάκοντα δὲ πηχῶν τὸ ὕψος ἑκάστης, καὶ τὸ πλάτος ἦν πεντεκαίδεκα. Es ist das nämliche Tor, welches anderwärts bei ihm als θύρα μεγάλη κατὰ τῆς ἀνατολῆς (A. VIII, 3, 2, s. o. S. 151), ἡ χαλκὴ πύλη, ἥτις ἦν τοῦ ἔνδον ἱεροῦ τετραμμένη πρὸς ἀνατολὴν ἡλίου (K. II, 17, 3) und ἡ ἀνατολικὴ πύλη τοῦ ἐνδοτέρω, χαλκὴ οὖσα καὶ στιβαρωτάτη (VI, 5, 3) erscheint.[236] Wenn nun auch Lucas die von ihm als stehend vorausgesetzte Bezeichnung desselben als ὡραία πύλη nicht aus Josephus entnehmen konnte, so war sie ihm doch durch letzteren nahe genug gelegt, indem dieser das bei ersterem nicht weiter vorkommende Adjectiv ὡραῖος[237] gern von solchen Gegenständen braucht, die einen Zubehör des Tempels oder sein Vorbildes, der Stiftshütte, ausmachen, vgl. A. III, 6, 4: ὡραῖον δὲ τὸ φάρσος ἄνθεσι παντοίοις (der erste Teppich der Stiftshütte). XII, 2, 9: τῆς δὲ στεφάνης τὸ μὲν ὑπὸ τὴν τράπεζαν (dem von Ptolemäus Philadelphus dem Tempel geschenkten goldenen Tisch) ἐκκεκλειμένον ὡραίαν εἶχεν τὴν ἀποτύπωσιν.
[236] S. über dasselbe Schürer II, 21. 229.
[237] Im N.T. nur noch Mt. 23, 27 (bei Grimm s. v. nicht angeführt) und Röm. 10, 15 (Citat), bei Josephus in der Bedeutung “schön” noch A. VI, 13, 6. XIX, 1, 5.
3, 11. Die ausser an dieser Stelle noch 5, 12 und Joh. 10, 23 genannte “Halle Salomos” kennt nach Holtzmann (1880, S. 124) Lucas gleichfalls aus Josephus, welcher die Wiederherstellung derselben durch Agrippa II. berichtet (A. XX, 9, 7): βλέπων οὖν ὁ δήμος ἀργήσοντας τοὺς τεχνίτας . . . ἔπειθον τὸν βασιλέα τὴν ἀνατολικὴν στοὰν ἀνεγεῖραι. ἦν δὲ ἡ στοὰ τοῦ μὲν ἔξωθεν ἱεροοῦ, κειμένη δ’ ἐν φάραγγι βαθείᾳ τετρακοσίων πηχῶν τοὺς τοίχους ἔχουσα ἐκ λίθου τετραγώνου κατεσκεύαστο καὶ λευκοῦ πάνυ, τὸ μὲν μῆκος ἑκάστου λίθου πήχεις εἴκοσι, τὸ δὲ ὕψος ἕξ, ἔργον Σολόμωνος τοῦ βασιλέως πρώτου δειμαμένου τὸ σύμπαν ἱερόν. Wir sind dieser wie der vorigen Annahme Holtzmanns um so mehr beizutreten geneigt, als wir es schon früher höchst wahrscheinlich gefunden haben, dass Lucas sich seine Vorstellung von dem dritten Tempel aus den Angaben des jüdischen Geschichtschreibers gebildet hat (s. zu 1, 13 f., S. 149 ff.).
4, 6. S. zu Lc. 3, 2 (S. 98 ff.).
4, 31. Die Erschütterung des Ortes, an dem die Gemeinde zum Gebete versammelt ist, gilt als Zeichen des göttlichen Gegenwart. Die nämliche Vorstellung und Ausdrucksweise kehrt in einer auf 2 Sam. 5, 23 ff. fussenden Erzählung des Josephus wieder, die von Krebs (S. 167) und Holtzmann (1877, S. 544) zur Erläuterung von 2, 2 herbeigezogen worden ist, aber mindestens ebensosehr zur Vergleichung mit unserer Stelle auffordert: A. VII, 4, 1: πάλιν δὲ τοῦ βασιλέως τῶν Ἰσραηλιτῶν ἐρομένου τὸν θεὸν περὶ τῆς περὶ τὴν μάχην ἐξόδου, προφητεύει ὁ ἀρχιερεὺς ἐν τοῖς ἄλσεσι τοῖς καλουμένοις Κλαυθμῶσι κατέχειν τὴν στρατιὰν οὐκ ἄπωθεν τοῦ τῶν πολεμίων στρατοπέδου, κινεῖν δ’ αὐτὸν μὴ πρότερον μηδ’ ἄρχεσθαι τῆς μάχης, πρὶν ἢ τὰ ἄλση σαλεύεσθαι μὴ πνέοντος ἀνέμου. ὡς δ’ ἐσαλεύθη τὰ ἄλση καὶ ὃν αὐτῷ καιρὸν προεῖπεν ὁ θεὸς παρῆν, οὐδὲν ἐπισχὼν ἐφ’ ἑτοίμην ἤδη καὶ φανερὰν ἐξῆλθε τὴν νίκην. Eine weitere, mehr sprachliche als sachliche Parallele bietet Josephus’ Darstellung von Dathans und Abirams Untergang (A. IV, 3, 3): Ταῦτ’ εἰπόντος καὶ δακρύοντος σείεται μὲν αἰφνίδιον ἡ γῆ, σάλου δ’ ἐπ’ αὐτῆς κινηθέντος ὥσπερ ἐξ ἀνέμου βίας σαλευομένου κύματος πᾶς μὲν ἔδεισεν ὁ λαός, πατάγου δὲ καὶ σκληροῦ ῥαγέντος ἤχου κατὰ τὰς ἐκείνων σκηνὰς συνίζησεν ἡ γῆ καὶ πάνθ’ ὅσα φίλα τούτοις ἦν ὑπήνεγκεν εἰς αὑτήν . . . Es verdient jedenfalls Beachtung, dass bei den Siebzig an den entsprechenden Stellen (2 Sam. 5, 23 ff. Num. 16, 31 ff.) das bezeichnende σαλεύεσθαι fehlt, wenn auch bei der Gangbarkeit der diesen Erzählungen zu Grunde liegenden Vorstellung[238] die Frage, ob in unserem Fall eine Beeinflussung des Lucas durch Josephus anzunehmen sei, als eine offene betrachtet werden muss.
[238] Den von Meyer zu unserer Stelle angeführten ausserbiblischen Analogieen (Verg. Aen. 3, 90 ff. Ovid. Met. 15, 672) fügen wir noch Kallimachos, Hymn. 2, 1 ff. und Ovid. Met. 9, 782 ff. bei.
4, 32. 34 f. 37. S. zu 2, 44 f. (S. 157).
5, 12. S. zu 3, 11 (S. 159).
5, 16. Während sich πέριξ im N. T. nur hier, bei den Siebzig gar nicht findet, kommt dieses Wort, insbesondere mit πόλεις verbunden, bei Josephus häufig genug vor, um die Annahme berechtigt erscheinen zu lassen, dass die Formel unserer Stelle dem Lucas durch diese Quelle zugeführt worden ist. Vgl. Ap. II, 11: τῶν πέριξ πόλεων ἤρχομεν. L. 6: οἱ τὰς πέριξ τῆς Συρίας πόλεις κατοικοῦντες. Ebd. 15: τοὺς Σύρους τοὺς τὰς πέριξ πόλεις κατοικοῦντας. K. IV, 4, 3: ἐν ταῖς πέριξ κώμαις τε καὶ πόλεσι.[239]
[239] Ausserdem αἱ πέριξ πολίχναι τε καὶ κῶμαι (ebd. 7, 6), αἱ π. κῶμαι (A. XII, 10, 5. K. II, 18, 9. 19, 1. 4. III, 7, 1. IV, 9, 1), αἱ π. τῆς Τιβεριάδος κῶμαι (L. 26), τὰ π. ἔϑνη (A. XI, 2, 1. XII, 6, 2), τὰ π. τῆς Ἰδουμαίας φρούρια (K. IV, 8, 1), ἡ π. χώρα (II, 21, 7) u. a.
5, 17. Da nichts uns berechtigt, den hier erwähnten Hohenpriester als eine von dem 4, 6 genannten verschiedene Person zu betrachten, so ist nach Lucas’ Annahme der ältere Hannas ein Sadducäer gewesen. Nach Keim (S. 14) erklärt sich diese “für die Geschichte so willkommene und tatsächlich so wichtige, aber im ganzen N. T. sonst völlig unvertretene Mitteilung” aus der “Benützung des Josephus und zwar insbesondere in der für das Christentum und die Person Christi so wichtigen Stelle von Jakobus und Hannas dem Sohne” (A. XX, 9, 1). An dieser schon von Krebs (S. 177) angezogenen Stelle schickt Josephus seinem Bericht über die auf des jüngeren Hannas Betrieb erfolgte Verurteilung und Steinigung des Jakobus die Bemerkung voraus: αἵρεσιν δὲ μετῄει τὴν Σαδδουκαίων, οἵπερ εἰσὶ περὶ τὰς κρίσεις ὠμοὶ παρὰ πάντας τοὺς Ἰουδαίους. Steck fügt noch bei, dass Josephus auch sonst unter den Sadducäern die vornehmsten jüdischen Namen nenne, unter Berufung auf A. XVIII, 1, 4, wo er von ihrer Lehre sagt: εἰς ὀλίγους δὲ ἄνδρας οὗτος ὁ λόγος ἀφίκετο, τοὺς μέντοι πρώτους τοῖς ἀξιώμασι.
Auf Josephus weist ferner der Ausdruck αἵρεσις, den innerhalb des N.T.s bloss die Apostelgeschichte im Sinne von coetus hominum ab aliis se sejungentium et sua dogmata sequentium (Grimm) gebraucht (noch 15, 5. 24, 5. 14. 26, 5. 28, 22). Der jüdische Geschichtschreiber hat bekanntlich die Genossenschaften der Pharisäer, Sadducäer und Essäer (Essener), um sie dem Verständnis und Interesse der höheren Gesellschaftsschichten seiner Umgebung näher zu bringen, als Philosophenschulen dargestellt[240] und demgemäss mit obigem Ausdrucke bezeichnet[241], welcher wie das lateinische secta die Anhängerschaft eines philosophischen Lehrers bedeutet. Da Lucas seine Leser nicht in denselben Kreisen suchte, so erklärt sich der Gebrauch dieses Ausdruckes bei ihm am einfachsten durch die Annahme, dass er denselben aus Josephus entlehnt hat.
[240] Am ausführlichsten K. II, 8, 2-14 (2: τρία γὰρ παρὰ Ἰουδαίοις εἴδη φιλοσοφεῖται, καὶ τοῦ μέν αἱρετισταὶ Φαρισαῖοι τοῦ δὲ Σαδδουκαῖοι, τρίτον δὲ . . . Ἐσσηνοὶ καλοῦνται. 14: τοιαῦτα μὲν περὶ τῶν ἐν Ἰουδαίοις φιλοσοφούντων εἶχον εἰπεῖν), kürzer unter Verweisung auf diesen Abschnitt A. XIII, 5, 9. XVIII, 1, 2-5 (2: Ἰουδαίοις φιλοσοφίαι τρεῖς ἦσαν . . . τρίτην δὲ ἐφιλοσόφουν οἱ Φαρισαῖοι λεγόμενοι). Vgl. XV, 10, 4: . . . οἱ παρ’ ἡμῖν Ἐσσαῖοι καλούμενοι· γένος δὲ τοῦτ’ ἔστιν διαίτῃ χρώμενον τῇ παρ’ Ἕλλησιν ὑπὸ Πυϑαγόρου καταδεδειγμένῃ. L. 2: ἠρξάμην τε πολιτεύεσϑαι τῇ Φαρισαίων αἱρεσει κατακολουϑῶν, ἣ παραπλήσιός ἐστι τῇ παρ’ Ἕλλησιν Στωϊκῇ λεγομένῃ. Die gleiche Rücksicht auf griechisch gebildete Leser veranlasst ihn, jüdische Gesetzeslehrer und Gesetzeseiferer als σοφισταί zu bezeichnen (K. I, 33, 2. II, 8, 1).
[241] Ausser an den im Text und in vorstehender Anmerkung wörtlich mitgeteilten Stellen noch A. XIII, 5, 9. 10, 6. K. II, 8, 3. 7 zw. 14. L. 38f. ö.
5, 34-39. Die neuere Kritik hat das hier berichtete Auftreten des Gamaliel für ungeschichtlich erklärt und die Gründe nachzuweisen versucht, welche Lucas bestimmt haben mögen, diesen Pharisäer den Feinden der Christen einen für die letzteren so günstigen Rat erteilen zu lassen (Baur, Paulus I, 40 ff. Zeller S. 132 ff. Overbeck S. 80 f.). Wir glauben, dass sich auch in dieser Darstellung der Einfluss des Josephus bemerklich macht, so wenig wir auch mit Hausrath (IV, 242) übereinstimmen, wenn er es “als Reminiscenz aus Josephus” betrachtet, dass der Name des Gamaliel einen guten Klang bei Lucas hat. Denn aus der einzigen für diese Behauptung angeführten Belegstelle (L. 38) erfahren wir über Gamaliel weiter nichts, als dass er der Vater des Pharisäers Simon war, und der gute Klang kommt lediglich dem Namen diesen letzteren zu, welcher von Josephus, obgleich er diesem feindlich gegenüberstand, doch wegen seiner Einsicht und Klugheit mit Anerkennung bedacht wird. Beachtenswerter ist es jedenfalls, dass Josephus, wie er einerseits den Sadducäern übermässige Härte bei richterlichen Entscheidungen vorwirft[242], so andererseits den Pharisäern das Lob besonderer Milde spendet. Er berichtet nämlich (A. XIII, 10, 6), dass der Priesterkönig Hyrkan auf Anraten eines ihm befreundeten Sadducäers den Pharisäern, um die wahre Gesinnung dieser einflussreichen Partei gegen ihn zu erforschen, die Frage vorlegte, welche Strafe einer der Ihrigen verwirkt habe, der ihn durch eine ehrenrührige Aeusserung über seine Mutter schwer verletzt hatte, worauf sie Streiche und Gefängnis als eine genügende Ahndung für ein solches Vergehen erachteten: οὐ γὰρ ἐδόκει λοιδορίας ἕνεκα ϑανάτῳ ζημιοῦν, ἄλλως τε καὶ φύσει πρὸς τὰς κολάσεις ἐπιεικῶς ἔχουσιν οἱ Φαρισαῖοι.[243] Wenn Lucas dieses Urteil des jüdischen Geschichtschreibers ebenso wie das von demselben über die Sadducäer gefällte kannte, so lag es ihm sehr nahe, im Gegensatze zu diesen letzteren, die er soeben (V. 17) als erbitterte Widersacher und Verfolger der Jünger Jesu gekennzeichnet hatte, einen Pharisäer zu Gunsten der Angeklagten auftreten zu lassen, und hierzu eignete sich kein zweiter so vorzüglich wie Gamaliel, welchem neben dem hohen Ansehen, dessen er sich bei seinen Zeitgenossen und der Nachwelt erfreute, auch das zu statten kam, dass “sein Enkel Gamaliel II. als Vorsteher der Schule von Jamnia die Erinnerung an den Ahnherrn noch im zweiten Jahrhundert lebendig erhielt.”[244]
Die Rede dieses Mannes liefert einen überaus lehrreichen Beitrag zu denjenigen Stellen bei Lucas, welche ebenso dazu angetan sind, dem mit Josephus vertrauten Leser die Annahme einer Benutzung desselben durch ersteren aufzudrängen, wie ihn gleichzeitig gegen die Richtigkeit dieser Annahme misstrauisch zu stimmen. Die Tatsachen, welche Gamaliel seinen Zuhörern ins Gedächtnis ruft, finden sich bei dem jüdischen Geschichtschreiber ausführlicher berichtet. Während er aber den Aufstand des Theudas nur in seinen “Altertümern” (XX, 5, 1) erzählt, behandelt er die offenbar viel bedeutsamere und in ihren Folgen länger nachwirkende Erhebung des Judas in seinen beiden Hauptwerken (A. XVIII, 1, 1. 6. K. II, 8, 1) und kommt in dem einen derselben noch einmal, in dem andern noch zweimal kurz auf sie zurück (A. XX, 5, 2. K II, 17, 8. VII, 8, 1).[245] Eine dieser gelegentlichen Erwähnungen ist von dem Bericht über Theudas nur durch wenige Zeilen getrennt und erinnert schon hierdurch an Gamaliels gleichfalls von Judas sofort auf jenen übergehende Rede. Wir stellen den Aussagen derselben den entsprechenden Abschnitt des Josephus, soweit es für unsern Zweck erforderlich, zur Seite:
A. XX, 5, 1: Φάδου δὲ τῆς Ἰουδαίας ἐπιτροπεύοντος γόης τις ἀνὴρ Θευδᾶς ὀνοματι πείϑει τὸν πλεῖστον ὄχλον ἀναλαβόντα τὰς κτήσεις ἕπεσϑαι πρὸς τὸν Ἰορδάνην ποταμὸν αὐτῷ· προφήτης γὰρ ἔλεγεν εἶναι, καὶ προστάγματι τὸν ποταμὸν σχίσας δίοδον [ἔχειν] ἔφη παρέξειν αἰ τοῖς ῥᾳδίαν. κάὶ ταῦτα λέγων πολλοὺς ἠπάτησεν. οὐ μὴν εἴασεν αὐτοὺς τῆς ἀφροσύνης ὄνασϑαι Φᾶδος, ἀλλ’ ἐξέπεμψεν ἴλην ἱππέων ἐπ’ αὐτούς, ἥτις ἀπροσδόκητος ἐπιπεσοῦσα πολλοὺς μὲν ἀνεῖλεν, πολλοὺς δὲ ζῶντας ἔλαβεν, αὐτόν τε τὸν Θευδᾶν ζωγρήσαντες ἀποτέμνουσι τὴν κεφαλὴν καὶ κομίζουσιν εἰς Ἱεροσόλυμα. 2: . . . πρὸς τούτοις δὲ καὶ οἱ παῖδες Ἰούδα τοῦ Γαλιλαίου ἀνήχϑησαν, τοῦ τὸν λαὸν ἀπὸ Ῥωμαίων ἀποστήσαντος Κυρινίου τῆς Ἰουδαίας τιμητεύοντος, ὡς ἐν τοῖς πρὸ τούτων δεδηλώκαμεν, Ἰάκωβος καὶ Σίμων, οὓς ἀνασταυρῶσαι προσέταξεν ὁ Ἀλέξανδρος. | AG. 5, 36: πρὸ γὰρ τούτων τῶν ἡμερῶν ἀνέστη Θευδᾶς, λέγων εἶναί τινα ἑαυτὸν, ᾧ προσεκλίϑη ἀνδρῶν ἀριϑμὸς ὡς τετρακοσίων, ὃς ἀνῃρέϑη, καὶ πάντες ὅσοι ἐπείϑοντο αὐτῷ διελύϑησαν καὶ ἐγένοντο εἰς οὐδέν. 37: μετὰ τοῦτον ἀνέστη Ἰούδας ὁ Γαλιλαῖος ἐν ταῖς ἡμέραις τῆς ἀπογραφής καὶ ἀπέστησεν λαὸν ὀπίσω αὐτοῦ· κἀκεῖνος ἀπώλετο, καὶ πάντες ὅσοι ἐπείϑοντο αὐτῷ διεσκορπίσϑησαν. |
Eine Vergleichung der vorstehenden Berichte lässt uns zwischen beiden Schriftstellern folgende Uebereinstimmungen wahrnehmen:
1) Theudas gibt sich fälschlich für einen Propheten aus[246] und sammelt eine nicht unbeträchtliche Zahl seiner Landsleute, die ihn als solchen anerkennen, um sich. Schliesslich findet er bei seinem Unternehmen einen gewaltsamen Tod, während sein Anhang auseinandergesprengt und vernichtet wird.
2) Judas, der Urheber des an zweiter Stelle erwähnten Aufstandes, ist ein Galiläer.[247] Sein Auftreten fällt in die Zeit der von dem Landpfleger Quirinius abgehaltenen Schatzung. Er wirkt erfolgreich für einen Abfall der Juden von den Römern und bringt im Gegensatze zu Theudas nicht τετρακοσίους oder τὸν πλεῖστον ὄχλον, sondern λαόν auf seine Seite, was sein Unternehmen weit bedeutender und als förmliche Volkserhebung erscheinen lässt und es erklärlich macht, warum ihm von Josephus ein breiterer Raum als jenem gewidmet ist.
Die unverkennbare Aehnlichkeit der beiderseitigen Berichte musste schon frühzeitig zu genauerer Vergleichung derselben auffordern und hat bereits Ott (S. 256 ff.) und Krebs (S. 179 ff.) zu eingehenden Erörterungen Anlass gegeben, wenn diesen auch selbstverständlich der Gedanke an eine Abhängigkeit des Lucas von Josephus noch fern liegt und sie sich wesentlich nur um Hebung der chronologischen Schwierigkeiten bemühen. Nachdem in neuerer Zeit zunächst Overbeck (S. 79) es “beachtenswert” gefunden, dass auch bei Josephus in der oben mitgeteilten Stelle “des Judas und zwar des Todes seiner Söhne gedacht ist unmittelbar nach Theudas”, glaubte Keim (Gesch. J. III, 1343) einen bald zu besprechenden Irrtum des Lucas aus der Aufeinanderfolge der Revolution des Theudas und der Söhne des Judas an jener Stelle erklären zu können, wenn er auch hierbei die Möglichkeit offen liess, dass Lucas den jüdischen Geschichtschreiber noch nicht gekannt habe. Erst Holtzmann (1873, S. 89 f.) vertrat mit Entschiedenheit die Ansicht, “dass der Verfasser der Apostelgeschichte die betreffende Stelle des Josephus gelesen hat und in Erinnerung daran schreibt,” wie daraus erhelle, “dass ihm nicht bloss die Ausdrücke derselben in der concreten Bedeutung des Zusammenhangs in die Feder fliessen (Ἰούδας ὁ Γαλιλαῖος, πείϑειν, λέγειν εἶναί τινα, ἀναιϱεῖσϑαι, ἀϕιστάναι[248]), sondern, dass er auch den Judas richtig μετὰ τοῦτον setzt, wie bei Josephus die Geschichte von den παῖδες Ἰούδα unmittelbar auf den Bericht von Theudas folgt.” Endlich bemerkt er noch, dass auch alle in dem Abschnitte A. XX, 5, 1. 2 sonst gelegentlich erwähnten Momente wie das Landpflegertum, die Schatzung des Quirinius, die grosse Hungersnot, Alexander als Mitglied eines vornehmen jüdischen Geschlechtes und der Hohepriester Ananias irgendwo in den Schriften des Lucas wieder auftauchen. Dem von Holtzmann aus diesen Beobachtungen gewonnenen Ergebnisse haben Hausrath (IV, 241 f.) und der Verfasser von Supernatural Religion (Fortnightly Review 1877, p. 504) zugestimmt.
Indessen ist diese Ansicht auch nicht ohne Widerspruch geblieben, der sich darauf berufen konnte, dass beide Darstellungen neben unleugbaren Uebereinstimmungen auch mannichfache Abweichungen aufweisen. Vor Allem fällt ins Gewicht, dass Lucas durch seine chronologische Angabe über Theudas’ Aufstand in schärfsten Gegensatz zu Josephus tritt, indem er denselben noch vor die Erhebung des Judas, also auch vor “die Tage der (vom Kaiser Augustus angeordneten) Schatzung” setzt, während ihn Josephus in die Zeit der Statthalterschaft des Cuspius Fadus d. h. frühestens in das Jahr 44 verlegt.[249] Der von allen unbefangenen Forschern zugestandene Irrtum der Apostelgeschichte rührt nach Holtzmann nun daher, dass Lucas, welcher an der oben mitgeteilten Stelle des Josephus unmittelbar auf den Bericht von Theudas die Geschichte von den παῖδες Ἰούδα gelesen hatte, infolge eines Gedächtnisfehlers die Söhne mit dem Vater verwechselte, wie auch ein Umkommen sich geschichtlich nicht von Judas, wohl aber von seinen Söhnen nachweisen lasse. Diese Behauptung nimmt Schürer (1876, S. 575) zum Ausgangspunkte seiner Bestreitung Holtzmanns. “Will man”, sagt er, “diese Erklärung aufrecht erhalten, so muss man erstens annehmen, dass Lucas gerade nur jenes Blatt im Josephus gelesen hat und nicht den Josephus im Zusammenhang. Denn sonst hätte er wissen müssen, dass Judas der Galiläer viel früher aufgetreten ist. Man muss aber zweitens annehmen, dass er auch von jenem Blatt recht wenig im Gedächtnis behalten hat, da er die Söhne mit dem Vater verwechselt und infolge dessen den Vater viel zu spät setzt. In Wahrheit zeigt aber Lucas, dass er die wirkliche Zeit Judas’ des Galiläers recht gut kennt, da er ihn ausdrücklich und richtig in die Zeit der ἀπογϱαϕή setzt (5, 37), worunter man, da sie als die ἀπογϱαϕή (mit dem Artikel) bezeichnet wird, schlechterdings nur die von Lucas selbst (Ev. Lc. 2, 2) erwähnte des Quirinius verstehen kann. Er kennt also die Zeit Judas’ des Galiläers und hat nicht diesen zu spät, sondern umgekehrt den Theudas viel zu früh angesetzt. Dieser arge Verstoss beweist aber gerade, dass er den Josephus nicht gelesen hat, sondern über Theudas nur irgend etwas Unbestimmtes vom Hörensagen wusste.” Schürers Gegengründe haben Holtzmann lediglich veranlasst, seine frühere Deutung der ἀπογϱαϕή (AG. 5, 37) auf eine unter Claudius 40 Jahre nach der ersten erfolgte Schatzung zurückzunehmen (1877, S. 535), und auch für Keim sind dieselben kein Hindernis gewesen, Lucas’ Aussagen über Theudas und Judas aus Josephus abzuleiten. Sein Urteil über die streitige Frage lautet folgendermassen (S. 19 f.): “Neben dem geschichtlichen Stoffe bot Josephus dem Lucas in der Tat auch wenigstens eine Gelegenheit zur Verwechslung des Juda Galiläus mit seinen Söhnen. Denn indem Josephus am gegebenen Orte selbst mit grösserer Wichtigkeit von Juda dem Vater, dem Aufwiegler des Volkes zur Zeit der Schatzung, redet, als von seinen unter Tiberius Alexander gekreuzigten Söhnen, deren Aufstand er gar nicht erwähnt und deren Strafe er als Folge des Aufstandes des Vaters erscheinen lässt (?), so konnte bei oberflächlicher Quellenbenutzung und sorglosem Quellenauszug das Missverständnis entstehen, es sei hier die Geschichte des Vaters und der berühmten Schatzung unter Augustus erzählt. Dieses Missverständnis gebar sofort noch ein zweites. Hatte sich Lucas aus Josephus nebeneinander als sprechende Zeugnisse jüdischer Religionsaufstände den Führer der Censusbewegung und die Theudasrevolte notirt, so lag ihm nichts näher, als auf Grund der Tatsache, dass Josephus vor dem Aufstande des Juda eine Reihe von Aufständen am Ende der Epoche Herodes’ des Gr. erzählte und dass andererseits die jüdische wie christliche Ueberlieferung (Lc. 20, 22) den Kampf gegen die Schatzung als das wichtigste Ereignis der Neuzeit behandelte, die Theudasrevolte der Judarevolte zeitlich voranzustellen, ein Fehlgriff, an welchem ihn auch die Tatsache nicht hinderte, dass die grosse jüdische Hungersnot unter Kaiser Claudius, von welcher er selbst wusste, welche er sogar mit den Worten des Josephus erzählte (AG. 11, 28, vgl. A. XX, 5, 2. III, 15, 3) und seinerseits, wie Josephus durch die Fürsorge der Königin Helene von Adiabene, durch eine allzufrühe antiochenische Collecte für die Christen Jerusalems gemildert werden liess, gerade in die Zeit des Tiberius Alexander und der Söhne des Juda fiel (XX. 2, 5. 5, 2).”
Der von Keim über Gebühr betonte Unterschied dieses Erklärungsversuches von demjenigen Holtzmanns beschränkt sich also darauf, dass, während letzterer sich mit einem “Gedächtnisfehler” des Lucas begnügt, ersterer noch einen durch unrichtige Anordnung geschichtlicher Tatsachen begangenen “Fehlgriff” desselben zu Hilfe nimmt. Wir möchten der Annahme Holtzmanns den Vorzug geben, weil sie die einfachere ist und zu einer völlig befriedigenden Lösung aller hier in Betracht kommenden Schwierigkeiten ausreicht, sobald man nur sich ernstlich in die schriftstellerische Situation des Verfassers der Apostelgeschichte hineinzudenken versucht. Als derselbe die Rede Gamaliels ausarbeitete, für die ihm jedenfalls keine schriftlichen Aufzeichnungen zu Gebote standen, verfolgte er offenbar nicht den Zweck, dem Genannten eine treue Berichterstattung über Begebenheiten der neuesten jüdischen Geschichte in den Mund zu legen, sondern ihn die Grundsätze, als deren Vertreter er sich bekennt, durch historische Beispiele empfehlen zu lassen. Wenn er sich nach solchen umsah, so konnte er unmöglich an der ihm aus Josephus bekannten Schilderhebung des Theudas achtlos vorübergehen, da dieser ebenso als Prophet gelten wollte, wie die Anhänger Jesu diesen Titel für ihren Meister in Anspruch nahmen (Lc. 24, 19. AG. 3, 19 ff., vgl. 7, 37). Zugleich erinnerte er sich, in seiner Quelle unmittelbar hinter dem Bericht über diesen Aufstand von einer andern Empörung gegen die Römer gelesen zu haben, die unter Judas’ Führung zur Zeit der Schatzung des Quirinius ausbrach, welche in Lucas’ eigener Geschichtschreibung einen bedeutsamen Markstein bildet (Lc. 2, 2). Lag aber in dieser Gedankenverbindung nicht eine grosse Versuchung zu der Annahme, dass Theudas, wie er in dem mehrerwähnten Abschnitte des Josephus dem Judas voransteht, so auch zeitlich früher aufgetreten sein werde?
Fragt man etwa, wie unserm Schriftsteller die Söhne des Judas so vollständig hinter ihrem Vater verschwinden konnten, dass er sogar ihr Schicksal auf diesen überträgt, so finden wir die Antwort in einer uralten, aber sich unablässig wiederholenden Erfahrung. Es geschieht nämlich gar nicht selten, dass, wenn eine geschichtliche Darstellung die Aufmerksamkeit des Lesers oder Hörers vorwiegend auf eine Hauptperson und zugleich auf eine mit dieser in keinem unmittelbaren Zusammenhange stehende Haupttatsache hinlenkt, sich späterhin in der Erinnerung desselben eine engere Verbindung zwischen beiden vollzieht, indem ihm erstere entweder zu dem die letztere bewirkenden Subject oder dem ihren Einwirkungen unterliegenden Objecte wird, während die übrigen, eines nachhaltigen Interesses ermangelnden Bestandteile der Erzählung in seinem Gedächtnisse zurücktreten oder demselben völlig entschwinden. Einige Beispiele mögen zum Beweise des Gesagten dienen. In der älteren hebräischen Ueberlieferung von den Kriegen mit den Philistern erscheinen vier riesenhafte Söhne Raphas, von denen einer im Kampfe David hart bedrängte, ein anderer, Namens Goliath, von dem Bethlehemiten Elchanan getötet wurde (2 Sam. 21, 15 ff.). Ein jüngerer Berichterstatter verschmolz diese beiden Angaben zu einer Erzählung, zufolge welcher David selbst in einem Kriege zwischen Israel und den Philistern einen Riesen Goliath erlegt hat, während er den Elchanan ganz fallen liess (1 Sam. 17). Der berühmte Publius Cornelius Scipio focht gegen Hannibal, dessen Besiegung ihm nachmals den Beinamen Africanus eintrug, zuerst als Jüngling in der Schlacht am Ticinus. Hier wurde sein den Oberbefehl führender Vater verwundet und nur durch die Dazwischenkunft eines aus Ligurien gebürtigen Sklaven den Händen der Feinde entrissen, wie durch das unverdächtige Zeugnis des Cölius Antipater feststeht (Tit. Liv. XXI, 46). Dies hat jedoch nicht zu hindern vermocht, dass die Ehre, den Consul gerettet zu haben, von der volkstümlichen Ueberlieferung, wie von den meisten Geschichtschreibern bis auf Livius dem Sohne zuerteilt worden ist. Wie leicht selbst in der Erinnerung hochgebildeter Leser Nebenpersonen einer Geschichte durch die Hauptperson verdrängt werden können, zeigt ferner ein Gedächtnisfehler Ciceros, welcher den in der Argonautensage eine so bedeutsame Rolle spielenden Pelias anstatt seines weit hinter ihm zurückstehenden Halbbruders Aeson durch die Zauberkünste der Medea verjüngt werden lässt (Cato maior c. 23). Auch die neue Zeit bietet Gelegenheit zu derartigen Wahrnehmungen. Aus Augustins “Selbstbekenntnissen” (III, 12) erfahren wir, dass, während er noch den Manichäern anhing, ein (von ihm nur als episcopus quidam bezeichneter) Bischof zu Karthago seine tiefbetrübte Mutter mit den Worten tröstete, ein Sohn so vieler Tränen könne nicht verloren gehen, und dass sich später in Mailand durch die Predigten dis Bischofs Ambrosius seine Annäherung an das Christentum vollzog (ebd. V, 13. VI, 1 ff.). Diese Aussagen sind für einen bekannten Kirchenhistoriker der Anlass geworden, den mitgeteilten Ausspruch dem Ambrosius selbst in den Mund zu legen.[250] Wenn einem in der griechischen Litteratur wohlbewanderten Redner und einem akademischen Lehrer des 19. Jahrhunderts, also Männern, deren Berufstätigkeit schon eine Stärkung des Erinnerungsvermögens zur unausbleiblichen Folge haben musste, derartige Verstösse begegnen konnten, so wird man einen Irrtum, wie ihn Holtzmann bei Lucas annimmt, um so weniger für unwahrscheinlich halten und um so leichter entschuldbar finden.
Sollte man aber allen diesen Beispielen Beweiskraft abzusprechen geneigt sein, so wollen wir als Zeugen für die Möglichkeit eines Gedächtnisfehlers, wie wir ihn bei Lucas annehmen, zum Schlusse Josephus selbst aufrufen. Derselbe erzählt in seinem “Jüdischen Krieg” (II, 21, 7), dass zu der Zeit, wo er die Statthalterschaft von Galiläa bekleidete, einige ihm feindselig gesinnte Machthaber in Jerusalem zu dem Zwecke, das Volk ihm abwendig zu machen, vier angesehene Männer nach dieser Landschaft entsandten: τόν τε τοῦ Νομικοῦ Ἰωάεσδρον καὶ Ἀνανίαν Σαδδουκὶ καὶ Σίμωνα καὶ Ἰούδην Ἰωνάϑου. Das Nämliche berichtet er nochmals in seiner “Lebensbeschreibung” (c. 39), wo er diese Männer etwas genauer bezeichnet: ἦσαν δ’ αὐτῶν οἱ μὲν δύο δημοτικοί, Ἰωνάϑης καὶ Ἀνανίας Φαρισαῖοι τὴν αἵρεσιν, ὁ δὲ τρίτος Ἰώζαρος ἱερατικοῦ γένους, Φαρισαῖος καὶ αὐτὸς, Σίμων δ’ ἐξ ἀρχιερέων νεώτατος ἐκείνων. Jedermann sieht sofort, dass dem oben genannten Ἰούδης Ἰωνάϑου hier Ἰωνάϑης entspricht, somit an Stelle des Sohnes der Vater getreten ist. Den Gedächtnisfehler, den man einem seiner Leser nicht zutrauen zu dürfen meint, muss also Josephus sich selbst nachweisen lassen und zwar hat er zwei Personen verwechselt, von denen die eine mit seiner eigenen Geschichte eng verflochten war.[251] Verständlich wird uns dies nur, wenn wir bedenken, dass zwischen dem “Jüdischen Krieg” und der “Lebensbeschreibung” ungefähr ein Vierteljahrhundert mitten inne liegt und in diesem langen Zeitraume manche Einzelheiten, die bei Abfassung des ersten Werkes noch in klaren Umrissen vor seinem geistigen Auge standen, in seiner Erinnerung ineinanderfliessen, sich verflüchtigen oder ihm auch gänzlich entfallen konnten.
Nach alledem sind wir gewiss berechtigt, an Holtzmanns Erklärungsversuche festzuhalten, bis man demselben einen andern entgegenstellen kann, welcher eine noch einfachere Lösung des in Gamaliels Rede vorliegenden chronologischen Rätsels verheisst. Wie man eine solche bei den bisherigen Auslegern der Apostelgeschichte vergeblich sucht, so dürfte sie auch von Schürers Standpunkt aus kaum zu erwarten sein. Sieht man mit ihm die Quelle von Lucas’ Angaben über Theudas und Judas in der mündlichen Ueberlieferung, so steht man immer wieder vor der Frage: Wie war es möglich, dass eine Ueberlieferung, welche sich über die Zeit des einen dieser Parteihäupter so gut unterrichtet zeigt, die zweite Schilderhebung vor die erste und damit um volle vier Jahrzehnte zu früh setzte? So lange diese Frage noch einer befriedigenden Antwort harrt, wird auch das Urteil Stecks in Kraft bleiben: “Hilft so Josephus und er allein, diese schwierige Stelle erklären, so wäre es Eigensinn, diese Hilfe hier abzuweisen, bloss damit Lucas ja nicht als Leser des Josephus erscheine.”
Nach Erledigung des Hauptpunktes erübrigt uns noch die Betrachtung der unwesentlicheren Verschiedenheiten, die in den beiderseitigen Berichten zu Tage treten. Zu diesen gehören zunächst die Angaben über die Stärke von Theudas’ Anhang. Während diesem nach Lucas nur ἀνδϱῶν ἀϱιϑμὸς ὡς τετϱαϰοσίων zufällt, gewinnt er nach Josephus τὸν πλεῖστον ὄχλον für sich. Keims Versuch, den Widerspruch dadurch auszugleichen, dass man zu jenen 400 Männern noch Weiber und Kinder rechnet (S. 18), dürfte wenig Zustimmung finden, da auch in diesem Falle, wenn man sich innerhalb der Grenzen statistischer Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit hält, keine so grosse Zahl herauskommt, um Josephus’ Ausdruck zu rechtfertigen. Dagegen ist zu berücksichtigen, dass dieser Schriftsteller überhaupt hyperbolische Angaben liebt, durch die er nicht selten seine Leser auch in solchen Fällen überrascht, wo seine Quellen entweder gar keine oder niedrigere Zahlen bieten[252], und dass er sich selbst widerlegt, wenn er eine so beträchtliche Volksmenge von einer einzigen ἴλη, deren Stärke 128 Mann betrug, durch einen plötzlichen Ueberfall zersprengt werden lässt (s. Zeller S. 134). Wenn die Unwahrscheinlichkeit eines derartigen Sachverhaltes Lucas allerdings bedenklich machen konnte, den übertreibenden Ausdruck seines Gewährsmannes zu wiederholen, so bleibt damit doch seine eigene bestimmte Angabe noch unerklärt. Keim leitet dieselbe aus der Zahl der Schlachtopfer in dem der Apostelgeschichte bekannten Aufstande des Aegyptiers her, indessen spricht gegen diese Annahme schon der Umstand, dass an der von ihm angeführten Stelle (A. XX, 8, 6) Josephus ausser den 400 Getöteten auch 200 Gefangene erwähnt, so dass es dem Lucas, wenn er dieses Ereignis im Auge hatte, jedenfalls näher lag, dem Theudas 600 Anhänger beizugeben. Nichtsdestoweniger werden auch wir durch jene 400 an den Aegyptier erinnert, insofern sie gerade den zehnten Teil jener 4000 ausmachen, welche demselben in die Wüste folgten (AG. 21, 38), und da nun erstere Zahl das Zehnfache, letztere das Hundertfache von 40 ist, so erinnern wir uns sofort weiter daran, dass Lucas die Vervielfältigung bedeutsamer Zahlen liebt. So beruhen die 84 Altersjahre der Prophetin Hanna auf einer Multiplication der 12 mit 7, worauf schon die unmittelbar vorhergehende Angabe hindeutet, dass sie sieben Jahre, also genau ein Zwölftel dieser Zeit, mit ihrem Manne gelebt habe (Lc. 2, 36 f.), und die 120 Bekenner Jesu, welche wir bald nach seiner Himmelfahrt in Jerusalem versammelt finden (AG. 1, 15), sind das Zehnfache der den Stamm der jungen Gemeinde bildenden 12 Apostel.[253] Die Vierzig ist aber nicht nur eine bedeutsame, sondern auch eine unbestimmte Zahl, die in der hebräischen Geschichtschreibung namentlich da zum Ersatz einzutreten pflegt, wo sie über keine genaueren Angaben verfügt. Hinreichende Belege hiefür bieten die in den historischen Büchern des A. T.s so häufig wiederkehrenden vierzigjährigen Zeitabschnitte.[254] Bei den unter dem Einflusse dieser Literatur stehenden Schriftstellern wie Josephus und Lucas begegnet uns ganz die nämliche Erscheinung.[255] Die Zahl vierzig lag somit dem Lucas am nächsten zur Hand, wenn er die unglaubwürdige Angabe seines Vorgängers durch eine wahrscheinlichere ersetzen wollte. Da sich nun aber eine Schilderhebung gegen die römische Herrschaft mit 40 Mann nicht bewerkstelligen liess, da ferner sich mit seiner nur die Hauptpunkte kurz zusammenfassenden Darstellung bloss eine runde Zahl vertrug und ihm die Multiplication mit 100 durch dasselbe Bedenken verboten wurde, welches ihm die Aussage des Josephus unannehmbar machte, so blieb allein die Zahl 400 übrig, die ihm überdies durch anderweitige Angaben seines Gewährsmannes[256] nahegelegt war und um so mehr allen Erfordernissen entsprach, als die Erfahrung oft genug bewiesen hatte, dass eine römische Reiterschaar recht wohl im Stande sei, einen dreimal stärkeren, aber schlechtbewaffneten, im Kampf ungeübten und eines tüchtigen Anführers ermangelnden Volkshaufen zu überwältigen.
Eine andere Abweichung des Lucas von Josephus betrifft mehr die Darstellungsweise als die Sache. Wenn nach dem einen Berichte Theudas’ Anhänger nur zerstreut, nach dem andern viele derselben getötet und viele gefangen genommen werden, “so schliesst”, wie Zeller (a. a. O.) bemerkt, “Beides sich nicht aus: ein Teil wird niedergehauen oder gefangen, die Mehrzahl zersprengt worden sein, dies müssten wir schon nach den näheren Umständen des Ueberfalles, wie sie Josephus erzählt, vermuten.”
Eine dritte Verschiedenheit, welche mehr ins Gewicht fällt, aber teilweise schon vom Standpunkte der Holtzmannschen Ansicht aus eine ungezwungene Erklärung findet, begegnet uns in den Angaben über die Empörung des Judas. Während nach Lucas dieser selbst umgekommen und sein ganzer Anhang zersprengt worden ist, sagt Josephus kein Wort davon, dass Judas bei seinem Unternehmen den Tod gefunden habe, wohl aber lesen wir bei ihm, dass die durch diesen Parteiführer hervorgerufene Bewegung sich in ihren Nachwirkungen noch längere Zeit fühlbar gemacht (A. XVIII, 1, 1. 6) und einer seiner Söhne im jüdischen Krieg eine hervorragende Rolle gespielt hat (K. II, 17, 8 f.), wie denn auch die von dem Statthalter Tiberius Alexander verfügte Hinrichtung der beiden andern darauf hinweist, dass sie den Vertretern der römischen Staatsgewalt als gemeingefährliche Männer galten. Man kann diese Schwierigkeit mit Holtzmann durch die Annahme lösen, dass Lucas, wie er infolge der Verwechselung der Söhne mit dem Vater Judas’ Schilderhebung hinter diejenige des Theudas verlegt, so auch das Schicksal der ersteren auf den letzteren übertragen habe. Indessen bedarf es dieser Annahme nicht einmal, da dem Verfasser der Apostelgeschichte sowohl durch seinen Zweck wie durch das unmittelbar Vorhergehende sein Weg deutlich vorgezeichnet war. Sollte in Gamaliels Rede die Erinnerung an Judas nicht ganz sinn- und zwecklos sein, sondern zur Bestätigung der Lehre dienen, dass jedes bloss menschliche Werk als solches dem Untergang anheimfalle, so musste der Aufstand dieses Mannes ein unglückliches Ende genommen haben. Bei dem Mangel aller Nachrichten über die näheren Umstände desselben lag es ihm sicherlich am nächsten, den Urheber und die Teilnehmer der zweiten Empörung, die in seiner Darstellung nur als eine Wiederholung der ersteren in grösserem Massstab erscheint, von demselben Geschick ereilt werden zu lassen, welches Theudas und seinen Anhang betroffen hatte.
Da die sprachlichen Berührungen zwischen Gamaliels Rede und dem die Quelle für ihre geschichtlichen Angaben bildenden Abschnitte des Josephus bereits oben durch den Druck hervorgehoben sind, so beschränken wir uns hier auf folgende Bemerkungen. Die Wörter ἀπογϱαϕή, διαλύειν, ϑεομάχος und πϱοσϰλίνειν, von welchen Lucas nur das erste noch einmal braucht (Lc. 2, 2), sind den übrigen neutestamentlichen Schriftstellern und mit Ausnahme der beiden ersten auch den Siebzig fremd, lassen sich aber sämtlich aus Josephus belegen.[257] An diesen erinnert endlich die Verbindung ϰαταλύειν ἔϱγον (V. 38), vgl. A. XV, 11, 2: ἠδημόνουν δέ, μὴ φϑάσας καταλῦσαι πᾶν τὸ ἔργον οὐκ ἐξαρκέσοι πρὸς τέλος ἀγαγεῖν τὴν προαίρεσιν.
Nach alledem können wir von einer vielumstrittenen Stelle der Apostelgeschichte mit der Ueberzeugung scheiden, dass die Zurückführung ihrer Aussagen auf Josephus nicht nur keinen unüberwindlichen Schwierigkeiten begegnet, sondern sogar einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit für sich in Anspruch nehmen darf.
[242] S. die S. 161 mitgeteilte Stelle A. XX, 9, 1.
[243] Vgl. auch K. II, 8, 14: Φαρισαῖοι μὲν φιλάλληλοί τε καὶ τὴν εἰς τὸ κοινὸν ὁμόνοιαν ἀσκοῦντες, Σαδδουκαίων δὲ καὶ πρὸς ἀλλήλους τὸ ἦϑος ἀγριώτερον, αἵ τε ἐπιμιξίαι πρὸς τοὺς ὁμοίους ἀπηνεῖς ὡς πρὸς ἀλλοτρίους.
[244] Hausrath III, 32.
[245] Dass der hier genannte Judas mit dem von Josephus früher (A. XVII, 10, 5. K. II, 4, 1) erwähnten gleichnamigen Aufrührer “sicherlich identisch” sei (Schürer I, 407), wagen wir deshalb nicht zu behaupten, weil ersterer ausschliesslich durch Angabe seiner Heimat, letzterer ebenso ausschliesslich durch Beifügung des Namens seines Vaters (Ἐζεκίας) näher bestimmt wird, was doch darauf hindeutet, dass Josephus die beiden als verschiedene Personen betrachtet wissen wolle. Allerdings bleibt die Möglichkeit offen, dass Josephus einen und denselben Mann in einer seiner Quellen als Sohn des Ezekias, in andern als Galiläer (Gaulaniten) bezeichnet fand und, da er sich nicht zu entscheiden getraute, ob hier wie dort die nämliche Person gemeint sei, beide Angaben unverändert in seine Schriften herübernahm.
[246] Ueber diese Bedeutung der Worte λέγων εἶναί τινα ἑαυτόν s. Zeller S. 134 Anm. 2.
[247] Von Josephus wird er anderwärts als ὁ Γαλιλαῖος Ἰούδας (A. XVIII, 1, 6), τις ἀνὴρ Γαλιλαῖος Ἰούδας ὄνομα (K. II, 8, 1), Ἰούδας ὁ καλούμενος Γαλιλαῖος (ebd. 17, 8), Ἰούδας Γαυλανίτης ἀνήρ (A. XVIII, 1, 1), auch als Ἰούδας schlechthin (K. VII, 8, 1) bezeichnet.
[248] Letzteres ein dem Josephus sehr geläufiger Ausdruck. Ausser ἀποστῆσαι τὸν λαόν (noch A. VIII, 12, 5) vergl. ἀ. τὸ ἔϑνος (A. XIV, 11, 6), πολλοὺς τῶν Ἰουδαίων (ebd. 6, 2), τοὺς μισϑοϕόϱους (XIII, 14, 1), τὴν χώϱαν (X, 7, 1. XIV, 3, 3). χωϱία (ebd. 11, 7).
[249] S. Meyer zu d. St. und Schürer I, 472.
[250] Kurtz, Lehrbuch der Kirchengeschichte. 3. Aufl. S. 129. Der unseres Wissens zuerst in einer Recension der Prot. Kztg. (1859, S. 244) gerügte Irrtum ist in den späteren Auflagen berichtigt. Um noch ein Beispiel aus neuester Zeit anzuführen, so erinnern wir uns, in einer uns jetzt nicht mehr zugänglichen dramatischen Dichtung eines ehemaligen Theologen den Tanz der Herodias (nach Mt. 14, 6. Mc. 6, 22!) erwähnt gefunden zu haben.
[251] S. über Jonathan L. 44-46. 48 f. 51. 53-58. 60-64.
[252] S. Grimm, das erste Buch der Makkabäer erklärt (Leipzig 1853) S. XXIX. Wir fügen noch folgende Belege bei. Nach Josephus fallen in der Schlacht zwischen Israeliten und Amalekitern (Ex. 17, 8-13) von den letzteren so viele, ὅσους οὐδ’ ἀϱιϑμῷ γνῶναι δυνατὸν ἦν (A. III, 2, 5). Von den nach Goliaths Fall die Flucht ergreifenden Philistern (1 Sam. 17, 51 f.) werden 30,000 getötet, doppelt so viele verwundet (A. VI, 9, 5). Der Kaufpreis, den Saul von David für seine Tochter Michal fordert, beträgt 600 Köpfe (ebd. 10, 2, nach 1 Sam. 18, 25 100 Vorhäute). Den zum Passahfest in Jerusalem anwesenden Proconsul Cestius Gallus umringen drei Millionen Schutzflehende (K. II, 14, 3). Von den Flecken (ϰῶμαι) Galiläas zählt der kleinste über 15,000 Einwohner (III, 3, 2), wonach die Einwohnerzahl dieser Landschaft, die nach L. 45 204 Städte und Flecken hatte, über drei Millionen betragen haben müsste. Wie freigebig Josephus mit Myriaden ist, haben wir schon früher (S. 115 f.) gesehen.
[253] S. Holtzmann, Handcomm. I, 47. 327.
[254] Richt. 3, 11. 5, 31. 8, 28. 13, 1. 1 Sam. 5, 4. 1 Kön. 11, 42. Achtzig (= 40 × 2) Richt. 3, 30. Zwanzig (= 40 × ½) 4, 3. 15, 20. (16, 31).
[255] Namentlich bei Josephus spielt die Zahl Vierzig eine grosse Rolle. Wenn wir alle die Stellen, wo er seine Angaben dem A. T. entnimmt, bei Seite lassen, finden sich bei ihm erwähnt: Vierzig Männer (A. XVI, 9, 1. XVII, 6, 3. 10, 7. K. I, 33, 3. II, 4, 3. III, 8, 1), Tiere (I, 21, 13), Schiffe (II, 16, 4), Wurfmaschinen (V, 9, 2), Jahre (A. X, 11, 2. XV, 6, 4), Tage (XIV, 15, 4. 16, 2. XVIII, 8, 3. K. I, 16, 2. IV, 1, 8), Stadien (A. VII, 11, 7. VIII, 12, 3. K. III, 10, 7. L. 45), Ellen (K. V, 4, 3. 5, 1-5. 8), Talente (II, 17, 1). Achtzig Jahre (A. VIII, 7, 8. XV, 6, 3. K. II, 16, 4), Stadien (XIII, 10, 2). Zwanzig Jahre (V, 1, 28).—Bei Lucas: Vierzig Männer (AG. 23, 13. 21), Jahre (4, 22. 7, 6. 23. 30. 36. 42. 13, 18. 21), Tage (Lc. 4, 1. AG. 1, 3). Achtzig Scheffel (Lc. 16, 7). Zwanzig Tausende (14, 31), Klaftern (AG. 27, 28).
[256] wie die 400 Männer, Weiber und Kinder des von den Makkabäern Jonathan und Simon überfallenen Brautzuges (A. XIII, 1, 4), die 400 Anhänger des Johannes von Gischala (K. II, 21, 1) und die 400 Reiter Trajans (III, 10, 3).
[257] S. das Wörterverzeichnis und für ἀπογϱαϕή S. 64 f. 75 Anm. 1.
6, 1. S. zu 2, 44 f. (S. 157 f.).
6, 9. Nachdem schon Krebs (S. 183) unter Berufung auf die in einer von Josephus (A. XIX, 5, 2) mitgeteilten Verordnung des Kaisers Claudius enthaltenen Worte: τοὺς ἐν Ἀλεξανδρείᾳ Ἰουδαίους Ἀλεξανδρεῖς λεγομένους bemerkt hatte: “Ἀλεξανδρεῖς sunt Judaei Alexandriam habitantes”, fand Holtzmann (1877, S. 538) in diesem Ausdrucke eines derjenigen Momente, die sich dafür geltend machen lassen, dass gewisse bei Lucas zu Tage tretende Specialkenntnisse aus Josephus stammen. Dagegen wollte Nösgen (S. 525) in demselben nur einen neuen Beweis für die Sachkenntnis dieses Schriftstellers sehen. Da Ἀλεξανδρεύς allgemein übliche Bezeichnung für einen aus Alexandrien Gebürtigen oder daselbst Wohnhaften ist (Vgl. AG. 18, 24), so wird auf jene Vermutung kein sonderliches Gewicht zu legen sein, wie denn auch Holtzmann dieselbe in seinem Commentar nicht wiederholt hat.
7, 2-53. Die Rede des Stephanus bietet, wie dies bei ihrem Inhalt von vornherein zu erwarten ist, nicht wenige Berührungspunkte mit Josephus, welchem daher bereits Ott (S. 264 ff.) und Krebs (S. 184 ff.) beachtenswerte Beiträge zur Erläuterung derselben entnommen haben. Zugleich enthält sie eine Reihe Angaben, die dem Grundtexte des A. T.s teils fremd sind, teils ihm geradezu widersprechen, während sie sich aus Josephus oder andern Schriftstellern belegen lassen. Im Anschluss an Holtzmann (1877, S. 539. Handcomm. I, 349 ff.) machen wir hier folgende Punkte namhaft:
1) V. 2-4 a: Der göttliche Befehl zur Auswanderung ergeht an Abraham schon in Mesopotamien, nicht (wie Gen. 11, 31 f. 12, 1) erst nach seiner Uebersiedelung nach Haran. Hiermit stimmen Philo (Abr. 14. 15, Mangey II, 11) und Josephus (A. I, 7, 1: καταλείπει τὴν Χαλδαίαν ἑβδομήκοντα καὶ πέντε γεγονὼς ἔτη, τοῦ θεοῦ κελεύσαντος εἰς τὴν Χαναναίαν μετελθεῖν.
2) V. 4 b: Thara stirbt vor Abrahams Uebersiedelung nach Kanaan, während er nach Gen. 11, 32 dieselbe um 60 Jahre überlebt, da er bei Geburt dieses Sohnes 70 (V. 26), letzterer aber bei seiner Auswanderung 75 Jahre alt ist (12, 4). Dieselbe Angabe findet sich bei Philo (Migr. Abr., Mangey I, 467).
3) V. 14: Die Anzahl der von Joseph nach Aegypten berufenen Verwandten beträgt 75 Seelen, was ebenso mit den Siebzig (Gen. 46, 27. Ex. 1, 5, nach A auch Dt. 10, 22) übereinstimmt, wie es mit dem Grundtext und Josephus im Widerspruch steht (A. II, 7, 4: ἦσαν δ’ οἱ πάντες ἑβδομήκοντα. VI, 5, 6: σὺν ἑβδομήκοντα μόνοις ἐκ τοῦ γένους ἡμῶν ὁ πάππος Ἰάκωβος διὰ λιμὸν εἰς Αἴγυπτον ἦλθε).
4) V. 22 a: Moses wird in aller Weisheit der Aegypter unterrichtet, was auch Philo (Vita Mosis 1, 5, Mangey II, 83 f.) erzählt, während das A. T. nichts davon erwähnt.
5) V. 22 b: Moses ist mächtig in Worten, wovon Ex. 4, 10 ff. das gerade Gegenteil gesagt wird, während ihn Josephus gleichfalls als πλήθεσιν ὁμιλεῖν πιθανώτατος (A. III, 1, 4), πλήθεσιν ὁμιλεῖν εὐφυής (IV, 2, 4), εἰπεῖν τε καὶ πλήθεσιν ὁμιλεῖν κεχαρισμένος (ebd. 8, 49) rühmt.[258]
6) V. 38. 53: Die Juden empfangen ihr Gesetz durch Engel, eine spätere auf Dt. 33, 2 in der Uebersetzung der Siebzig[259] fussende Lehre, welche ebenso wie von Paulus (Gal. 3, 19) auch von Josephus vertreten wird (A. XV, 5, 3: ἡμῶν δὲ τὰ κάλλιστα τῶν δογμάτων καὶ τὰ ὁσιώτατα τῶν ἐν τοῖς νόμοις δι’ ἀγγέλων παρὰ τοῦ θεοῦ μαθόντων).[260]
Aus dieser Zusammenstellung erhellt Folgendes: Unter den von dem alttestamentlichen Grundtext abweichenden oder über ihn hinausgehenden Angaben des Lucas sind zwei (Nr. 1 und 6) zugleich von Josephus und noch einem Schriftsteller (in dem einen Falle Philo, in dem andern Paulus) bezeugt. Die vier übrigen lassen sich nur einfach belegen und zwar liefert Philo zwei Parallelen (Nr. 2 und 4), während eine mit Josephus im Widerspruch stehende Angabe (Nr. 3) sich auch bei den Siebzig findet, so dass diesem nur eine anderwärts nicht nachweisbare Parallele verbleibt. Das Verhältnis ist also für den jüdischen Geschichtschreiber nicht gerade günstig und die Wahrscheinlichkeit, dass Lucas bei Ausarbeitung der Rede des Stephanus die oben angeführten Einzelheiten aus seinen Schriften aufgelesen habe, eine ziemlich geringe, vielmehr wird man nicht umhin können, das von Schürer (1876, S. 676 Anm. 1) bei anderer Veranlassung ausgesprochene Urteil, dass Lucas unabhängig von Josephus der traditionellen Auslegung und Auffassung der Geschichte folge, mindestens für unsern Fall zutreffend zu finden.
Beachtenswerter erscheint es jedenfalls, dass Stephanus’ ganzes Auftreten wie der Gang der Verhandlung, deren Mittelpunkt er ist, lebhaft an eine Erzählung des Josephus erinnert. Derselbe berichtet nämlich (K. IV, 5, 4) aus der Zeit der von den Zeloten in Jerusalem ausgeübten Schreckensherrschaft, dass dieselben einen hochangesehenen Mann, dessen Verderben sie beschlossen hatten, Zacharias, Baruchs Sohn[261], vor einem lediglich zur Wahrung des Scheines zusammenberufenen Gerichtshofe des verräterischen Einverständnisses mit den Römern bezichtigten. Da dieser sein Schicksal voraussah, setzte er den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zunächst eine höhnische Hinweisung auf ihre Unglaubwürdigkeit entgegen, um, nachdem er sie mit kurzen Worten widerlegt, von der Verteidigung zum Angriff übergehend, alle Schandtaten jener Partei der Reihe nach aufzuzählen und die Zerrüttung des Staatswesens zu beklagen. Als er hierauf trotz des Tobens der Zeloten von den Richtern freigesprochen wurde, erhoben erstere ein lautes Geschrei und zwei der frechsten fielen über ihn her und durchbohrten ihn mitten im Heiligtume.
Mindestens gleiche Aufmerksamkeit verdient die zuerst von Steck gemachte Beobachtung, dass Stephanus’ Rede, auf ihren Inhalt und Gedankengang angesehen, unverkennbare Aehnlichkeit mit der Ansprache zeigt, welche Josephus auf Titus’ Befehl an seine aufständischen Landsleute richtet, um sie zur Niederlegung der Waffen zu bewegen (K. V, 9, 4). Wir lassen Stecks Bemerkungen, durch unsere eigenen vermehrt, hier folgen. Stephanus entrollt vor dem geistigen Auge seiner Zuhörer ein Bild der ganzen jüdischen Geschichte von Abraham bis auf Salomo, um die dann in wenige nachdrückliche Schlussworte zusammengefasste Behauptung zu erhärten, dass den unerschöpflichen Gnadenerweisungen Gottes auf Seiten des auserwählten Volkes jederzeit nur Undankbarkeit, Verstocktheit und Herzenshärtigkeit entsprochen habe. Seine Rede gipfelt in dem Vorwerfe, dass die Juden seiner Zeit würdige Söhne ihrer Väter seien und ebenso wie diese dem heiligen Geiste widerstreben, daher er sie σκληροτράχηλοι καὶ ἀπερίτμητοι καρδίαις καὶ τοῖς ὠσίν nennt (V. 51). Genau den nämlichen Weg schlägt Josephus ein. Auch er beginnt bei Abraham und führt den Faden der Geschichte bis auf seine Gegenwart herab, um darzutun, dass die Juden nie, wenn sie auf die Gewalt der Waffen trotzten, sondern immer nur, wenn sie vertrauensvoll ihre Sache Gott anheimstellten, den Sieg über ihre Feinde davontrugen. Ebenso wie Stephanus widmet er den Beziehungen seines Volkes zu Aegypten eine besonders eingehende Darstellung. Seine Rede mündet in die gleichen Vorwürfe aus, indem er seine Landsleute σιδήρειοι, ἄτεγκτοί γε καὶ λίθων ἀπαθέστεροι schilt. Wie schliesslich Stephanus seine Zuhörer als Mörder brandmarkt (V. 52), so gelten dem Josephus die seinigen um nichts besser, wenn er zuletzt im Hinblick auf seine ihrer Gewalt anheimgegebenen Familienglieder in die Worte ausbricht: ἀποκτείνετε αὐτούς, λάβετε μισθὸν τῆς ἑαυτῶν σωτηρίας τουμὸν αἷμα. κἀγὼ θνήσκειν ἕτοιμος, εἰ μετ’ ἐμὲ σωφρονεῖν μέλλετε.
Wir können diese Berührungen zwischen Lucas und Josephus um so weniger für zufällig halten, als, wie sich noch im Verlauf unserer Untersuchung zeigen wird, auch in andern Redestücken der Apostelgeschichte deutliche Spuren der Benutzung dieses letztern zu Tage treten.[262]
Auch sprachliche Anklänge an Josephus sind in dem über Stephanus handelnden Abschnitte (6, 8-8, 1) reichlich nachweisbar. Derselbe enthält nicht weniger als 32 Ausdrücke, die innerhalb des N. T.s uns nur bei Lucas begegnen.[263] 14 derselben sind ihm mit den Siebzig und Josephus gemein, nämlich: **ἀμύνομαι (7, 24), **ἀναίρεσις (8, 1), **ἀπερίτμητος (7, 51), **δικαστής (V. 27. 35), ἐκτίθημι (V. 21), ἐξωθέω (V. 45), **κατασοφίζομαι (V. 19), μετακαλέω (V. 14), **μετοικίζω (V. 4. 43), νεανίας (V. 58), **σιτίον (V. 12), στρατιά (V. 42), συγγένεια (V. 3. 14), συναρπάζω (6, 12). 9 weitere kommen bei den Siebzig, aber nicht bei Josephus vor: **ἀναγνωρίζω (7, 13), **ἀντιπίπτω (V. 51), **βρύχω (V. 54), διαπρίω (ebd.), **κατάσχεσις (V. 5. 45), **λυτρωτής (V. 35), προπορεύομαι (V. 40), **σκληροτάχηλος (V. 51), **χόρτασμα (V. 11). Bei Josephus, aber nicht bei den Siebzig finden sich: άνατρέφω (V. 20 f.), **συνελαύνω (V. 26), **ὑποβάλλω (6, 11), **ὠνέομαι (7, 16). Wenn Lucas das dritte dieser Verba in der seltenen Bedeutung subornare braucht, so erinnert dies unverkennbar an die schon von Krebs (S. 184) herbeigezogenen Stellen: A. VII, 8, 4: συνίησι δὲ ὁ βασιλεὺς ὑπόβλητον οὖσαν τὴν σκῆψιν ἐξ Ἰωάβου und K. V, 10, 4: τὸ δὲ ἑτοιμότατον ἦν μηνυτής τις ὑπόβλητος ὡς αὐτομολεῖν διεγνωκότων, vgl. auch L. 54: προσαγγελθέντων τούτων ἐξ ὑποβολῆς.[264] Von den unserm Schriftsteller als ausschliessliches Eigentum verbleibenden Wörtern: **ἔκθετος (7, 19), **ἔλευσις (V. 52), **μοσχοπιέω (V. 41), **συγκινέω (6, 12) und τεσσσερακονταετής (7, 23, noch 13, 18) war ihm wenigstens das letzte durch Josephus nahegelegt, bei dem die aus einem Zahlwort und ἔτος gebildeten Adjectiva beliebt sind.[265] Auch ἀποτίθεμαι braucht dieser wie Lucas (7, 58) vom Ablegen der Kleider: A. VIII, 11, 1: τὴν γυναῖκα αὐτοῦ προσέταξε τὴν στολὴν ἀποθεμένην καὶ σχῆμα λαβοῦσαν ἰδιωτικὸν παρευθῆναι πρὸς Ἀχίαν τὸν προφήτην. 15, 5: συνέθεντο δὲ ὅ τε Ἄχαβος καὶ Ἰωσάφατος ἀποθέσθαι μὲν τὸν Ἄχαβον τὸ βασιλικὸν σχῆμα κτλ.
[258] Die von Holtzmann ausserdem angeführte Stelle A. II, 12, 3 ist zu streichen, da hier dem Moses nach Ex. a. a. O. auf sein Bedenken: ἀπορῶ, πῶς ἄν ἰδιώτης ἄνὴρ καὶ μηδεμιᾶς ἰσχύος εὐπορῶν ἤ πείσω λόγους τοὺς οἰκείους κτλ. bloss für solche Fälle, οὗ ἂν δέῃ λόγων, die ihm sonst mangelnde πειθώ zugesichert wird.
[259] welch אשׁ דָּת durch ἄγγελοι wiedergeben.
[260] Nach Holtzmann (1877, S. 539. Handcomm. I, 350) würden hieher auch V. 20 und 25 gehören, da Moses wie V. 20 auch von Philo (Vita Mosis I, 3) und Josephus (A. II, 9, 6) wegen seiner Schönheit gerühmt werde und bei jenem (ebd. I, 8 f.) sich dieselbe apologetische Auffassung des V. 25 erwähnten Totschlages wie an dieser Stelle finde. Indessen ist ersterer auch der jüdischen Tradition wohlbekannte Zug (s. Bloch a. a. O. S. 36. 128) dem A. T. keineswegs fremd (vgl. Ex. 2, 2: ἔτεκεν ἄρσεν· ἰδόντες δὲ αὐτὸ ἄστεῖον ἐσκέπασαν αὐτὸ μῆνας τρεῖς = AG. 7, 20: ἐγεννήθη Μωϋσῆς καὶ ἦν ἀστεῖος τῷ θεῷ, ὃς ἀνετράφη μῆνας τρεῖς), die zweite Behauptung aber unzutreffend, da Philo a. a. O. die Erzählung von Moses’ Tat lediglich mit der Bemerkung begleitet: δικάσας εὐαγὲς εἶναι τὸ ἔργον. Καὶ ἦν εὐαγὲς τὸν ἐπ’ ὀλέθρῳ ζῶντα ἀνθρώπων ἀπόλλυσθαι.
[261] Denselben, den manche Ausleger mit Unrecht Mt. 23, 35 finden wollten.
[262] S. zu 17, 16-34 und 20, 17-38.
[263] Ueber die Bedeutung der manchen dieser Wörter beigesetzten Sternchen s. S. 156 Anm. 1.
[264] In jeder Hinsicht unzutreffend ist die Bemerkung Holtzmanns (1877, S. 548): “ὑπολαμβάνειν in der (von Grimm S. 440 übersehenen) speciellen Bedeutung subornare.” Uebersehen konnte Grimm diese Bedeutung an der angegebenen Stelle schon deshalb nicht, weil sie dem Verbum ὑπολαμβάνειν völlig fremd ist. Da, wo man sie bei Grimm zu suchen hat, unter ὑπο βάλλειν (S. 439), ist dieselbe nicht nur angeführt, sondern auch ausser durch Jos. b. j. V, 10, 4 noch durch App. bell. civ. I, 27 belegt.
[265] Mit den Siebzig sind diesem gemein τριετής (2 Chr. 31, 16. Jes. 15, 5.—A. I, 10, 3. II, 9, 6), πενταετής (Lev. 27, 5 f.—Ap. I, 26), ἑπταετής (Richt. 6, 25.—A. V, 7, 13. XIV, 14, 1). Bei Josephus allein kommen vor: διετής (A. II, 5, 4, im N. T. Mt. 2, 16), ἑξαετής (A. XIX, 9, 1), ὀκταετής (X, 4, 1), δεκαετής (XVI, 3, 3. XIX, 9, 1), δωδεκαετής (XV, 9, 6), έκκαιδεκαετής (ebd. 2, 6), ἑπτακαιδεκαετής (K. I, 22, 2). Bloss bei den Siebzig: εἰκοσαετής (Ex. 30, 14. Lev. 27, 3. Num. 1, 3 ö.). τριακονταετής (1 Chr. 23, 3), πεντηκονταετής (Num. 4, 23. 8, 25), ἑξηκονταετής (Lev. 27, 3), ἑκατονταετής (Gen. 17, 17, im N. T. Röm. 4, 19). Ueber die Accentuation dieser Wörter s. Schleusner, Novus Thesaurus philologico-criticus sive lexicon in LXX etc. V, 334 und Winer, Gramm. § 6, 1.
8, 9-24. Der in der christlichen Literatur hier zuerst auftauchende Zauberer Simon hat bekanntlich in der Apostelgeschichte einen Doppelgänger (13, 6-11), welcher ebenso an Paulus wie jener an Petrus seinen Meister findet. Durch ersteren ist bereits Ott (S. 275) an einen von Josephus (A. XX, 7, 2) erwähnten gleichnamigen Vertrauten des Landpflegers Felix erinnert worden, glaubt jedoch denselben von dem Simon der Apostelgeschichte unterscheiden zu müssen, da jener aus Cypern, dieser dagegen aus Gitta in Samarien gebürtig gewesen sei. Indessen ist uns durch letztere Angabe, die nicht von der ebengenannten Schrift vertreten wird, sondern erst geraume Zeit später erscheint[266], keineswegs die Frage verwehrt, ob nicht etwa Lucas bei Schilderung des einen wie des andern Zauberers den Bericht des Josephus als Vorlage benutzt habe. Wir lassen, um dies zu ermitteln, zunächst beide Schriftsteller mit ihren eigenen Worten reden:
A. XX, 7, 2: καθ’ ὃν χρόνον τῆς Ἰουδαίας ἐπετρόπευε Φῆλιξ θεασόμενος ταύτην (sc. Δρούσιλλαν), καὶ γὰρ ἦν κάλλει πασῶν διαφέρουσα, λαμβάνει τῆς γυναικὸς ἐπιθυμίαν, καὶ Σίμωνα[267] ὀνόματι τῶν ἑαυτοῦ φίλων Ἰουδαῖον, Κύπριον δὲ τὸ γένος, μάγον εἶναι σκηπτόμενον, πέμπων πρὸς αὐτὴν ἔπειθεν τὸν ἄνδρα καταλιποῦσαν αὐτῷ γήμασθαι κτλ. | AG. 8, 9-11: Ἀνὴρ δὲ τις ὀνόματι Σίμων προϋπῆρχεν ἐν τῇ πόλει μαγεύων καὶ ἐξιστάνων τὸ ἔθνος τῆς Σαμαρείας, λέγων εἶναί τινα ἑαυτὸν μέγαν, ᾧ προσεῖχον πάντες ἀπὸ μικροῦ ἕως μεγάλου λέγοντες· οὗτός ἐστιν ἡ δύναμις τοῦ θεοῦ ἡ καλουμένη μεγάλη. προσείχον δὲ αὐτῷ διὰ τὸ ἱκανῷ χρόνῳ ταῖς μαγείαις ἐξεστακέναι αὐτούς. | |
13, 6: Διελθόντες δὲ ὅλην τὴν νῆσον ἄχρι Πάφου εὗρον ἄνδρα τινὰ μάγον ψευδοπροφήτην Ἰουδαῖον, ᾧ ὄνομα Βαριησοῦ, ὃς ἦν σὺν τῷ ἀνθυπάτῳ Σεργίῳ Παύλῳ, ἀνδρὶ συνετῷ . . . 8: ἀνθίστατο δὲ αὐτοῖς Ἐλύμας ὁ μάγος . . . ζητῶν διαστρέψαι τὸν ἀνθύπατον ἀπὸ τῆς πίστεως. |
Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich Folgendes. Alle drei Männer gleichen sich darin, dass sie als Zauberer auftreten, für etwas zu gelten beanspruchen, das sie in Wirklichkeit nicht sind, und Gläubige finden, welche sich von ihnen betören lassen. Die übrigen Züge, die uns bei dem Simon des Josephus begegnen, verteilen sich auf seine beiden Geistesverwandten dergestalt, dass der eine mit ihm den Namen, der andere die Heimat (Cypern), die Zugehörigkeit zum jüdischen Volk und die Vertrauensstellung bei einem höheren römischen Beamten gemein hat. Ueberdies bemerken wir in den obigen Berichten der Apostelgeschichte mehrfache Berührungen mit Josephus’ Spachgebrauch. An ihn erinnern zunächst die den Siebzig fremden Wörter μάγος und μαγεία, von denen das erstere im N. T. nur noch bei Matthäus (2, 1. 7. 16), das zweite nicht weiter vorkommt, während es bei Josephus, wie bei Lucas, im Plural erscheint (A. II, 13, 3: τερατουργίαις καὶ μαγείαις καταπλῆξαι ἑπικεχειρηκότα). Auch das transitive ἐξίστημι, innerhalb des N. T.s ebenso wie die Form ἐξεστακέναι auf Lucas beschränkt (noch Lc. 24, 22), ist aus Josephus zu belegen (K. III, 5, 1: οὔτε γὰρ ἀταξία διασκίδνησιν αὐτοὺς ἀπὸ τῆς ἐν ἔθει συντάξεως, οὔτε δέος ἐξίστησιν) und zu jener Form bietet er Analogieen in den gleichfalls transitiv gebrauchten Plusquamperfectis ἑστάκεσαν (A. V, 1, 21) und καθεστάκειν (L. 17).[268] Προσέχω mit persönlichem Dativ ist bei ihm häufig, vgl. A. VIII, 2, 2: ἐξ ἐκείνης τὸ λοιπὸν τῆς ἡμέρας ὡς θείαν ἔχοντι διάνοιαν αύτῷ προσεῖχον. XIII, 10, 1: μετὰ τὴν Ἀντιόχου τελευτὴν τῶν Μακεδόνων ἀπέστη καὶ οὔτε ὡς ὑπήκοος οὔτε ὡς φίλος αὐτοῖς οὐδὲν ἔτι προσεῖχεν. K. I, 1, 1: πολύ τι πλῆθος τῶν Πτολεμαίῳ προσεχόντων ἀνεῖλε, ebd. 13, 9. 17, 2. 24, 7. II, 21, 7. V, 7, 3. VII, 11, 1. L. 25 ö. Endlich steht bei ihm auch εἶναι εἰς in derselben prägnanten Bedeutung wie AG. 8, 20 (A. II, 13, 1: Γῆρσος μὲν σημαίνει κατὰ Ἑβραίων διάλεκτον ὅτι εἰς ξένην ἦν γῆν[269]).
Wenn wir nach alledem annehmen, dass Lucas bei Ausarbeitung der beiden obigen Abschnitte Josephus’ Bericht über Simon vor Augen gehabt habe, so müssen wir der Frage des Lesers gewärtig sein, wie sich hiermit die Ergebnisse der neueren Kritik vertragen, zufolge welcher der Zauberer Simon ein von der judenchristlichen Partei geschaffenes Zerrbild des Apostels Paulus ist und Lucas die ursprüngliche Bedeutung dieser rätselhaften Gestalt noch gekannt hat. Um uns von unserem eigentlichen Gegenstande nicht allzu weit zu entfernen, werden wir uns hier mit einer die Hauptpunkte zusammenfassenden Darlegung des Ertrages unserer dieser Frage gewidmeten Untersuchung begnügen dürfen.[270]
Will man für die Entstehung der Simonsage und die derselben in der Apostelgeschichte zu teil gewordene Behandlung eine befriedigende Erklärung gewinnen, so ist die Anerkennung von vier Tatsachen unerlässliche Vorbedingung. Zwei derselben sind durch Paulus’ eignes Zeugnis gegen jeden Zweifel sichergestellt: sein Streit mit Petrus in Antiochien (Gal. 2, 11-21) und die von ihm eifrig betriebene Sammlung heidenchristlicher Liebesgaben, die er der jerusalemischen Gemeinde persönlich zu überbringen beabsichtigte (1 Kor. 16, 1-4. 2 Kor. 8. 9. Röm. 15, 25-28). Zwei weitere Tatsachen geben wenigstens zu begründeten Zweifeln an ihrer Geschichtlichkeit keinen Anlass. Zunächst ist durchaus glaublich, dass Paulus sich während seiner Gefangenschaft in Cäsarea von Seiten des Landpflegers Felix einer glimpflichen Behandlung erfreute. Dass seine Haft eine verhältnismässig milde war, lassen uns, abgesehen von der Apostelgeschichte (24, 23), schon die Andeutungen seiner von dorther geschriebenen Briefe erkennen (Kol. 4, 7 ff. Philem. 10 ff. 22 ff. 2 Tim. 4, 10 ff.) und wir dürften es auch ohnedies unbedenklich voraussetzen in Anbetracht der unter den vornehmen Römern jener Zeit herrschenden religiösen Gleichgiltigkeit und des Umstandes, dass die Anklage gegen Paulus von der bei Felix ebensowenig wie bei einem seiner Vorgänger oder Nachfolger beliebten jüdischen Hierarchie erhoben wurde. Es ist daher gar nicht unwahrscheinlich, dass er den Apostel seines persönlichen Umganges würdigte, wenn auch nur in der Hoffnung, einen Mann, dessen geistige Ueberlegenheit ihm nicht verborgen blieb, für seine Zwecke benutzen zu können.[271]
Endlich liegt auch kein Grund zum Zweifel daran vor, dass ein Zauberer Namens Barjesus irgend einmal die Wege des Apostels Paulus gekreuzt hat. Die Geschichtlichkeit dieser Person scheint uns schon durch ihren Namen verbürgt, da die christliche Sage schwerlich einen dem Evangelium feindlich entgegentretenden “Lügenpropheten” mit dem Namen eines “Sohnes Jesu” beehrt haben würde. Die Annahme ist ganz unbedenklich, dass Paulus gelegentlich von einem der zahlreichen Schwindler, welche zu jener Zeit die Leichtgläubigkeit der Vornehmen und der grossen Menge nach Kräften ausbeuteten, heftigen Widerstand erfahren und dieses Erlebnis sich in der Erinnerung seiner Anhänger erhalten, vielleicht auch in den von der Apostelgeschichte ausgibig benutzten Aufzeichnungen eines seiner Reisegefährten eine Stelle gefunden habe.[272] Für die weiteren den Genannten betreffenden Angaben, wie seinen Aufenthaltsort, sein Verhältnis zu dem Proconsul Sergius Paulus und das von dem Apostel an ihm vollzogene Strafgericht, wagen wir allerdings die Geschichtlichkeit nicht ebenso zuversichtlich in Anspruch zu nehmen, da dieselben, wie sich bald zeigen wird, recht wohl eine Erklärung zulassen, auch wenn ihnen ein historischer Kern abgeht.
Sehen wir nun nach Feststellung dieser Tatsachen zu, was unter den Händen judenchristlicher Eiferer sowie des auf Ausgleichung der Parteigegensätze bedachten Verfassers der Apostelgeschichte aus denselben geworden ist!
Kein Leser des Galaterbriefes wird glauben, dass das Schlusswort von Paulus’ Bericht über den Streit zu Antiochien auch das letzte Wort dieses Streites selbst gewesen sei. Petrus, der in dem Evangelium als der allezeit redefertige Sprecher des Jüngerkreises erscheint, wird Paulus’ schwerwiegende Vorwürfe nicht mit dem Stillschweigen eines überführten und keiner weiteren Verteidigung fähigen Heuchlers (Gal. 2, 13) hingenommen haben. Insofern hat die Darstellung der clementinischen Homilien (XVII, 19), die ihm eine nachdrückliche Abwehr der von Paulus gegen ihn erhobenen Beschuldigungen in den Mund legt, zweifellos das Richtige getroffen. Damit war hinreichender Anlass gegeben, jenen Streit unter den Gesichtspunkt einer regelrechten Disputation zu stellen, und es geschah nun dasselbe wie in zahllosen ähnlichen Fällen späterer Zeit, dass nämlich jede Partei dem Verfechter ihrer Grundsätze den Sieg zuschrieb und die angebliche Niederlage seines Gegners mit den grellsten Farben ausmalte.[273] So ist es nicht zu verwundern, wenn gegen das Ende des ersten Jahrhunderts die Judenchristen zu erzählen wussten, dass in Antiochien Paulus an Petrus seinen Meister gefunden habe und von diesem als unberechtigter Eindringling in den Apostelkreis angesichts der ganzen Gemeinde entlarvt worden sei.
Die zweite der oben angeführten Tatsachen hat (nach Volkmars scharfsinniger Entdeckung[274]) durch die Judenchristen die gehässige Ausdeutung erfahren, dass Paulus von den Häuptern der Urgemeinde zu Jerusalem die Anerkennung seines Apostelrechtes durch ein Geldgeschenk habe erkaufen wollen. Hatte diese Verleumdung einmal willige Ohren gefunden, so war nichts natürlicher, als dass der dem Paulus angedichtete Bestechungsversuch mit dem antiochischen Streit in Verbindung gebracht und für die eigentliche Veranlassung desselben ausgegeben wurde. Dies um so mehr, als die Anhänger des Petrus Ursache genug hatten, über die wirkliche Veranlassung, die auf den Charakter desselben ein so wenig günstiges Licht warf, einen möglichst undurchsichtigen Schleier zu breiten.
Die dritte Tatsache, Paulus’ glimpfliche Behandlung zu Cäsarea, war ganz besonders darnach angetan, bösen Zungen unter Juden und Judenchristen, zu deren Kenntnis sie gelangte, Stoff zu den gehässigsten Deutungen zu bieten.[275] Dass er sich diese Bevorzugung vor andern seines Gleichen durch irgend welche ins Gewicht fallende Gegenleistungen erkauft haben musste, war für sie selbstverständlich. Wenn ihnen nun das Gerücht die Kunde davon zutrug, dass ein Vertrauter des Felix, ein Jude von Geburt, für ihn den Brautwerber bei Drusilla, der Gattin des Königs Azizus von Emesa, gespielt und sie zum Ehebruch verleitet habe, so lag es ihnen nahe genug, den Apostel als denjenigen auszuschreien, der dem Procurator diesen Freundschaftsdienst erwiesen und sich damit für immer dessen Wohlwollen gesichert habe.[276] Erfuhren sie dann nachträglich, dass jener Günstling des Felix sich Simon nannte, so liess sich auch dieser Umstand vortrefflich zu Paulus’ Ungunsten ausbeuten. Der “feindselige Mensch” wurde nunmehr beschuldigt, dass er, nicht mit dem Apostelnamen im Allgemeinen zufrieden, sich sogar den Namen des Apostels anmasse, dem in dem ursprünglichen Jüngerkreise Jesu unbestritten die erste Stelle zukam. Einer solchen Verleumdung war besonders dann Tür und Tor geöffnet, wenn, wie wahrscheinlich, Petrus damals nicht mehr unter den Lebenden weilte.[277] In einer Zeit, welche so wie das erste Jahrhundert daran gewöhnt war, nach dem Tode hervorragender Männer Betrüger auftreten zu sehen, welche die Rolle derselben, wenn auch nur vorübergehend, mit Geschick und Erfolg spielten[278], konnte die Behauptung unbedenklich gewagt werden, dass Paulus jetzt, wo er den überlegenen Gegner von Antiochien nicht mehr zu fürchten brauche, sich selbst für Simon ausgebe, um durch den Glanz dieses Namens arglose Judenchristen, welche mit den näheren Umständen von Petrus’ Ende nicht bekannt seien, für seine Person und Sache zu gewinnen.
Somit lag die Simonsage im Wesentlichen ausgebildet vor, als Lucas an die Abfassung seines zweiten Geschichtswerkes ging. Man erzählte sich unter den Judenchristen, dass der “feindselige Mensch” zahlreiche Gläubige zum Abfalle von der Lehre der wahren Apostel verführt und sich von diesen die Anerkennung seiner Gleichberechtigung durch ein Geldanerbieten zu erkaufen gesucht habe, dass es hierüber zwischen ihm und Petrus in Antiochien zu einer Streitverhandlung gekommen und er bei derselben schmählich unterlegen sei. Später habe er durch Zauberkünste dem Procurator Felix zu dem Besitze der Drusilla verholfen und sich dadurch dessen Gunst erworben und überdies zum Zeichen, dass er nicht bloss apostolischen Rang, sondern Gleichheit mit dem Haupte des Apostelkreises beanspruche, sich den Namen Simon beigelegt.
Zu diesem Erzeugnisse judenchristlicher Parteileidenschaft musste Lucas in einem vornehmlich den Taten und Schicksalen des Heidenapostels gewidmeten Werke notgedrungen Stellung nehmen. In welcher Weise hat er dies nun getan? Zuerst durch Uebergehung des Streites zu Antiochien, den er durch ein auf ganz anderm Anlasse beruhendes und weit weniger folgenreiches Zerwürfnis zwischen Paulus und Barnabas ersetzt (AG. 15, 36-39). Eine ähnliche Behandlung erfährt sodann die Sammlung heidenchristlicher Liebesgaben, indem nicht deren Ueberbringung, sondern der Wunsch, das Pfingstfest in Jerusalem zu feiern, als Beweggrund zu Paulus’ letzter Reise erscheint (20, 16, vgl. 24, 11. 17)[279] und sie da, wo man es vornehmlich erwartet (21, 17 ff.), unerwähnt bleibt, um erst später ganz gelegentlich und andeutungsweise berührt zu werden (24, 17). Den gehässigen Nachreden, die sich an Paulus’ Verhältnis zu Felix knüpften, sucht Lucas dadurch die Spitze abzubrechen, dass er den Apostel vor dem Procurator und seinem Weib in einer von der ihm angedichteten sehr verschiedenen Rolle, nämlich als unerschrockenen, an Johannes den Täufer gemahnenden Bussprediger, auftreten lässt (24, 24 f.). Nur unter der Voraussetzung, dass der Verfasser der Apostelgeschichte hier Leser im Auge hat, die schon etwas über Beziehungen des Paulus zu Felix und Drusilla gehört haben, wird dieser Zug ganz verständlich, während man ausserdem eine hinreichende Begründung desselben vermisst, insofern Lucas von einer Verschuldung der letzteren gänzlich schweigt und in Betreff ihres zweiten Gatten sich mit der ihn nicht unter den sittlichen Durchschnittsstandpunkt römischer Provinzialbeamten herabdrückenden Aussage begnügt, dass eine Hinweisung auf Keuschheit, Gerechtigkeit und künftiges Gericht ihm Angst eingeflösst habe.
Hiermit durfte jedoch Lucas seine Aufgabe noch nicht als gelöst ansehen. Immer noch musste er von Seiten seiner Leser der Frage gewärtig sein, wie sich zu dem bei ihm in so günstigem Licht erscheinenden Heidenapostel jener Simon verhalte, dem die Judenchristen so viel Böses nachsagten. Da er einen Erzählungsstoff, an den sich zu jener Zeit ein allgemeines Interesse heftete, nicht mit völligem Stillschweigen übergehen konnte und eine offene Bestreitung judenchristlicher Verunglimpfungen durch Zweck und Plan seines Werkes verboten war, so blieb ihm nichts übrig, als die Verschiedenheit beider Personen so nachdrücklich geltend zu machen, dass der Gedanke, als ob Paulus mit Simon etwas gemein habe, bei keinem Leser aufkommen konnte. Von diesem Gesichtspunkt aus empfahl es sich für Lucas, den Doppelgänger des Heidenapostels auf dem Schauplatze der Geschichte erscheinen und von demselben wieder verschwinden zu lassen, noch ehe er sich der Schilderung von Paulus’ Wirksamkeit zuwandte. Er nahm also die Erzählung von Simons Ueberwindung durch Petrus unbedenklich in sein Werk auf, traf aber zugleich hinreichende Vorkehrung, dass die Verschiedenheit desselben von Paulus, der nicht als ein die Taufe begehrender Gläubiger (8, 13), sondern als erbitterter Feind des Evangeliums eingeführt wird (8, 1. 9, 1 ff.), sich auch dem blödesten Auge aufdrängen musste. Bei alledem konnte die Berücksichtigung jener Erzählung auf seine Darstellung von Paulus’ apostolischer Tätigkeit nicht gänzlich ohne Einfluss bleiben. Der Parallelismus in der Geschichte beider Apostelhäupter, dessen Durchführung sich Lucas in der ersten Hälfte seines Werkes zur Aufgabe gemacht hat, forderte gebieterisch, dass einer so bedeutsamen Tatsache, wie es die Ueberwindung des Zauberers Simon durch Petrus war, eine ähnliche Begebenheit im Leben des Paulus zur Seite trete. Nun traf es sich glücklich, dass die mündliche Ueberlieferung oder das Tagebuch eines seiner Reisegefährten von einer Begegnung des Heidenapostels mit einem Zauberer gleichen Schlages zu berichten wusste. Wenn diese Quelle selbst nicht viel mehr als den Namen des letztern bot, so genügte dies schon, um mit Hilfe der Simonsage und des Josephus die Erzählung herauszugestalten, welche wir jetzt 13, 6-12 lesen. War Lucas, wie die neuere Kritik annimmt, mit der ursprünglichen Bedeutung der Simonsage noch bekannt, so wusste er wahrscheinlich auch, von welcher Person dieselbe den Namen des von ihr geschaffenen Zerrbildes entlehnt hatte. Sollte er es aber vorher noch nicht gewusst haben, so musste er doch sofort, wenn er das 20. Buch von Josephus’ “Altertümern” las, in dem hier erwähnten Zauberer Simon das Urbild jener Gestalt erkennen. Josephus berichtete von demselben einige Züge, die sich vortrefflich zur Uebertragung auf Barjesus eigneten. Nach seiner Angabe stammte Simon aus Cypern und war ein Freund und Vertrauter des Procurators Felix. Nun aber ersah Lucas aus den ihm über Paulus’ Wirksamkeit zu Gebote stehenden Nachrichten, dass dieser zu Beginn seiner ersten mit Barnabas unternommenen Missionsreise auf Cypern das Evangelium gepredigt und den Proconsul Sergius Paulus für dasselbe gewonnen hatte.[280] Hierin konnte er eine Aufforderung erblicken, die Begegnung zwischen Paulus und Barjesus nach der genannten Insel zu verlegen und letzteren in das nämliche Verhältnis zu dem Proconsul zu setzen, in welchem Simon zu dem Procurator gestanden hatte. Dabei kam auch der Parallelismus zu seinem vollen Rechte: wie die beiden von der Urgemeinde zu Jerusalem abgeordneten Apostel unmittelbar nach ihrem Eintritt in ein neues Arbeitsfeld ihre Ueberlegenheit über einen von der grossen Menge gefeierten Zauberer beweisen, so bestehen auch die beiden von dem Mittelpunkte des Heidenchristentumes ausgegangenen Sendboten sogleich zu Anfang ihrer Missionstätigkeit einen siegreichen Kampf mit einem gefährlichen, über magische Kräfte gebietenden Widersacher des Evangeliums.
Sonach dürfen wir in dem Abschnitt AG. 13, 6-12 einen Vorläufer jener späteren apokryphischen Darstellungen erblicken, in denen Paulus gemeinschaftlich mit Petrus sein eigenes Zerrbild bekämpft[281], nur mit dem Unterschiede, dass den Verfassern dieser letzteren das bei unserm Schriftsteller noch vorhandene Bewusstsein von der ursprünglichen Bedeutung der Simonsage bereits verloren gegangen ist. Wir brauchen nur überall “Petrus” statt “Paulus” und “Simon” statt “Barjesus” oder “Elymas” zu setzen[282], so ergibt sich uns eine durchweg klare und verständliche Erzählung, die mit der 8, 9-24 vorliegenden Darstellung der Simonsage noch mehr Berührungspunkte aufweist, als mancher Bericht des dritten Evangelisten mit dem entsprechenden seiner beiden Vorgänger. Dieses Ergebnis hat aber sofort noch ein weiteres im Gefolge. Man wird nicht leugnen, dass die apostelgeschichtliche Erzählung von Simon bei dem Leser den Eindruck einer gewissen Unvollständigkeit und Lückenhaftigkeit hinterlässt. Wenn der Zauberer die beiden Apostel zur Fürbitte für ihn auffordert, ὅπως μηδὲν ἐπέλϑῃ ἐπ’ ἐμὲ ὧν εἰϱήϰατε (V. 24), so setzt dies die Androhung bestimmter einzelner Strafübel voraus, nun aber finden wir statt einer solchen in Petrus’ vorhergehender Rede lediglich die ganz allgemein lautende Verwünschung: τὸ ἀϱγύϱιόν σου σὺν σοὶ εἴη εἰς ἀπώλειαν (V. 20). Ferner suchen wir vergeblich eine Antwort auf die sich jedem Leser sofort aufdrängende Frage, ob jene Bitte Erhörung gefunden habe oder nicht, und welches das endliche Schicksal des Zauberers gewesen sei. Dass die damals unter den Judenchristen umlaufende Simonsage so wie ihre für uns älteste schriftliche Aufzeichnung geschlossen habe, müssen wir billig bezweifeln, da es nicht in der Art einer aus schmähsüchtiger Parteileidenschaft entsprungenen Dichtung liegt, sich mit der moralischen Vernichtung des verhassten Gegners zu begnügen und ihn im Uebrigen straffrei ausgehen zu lassen, wie denn auch die späteren Bearbeitungen der genannten Sage ausnahmslos mit dem Tod oder doch mindestens mit schwerer leiblicher Schädigung des Zauberers enden.[283] Diese Lücke unserer Erzählung wird nun durch die Parallele derselben ausgefüllt, zufolge welcher Paulus ein strenges Strafgericht an seinem Widersacher vollzieht, indem derselbe auf das Wort des Apostels hin alsbald erblindet. Das ist der Schluss der Simonsage in ihrer ursprünglichen Gestalt. Die Entstehung dieses Zuges lässt sich ohne Mühe erklären. Die Geschichte des Paulus und seine eigenen Aussagen boten hier wie in andern Fällen der verleumderischen Nachrede bequeme Anknüpfungspunkte. Wie dieselbe die von dem Apostel veranstaltete Sammlung heidenchristlicher Liebesgaben umgedeutet hat, ist schon oben bemerkt worden. Die von ihm 2 Kor. 12, 2 ff. berichtete Entrückung in den dritten Himmel und in das Paradies dürfen wir aller Wahrscheinlichkeit nach als Anlass zu der Erdichtung von Simons Flug zum Himmel betrachten.[284] An Stelle des Satansengels, dessen Faustschläge Paulus ebendaselbst erwähnt (V. 7), sind in den Clementinen Gottes Engel getreten, die den Gottlosen als einen Feind des Heroldes der Wahrheit empfindlich züchtigen.[285] Nicht anders verfuhren die judenchristlichen Lästerzungen in unserm Falle. Wie wir anderwärts nachgewiesen zu haben glauben[286], war Paulus mit einem Augenübel behaftet, das mit dem “Dorn im Fleische”, d. h. den ihn zeitweilig heimsuchenden epileptischen Anfällen, in engem Zusammenhange stand. Dass er nach dem Ereignisse von Damaskus eine Zeitlang des Gebrauches der Sehkraft beraubt war (AG. 9, 8. 22, 11), ist durchaus nicht unwahrscheinlich und dass noch in späteren Jahren Anfälle dieses Leidens die lebhafte Teilnahme seiner Umgebung erweckten, steht durch sein eigenes Zeugnis fest (Gal. 4, 15). Welche Versuchung lag hierin für seine judenchristlichen Gegner, in dieser Verdunkelung seines leiblichen Auges nur die verdiente Strafe seiner geistigen Blindheit zu erblicken, die ihn für das wahre, allein aus dem Munde der Urapostel zu schöpfende Evangelium unempfänglich mache! Konnten sie doch diese Behauptung durch Hinweis auf das A. T. verstärken, dem zufolge ruchlose Menschen und insbesondere Feinde des auserwählten Volkes von Gott mit Blindheit geschlagen wurden (Gen. 19, 11. 2 Kön. 6, 18, vgl. Zach. 12, 4). Sollte nach alledem noch ein Zweifel an der Richtigkeit unserer Annahme obwalten, so muss er verschwinden bei einer Vergleichung des Stückes 13, 4-12 mit Paulus’ Bekehrung, wie sie 9, 1-19 erzählt wird. Eine Reihe augenfälliger sprachlicher Uebereinstimmungen bekundet sattsam, dass der Verfasser der Apostelgeschichte, als er jenen Abschnitt ausarbeitete, mit seinen Gedanken noch lebhaft bei diesem verweilte, so dass sich ihm die in demselben gebrauchten Ausdrücke und Redewendungen fortwährend ungesucht in die Feder drängten. Folgende Zusammenstellung wird das Gesagte veranschaulichen:
AG. 9, 1 f.: . . . προσελθὼν τῷ ἀρχιερεῖ ᾐτήσατο παρ’ αὐτοῦ ἐπιστολὰς εἰς Δαμασκὸν πρὸς τὰς συναγωγάς. | AG. 13, 5: γενόμενοι ἐν Σαλαμῖνι κατήγγελλον τὸν λόγον τοῦ θεοῦ ἐν ταῖς συναγωγαῖς . . .[287] | |
V. 8 f.: ἠνοιγμένων δὲ τῶν ὀρθαλμῶν αὐτοῦ οὐδὲν ἔβλεπεν· χειραγωγοῦντες δὲ αὐτὸν εἰσήγαγον εἰς Δαμασκόν. καὶ ἦν ἡμέρας τρεῖς μὴ βλέπων. | V. 11: καὶ νῦν ἰδοὺ χεὶρ κυρίου ἐπὶ σέ, καὶ ἔσῃ τυφλὸς μὴ βλέπων τὸν ἥλιον ἄχρι καιροῦ. παραχρῆμά τε ἔπεσεν ἐπ’ αὐτὸν ἀχλὺς καὶ σκότος, καὶ περιάγων ἐζήτει χειραγωγούς. | |
V. 10: ἰδοὺ ἐγὠ, κύριε. | ||
V. 11: ζήτησον ἐν οἰκίᾳ Ἰούδα Σαῦλον . . . | ||
V. 18: καὶ εὐθέως ἀπέπεσαν αὐτοῦ ἀπὸ τῶν ὀφθαλμῶν ὡς λεπίδες ἀνέβλεψέν τε. |
Auch die ὁδοὶ τοῦ κυρίου αἱ εὐθεῖαι (13, 10) berühren sich, wie sie einerseits an 8, 21: ἡ ϰαϱδία σου οὐϰ ἐστιν εὐϑεῖα ἔναντι τοῦ ϑεοῦ anklingen, andererseits noch deutlicher mit τὴν ῥύμην τὴν ϰαλουμένην εὐϑεῖαν (9, 11), daher die grössere Wahrscheinlichkeit dafür sprechen dürfte, dass Lucas durch letztere Verbindung an jenen alttestamentlichen[288] Ausdruck erinnert und zur Wahl desselben veranlasst worden ist.
Auf die Frage, was den Verfasser der Apostelgeschichte bestimmt haben könne, den ursprünglichen Schluss der Simonsage den Lesern da, wo sie ihn zu erwarten hatten, vorzuenthalten, um ihn erst in einem späteren Abschnitte seines Werkes zu verwerten, lautet unsere Antwort folgendermassen. Wie wir bereits früher beobachten konnten, ist Lucas kein Freund wörtlicher Wiederholungen, sucht vielmehr auch in Erzählungen gleichen oder verwandten Inhaltes durch Abwechslung in den Nebenzügen seine Darstellung vor Einförmigkeit zu bewahren und ihr Lebendigkeit und Anziehungskraft zu sichern.[289] Unverkennbar tritt dies in der Durchführung des Parallelismus zwischen den beiden Hauptaposteln zu Tage. So wirkt Petrus durch seinen Schatten, Paulus mittelst seiner Kleider wunderbare Krankenheilungen (AG. 5, 14 ff. 19, 11 f.), ersterer ruft eine Frau, letzterer einen Jüngling in das Leben zurück (9, 36 ff. 20, 1 ff.), jener wird durch einen Engel, dieser durch ein Erdbeben aus dem Gefängnisse befreit (12, 3 ff. 16, 16 ff.). Wendet man ein, dass damit immer noch nicht erklärt sei, warum Lucas den Schluss der Simonsage da, wo seine rechte Stelle war, unterdrückt habe, da er ja ebenso gut einen entsprechenden Zug der späteren Erzählung (13, 4-12), wenn er einen solchen vorfand, abändern oder weglassen konnte, so entgegnen wir weiter, dass seine Darstellung andernfalls zu durchsichtig geworden wäre, indem alsdann die schon in einem der nächstfolgenden Abschnitte berichtete Erblindung des Paulus den Leser sofort an das gleiche Schicksal des Zauberers erinnern musste. Dann aber hätte Lucas dem mit Aufnahme jener Sage in sein Werk verfolgten Zwecke geradezu entgegengearbeitet, welcher dahin ging, die Person des Zauberers Simon von derjenigen des Heidenapostels vollständig loszutrennen und jeden Gedanken an einen Zusammenhang zwischen beiden von vornherein abzuschneiden.
Nach unsern bisherigen Erörterungen halten wir die Annahme für hinreichend begründet, dass Lucas Josephus’ Bericht über den aus Cypern gebürtigen, in Felix’ Umgebung die Rolle eines Zauberers spielenden Juden Simon gelesen und benutzt hat, eine Annahme, die dadurch noch an Wahrscheinlichkeit gewinnt, dass uns auch in der sich unmittelbar an unsern Abschnitt anschliessenden und in einer bald darauf folgenden Erzählung Spuren seiner Bekanntschaft mit dem jenen Bericht enthaltenden Buche der “Altertümer” begegnen (s. zu 8, 26-39 und zu 9, 10-19).
[266] Justin. Apol. I, 26. Clem. Hom. I, 15. II, 22. Recogn. II, 6. S. über diese Angabe Lipsius, Die Quellen der römischen Petrussage (Kiel 1872) S. 33 Anm. 1.
[267] Niese liest allerdings hier Ἄτομον, indessen werden wir bei der herkömmlichen Lesart bleiben dürfen, bis dieser ungewöhnliche Name, der sich in Papes “Wörterbuch der griechischen Eigennamen” (3. Aufl. bearbeitet von Benseler, Braunschweig 1863-70) nicht findet, anderweitig belegt ist.
[268] S. über diese der späteren Sprache angehörigen Formen Buttmanns Griech. Grammatik § 107, II, 5.
[269] Niese hat ἦν gestrichen. Wie leicht konnte dies aber von den Abschreibern nach vorausgehendem ξένην übersehen werden!
[270] Es gereicht uns zu grosser Befriedigung, bei derselben in manchen Punkten mit den von Lipsius in der S. 178 Anm. 3 angeführten Schrift vertretenen Ansichten zusammengetroffen zu sein. Vgl. auch Hilgenfeld, Der Magier Simon (Ztschr. f. w. Theol. 1868, S. 357-396).
[271] Allerdings würde diese Angabe (AG. 24, 26) auch als ungeschichtliche leicht verständlich sein. Indem Lucas den Apostel als Bussprediger vor Felix und Drusilla auftreten liess (s. u.), stellte er ihn auf eine Stufe mit Johannes dem Täufer, welcher gleichfalls einem Gewalthaber, der sich widerrechtlich die Gattin eines andern angeeignet, freimütig seine Sünde vorgehalten hatte (Mc. 6, 17 f. par.). Von hier aus lag es nahe, auch die Aussage des zweiten Evangeliums, dass Herodes seinen Gefangenen gern gehört habe (V. 20), auf Paulus zu übertragen.
[272] Hilgenfeld (a. a. O. S. 365. 368) und Overbeck (S. 195) denken an eine Begegnung des Paulus mit Simon bei dem römischen Statthalter in Cäsarea.
[273] Wir erinnern beispielsweise an Luthers Disputation mit Eck.
[274] Ueber den Simon Magus der Apostelgeschichte und den Ursprung der Simonie (Theol. Jahrbücher 1856, S. 279 f.). Vgl. auch “Die Religion Jesu” (Leipzig 1857) S. 287 f.
[275] Vgl. Lipsius a. a. O. S. 32. Hilgenfeld a. a. O. S. 366 f.
[276] Vgl. Lipsius a. a. O. Hilgenfeld a. a. O. S. 367 f.
[277] Die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme ergibt sich für uns aus folgender Erwägung. Unzweifelhaft betrachtet die Apostelgeschichte Jerusalem als Petrus’ ständigen Wohnort, da sie ihn von seinen nach andern Städten unternommenen Reisen immer wieder dahin zurückkehren lässt (8, 25. 11, 2). Auch die Stelle 12, 17 deutet nicht auf einen Wechsel des Wohnortes hin, da der ἕτεϱος τόπος den Gegensatz zu der οἰϰία τῆς Μαϱίας (V. 12) bildet und wie diese in Jerusalem gesucht werden muss, wo der Apostel bereits 15, 7 wieder auftritt, ohne dass von einer inzwischen erfolgten Rückkehr die Rede ist. Wenn nun die Apostelgeschichte später (21, 18) den Jakobus als alleiniges Gemeindehaupt nennt, während sie ihm noch 15, 13 die zweite Stelle neben Petrus (V. 7) anwies, so erklärt sich dies am einfachsten aus der Voraussetzung ihres Verfassers, dass Petrus damals bereits aus dem Leben geschieden war. Hierzu stimmt vollkommen, dass sich die letzte sichere Spur seines apostolischen Wirkens zu einer Zeit findet, welche hinter der AG. 21, 17 berichteten Ankunft des Paulus in Jerusalem mindestens um ein Jahr zurückliegt (1 Kor. 9, 5).
[278] Jos. A. XVII, 12, 1. K. II, 7, 1. Tac. Hist. I, 2. Sueton. Nero 57. Dio Cassius LXIV, 9.
[279] S. Zeller S. 267 f.
[280] Der Name desselben scheint wie diejenigen anderer römischer Beamten in der Apostelgeschichte (18, 12. 23, 26. 27, 1) auf treuer Erinnerung zu beruhen, da seine Verwaltung inschriftlich bezeugt ist (Holtzmann, Handcomm. I, 372).
[281] S. Lipsius a. a. O. S. 79 f.
[282] Vgl. Lipsius a. a. O. S. 28 Anm. 1: “Beide Erzählungen Act. 8 und 13 schildern ursprünglich einen und denselben Vorgang”. Holtzmann, Z. f. w. Theol. 1885, S. 431.
[283] S. Lipsius a. a. O. S. 89. 142.
[284] Vgl. Lipsius a. a. O. S. 91.
[285] a. a. O. S. 30 f.
[286] S. “Beiträge” S. 99 ff.
[287] Beachte den gleichen Bau beider Sätze.
[288] Dan. 3, 27.
[289] s. S. 21 und vgl. Holtzmann, Synoptische Evangelien S. 258 f. 329 f.
8, 26-39. Dieser Abschnitt hat eine beachtenswerte Parallele an einer Erzählung des Josephus (A. XX, 2, 3 ff.), nach welcher der König Izates von Adiabene durch einen jüdischen Kaufmann, der vorher schon dessen Frauen bekehrt hatte, für das Judentum gewonnen wurde, aber infolge der von diesem und seiner Mutter Helene mit Rücksicht auf die Volksstimmung geltend gemachten Bedenken sich noch nicht sogleich der Beschneidung unterzog. Als ihn nun einst ein eben aus Galiläa gekommener strenggesinnter Jude Namens Eleazar beim Lesen des mosaischen Gesetzes antraf, hielt er dem Fürsten vor, dass er sich gegen Gott und seine Gesetze schwer versündige, da es nicht genug sei, sie zu lesen, man vielmehr auch ihre Vorschriften erfüllen müsse, und erzielte durch die Ermahnung, das bisher Versäumte nachzuholen, den Erfolg, dass Izates alsbald seinen Leibarzt rufen und sich beschneiden liess. In dieser Erzählung erscheint ebenso wie in der apostelgeschichtlichen als Hauptperson ein Mann in hervorragender Stellung (ein δυνάστης), welcher die Befriedigung seines religiösen Bedürfnisses, die er in der Religion seiner Väter nicht mehr zu finden vermag, bei dem Judentume sucht. Auch bei Izates ist, wie bei dem Aethiopier, der förmliche Uebertritt zu einer andern Religionsgesellschaft durch einen ihm bis dahin gänzlich fremden Anhänger derselben vermittelt, welcher ihn bei der Beschäftigung mit dem A. T. überrascht und ihn darauf hinweist, dass es bei dem blossen Lesen desselben nicht sein Bewenden haben dürfe, sondern noch etwas Weiteres (hier das ποιεῖν, dort das γινώσϰειν) hinzukommen müsse. Auch er tut hierauf sofort den letzten Schritt, der ihm noch übrig ist, indem er sich der den Eintritt in die neue Gemeinschaft besiegelnden Ceremonie unterwirft.
Ausserdem begegnet uns in diesem Abschnitte noch eine einzelne Angabe, die man aus der Bekanntschaft seines Verfassers mit Josephus abzuleiten versucht sein kann. Die Worte αὕτη ἐστὶν ἔϱημος (V. 26) werden nach Aelteren schon von Krebs (S. 206), Hug und Lekebusch auf Γάζα bezogen und als eine Zwischenbemerkung des Lucas betrachtet, deren Veranlassung nach beiden letzteren die von Josephus (K. II, 18, 1) berichtete Zerstörung dieser Stadt durch die aufständischen Juden ist. Auch Holtzmann neigte sich früher (1877, S. 538) dieser Annahme zu, ohne jedoch die Möglichkeit zu leugnen, dass jene Worte auf ὁδός zurücksehen. Später (Handcomm. I, 357) hat er sich unter Berufung auf 9, 11 und 2 Sam. 2, 24 ausdrücklich für letztere Fassung entschieden und damit diese vermeintliche Parallele zu Josephus stillschweigend fallen lassen. Aber auch, wenn man die Beziehung auf Γάζα für wahrscheinlicher hält, ist eine Zurückführung obiger Angabe auf Josephus keineswegs geboten, da ihr Wortlaut, wie wir in unseren Schlussbemerkungen zu zeigen gedenken, mehr für Ableitung derselben aus einer andern Quelle spricht.
9, 10-19. Wenn in dem eben betrachteten Abschnitte der Apostelgeschichte die Aehnlichkeiten mit Josephus’ Erzählung von Izates’ Religionswechsel sich auf die Hauptgesichtspunkte beschränken, so kann der 22, 12-16 in kürzerer Fassung wiederkehrende Bericht von Ananias’ Mitwirkung bei Paulus’ Bekehrung auch in der Einzelausführung den Einfluss der nämlichen Vorlage nicht verleugnen. Die Glaubwürdigkeit desselben ist bekanntlich von der neueren Kritik in Zweifel gezogen worden. Schon Schneckenburger (Zweck der Apostelgeschichte S. 168 f.) weist darauf hin, dass der Verfasser der Apostelgeschichte seiner ganzen Tendenz gemäss ein besonderes Interesse hatte, den Paulus durch einen so anerkannt gesetzestreuen Mann, wie Ananias nach 22, 12 war, ins Christentum einführen und von seiner Blindheit heilen zu lassen, und Zeller (S. 196) fügt die Bemerkung hinzu, der Name sei so häufig und für einen Boten der göttlichen Gnade so angemessen gewesen, dass er dem Schriftsteller, welcher um der Anschaulichkeit willen eines bestimmten Namens bedurfte, leicht zur Hand lag. Man muss sich wundern, dass weder der eine noch der andere dieser Kritiker von hier aus zur Auffindung eines Ananias gelangt ist, welcher sich mit demjenigen der Apostelgeschichte so unverkennbar berührt, dass man in ihm das Urbild für denselben erblicken darf, eine Annahme, welche freilich die noch von Holtzmann (Handcomm. I, 360) festgehaltene Geschichtlichkeit dieser Person in Frage stellt. Der in der obigen Erzählung des Josephus eine Hauptrolle spielende jüdische Kaufmann führt nicht nur mit dem Judenchristen von Damaskus den gleichen Namen, sondern es gelingt ihm ebenso wie diesem eine höchst folgenreiche Bekehrung, wenn es auch seinem strenger gesinnten Glaubensgenossen Eleazar vorbehalten bleibt, Izates zu dem letzten Schritte, der ihm noch übrig ist, zu bewegen. Dass die bei Josephus sich auf zwei Männer verteilenden Züge in der Person des Ananias der Apostelgeschichte vereinigt sind, wird eine Zusammenstellung der beiderseitigen Berichte lehren:
A. XX, 2, 3: Καθ’ ὃν δὲ χρόνον ὁ Ἰζάτης ἐν τῷ Σπασίνου χάρακι διέτριβεν Ἰουδαῖός τις ἔμπορος Ἀνανίας ὄνομα πρὸς τὰς γυναῖκας εἰσιὼν τοῦ βασιλέως ἐδίδασκεν αὐτὰς τὸν θεὸν σέβειν, ὡς Ἰουδαίοις πάτριον ἦν, καὶ δὴ δι’ αὐτῶν εἰς γνῶσιν ἀφιχόμενος τῷ Ἰζάτῃ κάκεῖνον ὁμοίως συνανέπεισεν μετακληθέντι τε ὑπὸ τοῦ πατρὸς εἰς τὴν Ἀδιαβηνὴν συνεξῆλθε κατὰ πολλὴν ὑπακούσας δέησιν· συνεβεβήκει δὲ καὶ τὴν Ἑλένην ὁμοίως ὑφ’ ἑτέρου τινὸς Ἰουδαίου διδαχθεῖσαν εἰς τοὺς ἐκείνων μετακεκομίσθαι νόμους . . . 4: Ἰουδαῖός τις ἕτερος ἐκ τῆς Γαλιλαίας ἀφικόμενος Ἐλεάζαρος ὄνομα πάνυ περὶ τὰ πάτρια δοκῶν ἀκριβὴς εἶναι προετρέψατο πρᾶξαι τοὖργον. ἐπεὶ γὰρ εἰσῆλθεν ἀσπασόμενος αὐτὸν . . . εἶπεν . . . μέχρι τίνος ἀπερίτμητος μενεῖς; | AG. 9, 10: Ἦν δέ τις μαθητὴς έν Δαμασκῷ ὀνόματι Ἀνανίας . . . 12: εἶδεν ἄνδρα Ἀνανίαν ὀνόματι εἰσελθόντα . . . 17: Ἀπῆλθεν δὲ Ἀνανίας καὶ εἰσῆλθεν εἰς τὴν οἰκίαν . . . 22, 12 f.: Ἀνανίας δὲ τις, ἀνὴρ εὐλαβής κατὰ τὸν νόμον, μαρτυρούμενος ὑπὸ πάντων τῶν κατοικούντων Ἰουδαίων, ἐλθὼν πρὸς ἐμὲ καὶ ἐπιστὰς εἶπέν μοι· . . . 14: ὁ θεὸς τῶν πατέρων ἡμῶν προεχειρίσατό σε γνῶναι τὸ θέλημα αὐτοῦ . . . 16: καὶ νῦν τί μέλλεις; ἀναστὰς βάπτισαι κτλ. |
In der apostelgeschichtlichen Erzählung erinnert die zweimalige Verbindung von Ἀνανίας mit ὀνόματι ebenso deutlich an Ἀνανίας ὄνομα bei Josephus wie die wiederholte Erwähnung von Ananias’ Eintritt in Paulus’ Wohnung an εἰσιών und εἰσῆλθεν und der Ausdruck ὁ θεὸς τῶν πατέρων ἡμῶν an τὸν θεὸν σέβειν, ὡς Ἰουδαίοις πάτριον ἦν. Ferner trifft Lucas’ Aussage über Ananias: ἀνὴρ εὐλαβὴς κατὰ τὸν νόμον dem Sinne nach mit der Bezeichnung des Eleazar als πάνυ περὶ τὰ πάτρια δοκῶν ἀκριβὴς[290] εἶναι genau zusammen. Endlich klingt die zur Beschleunigung des von Izates bis dahin ins Ungewisse hinausgeschobenen letzten Schrittes mahnende Frage Eleazars μέχρι τίνος ἀπερίτμητος μενεῖς; in Ananias’ Worten: καὶ νῦν τί μέλλεις; ἀναστὰς βάπτισαι wieder. Nach alledem wird die Annahme, dass Lucas auch in diesem Falle wie für die beiden unmittelbar vorher besprochenen Erzählungen eine ihm von Josephus und zwar in demselben zwanzigsten Buche der “Altertümer” dargebotene Vorlage benutzt habe, keinem erheblichen Bedenken unterliegen können.
Mit einer bald darauf (Kap. 10) folgenden Erzählung hat die eben betrachtete das gemein, dass hier wie dort zwei bis dahin einander fremde Personen mittelst übernatürlicher Veranstaltung und zwar durch Visionen zusammengeführt werden. In der einen wie in der andern wird die im Vordergrunde der Geschichte stehende Person (hier Paulus, dort Petrus) durch eine Vision auf diese Begegnung vorbereitet und in die rechte Stimmung versetzt, während die andere den göttlichen Befehl erhält, die zur Herbeiführung des Zusammentreffens erforderlichen Schritte zu tun. Auch in dieser Form der Darstellung hat Lucas den Josephus zum Vorgänger. Letzterer berichtet nämlich (A. XI, 8, 4 f.), dass, als Alexander der Grosse nach Einnahme Gazas im Anmarsch auf Jerusalem begriffen war, der Hohepriester Jaddus unmittelbar nach Darbringung eines Opfers, durch welches er die seinen Mitbürgern drohende Gefahr abzuwenden suchte, im Traume die göttliche Weisung erhielt, die Stadt zu bekränzen, die Tore zu öffnen und mit den Einwohnern und den Priestern in feierlichem Aufzuge dem fremden Eroberer entgegenzugehen. Als er darauf in voller Amtstracht an der Spitze der Priester und der hauptstädtischen Bevölkerung vor Alexander erschien, wurde er von diesem zuerst ehrerbietig begrüsst. Von Parmenio hierüber befragt, erwiderte der König, dass er vor seinem Aufbruch aus Macedonien, mit den Plänen zur Unterwerfung Asiens beschäftigt, diesen Mann, gerade so wie jetzt gekleidet, gesehen habe und von ihm ermuntert worden sei, getrosten Mutes sofort das Meer zu überschreiten, da er seinem Unternehmen als Führer dienen und ihm das Perserreich übergeben werde. Jetzt rufe der Anblick desselben in ihm die Erinnerung an jenes Traumgesicht wieder wach und bestärke ihn in dem Glauben, dass sein Feldzug unter göttlicher Leitung stehe und zu Darius’ Besiegung und zur Verwirklichung aller seiner Pläne führen werde.
Die Annahme, dass diese Darstellung dem Verfasser der Apostelgeschichte die den Erzählungen 9, 10-19 und 10, 1-48 gemeinsamen Züge an die Hand gegeben habe, erscheint um so unbedenklicher, als auch noch in einem späteren Abschnitt unseres Buches der Einfluss derselben zu Tage tritt (s. zu 16, 9 f.).
[290] Ueber dieses “Stichwort pharisäischer Gesetzlichkeit” s. zu 22, 3.
9, 36-11, 18. Dieser der ausserjerusalemischen Wirksamkeit des Apostels Petrus gewidmete Abschnitt lässt besonders deutlich das Muster durchschimmern, nach welchem Lucas hier gearbeitet hat. Und zwar verdankt er dasselbe diesmal weit weniger dem Josephus als den Siebzig. Eine ungewöhnliche Anzahl augenfälliger, zum Teil geradezu überraschender Berührungen mit der Erzählung von Bileam, wie sie von letzteren wiedergegeben ist, schliesst jeden Zweifel daran aus, dass wir in dieser seine Vorlage zu erblicken berechtigt sind. Schritt für Schritt können wir die Spuren derselben verfolgen:
Num. 22. | AG. 9, 36-11, 18. | |
V. 5: καὶ ἀπέστειλε πρέσβεις πρὸς Βαλαὰμ υἱὸν Βεὼρ Φαθουρά, ὅ ἐστιν ἐπὶ τοῦ ποταμοῦ γῆς υἱῶν λαοῦ αὐτοῦ, καλέσαι αὐτὸν λέγων· (Vgl. V. 10. 15. 37.) | 9, 38: ἀπέστειλαν δύο ἄνδρας πρὸς αὐτὸν παρακαλοῦντες· (Vgl. 10, 8. 11, 13.) | |
V. 8: καὶ κατέμειναν οἱ ἄρχοντες Μωὰβ παρὰ Βαλαάμ. | 10, 32: πέμψον οὖν εἰς Ἰόππην καὶ μετακάλεσαι Σίμωνα ὃς ἐπικαλεῖται Πέτρος· 6: οὗτος ξενίζεται παρά τινι Σίμωνι βυρσεῖ, ᾧ ἐστὶν οἰκία παρὰ θάλασσαν. | |
V. 9: Τί οἱ ἄνθρωποι οὗτοι παρὰ σοί; | 9, 43: Ἐγένετο δὲ ἡμέρας ἱκανὰς μεῖναι ἐν Ἰόππῃ παρά τινι Σίμωνι βυρσεῖ. | |
V. 13 f.: καὶ ἀναστὰς Βαλαὰμ τὸ πρωῒ εἶπε τοῖς ἄρχουσι Βαλάκ· . . . καὶ ἀναστάντες οἱ ἄρχοντες Μωὰβ ἦλθον πρὸς Βαλάκ . . . | 10, 21: τίς ἡ αἰτία δι’ ἣν πάρεστε; (Vgl. V. 29.) | |
V. 16: Ἀξιῶ σε μὴ ὀκνήσῃς ἐλθεῖν πρὸς μέ. | 9, 39: ἀναστάς δὲ Πέτρος συνῆλθεν αὐτοῖς. | |
V. 19: καὶ νῦν ὑπομείνατε αὐτοῦ καὶ ὑμεῖς τὴν νύκτα ταύτην. (Vgl. V. 8.) | 10, 21: καταβὰς δὲ Πέτρος πρὸς τοὺς ἄνδρας εἶπεν· | |
V. 20: καὶ ἦλθεν ὁ θεὸς πρὸς Βαλαὰμ νυκτὸς καὶ εἶπεν αὐτῷ· Εἰ καλέσαι σε πάρεισιν[291] οἱ ἄνθρωποι οὗτοι, ἀναστὰς ἀκολούθησον αὐτοῖς· ἀλλὰ τὸ ῥῆμα ὃ ἐὰν λαλήσω πρὸς σέ, τοῦτο ποιήσεις. (Vgl. V. 35. 38.) | 9, 38: μὴ ὀκνήσῃς διελθεῖν ἕως ἡμῶν. | |
V. 21: καὶ ἀναστὰς Βαλαὰμ τὸ πρωῒ . . . ἐπορεύθη μετὰ τῶν ἀρχόντων Μωάβ. | 10, 48: τότε ἠρώτησαν αὐτὸν ἐπιμεῖναι ἡμέρας τινάς. | |
V. 22: καὶ ἀνέστη ὁ ἄγγελος τοῦ θεοῦ διαβαλεῖν αὐτόν· καὶ αὐτὸς ἐπιβεβήκει ἐπὶ τῆς ὄνου αὐτοῦ καὶ οἱ δύο παῖδες αὐτοῦ μετ’ αὐτοῦ. | V. 19 f.: τοῦ δὲ Πέτρου διενθυμουμένου περὶ τοῦ ὁράματος εἶπεν τὸ πνεῦμα αὐτῷ· ἰδοὺ ἄνδρες ζητοῦντές σε· ἀλλα ἀναστάς κατάβηθι καὶ πορεύου σὺν αὐτοῖς . . . (Vgl. 11, 12.) 21: τίς ἡ αἰτία δι’ ἣν πάρεστε; 33: νῦν οὖν πάντις ἡμεῖς ἐνώπιον τοῦ θεοῦ πάρεσμεν ἀκοῦσαι πάντα[292] . . . | |
V. 23 f.: καὶ ἰδοῦσα ἡ ὄνος τὸν ἄγγελον τοῦ θεοῦ ἀνθεστηκότα ἐν τῇ ὁδῷ . . . καὶ ἔστη ὁ ἄγγελος τοῦ θεοῦ ἐν ταῖς αὔλαξι τῶν ἀμπέλων . . . 31 f.: καὶ ὁρᾷ τὸν ἄγγελον κυρίου ὀνθεστηκότα ἐν τῇ ὁδῷ . . . καὶ εἶπεν αὐτῷ ὁ ἄγγελος τοῦ θεοῦ· | 11, 14: Πέτρον, ὃς λαλήσει ῥηματα πρός σε . . . (Vgl. 10, 44.) | |
V. 27: . . . καὶ ἰδοῦσα ἡ ὄνος τὸν ἄγγελον τοῦ θεοῦ συνεκάθισεν. | 10, 23: Τῇ δὲ ἐπαύριον ἀναστὰς ἐξῆλθεν σὺν αὐτοῖς. | |
V. 28: καὶ ἤνοιξεν ὁ θεὸς τὸ στόμα τῆς ὄνου καὶ λέγει τῷ Βαλαάμ· | V. 7: ως δὲ ἀπῆλθεν ὁ ἄγγελος ὁ λαλῶν αὐτῷ, φωνήσας δύο τῶν οἰκετῶν . . . | |
V. 31: ἀπεκάλυψε δὲ ὁ θεὸς τοὺς ὀφθαλμοὺς Βαλαάμ . . . καὶ κύψας προσεκύνησε τῷ προσώπῳ αὐτοῦ. | V. 3: εἶδεν ἐν ὁράματι . . . ἄγγελον τοῦ θεοῦ εἰσελθόντα πρὸς αὐτὸν καὶ εἰπόντα αὐτῷ· | |
V. 35: καὶ εἶπεν ὁ ἄγγελος τοῦ θεοῦ πρὸς Βαλαάμ· Συμπορεύθητι μετὰ τῶν ἀνθρώπων. | V. 30: καὶ ἰδοὺ ἀνήρ ἔστη ἐνώπιόν μου ἐν ἐσθῆτι λαμπρᾷ. | |
V. 36: καὶ ἀκούσας Βαλὰκ ὅτι ἥκει Βαλαάμ, ἐξῆλθεν εἰς συνάντησιν αὐτῷ’ . . . | 11, 13: . . . πῶς εἶδεν τὸν ἄγγελον ἐν τῷ οἶκῳ αὐτοῦ σταθέντα καὶ εἰπόντα· | |
V. 39: καὶ ἐπορεύθη Βαλαὰμ μετὰ Βαλὰκ καὶ ἦλθον εἰς πόλεις ἐπαύλεων. | 9, 40: . . . καὶ ἰδοῦσα τὸν Πέτρον ἀνεκάθισεν.[293] | |
V. 41: καὶ παραλαβὼν Βαλὰκ τὸν Βαλαὰμ ἀνεβίβασεν αὐτὸν ἐπὶ τὴν στήλην τοῦ Βαὰλ καὶ ἔδειξεν αὐτῷ ἐκεῖϑεν μέρος τι τοῦ λαοῦ. | 10, 34: Ἀνοίξας δὲ Πέτρος τὸ στόμα εἶπεν· | |
9, 40: ἡ δὲ ἤνοιξεν τοὺς ὀφθαλμοὺς αὐτῆς. 10, 25: ὁ Κορνήλιος πεσὼν ἐπὶ τοὺς πόδας προσεκύνησεν. | ||
10, 19 f.: εἶπεν τὸ πνεῦμα αὐτῷ· . . . πορεύου σὺν αὐτοῖς. | ||
11, 12: εἶπεν δὲ τὸ πνεῦμά μοι συνελθεῖν αὐτοῖς. | ||
10, 25: ὡς δὲ ἐγενετο τοῦ εἰσελθεῖν τὸν Πέτρον, συναντήσας αὐτῷ ὁ Κορνήλιος . . . | ||
V. 23 f.: Τῇ δὲ ἐπαύριον ἀναστὰς ἐξῆλθεν σὺν αὐτοῖς, καί τινες τῶν ἀδελφῶν τῶν ἀπὸ Ἰόππης συνήλθον αὐτῷ τῇ δὲ ἐπαύριον[294] εἰσῆλθαν εἰς τὴν Καισάρειαν. | ||
9, 39: ὃν παραγενόμενον ἀνήγαγον εἰς τὸ ὑπερῷον, καὶ παρέστησαν αὐτῷ πᾶσαι αἱ χῆραι κλαίουσαι καὶ ἐπιδεικνύμεναι χιτῶνας . . . 41: παρέστησεν αὐτὴν ζῶσαν. |
An die von Lucas benutzte Vorlage erinnert auch die in der Erzählung von dem Hauptmanne Cornelius bemerkbare Breite und Umständlichkeit. Ganz wie der alttestamentliche Schriftsteller seinem Helden eine fast wörtliche Wiederholung des von ihm selbst schon Mitgeteilten (V. 5 f.) in den Mund legt (V. 10 f.), vernehmen wir auch von Cornelius und Petrus ausführliche Berichte über Tatsachen, mit denen wir bereits von Lucas benannt gemacht worden sind (10, 30-33 = V. 2-8.—11, 5-15 = 10, 9-20. 23-25. 30-32. 34. 44-46). Beachtenswert ist ferner in dem ganzen Abschnitte 9, 36-11, 18 der häufige Gebrauch von Wörtern und Formen, welche uns auch in der alttestamentlichen Erzählung öfter begegnen, z. B. ἀναστάς (Num. 22, 13. 20 f. [ἀναστάντες V. 14]. AG. 9, 39. 10, 13. 20. 23. 11, 7, andere Formen von ἀνίστημι 9, 40 zw. 10, 26), ἀποστέλλειν (Num. 22, 5. 10. 15. 37. 40. AG. 9, 38. 10, 8. 17. 20. 36. 11, 11. 13), ἰδεῖν (Num. 22, 2. 23. 25. 27. 33 [ὁρᾶν V. 31]. AG. 9, 40. 10, 3. 17. 11, 5 f. 13), ἰδού (Num. 22, 5 zw. 11. 32. 38. AG. 10, 17. 19. 21. 30. 11, 11), λαλεῖν (Num. 22, 8. 19 f. 35. 38 zw. AG. 10, 7. 44. 11, 14 f.), ῥῆμα (Num. 22, 7. 18. 20. 35. 38. AG. 10, 22. 37. 44. 11, 14. 16). Καὶ νῦν mit folgendem Imperativ (AG. 10, 5) weist gleichfalls auf Num. 22, wo es in dieser Verbindung dreimal vorkommt (V. 6. 11. 19, ausserdem noch V. 34).[295] Nicht anders verhält es sich mit ἄγγελος τοῦ ϑεοῦ (AG. 10, 3), das uns in dem genannten Abschnitte fünfmal begegnet (V. 22 f. 26 f. 32), während sich bei Lucas anderwärts diese Verbindung bloss im Plural (Lc. 12, 8 f. 15, 10), ausserdem aber nur ἄγγελος κυρίου (Lc. 1, 11. 2, 9. AG. 5, 19. 8, 26. 12, 7. 23) wie Num. 22, 31 oder bloss ἄγγελος (Lc. 1, 13. 18 f. 28. 30. 34 f. 38. 2, 10. 13. 15 ö. AG. 6, 15. 7, 30. 35. 38 ö., mit dem Beisatz ἅγιος 10, 22) findet.[296]
Wenn Lucas bei Ausarbeitung des eben besprochenen Abschnittes vorzugsweise durch das ihm von den Siebzig gebotene Muster beeinflusst worden ist, so schliesst dies keineswegs aus, dass er die Erzählung von Bileam auch in der stark verkürzten Fassung, in der wir sie bei Josephus lesen, gekannt und aus ihr sich Einzelnes angeeignet hat. Dass diese Annahme nicht der Wahrscheinlichkeit ermangelt, wird folgende Vergleichung lehren:
A. IV, 6, 2: οἱ δέ . . . πέμπουσι μετὰ τῶν Βαλάκου πρέσβεων ἄνδρας τῶν παρ’ αὐτοῖς ἀξιολόγων παρακαλέσοντας κτλ. | AG. 9, 38: ἀπέστειλαν δύο ἄνδρας πρὸς αὐτὸν παρακαλοῦντες· | |
10, 5: καὶ νῦν πέμψον ἄνδρας εἰς Ἰόππην. | ||
Ebd.: παραγενομένους δὲ τοὺς πρέσβεις δέχεται ξενίᾳ φιλοφρόνως καὶ δειπνίσας ἀνέκρινε κτλ. | 9, 39: ὃν παραγενόμενον ἀνήγαγον . . . 10, 33: σύ τε καλῶς ἐποίησας παραγενόμενος. 23: εἰσκαλεσάμενος οὖν αὐτοὺς ἐξένισεν. |
Von einer Bewirtung der Gesandten Balaks durch Bileam ist im A. T. nirgends die Rede. Ebenso verdient es Beachtung, dass die Num. 22 nicht vorkommenden Wörter ἄνδρες (noch 10, 17. 19. 21. 11, 11), κωλύειν (10, 47. 11, 17), παρακαλεῖν und πέμπειν (letzteres noch 10, 32 f.) sich sämtlich, und zwar mit Ausnahme des zweiten wiederholt, in dem entsprechenden Abschnitte der “Altertümer” finden[297], welcher dem Lucas durch τὴν δὲ ὁδὸν αὐτοῦ διακωλύοντος (§ 3) auch die Verbindung von κωλύειν mit einem sachlichen Object (10, 47) nahe legen konnte, die wir bei ihm nur noch einmal (Lc. 6, 29) antreffen.
Noch in zwei weiteren, nicht aus dem N. T. abzuleitenden Einzelzügen bietet der Abschnitt 9, 36-11, 18 bemerkenswerte Berührungen mit Josephus. Zunächst ist es auffällig, dass das anfänglich (9, 36) nur zur Uebersetzung des aramäischen Ταβιϑά dienende Δορκάς bald darauf (V. 39) geradezu an Stelle dieses Namens tritt. Meyer nimmt an, dass der griechisch ausgedrückte Eigenname als der den nichtjüdischen Leser mehr ansprechende, vielleicht auch in der Stadt selbst neben dem hebräischen Namen gangbar gewesene hier wiederholt sei. Indessen wird sich die Möglichkeit nicht leugnen lassen, dass Lucas’ Ausdrucksweise durch die schon von Ott (S. 279) angeführte Stelle des Josephus (K. IV, 3, 5) beeinflusst ist: Ἰωάννην τινὰ πέμπουσι τὸν ἐξ αὐτῶν εἰς φόνους προχειρότατον· Δορκάδος οὗτος ἐκαλεῖτο παῖς κατὰ τὴν ἐπιχώριον γλῶσσαν. Hier erscheint Δορκάς in einem Zusammenhange, der den Schluss, dass dieses Wort als Eigenname gebräuchlich gewesen sei[298], auch einem Leser nahe legen konnte, der dies noch nicht aus griechischen Schriftstellern wusste.
12, 2. 2 Chron. 24, 1). Der Fall, dass dem Namen eines Mannes derjenige seiner Mutter, nicht, wie gewöhnlich, der des Vaters beigefügt wird, kommt auch im A. T. vor (1 Sam. 26, 6. 2 Sam. 2, 13. 1 Kön. 1, 7. 2, 5. 22).]
Weiterhin werden wir durch das Gesicht des Petrus und die dasselbe begleitende Aufforderung: ϑῦσον καὶ φάγε (10, 10-16. 11, 5-10) an eine von Josephus (Ap. II, 8) mitgeteilte fabelhafte Erzählung des Judenfeindes Apion erinnert. Dieser zufolge fand Antiochus Epiphanes beim Eintritt in den Tempel zu Jerusalem auf einem Ruhebette, vor dem ein mit allerlei Speisen besetzter Tisch stand, einen Menschen, welcher, von des Königs Erscheinen überrascht, ihn ehrfurchtsvoll als Retter begrüsste und fussfällig um Befreiung anflehte und dann auf Befragen aussagte, dass er, ein geborener Grieche, auf einer Reise von den Juden überfallen und in den Tempel geschleppt worden sei, wo man ihn einem alten Herkommen gemäss ein Jahr lang mäste, um ihn dann feierlich zu opfern. Man vergleiche besonders:
Ap. II, 8[299]: dixit (sc. Apion) Antiochum in templo invenisse lectum et hominem in eo iacentem et propositam ei mensam maritimis terrenisque et volatilium dapibus plenam, et obstipuisset hic homo . . . et primum quidem haec sibi inopinabilia beneficia prodidisse et detulisse laetitiam deinde suspicionem postea stuporem. | AG. 10, 10-12: ἐγένετο ἐπ’ αὐτὸν ἔκστασις καὶ ϑεωρεῖ . . . σκεῦός τι ὡς ὀϑόνην μεγάλην . . . ἐν ᾧ ὑπῆρχεν πάντα τὰ τετράποδα καὶ ἑρπετὰ τῆς γῆς καὶ πετεινὰ τοῦ οὐρανοῦ. 11, 5 f.: εἶδον ἐν ἐκστάσει ὅραμα, καταβαῖνον σχεῦός τι ὡς ὀϑόνην μεγάλην . . . καὶ εἶδον τὰ τετράποδα τῆς γῆς καὶ τὰ ϑηρία καὶ τὰ ἑρπετὰ καὶ τὰ πετεινὰ τοῦ οὐρανοῦ. |
Selbst durch das fremdsprachliche Gewand, welches die Erzählung des Josephus jetzt trägt, schimmern die Uebereinstimmungen des ursprünglichen Textes mit demjenigen des Lucas noch deutlich hindurch, indem volatilia ebenso sicher Uebersetzung von πετεινά, wie obstipuisset von ἐξέστη und stupor von ἔκστασις ist.[300] Somit dürfte dem Lucas ein bedeutsamer Zug seiner Erzählung, für den ihm das A. T. kein Vorbild bieten konnte, von der Schrift gegen Apion an die Hand gegeben sein.
[291] Beachte die gleiche Construction von παρεῖναι (mit Infinitiv Aoristi).
[292] Beachte die gleiche Construction von παρεῖναι (mit Infinitiv Aoristi).
[293] Zum Wechsel der Präposition vgl. die S. 42 und 149 angeführten Beispiele.
[294] Dass selbst ἐπαύριον durch ἐπαύλεων veranlasst ist, halten wir deshalb für wahrscheinlich, weil diese Form zuerst in unserm Abschnitte (V. 9) an die Stelle des bis dahin von Lucas ausnahmslos (Lc. 10, 35. 12, 28. 13, 32 f. AG. 4, 3. 5) gebrauchten αὔριον tritt, welches von da ab nur noch zweimal (23, 20. 25, 22) anstatt des nunmehr die Regel bildenden ἐπαύριον (14, 20. 20, 7. 21, 8. 22, 30. 23, 32. 25, 6. 23) vorkommt.
[295] καὶ νῦν bei Lucas noch AG. 7, 34. 13, 11. 20, 25. 22, 16, nur an der ersten Stelle mit einem imperativischen δεῦρο verbunden.
[296] AG. 27, 23 ist mit 10, 3 nicht gleichartig, weil dort τοῦ ϑεοῦ voransteht und durch einen Relativsatz näher bestimmt wird.
[297] ἄνδρες und πέμπειν je zweimal (§ 2 f.), παρακαλεῖν dreimal (§ 2).
[298] S. Pape-Benseler I, 319. Im Hebräischen entspricht צִבְיָה (2 Kön.
[299] Der Teil der Schrift gegen Apion, in welchem diese Erzählung sich findet, ist uns nur in lateinischer Uebersetzung erhalten.
[300] Die Vulgata gibt gewöhnlich πετεινά durch volucres (Mt. 8, 20. 13, 4. 32. Mc. 4, 4. Lc. 8,5. 9, 58. 13, 19. Röm. 1, 23. Jac. 3, 7) und ἐξίστασϑαι durch stupere (Mt. 12, 23. Mc. 6, 51. Lc. 2, 47. 8, 56. AG. 2, 7. 12. 8, 13. 9, 21), aber auch ersteres durch volatilia (Mt. 6, 26. AG. 10, 12. 11, 6), letzteres durch obstupescere (Mc. 5, 42. AG. 10, 45. 12, 16), ἔκστασις durch stupor (Mc. 5, 42. Lc. 5, 26) und stupor mentis (AG. 22, 17).
11, 27-30. Der hier berichteten Hungersnot gedenkt auch Josephus an drei Stellen, die bereits von Ott (S. 286 f.) und Krebs (S. 210 ff.) zur Erläuterung der Apostelgeschichte herangezogen worden sind. Holtzmann (1877, S. 538) findet die Erwähnung dieses Ereignisses bei Lucas “in hervorragender Weise bezeichnend” und meint: “Hier dürfte es denn doch mit Händen zu greifen sein, woher wenigstens ein guter Teil der Farben entlehnt ist, mit deren Hilfe die lucanische Darstellung ihren Inhalt der allgemeinen Weltgeschichte und ihrer Prosa zu nähern bestrebt ist.” Damit trifft das Urteil Keims (S. 20) zusammen, dass Lucas “die grosse jüdische Hungersnot unter Kaiser Claudius . . . mit den Worten des Josephus erzähle und seinerseits, wie Josephus durch die Fürsorge der Königin Helena von Adiabene, durch eine allzufrühe antiochenische Collecte für die Christen Jerusalems gemildert werden lasse.” Wir stellen zunächst zum Zwecke der Vergleichung die beiderseitigen Berichte einander gegenüber:
A. III, 15, 3: Κλαυδίου Ῥωμαίων ἄρχοντος, Ἰσμαήλου δὲ παρ’ ἡμῖν ἀρχιερέως ὄντος καὶ λιμοῦ τὴν χώραν ἡμῶν καταλαβόντος, ὡς τεσσάρων δραχμῶν πωλεῖσϑαι τὸν ἀσσαρῶνα, κομισϑέντος ἀλεύρου κατὰ τὴν ἑορτὴν τῶν ἀζύμων εἰς κόρους ἑβδομήκοντα . . . οὐδεὶς ἐτόλμησε τῶν ἱερέων κρίμνον ἑμφαγεῖν τοσαύτης ἀπορίας τὴν γῆν κατεχούσης κτλ. | AG. 11, 27-30: Ἐν ταύταις δὲ ταῖς ἡμέραις κατῆλϑον ἀπὸ Ἱεροσολύμων προφῆται εἰς Ἀντιόχειαν· ἀναστὰς δὲ εἷς ἐξ αὐτῶν ὄνοματι Ἄγαβος ἐσήμανεν διὰ τοῦ πνεύματος λιμὸν μεγάλην μέλλειν ἔσεσϑαι ἐφ’ ὅλην τὴν οἰκουμένην· ἥτις ἐγενετο ἐπὶ Κλαυδίου. τῶν δὲ μαϑητῶν καϑὼς εὐπορεῖτό τις, ὥρισαν ἕκαστος αὐτῶν εἰς διακονίαν πέμψαι τοῖς κατοικοῦσιν ἐν τῇ Ἰουδαίᾳ ἀδελφοῖς· ὃ καὶ ἐποίησαν ἀποστείλαντες πρὸς τοὺς πρεσβυτέρους διὰ χειρὸς Βαρνάβα καὶ Σαύλου. | |
XX, 2, 5: τοῦ δὲ (sc. υἱοῦ) πάνυ προϑύμως τῇ μητρὶ παρακαλούσῃ κατανεύσαντος καὶ πολλὴν παρασκευὴν τῶν εἰς τὴν ἀποστολὴν ἑτοιμασαμένου καὶ χρήματα πλεῖστα δόντος, καταβαίνει εἰς τὴν Ἱεροσολυμιτῶν πόλιν προπέμποντος ἐπὶ πολὺ τοῦ παιδός. γίνεται δὲ αὐτῆς ἡ ἄφιξις πάνυ συμφέρουσα τοῖς Ἱεροσολυμίταις· λιμοῦ γὰρ αὑτῶν τὴν πόλιν κατὰ τὸν καιρὸν ἐκεῖνον πιεζοῦντος καὶ πολλῶν ὑπ’ ἐνδείας ἀναλωμάτων φϑειρομένων, ἡ βασιλὶς Ἑλένη πέμπει τινὰς τῶν ἑαυτῆς, τοὺς μὲν εἰς τὴν Ἀλεξάνδρειαν πολλῶν σῖτον ὠνησομένους χρημάτων, τοὺς δ’ εἰς Κύπρον ἰσχάδων φόρτον οἴσοντας. ὡς δ’ ἐπανῆλϑον ταχέως κομίζοντες τοῖς ἀπορουμένοις διένειμε τροφήν καὶ μεγίστην αὐτῆς μνήμην τῆς εὐποιίας ταύτης εἰς τὸ πᾶν ἡμῶν ἔϑνος καταλέλοιπε. πυϑόμενος δὲ καὶ ὁ παῖς αὐτῆς Ἰζάτης τὰ περὶ τὸν λιμὸν ἔπεμψε πολλὰ χρήματα τοῖς πρώτοις τῶν Ἱεροσολυμιτῶν. | ||
Ebd. 5, 2: ἐπὶ τούτου δὲ καὶ τὸν μέγαν λιμὸν κατὰ τὴν Ἰουδαίαν συνέβη γενέσϑαι, καϑ’ ὃν καὶ ἡ βασίλισσα Ἑλένη πολλῶν χρημάτων ὠνησαμένη σῖτον ἀπὸ τῆς Αἰγύπτου διένειμε τοῖς ἀπορουμένοις, ὡς προεῖπον. |
Somit erzählt Lucas im Einklange mit Josephus, dass unter der Regierung des Kaisers Claudius eine grosse Hungersnot stattfand, die sich auch in Jerusalem fühlbar machte, und dass durch dieselbe Auswärtige zur Unterstützung ihrer dortigen Glaubensgenossen veranlasst wurden und die zu diesem Zwecke gesammelten Liebesgaben in die Hände von Männern legten, welche vermöge ihrer Stellung und ihres Ansehens als besonders vertrauenswürdig erschienen. Dagegen tritt zwischen beiden Schriftstellern insofern ein Widerspruch zu Tage, als nach Josephus von jener Hungersnot bloss Judäa betroffen wurde, während sie sich nach Lucas ἐφ’ ὅλην τὴν οἰκουμένην erstreckte. Die Angabe des letzteren erklärt sich aus seiner uns schon bekannten Vorliebe für den hyperbolischen Ausdruck οἰκουμένη und steht also auf gleicher Stufe, wie die in dem Bericht über die Schatzung des Quirinius vorliegende Abweichung von Josephus, daher wir auf das bei Besprechung derselben Gesagte verweisen dürfen (s. zu 2, 1 ff., S. 68 f.).[301]
Den sachlichen Uebereinstimmungen stehen mehrfache sprachliche Berührungen zur Seite, die nicht wohl zufällig sein können. Es ist zunächst beachtenswert, dass Lucas, der anderwärts den Namen römischer Herrscher den Beisatz Καῖσαρ hinzufügt (Lc. 2, 1.3, 1), sich hier ganz wie Josephus (A. III, 15, 3) mit dem blossen Κλαύδιος begnügt und durch die Verbindung dieses Namens mit dem zeitlichen ἐπὶ dem Ausdrucke des letzteren (ἐπὶ τούτου XX, 5, 2) möglichst nahe kommt. Josephus’ ἀποστολήν klingt gerade so in dem ἀποστείλαντες des Lucas wieder, wie sein zweimaliges ἀπορεῖσϑαι (vgl. ἀπορία) bei diesem sein Gegenteil εὐπορεῖσϑαι veranlasst haben wird.[302] Da ferner in den unmittelbar vorhergehenden und nachfolgenden Abschnitten der Apostelgeschichte ausschliesslich die Form Ιερουσαλήμ erscheint (9, 2. 13. 21. 26. 28. 10, 39. 11, 2. 22. 12, 25), so erklärt sich das ganz vereinzelt stehende Ἱεροσόλυμα des obigen Abschnittes am einfachsten aus den Ἱεροσολυμίταις des Josephus.[303] So vereinigen sich sachliche und sprachliche Gründe zur Empfehlung der von Holtzmann und Keim vertretenen Ansicht, daher auch wir uns unbedenklich zu derselben bekennen.
[301] Auch Schürer findet hier bei Lucas eine “ebenso ungeschichtliche Generalisirung wie beim Census des Quirinius” (I, 474), erklärt dieselbe aber daraus, dass dieser Schriftsteller “aus den mehrfachen Hungersnöten, welche zur Zeit des Claudius verschiedene Reichsgebiete in ungewöhnlicher Weise heimsuchten, eine ἐφ’ ὅλην τὴν οἰκουμένην sich erstreckende Hungersnot macht” (S. 454). Diese Annahme ist weniger einfach als die unsrige und nötigt zu der Voraussetzung, dass Lucas die drei übrigen in Claudius’ Regierungszeit fallenden Hungersnöte, welche Schürer (S. 474) anführt, gekannt habe, obgleich keine derselben von Josephus erwähnt wird.
[302] Das im N. T. nicht weiter vorkommende εὐπορεῖν findet sich auch bei Josephus, wie hier, in medialer Form gebraucht, z. B. A. XVII, 9, 3: οἱ νεωτερισταὶ . . . τροφῆς ηὐποροῦντο. XIX, 1, 8: ἀνδρὸς ηὐπόρητο οὐ μόνον στέγην ὧν πύϑοιτο προσϑησομένου . . . L. 7: ϑεασάμενοι τοὺς μὲν λῃστὰς ἅμα τοῖς νεωτερισταῖς εὐπορουμένους ὅπλων.
[303] Ebenso erklärt sich das 13, 13 zwischen vorangehendem (12, 25) und nachfolgendem (13, 27. 31. 15, 2. 4) Ἱερουσαλήμ stehende Ἱεροσόλυμα aus der für Kap. 13 und 14 anzunehmenden Benutzung eines von heidenchristlicher Hand verfassten Reiseberichtes.
12, 1-23. Die diesen Abschnitt zur grösseren Hälfte ausfüllende Erzählung von Petrus’ Einkerkerung und wunderbarer Befreiung enthält einige Einzelheiten, in welchen man Josephus’ Einfluss vermuten darf. In dem Beweggrunde, der nach Lucas’ Angabe den König Herodes Agrippa zur Verfolgung der Christen veranlasste (V. 3), hat bereits Baur (Paulus I, 180) einen Berührungspunkt mit dem jüdischen Geschichtschreiber gefunden, welcher an diesem Fürsten das Streben nach Popularität in Verbindung mit strenger Anhänglichkeit an den Nationalcultus besonders hervorhebt. Holtzmann ist dieser Ansicht beigetreten (1880, S. 124 f.). Die hier in Betracht kommende Stelle (A. XIX, 7, 3) lautet folgendermassen:
Ἐπεφύκει δ’ ὁ βασιλεὺς οὗτος εὐεργετικὸς εἶναι ἐν δωρεαῖς καὶ μεγαλοφρονῆσαι ἔϑνη φιλότιμος καὶ πολλοῖς ἀϑρόως δαπανήμασιν ἀνιστὰς αὑτὸν εἰς ἐπιφάνειαν ἡδόμενος τῷ χαρίζεσϑαι καὶ τῷ βιοῦν ἐν εὐφημίᾳ χαίρων . . . πραῢς δ’ ὁ τρόπος Ἀγρίππα καὶ πρὸς πάντας τὸ εὐεργετικὸν ὅμοιον. τοῖς ἀλλοεϑνέσιν ἦν φιλάνϑρωπος κἀκείνοις ἐνδεικνύμενος τὸ φιλόδωρον τοῖς ὁμοφύλοις ἀναλόγως χρηστὸς καὶ συμπαϑὴς μᾶλλον. ἡδεῖα γοῦν αὐτῷ δίαιτα καὶ συνεχὴς ἐν τοῖς Ἱεροσολύμοις ἦν καὶ τὰ πάτρια καϑαρῶς ἐτήρει. διὰ πάσης γοῦν αὑτὸν ἦγεν ἁγνείας, οὐδ’ ἡμέρα τις παρώδευεν αὐτῷ [τὰ νόμιμα] χηρεύουσα θυσίας.
Ferner hat die sich von selbst öffnende eiserne Tür, zu welcher der Weg aus Petrus’ Gefängnis durch eine doppelte Wache führt, ein bereits von Ott (S. 288) bemerktes Seitenstück bei Josephus, der unter den Schreckzeichen, welche den Untergang Jerusalems ankündigten, auch die auf unerklärliche Weise erfolgte Oeffnung des uns schon bekannten östlichen Tempeltores (s. zu 3, 2. 10, S. 159) erwähnt.[304] Die sachlichen und sprachlichen Aehnlichkeiten beider Erzählungen zeigt folgende Zusammenstellung:
K. VI, 5, 3: ἡ δὲ ἀνατολικὴ πύλη τοῦ ἐνδοτέρω, χαλκῆ μὲν οὖσα καὶ στιβαρωτάτη, κλειομένη δὲ περὶ δείλην μόλις ὑπ’ άνδρῶν εἴκοσι, καὶ μοχλοῖς μὲν ἐπερειδομένη σιδηροδέτοις, καταπήγας δ’ ἔχουσα βαθυτάτους εἰς τὸν οὐδὸν ὄντα διηνεκοῦς λίθου καθιεμένους, ὤφθη κατὰ νυκτὸς ὥραν ἕκτην αὐτομάτως ἠνεῳγμένη· δραμόντες δ’ οἱ τοῦ ἱεροῦ φύλακες ἤγγειλαν τῷ στρατηγῷ, κἀκεῖνος ἀναβὰς μόλις αὐτὴν ἴσχυσε κλεῖσαι. | AG. 12, 6: τῇ νυκτὶ ἐκείνῃ ἦν ὁ Πέτρος κοιμώμενος μεταξὺ δύο στρατιωτῶν, δεδεμένος ἁλύσεσιν δυσίν, φύλακές τε πρὸ τῆς θύρας ἐτήρουν τὴν φυλακήν. V. 10: διελθόντες δὲ πρώτην φυλακὴν καὶ δευτέραν ἦλθαν ἐπὶ τὴν πύλην τὴν σιδηρᾶν τὴν φέρουσαν εἰς τὴν πόλιν, ἥτις αὐτομάτη ἠνοίγη αὐτοῖς. |
Auch πύλαι σιδηραῖ kommen bei Josephus vor (K. VII, 7, 4). Ueberdies bietet V. 10 unverkennbare sprachliche Berührungen mit A. IX, 7, 2: ἡ δὲ μετὰ ταύτην (sc. μοῖρα) ἑχέτω τὴν τῆς ἀνοιγομένης καὶ φερούσης εἰς τὸ βασίλειον πύλης φυλακήν. Endlich berühren sich die Worte Ἡρώδης . . . ἀνακρίνας τοὺς φύλακας έκέλευσεν ἀπαχθῆναι (V. 19) mit Stellen wie A. VIII, 15, 4: Μιχαίαν . . . ἐκέλευσεν ὁ βασιλεὺς ἀπαχθέντα φυλάττεσθαι πρὸς Ἀχάμωνα τὸν τῆς πόλεως ἄρχοντα. K. II, 12, 2: ὁ δέ (sc. Κουμανὸς) . . . συνιδὼν ἠξίου προςάγειν τε τὸν στρατιώτην καὶ διὰ μέσων τῶν αἰτιωμένων ἀπαχθῆναι τὴν ἐπὶ θανάτῳ κελεύει. VI, 2, 7: Καῖσαρ . . . κελεύσας ἀπαχθῆναι τὴν ἐπὶ θάνατῳ τῶν ἀπολεσάντων (sc. τοὺς ἵππους) τῶν στρατιωτῶν ἕνα κτλ.[305]
Noch mehr als durch die soeben betrachtete erste werden wir durch die mit derselben in enger Verbindung stehende zweite Erzählung dieses Abschnittes der Apostelgeschichte (V. 19-23) an Josephus erinnert. Der Bericht, den der jüdische Geschichtschreiber von dem plötzlichen Tode des Königs Herodes Agrippa gibt, ist bereits von Ott (S. 290 f.) und Krebs (S. 215 ff.) einer Vergleichung mit demjenigen des Lucas unterzogen worden. Wir lassen zunächst beide Schriftsteller mit ihren eigenen Worten reden:
A. XIX, 8, 2: Τρίτον δὲ ἔτος αὐτῷ βασιλεύοντι τῆς ὅλης Ἰουδαίας πεπλήρωτο, καὶ παρῆν εἰς πόλιν Καισάρειαν . . . συνετέλει δὲ ἐνταῦθα θεωρίας εἰς τὴν Καίσαρος τιμὴν ὑπὲρ τῆς ἐκείνου σωτηρίας ἑορτήν τινα ταύτην ἐνιστάμενος, καὶ παρ’ αὐτὴν ἤθροιστο τῶν κατὰ τὴν ἐπαρχίαν ἐν τέλει καὶ προβεβηκότων εἰς ἀξίαν πλήθος. δευτέρᾳ δὴ τῶν θεωριῶν ἡμέρᾳ στολὴν ἐνδὺς ἐξ ἀργύρου πεποιημένην πᾶσαν, ὡς θαυμάσιον ὑφὴν εἶναι, παρῆλθεν εἰς τὸ θέατρον ἀρχομένης ἡμέρας. ἔνθα ταῖς πρώταις τῶν ἡλιακῶν ἀκτίνων ἐπιβολαῖς ὁ ἄργυρος καταυγασθεὶς θαυμασίως ἀπέστιλβε, μαρμαίρων τι φοβερὸν καὶ τοῖς εἰς αὐτὸν ἀτενίζουσι φρικῶδες. εὐθὺς δὲ οἱ κόλακες τὰς οὐδὲ ἐκείνῳ πρὸς ἀγαθοῦ ἄλλος ἄλλοθεν φωνὰς ἀνεβόων, θεὸν προσαγορεύοντες εὐμενὴς τε εἴης ἐπιλέγοντες, εἰ καὶ μέχρι νῦν ὡς ἄνθρωπον ἐφοβήθημεν, ἀλλὰ τοὐντεῦθεν κρείττονά σε θνητῆς φύσεως ὁμολογοῦμεν. οὐκ ἐπέπληξεν τούτοις ὁ βασιλεὺς οὐδὲ τὴν κολακείαν ἀσεβοῦσαν ἀπετρίψατο. ἀνακύψας δ’ οὖν μετ’ ὀλίγον τὸν βουβῶνα τῆς ἑαυτοῦ κεφαλῆς ὑπερκαθιζόμενον εἶδεν ἐπὶ σχοινίου τινός. ἄγγελον τοῦτον εὐθὺς ἐνόησεν κακῶν εἶναι τὸν καί ποτε τῶν ἀγαθῶν γενόμενον, καὶ διακάρδιον ἔσχεν ὁδύνην, ἄθρουν δ’ αὐτῷ τῆς κοιλίας προσέφυσεν ἄλγημα, μετὰ σφοδρότητος ἀρξάμενον . . . συνεχεῖς δ’ ἐφ’ ἡμέρας πέντε τῷ τῆς γαστρὸς ἀλγήματι διεργασθεὶς τὸν βίον κατέστρεψεν κτλ. | AG. 12, 19-23: Ἡρώδης . . . κατελθὼν ἂπὸ τῆς Ἰουδαίας εἰς Καισάρειαν διέτριβεν. [306] Ἦν δὲ θυμομαχῶν Τυρίοις καὶ Σιδωνίοις· ὁμοθυμαδὸν δὲ παρῆσαν πρὸς αὐτόν, καὶ πείσαντες Βλάστον τὸν ἐπὶ τοῦ κοιτῶνος τοῦ βασιλέως, ᾐτοῦντο εἰρήνην, διὰ τὸ τρέφεσθαι αὐτῶν τὴν χώραν ἀπὸ τῆς βασιλικῆς. τακτῇ δὲ ἡμέρᾳ ὁ Ἡρώδης ἐνδυσάμενος ἐσθῆτα βασιλικὴν καθίσας ἐπὶ τοῦ βήματος ἐδημηγόρει πρὸς αὐτούς· ὁ δὲ δῆμος ἐπεφώνει· θεοῦ φωνὴ καὶ οὐκ ἀνθρώπου. παραχρῆμα δὲ ἐπάταξεν αὐτὸν ἄγγελος κυρίου ἀνθ’ ὧν οὐκ ἔδωκεν τὴν δόξαν τῷ θεῷ, καὶ γενόμενος σκωληκόβρωτος ἐξέψυξεν. |
Eine vergleichende Betrachtung dieser Erzählungen zeigt uns in denselben eine Reihe wesentlicher Uebereinstimmungen. Als solche heben wir folgende Punkte hervor:
Herodes begibt sich (von Judäa) nach Cäsarea. Hier erscheint er, mit einem prachtvollen Gewand angetan, inmitten einer zahlreichen Volksversammlung. Bei dieser Gelegenheit wird er durch laute Zurufe als ein Gott begrüsst und lädt dadurch Schuld auf sich, dass er diese Schmeichelei, anstatt sie gebührend zurückzuweisen, ruhig hinnimmt. Das göttliche Strafgericht folgt diesem Vergehen auf dem Fusse, indem er alsbald von einer Krankheit befallen wird, die binnen Kurzem seinen Tod herbeiführt.
Auf der andern Seite weichen beide Berichte in manchen Einzelheiten von einander ab. So findet Josephus den Anlass zu der Versammlung in Festspielen, welche Herodes Agrippa zu Ehren des Kaisers (Claudius) veranstaltet, Lucas dagegen in einer den König um Frieden bittenden Gesandtschaft der Städte Tyrus und Sidon. Demgemäss erscheint er bei jenem unter den Zuschauern, bei diesem auf der Rednerbühne[307], um den Gesandten Bescheid zu erteilen. Nach Josephus bewirkt der Anblick seines in den Strahlen der Morgensonne erglänzenden Gewandes, nach Lucas der Eindruck der von ihm gehaltenen Rede die ihn als Gott begrüssenden Zurufe, welche ersterer seinen Schmeichlern, letzterer der gesamten Volksmenge in den Mund legt. Nach der einen Darstellung wird er an sein nahes Ende durch ein von ihm sofort verstandenes Vogelzeichen gemahnt, nach der andern schlägt ihn der Engel des Herrn, ohne dass eine Ankündigung seines Todes vorausgeht. Als Ursache desselben bezeichnet Josephus eine schmerzhafte Unterleibskrankheit, während er nach Lucas bei lebendigem Leibe von Würmern aufgezehrt wird. Endlich nennt jener den König durchgängig Agrippa, dieser dagegen Herodes.
Dass über das Verhältnis dieser beiden Darstellungen, in welchen der Uebereinstimmung in der Hauptsache mancherlei Widersprüche in nebensächlichen Punkten gegenüberstehen, sehr verschiedene Urteile laut geworden sind, darf niemand wundernehmen.[308] Schürer (1876, S. 581 f.) hat namentlich Lucas’ Abweichungen von Josephus betont und das Ergebnis seiner Untersuchung dahin zusammengefasst, dass sie ihm die Selbständigkeit des ersteren und seine Unbekanntschaft mit letzterem ins hellste Licht zu setzen scheinen. Hierauf ist von Holtzmann (1877, S. 536 f.) entgegnet worden, dass die ταϰτὴ ἡμέϱα, da Herodes ἐνδυσάμενος ἐσϑῆτα βασιλιϰήν öffentlich auftrat und durch Volksruf zum Gott erhoben wurde (AG. 12, 21 f.), immer noch an A. XIX, 8, 2: δευτέϱᾳ δὲ τῶν ϑεωϱιῶν ἡμέϱᾳ στολὴν ἐνδὺς ἐξ ἀϱγύϱου πεποιημένην und ϑεὸν πϱοσαγοϱεύοντες erinnere, daher er annimmt, dass Lucas das seinem religiösen Pragmatismus zusagendere Colorit auf den Hintergrund der Darstellung des Josephus aufgetragen habe. Den Schluss, dass Josephus dem Lucas unbekannt gewesen sein müsse, weil dieser den Tod des Tyrannen zwar auch in einem wunderbaren Lichte, aber doch anders erzählt als dieser, erklärt er für voreilig unter Hinweis darauf, dass Lucas auch die Berufung des Petrus anders als Matthäus und Marcus erzähle, deren Bericht ihm sicher bekannt war, und dass er ebenso in zahlreichen Fällen zu den Aussagen der paulinischen Briefe in Widerspruch trete. Keim (S. 3) schlägt den Einfluss von Josephus’ Darstellung auf diejenige des Lucas geringer an, indem er “den tragischen Untergang des Königs Agrippa I., wo die Apostelgeschichte trotz der Berührungspunkte anerkanntermassen einen von Josephus wesentlich unabhängigen Sagenkranz gewunden hat”, zu der “Menge von Stoffen im Evangelium wie in der Apostelgeschichte” rechnet, welche von Lucas, obgleich jener “Parallelen oder Ergänzungen bot, ganz ohne dessen Beihilfe durchgeführt ist”.
Um in dieser Frage zu einem möglichst sicheren Ergebnisse zu gelangen, empfiehlt es sich, die in beiden Berichten zu Tage tretenden Verschiedenheiten zum Ausgangspunkte zu nehmen. Nicht alle derselben fallen gleichmässig zu Gunsten derjenigen Ansicht ins Gewicht, welche Lucas’ völlige Unabhängigkeit von Josephus behauptet und ihn somit aus einer andern Quelle schöpfen lässt, vielmehr erscheinen die meisten von ihnen recht wohl mit der Annahme verträglich, dass ersterer die Darstellung des letzteren gekannt und benutzt und bloss bei einigen Einzelzügen derselben absichtliche Veränderungen vorgenommen habe. Der an heidnische auguria erinnernde Uhu musste jedem christlichen Leser zum Anstosse gereichen, daher seine Beseitigung unerlässlich war. Eine Aufforderung, denselben durch einen Engel zu ersetzen, konnte Lucas schon in Josephus’ Worten ἄγγελον τοῦτον εὐθὺς ἐνόησεν κακῶν εἶναι erblicken und überdies boten sich ihm zu dem von letzterem bezeugten schnellen Ende des Königs Parallelen in alttestamentlichen Erzählungen, welche als Urheber plötzlicher Todesfälle den Engel des Herrn bezeichneten und unserm Schriftsteller mit dem Gedanken zugleich den treffenden Ausdruck für denselben an die Hand gaben (2 Sam. 24, 16 f. 2 Kön. 19, 35. Jes. 37, 36). Ferner musste ihm das schmerzhafte Unterleibsleiden, welchen Agrippa nach Josephus’ Aussage erlag, den Bericht desselben Gewährsmannes über das Lebensende Herodes’ des Grossen, dessen von einer ganz ähnlichen Krankheit herrührende Qualen noch durch Würmer gesteigert wurden[309], ins Gedächtnis rufen. Ausserdem lag es ihm nahe genug, sich bei dem jähen Tode eines Fürsten, der sich soeben noch von seiner Umgebung als Gott hatte feiern lassen, das über Antiochus Epiphanes ergangene Strafgericht zu vergegenwärtigen, welcher zufolge dem Zeugnisse des zweiten Makkabäerbuches (9, 4-10) wegen seiner frevelhaften Selbstüberhebung von Würmern gefressen worden war.[310] Grössere Schwierigkeiten bereitet die Frage, was Lucas bestimmt haben möge, die Versammlung, bei welcher Agrippa zum letzten Male vor der Oeffentlichkeit erschien, auf eine ganz andere Veranlassung als die von Josephus angegebene zurückzuführen. Weder bei diesem noch anderwärts finden wir eine Spur von Misshelligkeiten zwischen Agrippa I. und den Städten Tyrus und Sidon[311] und nicht minder ist der in der Apostelgeschichte erwähnte Kämmerer Blastus eine sonst völlig unbekannte Person. Welcher Grund konnte für Lucas vorliegen, jene Misshelligkeiten und diese Person zu erdichten, wenn er doch im Ganzen und Grossen sich an die Erzählung des Josephus zu halten beabsichtigte, die einer derartigen Ergänzung durchaus nicht bedurfte? So lange man auf diese Frage eine befriedigende Antwort schuldig bleibt, hat die Vermutung alle Wahrscheinlichkeit für sich, dass diese Einzelheiten einer von Josephus verschiedenen Quelle entstammen. Dann ist aber auch die Möglichkeit nicht zu leugnen, dass eben diese unserm Schriftsteller die übrigen Züge, in denen er von Josephus abweicht, dargeboten haben könne, und es wird somit zweifelhaft, ob auch nur neben derselben der Bericht des jüdischen Geschichtschreibers von ihm benutzt worden ist.
Wenden wir uns nunmehr von den Verschiedenheiten zu den Uebereinstimmungen der beiden Berichte, so werden wir als den ihnen gemeinsamen geschichtlichen Kern dies betrachten dürfen, dass Agrippa bei Gelegenheit einer feierlichen Volksversammlung in Cäsarea durch laute Zurufe als Gott begrüsst, unmittelbar darauf aber von einer tötlichen Krankheit befallen wurde, die bereits nach wenigen Tagen seinen Tod herbeiführte. Auch der Widerspruch in den beiderseitigen Angaben über die Veranlassung zu seinem letzten Hervortreten an die Oeffentlichkeit bietet keine unüberwindlichen Schwierigkeiten. Sagt doch Lucas nicht, dass sich Herodes zu dem Zweck, eine Gesandtschaft von Tyrus und Sidon zu empfangen, nach Cäsarea begeben habe, sondern lediglich, dass während seines dortigen Aufenthaltes eine solche bei ihm eingetroffen sei. Somit steht der Annahme nichts im Wege, dass seine Reise nach Cäsarea den Festspielen galt, die er zu Ehren des Kaisers dort veranstalten wollte, dass aber jene Städte gerade diesen Zeitpunkt für Abordnung einer Gesandtschaft wählten, weil sie ihn bei einer derartigen Gelegenheit in einer für ihre Sache besonders günstigen Stimmung zu finden erwarteten. Ebensowenig Anstoss bietet die Vertretung ihres Gesuches durch den von ihnen gewonnenen Kämmerer Blastus, da derselbe sonst nirgends erwähnt wird und Träger eines überaus seltenen Namens ist[312], während eine ungeschichtliche Darstellung diese Vermittlerrolle aller Wahrscheinlichkeit nach einem bekannteren Mann an Agrippas Hofe zugeteilt haben würde. Auch die abweichenden Aussagen über Urheber und Veranlassung der gotteslästerlichen Schmeichelei, deren Gegenstand Agrippa in Cäsarea wurde, können neben einander bestehen. Es ist recht wohl denkbar, dass zuerst einzelne zu seiner unmittelbaren Umgebung gehörige Festbesucher, geblendet durch den Glanz seines von der Morgensonne beschienenen Gewandes, ihn laut als Gott begrüssten und bald darauf, nachdem die versammelte Volksmenge einige Worte aus seinem Munde vernommen, von allen Seiten der Ruf erscholl: ϑεοῦ ϕωνὴ ϰαὶ οὐϰ ἀνϑϱώπου. Somit gewinnen wir durch Vergleichung der beiden Berichte eine Reihe teils völlig übereinstimmender, teils einander ergänzender Tatsachen, die zu bezweifeln kein Grund vorliegt. Zugleich erhellt, dass schon durch die Hauptumstände bei Agrippas Ende der sagenbildenden Phantasie seiner Zeitgenossen ein weiter Spielraum eröffnet war. Den Heiden unter ihnen, welche in Cäsarea die Ueberzahl bildeten, galt es als selbstverständlich, dass der plötzliche Tod eines so hochstehenden Mannes durch ein Vorzeichen angekündigt worden sein müsse, und da man sich erzählte, dass einst ein Uhu einem von Agrippas Mitgefangenen zu Rom den Anlass gegeben habe, ihm seine baldige Befreiung und für die Zukunft eine hervorragende Machtstellung zu weissagen[313], so lag es am nächsten, denselben Vogel ihm als Todesboten wieder erscheinen zu lassen. Noch weit mehr mussten sich die Christen aufgefordert fühlen, das Endschicksal eines Mannes, in dem sie nur den blutdürstigen Verfolger ihrer Gemeinschaft sahen, dergestalt ins Wunderbare zu malen, dass fortan ein Zweifel darüber, ob ihn ein göttliches Strafgericht getroffen, nicht mehr möglich war. Welche Vorbilder und Farben ihnen hierbei das Alte Testament und die spätere jüdische Geschichte an die Hand gab, bedarf nach unsern früheren Bemerkungen keiner weitern Ausführung.
Wenn nun Lucas, als er den Stoff zu seinem zweiten Geschichtswerke sammelte, eine unter dem Einflusse derartiger Stimmungen und Anschauungen entstandene Ueberlieferung vorfand, so musste ihm dieselbe für seine Zwecke höchlich willkommen sein. Gewann sie doch für ihn und seine Glaubensgenossen doppelte Bedeutung zu einer Zeit, wo die sich in der Person des römischen Kaisers verkörpernde Staatsmacht soeben zu dem Christentum als solchem in feindlichen Gegensatz getreten war. Deutliche Anzeichen sprechen dafür, dass die Apostelgeschichte während der Regierung Trajans geschrieben ist, unter welcher zuerst von der römischen Obrigkeit das blosse Bekenntnis des christlichen Namens als ein Verbrechen geahndet wurde.[314] Ein Schriftsteller, dessen Schilderungen der Vergangenheit so ersichtlich auf Erbauung und Belehrung seiner Leser abzielen, war schon durch die Darstellung der den ersten Christengemeinden widerfahrenen Bedrängnisse darauf hingewiesen, auch des über den Urheber derselben ergangenen Strafgerichtes zu gedenken, welches laut und vernehmlich predigte, dass die höhere Macht, deren Walten sich in Agrippas plötzlichem Ende bekundete, auch dem Wüten des neuen Verfolgers schnell ein Ziel zu setzen vermöge. Selbstverständlich musste ihn auf diesem Standpunkte der Betrachtung die christliche Ueberlieferung von jenem Ereignisse mehr ansprechen, als die nüchterne heidnische, die ihm Josephus bot, und er konnte sich, wenn er letztere stillschweigend ablehnte, auf das eigene Beispiel dieses Geschichtschreibers berufen, welcher in einem bereits früher erwähnten Falle dem Zeugnisse eines Glaubensgenossen vor demjenigen eines namhaften griechischen Historikers unbedenklich den Vorzug gegeben hat (s. S. 13 f.).
Wir entscheiden uns somit für die Annahme, dass Lucas den wesentlichen Inhalt der in Rede stehenden Erzählung nicht den “Altertümern” des Josephus, sondern einer von dieser Schrift unabhängigen Quelle verdankt, über die uns wenigstens eine Vermutung gestattet sein möge. Dass der Ursprung der von ihm vorgefundenen Ueberlieferung in unmittelbarer Nähe des Schauplatzes der berichteten Tatsachen zu suchen sei, machen schon die derselben eigentümlichen Züge wahrscheinlich, gegen deren Geschichtlichkeit wir nichts einzuwenden hatten. Nun aber erfahren wir aus der Apostelgeschichte, dass Cäsarea der spätere Wohnort des Evangelisten Philippus war, dass Paulus in dessen Haus auf seiner letzten Reise nach Jerusalem einige Tage verweilte und dass sich zu dieser Zeit in seiner Gesellschaft auch der mehrerwähnte Augenzeuge befand (21, 8 ff., vgl. 8, 40). Somit liegt der Gedanke sicher nicht fern, dass dieser die Geschichte von Herodes’ Tode, wie sie damals noch in der Erinnerung der Christen Cäsareas fortlebte, aus dem Munde des Philippus oder seiner Töchter vernahm und sie in sein Reisetagebuch eintrug. Wenn sie dem Verfasser der Apostelgeschichte durch einen so zuverlässigen und jenem Ereignisse zeitlich so nahe stehenden Gewährsmann übermittelt wurde, so konnte in ihm von vornherein kein Zweifel daran aufkommen, dass diese Darstellung vor der um so viel jüngeren des Josephus unbedingt den Vorzug verdiene.
Indessen ist Unabhängigkeit von einer einzelnen Erzählung des Josephus noch nicht gleichbedeutend mit Unabhängigkeit von Josephus überhaupt. Daher verträgt sich mit unserem Ergebnisse, dass Lucas die Erzählung von Herodes’ Ende einer andern Quelle verdanke, recht wohl die Wahrnehmung, dass seine Darstellung einige Züge aufweist, die ihre einfachste Erklärung bei der Annahme finden, dass er die Schriften des jüdischen Historikers gelesen und mancherlei aus denselben im Gedächtnisse behalten hat. Die Erwähnung des königlichen Gewandes, das Agrippa an dem verhängnisvollen Tag anzieht, erscheint in der Apostelgeschichte müssig und unbegründet, da es hier nicht wie bei Josephus Veranlassung der den König als Gott begrüssenden Zurufe wird, begreift sich aber vollkommen bei einem Schriftsteller, der aus Josephus wusste, dass Fürsten und Feldherren, denen die Menge in ganz ähnlicher Weise zujubelte, vor dem Besteigen der Rednerbühne ein Prachtkleid anzulegen pflegten:
K. II, 1, 1: . . . μεταλαμβάνει (sc. Ἀρχέλαος) μὲν ἐσθῆτα λευκήν, πρόεισι δὲ εἰς τὸ ἱερόν, ἔνθα ποικίλαις αὐτὸν εὐφημίαις ὁ λαὸς ἐκδέχεται, κἀκεῖνος τὸ πλῆθος ἀφ’ ὑψηλοῦ βήματος καὶ χρυσοῦ θρόνου δεξιωσάμενος κτλ.
VII, 5, 4: περὶ αὐτὴν ἀρχομένην ἤδη τὴν ἕω παρίασιν Οὐεσπασιανὸς καὶ Τίτος δάφνῃ μὲν ἐστεφανωμένοι, πορφυρᾶς δ’ ἐσθῆτας πατρίους ἀμπεχόμενοι . . . πεποίητο δὲ βήμα πρὸ τῶν στοῶν, δίφρων αὐτοῖς ἐλεφαντίνων ἐπ’ αὐτοῦ κειμένων, ἐφ’ οὓς παρελθόντες ἐκαθέσθησαν, καὶ τὸ στρατιωτικὸν εὐθέως ἐπευφήμει, πολλὰς αὐτοῖς τῆς ἀρετῆς μαρτυρίας ἀποδιδόντες ἅπαντες. κἀκεῖνοι χωρὶς ὅπλων ἦσαν ἐν ἐσθῆσι σηρικαῖς, ἐστεφανωμένοι δάφναις.[315]
Auch die Bezeichnung für das von Blastus bekleidete Hofamt konnte Lucas bei Josephus finden: L. 68: ὑπέσχετο δ’ ὁ βασιλεὺς ἔρχεσθαι καὶ τὰς ἐπιστολὰς ἀντιγράφει καὶ τῶν περὶ τὸν κοιτῶνα τινί, Κρίσπῳ μὲν τοὔνομα, τὸ δὲ γένος Ἰουδαίῳ, δίδωσι πρὸς τοὺς Τιβεριεῖς φέρειν. Endlich erinnern die Worte τακτῇ δὲ ἡμέρᾳ ὁ Ἡρώδης . . . . καθίσσς ἐπὶ τοῦ βήματος, zu welchen Lucas selbst Parallelen bietet (25, 6. 17, s. zu d. St.), ebenso an K. II, 9, 3: τῇ δὲ ἑξῆς ὁ Πιλᾶτος καθίσας ἐπὶ βήματος, wie der Schluss unserer Erzählung: γενόμενος σκωληκόβρωτος an Josephus’ Bericht über den Tod des Judenfeindes Catullus (VII, 11, 4): τῶν ἐντέρων αὐτῷ κατὰ διάβρωσιν ἐκπεσόντων, οὕτως ἀπέθανεν.
Wenn wir schliesslich den ganzen Abschnitt 12, 1-23 auf seine sprachlichen Eigentümlichkeiten ansehen, so bemerken wir in ihm nicht weniger als 18 Ausdrücke, die bei keinem andern Schriftsteller des N. T. wiederkehren. Von diesen hat Lucas 10 (**δημηγορέω, δῆμος, **κοιτών, **οἴκημα, προςδοκία, συναθροίζω, συνοράω, **τακτός, τάραχος, φύλαξ) mit den Siebzig und Josephus, 1 (ἐκψύχω) nur mit ersteren, 3 (διϊσχυρίζομαι, **εἰστρέχω, κατασείω), nur mit letzterem gemein, so dass 4 (ἐπιφωνέω, **θυμομαχέω, **σκωληκόβρωτος, **τετράδιον) ihm allein verbleiben. Es ist beachtenswert, dass auch Josephus εἰστρέχειν (V. 14) und συνορᾶν (V. 12) gern im Participium Aoristi braucht (jenes z. B. A. IX, 7, 4. L. 67, dieses A. II, 6, 8. VII, 9, 6. K. II, 11, 2 ö.) und dass er κατασείειν (V. 17) sowohl mit τῇ χειρί wie mit einem persönlichen Dativ und folgendem Infinitiv verbindet, ersteres z. B. A. IV, 8, 48: Μωϋσῆς τοὺς μὲν ποῤῥω τῇ χειρὶ κατασείων μένειν ἠρεμοῦντας ἐκέλευε und VIII, 11, 2: στὰς έφ’ ὑφηλοῦ τινος Ἀβίας τόπου καὶ τῇ χειρὶ κατασείσας, letzteres XVII, 10, 2: αὐτὸς δὲ . . . κατέσειε τοῖς Ῥωμαίοις ἐπεξιέναι τοῖς Ἰουδαίοις. K. II, 3, 2: αὐτὸς δὲ . . . κατέσειε τοῖς ἐν τῷ τάγματι στρατιώταις ἐπιχειρεῖν τοῖς πολεμίοις. Zu den Hapaxlegomenis θυμομαχέω (V. 20) und σκωληκόβρωτος (V. 23) bietet Josephus wenigstens Analogieen in γνωσιμαχέω (A. V, 2, 12. XIII, 5, 5) und ἡμίβρωτος (K. VII, 8, 7).
Ausserdem finden sich in unserm Abschnitt einige Wörter in einer Bedeutung, die sich weder bei den Siebzig, noch bei einem andern Schriftsteller des N. T.s, wohl aber bei Josephus nachweisen lässt. Zu diesen rechnen wir ἀνάγω (V. 4) und προάγω (V. 6), beide in gerichtlichem Sinne, wie häufig bei Josephus (ersteres A. XII, 10, 1. XVII, 6, 3. K. I, 8, 6 ö., letzteres A. II, 6, 4. IV, 8, 24. XVI, 4, 3 ö.) und φέρω von einer Tür (V. 10), wie A. IX, 7, 2 (s. S. 202) und XIX, 1, 13: θύρας εἶχε δύο φερούσας τὴν μὲν εἰς αἴθριον τὴν δ’ εἰς στοάν . . . Auch zu γίνεσθαι ἐν ἑαυτῷ (V. 11) begegnen uns bei Josephus Analogieen in εἶναι ἐν ἑαυτῷ (A. IV, 6, 5) und ἑαυτοῦ γίνεσθαι (VI, 8, 2. 14, 3).
Nach alledem dürfte sich kaum leugnen lassen, dass auch in dem Abschnitte 12, 1-23, obwohl derselbe seinen Stoff nicht den Schriften des Josephus entnimmt, sich Lucas’ Darstellung durch den jüdischen Historiker beeinflusst zeigt.
[304] Dasselbe Vorzeichen wird aus der Geschichte des sächsischen Prinzenraubes berichtet: “Das verschlossene Schlosstor sollte am Abend vor der Abreise des Kurfürsten von selbst aufgegangen sein” (W. Schäfer, Der Montag vor Kiliani vor 400 Jahren. Dresden 1855. S. 99).
[305] Die von Ott (S. 289) angeführte Stelle A. XV, 6, 3 ist zu streichen, weil hier die von den neueren Ausgaben aufgenommene Lesart ἀπάγχειν den Vorzug vor ἀγαγεῖν verdient.
[306] Richtig verbindet Krebs (S. 215) nach dem Vorgange von Ranisch (s. S. 205 Anm. 1) εἰς Καισάρειαν mit διέτριβεν unter Berufung auf A. VIII, 2, 4: συγκομίζων εἰς ὃν ὁ βασιλεὺς διέτριβε τόπον. Diese Auffassung wird durch den Sprachgebrauch des Lucas unterstützt, welcher ebenso auf αὐλίζεσθαι (Lc. 21, 37), εἶναι (11, 7. AG. 7, 12. 8, 20, vgl. 22, 5), ἐπέχειν (19, 22), εὑρίσκεσθαι (8, 40), κατοικεῖν (2, 5. 7, 4) und τηρεῖσθαι (25, 4) εἰς folgen lässt. Andernfalls würde ἐκεῖ an unserer Stelle so wenig fehlen wie AG. 25, 14 und A. XII, 7, 5: ὑπέστρεψεν εἰς Ἀντιόχειαν καὶ διέτριβεν ἐκεῖ.
[307] Diese Bedeutung von βῆμα, in der es auch Neh. 8, 4 LXX und 2 Makk. 13, 26 steht, wird durch das unmittelbar folgende ἐδημηγόρει wie durch die weiter unten mitzuteilenden Stellen aus Josephus (K. II, 1, 1. VII, 5, 4, vgl. A. XVII, 8, 4) jedenfalls mehr empfohlen als Schürers “Richterstuhl”, den er übrigens später (I, 470) selbst in eine “Tribüne” verwandelt hat.
[308] Einen nicht gerade glücklichen Versuch zur Ausgleichung beider Berichte unternimmt Salomo Ranisch in der Disputatio historico-critica de Lucae et Josephi in morte Herodis consensu ad act. apost. 12, 19-23 et ant. jud. 19, 7. Lipsiae 1745.
[309] A. XVII, 6, 5: ἕλκωσις τῶν τε ἐντέρων καὶ μάλιστα τοῦ κόλου δειναὶ ἀλγηδόνες, . . . παραπλησία δὲ καὶ παρὰ τὸ ἦτρον κάκωσις ἦν, καὶ μὴν καὶ τοῦ αἰδοίου σῆψις σκώληκας ἐμποιοῦσα.
[310] Vgl. auch Schürers Bemerkung (a. a. O. S. 582): “Dass gottlose Tyrannen von Würmern gefressen werden, war so ziemlich ein Dogma für die damalige Frömmigkeit.”
[311] Von seinem Sohn und Nachfolger Agrippa II. berichtet allerdings Josephus (L. 74): οἱ Τύριοι βλασφημεῖν ἤρξαντο τὸν βασιλέα, Τυρίων αὐτὸν καλοῦντες καὶ Ῥωμαίων πολέμιον . . . Οὐεσπασιανός δὲ ἀκούσας Τυρίοις μὲν ἐπέπληξεν ὑβρίζουσιν ἄνδρα βασιλέα καὶ Ῥωμαίοις φίλον. Indessen scheint es zu gewagt, aus dieser Nachricht die obigen Angaben der Apostelgeschichte abzuleiten. Dass es aber schon zu Agrippas I. Zeit mindestens an Veranlassungen zu Streitigkeiten zwischen jüdischen Gewalthabern und den Tyriern nicht fehlte, ist aus K. IV, 2, 3 zu ersehen: . . . στϱατοπεδεύσασϑαι πϱὸς Κυδισσοῖς, μεσόγειος δέ ἐστι Τυϱίων ϰώμη ϰαϱτεϱά, διὰ μίσους ἀεὶ ϰαὶ πολέμου Γαλιλαίοις, ἔχουσα τε πλῆϑός τε οἰϰητόϱων ϰαὶ τὴν ὀχυϱότητα τῆς πϱὸς τὸ ἔϑνος διαϕοϱᾶς ἐϕόδια.
[312] Nach Pape-Benseler (I, 214) kommt derselbe nur noch einmal (Inscr. 268) vor.
[313] A. XVIII, 6, 7. Wir halten diese Erzählung im Ganzen und Grossen für geschichtlich und nur die Ankündigung, dass Agrippa fünf Tage vor seinem Tode den Uhu wieder sehen werde, für einen derselben später beigefügten Zug. Ueber diese Zeitangabe s. zu 24, 1-26.
[314] Plin. Epp. X, 96 sq.
[315] Man beachte, dass in diesen Stellen durchgängig ἐσθής wie AG. 12, 21, nicht στολή wie A. XIX, 8, 2 gebraucht ist.
13, 16-41. Die erste der von der Apostelgeschichte mitgeteilten Reden des Paulus hat mit derjenigen des Stephanus und der für diese von Lucas als Vorlage benutzten des Josephus das gemein, dass auch sie einen Ueberblick über die Geschichte des Volkes Israel gibt, ohne jedoch in die gleiche polemische Spitze wie jene beiden auszulaufen. Sie enthält zwei chronologische Angaben, von denen die eine (V. 20) dem A. T. geradezu widerspricht[316], die andere (V. 21) in ihm mindestens keine Begründung findet. Von der doppelten Annahme ausgehend, dass sich bei der von Josephus befolgten Zeitrechnung 443, also ungefähr (ὡς) 450 Jahre für die Richterzeit ergeben und dass dieser dem Saul 40 Regierungsjahre beilege, urteilt Holtzmann über jene beiden Angaben des Lucas, dass in der ersten vielleicht das deutlichste Zeichen seiner Abhängigkeit von Josephus liege, während er in der zweiten zum Ueberflusse seine Quelle verrate (1873, S. 92). Seine Ansicht hat den Beifall Hausraths (IV, 2431)[317] und des Verfassers von Supernatural Religion (Fortn. Rev. p. 505) gefunden. Zurückhaltender äussert sich Schürer (1876, S. 5761), welcher mit dem Zugeständnisse, dass die “Uebereinstimmung des Lucas mit Josephus in diesen Zeitangaben am ehesten beachtenswert ist”, den Hinweis auf die Möglichkeit verbindet, dass, wie letzterer in diesem Punkte sicher nur der traditionellen Auslegung und Auffassung der Geschichte folge, so auch ersterer unabhängig von ihm aus derselben Quelle schöpfe. Auch Keim (S. 26) sieht in diesem Zusammentreffen zwischen Josephus und Lucas “keinen irgend entscheidenden Beweis, da beide Zahlen ebenso wie manche Nachrichten über das Leben Moses’ (AG. 7, 20. 22.), welche Philo neben Josephus bestätigt (Philo de vita Mos. I, 604. Jos. A. II, 9, 6. 7. II, 12, 2. III, 1, 4)[318], auch ohne Josephus traditionell sein konnten, wie dies bei der Zahl 40 im Leben Moses’ (vgl. 2 Mos. 7, 7. AG. 7, 23. 30. 36. tract. Beresch Rabb. f. 115, 3. 118, 3) und selbst Hillels (Gesch. J. I, 269) nachweisbar und selbst bei der Zahl 450 schon nach der Analogie der Jahre des Aufenthalts in Aegypten (2 Mos. 12, 40) und nach der Zeitangabe 1 Kön. 6, 1 wohlbegreiflich ist”.
Um uns in dieser Frage ein selbständiges Urteil zu bilden, sehen wir uns zunächst nach Aussagen des Josephus über die Dauer der Richterzeit um. Da wir über dieselbe bei ihm keine ausdrückliche Bestimmung finden, so müssen wir sie aus anderweitigen chronologischen Anhaltspunkten, die er seinen Lesern an die Hand gibt, zu berechnen suchen. Es kommen hierbei folgende fünf Stellen in Betracht:
1) A. VIII, 3, 1: Τῆς δ’ οἰκοδομίας τοῦ ναοῦ Σολόμων ἤρξατο τέταρτον ἔτος ἤδη τῆς βασιλείας ἔχων μηνὶ δευτέρῳ . . . μετὰ ἔτη πεντακόσια καὶ ἐνενήκοντα καὶ δύο τῆς ἀπ’ Αἰγύπτου τῶν Ἰσραηλιτῶν ἐξόδου κτλ.
2) IX, 14, 1: μετῴκησαν οὖν αἱ δέκα φυλαὶ τῶν Ἰσραηλιτῶν ἐκ τῆς Ἰουδαίας μετὰ ἐτῶν ἀριϑμὸν ἐνακοσίων τεσσαρακονταεπτά, ἀφ’ οὗ χρόνου τὴν Αἴγυπτον ἐξῆλϑον αὐτῶν οἱ πρόγονοι, ὃν δὲ κατέσχον τὴν χώραν ταύτην στρατηγοῦντος Ἰησοῦ ἔστιν ἐτῶν ὀκτακοσίων· ἀφ’ οὗ δ’ ἀποστάντες ἀπὸ Ῥοβοάμου τοῦ Δαυίδου υἱωνοῦ τὴν βασιλείαν Ἱεροβοάμῳ παρέδοσαν, ὥς μοι καὶ πρότερον δεδήλωται, ἔτη ἐστὶ διακόσια τεσσαράκοντα μῆνες ἑπτὰ ἡμέραι ἑπτά.
3) X, 8, 5: ἐνεπρήσϑη δὲ ὁ ναὸς μετὰ τετρακόσια ἔτη καὶ ἑβδομήκοντα καὶ μῆνας ἓξ καὶ δέκα ἡμέρας, ἀφ’ οὗ κατεσκευάσϑη· τῇ δ’ ἐξ Αἰγύπτου μεταναστάσει τοῦ λαοῦ τότε ἦν ἔτη χίλια ἑξηκονταδύο μῆνες ἓξ ἡμέραι δέκα.
4) XX, 10, 1: γίνεται δὲ τῶν ἐτῶν ἀριϑμὸς ὧν ἦρξαν οἱ δεκατρεῖς (sc. ἀρχιερεῖς) ἀφ’ ἧς ἡμέρας οἱ πατέρες ἡμῶν ἐξέλιπον Αἴγυπτον Μωϋσέος ἄγοντος μέχρι τῆς τοῦ ναοῦ κατασκευῆς, ὃν Σολόμων ὁ βασιλεὺς ἐν Ἱεροσολύμοις ἀνήγειρεν, ἔτη δώδεκα πρὸς τοῖς ἑξακοσίοις.
5) Ap. II, 2: αὐτὸς δὲ ὁ Σολόμων ᾠκοδόμησε τὸν ναὸν μετὰ τὸ ἐξελϑεῖν ἐξ Αἰγυπτου τοὺς Ἰουδαίους δώδεκα καὶ ἑξακοσίοις ἔτεσιν ὕστερον.
Von diesen Stellen bedarf nur die zweite einer erläuternden Bemerkung. Wenn nach derselben zwischen dem Auszug aus Aegypten und der Wegführung der zehn Stämme 947 Jahre, zwischen dieser und der Spaltung des Reiches 240 Jahre 7 Monate und 7 Tage liegen, so folgt, dass letzteres Ereignis in das 707te Jahr nach obigem Anfangspunkte fällt. Da nun Josephus dem Salomo eine achtzigjährige Regierungszeit beilegt (A. VIII, 7, 8), so muss das vierte Jahr dieses Königs, in dem der Tempelbau begann, mit dem 631sten Jahre nach dem Auszug aus Aegypten zusammentreffen. Die seit diesem Ereignisse bis zum Tempelbau verflossene Zeit bestimmt er aber an zwei Stellen (Nr. 1 und 3) auf 592, an zwei andern (Nr. 4 und 5) auf 612 Jahre, so dass wir uns also drei verschiedenen Angaben gegenüber sehen, die sich ebensowenig unter einander als mit dem A. T. (1 Kön. 6, 1) in Einklang bringen lassen. Während jedoch aus letzterem nur drei von den sechs Zeiträumen, welche die diese Summe ausmachenden Posten bilden, chronologisch bestimmbar sind[319], gibt Josephus mit alleiniger Ausnahme der Richterperiode von allen die Dauer nach Jahren genau an. Nach Meyer und Holtzmann rechnet derselbe nämlich auf
1) | den Aufenthalt in der Wüste | 40 | Jahre | (A. III, 1, 6. 15, 1), |
2) | die Amtszeit Josuas | 25 | ” | (V, 1, 29), |
3) | die Regierung Sauls | 40 | ” | (VI, 14, 9), |
4) | die Regierung Davids | 40 | ” | (VII, 15, 2), |
5) | die Regierung Salomos bis zum Tempelbau | 4 | ” | (VIII, 3, 1) |
__________________________ | ||||
149 | Jahre. |
Wenn wir diese Summe von obigen drei Zahlen abziehen, so erhalten wir für die Richterzeit:
1) | 592 | = | 443 | Jahre, | |||
2) | 612 | } | - | 149 | = | 463 | ” |
3) | 631 | = | 482 | ” |
Die erste dieser Zahlen kommt somit der apostelgeschichtlichen Angabe sehr nahe, indem die Verschiedenheit zwischen beiden “durch unser ὡς vollkommen gedeckt wird” (Meyer). Indessen kann dieses Ergebnis nur unter zwei Voraussetzungen Geltung beanspruchen, von denen jede gleich anfechtbar ist. Erstlich wird nämlich angenommen, dass in die 450 Jahre der Richterperiode Samuels Amtszeit eingerechnet, also ἕως einschliesslich zu fassen sei. Dies ist jedoch, wie Overbeck (S. 198) mit Recht bemerkt, “wegen der Hinzufügung von τοῦ πϱοϕήτον vgl. mit 3, 24 sehr fraglich” und wir halten es für viel wahrscheinlicher, dass Lucas durch diesen Beisatz den Samuel von den Richtern unterscheiden wolle, wie denn auch dessen Geschichte in das nach letzteren benannte alttestamentliche Buch keine Aufnahme gefunden hat. Die zweite Voraussetzung ist die, dass Josephus dem Saul 40 Regierungsjahre beilege. Nun lesen wir allerdings A. VI, 14, 9: ἐβασίλευσε δὲ Σαμουήλου ζῶντος ἔτη ὀϰτὼ πϱὸς τοῖς δέϰα, τελευτήσαντος δε δύο ϰαὶ εἴϰοσι, so dass die Gesammtdauer seiner Regierung 40 Jahre betragen würde, was genau zu der Apostelgeschichte stimmt. Indessen ist die Echtheit der Worte ϰαὶ εἴϰοσι sehr zweifelhaft und gewichtige Gründe empfehlen ihre Verwerfung, für die sich auch Meyer unter Berufung auf Bertheau (Buch der Richter. 1 Aufl. S. XX) entscheidet.[320] Einmal redet Josephus an einer späteren Stelle (X, 8, 4) nur von 20 Regierungsjahren Sauls und die nämliche Angabe vertreten auch Clemens von Alexandrien und Eutychius[321], welche dieselbe vermutlich unserm Schriftsteller verdanken. Sicherlich würden beide der Zahl 40, wenn sie diese bei ihrem Gewährsmanne gefunden hätten, den Vorzug gegeben haben, da sie ihnen aus dem A. T. geläufig und in unserm Falle noch ausserdem von der Apostelgeschichte bezeugt war. Ferner fällt zu Gunsten jener niedrigeren Zahl ins Gewicht, dass sie allein die 80 Regierungsjahre Salomos erklärt. Die auch von Josephus geteilte Vorstellung, dass das israelitische Königtum von Saul bis auf Salomo in aufsteigender Entwickelung begriffen gewesen, ist dadurch auf einen kurzen gemeinfasslichen Ausdruck gebracht worden, dass man für jeden der beiden auf Saul folgenden Herrscher die doppelte Zahl der Regierungsjahre seines unmittelbaren Vorgängers ansetzte. Dagegen erscheint es bei der von uns bestrittenen Lesart ganz unbegreiflich, warum Josephus nicht ebenso wie den beiden ersten auch dem dritten Könige 40 Regierungsjahre beilegte, zumal dem genauen Kenner des A. T.s der Widerspruch, in den er mit demselben (1 Kön. 11, 42, 2 Chron. 9, 30) durch Verdoppelung dieser Zahl geriet, nicht wohl verborgen bleiben konnte.
Wenn wir somit jene beiden Voraussetzungen fallen lassen, für ἕως die ausschliessende Bedeutung in Anspruch nehmen und die Regierungszeit Sauls auf 20 Jahre einschränken, so erleidet obige Rechnung einige Abänderungen und gestaltet sich darnach folgendermassen:
1) | Aufenthalt in der Wüste | 40 | Jahre, |
2) | Amtszeit Josuas | 25 | ” |
3) | Amtszeit Samuels bis zur Königswahl (A. VI, 13, 5) | 12 | ” |
4) | Regierung Sauls | 20 | ” |
5) | Regierung Davids | 40 | ” |
6) | Regierung Salomos bis zum Tempelbau | 4 | ” |
____________ | |||
141 | Jahre. |
Somit ergeben sich für die Richterzeit:
1) | 592 | = | 451 | Jahre, | |||
2) | 612 | } | - | 141 | = | 471 | ” |
3) | 631 | = | 490 | ” |
Die erste dieser drei Zahlen kommt also der Angabe des Lucas näher als irgend eine derjenigen, die sich von den Voraussetzungen Meyers und Holtzmanns aus gewinnen lassen.
Die zweite chronologische Angabe der Apostelgeschichte (V. 21) findet im A.T. insofern keine Begründung, als die Zahl der Regierungsjahre Sauls da, wo man sie erwartet (1 Sam. 13, 1) ausgefallen ist. Da bereits die Siebzig diese Lücke in ihrem Texte vorgefunden haben, so steht es ausser Frage, dass die 40 Jahre, welche Lucas für diesen König ansetzt, aus einer andern Quelle entnommen sind. Dass dieselbe nicht in den Schriften des Josephus zu suchen ist, kann nach unsern frühern Bemerkungen über die von diesem für Saul angenommene Regierungszeit keinem Zweifel unterliegen. Dann aber wird die Möglichkeit, dass diese von Josephus verschiedene Quelle, als welche wir wohl die mündliche Ueberlieferung betrachten dürfen, ihm auch die 450 Jahre der Richterzeit zugeführt haben möge, um so weniger abzuweisen sein, als eine ausdrückliche Bestimmung über die Dauer dieser Periode bei Josephus nicht zu finden ist, vielmehr letztere Zahl erst aus andern chronologischen Angaben desselben durch Berechnung ermittelt werden muss.
[316] bei der Lesart: καὶ μετὰ ταῦτα ὡς ἔτεσιν τετρακοσίοις καὶ πεντήκοντα ἔδωκεν κριτάς. Allerdings bieten die besten Handschriften: ὡς ἔτεσιν τετρ. κ. πεντήϰοντα. ϰαὶ μετὰ ταῦτα ἔδωϰεν ϰϱ., indessen ist diese von Griesbach empfohlene und von Lachmann und Tischendorf in den Text aufgenommene Lesart keineswegs “jetzt als richtig anerkannt”, wie Bertheau (Buch d. Richter. 2. Aufl. S. XII) meint, sondern wird mit gutem Grunde von Meyer, Overbeck und Holtzmann als eine Aenderung betrachtet, die den in der Stelle liegenden chronologischen Anstoss heben sollte. Derselbe rührt daher, dass das A. T. (1 Kön. 6, 1) das vierte Jahr der Regierung Salomos dem 480sten nach dem Auszug aus Aegypten gleichsetzt, wobei auf die Richterzeit noch lange nicht 400, geschweige denn 450 Jahre entfallen.
[317] wo jedoch der Satz: “So berechnet er die Richterzeit auf 450 Jahre nach A. VIII, 3, 1 statt auf 443 nach 1 Kön. 6, 1” auf Grund unserer vorhergehenden Anmerkung und der weiterhin folgenden Nachweisungen über Josephus’ Chronologie zu berichtigen ist.
[318] S. hierüber zu 7, 1-53 (S. 175).
[319] Die in der oben folgenden Rechnung unter 1), 4) und 5) aufgeführten.
[320] Bekker hat diese Worte in Klammern eingeschlossen, während Niese dieselben nicht beanstandet.
[321] S. Ott S. 295.
13, 42. Zu den “bei den Siebzig nicht vorfindlichen Wörtern, bei welchen der Gebrauch, den Lucas von ihnen macht, am nächsten und natürlichsten sich dem Stil des Josephus anschliesst”, rechnet Holtzmann (1877, S. 547 f.) auch μεταξύ, das an unserer Stelle, wie schon Krebs (S. 220) richtig erkannt hat, in der innerhalb des N. T.s sonst nicht nachweisbaren Bedeutung postea steht. Zu den für dieselbe von beiden Gelehrten aus Josephus erbrachten Belegen K. V, 4, 2 (Δαυίδου τε και Σολόμωνος, ἔτι δὲ τῶν μεταξὺ τούτων βασιλέων φιλοτιμηϑέντων περὶ τὸ ἔργον) und Ap. I, 21 (ὧν μεταξὺ ἐβασίλευσε Βαλάτορος)[322] fügen wir noch A. X, 3, 2: οὕτω τὸν μεταξὺ διῆγε βίον, ebd. 4, 2: παραβάντας τοὺς νόμους καὶ τοσούτῳ μεταξὺ χρόνῳ μὴ μετανοήσαντας, XIV, 10, 2: ἄν τε μεταξὺ γένηταί τις ζήτησις und Ap. I, 26: ἀπὸ δὲ τούτου τῶν μεταξὺ βασιλέων.
[322] Auf eine dritte von Krebs angeführte, schon von Meyer abgelehnte Stelle (K. II, 11, 4) hat Holtzmann mit Grund verzichtet, da hier μεταξύ, wie A. VI, 6, 3. Ap. I, 31 mit dem Participium verbunden “mitten in” bedeutet.
13, 43. Wie neben den Ἰουδαίοις hier die σεβόμενοι προσήλυτοι, 17, 17 die σεβόμενοι erscheinen, so folgen 13, 16 auf die Ἰσραηλῖται, 13, 26 auf die υἱοὶ γένους Ἀβραάμ die φοβούμενοι τὸν ϑεόν, welche von den σεβομένοις τὸν ϑεόν (16, 14. 18, 7) nicht verschieden sind.[323] Letzterer Ausdruck findet sich auch bei Josephus in der bereits von Ott (S. 297) und Krebs (S. 220) zur Vergleichung herangezogenen Stelle A. XIV, 7, 2: Θαυμάσῃ δὲ μηδείς, εἰ τοσοῦτος ἦν πλοῦτος ἐν τῷ ἡμετέρῳ ἱερῷ πάντων τῶν κατὰ τὴν οἰκουμένην Ἰουδαίων καὶ σεβομένων τὸν ϑεὸν ἔτι δὲ καὶ τῶν ἀπὸ τῆς Ἀσίας καὶ τῆς Εὐρώπης εἰς αὐτὸ συμφερόντων ἔκ πολλῶν πάνυ χρόνων. Holtzmann hat (1877, S. 540) aus dieser Stelle die Bezeichnung der Proselyten in der Apostelgeschichte geradezu abgeleitet, eine Annahme, die um so wahrscheinlicher ist, als hier nicht nur eine sprachliche, sondern auch eine sachliche Parallele vorliegt. Eine derartige Doppelparallele findet sich auch
[323] Σεβόμενοι noch 13, 50. 17, 4, φοβούμενος τὸν ϑεόν noch 10, 2. 22.
14, 19, wo die Worte λιϑάσαντες τὸν Παῦλον ἔσυραν ἔξω τῆς πόλεως an Josephus’ Bericht über eine von den Zeloten in Jerusalem verübte Schandtat erinnern (K. IV, 6, 1): οὐδὲ ὁ Περαΐτης Νίγερ αὐτῶν τὰς χεῖρας διέφυγεν, ἀνὴρ ἄριστος ἐν τοῖς πρὸς Ῥωμαίους πολέμοις γενόμενος, ὃς καὶ βοῶν πολλάκις τάς τε ὠτειλὰς ἐπιδεικνὺς διὰ μέσης ἐσύρετο τῆς πόλεως. ἐπεὶ δὲ ἔξω τῶν πυλῶν ἦκτο, τὴν σωτηρίαν ἀπογνοὺς περὶ ταφῆς ἱκέτευεν.
15, 6-29. Der Bericht über die Versammlung zu Jerusalem enthält deutliche Anklänge an einen ähnlichen des Josephus, welche die Annahme wahrscheinlich machen, dass Lucas letzterem wenigstens den Rahmen für seine Darstellung entlehnt habe. Man vergleiche:
A. IX, 12, 2: ὁ δὲ τῶν Ἰσραηλιτῶν λαὸς εἰς ἐκκλησίαν συνελϑὼν ἐπεσκέπτετο περὶ τούτων. ἀναστὰς δέ τις Βαραχίας ὄνομα τῶν εὐδοκιμούντων ἐν τῇ πολιτείᾳ καὶ ἄλλοι μετ’ αὐτοῦ τρεῖς ἔλεγον κτλ. | AG. 15, 6 f.: Συνήχϑησαν δὲ οἱ ἀπόστολοι καὶ οἱ πρεσβύτεροι ἰδεῖν περὶ τοῦ λόγον τούτου. πολλῆς δὲ συζητήσεως γενομένης ἀναστὰς Πέτρος εἶπεν πρὸς αὐτούς· |
Es verdient jedenfalls Beachtung, dass Petrus ebenso wie Barachias zu den εὐδοκιμοῦντες der Versammlung gehört und wie dieser von drei andern für dieselbe Sache eintretenden Rednern (Barnabas, Paulus und Jakobus) unterstützt wird.
Das V. 23-29 mitgeteilte Gemeindeschreiben stammt sicher aus der Feder des Verfassers des Apostelgeschichte, wie dies auch von dem weiterhin (23, 25-30) in die Erzählung eingeflochtenen Briefe des Tribuns Claudius Lysias gilt.[324] Beide Schriftstücke entfernen sich ebensosehr von dem sonstigen neutestamentlichen Briefstile, wie sie echt griechisches Gepräge tragen, welches namentlich zu Anfang in dem nur Jac. 1, 1 noch so gebrauchten χαίρειν und in dem Schlussworte des ersten Schreibens ἔρρωσϑε deutlich hervortritt.[325] Wenn uns nun auch die Behauptung nicht beikommt, dass Lucas, um einen gut griechischen Brief abfassen zu können, den Josephus gelesen haben müsse, so glauben wir doch darin, dass er seiner Darstellung durch Einflechtung vollständiger Briefe Leben und Farbe zu verleihen sucht, den Einfluss des Genannten erkennen zu dürfen, welchem die wörtliche Wiedergabe von Briefen so geläufig ist, dass sie zu seinen schriftstellerischen Lieblingsgewohnheiten gerechnet werden muss. Hierbei ist es bemerkenswert, dass nicht wenige der von ihm mitgeteilten Schreiben, deren Eingangsformel mit χαίρειν abschliesst, am Ende, wie das zweite Schreiben der Apostelgeschichte, ein ἔρρωσο oder ἔρρωσθε vermissen lassen.[326]
Der soeben betrachtete Abschnitt der Apostelgeschichte enthält 12 innerhalb des N. T.s nur bei Lucas vorkommende Ausdrücke.[327] Von diesen sind ihm drei (διατηρέω, **ἐκδιηγέομαι, **ἐπιστροφή) mit den Siebzig und Josephus, zwei (ζήτημα und **παρενοχλέω) nur mit ersteren, vier (**ἀνασκευάζω, **ἐπάναγκες, **εὖ πράσσω, **ῥώννυμι) nur mit letzterem gemein, so dass ihm drei (**ἀλίσγημα, καρδιογνώστης, πνικτός) als Sondereigentum verbleiben. An Josephus’ Sprachgebrauch erinnert ferner αἵρεσις (V. 5, s. S. 161 f.), das dreimalige ἔδοξε mit folgendem Dativ (V. 22. 25. 28, s. S. 56 f.) und ἐπέδωκαν τὴν ἐπιστολήν (V. 30)[328], vgl. A. XV, 6, 2: ἐπιδίδωσιν Ἡρώδῃ τὴν ἐπιστολήν und die Verbindungen ἐπιδιδόναι γράμματα XVI, 10, 4. XVIII, 6, 6), βιβλία (L. 65), ὑπόμνημα (A. XII, 5, 5).
[324] S. Zeller S. 247. 287. 367. Overbeck S. 236 ff: 408.
[325] Das ungenügend bezeugte ἔρρωσο am Schlusse des zweiten Schreibens wird als Zusatz aus dem ersten zu streichen sein (s. Meyer zu d. St.).
[326] Χαίρειν und ἔρρωσο oder ἔρρωσθε A. XI, 4, 7. 5, 1. XII, 2, 6. L. 44. 65. Χαίρειν allein A. XI, 1, 3. 6, 12. XII, 2, 5. 3, 3 f. 4, 10. XIII, 2, 2. 4, 9. 5, 8. XIV, 10, 2. 8. 12. 15. 17. 20 f. 12, 3-5. L. 44 f. Briefe, denen beide Formeln fehlen A. XI, 2, 1 f. 4, 9. 6, 6. XII, 2, 3. 5, 5. XIII, 3, 1. L. 45.
[327] Hierbei sind ἀνοικοδομέω (V. 16) und κατάλοιπος (V. 17) nicht mitgezählt, da sie in Citaten vorkommen.
[328] Ueber das 23, 33 statt dieser Verbindung gebrauchte ἀναδιδόναι ἐπιστολὴν s. zu d. St.
16, 9 f. 18, 9 f. 23, 11. 27, 23 f. Ueber die von der Apostelgeschichte berichteten Traumgesichte des Paulus urteilt Hausrath (IV, 243), dass sie den Träumen des Josephus (L. 42. K. III, 8, 3 u. s. f.[329]) nachgebildet seien, eine Behauptung, welche einerseits einer Einschränkung, andrerseits einer Erweiterung bedürftig ist. Dass die hieher gehörigen Erzählungen des Lucas samt und sonders einer geschichtlichen Grundlage ermangeln, ist deshalb nicht glaubhaft, weil durch Paulus’ eigenes Zeugnis (2 Kor. 12, 1. Gal. 2, 2) feststeht, dass ὀπτασίαι καὶ ἀποκαλύψεις κυρίου in seinem Leben nichts Seltenes gewesen sind. Sie werden daher ebensowenig in den von Lucas benutzten Aufzeichnungen seines Reisebegleiters gefehlt haben, selbst wenn die AG. 27, 21-26 mitgeteilte, auf ein derartiges Erlebnis Bezug nehmende Rede nicht in denselben gestanden haben sollte.[330] Sodann bietet die zweite der von Hausrath angeführten Stellen nur eine ganz entfernte Aehnlichkeit mit den apostelgeschichtlichen Berichten, da Josephus dort bloss im Allgemeinen der Träume gedenkt, durch welche ihm Gott die künftigen Schicksale der Juden und der römischen Herrscher offenbart habe, und sich der Gabe der Traumdeutung rühmt. Trotzdem sind wir keineswegs zu leugnen gemeint, dass eine Beeinflussung des Lucas durch Josephus in der von Hausrath bezeichneten Richtung stattgefunden hat, halten es vielmehr für sehr wahrscheinlich, dass ersterer durch die Gesichte des Paulus, die ihm aus dessen eigenen Aussagen und aus der oben angegebenen Quelle bekannt waren, an ähnliche von Josephus erwähnte Vorgänge erinnert wurde und hier wie in so vielen andern Fällen dessen Darstellung zum Muster wählte. Diese Annahme wird besonders durch die erste der von Hausrath beigebrachten Stellen empfohlen, zu deren Verständnis wir Folgendes bemerken. Josephus erzählt aus der Zeit seiner Verwaltung Galiläas, dass auf Veranlassung des von seinen Feinden bearbeiteten Hohenpriesters Ananos eine Gesandtschaft abgegangen sei, um ihn zur Niederlegung der Waffen zu vermögen und nach Jerusalem zu schicken oder im Falle der Widersetzlichkeit zu töten, und dass er, als sein in der Hauptstadt wohnhafter Vater ihm diesen Anschlag mitteilte und ihn zugleich dringend bei sich zu sehen wünschte, sich zur Rückkehr dorthin entschlossen habe. Von hier an lassen wir ihn mit seinen eigenen Worten reden, denen wir AG. 23, 11 gegenüberstellen:
L. 42: Λιὰ δὲ τῆς νυκτὸς ἐκείνης θαυμάσιον οἷον ὄνειρον ἐθεασάμην· ἐπεὶ γὰρ εἰς κοίτην ἐτραπόμην διὰ τὰ γραφέντα λυπούμενος καὶ τεταραγμένος, ἔδοξά τινα λέγειν ἐπιστάντα[331] μοι, “παῦσαι τὴν ψυχὴν, ὦ οὗτος, ἀλγῶν, παντὸς δ’ ἀπαλλάσσου φόβου· τὰ γὰρ λυποῦντά σε μέγιστον ποιήσει καὶ ἐν πᾶσιν εὐτυχέστατον, κατορθώσεις δ’ οὐ μόνον ταῦτα, ἀλλὰ καὶ πολλὰ ἕτερα. μὴ κάμνε δή, μέμνησο δ’ ὅτι καὶ Ῥωμαίοις δεῖ σε πολεμῆσαι.” | AG. 23, 11: Τῇ δὲ ἐπιούση νυκτὶ ἐπιστὰς[332] αὐτῷ ὁ κύριος εἶπεν· θάρσει· ὡς γὰρ διεμαρτύρω τὰ περὶ ἐμοῦ εἰς Ἱερουσαλήμ, οὕτω σε δεῖ καὶ εἰς Ῥώμην μαρτυρῆσαι. |
Ausser den augenfälligen sprachlichen Berührungen bieten diese beiden Stellen insofern eine bemerkenswerte Aehnlichkeit, als hier wie dort die Ermahnung, den Mut nicht sinken zu lassen, durch den Hinweis auf eine ausser der bisherigen Aufgabe noch zu lösende neue und grössere begründet wird, als welche in dem einen Falle die Bekriegung der Römer, in dem andern das in Rom abzulegende Zeugnis von Christo erscheint. Es ist vollkommen begreiflich, dass zu einer Zeit, wo die von Paulus seit Jahren beabsichtigte Reise nach Rom (Röm. 1, 11 ff. 15, 22 ff.) durch seine Gefangennehmung zu Jerusalem in ungewisse Ferne gerückt wurde, des Apostels Gedanken sich besonders lebhaft der Welthauptstadt zuwandten und das, was ihn tagüber beschäftigte, des Nachts in Gestalt eines Traumgesichtes vor sein geistiges Auge trat, gerade so, wie vordem, als sein Sinnen und Denken ausschliesslich von der Sorge um die Zukunft des Heidenchristentumes in Anspruch genommen war, ihm eine ἀποκάλυψις den Weg nach Jerusalem zeigte (Gal. 2, 1 f.). Und keinen grösseren Schwierigkeiten begegnet die Annahme, dass Lucas einer Nachricht, die vielleicht so kurz und allgemein gehalten war wie die eben angezogene des Galaterbriefes, eine für seine Leser ansprechendere Fassung gab und sich hierbei einer ihm von Josephus gebotenen Vorlage bediente.
Einer Erweiterung finden wir die Behauptung Hausraths insofern bedürftig, als derselbe davon schweigt, dass Josephus ausser seinen eigenen auch fremde Traumgesichte berichtet, die sich teilweise mit den von Lucas erwähnten so nahe berühren, dass man eine Beeinflussung des letzteren durch ersteren anzunehmen berechtigt ist. So erinnert der dem Apostel in Troas erscheinende Macedonier, in dessen Mahnung, herüberzukommen und zu helfen, er einen göttlichen Ruf erkennt, der ihn zum Eintritt in ein neues Missionsfeld bestimmt (AG. 16, 9 f.), an einen andern Macedonier, welcher durch ein ähnliches von uns schon früher (S. 193 f.) besprochenes Traumgesicht zum Ueberschreiten des Asien und Europa trennenden Meeres ermutigt wurde (A. XI, 8, 5). Man vergleiche:
A. XI, 8, 5: τοῦτον γὰρ καὶ κατὰ τοὺς ὕπνους εἶδον ἐν τῷ νῦν σχήματι ἐν Δίῳ τῆς Μακεδονίας τυγχάνων, καὶ πρὸς ἐμαυτὸν διασκεπτομένῳ μοι, πῶς ἂν κρατήσαιμι τῆς Ἀσίας, παρεκελεύετο μὴ μέλλειν ἀλλὰ θαρσοῦντα διαβαίνειν· αὐτὸς γὰρ ἡγήσεσθαί μου τῆς στρατιᾶς καὶ τὴν Περσῶν παραδώσειν ἀρχήν. ὅθεν ἄλλον μὲν οὐδένα θεασάμενος ἐν τοιαύτῃ στολῇ, τοὐτον δὲ νῖν ἰδὼν καὶ τῆς κατὰ τοὺς ὕπνους ἀναμνησθεὶς ὄψεώς τε καὶ παρακελεύσεως, νομίζω θείᾳ πομπῇ τὴν στρατείαν πεποιημένος Δαρεῖον νικήσειν καὶ τὴν Περσῶν καταλύσειν δύναμιν καὶ πανθ’ ὅσα κατὰ νοῦν ἐστί μοι προχωρήσειν.” | AG. 16, 9 f.: καὶ ὅραμα διὰ νυκτὸς τῷ Παύλῳ ὤφθη, ἀνὴρ Μακεδών τις ἦν ἑστὼς καὶ παρακαλῶν αὐτὸν καὶ λέγων· διαβὰς εἰς Μακεδονίαν βοήθησον ἡμῖν. ὡς δὲ τὸ ὅραμα εἶδεν, εὐθέως ἐζητήσαμεν ἐξελθεῖν εἰς Μακεδονίαν, συμβιβάζοντες ὅτι προσκέκληται ἡμᾶς ὁ θεὸς ἐυαγγελίσασθαι αὐτούς. |
Nicht minder weist die Schilderung des Traumgesichtes, das den Hohenpriester Jaddus veranlasst, dem macedonischen Eroberer entgegenzugehen einige Züge auf, die sich in apostelgeschichtlichen Erzählungen wiederfinden:
A. XI, 8, 4: κατακοιμηθέντι δὲ μετὰ τὴν θυσίαν ἐχρημάτισεν αὐτῷ κατὰ τοὺς ὕπνους ὁ θεὸς θαρρεῖν καὶ στεφανοῦντας τὴν πόλιν ἀνοίγειν τὰς πύλας, καὶ τοὺς μὲν ἄλλους λευκαῖς ἐσθῆσιν, αὐτὸν δὲ μετὰ τῶν ἱερέων ταῖς νομίμοις στολαῖς ποιεῖσθαι τὴν ὕπαντησιν μηδὲν προσδοκῶντας πείσεσθαι δεινὸν προνοουμένου τοῦ θεοῦ. | AG. 18, 9 f.: Εἶπεν δὲ ὁ κύριος ἐν νυκτὶ δι’ ὁράματος τῷ Παύλῳ· μὴ φοβοῦ, ἀλλὰ λάλει καὶ μὴ σιωπήσῃς, διότι ἐγώ εἰμι μετὰ σοῦ καὶ οὐδεἰς ἐπιθήσεται τοῦ κακῶσαί σε κτλ. | |
23, 11: Τῇ δὲ ἐπιούσῃ νυκτὶ ἐπιστὰς αὐτῳ ὁ κύριος εἶπεν· θάρσει κτλ. | ||
27, 23 f.: παρέστη μοι ταύτῃ τῇ νυκτὶ τοῦ θεοῦ οὗ εἰμὶ ἐγώ, ᾧ καὶ λατρεύω, ἄγγελος λέγων· μὴ φοβοῦ, Παῦλε· Καίσαρί σε δεῖ παραστῆναι, καὶ ἰδοὺ κεχάρισταί σοι ὁ θεὸς πάντας τοὺς πλέοντας μετὰ σοῦ. |
Wenn Josephus hierauf fortfährt: διαναστὰς δὲ ἐκ τοῦ ὕπνου ἔχαιρέν τε μεγάλως αὐτὸς καὶ τὸ χρηματισθὲν αὐτῷ πᾶσι μηνύσας καὶ ποιήσας ὅσα κατὰ τοὺς ὕπνους αὐτῷ παρηγγέλη, τὴν τοῦ βασιλέως παρουσίαν ἐξεδέχετο, so trifft mit dieser Handlungsweise des Hohenpriesters diejenige des Apostels zusammen, welcher das an letzter Stelle berichtete Traumgesicht gleichfalls seiner Umgebung mitteilt und sie mit der ihn selbst beseelenden Zuversicht auf einen glücklichen Ausgang zu erfüllen sucht.
Nach alledem glauben wir unser Urteil dahin zusammenfassen zu können, dass Lucas zwar im Allgemeinen die Traumgesichte des Paulus aus dessen eigenen Aussagen und andern Quellen kannte, sich aber bei der schriftstellerischen Ausgestaltung dieses Stoffes an die ihm von Josephus gebotenen Vorlagen angeschlossen hat.
[329] Dieses “u.s.f.” müssen wir beanstanden, da uns weitere Stellen, an denen Josephus seiner Träume gedenkt, nicht bekannt sind. Fremde Traumgesichte erwähnt er ausser den oben im Texte angeführten noch A. XII, 2, 14. XIII, 12, 1. XIV, 15, 11. XVII, 13, 3 f. (= K. II, 7, 3 f.) K. I, 17, 3. Ap. I, 22. 32.
[330] Als eine von dem Verfasser der Apostelgeschichte herrührende Einschaltung betrachten dieselbe Zeller (S. 515), Overbeck (S. 455 f.) und Holtzmann (Handcomm. I, 423).
[331] Ἐφίστασθαι von Traumgesichten und überirdischen Erscheinungen bei Josephus noch A. I, 19, 9. II, 7, 3. 9, 3. III, 8, 1. V, 6, 3. XVII, 13, 4 (= K. II, 7, 4). K. VII, 11, 4, bei Lucas noch Lc. 2, 9. 24, 4. AG. 12, 7.
[332] Ἐφίστασθαι von Traumgesichten und überirdischen Erscheinungen bei Josephus noch A. I, 19, 9. II, 7, 3. 9, 3. III, 8, 1. V, 6, 3. XVII, 13, 4 (= K. II, 7, 4). K. VII, 11, 4, bei Lucas noch Lc. 2, 9. 24, 4. AG. 12, 7.
16, 18-40. Schon früher (Paulus S. 221) haben wir die Vermutung Zellers[333] wahrscheinlich gefunden, welcher in diesem Abschnitte die teilweise Nachbildung einer von Lucian (Toxaris c. 27-34) erzählten Geschichte sieht. Das schliesst natürlich nicht aus, dass einzelne Züge auch aus andern Quellen stammen können. Eine von diesen glauben wir in Josephus’ Bericht über die römische Gefangenschaft Agrippas I. zu entdecken (A. XVIII, 6, 7-10). Wie der mit Paulus eingekerkerte apostolische Gehilfe den Namen des bewährten Freundes trägt, der dem fürstlichen Gefangenen während seiner Haft getreulich zur Seite stand (§ 7), so werden wir auch durch V. 33: ἔλουσεν ἀπὸ τῶν πληγῶν an die letzterem verstatteten λουτρά (ebd.) erinnert und der Handlungsweise des mit seiner Ueberwachung betrauten Hauptmannes, welcher auf die Kunde von Tiberius’ Tode sogleich ἐκοινοῦτό τε τὴω ἡδονὴν τοῦ λόγου διὰ τὸ εἰς ἀγαθὰ τῷ Ἀγρίππᾳ φέρειν προυτίθει τε αὐτῷ δεῖπνον (§ 10), entspricht genau das weitere Verhalten des Kerkermeisters zu Philippi, der ἀναγαγὼν αὐτοὺς εἰς τὸν οἶκον παρέθηκεν τράπεζαν[334] καὶ ἠγαλλιάσατο πανοικί (V. 34). Wir können dieses Zusammentreffen nicht für zufällig halten, da Josephus’ Berichte über Herodes Agrippa I. auch anderwärts von Lucas für seine Darstellung von Paulus’ Geschichte benutzt worden sind (s. zu AG. 18, 18 und 24, 1-26).
Ausserdem bietet dieser Abschnitt Gelegenheit zu einer lehrreichen Beobachtung sprachlicher Art. Das in der Apostelgeschichte noch einmal (22, 25) vorkommende Adjectiv ἀκατάκριτος ist bis jetzt in der griechischen Literatur nicht nachgewiesen und somit wohl als eine Neubildung des Lucas zu betrachten. Noch mehr als durch das bei Josephus nicht seltene[335] (den Siebzig fremde) κατάκριτος war ihm dieselbe durch die mit der unsrigen inhaltsverwandte Stelle K. IV, 3, 10 nahe gelegt: οἱ δὲ καὶ δεσμοῖς ᾐκίσαντο τοὺς ὑφ’ ὑμῶν προδοθέντας, ἐῶ λέγειν πόσους, καὶ ποταπούς, ἀλλ’ ακαταιτιάτους, ἀκρίτους. Aus den beiden hier verbundenen Adjectiven hat Lucas ein drittes gebildet und damit einen weitern Beleg für eine von uns schon früher (S. 41 f.) an ihm beobachtete schriftstellerische Eigentümlichkeit geliefert.
[333] Ztschr. f. w. Th. 1864, S. 103 ff.
[334] Auch diese dem übrigen N. T. und den Siebzig fremde Redensart konnte Lucas bei Josephus finden, der sie wiederholt braucht z. B. A. VI, 14, 3: ἀνθ’ ὧν παρεκάλει τράπεζάν τε αὐτῷ παραθεῖναι καὶ τροφήν. VIII, 9, 1: ἀλλ’ οὐχὶ παρ’ ἐμοὶ πάντως, εἶπεν, ἀπηγόρευκέ σοι τὸ θεῖον παραθέσθαι τράπεζαν. K. V, 10, 2: τράπεζα μὲν οὐδαμοῦ παρετίθετο.
[335] K. I, 3, 6. 32, 5. 33, 7. II, 14, 2. VI, 2, 1. ἀκαταιτίατος noch I, 24, 8. II, 14, 8. IV, 4, 3 zw. 4. Ausserdem vgl. ἀκατηγόρητος A. XVII, 11, 3, ἄκριτος K. IV, 3, 10 (s. o.). 4, 4 und ἀσυκοφάντητος I, 26, 2. Keines dieser Adjective kommt bei den Siebzig vor.
17, 16-34. Dieser Paulus’ öffentliches Auftreten zu Athen schildernde Abschnitt verrät schon durch die dem Apostel in den Mund gelegte Berufung auf griechische Dichter (V. 28) die Bekanntschaft seines Verfassers mit ausserbiblischer Literatur und berechtigt dadurch zu der Vermutung, dass er einer den Spuren der Benutzung des Josephus durch Lucas nachgehenden Untersuchung einige Ausbeute gewähren werde. In der Tat wird diese Erwartung in vollem Mass erfüllt. Zunächst finden die beiden Philosophenschulen, deren Anhänger Paulus zu einer Rede auf dem Areopage veranlassen, auch bei dem jüdischen Geschichtschreiber Erwähnung:
A. X, 11, 7[336]: ταῦτα πάντα ἐκεῖνος θεοῦ δείξαντος αὐτῷ συγγράψας κατέλειψεν· ὥςτε τοὺς ἀναγινώσκοντας καὶ τὰ συμβαίνοντα σκοποῦντας θαυμάζειν ἐπὶ τῇ παρὰ θεοῦ τιμῇ τὸν Λανίηλον καὶ τοὺς Ἐπικουρείους ἐκ τούτων εὑρίσκειν πεπλανημένους, οἳ τήν τε πρόνοιαν ἐκβάλλουσι τοῦ βίου καὶ θεὸν οὐκ ἀξιοῦσιν ἐπιτροπεύειν τῶν πραγμάτων, οὐδ’ ὑπὸ τῆς μακαρίας καὶ ἀφθάρτου πρὸς διαμονὴν τῶν ὅλων οὐδίας κυβερνᾶσθαι τὰ σύμπαντα, ἄμοιρον δὲ ἡνιόχου καὶ ἀφρόντιστον τὸν κόσμον αὐτομάτως φέρεσθαι λέγουσιν.
XIX, 1, 5: ἦν γὰρ Πομπήδιος συγκλητικὸς μέν, τὰς ἀρχὰς δὲ διεληλυθὼς σχεδὸν ἁπάσας, Ἐπικούρειος δ’ ἄλλως καὶ δι’ αὐτὸ ἀπράγμονος ἐπιτηδευτὴς βίου.
Ap. II, 16: καὶ γὰρ Πυθαγόρας καὶ Ἀναξαγόρας καὶ Πλάτων οἵ τε μετ’ ἐκεῖνον ἀπὸ τῆς στοᾶς φιλόσοφοι [καὶ] μικροῦ δεῖν ἅπαντες οὕτως φαίνονται περὶ τῆς τοῦ θεοῦ φύσεως πεφρονηκότες.
L. 2: ἐννεακαιδέκατον δ’ ἔτος ἔχων ἠρξάμην τε πολιτεύεσθαι τῇ Φαρισαίων αἱρέσει κατακολουθῶν, ἣ παραπλήσιός ἐστι τῇ παρ’ Ἕλλησιν Στωϊκῇ λεγομένῃ.
Nicht weniger als drei dieser Stellen sind geeignet, auf die Frage, warum Lucas dem Paulus gerade Vertreter der epikureischen und stoischen Schule gegenübergestellt habe, die Antwort zu empfehlen, dass er hierzu durch Josephus bestimmt worden ist. Zu der von diesem gerügten, den Vorsehungsglauben ausschliessenden Lehre der ersteren Schule, dass Gott sich nicht um die menschlichen Dinge kümmere und die Welt ohne höhere Leitung ihren eigenen Gang gehe, bildet der Grundgedanke der Rede des Paulus den schärfsten Gegensatz und er wird in verschiedenen Wendungen so nachdrücklich hervorgehoben, dass man den Eindruck gewinnt, der Verfasser derselben habe mit ihr den Zweck verfolgt, jene Lehre durch den Apostel geradezu bekämpfen und widerlegen zu lassen (vgl. V. 24-28). An der dritten Stelle aber ruft Josephus angesehene griechische Philosophen als Zeugen für den mosaischen Gottesbegriff auf, den er unmittelbar vorher in einer Reihe von Sätzen entwickelt hat[337], welche so unverkennbare Anklänge an Paulus’ Rede enthalten, dass die Vermutung, letztere sei teilweise auf Grund dieser Vorlage ausgearbeitet, nicht kurzer Hand abgewiesen werden darf. Endlich war die vierte der oben mitgeteilten Stellen ganz geeignet, durch die Vergleichung der Pharisäer mit den Stoikern einem christlichen Leser den Gedanken nahe zu legen, dass, wie die ersteren in Palästina, so die letzteren in Griechenland zu den erklärten Gegnern des Evangeliums gehört haben werden.
Ferner erinnert der von den genannten Philosophen gegen Paulus erhobene Vorwurf: ξένων δαιμονίων δοκεῖ καταγγελεὺς εἶναι (V. 18) an eine bereits von Ott (S. 307) und nach ihm von Holtzmann (1877, S. 538)[338] angezogene Aussage des Josephus (Ap. II, 37), zufolge welcher die Athener auf die nämliche Beschuldigung hin den Anaxagoras, Protagoras und Sokrates zum Tode verurteilten und selbst eine Priesterin hinrichteten, ἐπεί τις αὐτῆς κατηγόρησεν, ὅτι ξένους ἐμύει θεούς· νόμῳ δ’ ἦν τοῦτο παρ’ αὐτοῖς κεκωλυμένον καὶ τιμωρία κατὰ τῶν ξένον εἰσαγόντων θεὸν ὥριστο θάνατος.[339] In diesem Fall empfiehlt sich die Annahme einer Beeinflussung des Lucas durch Josephus noch deshalb, weil die vorhergehende Bemerkung des letzteren über Sokrates: τὶ δαιμόνιον αὐτῷ σημαίωειν ἔφασκεν den Ausdruck des ersteren erklärt, welcher insofern befremden muss, als δαιμόωιον im N. T. sonst überall einen bösen Geist bezeichnet.[340]
Im Weiteren findet das von Paulus den Athenern gespendete Lob: κατὰ πάντα ὡς δεισιδαιμονεστέρους ὑμᾶς θεωρῶ (V. 22) seine Erläuterung in einer ebenfalls schon von Ott (a. a. O.) und Holtzmann (1877, S. 538. Handcomm. I, 391) angeführten Stelle der nämlichen Schrift des Josephus (II, 11): μιμεῖσθαι γὰρ οὐ προςῆκεν τὴν Ἀπίωνος ἀπαιδευσίαν, ὃς οὔτε τὰς Ἀθηναίων τύχας οὔτε τὰς Λακεδαιμονίων ἐνενόησεν, ὧν τοὺς μὲν ἀνδρειοτάτους εἶναι, τοὺς δὲ εὐσεβεστάτους τῶν Ἑλλήνων ἅπαντες λέγουσιν.
Die folgenden Sätze der Rede des Apostels (V. 23-29) enthalten die unzweideutigsten Anklänge an drei Stellen des Josephus, von denen die erste, das von Salomo bei Gelegenheit der Tempelweihe gesprochene Gebet, schon bei Ott (S. 308) sich angegeben findet, während auf die dritte Overbeck (S. 283) hingewiesen hat. Man vergleiche:
A. VIII, 4, 2 f.: “σοὶ γάρ, εἶπεν, οἶκον μὲν αἰώνιον, ὦ δέσποτα, κἀξ ὧν αὐτῷ εἰργάσω γεγονότα τὸν οὐρανὸν οἴδαμεν καὶ ἀέρα καὶ γῆν καὶ θάλασσαν, δι’ ὧν ἁπάντων οὐδὲ τούτοις ἀρκούμενος κεχώρηκας, τοῦτον δέ σοι κατεσκεύακα τὸν ναὸν ἐπώνυμον, ὡς ἂν ἀπ’ αὐτοῦ σοι τὰς εὐχὰς θύοντες καὶ καλλιεροῦντες ἀναπέμπωμεν εἰς τὸν ἀέρα καὶ πεπεισμένοι διατελοίημεν, ὅτι πάρει καὶ μακρὰν οὐκ ἀφέστηκας [οὐδὲ σαυτῷ]· τῷ μὲν γὰρ πάντ’ ἐφορᾶν καὶ πάντ’ ἀκούειν οὐδὲ νῦν ὅπου σοι θέμις οἰκῶν ἀπολείπεις τοῦ πᾶσιν ἔγγιστα εἶναι, μάλλον δ’ ἑκάστῳ καὶ Βουλευομένῳ καὶ διὰ νυκτὸς καὶ ἡμέρας συμπάρει” . . . “ἔργοις μέν, εἶπεν, οὐ δυνατὸν ἀνρθρώποις ἀποδοῦναι θεῷ χάριν ὑπὲρ ὧν εὖ πεπόνθασιν· ἀπροσδεὲς γὰρ τὸ θεῖον ἁπάντων καὶ κρεῖττον τοιαύτης ἀμοιβῆς . . . σοὶ μὲν γὰρ μικρὸν οἰκητήριον καὶ τὸ πᾶν οὐρανοῦ καὶ τῶν κατὰ τοῦτον ὄντων κύτος, οὐχ ὅτι γε οὗτος ὁ τυχὼν ναός[341].” | AG. 17, 23-29: διερχόμενος καὶ ἀναθεωρῶν τὰ σεβάσματα ὑμῶν εὗρον καὶ βωμὸν ἐν ᾧ ἐπεγέγραπτο· ἀγνώστῳ θεῷ . . . ὁ θεὸς ὁ ποιήσας τὸν κόσμον καὶ πάντα τὰ ἐν αὐτῷ, οὗτος οὐρανοῦ καὶ γῆς ὑπάρχων κύριος οὐκ ἐν χειροποιήτοις ναοῖς κατοικεῖ, οὐδὲ ὑπὸ χειρῶν ἀνθρωπίνων θεραπεύεται προςδεόμενός τινος, αὐτὸς διδοὺς πᾶσιν ζωὴν καὶ πνοὴν καὶ τὰ πάντα· ἐποίησέν τε ἐξ ἑνὸς πᾶν ἔθνος ἀνθρώπων κατοικεῖν ἐπὶ παντὸς προσώπου τῆς γῆς, ὁρίσας προςτεταγμένους καιροὺς καὶ τὰς ὁροθεσίας τῆς κατοικίας αὐτῶν, ζητεῖν τὸν θεὸν, εἰ ἄραγε ψηλαφήσειαν αὐτὸν καὶ εὕροιεν, καίγε οὐ μακρὰν ἀπὸ ἑνὸς ἑκάστου ἡμῶν ὑπάρχοντα. ἐν αὐτῷ γὰρ ζῶμεν καὶ κινούμεθα καὶ ἐσμέν, ὡς καί τινες τῶν καθ’ ὑμᾶς ποιητῶν εἰρήκασιν· τοῖ γὰρ καὶ γένος ἐσμέν. γένος οὖν ὑπάρχοντες τοῦ θεοῦ οὐκ ὀφείλομεν νομίζειν, χρυσῷ ἢ ἀργύρῳ ἢ λίθῳ, χαράγματι τέχνης καὶ ἐνθυμήσεως ἀνθρώπου, τὸ θεῖον εἶναι ὅμοιον. | |
Ap. II, 16: ὁ δ’ ἡμέτερος νομοθέτης . . . θεοκρατίαν ἀπέδειξε τὸ πολίτευμα θεῷ τὴν ἀρχὴν καὶ τὸ κράτος ἀναθείς. καὶ πείσας εἰς ἐκεῖνον ἅπαντας ἀφορᾶν ὡς αἴτιον μὲν ἁπάντων ὄντα τῶν ἀγαθῶν, ἃ κοινῇ τε πᾶσιν ἀνθρώποις ὑπάρχει καὶ ὅσων ἔτυχον αὐτοὶ δεηθέντες ἐν ἀμηχάνοις . . . ἕνα αὐτὸν ἀπέφηνε καὶ ἀγένητον καὶ πρὸς τὸν ἀίδιον χρόνον ἀναλλοίωτον πάσης ἰδέας θνητῆς κάλλει διαφέροντα καὶ δυνάμει μὲν ἡμῖν γνώριμον, ὁποῖος δὲ κατ’ οὐσίαν [ἐστὶν] ἄγνωστον. | ||
Ebd. 22: . . . θεὸς ἔχει τὰ σύμπαντα παντελὴς καὶ μακάριος, αὐτὸς αὑτῷ καὶ πᾶσιν αὐτάρκης, ἀρχὴ καὶ μέσα καὶ τέλος οὗτος τῶν πάντων, ἔργοις μὲν καὶ χάρισιν ἐναργὴς καὶ παντὸς οὗτινος φανερώτερος, μορφὴν δὲ καὶ μέγεθος ἡμῖν ἄφατος· πᾶσα μὲν ὕλη πρὸς εἰκόνα τὴν τούτου κἂν ᾖ πολυτελὴς ἄτιμος, πᾶσα δὲ τέχνη πρὸς μιμήσεως ἐπίνοιαν ἄτεχνος, ᾧ οὐδέν ὅμοιον οὔτ’ εἴδομεν οὔτ’ ἐπινοοῦμεν οὔτ’ εἰκάζειν ἐστὶν ὅσιον.[342] ἔργα βλέπομεν αὐτοῦ φῶς οὐρανὸν γῆν ἥλιον ὕδατα ζῴων γενέσεις καρπῶν ἀναδόσεις. ταῦτα θεὸς ἐποίησεν οὐ χερσὶν οὐ πόνοις οὔ τινων συνεργασομένων ἐπιδεηθεὶς, ἀλλ’ αὐτοῦ θελήσαντος καλῶς ἦν εὐθὺς γεγονότα. τοῦτον θεραπευτέον ἀσκοῦντας ἀρετὴν· τρόπος γὰρ θεοῦ θεραπείας οὗτος ὁσιώτατος. |
In obigen drei Stellen des Josephus wird man kaum einen wesentlichen Gedanken des ihnen zur Vergleichung beigefügten Abschnittes der Rede des Paulus vergeblich suchen, aber auch im sprachlichen Ausdrucke treffen sie mit demselben so häufig und auffällig zusammen, dass man in ihnen unbedenklich die Vorlagen erkennen darf, welche Lucas bei Ausarbeitung jener Rede benutzt hat. Um von den sich dem Leser beim ersten Blick aufdrängenden Uebereinstimmungen zu schweigen, heben wir nur folgende Einzelheiten hervor. Ebenso wie Josephus braucht Lucas von Gott das im N. T. nicht weiter belegbare, den Siebzig völlig fremde Epitheton ἄγνωστος. Das dreimalige ὑπάρχειν im Sinne von εἶναι (V. 24. 27. 29) ist ihm durch ἃ κοινῆ τε πᾶσιν ἀνϑρώποις ὑπάρχει an die Hand gegeben. Die χειροποίητοι ναοί, in denen der Herr des Himmels und der Erde οὐ κατοικεῖ, erinnern sofort an den von seinem Erbauer selbst in Gegensatz zu Gottes οἶκος αἰώνιος gestellten Tempel und χειροποίητος kann seinen Ursprung aus ἐποίηισεν οὐ χερσίν nicht verleugnen.[343] Zur Wahl des im N. T. sonst nirgends im religiösen Sinne vorkommenden ϑεραπεύειν[344] ist Lucas durch τοῦτον ϑεραπευτεόν genau so bestimmt worden, wie ἀπροσδεὲς und ἡμῶν ἐπιδεηϑεὶς zusammengewirkt haben, ihm das aus dem N. T. gleichfalls nicht weiter nachweisbare προςδεόμενός τινος in die Feder zu drängen. In καίτοιγε οὐ μακρὰν ἀπὸ ἑνος ἑκάστου ὑπάρχοντα kehrt μακρὰν οὐκ ἀφέστηκας und μάλιστα δ’ ἑκάστῳ συμπάρει wieder. Ganz wie bei Josephus folgt bei Lucas dem Worte τέχνη in geringer Entfernung ein ὅμοιον. Eindlich ist auch der den griechischen Philosophen ebenso geläufige wie den Siebzig und dem N. T. unbekannte Ausdruck τὸ ϑεῖον aus der zuerst angeführten Stelle des Josephus entlehnt.
Der Abschnitt V. 16-34 enthält 12 innerhalb des N. T.s dem Lucas ausschliesslich eignende Wörter. Von diesen können wir vier (**βωμός, διάλεκτος, **κατοικία, **ὑπερεῖδον) bei den Siebzig und Josephus, eins (πνοή) nur bei jenen, zwei (ἐπιδημέω, **χλευάζω) nur bei diesem nachweisen. Das zweite der letzten Klasse findet sich bei Josephus u. a. an einer Stelle, in welcher wir bereits eine der von Lucas für unsern Abschnitt benutzten Vorlagen erkannt haben, nämlich Ap. II, 37: Διαγόρᾳ τῷ Μηλίῳ τάλαντον ἐπεκήρυξαν, εἴ τις αὐτὸν ἀνέλοι, ἐπεὶ τὰ παρ’ αὐτοῖς μυστήρια χλευάζειν ἐλέγετο. Unter den dem Lucas allein verbleibenden fünf Wörtern (**δεισιδαίμων, **καταγγελεύς, **κατείδωλος, **ὁροϑεσία, **σπερμολόγος) erinnern wenigstens das erste und das vierte an Josephus, welcher sowohl das Substantiv δεισιδαιμονία (A. X, 3, 2. K. I, 5, 3. II, 9, 3 ö.), als auch die Verbindungen ὅρον τιϑέναι (Ap. II, 17) und ὅρους τίϑεσϑαι (A. I, 2, 2. XX, 4, 2) braucht, aus denen sich das anscheinend vor Lucas nicht nachweisbare Substantiv ὁροϑεσία leicht bilden liess. Als sonstige sprachliche Eigentümlichkeiten unseres Abschnittes, welche dem aus anderweitigen Gründen gewonnenen Ergebnisse, dass sein Verfasser in Josephus belesen war, mindestens zur Stütze dienen können, seien hier folgende erwähnt: σεβόμενοι, s. zu 13, 43.(S. 216 f.). ξενίζειν “befremden” (im N. T. nur noch 1 Ptr. 4, 4. 12 in dieser Bedeutung), vgl. A. I, 1, 4: τὸν δὲ ϑεὸν ἐξένιζε τὸ πραττόμενον.—τὶ καινότερον, Vgl. K. VII, 8, 1: εἴ τις ἐπινοίᾳ διαπλάττειν ἐϑελήσειεν ἔχειν ἄν τι καινότερον ἐξευρεῖν (der Comparativ noch A. XIV, 6, 4. XV, 6, 3).—εὐσεβεῖν τὸν ϑεόν, vgl. L. 23: φάσκων δεῖν ἕκαστον κατὰ τὴν ἑαυτοῦ προαίρεσιν τὸν ϑεὸν εὐσεβεῖν.—ὁρίζειν καιρόν, vgl. A. X, 11, 7: καιρὸν ὥριζεν εἰς ὃν ταῦτα ἀποβήσεται (vgl.: ὁ ὡρισμένος καιρός VI, 5, 3, ὁρίζειν χρόνον Ap. I, 26, ὁ ὡρισμένος χρόνος A. VIII, 2, 7).—πίστιν παρέχειν, vgl. A. II, 9, 4: τοῖς μέντοι προκατηγγελμένοις ὑπὸ τοῦ ϑεοῦ πίστιν ὁ τοκετὸς τῆς γυναικὸς παρεῖχε (XV, 7, 10. K. VI, 6, 4. VII, 1, 1). Endlich erinnern die προστεταγμένοι καιροί (V. 26) an τὸ προστεταγμένον μέτρον bei Josephus (A. III, 1, 6).
Noch erübrigt uns eine kurze Auseinandersetzung mit dem von Keim (S. 26) über die von Holtzmann beigebrachten “kleinen Parallelen oder Anklänge” gefällten Urteile, dass an der einen Beweisstelle (Ap. II, 11) “schon der Ausdruck des Josephus ein anderer, viel positiverer und die zweite (ebd. 37) abweichend und entlegen zugleich” sei, wozu noch komme, dass mit dem Anklang in zwei Worten einer langen und geistreichen Rede gar nichts bewiesen und dass die Benutzung der Apologie gegen Apion gar nicht zu beweisen und an sich unwahrscheinlich sei. Waren diese Bemerkungen schon dem genannten Gelehrten gegenüber im Wesentlichen unzutreffend, so sind sie zur Entkräftung unserer Ausführungen noch weniger geeignet. Wir erwidern auf dieselben: 1) dass eine Rede, die bereits mit dem sechsten Satz abbricht, nicht als eine lange, sondern weit eher als eine kurze gelten kann, 2) dass die Behauptung von einem sich auf zwei Worte derselben beschränkenden Anklang an Josephus durch den von uns gegebenen Nachweis viel zahlreicherer und deutlicherer Berührungen hinfällig wird, und 3) dass der letzte Einwand Keims ein aller Begründung entbehrender Machtspruch ist. Räumt man einmal mit ihm ein, dass Lucas den Josephus gekannt hat und von ihm beeinflusst worden ist, so muss man es schon von vornherein höchst unwahrscheinlich finden, dass letzterer, wenn er die Darstellung einer grossenteils in Ländern griechischer Zunge und Gesittung sich abspielenden Geschichte unternahm, achtlos an derjenigen Schrift des ersteren vorübergegangen sein solle, die ihm die verhältnismässig reichste Ausbeute an gut zu verwertenden Mitteilungen über griechisches Geistesleben verhiess. Wer sich zu einer so schwer glaublichen Annahme entschlösse, der hätte zunächst die Aufgabe, das Zeugnis der von uns zwischen Paulus’ Rede und der genannten Schrift aufgezeigten Uebereinstimmungen zu entkräften, und selbst, wenn ihm dies gelänge, so bliebe immer noch eine Anzahl Stellen übrig, angesichts deren eine Benutzung dieser Schrift durch Lucas keinem ernstlichen Zweifel unterliegen kann.[345]
[336] Bereits von Ott (S. 304 ff.) zu V. 18 unseres Abschnittes angeführt.
[337] Der Wortlaut derselben ist S. 226 mitgeteilt.
[338] auch Handcomm. I, 390, wo aber statt 31 zu lesen ist 37.
[339] ξένοι θεοί kommt bei Josephus noch Ap. II, 35 vor. Viel häufiger ist bei ihm ξενικοὶ θεοί (A. V, 1, 26 zw. VIII, 4, 6. 13, 5 dr. 7. IX, 2, 2. 5, 1. 6, 6 zw. X, 4, 1. 3 f.).
[340] S. Grimm s. v. In demselben Sinne wie hier in der Apostelgeschichte wird das Wort von Josephus mehrfach gebraucht z. B. A. XIX, 1, 10: εἰσιόντος εἰς τὸ βουλευτήριον Χαιρέου φωωὴν ἐκ τοῦ πλήθους γενέσθαι τινὸς ἐπ’ ἐξορμήσει κελεύοντος περαίνειν μὲν δὴ τὸ πρακτέον καὶ προσλαμβάνειν τὸ δαιμόνιον. K. I, 2, 8: ὡμίλει αὐτῷ τὸ δαιμόνιον ὡς μηδὲν τῶν μελλόντων ἀγνοεῖν. Ebd. 3, 6: μηκέτι ταῖς ἐκ τῶν ἐμῶν σπλάγχνων χοαῖς ἐπειρωνευέσθω τὸ δαιμόνιον. Ebd. 31, 3: πείθεται τούτοις (ἐνῆγε γὰρ τὸ δαιμόνιον).
[341] Vgl. K. V, 11, 2: ἐβόων . . . ναὸν ἀμείνω τούτου τῷ θεῷ τὸν κόσμον εἶναι.
[342] Vgl. A. VIII, 11, 2: . . . τὸν ἴδιον θεὸν σεβομένοις, ὃν οὐ χεῖρες ἐποίησαν ἐξ ὕλης φθαρτῆς οὐδ’ ἐπίνοια πονηροῦ βασιλέως ἐπὶ τῇ τῶν ὄχλων ἀπάτῃ κατεσκεύασεν, ἀλλ’ ὃς ἔργον ἐστὶν αὑτοῦ καὶ ἀρχὴ καὶ τέλος τῶν ἁπάντων.
[343] χειροποίητος bei Josephus A. IV, 3, 4. XV, 9, 4. K. I, 21, 10 zw. IV, 10, 5. VII, 6, 2, das Adverbium ebd. 8, 4.
[344] Bei Josephus findet sich ϑεραπεύειν τὸν ϑεὸν noch A. I, 18, 5. IV, 4, 3. XI, 3, 8. K. VII, 10, 2.
[345] S. zu Lc. 1, 1-4 (S. 53 ff.). AG. 1, 1-11 (S. 145 f.), 10, 10-12 (S. 198).
18, 9 f. S. zu 16, 9 f. (S. 218 ff.).
18, 12-17. Diese durch Paulus’ jüdische Gegner veranlasste Gerichtsverhandlung vor einem römischen Beamten erinnert namentlich durch ihren Ausgang an eine andere, von Josephus erzählte (K. I, 12, 5 f.). Als hundert Abgeordnete der Juden in Daphne bei Antiochien vor dem Triumvir M. Antonius erschienen, um eine früher erfolglos gebliebene Anklage gegen die herrschsüchtigen Brüder Phasael und Herodes zu erneuern, schlug sich der römische Machthaber, dem Rate des Schattenkönigs Hyrkan Gehör gebend, auf die Seite der Angeklagten und da die Gesandten hierüber murrten, liess er fünfzehn derselben ergreifen, und, um sie später hinzurichten, ins Gefängnis werfen, τοὺς δὲ λοιποὺς μεϑ’ ὕβρεως ἀπήλασε, wie Gallio (V. 16). Der von diesem letzteren erteilte Bescheid: εἰ δὲ ζητήματά ἐστιν περὶ λόγου καὶ ὀνομάτων καὶ νόμου τοῦ καϑ’ ἡμᾶς, ὄψεσϑε αὐτοὶ· κριτὴς ἐγὼ τούτων οὐ βούλομαι εἶναι (V. 15, vgl. 25, 19 f.) bekennt sich zu den nämlichen Grundsätzen, welche schon J. Cäsar in einem an die Stadt Sidon gerichteten, auf Hyrkan Alexander und seinen Sohn bezüglichen Erlass ausgesprochen hat (A. XIV, 10, 2): ἄν τε μεταξὺ γένηταί τις ζήτησις περὶ τῆς Ἰουδαίων ἀγωγῆς, ἀρέσκει μοι κρίσιν γενέσϑαι παρ’ αὐτοῖς. Noch deutlichere sprachliche Berührungen bietet eine bereits von Ott (S. 311) zu V. 14 verglichene Stelle aus Josephus’ Lebensbeschreibung (c. 65): μετὰ τοσαῦτα δέ σου κακουργήματα τάξιν ἐπιστολῶν σοι πιστεύσας, ὡς καὶ ταύταις εὗρε ῥᾳδιουργόν[346], ἀπήλασε τῆς ὄψεως. Hier erscheint unmittelbar vor ἀπήλασε ein Wort, welches Lucas sicherlich zur Wahl des dem übrigen N. T. ebenso wie den Siebzig fremden Substantivs ῥαδιούργημα bestimmt hat, und die Bevorzugung dieser Form vor dem anderwärts (13, 10) von ihm gebrauchten ῥᾳδιουργία erklärt sich ungezwungen durch den Einfluss des vorhergehenden κακουργήματα, der noch durch die Erinnerung an manche andere Beispiele einer bei Josephus beliebten Wortbildung[347] verstärkt werden mochte.
[346] So Niese, während die früheren Ausgaben ῥᾳδιουργοῦντ’ lesen.
[347] Vgl. ausser κακούργημα (noch A. II, 6, 8 zw. V, 1, 14. K. I, 32, 4 ö.) δημιούργημα (A. XII, 2, 2. XIV, 3, 1), ἱερούργημα (VIII, 4, 5), πανούργημα (K. I, 31, 5. VI, 6, 1), χαλκούργημα (A. VIII, 3, 5) neben αὐτουργία (A. XVII, 12, 2. Ap. II, 32), δημιουργία (A. XII, 2, 5), ἱερουργία (I, 13, 2. XIV, 4, 3. XX, 8, 11. K. VI, 8, 3 ö.), καινουργία (A. XII, 2, 9 zw. Ap. II, 35), κακουργία (A. XVIII, 6, 6. K. II, 14, 1. VII, 5, 6 ö.), λειτουργία (V, 5, 7. VI, 5, 3. VII, 8, 7), μεγαλουργία (A. II, 7, 1. IV, 8, 48. K. VII, 5, 5), πανουργία (IV, 9, 3. VI, 1, 3, 3, 2 ö.), τερατουργία (A. II, 13, 3), ὑπουργία (XV, 2, 2. XVI, 7, 1. K. VII, 8, 7 ö.), den Concretis αὐτουργός (A. VII, 8, 1. Ap. I, 10), δημιουργός (II, 35), ἱστουργός (K. I, 24, 3), κακοῦργος (A. I, 18, 6. II, 4, 5. X, 5, 2 ö.), ῥᾳδιουργός (L. 65, s. die vorhergehende Anm.), ὑλουργός (A. VIII, 2, 6), ὑπουργός (K. II, 8, 6) und den Verbis αὐτουργέω (A. XVII, 12, 2), δημιουργέω (VIII, 3, 7), ἱερουργέω (III, 10, 1. V, 7, 10. VI, 6, 2 ö.), καινουργέω (A. IX, 5, 1. XII, 2, 9. XV, 9, 1), κακουργέω (II, 6, 3. IV, 2, 2. K. II, 14, 2 ö.), κρεουργέω (A. XIII, 12, 6, XIX, 1, 15), λειτουργέω (K. V, 5, 7), πανουργέω (II, 14, 2), προσκαινουργέω (A. XVII, 11, 2), προσυπουργέω (XV, 6, 2), προχειρουργέω (K. IV, 8, 3), συγχειρουργέω (A. XVII, 3, 2), ταλασιουργέω (XVIII, 9, 1), ὑπουργέω (II, 9, 2. III, 1, 2. K. VII, 8, 7 ö.), χειρουργέω (A. II, 3, 1). Bei den Siebzig: κακουργία (Ps. 35, 17), κακοῦργος (Spr. 21, 15), λειτουργέω (Ex. 28, 31 ö.), λειτούργημα (Num. 4, 32), λειτουργία (Num. 4, 24 ö.), λειτουργός (2 Chr. 9, 4), ὑπουργός (Jos. 1, 1).
18, 18. Diese Stelle hat in der Apostelgeschichte ein ausführlicheres Seitenstück an einer späteren (21, 17-21), zu welcher bereits Ott (S. 318 ff.) und Krebs (S. 243) eine Parallele aus Josephus (K. II, 15, 1) beigebracht haben, die sich jedoch näher mit der ersten berührt, während die zweite mehr zur Vergleichung mit einer ihnen entgangenen, von Holtzmann (1877, S. 542) nachgetragenen Angabe dieses Geschichtschreibers auffordert. Die sachlichen und sprachlichen Uebereinstimmungen der beiderseitigen Berichte werden sich aus folgender Zusammenstellung ergeben:
K. II, 15, 1: Ἐπεδήμει δὲ (sc. Βερενίκη) ἐν τοῖς Ἱεροσολύμοις εὐχὴν ἐκτελοῦσα τῷ ϑεῷ. τοὺς γὰρ ἢ νόσῳ καταπονουμένους ἤ τισιν ἄλλαις ἀνάγκαις ἔϑος εὔχεσϑαι πρὸmτριάκοντα ἡμερῶν ἧς ἀποδώσειν μέλλοιενmϑυσίας οἴνου τε ἀφέξεσϑαι καὶ ξυρήσεσϑαι τὰς κόμας. | AG. 18, 18: Ὁ δὲ Παῦλος . . . ἐξέπλει εἰς τὴν Συρίαν, καὶ σὺν αὐτῷ Πρίσκιλλα καὶ Ἀκύλας, κειράμενος ἐν Κεγχρεαῖς τὴν κεφαλήν· εἶχεν γὰρ εὐχήν. |
A. XIX, 6, 1: εἰς Ἱεροσόλυμα δ’ ἐλϑὼν (sc. Ἀγρίππας) χαριστηρίους ἐξεπλήρωσε ϑυσίας οὐδὲν τῶν κατὰ νόμον παραλιπών, διὸ καὶ ναζιραίων ξυρᾶσϑαι διέταξε μάλα συχνούς. | AG. 21, 17: Γενομένων δὲ ἡμῶν εἰς Ἱεροσόλυμα . . . 23 f.: εἰσὶν ἡμῖν ἄνδρες τέσσαρες εὐχὴν ἔχοντες ἐφ’ ἑαυτῶν· τούτους παραλαβὼν ἁγνίσϑητι σὺν αὐτοῖς καὶ δαπάνησον ἐπ’ αὐτοῖς ἵνα ξυρήσονται τὴν κεφαλήν, καὶ γνωσόνται πάντες ὅτι . . . στοιχεῖς καὶ αὐτὸς φυλάσσων τὸν νόμον. 26: τότε ὁ Παῦλος παραλαβὼν τοὺς ἄνδρας τῇ ἐχομενῃ ἡμέρᾳ σὺν αὐτοῖς ἁγνισϑεὶς εἰσῄει εἰς τὸ ἱερόν, διαγγέλλων τὴν ἐκπλήρωσιν τῶν ἡμερῶν τοῦ ἁγνισμοῦ, ἕως οὗ προσηνέχϑη ὑπὲρ ἑνος ἑκάστου αὐτῶν ἡ προσφορά. |
Bekanntlich ist die Geschichtlichkeit der obigen Berichte des Lucas von der neueren Kritik mit gewichtigen Gründen bestritten worden. Holtzmann (1877, S. 542 f.) findet ihren schwankenden Charakter auffällig, der ganz wie ein Nachklang der Erzählungen vom König Agrippa und der Königin Berenice aussehe. “Nach dem Muster dieser Personen erscheint also hier auch Paulus (18, 18 vielleicht beziehungsweise Aquila, als sein Vertreter[348]) in der Rolle eines Nasiräers, wie Agrippa wendet er die Kosten auf (21, 24) und der Zweck ist ἵνα ξυρήσονται τὴν κεφαλὴν καὶ γνώσονται πάντες ὅτι ὧν κατήχηνται περὶ σοῦ οὐδέν ἐστιν (vgl. des Josephus οὐδὲν τῶν κατὰ νόμον παραλιπών). Die Unklarheiten bezüglich der ἐκπλήρωσις τῶν ἡμερῶν V. 26 und der ἑπτὰ ἡμέραι V. 27 hängen irgendwie mit dem im Berichte von der Berenice erwähnten Zeitmasse zusammen.” Wir fügen diesen Bemerkungen noch bei, dass in Lucas’ ἐκπλήρωσις[349] deutlich Josephus’ ἐξεπλήρωσε wiederklingt. Je weniger glaublich ist, dass der Verfasser der Apostelgeschichte die beiden viel angefochtenen Berichte dem von ihm benutzten Reisetagebuche verdanke, um so wahrscheinlicher wird die Annahme, dass dieselben auf die obigen Erzählungen des Josephus zurückgehen, zumal das Vorbild Agrippas I. auch anderwärts in der genannten Schrift auf die Darstellung von Paulus’ Geschichte eingewirkt hat (s. zu 16, 18-40 und zu 24, 1-26).
[348] Ueber die Frage nach der richtigen Verbindung von κειράμενος wie über die der apostelgeschichtlichen Erzählung zu Grunde liegende Tatsache s. unsere “Beiträge” S. 112 ff.
[349] Auch dieses bei ihm nur hier vorkommende, dem übrigen N. T. wie den Siebzig fremde Substantiv konnte Lucas bei Josephus finden, wenn A. X, 11, 4 die von Niese unter den Text verwiesene Lesart der Bekkerschen Ausgabe: τὴν δὲ τῶν ἐπηγγελμένων ἐκπλήρωσιν richtig sein sollte.
19, 16. Die Worte: ὥστε . . . τετραυματισμένους ἐκφυγεῖν ἐκ τοῦ οἴκου ἐκείνου erinnern an ähnliche Redewendungen bei Josephus, z. B. K. II, 1, 3: ὁ δὲ χιλίαρχος ἐκφεύγει τραυματίας μόλις. III, 2, 2: οἱ λοιποὶ δὲ τραυματίαι τὸ πλέον . . . τῆς Ἰδουμαίας εἰς πολίχνην τινά . . . συνέφυγον. A. XVII, 9, 3: ὀλίγοι δέ τινες καὶ ὁ χιλίαρχος τραυματίαι διέφυγον. XVIII, 3, 2: οἱ δὲ καὶ τραυματίαι ἀνεχώρησαν (vgl. ferner XIX, 4, 5. K. II, 19, 3. V, 11, 3). Das von demselben Substantiv wie τραυματίας abgeleitete Verbum τραυματίζειν findet sich bei den Siebzig wie bei Josephus, während es im N. T. ausschliesslich bei Lucas (noch Lc. 20, 12) vorkommt.
19, 23-41. Der in Ephesus durch den Silberschmied Demetrius gegen Paulus erregte Aufstand hat bei Josephus ein sehr beachtenswertes wenn auch bis jetzt unbeachtet gebliebenes Seitenstück an einem Aufruhr, der unter Neros Regierung in Alexandrien gegen die Juden ausbrach (K. II, 18, 7 f.). Von den einzelnen Vorgängen desselben entwirft der genannte Geschichtschreiber eine Schilderung, welche mit der Darstellung des Lucas in wesentlichen Punkten übereinstimmt. Auch dort beginnt der Aufstand mit einer stürmischen Versammlung im Theater, in dem eine grosse Volksmenge zusammenströmt. Die daselbst erschienenen Juden werden, sobald sie als solche erkannt sind, von ihren Gegnern, ganz wie ihr Glaubensgenosse[350] Alexander in Ephesus (V. 33 f.), mit wildem Geschrei begrüsst und drei aus ihrer Mitte wie die Reisegefährten des Apostels (V. 29) ergriffen und fortgeschleppt. Als sich, hierdurch erbittert, die gesamte Judenschaft erhebt und, um Rache zu nehmen, mit Fackeln nach dem Theater stürmt, tritt ihr ebenso, wie dem Pöbel von Ephesus der Kanzler, in dem Befehlshaber der Stadt Tiberius Alexander ein hochgestellter und angesehener Mann entgegen, der sie, wenn auch nicht mit gleichem Erfolge wie jener, auf gütlichem Wege zu beschwichtigen sucht. Bei Vergleichung beider Berichte werden dem Leser neben den erwähnten sachlichen sofort auch zahlreiche sprachliche Berührungen ins Auge fallen:
K. II, 18, 7 f.: Κατὰ δὰ τὴν Ἀλεξάνδρειαν ἁεὶ μὲν ἦν στάσις πρὸς τὸ Ἰουδαϊκὸν τοῖς ἐπιχωρίοις . . . διέμεινε δὲ αὐτοῖς ἡ τιμὴ καὶ παρὰ τῶν διαδόχων . . . καὶ χρηματίζειν ἐπέτρεψαν Μακεδόνας . . . ἡ στάσις μᾶλλον παρωξύνετο. τότε δὲ ὡς καὶ παρὰ τοῖς ἀλλοις ἐτετάρακτο, μᾶλλον ἐξήφϑη τὰ παρ’ ἐχείνοις. καὶ δὴ τῶν Ἀλεξανδρέων ἐκκλησιαζόντων περὶ ἧς ἔμελλον ἐκπέμπειν πρεσβείας ἐπὶ Νέρωνα, συνερρύησαν μὲν εἰς τὸ ἀμφιϑέατρον ἅμα τοῖς Ἕλλησι συχνοὶ Ἰουδαίων, κατιδόντες δὲ αὐτοὺς οἱ διάφοροι παραχρήμα ἀνεβόων πολεμίους καὶ κατασκόπους λέγοντες, ἔπειτα ἀναπηδήσαντες ἐπέβαλλον τὰς χεῖρας αὐτοῖς . . . τρεῖς δὲ ἄνδρας συλλαβόντες ἔσυρον . . . αὖθις δὲ λαμπάδας ἁρπασάμενοι πρὸς τὸ ἀμφιθέατρον ὥρμησαν, ἀπειλοῦντες καταφλέξειν ἐν αὐτῷ τὸν δῆμον αὔτανδρον. κἂν ἔφθησαν τοῦτο δράσαντες, εἰ μὴ τοὺς θυμοὺς αὐτῶν ἀνέκοψε Τιβέριος Ἀλέξανδρος ὁ τῆς πόλεως ἡγεμών . . . ὑποπέμψας τοὺς γνωρίμους αὐτοῖς παύσασθαι παρεκάλει καὶ μή καθ’ ἑαυτῶν ἐρεθίζειν τὸ τῶν Ῥωμαίων στράτευμα. καταχλευάζοντες δὲ τῆς παρακλήσεως οἱ στασιώδεις ἐβλασφήμουν τὸν Τιβέριον . . . οἱ δὲ ὁρμήσαντες εἰς τὸ καλούμενον Δέλτα . . . ἐτέλουν τὰς ἐντολάς, οὐ μὴν ἀναιμωτί. συστραφέντες γὰρ οἱ Ἰουδαῖοι καὶ τοὺς ἄμεινον ὡπλισμένους ἑαυτῶν προταξάμενοι, μέχρι πλείστου μὲν ἀντέσχον. | AG. 19, 23-40: Ἐγένετο δὲ κατὰ τὸν καιρὸν ἐκεῖνον τάραχος οὐκ ὀλίγος περὶ τῆς ὁδοῦ . . . καὶ ἐπλήσϑη ἡ πόλις τῆς συγχύσεως, ὥρμησάν τε ὁμοϑυμαδὸν εἰς τὸ ϑέατρον, συναρπάσαντες Γάϊον καὶ Ἀρίσταρχον Μακεδίνας, συνεκδήμους Παύλου. Παύλου δὲ βουλομένου εἰςελϑεῖν εἰς τὸν δῆμον, οὐκ εἴων αὐτὸν οἱ μαϑηταί· τινὲς δὲ καὶ τῶν Ἀσιαρχῶν, ὄντες αὐτῷ φίλοι, πέμψαντες πρὸς αὐτὸν παρεκάλουν μὴ δοῦναι ἑαυτὸν εἰς τὸ ϑέατρον. ἄλλοι μὲν οὖν ἄλλο τι ἔκραζον· ἦν γὰρ ἡ ἐκκλησία συγκεχυμένη . . . ἐκ δὲ τοῦ ὄχλου συνεβίβασαν Ἀλέξανδρον, προβαλόντων αὐτὸν τῶν Ἰουδαίων . . . ἐπιγνόντες δὲ ὅτι Ἰουδαῖός ἐστιν, φωνὴ ἐγένετο μία ἐκ πάντων ὡς ἐπὶ ὥρας δύο κράζοντες· . . . καταστείλας δὲ ὁ γραμματεὺς τὸν ὄχλον φησίν· . . . ἀναντιρρήτων οὖν ὄντων τούτων δέον ἐστὶν ὑμᾶς κατεσταλμένους ὑπάρχειν καὶ μηδὲν προπετὲς πράσσειν. ἠγάγετε γὰρ τοὺς ἄνδρας τούτους οὔτε ἱεροσύλους οὔτε βλασφημοῦντας τὴν θεὸν ἡμῶν . . . εἰ δέ τι περαιτέρω[351] ἐπιζητεῖτε, ἐν τῇ ἐννόμῳ ἐκκλησίᾳ ἐπιλυθήσεται. καὶ γὰρ κινδυνεύομεν ἐγκαλεῖσθαι στάσεως περὶ τῆς σήμερον, μηδενὸς αἰτίου ὑπάρχοντος περὶ οὗ οὐ δυνησόμεθα ἀποδοῦναι λόγον περὶ τῆς συστροφῆς ταύτης. |
Nach alledem glauben wir annehmen zu dürfen, dass Josephus’ Bericht über den alexandrinischen Aufstand der apostelgeschichtlichen Darstellung im Ganzen und Grossen zum Muster gedient hat. Ausserdem weisen aber auch nicht wenige Einzelheiten der letzteren, für welche er keine Anknüpfungspunkte bietet, auf einen im Josephus belesenen Verfasser hin, dem sich Gedanken und Redewendungen, die bei der Beschäftigung mit diesem Schriftsteller in seinem Gedächtnisse haften geblieben sind, fortwährend ungesucht in die Feder drängen. Man vergleiche:
A. XIII, 3, 4: οἱ δ’ ἐν τῇ Ἀλεξανδρείᾳ τυγχάνοντες Ἰουδαῖοι σφόδρα ἠγωνίων περὶ τῶν ἀνδρῶν, οἷς ἀγανακτεῖν περὶ τοῦ ἐν τοῖς Ἱεροσολύμοις συνέβαινεν ἱεροῦ· χαλεπῶς γὰρ ἔφερον, εἰ τοῦτό τινες καταλύσουσιν οὕτως ἀρχαίον καὶ διασημότατον τῶν κατὰ τὴν οἰκουμένην ὑπάρχον . . . πάντες οἱ τῆς Ἀσίας βασιλεῖς τὸ ἱερὸν ἐτίμησαν ἀναθήμασιν καὶ λαμπροτάταις δωρεαῖς . . . | AG. 19, 27: κινδυνεύει . . . τὸ τῆς[ μεγάλης θεᾶς ἱερὸν Ἀρτέμιδος εἰς οὐθὲν λογισθῆναι, μέλλειν τε καὶ καθαιρεῖσθαι τῆς μεγαλειότητος αὐτῆς, ἣν ὅλη ἡ Ἀσία καὶ ἡ οἰκουμένη σέβεται. |
XX, 2, 5: . . . ἐπιθυμίαν ἔσχεν (sc. Ἑλένη) εἰς τὴν Ἱεροσολυμιτῶν πόλιν ἀφικομένη τὸ πᾶσιν ἀνθρώποις περιβόητον ἱερὸν τοῦ θεοῦ προσκυνῆσαι. | ||
Ap. I, 35: νεὼν ᾠκοδομήσαντο πᾶσι περιβόητον (vgl. II, 7[352]: de templo apud cunctos homines nominato tanta sanctitate pollente). | ||
K. V, 5, 1: ἐξανηλώθησαν . . . καὶ οἱ ἵεροὶ δὲ θησαυροὶ πάντες, οὓς ἀνεπίμπλασαν οἱ παρὰ τῆς οἰκουμένης δασμοὶ πεμπόμενοι τῷ θεῷ. |
L. 54: τῇ ἐπιούσῃ περὶ πρώτην ὥραν ἧκον ἀπὸ τῶν Ταριχεῶν, καταλαμβάνω δὲ συναγόμενον ἤδη τὸ πλῆθος εἰς τὴν προσευχήν· ἐφ’ ὅτι δ’ ἦν αὐτοῖς ἡ σύνοδος οὐκ ἐγίνωσκον οἱ συλλεγόμενοι. 55: ταῦτ’ ἀκούσαντες οἱ Τιβεριεῖς λέγειν ἀληθῆ δόξαντες αὐτοὺς καταβοήσεις ἐποιοῦντο, μὴ καθέζεσθαί με δεῖν λέγοντες . . . τοῖς δ’ οὔτι μετρίως συνεχύθησαν αἱ γνῶμαι. 27: πειθομένων δὲ τούτων καὶ συνελθόντων πολὺς ὄχλος ηδη προσυνήθροιστο, μίαν τε πάντες ἐποιοῦντο φωνήν . . . 29: πρὸς ταῦτα παρὰ μὲν τῶν Ταριχεωτῶν καὶ ξένων ἐγείρεται φωνή . . . Γαλιλαῖοι δὲ καὶ Τιβεριεῖς τοῖς θυμοῖς ἐπέμενον. | V. 28 f.: ἀκούσαντες δὲ καὶ γενόμενοι πλήρεις θυμοῦ ἔκραζον λέγοντες· . . . καὶ ἐπλήσθη ἡ πόλις τῆς συγχύσεως. 32 f.: ἄλλοι μὲν οὖν ἄλλο τι ἔκραζον· ἦν γὰρ ἡ ἐκκλησία συγκεχυμένη καὶ οἱ πλείους οὐκ ᾔδεισαν τίνος ἕνεκα συνεληλύθεισαν. ἐκ δὲ τοῦ ὄχλου συνεβίβασαν Ἀλέξανδρον . . . | |
K. II, 21, 5: τῇ δεξιᾷ καταστείλας τὸν θόρυβον αὐτῶν ἀγνοεῖν ἔφη . . . | V. 34: φωνὴ ἐγένετο πάντων, ὡς ἐπὶ ὥρας δύο κράζοντες. | |
V, 9, 4: τίς οὐκ οἶδε τὴν παντὸς θηρίου καταπλησθεῖσαν Αἴγυπτον . . . τοὺς διὰ ταῦτα μετὰ φρουρᾶς προπεμπομένους πατέρας ἡμῶν ἀναιμάκτους, ἀκινδύνους, οὓς ὁ θεὸς ἑαυτῷ νεωκόρους ἦγεν; | V. 35: καταστείλας δὲ ὁ γραμματεὺς τὸν ὄχλον φησίν· . . . τίς γάρ ἐστιν ἀνθριώπων ὃς οὐ γινώσκει τὴν Ἐφεσίων πόλιν νεωκόρον οὖσαν τῆς μεγαλης Ἀρτέμιδος καὶ τοῦ διοπετοῦς; | |
A. IV, 8, 10: Βλασφημείτω δὲ μηδεὶς ϑεοὺς οὓς πόλεις ἄλλαι νομίζουσι. μηδὲ συλᾶν ἱερὰ ξενικά, μηδ’ ἂν ἐπωνομασμένον, ᾖ τινι ϑεῷ κειμήλιον λαμβάνειν. | V. 37: ἠγάγετε γὰρ τοὺς ἄνδρας τούτους οὔτε ἱεροσύλους οὔτε βλασφημοῦντας τὴν ϑεὸν ὑμῶν . . . | |
A. XVII, 9, 1: τότε γὰρ κοινῇ βουλεύσειν περὶ ὧν ἀξιοῖεν σὺν αὐτοῖς· ἄρτι δὲ ἀνέχειν, μὴ καὶ στασιάζειν δοκοῖεν (Mahnung des Archelaus an das aufständische Volk). | V. 39 f.: εἰ δέ τι περαιτέρω ἐπιζητεῖτε, ἐν τῇ ἐννόμῳ ἐκκλησίᾳ ἐπιλυϑήσεται. καὶ γὰρ κινδυνεύομεν ἐγκαλεῖσϑαι στάσεως. | |
L. 51: ταῦτ’ εἰπὼν ἀπέλυον αὐτούς. | V. 41: καὶ ταῦτα εἰπὼν ἀπέλυσεν τὴν ἐκκλησίαν. | |
A. XVI, 4, 6: ταῦτ’ εἰπὼν ἀφίησιν τὴν ἐκκλησίαν. | ||
K. I, 23, 5: ταῦτα εἰπὼν . . . διέλυσε τὸ πλῆϑος.[353] |
Der in Rede stehende Abschnitt der Apostelgeschichte enthält nicht weniger als 22 Wörter, die unter den neutestamentlichen Schriftstellern nur Lucas braucht. Drei derselben (**ἀπελεγμός, **Ἀσιάρχης, **διοπετές) sind sowohl den Siebzig wie dem Josephus fremd, acht (δῆμος, προβάλλω, συγχέω, **σύγχυσις, συναϑροίζω, συναρπάζω, συστροφή, τάραχος) diesem mit jenen gemeinsam, eins (**ἀργυροκόπος) findet sich bei ersteren, aber nicht bei letzterem, während zehn bei den Siebzig nicht nachweisbare Wörter (ἀγοραῖος, αἴτιον, ἀναντίρρητος, ἀνϑύπατος, **εὐπορία, **ἱερόσυλος, κατασείω, **καταστέλλω, **νεωκόρος, **περαιτέρω) sich aus Josephus belegen lassen. Es verdient Beachtung, dass bei diesem ἀγοραῖος in derselben Verbindung wie V. 38 erscheint (A. XIV, 10, 21: προσελϑών μοι ἐν Τράλλεσιν ἄγοντι τὴν ἀγοραῖον) und καταστέλλειν gleichfalls ein persönliches Object zu sich nimmt (L. 4: καταστέλλειν οὖν ἐπειρώμην τοὺς στασιώδεις, vgl. K. II, 15, 5). Endlich erkennen wir Josephus’ Sprachgebrauch in der bei den Siebzig gar nicht, im N. T. nur V. 31 vorkommenden Formel: διδόναι ἑαυτὸν εἴς τι (sich wohin begeben), vgl. A. VII, 9, 7: οἱ τῶν ἀρχιερέων παῖδες ἐκτραπέντες τῆς ὁδοῦ παραχρῆμα εἰς κώμην τινὰ τῶν Ἱεροσολύμων οὐκ ἄπωϑεν αὑτοὺς ἔδωκαν. XV, 7, 7: τέλος εἰς τὰς ἐρημίας αὑτὸν διδούς κτλ.
Glaubt man im Ernste, so viele sachliche und sprachliche Uebereinstimmungen des Lucas mit Josephus, die sich in den Rahmen eines keineswegs umfänglichen Abschnittes zusammendrängen, auf ein Spiel des Zufalles zurückführen zu dürfen?
[350] S. über diesen Punkt “Beiträge” S. 431 f.
[351] Mit Recht von Meyer vor περὶ ἑτέρων bevorzugt, “da sich für das sonst nicht im N. T. vorkommende Wort leicht Aenderungen darboten, schwerlich aber dasselbe den Schreibern beizumessen ist.”
[352] Nur lateinisch erhalten.
[353] διαλύειν τὸ πλῆϑος bei Josephus noch A. V, 1, 28, ausserdem noch διαλύειν τὴν ἐκκλησίαν (VIII, 4, 5. XI, 5, 7), τὸν σύλλογον (IV, 3, 1, XVI, 2, 5. K. I, 28, 3), τὸ συνέδριον (A. XVII, 11, 4. K. II, 6, 3. VI, 4, 3), τοὺς συνέδρους (II, 2, 7), τὴν σύνοδον (L. 54), ἀπολύειν τὸ πλῆϑος (A. XI, 8, 5), τὴν πληϑύν (VI, 4, 6), aber nirgends ἀπολύειν τὴν ἐκκλησίαν. Wahrscheinlich hat Lucas diese Formel aus den zuletzt angeführten und διαλύειν τὴν ἐκκλησίαν neu gebildet, wie wir Aehnliches bei ihm schon früher beobachten konnten (s. S. 52).
20, 17-38. Der Eingang dieses Abschnittes zeigt einige bemerkenswerte Berührungen mit der Erzählung von Bileam in der ihr von Josephus gegebenen Fassung, welche auch anderwärts auf Lucas’ Darstellung eingewirkt hat (s. zu 9, 36-11, 18, S. 196 f.). Man vergleiche:
A. IV, 6, 6: ὁ δὲ ἀπιὼν ἤδη κἀπὶ τῷ περαιοῦν τὸν Εὐφράτην γενόμενος τόν τε Βάλακον μεταπεμψάμενος καὶ τοὺς ἄρχοντας τῶν Μαδιανιτῶν “Βάλακε, φησί, καὶ Μαδιανιτῶν οἱ παρόντες κτλ. | V. 17 f.: Ἀπὸ δὲ τῆς Μιλήτου πέμψας εἰς Ἔφεσον μετεκαλέσατο τοὺς πρεσβυτέρους τῆς ἐκκλησίας. ὡς δὲ παρεγένοντο πρὸς αὐτόν, εἶπεν αὐτοῖς· |
Ferner lässt der ganze Abschnitt von Anfang bis Ende den Einfluss einer von unserm Schriftsteller schon für eine frühere Abschiedsscene benutzten Vorlage erkennen (s. zu 1, 1-11, S. 146 f.). Es ist Josephus’ Erzählung vom Lebensausgange des Moses, die ihm auch in diesem Falle hier und da, vornehmlich bei der Schilderung des Abschiedes selbst, zum Muster gedient hat, wie aus folgender Vergleichung erhellt:
A. IV, 8, 2: μία πᾶσιν ἀνϑρώποις ἀγαϑῶν κτήσεως αἰτία ὁ ϑεὸς εὐμενής· μόνος γὰρ οὗτος δοῦναί τε ταῦτα τοῖς ἀξίοις καὶ ἀφελέσϑαι τῶν ἁμαρτανόντων εἰς αὐτὸν ἱκανός . . . ἄπειμι δ’ αὐτὸς χαίρων ἐπὶ τοῖς ὑμετέροις ἀγαϑοῖς παρατιϑέμενος ὑμᾶς νόμων τε σωφροσύνῃ καὶ κόσμῳ τῆς πολιτείας καὶ ταῖς τῶν στρατηγῶν ἀρεταῖς, οἳ πρόνοιαν ἕξουσιν ὑμῶν τοῦ συμφέροντος. | AG. 20, 32: καὶ τὰ νῦν παρατίϑεμαι ὑμᾶς τῷ ϑεῷ καὶ τῷ λόγῳ τῆς χάριτος αὐτοῦ, τῷ δυναμένῳ οἰκοδομῆσαι καὶ δοῦναι τὴν κληρονομίαν ἐν τοῖς ἡγιασμένοις πᾶσιν. | |
V. 20: οὐδὲν ὑπεστειλάμην τῶν συμφερόντων. | ||
γινώσκετε γὰρ, ὡς πλεονάκις ἐκινδύνευσα ὑφ’ ὑμῶν ἀποϑανεῖν ἢ ὑπὸ τῶν πολεμίων. | V. 18 f.: ὑμεῖς ἐπίστασϑε, . . . πῶς . . . ἐγενόμην, δουλεύων τῷ κυρίῳ μετὰ . . . πειρασμῶν τῶν συμβάντων μοι ἐν ταῖς ἐπιβουλαῖς τῶν Ἰουδαίων. | |
V. 34: αὐτοὶ γινώσκετε . . . |
§ 3: Ταῦτα εἰπὼν δίδωσιν αὐτοῖς ἐν βιβλίῳ τοὺς νόμους . . . οἱ δὲ ἐδάκρυόν τε καὶ πολλὴν ἐπιζήτησιν ἐποιοῦντο τοῦ στρατηγοῦ, μεμνημένοι τε ὧν κινδυνεύσειε καὶ προθυμηθείη τῆς περὶ αὐτῶν σωτηρίας, καὶ δυσελπιστοῦντες περὶ τῶν μελλόντων ὡς οὐκ ἐσομένης ἄλλης ἀρχῆς τοιαύτης[354] . . . ἤλγουν, ὡς ἅπαντα τὸν λαὸν εἰς δάκρυα προπεσόντα κρεῖττον καὶ τῆς ἐκ λόγου παρηγορίας τὸ ἐπ’ αὐτῷ ποιῆσαι πάθος. | V. 36 f.: ταῦτα εἰπών, θεὶς τὰ γόνατα αὐτοῦ σὺν πᾶσιν αὐτοῖς προσηύξατο. ἱκανὸς δὲ κλαυθμὸς ἐγένετο πάντων, καὶ ἐπιπεσόντες ἐπὶ τὸν τράχηλον τοῦ Παῦλου κατεφίλουν αὐτόν, ὀδυνώμενοι μάλιστα ἐπὶ τῷ λόγῳ ᾧ εἰρήκει, ὅτι οὐκέτι μέλλουσιν τὸ πρόςωπον αὐτοῦ θεωρεῖν. προέπεμπον δὲ αὐτὸν εἰς τὸ πλοῖον. | |
§ 48: Μωυσέος δὲ ταῦτα πρὸς τελευτῇ τοῦ βίου φήσαντος . . . τὸ πλῆθος εἰς δάκρυα προύπεσεν . . . οἱ μὲν γὰρ εἰδότες οἵου ἐστέρηνται κηδεμόνος περὶ τοῦ μέλλοντος ἀπεθρήνουν . . . τὴν δ’ ὑπερβολὴν τῆς τοῦ πλήθους οἰμωγῆς καὶ τῶν ὀδυρμῶν τεκμαίροιτο ἄν τις ἐκ τοῦ συμβάντος τῷ νομοθέτῃ . . . ἐπὶ τοῖς ὑπὸ τοῦ λαοῦ πραττομένοις ἐνικήθη δακρῦσαι. πορευομένῳ δ’ ἔνθεν οὗ ἔμελλεν ἀφανισθήσεσθαι πάντες εἵποντο δεδακρυμένοι, καὶ Μωϋσῆς . . . λόγοις παρεκάλει μὴ ποιεῖν αὐτῷ δακρυτὴν τὴν ἀπαλλαγὴν ἑπομένους. οἱ δε . . . κατέχουσιν ἑαυτοὺς ἐν ἀλλήλοις δακρύοντες. μόνη δ’ ἡ γερουσία προύπεμψεν αὐτὸν κτλ. |
Es kann unserer Annahme nur zur Empfehlung gereichen, dass von derselben aus erst das rechte Licht auf einige Einzelzüge von Lucas’ Darstellung fällt, die an und für sich befremden, aber verständlich werden, sobald man sie auf den Einfluss jener Vorlage zurückführt. So hat Moses’ Rüge der Feindseligkeiten, die er von seinen Volksgenossen erfahren, Paulus’ Hinweisung auf die “Nachstellungen der Juden” (V. 19) verursacht, die man hier um so weniger erwartet, als der apostelgeschichtliche Bericht über seinen Aufenthalt zu Ephesus nicht nur von ihnen völlig schweigt, sondern eher auf ein freundliches Verhältnis zwischen ihm und den dortigen Juden schliessen lässt (19, 13 f. 17). Ferner erklärt sich aus obiger Erzählung des Josephus, welche in der Schilderung des Jammers der Israeliten über Moses’ Scheiden kein Ende finden kann und die Rührung dieses letzteren sich gleichfalls durch Weinen äussern lässt, die wiederholte Hervorhebung der Tränen des Paulus (V. 19. 31), zu welcher ihm durch den Rückblick auf eine nach dem Zeugnisse der Apostelgeschichte (19, 17-20) höchst erfolgreiche Wirksamkeit kein Anlass gegeben war.
In der den Abschnitt 20, 17-38 grösstenteils ausfüllenden Abschiedsrede des Paulus haben wir schon früher[355] unverkennbare Anklänge an diejenige Samuels (1 Sam. 12) gefunden. Noch mehr als in der Wiedergabe der Siebzig bietet letztere in der bei Josephus vorliegenden Fassung Gelegenheit zu derartigen Wahrnehmungen, wie folgende Zusammenstellung zeigen wird:
A. VI, 5, 5: Ἐκκλησίαν δὲ Σαμουῆλος ποιήσας ὁ προφήτης τῶν Ἑβραίων “ἐπόμνυμαι, φησίν, ὑμῖν τὸν μέγιστον θεόν, ὃς τοὺς ἀδελφοὺς ἐκείνους, λέγω δὴ Μωυσῆν καὶ Ἀαρῶνα, παρήγαγεν εἰς τὸν βίον καὶ τοὺς πατέρας ἡμῶν ἐξήρπασεν Αἰγυπτίων καὶ τῆς ὑπ’ αὐτοῖς δουλείας, μηδὲν μητ’ αἰδοῖ χαρισαμένους μήτε ὑποστειλαμένους φόβῳ μήτε ἄλλῳ τινὶ πάθει παραχωρήσαντας εἰπεῖν, εἴ τι μοι πέπρακται σκαιὸν καὶ ἄδικον ἢ κέρδους ἕνεκα ἢ πλεονεξίας ἢ χάριτος τῆς πρὸς ἄλλους· ἐλέγξαι δὲ εἰ καὶ τῶν τοιούτων τι προσηκάμην [μόσχον ἢ πρόβατον], ἃ πρὸς τροφὴν ἀνεμέσητον δοκεῖ λαμβάνειν, ἢ εἴ τινος ὑποζύγιον εἰς ἐμὴν ἀποσπάσας χρείαν ἐλύπησα, τούτων ἕν τι κατειπεῖν παρόντος ὑμῶν τοῦ βασιλέως.” | AG. 20, 17 ff.: . . . μετεκαλέσατο τοὺς πρεσβυτέρους τῆς ἐκκλησίας. ὡς δὲ παρεγένοντο πρὸς αὐτόν, εἶπεν αὐτοῖς· . . . δουλεύων τῷ κυρίῳ . . . ὡς οὐδὲν ὑπεστειλάμην τῶν συμφερόντων τοῦ μὴ ἂναγγεῖλαι ὑμῖν . . . διαμαρτύρασθαι τὸ εὐαγγέλιον τῆς χάριτος τοῦ θεοῦ . . . ἀναστήσονται ἄνδρες λαλοῦντες διεστραμμένα τοῦ ἀποσπᾶν τοὺς μαθητὰς ὀπίσω ἑαυτῶν. ἀργυρίου ἢ χρυσίου ἢ ἱματισμοῦ οὐθενὸς ἐπεθύμησα· αὐτοὶ γινώσκετε ὅτι ταῖς χρείαις μου . . . ὑπηρέτησαν αἱ χεῖρες αὗται . . . μακάριόν ἐστιν μᾶλλον διδόναι ἢ λαμβάνειν. |
Die Berührungen zwischen diesen beiden kurzen Stücken sind unseres Erachtens zahlreich und deutlich genug, um zu der Annahme zu berechtigen, dass Lucas auch hier wie in früheren Fällen, in denen die Benutzung alttestamentlicher Vorbilder keinem Zweifel unterliegt (s. S. 125. 193 ff.), sich nicht auf das ihm von den Siebzig gebotene Muster beschränkt, sondern auch die breitere Ausführung desselben, welche er bei Josephus fand, für seine Darstellung verwertet hat.
Noch augenfälliger sind die Paulus’ ganze Rede durchziehenden Spuren einer dritten unserm Schriftsteller von Josephus dargebotenen Vorlage: einer längeren Ansprache des Königs Agrippa II. an die Bürger Jerusalems, welche den Zweck verfolgt, dieselben von einer Schilderhebung gegen die römische Herrschaft abzuhalten, und gleichfalls den Charakter einer Abschiedsrede trägt, indem dieser Fürst kurz darauf, da die Stimmung des zuerst seinen Mahnungen Gehör schenkenden Volkes bald genug in das Gegenteil umschlägt, Jerusalem verlässt und sich in sein Königreich zurückzieht (K. II, 16, 4-17, 1). Man vergleiche:
K. II, 16, 4: τότε γὰρ οὖν ἐχρῆν πάντα ὑπὲρ τοῦ μὴ δέξασθαι Ῥωμαίους ποιεῖν, ὅτε τὴν ἀρχὴν ἐπέβαινε τῆς χώρας ὁ Πομπήιος. | AG. 20, 18: ὑμεῖς ἐπίστασθε, ἀπὸ πρώτης ἠμέρας ἀφ’ ἧς ἐπέβην εἰς τὴν Ἀσίαν . . . | |
. . . ᾠήθην δεῖν ἐπὶ τὸ αὐτὸ πάντας ὑμᾶς συναγαγὼν εἰπεῖν ἃ νομίζω συμφέρειν . . . | V. 20: . . . οἰδὲν ὑπεστειλάμην τῶν συμφερόντων τοῦ μὴ ἀναγγεῖλαι ὑμῖν καὶ διδάξαι ὑμᾶς δημοσίᾳ καὶ κατ’ οἴκους . . . | |
μαρτύρομαι δὲ ἐγὼ μὲν ὑμῖν τὰ ἅγια καὶ τοὺς ἱεροὺς ἀγγέλους τοῦ θεοῦ καὶ πατρίδα τὴν κοινὴν, ὡς οὐδὲν τῶν σωτηρίων ὑμῖν καθυφηκάμην. | V. 26: μαρτύρομαι ὑμῖν ἐν τῇ σήμερον ἡμέρᾳ ὅτι καθαρός εἰμι ἀπὸ τοῦ αἵματος πάντων· οὐ γὰρ ὑπεστειλάμην τοῦ μὴ ἀναγγεῖλαι πᾶσαν τὴν βουλὴν τοῦ θεοῦ ὑμῖν. | |
οἶδα μὲν οὖν ὅτι πολλοὶ τὰς ἐκ τῶν ἐπιτρόπων ὕβρεις καὶ τὰ τῆς ἐλευθερίας τραγῳδοῦσιν. | V. 29: ἐγὼ οἶδα ὅτι εἰσελεύσονται μετὰ τὴν ἄφιξίν μου λύκοι βαρεῖς εἰς ὑμᾶς. | |
§ 5: τοσαῦτα εἰπὼν ἐπέδακρυσέ τε μετὰ τῆς ἀδελφῆς καὶ τὸ πολὺ τῆς ὁρμῆς αὐτῶν ἔπαυσε τοῖς δάχρυσιν. | V. 31: . . . τριετίαν νύκτα καὶ ὑμέραν οὐκ ἐπαυσάμην μετὰ δακρύων νουθετῶν ἕνα ἔκαστον. |
Dass die unleugbaren sprachlichen und sachlichen Berührungen zwischen beiden obigen Texten lediglich auf einem Spiele des Zufalles beruhen, wird man um so weniger glaublich finden, wenn man erwägt, dass der Verfasser der Apostelgeschichte für Agrippa II. ein besonderes Interesse an den Tag legt, ihn in einem für einen jüdischen Fürsten ungewöhnlich günstigen Licht erscheinen lässt und von ihm ein Charakterbild entwirft, dessen einzelne Züge ausnahmslos bei Josephus nachweisbar sind (s. zu 24, 27-26, 32).
Der Abschnitt AG. 20, 17-38 enthält sechs innerhalb des N. T.s nur bei Lucas vorkommende Wörter, von denen wir zwei (μετακαλεῖν, ὀδυνᾶν) sowohl bei den Siebzig, wie auch bei Josephus, die vier übrigen (**ἄφιξις, δημοσίᾳ, ἐπιβουλή, **τριετία) nur bei diesem wiederfinden. Die seltenere Bedeutung, in welcher er ἄφιξις braucht (“Weggang”), begegnet uns auch bei Josephus in den letzten Worten des scheidenden Moses: ἐπεὶ πρὸς τοὺς ἡμετέρους ἄπειμι προγόνους καὶ θεὸς τήνδε μοι τὴν ἡμέραν τῆς πρὸς ἐκείνους ἀφίξεως ὥρισε (A. IV, 8, 47), ein neuer Hinweis auf die zweite der von Lucas hier benutzten Vorlagen. Ausserdem merken wir noch folgende sprachliche Berührungen an: Zu ἀποσπᾶν in übertragenem Sinne (“abwendig machen”) vgl. L. 62: βουλόμενος δ’ αὐτοὺς ἂποσπάσαι τῶν Τιβεριέων. Die den übrigen neutestamentlichen Schriftstellern wie den Siebzig fremde Pluralform δεσμά ist bei Josephus die gewöhnliche (A. II, 5, 1: τὰ δεσμὰ δὲ καὶ τὴν ἀνάγκην. V, 8, 8. XII, 4, 8. XVI, 8, 4 f. K. IV, 3, 5. 10, 7 ö.). Das im N. T. dem Lucas eigentümliche, bei den Siebzig wenigstens keinen Objectsaccusativ zu sich nehmende Medium von ὑποστέλλειν verbindet Josephus ganz wie jener (V. 20. 27) erst mit dem Accusativ und gleich darauf mit dem Infiniiv: K. I, 20, 1: μηδὲν γοῦν τῆς ἀληθείας ὑποστειλάμευος ἄντικρυς εἶπεν . . . καὶ οὐδὲ τοῦτο ἂν ὑπεστειλάμην εἰπεῖν . . . (mit Accusativ noch A. II, 5, 5. VI, 5, 5. [s. S. 238]. L. 54 ö., mit Infinitiv K. V, 13, 6). In ἀπὸ πρώτης ἡμέρας ἀφ’ ἧς ἐπέβην εἰς τὴν Ἀσίαν finden wir einen Anklang an A. XX, 10, 1: ἀφ’ ἧς ἡμέρας οἱ πατέρες ἡμῶν ἐξέλιπον Αἴγυπτον. Endlich erinnern die Worte: ταῖς χρείαις μου . . . ὑπηρέτησαν αἱ χεῖρες αὗται unabweisbar an A. XIII, 3, 1: ἵν’ ἔχωσιν οἱ τὴν Αἴγυπτον κατοικοῦντες Ἰουδαῖοι . . . ταῖς σαῖς ἐξυπηρετεῖν χρείαις und daneben an XII, 3, 4: διδόσθω δὲ καὶ τοῖς εἰς τὰς χρείας ὑπηρετοῦσιν τὸ αὔταρκες (vgl. IV, 8, 25: βοηθήσαντας ταῖς χρείαις und K. I, 6, 4: δουλεύειν ταῖς χρείαις).
[354] Beachte die Aehnlichkeit der Construction in dieser und der entsprechenden Periode des Lucas (zwei durch καί verbundene Hauptsätze, auf welche ein durch ein Participium eingeleiteter Nebensatz folgt, während ein den Grund der vorhererwähnten Betrübnis angebender Nebensatz den Schluss der Periode bildet).
[355] S. “Beiträge” S. 24 Anm. 1.
21, 17-26. S. zu 18, 18 (S. 230 f.).
21, 27-22, 3. Die Erzählung von Paulus’ Gefangennehmung in Jerusalem und die sich unmittelbar anschliessende Verteidigungsrede des Apostels bieten eine Reihe mehr oder weniger deutlicher Berührungen mit Josephus. Die augenfälligste derselben, die schon von Ott (S. 171 f. 320 f.) und Krebs (S. 243) hervorgehoben worden ist, liegt in der Erwähnung des Aegypters, welchen der römische Kriegstribun in dem von ihm den Händen des jüdischen Pöbels entrissenen Paulus wiederzuerkennen glaubt. Josephus hat diesem Volksverführer in seinen beiden Hauptwerken eine Stelle eingeräumt. Seine Aussagen über denselben lauten folgendermassen:
A. XX, 8, 6: Τὰ μὲν οὖν τῶν λῃστῶν ἔργα τοιαύτης ἀνοσιότητος ἐπλήρου τὴν πόλιν. οἱ δὲ γόητες καὶ ἀπατεῶνες ἄνθρωποι τὸν ὄχλον ἔπειθον αὐτοῖς εἰς τὴν ἐρημίαν ἕπεσθαι· δείξειν γὰρ ἔφασαν ἐναργῆ τέρατα καὶ σημεῖα κατὰ τὴν τοῦ θεοῦ πρόνοιαν γινόμενα. καὶ πολλοὶ πεισθέντες τῆς ἀφροσύνης τιμωρίας ὑπέσχον· ἀναχθέντας γὰρ αὐτοὺς Φῆλιξ ἐκόλασεν. ἀφικνεῖται δέ τις ἐξ Αἰγύπτου κατὰ τοῦτον τὸν καιρὸν εἰς τὰ Ἱεροσόλυμα προφήτης εἶναι λέγων καὶ συμβουλεύων τῷ δημοτικῷ πλήθει σὺν αὐτῷ πρὸς ὄρος τὸ προσαγορευόμενον ἐλαιὼν [ἔρχεσθαι][356], ὃ τῆς πόλεως ἄντικρυς κείμενον ἀπέχει στάδια πέντε· θέλειν γὰρ ἔφασκεν αὐτοῖς ἐκεῖθεν ἐπιδεῖξαι, ὡς κελεύσαντος αὐτοῦ πίπτοι τὰ τῶν Ἱεροσολυμιτῶν τείχη, δι’ ὧν καὶ τὴν εἴσοδον αὐτοῖς παρέξειν ἐπηγγέλετο. Φῆλιξ δ’ ὡς ἐπύθετο ταῦτα, κελεύει τοὺς στρατιώτας ἀναλαβεῖν τὰ ὅπλα καὶ μετὰ πολλῶν ἱππέων τε καὶ πεζῶν ὁρμήσας ἀπὸ τῶν Ἱεροσολύμων προσβάλλει τοῖς περὶ τὸν Αἰγύπτιον, καὶ τετρακοσίους μὲν αὐτῶν ἀνεῖλεν, διακοσίους δὲ ζῶντας ἔλαβεν. ὁ δ’ Αἰγύπτιος αὐτὸς διαδρὰς ἐχ τῆς μάχης ἀφανὴς ἐγένετο.
K. II, 13, 4 f.: συνέστη δὲ πρὸς τούτοις στῖφος ἕτερον[357] πονηρῶν, χειρὶ μὲν καθαρώτερον, ταῖς γνώμαις δὲ ἀσεβέστερον, ὅπερ οὐδὲν ἧττον τῶν σφαγέων τὴν εὐδαιμονίαν τῆς πολέως ἐλυμήνατο. πλάνοι γὰρ ἄνθρωποι καὶ ἄπατεῶνες, προσχήματι θειασμοῦ νεωτερισμοὺς καὶ μεταβολὰς πραγματευόμενοι, δαιμονᾶν τὸ πλῆθος ἄνέπειθον καὶ προῆγον εἰς τὴν ἐρημίαν ὡς ἐκεῖ τοῦ θεοῦ δείξοντος αὐτοῖς σημεῖα ἐλευθερίας. ἐπὶ τούτοις ὁ Φῆλιξ (ἐδόκει γὰρ ἀποστάσεως εἶναι καταβολή) πέμψας ἱππεῖς καὶ πεζοὺς ὁπλίτας πολὺ πλῆθος διέφθειρε. μείζονι δὲ ταύτης πληγῇ Ἰουδαίους ἐκάκωσεν ὁ Αἰγύπτιος ψευδοπρυφήτης. παραγενόμενος γὰρ εἰς τὴν χώραν ἄνθρωπος γόης καὶ προφήτου πίστιν ἐπιθεὶς ἑαυτῷ περὶ τρισμυρίους μὲν ἀθροίζει τῶν ἠπατημένων, προαγαγὼν δὲ αὐτοὺς ἐκ τῆς ἐρημίας εἰς τὸ Ἐλαιὼν καλούμενον ὄρος, ἐκεῖθεν οἷόστε ἦν εἰς Ἱεροσόλυμα παρελθεῖν βιάζεσθαι καὶ κρατήσας τῆς τε Ῥωμαϊκῆς φρουρᾶς καὶ τοῦ δήμου τυραννεῖν, χρώμενος τοῖς συνεισπεσοῦσι δορυφόροις. φθάνει δὲ αὐτοῦ τὴν ὁρμὴν Φῆλιξ ὑπαντιάσας μετὰ τῶν Ῥωμαϊκῶν ὁπλιτῶν καὶ πᾶς ὁ δῆμος συνεφήψατο τῆς ἀμύνης, ὥστε συμβολῆς γενομένης τὸν μὲν Αἰγύπτιον ϕυγεῖν μετ’ ὀλίγων, διαϕϑαϱῆναι δὲ ϰαὶ ζωγϱηϑῆναι πλείστους τῶν σὺν αὐτῷ, τὸ δὲ λοιπὸν πλῆϑος σϰεδασϑὲν ἐπὶ τὴν ἑαυτῶν ἕϰαστον διαλαϑεῖν.
Diese beiden Berichte werden von Holtzmann (1873, S. 91), Hausrath (IV, 240), dem Verfasser von Supernatural Religion (Fortn. Rev. p. 505) und Keim (S. 21 f.) als Quelle für die apostelgeschichtlichen Angaben über den Aegypter betrachtet. In der Tat stimmen letztere mit ersteren in wesentlichen Punkten überein. Auch Lucas nennt diesen falschen Propheten nicht, wie seine früher (5, 36 f.) erwähnten Geistesverwandten, mit seinem eigentlichen Namen, sondern begnügt sich wie Josephus mit einer von dessen Heimatland entlehnten Bezeichnung. Dass derselbe seine Anhänger in die Wüste geführt habe, wird allerdings nur von Lucas ausdrücklich bemerkt, aber doch von Josephus unzweideutig vorausgesetzt, wenn er unmittelbar vorher das Gleiche von der ganzen Klasse der γόητες, ἀπατεῶνες, πλάνοι aussagt, denen er den Aegypter zweifellos beizählt, und darauf diesen die ihm folgende Menge aus der Wüste auf den Oelberg führen lässt. Dagegen setzt Lucas seinerseits das von Josephus mit klaren Worten berichtete Entkommen des Aegypters voraus, da andernfalls die von ihm dem Tribun in den Mund gelegte Frage (V. 38) sinnlos sein würde. Auch der auf den ersten Blick befremdliche Zug der apostelgeschichtlichen Erzählung, dass dieser Beamte einen Mann, den er mit Mühe vor dem sein Leben bedrohenden jüdischen Pöbel in Sicherheit gebracht hat, für einen Empörer gegen die römische Herrschaft hält, findet seine befriedigende Erklärung durch Josephus’ Aussage, dass sich das gesamte Volk mit Felix am Kampfe gegen jenen Lügenpropheten beteiligt habe.[358] Einem mit dieser Tatsache bekannten Leser des Josephus lag es nahe genug, als ersten Gedanken eines Römers, der die ganze Stadt gegen einen einzelnen Fremdling Partei ergreifen sah, den zu vermuten, dass der Aegypter zurückgekehrt und ihm von der Bewohnerschaft Jerusalems ein gleich unfreundlicher Empfang wie bei seinem früheren Auftreten bereitet worden sei.
Bei aller Aehnlichkeit fehlt es in diesem Falle so wenig wie anderwärts an Verschiedenheiten zwischen Josephus und Lucas und Nösgen (1879, S. 528 ff.) hält dieselben für erheblich genug, um sich zur Verwerfung der Annahme der oben erwähnten Kritiker berechtigt zu fühlen. Zunächst betont er, dass die beiderseitigen Angaben über die Zahl der Anhänger des Aegypters (nach Josephus 30,000, nach Lucas 4000[359]) nicht zusammenstimmen, und spricht der geringeren um deswillen die grössere Wahrscheinlichkeit zu, weil aus dem Verhalten des Volkes von Jerusalem gegen den Aegypter erhelle, “dass dasselbe die Unmöglichkeit des Gelingens seines Planes von vornherein erkannte und in dem offenbaren Aufstandsversuche nur, wie auch Josephus (K. II, 13, 6), eine Quelle der Verschlechterung seiner Lage erkannte, da durch denselben die Gereiztheit des Landpflegers und der Römer überhaupt sich nur noch steigern konnte”. Ferner ist nach seinem Urteil die “geschichtlich wohlbegründete” Angabe der Apostelgeschichte, dass dem Aegypter auch[360] Sicarier folgten, “aus Josephus nicht abzuleiten”, da dieser den ersteren von letzteren zu unterscheiden scheine (A. XX, 8, 6), seine Anhänger in den betreffenden Kapiteln allgemein als λῃσταί und λῃστϱιϰοί bezeichne und ausdrücklich bemerklich mache, dass erst nach dem Niederschlagen der Erhebung des Aegypters die Sicarier wieder selbständig und in der stillen Weise, welche ihnen den Namen gegeben, ihren Kampf gegen die ihnen missliebigen Personen und Parteien aufgenommen hätten.
Was zunächst den ersten Punkt betrifft, so könnte ein Hindernis, Lucas’ Bekanntschaft mit dem Aegypter auf Josephus zurückzuführen, in der abweichenden Zahlangabe nur dann gefunden werden, wenn eine annehmbare Erklärung derselben ausserhalb des Bereiches der Möglichkeit läge. Um die Aussagen beider Schriftsteller mit einander zu vereinigen, hat man die verschiedensten Wege eingeschlagen.[361] Nach der einen Annahme sind dem Aegypter 30,000 Mann in die Wüste gefolgt, unter diesen aber nur 4000 Sicarier gewesen, nach einer zweiten gibt Lucas nur die Zahl der ihm anhängenden Männer, Josephus dagegen die der ganzen von ihm verführten Volksmasse mit Einschluss von Weibern und Kindern an (Keim S. 21), nach einer dritten haben ihn anfänglich nur 4000 begleitet, die allmählich durch den Zulauf von Gesinnungsgenossen bis auf 30,000 anwuchsen, während eine vierte in der Apostelgeschichte “nur einen einzelnen besonders merkwürdigen Auftritt des Rebellen, vielleicht den ersten Schritt, welcher mit dem nächsten und gefährlichsten Anhang geschah”, herausgehoben sein lässt (Meyer zu d. St.). Endlich hat man auch die Richtigkeit der Lesart τϱισμυϱίους bezweifelt und statt derselben τϱισχιλίους oder τετϱαϰισχιλίους vermutet. Sucht man aber einmal Hilfe bei der Conjecturalkritik, so empfiehlt sich eine andere Auskunft als weniger gewaltsam. Bei der Aehnlichkeit der griechischen Zahlzeichen für 4 und 30, 4000 und 30,000 konnte einem Abschreiber des “Jüdischen Krieges” leicht eine Verwechselung des Λʹ mit Δʹ oder ͵Λ mit ͵Δ unterlaufen und wenn dann ein Exemplar der genannten Schrift, in dem sich dieser Fehler fand, in Lucas’ Hände kam, so erklärt sich die mit Josephus in Widerspruch stehende Angabe der Apostelgeschichte auf die einfachste Weise. Indessen legen wir dieser Vermutung kein sonderliches Gewicht bei und sind vielmehr geneigt, in Lucas’ Kenntnis der richtigen Lesart bei Josephus die Ursache seiner Abweichung von diesem zu sehen. Josephus tritt nämlich mit sich selbst in einen schroffen Widerspruch, indem er in den “Altertümern” erzählt, dass von den Anhängern des Aegypters 400 getötet und 200 gefangen worden seien, während er im “Jüdischen Krieg” die Mehrzahl seiner hier auf 30,000 Mann veranschlagten Gefolgschaft diesem Schicksale verfallen lässt. Wenn Lucas, wie doch wahrscheinlich, die Unvereinbarkeit beider Berichte in diesem Punkte bemerkte, so konnte er nicht umhin, den genaueren und glaubhafteren Angaben des ersten vor den unbestimmteren und übertreibenden des zweiten den Vorzug einzuräumen, und dann empfahl es sich ihm, von diesen ganz abzusehen und zur Veranschaulichung der Stärke der von dem Aegypter geführten Schar eine zu jenen im Verhältnisse stehende Zahl zu wählen. Diese Wahl konnte ihm aber bei seiner schon früher (S. 171 f.) von uns wahrgenommenen Vorliebe für die Zahl Vierzig nicht schwer fallen. Da ihm nun eine Verzehnfachung derselben nicht nur mit Rücksicht auf die bereits dem Theudas beigegebenen 400 Anhänger, sondern mehr noch deshalb, weil die Schar des Aegypters selbst nach der niedrigsten Angabe 600 Mann verloren hatte, unzulässig erscheinen musste, so blieb ihm nur die Multiplication mit 100 übrig, wenn er die Grenzen der Wahrscheinlichkeit nicht überschreiten wollte.
Ueber den zweiten Punkt bemerken wir Folgendes. Allerdings “trennt Josephus”, wie schon Keim (a. a. O.) gesehen hat, “bestimmt zwischen dem verführten armen Volk und den verruchten Sicariern”. Dagegen hat er zwischen letzteren und den Goeten, unter die er den Aegypter einreiht, nicht eine gleich scharfe Grenzlinie gezogen, wie dies auch von Nösgen durch den behutsamen Ausdruck: “zu unterscheiden scheint” anerkannt wird. Vielmehr setzt er in den “Altertümern” (XX, 8, 5) die einen mit den andern in enge Verbindung (λῃστηϱίων γὰϱ ἡ χώϱα πάλιν ἀνεπλήσϑη ϰαὶ γοήτων ἀνϑϱώπων, οἳ τὸν ὄχλον ἠπάτων), um erst etwas später, unmittelbar vor Erwähnung des Aegypters (§ 6), anzudeuten, dass beide Klassen von Volksverderbern nicht zusammenfallen (τὰ μὲν οὖν τῶν λῃστῶν ἔϱγα τοιαύτης ἀνοσιότητος ἐπλήρου τὴν πόλιν. οἱ δὲ γόητες καὶ ἀπατεῶνες ἄνθρωποι τὸν ὄχλον ἔπειθον αὐτοῖς εἰς τὴν ἐρημίαν ἕπεσθαι). Im “Jüdischen Krieg” schildert er (II, 13, 3) zunächst das Treiben der Sicarier (καθαρθείσης δὲ τῆς χώρας ἕτερον εἶδος λῃστῶν ἐν Ἱεροσολύμοις ὑπεφύετο, οἱ καλούμενοι σικάριοι), geht von diesen zu dem στῖφος ἕτερον πονηρῶν, den Goeten, über (§ 4: πλάνοι γὰρ ἄνθρωποι καὶ ἀπατεῶνες . . . δαιμονᾶν τὸ πλῆθος ἀνέπειθον καὶ προῆγον εἰς τὴν ἐρημίαν) und erzählt hierauf das, Unternehmen des Aegypters, um darnach fortzufahren: κατεσταλμένων δὲ καὶ τούτων, ὥσπερ ἐν νοσοῦντι σώματι, πάλιν ἕτερον μέρος ἐφλέγμαινεν. οἱ γὰρ γόητες καὶ λῃστρικοὶ συναχθέντες πολλοὺς εἰς ἀπόστασιν ἐνῆγον κτλ. Gewiss ist es vollkommen begreiflich, wie sich einem Leser dieser Stellen die Goeten und Räuber in der Erinnerung dergestalt verbinden konnten, dass er sich einen der ersteren nicht anders als in Gesellschaft der letzteren zu denken vermochte. Und da die hier genannten Räuber von den Sicariern nicht verschieden sind, werden wir es ebenso leicht verstehen, dass ein solcher Leser, wenn er einem Römer die Erwähnung derselben in den Mund legte, sie mit dem ihm von Josephus gleichfalls an die Hand gegebenen lateinischen Namen bezeichnete, um so mehr, als er diesem in den Schriften des Genannten häufig genug begegnet war.[362]
Die Berechtigung dieser im Wesentlichen schon von Holtzmann und Keim vertretenen Annahme wird man trotz Nösgens Widerspruch anerkennen müssen, indessen bietet sie nicht die einzige Möglichkeit, die Zusammenstellung des Aegypters mit den Sicariern zu erklären. Auffälligerweise sind jene beiden Kritiker achtlos an einer späteren Erzählung des Josephus vorübergegangen, in welcher sich die handgreiflichsten Berührungspunkte mit seinen eigenen wie den apostelgeschichtlichen Angaben über den Aegypter nachweisen lassen. Dieselbe behandelt die letzte, nach Beendigung des jüdischen Krieges unternommene Schilderhebung der Sicarier gegen die Römer und lautet folgendermassen (K. VII, 11, 1):
ἥψατο δὲ καὶ τῶν περὶ Κυρήνην πόλεων ἡ τῶν σικαρίων ἀπόνοια καθάπερ νόσος. διαπεσὼν γὰρ εἰς αὐτὴν Ἰωνάθης, πονηρότατος ἄνθρωπος καὶ τὴν τέχνην ὑφάντης, οὐκ ολίγους τῶν ἀπόρων ἀνέπεισεν προσέχειν αὐτῷ, καὶ προήγαγεν εἰς τὴν ἔρημον, σημεῖα καὶ φάσματα δείξειν ὑπισχνούμενος. καὶ τοὺς μὲν ἄλλους ἐλάνθανε ταῦτα διαπραττόμενος καὶ φενακίζων, οἱ δὲ τοῖς ἀξιώμασι προύχοντες τῶν ἐπὶ τῆς Κυρήνης Ἰουδαίων τὴν ἔξοδον αὐτοῦ καὶ παρασκευὴν τῷ τῆς πενταπόλεως Λιβύης ἡγεμόνι Κατύλλῳ προσαγγέλλουσιν. ὁ δ’ ἱππέας τε καὶ πεζοὺς ἀποστείλας ῥᾳδίως ἐκράτησεν ἀνόπλων. καὶ τὸ μὲν πλέον ἐν χερσὶν ἀπώλετο, τινὲς δὲ καὶ ζωγρηθέντες ἀνήχθησαν πρὸς τὸν Κάτυλλον. ὁ δ’ ἡγεμὼν τοῦ βουλεύματος Ἰωνάθης τότε μὲν διέφυγε, πολλῆς δὲ καὶ λίαν ἐπιμελοῦς ἀνὰ πᾶσαν τὴν χώραν ζητήσεως γινομένης ἥλω καὶ πρὸς τὸν ἡγεμόνα ἀναχθεὶς ἑαυτῷ μὲν ἐμηχανᾶτο τῆς τιμωρίας ἀπαλλαγήν, τῷ Κατύλλῳ δὲ ἔδωκεν ἀφορμὴν ἀδικημάτων.
Man sieht auf den ersten Blick, dass sich in vorstehender Erzählung alle wesentlichen Züge der beiden oben mitgeteilten Berichte des Josephus wiederholen. Jonathan sammelt wie der Aegypter eine zahlreiche Menschenmenge um sich, die er unter der Vorspiegelung, Wunder zu vollbringen, in die Wüste führt. Ein römischer Statthalter bietet Reiterei und Fussvolk gegen ihn auf und beim ersten Zusammentreffen wird die Mehrzahl seiner Anhänger getötet, der kleinere Teil gefangen genommen, während der Urheber des Aufstandes selbst entkommt. Der einzige Unterschied zwischen Jonathan und seinem namenlosen Vorgänger besteht darin, dass jener schliesslich doch in die Hände seiner Feinde gerät[363], dieser dagegen verschollen bleibt.
Nicht minder augenfällig ist die Uebereinstimmung unserer Erzählung mit den kürzeren Angaben der Apostelgeschichte. Unzweideutig wird in ersterer die Schilderhebung des Jonathan als ein Beispiel des Wahnsinnes der Sicarier und er selbst damit als ein hervorragender Genosse dieser Mörderbande gekennzeichnet. Ebenso ausdrücklich sagt Josephus, dass jener seinen Anhang in die Wüste geführt habe, und auch in der Wortform ἡ ἔρημος (anstatt des in den Berichten über den Aegypter gebrauchten ἐρημία) trifft er mit Lucas zusammen. Ausserdem enthält die Erzählung einige Züge, welche, obwohl an sich nebensächlich, doch geeignet waren, Lucas’ Aufmerksamkeit zu erregen, so dass sie sich leicht seinem Gedächtnis einprägen konnten. Einmal ist sie mit einer Stadt verknüpft, für welche wir bei ihm nach der nicht seltenen Erwähnung von Bewohnern derselben besonderes Interesse voraussetzen dürfen (Lc. 23, 26. AG. 2, 10. 6, 9. 11, 20. 13, 1). Sodann erinnerte Jonathan in zweifacher Hinsicht an Paulus, welcher gleichfalls ein Weber war (18, 3) und ebenso in römischen Gewahrsam gebracht wurde.[364] Nach alledem finden wir es sehr wahrscheinlich, dass der Verfasser der Apostelgeschichte einen Teil der Farben, die er bei Schilderung von Paulus’ Gefangennehmung verwendet, aus Josephus’ Bericht über Jonathan entlehnt hat, wenn auch seine Kenntnis von dem Auftreten und dem Schicksale des Aegypters unzweifelhaft auf die beiden oben mitgeteilten Stellen zurückzuführen ist.
Durch das bisherige Ergebnis unserer Untersuchung glauben wir zu der Annahme berechtigt zu sein, dass auch die übrigen zwischen dem in Rede stehenden Abschnitte der Apostelgeschichte und Josephus zu Tage tretenden Berührungen nicht auf einem blossen Spiele des Zufalles beruhen. Zunächst denken wie hierbei an das Verhalten des römischen Kriegstribuns bei Empfang der Nachricht von einem in Jerusalem ausgebrochenen Aufruhr, welches vollkommen demjenigen des Procurators Cumanus in einem ähnlichen Fall entspricht:
A. XX, 6, 1: Κουμανὸς δὲ τῆς πράξεως εἰς αὐτὸν ἀφικομένης ἀναλαβὼν τὴν τῶν Σεβαστηνῶν ἴλην καὶ πεζῶν τέσσαρα τάγματα τούς τε Σαμαρεῖς καθοπλίσας ἐξῆλθεν ἐπὶ τοὺς Ἰουδαίους.[365] | AG. 21, 31: . . . ἀνέβη φάσις τῷ χιλιάρχῳ τῆς σπείρης ὅτι ὅλη συγχύννεται Ἱερουσαλήμ· ὃς ἐξαυτῆς παραλαβὼν στρατιώτας καὶ ἑκαντοτάρχας κατέδραμεν ἐπ’ αὐτούς. |
Wenn ferner die den Paulus in das Standlager abführenden Soldaten ihn die Stufen zur Burg hinauftragen müssen, um ihn vor dem Andrange des Pöbels zu schützen, so erinnert dies an den Hergang bei der gewaltsamen Erhebung des Claudius auf den römischen Kaiserthron, wie ihn Josephus in den “Altertümern” schildert:
A. XIX, 3, 3: οἱ δὲ πυνθανόμενοι προθύμως ἐδέχοντο τὴν πρόκλησιν, συμφράξαντές τε καὶ περικλάσαντες ἦγον ἐπὶ τοῦ στρατοπέδου φοράδην ἀναβαστάσαντες, ὡς μὴ ἐμποδίζοιτο αὐτοῖς ἡ ἔπειξις. | AG. 21, 34 f.: . . . ἐκέλευσεν ἄγεσθαι αὐτὸν εἰς τὴν παρεμβολὴν. ὅτε δε ἐγένετο ἐπὶ τοὺς ἀναβαθμούς, συνέβη βαστάζεσθαι αὐτὸν ὑπὸ τῶν στρατιωτῶν διὰ τὴν βίαν τοῦ ὄχλου. |
Zu dem kleinen Stücke 21, 40-22, 2 bietet Josephus eine besonders reiche Auswahl von Parallelen, die kaum einen Zweifel daran gestatten, dass alle die zur Veranschaulichung der Situation dienenden Einzelzüge, durch welche Lucas hier seine Darstellung belebt, aus dieser Quelle abzuleiten sind. Die Schilderung, wie Paulus, einen erhöhten Standort einnehmend, der umstehenden Menge mit der Hand zuwinkt, um sich Gehör zu verschaffen, wie er, nachdem Ruhe eingetreten ist, an das versammelte Volk von Jerusalem in hebräischer Sprache eine feierliche Anrede richtet, als deren nächste Wirkung eine noch tiefere Stille eintritt, setzt sich von Anfang bis Ende aus Bestandteilen zusammen, die sich ausnahmslos aus Josephus’ Schriften nachweisen lassen. Man vergleiche:
A. V, 7, 2: . . . Ἰωθάμης . . . ἀνελθὼν ἐπὶ τὸ ὄρος τὸ Γαριζείν . . . τοῦ πλήθους ἡσυχίαν αὐτῷ παρασχόντος ἠξίου μαθεῖν τὰ ὑπ’ αὐτοῦ λεγόμενα. γενομένης δὲ σιγῆς εἶπεν . . . | AG. 21, 40: . . . ὁ Παῦλος ἑστὼς ἐπὶ τῶν ἀναβαθμῶν κατέσεισεν τῇ χειρὶ τῷ λαῷ· πολλῆς δὲ σιγῆς γενομένης προσεφώνησεν τῇ Ἑβραΐδι διαλέκτῳ λέγων· 22, 1 f.: Ἄνδρες ἀδελφοὶ καὶ πατέρες, ἀκούσατέ μου τῆς πρὸς ὑμᾶς νυνὶ ἀπολογίας. ἀκούσαντες δὲ ὅτι τῇ Ἑβραΐδι διαλέκτῳ προσεφώνει αὐτοῖς, μᾶλλον παρέσχον ἡσυχίαν. | |
VII, 14, 9: στὰς ἐφ’ ὑψηλοτάτου βήματος[366] ὁ βασιλεὺς ἔλεξε πρὸς τὸ πλῆθος· “ἀδελφοὶ καὶ ὁμοεθνεῖς . . .” | ||
VIII, 11, 2: στὰς ἐφ’ ὑψηλοῦ τινος Ἀβίας τόπου καὶ τῇ χειρὶ κατασείσας τὸ πλῆθος καὶ τὸν Ἱεροβόαμον ἀκοῦσαι πρῶτον αὐτοῦ μεθ’ ἡσυχίας ἠξίωσε. γενομένης δὲ σιωπῆς ἤρξατο λέγειν· | ||
K. VI, 2, 1: ὁ Ἰώσηπος, ὡς ἂν εἰ μὴ τῷ Ἰωάννῃ μόνον ἀλλὰ καὶ τοῖς πολλοῖς, ἐν ἐπηκόῳ στὰς τά τε τοῦ Καίσαρος διήγγειλεν ἑβραΐζων . . . πρὸς ταῦτα τοῦ δήμου μὲν ἦν κατήφεια καὶ σιγή. | ||
VII, 5, 4: δεξάμενος δ’ αὐτῶν τὴν ἐυφημίαν Οὐεσπασιανός, ἔτι βουλομένων λέγειν, τὸ τῆς σιγῆς ἐποιήσατο σύμβολον, καὶ πολλῆς ἐκ πάντων ἡσυχίας γενομένης ἀναστάς . . . | ||
L. 29: Σιγῆς οὖν παρὰ πάντων γενομένης “ἄνδρες”, εἶπον, “ὁμόφυλοι κτλ.” |
Die sachlichen und sprachlichen Berührungen zwischen Josephus und Lucas sind hier so handgreiflich, dass wir auf sie nicht näher einzugehen brauchen und uns mit der Hinweisung darauf begnügen, dass ersterer an nicht weniger als vier von den sechs oben mitgeteilten Stellen denselben Gedanken wie letzterer (πολλῆς σιγῆς γενομένης) in Sätzen von völlig übereinstimmender Construction und nur wenig abweichendem Wortlaute zum Ausdruck bringt.
Endlich begegnen uns auch in Paulus’ Aussagen über seine Herkunft und Erziehung (21, 39. 22, 3) unmissverständliche Anklänge an den jüdischen Geschichtschreiber. Wenn die Vaterstadt des Apostels als τῆς Κιλικίας οὐκ ἄσημος πόλις bezeichnet wird, so weist der Gebrauch eines bei Josephus nicht seltenen, im N. T. nur hier, bei den Siebzig nur Gen. 30, 42 und zwar in ganz verschiedner Bedeutung vorkommenden Adjectivs um so nachdrücklicher auf ersteren hin, als gerade bei ihm die Litotes οὐκ ἄσημος sehr beliebt ist.[367] Sodann erinnern die Worte: ἐγώ εἰμι ἀνὴρ Ἰουδαῖος, γεγεννημένος ἐν Ταρσῷ τῆς Κιλικίας, ἀνατεθραμμένος δὲ ἐν τῇ πόλει ταύτῃ, παρὰ τοὺς πόδας Γαμαλιήλ deutlich an die K. II, 7, 1 in nur wenig abweichender Fassung wiederkehrende Angabe A. XVII, 12, 1: νεανίας Ἰουδαῖος μὲν τὸ γένος, επὶ δὲ τῆς Σιδωνίων τεθραμμένος πόλεως παρά τινι τῶν Ῥωμαϊκῶν ἀπελευθέρων. Wenn der Apostel sich unmittelbar hierauf als πεπαιδευμένος κατὰ ἀκρίβειαν τοῦ πατρῴου νόμου bezeichnet, so erkennen wir hierin sofort die auch dem Josephus geläufigen Stichworte pharisäischer Gesetzlichkeit[368], die wir um so unbedenklicher auf diese Quelle zurückführen dürfen, als ἀκρίβεια wie πατρῶος innerhalb des N. T. nur bei Lucas (ersteres nur hier[369]) vorkommt. Wir beschränken uns auf Mitteilung folgender Belegstellen:
A. XIII, 16, 2: Ἡ δὲ (sc. Ἀλεξάνδρα) . . . πάντα τοῖς Φαρισαίοις ἐπέτρεπεν ποιεῖν . . . κεἴ τι δὲ καὶ τῶν νομίμων Ὑρκανὸς ὁ πενθερὸς αὐτῆς κατέλυσεν ων εἰσήνεγκαν οἱ Φαρισαῖοι κατὰ τὴν πατρῴαν παράδοσιν, τοῦτο πάλιν ἀποκατέστησεν.
XVII, 2, 4[370]: καὶ ἦν γὰρ μόριόν τι Ἰουδαϊκὸν ἀνθρώπων ἐπ’ ἐξακριβώσει μέγα φρονοῦν τοῦ πατρίου καὶ νόμων, οἷς χαίρει τὸ θεῖον προσποιουμένων . . . Φαρισαῖοι καλοῦνται.
XX, 2, 4: Ἰουδαῖός τις . . . Ἐλεάζαρος ὄνομα πάνυ περὶ τὰ πάτρια δοκῶν ἀκριβὴς εἶναι.
K. I, 5, 1: ἐκράτησε γὰρ τῆς ἀρχῆς τὸ γύναιον διὰ δόξαν εὐσεβείας. ἠκρίβου γὰρ δὴ τοῦ ἔθνους μάλιστα τὰ πάτρια. § 2[370]: Φαρισαῖοι, σύνταγμά τι Ἰουδαίων δοκοῦν εὐσεβέστερον εἶναι τῶν ἄλλων καὶ τοὺς νόμους ἀκριβέστερον ἀφηγεῖσθαι.
Ebd. 33, 2: δύο ἦσαν σοφισταὶ κατὰ τὴν πόλιν, μάλιστα δοκοῦντες ἀκριβοῦν τὰ πάτρια.
II, 8, 14[370]: δύο δὲ τῶν προτέρων Φαρισαῖοι μὲν οἱ δοκοῦντες μετ’ ἀκριβείας ἐξηγεῖσθαι τὸ νόμιμα.
L. 38[370]: ὁ δὲ Σίμων οὗτος ἦν πόλεως μὲν Ἱεροσολύμων, γένους δὲ σφόδρα λαμπροῦ, τῆς δὲ Φαρισαίων αἱρέσεως, οἳ περὶ τὰ πάτρια νόμιμα δοκοῦσι τῶν ἄλλων ἀκριβείᾳ διαφέρειν.[371]
Der Abschnitt AG. 21, 27-22, 3 enthält 16 innerhalb des N. T. dem Lucas eigentümliche Wörter. Neun derselben (**ἀκρίβεια, **ἀναβαθμός, **ἄσημοσ, βία, διάλεκτος, **κατατρέχειν, πατρῷος, πολίτης, συγχεῖν) hat er mit den Siebzig und Josephus, drei (ἀνατρέφειν, κατασείειν, **σικάριος) nur mit letzterem gemein, während ihm vier (Ἑβραΐς, ἐπιφωνεῖν, **συνδρομή, **φάσις) ausschliesslich verbleiben. Als sprachliche Eigentümlichkeiten, die er weder mit einem andern neutestamentlichen Schriftsteller, noch mit den Siebzig, wohl aber mit Josephus teilt, nennen wir ausserdem das substantivische ἀσφαλές (noch 22, 30. 25, 26), κινεῖν “aufregen” (noch 24, 5) und πολιτεία in der Bedeutung “Bürgerrecht”.
[356] Dieses von Niese unter den Text verwiesene Wort kann nicht entbehrt werden.
[357] Unmittelbar vorher (§ 3) ist von den Sicariern die Rede.
[358] Aehnlich wie dem Aegypter erging es später einem Leiter des Aufstandes zu Jerusalem, Menahem, einem Sohne Judas’ des Galiläers, der durch seine eigenen Landsleute ein blutiges Ende fand (K. II, 17, 8 f.).
[359] Das zweimalige 400 bei Nösgen (S. 529) ist, wenn nicht Druckfehler, ein lapsus calami oder memoriae.
[360] Nach der Apostelgeschichte vielmehr solche ausschliesslich.
[361] S. Ott S. 172, Krebs S. 243 und die Commentare zu AG. 21, 38.
[362] Ausser an den im Text angeführten Stellen z. B. noch A. XX, 8, 10. 9, 2. K. II, 17, 6. IV, 7, 2. VII, 8, 1. 10, 1.
[363] Ueber sein Endschicksal berichtet Josephus (§ 3), dass er von Catullus nach Rom gebracht und hier auf Vespasians Befehl nach vorhergegangener Geisselung lebendig verbrannt wurde.
[364] Vgl. πρὸς τὸν ἡγεμόνα ἀναχθεὶς (Josephus’, s. o.) mit ἄγεσθαι, εἰσάγεσθαι εἰς τήν παρεμβολήν (AG. 21, 34. 37).
[365] Ganz ähnlich handelt ein Heerführer Herodes’ des Grossen bei einem kurz vor dem Tode dieses Fürsten in Jerusalem ausgebrochenen Aufstand (A. XVII, 6, 3: ὁ στρατηγὸς τοῦ βασιλέως, ἀγγέλλεται γὰρ ἡ ἐπιχείρησις πρὸς αὐτόν, ἀπὸ μείζονος διανοίας ἢ ἐπράσσετο ὑπολαβὼν ἄνεισι χεῖρα πολλὴν ἀγόμενος, ὁπόσοι ἀνθέξοιεν τῷ πλήθει τῶν πειρωμένων καθαιρεῖν τὸ ἀνάθημα, ἐπιπεσών τε μὴ προσδεχομένοις . . . τῶν τε νέων οὐκ ἐλάσσους τεσσαράκοντα ἀνδρῶν . . . λαμβάνει).
[366] Wo Josephus Reden berichtet, schickt er in der Regel eine Bemerkung über den Standort des Redners voraus. Vgl. στὰς εἰς μέσον (A. XII, 2, 12), στάντες εἰς μέσους (V, 1, 16), στὰς ἐν μέσῳ (VII, 11, 6), ἐν μέσῷ τῷ ἱερῷ (XI, 5, 7), ἐν μέσῳ τῷ πλήθει (IX, 8, 3), ἐν μέσοις (II, 15, 5), εἰς ἐπήκοον τοῖς ἀρχιερεῦσι (K. IV, 4, 4), ἐν ἐπηκόῳ (III, 10, 2), ἐπὶ τοῦ βήματος ἐν μέσῳ τῷ πλήθει (A. X, 4, 3), ἐπὶ τὸν ἄντικρυς αὐτῶν πύργον (K. IV, 4, 3), ἐπὶ τριγχοῦ τινος ὑψηλοῦ (L. 17), σταθεὶς ἐν μέσῳ τῷ πλήθει (A. VIII, 8, 5), μέσος τοῦ πλήθους (XI, 5, 5), καταστὰς εἰς μέσους (K. IV, 3, 14), ἐπὶ βήματι (VII, 1, 2), στάς (A. V, 1, 26) und καταστάς (XII, 7, 3) ohne Beisatz.
[367] Vgl. οὐκ ἄσημος ἀνήρ (K. VI, 1, 8), ἄνδρες οὐκ ἄσ. (A. XVI, 8, 3), γένος οὐκ ἄσ. (K. V, 9, 4. L. 1), γυνὴ οὐκ ἄσ. (K. I, 12, 3), παῖς οὐκ ἄσ. (K. V, 1, 2), τὶς τῶν οὐκ ἀσήμων (II, 18, 4), οὐκ ἄσ. τῶν ἐκεῖ (A. XVI, 10, 1), δυνατὸς . . . καὶ ἄλλως οὐ τῶν ἀσήμων (K. IV, 3, 13).
[368] S. Holtzmann, Handcomm. I, 408 f.
[369] Auch bei den Siebzig findet sich dasselbe nur einmal (Dan. 7, 16).
[370] Schon bei Krebs (S. 244) angeführt.
[371] ἀκρίβεια noch A. VIII, 2, 1. Ap. II, 14, ἀκριβής A. Vw. 3. IV, 8, 45. V, 2, 7. XX, 9, 1. Ap. II, 21. ὁ πατρῷος νόμος kommt bei Josephus nicht vor, häufig aber ὁ πάτριος νόμος (A. X, 1, 3. XI, 4, 8. XII, 3, 4 ö.), noch weit häufiger οἱ πάτριοι νόμοι (IV, 4, 4. VII, 7, 1 zw. VIII, 13, 8 ö.), seltener τὰ πάτρια νόμιμα (VIII, 4, 6. IX, 5, 2. XX, 7, 2 ö.).
22, 30-23, 11. Den hier und 24, 1 erscheinenden Hohenpriester Ananias hat nach Holtzmann (1873, S. 90) Lucas aus demselben Abschnitte des Josephus (A. XX, 5, 1 f.) kennen gelernt, in welchem auch die Aufstände des Theudas und Judas, das Landpflegertum und die Schatzung des Quirinius, die grosse Hungersnot und Alexander als Mitglied eines vornehmen jüdischen Geschlechtes gelegentlich erwähnt sind, alles Momente, welche irgendwo in den Schriften des ersteren wieder auftauchen. Hausrath (IV, 241 f.) rechnet den Genannten zu denjenigen Personen der Apostelgeschichte, deren Signalement auffällig mit den Charakterschilderungen des Josephus stimmt, da er nach ihrem Zeugnisse “derselbe gewalttätige Machthaber ist, dessen Knechte sich nach Josephus nicht enthielten, Priester zu schlagen (A. XX, 9, 2).” Ebenso findet Keim (S. 24), dass das “würdige geistliche Seitenstück des würdigen Procurators . . . von Lucas sehr entsprechend der josephischen Schilderung gezeichnet wird”, und fügt die Bemerkung bei: “Es ist viel, dass Lucas, sonst so ganz auf die Hohepriesternamen Hannas und Kajaphas beschränkt, von dem Namen des geistig nicht bedeutenden Hohepriesters Ananja überhaupt weiss, der im J. 48 Hohepriester geworden, vor 52 dem Jonathan den Platz geräumt hatte (K. II, 12, 6. A. XX, 6, 2), aber, wie er schon damals immer noch einflussreich war, auch später wieder, besonders seit Absetzung des jüngeren Hannas (63 n. Chr.) grössten Einfluss gewann (XX, 9, 2). Josephus selbst führte ihn auf diesen Namen, indem er von der Ermordung des Jonathan durch Felix ums J. 55 bis zum Auftritt des Ismael Phabi (59-60) keinen Hohepriester nennt und nur an Ananja denken lässt.” Indem wir uns der Meinung dieser Kritiker im Wesentlichen anschliessen, können wir doch nicht umhin, gegen Hausraths weitere Behauptung: “wenn dieser brutale Hierarch gegen Paulus mit den Sicariern conspirirt, tut er nur, was nach der gleichen Stelle der Archäologie seine Gewohnheit war”, Einspruch zu erheben, obwohl auch Keim aus derselben Stelle (A. XX, 9, 3) herausgelesen hat, dass Josephus ihn “der Verbindung mit den Sicariern beschuldigt.” Diese Verbindung bestand laut dem Zeugnisse des jüdischen Geschichtschreibers (a. a. O.) lediglich darin, dass er von den Sicariern durch wiederholte Gefangennehmung seiner Angehörigen gezwungen wurde, von dem römischen Statthalter die Freigebung ihrer in dessen Gewahrsam befindlichen Spiessgesellen zu erbitten. Wie verträgt sich dies mit der Darstellung der Apostelgeschichte (23, 12 ff.), in welcher die gegen Paulus’ Leben verschworenen Juden als diensteifrige Gesinnungsgenossen der Hohenpriester und Aeltesten erscheinen und mit diesen auf freundschaftlichstem Fusse verkehren?
Wir stellen nunmehr die für uns in Betracht kommenden Aeusserungen des Josephus über Ananias denjenigen der Apostelgeschichte gegenüber:
A. XX, 9, 2: ὁ δὲ ἀρχιερεὺς Ἀνανίας καθ’ ἑκάστην ἡμέραν ἐπὶ μέγα προύκοπτε δόξης καὶ τῆς παρὰ τῶν πολιτῶν εὐνοίας τε καὶ τιμῆς ἠξιοῦτο λαμπρῶς· ἦν γὰρ χρημάτων ποριστικός . . . εἶχεν δ’ οἰκέτας πάνυ μοχθηρούς, οἳ συναναστρεφόμενοι τοῖς θρασυτάτοις ἐπὶ τὰς ἅλωνας πορευόμενοι τὰς τῶν ἱερέων δεκάτας ἐλάμβανον βιαζόμενοι καὶ τοὺς μὴ διδόντας οὐκ ἀπείχοντο τύπτειν, οἵ τε ἀρχιερεῖς ὅμοια τοῖς ἐκείνου δούλοις ἔπρασσον μηδενὸς κωλύειν δυναμένου. | AG. 22, 30: ἐκέλευσεν συνελθεῖν τοὺς ἀρχιερεῖς καὶ πᾶν τὸ συνέδριον . . . 23, 2 f.: ὁ δὲ ἀρχιερεὺς Ἀνανίας ἐπέταξεν τοῖς παρεστῶσιν τύπτειν αὐτοῦ τὸ στόμα. τότε ὁ Παῦλος πρὸς αὐτὸν εἶπεν· τύπτειν σε μέλλει ὁ θεός, τοῖχε κεκονιαμένε· καὶ σὺ κάθῃ κρίνων με κατὰ τὸν νόμον καὶ παρανομῶν κελεύεις με τύπτεσθαι; |
Wenn man mit Holtzmann (Handcomm. I, 410) unter den παρεστῶσιν hier wie Lc. 19, 24 (vgl. Mc. 14, 47. 69 f. Joh. 18, 22) “handfeste Knechte” verstehen darf, so fehlen dem von der Apostelgeschichte entworfenen Bilde auch die οἰκέται πάνυ μοχθηροί des Josephus nicht.
Im weitern Verlauf unserer Erzählung sehen wir innerhalb der höchsten geistlichen Behörde Jerusalems, als deren Oberhaupt Ananias erscheint, die Sadducäer und Pharisäer als zwei einander feindliche Parteien hervortreten, welche durch ihre Ansichten über die Auferstehung und Engelwelt so schroff geschieden sind, dass sie schon bei einer gelegentlichen Berührung dieser Streitfragen in heftigen Zwist geraten. Diese Schilderung ist bereits von Ott (S. 323) und Krebs (S. 249) aus Josephus erläutert und von Holtzmann (1877, S. 538) auf Lucas’ Bekanntschaft mit diesem Schriftsteller zurückgeführt worden.[372] Die hieher gehörigen Aussagen desselben lauten folgendermassen:
A. XIII, 10, 6: Τῶν δ’ ἐκ τῆς Σαδδουκαίων τῆς αἱρέσεως, οἳ τὴν ἐναντίαν τοῖς Φαρισαίοις προαίρεσιν ἔχουσιν, Ἰωνάθης τις ἐν τοῖς μάλιστα φίλος ὢν Ὑρκανῷ τῇ κοινῇ πάντων Φαρισαίων γνώμῃ ποιήσασθαι τὰς βλασφημίας τὸν Ἐλεάζαρον ἔλεγεν· . . . νῦν δὲ δηλῶσαι βούλομαι, ὅτι νόμιμά τινα παρέδοσαν τῷ δήμῳ οἱ Φαρισαῖοι ἐκ πατέρων διαδοχῆς, ἅπερ οὐκ ἀναγέγραπται ἐν τοῖς Μωϋσέος νόμοις, καὶ διὰ τοῦτο ταῦτα τὸ Σαδδουκαίων γένος ἐκβάλλει, λέγον ἐκεῖνα δεῖν ἡγεῖσθαι νόμιμα τὰ γεγραμμένα, τὰ δ’ ἐκ παραδόσεως τῶν πατέρων μὴ τηρεῖν. καὶ περὶ τούτων ζητήσεις αὐτοῖς καὶ διαφορὰς γίνεσθαι συνέβαινεν μεγάλας, τῶν μὲν Σαδδοθκαίων τοὺς εὐπόρους μόνον πειθόντων τὸ δὲ δημοτικὸν οὐχ ἑπόμενον αὐτοῖς ἐχόντων, τῶν δὲ Φαρισαίων τὸ πλῆθος σύμμαχον ἐχόντων.
XVIII, 1, 3 f.: Οἵ τε γὰρ Φαρισαῖοι τὴν δίαιταν ἐξευτελίζουσιν . . . ἀθάνατόν τε ἰσχὺν ταῖς ψυχαῖς πίστις αὐτοῖς εἶναι καὶ ὑπὸ χθονὸς δικαιώσεις τε καὶ τιμὰς οἷς ἀρετῆς ἢ κακίας ἐπιτήδευσις ἐν τῷ βίῳ γέγονεν, καὶ ταῖς μὲν εἱργμὸν ἀίδιον προτίθεσθαι, ταῖς δὲ ῥᾳστώνην τοῦ ἀναβιοῦν . . . Σαδδουκαίοις δὲ τὰς ψυχὰς ὁ λόγος συναφανίζει τοῖς σώμασι.
K. II, 8, 14: Φαρισαῖοι . . . εἱμαρμένῃ τε καὶ θεῷ προσάπτουσι πάντα . . . ψυχὴν δὲ πᾶσαν μὲν ἄφθαρτον, μεταβαίνειν δὲ εἰς ἕτερον σῶμα τὴν τῶν ἀγαθῶν μόνον, τὴν δὲ τῶν φαύλων ἀιδίῳ τιμωρίᾳ κολάζεσθαι. Σαδδουκαῖοι δέ, τὸ δεύτερον τάγμα, τὴν μὲν εἱμαρμένην παντάπασιν ἀναιροῦσι . . . ψυχῆς τε τὴν διαμονὴν καὶ τὰς καθ’ ᾍδου τιμωρίας καὶ τιμὰς ἀναιροῦσι.
Angesichts dieser Stellen wird man dem Urteile Stecks, dass die philosophirende Erläuterung der Apostelgeschichte über den Unterschied der Pharisäer und Sadducäer mehr an Josephus als an das einfach evangelische Σαδδουκαῖοι λέγοντες μὴ εἶναι ἀνάστασιν (Mt. 22, 23, vgl. Mc. 12, 18. Lc. 20, 27) erinnere, die Berechtigung nicht absprechen können.
Der von Josephus so nachdrücklich hervorgehobene Gegensatz der beiden Parteien wird nun zufolge unserer Erzählung von Paulus schlau benutzt, um unter den dem hohen Rate zu Jerusalem angehörigen Vertretern derselben einen hitzigen Meinungsstreit anzufachen und dadurch ihre Erbitterung von seiner Person abzulenken. Von der neueren Kritik ist ein solcher Kunstgriff ebenso des Apostels unwürdig wie der angebliche Erfolg desselben unwahrscheinlich befunden worden.[373] Wir haben dann zuerst (1873, S. 442 ff.) die Vermutung ausgesprochen, dass die Vorlage für die apostelgeschichtliche Darstellung bei Josephus zu suchen sei, der sich laut seiner eigenen Aussage durch eine ähnliche List einmal aus drohender Todesgefahr gerettet hat. Eine Copie seines Verfahrens ist auch Hausrath (IV, 2432) in Paulus’ Verhalten zu sehen geneigt und Holtzmann (Handcomm. I, 411) erkennt wenigstens die Aehnlichkeit zwischen dem einen und dem andern an, während Keim (S. 3 f.) unserer Annahme lediglich den Einwand entgegenzustellen weiss, es wolle “doch scheinen, dass man die Operationsweise des Apostels Paulus gegen Pharisäer und Sadducäer mit der zweizüngigen Schlauheit des Josephus in Galiläa so wenig erklären kann, als man die Entstehung des Berichtes vom Hohenpriester Hannas oder des vom Aegyptier in der Apostelgeschichte durch den Hinweis auf die verschiedene Schreibung des Namens Hannas oder auf die verschiedene Angabe der Anhängerzahl des falschen Propheten annulliren kann.”
Um dem Leser über unsere Ansicht ein unbefangenes und selbständiges Urteil zu ermöglichen, lassen wir hier den wesentlichen Inhalt der beiden Berichte folgen, welche Josephus dem gedachten Erlebnisse gewidmet hat (K. II, 21, 3-5. L. 26-29).[374]
Einige Jünglinge aus Dabaritta überfallen die auf einer Reise begriffene Gemahlin des Ptolemäus, eines Beamten des Königs Agrippa II., plündern sie vollständig aus und bringen die Beute nach Tarichäa zu Josephus, dem damaligen Statthalter von Galiläa. Dieser nimmt sie mit der Erklärung in Empfang, dass er den Erlös derselben zur Wiederherstellung der Mauern Jerusalems verwenden wolle, sendet jedoch schleunigst dem rechtmässigen Besitzer sein Eigentum zurück. Die Räuber, darüber erbittert, dass sie ihres Anteiles verlustig gehen, sprengen des Nachts unter der Bevölkerung in der Umgegend von Tiberias das Gerücht aus, dass Josephus das Land den Römern verraten wolle, eine Verläumdung, die selbst in Tarichäa Glauben findet, wo am nächsten Morgen eine zahlreiche Menschenmenge in der Rennbahn zusammenströmt, um wütend den Tod des Verräters zu fordern. Als einige seiner Feinde sich bereits seiner Wohnung nähern, wird Josephus von einem Getreuen aus dem Schlafe geweckt und begibt sich in einem schwarzen zerrissenen Kleide, das Haupt mit Asche bestreut, ein Schwert an den Nacken gebunden, mit den Händen auf dem Rücken in die tobende Versammlung. Indem er sich hier zu Boden wirft und die Erde mit Tränen benetzt, rührt er durch seinen Anblick die Bewohner Tarichäas zum Mitleiden, während das Landvolk ihn schmäht und von ihm die Herbeischaffung des öffentlichen Schatzes und das Eingeständnis seines Verrates erzwingen will. Auf das Versprechen hin, Alles zu bekennen, lässt man ihn endlich zu Worte kommen, worauf er erklärt, dass er das ihm übergebene Geld weder an Agrippa zurückzuschicken noch es selbst zu behalten gedacht habe. “Weil ich aber sah, ihr Bürger von Tarichäa, dass eure Stadt gar sehr der Sicherheit ermangele und behufs Herstellung einer Mauer Geld bedürfe, doch das Volk von Tiberias und die andern Städte fürchtete, welche dem Raube auflauern, beschloss ich, die Beute ruhig zu behalten, um euch eine Mauer zu bauen. Wenn euch dies nicht gut dünkt, so schaffe ich herbei, was man mir gebracht hat, und gebe es der Plünderung preis. Wenn ich aber für euer Bestes gesorgt habe, so bestraft nur euren Wohltäter!”
Der Absicht dieser Rede des Josephus, unter die erregte Menge einen Zankapfel zu werfen, entspricht ihr Erfolg. Die Bewohner von Tarichäa und die dorthin geflüchteten Fremden jubeln ihm dankerfüllt Beifall zu und sprechen ihm Mut ein, während die übrigen Galiläer um so ärger toben, bis endlich beide Teile von ihm ablassen und ihre Erbitterung gegen einander kehren. Als jedoch Josephus, nunmehr zuversichtlicher geworden, seinen Gegnern ihre vorschnelle Hitze verweist und das Versprechen gibt, nach Befestigung Tarichäas auch in Tiberias und den übrigen Städten, wo es nötig sei, Mauern zu errichten, beruhigt sich die Menge und verlässt schliesslich den Versammlungsplatz, worauf Josephus sich ungefährdet nach seiner Wohnung zurückbegeben kann.
Die Aehnlichkeit beider Erzählungen erstreckt sich auch auf den sprachlichen Ausdruck, wie aus folgender Zusammenstellung erhellt:
L. 28 f.: συνεὶς δὲ τοῦ πλῆθους τὴν μεταβολὴν διιστάναι τὰς γνώμας αὐτῶν ἐπειρώμην . . . “ἄνδρες, εἶπον, ὁμόφυλοι” . . . πρὸς ταῦτα . . . ἐγείρεται φωνή . . . γίνεται στάσις πρὸς ἀλλήλους. | AG. 23, 6: γνοὺς δὲ ὁ Παῖλος ὅτι τὸ ἓν μέρος ἐστὶν Σαδδουκαίων τὸ δὲ ἕτερον Φαρισαίων, ἔκραζεν ἐν τῷ συνεδρίῳ· ἄνδρες ἀδελφοί . . . | |
K. II, 21, 3 f.: καὶ τὸ μὲν πλῆθος . . . πολλὰ πρὸς ὀργὴν ἀνεβόα, καὶ οἱ μὲν καταλεύειν οἱ δὲ καίειν τὸν προδότην ἐκεκράγεσαν . . . τεχνιτεύων τοὺς ἀγανακτοῦντας καθ’ αὐτοῦ κατ’ ἀλλήλων στασιάσαι . . . καταλιπόντες δὲ ἑκάτεροι τὸν Ἰώσηπον ἀλλήλοις διεφέροντο. | V. 7: τοῦτο δὲ αὐτοῦ λαλήσαντος ἐγένετο στάσις τῶν Φαρισαίων καὶ Σαδδουκαίων καὶ ἐσχίσθη τὸ πλῆθος. | |
V. 9: ἐγένετο δὲ κραυγὴ μεγάλη, καὶ ἀναστάντες τινὲς τῶν γραμματέων τοῦ μέρους τῶν Φαρισαίων διεμάχοντο . . . | ||
V. 10: πολλῆς δὲ γινομένης στάσεως κτλ. |
Zu diesen grösstenteils schon früher (a. a. O.) von uns hervorgehobenen Berührungen hat neuerdings Steck einen beachtenswerten Nachtrag geliefert, indem er darauf hinweist, dass, wie Josephus seine Ansprache an die erregte Versammlung mit den Worten beginnt: θανεῖν μέν, εἰ δίκαιόν ἐστιν, οὐ παραιτοῦμαι (L. 29), so auch Paulus in der von der Apostelgeschichte bald darauf berichteten Verhandlung vor Festus sich äussert: εἰ μὲν οὖν ἀδικῶ καὶ ἄξιον θανάτου πέπραχά τι, οὐ παραιτοῦμαι τὸ ἀποθανεῖν (25, 11).[375] Aus dieser besonders auffallenden Uebereinstimmung zieht Steck mit Recht den Schluss, dass Lucas die betreffende Stelle des Josephus in der Tat wohl gelesen habe, und findet die Nachbildung auch hier um so wahrscheinlicher, je weniger man geneigt sein werde, der Darstellung der Apostelgeschichte historische Treue zuzuerkennen.
Da von dem V. 11 berichteten Traumgesichte des Paulus schon die Rede gewesen ist (s. zu 16, 9 f., S. 218 ff.), so bemerken wir schliesslich nur noch, dass das uns im N. T. nur noch einmal (Phil. 1, 27) begegnende Verbum πολιτεύεσθαι sich bei Josephus wie in unserm Abschnitte (23, 1) gebraucht findet, vgl. A. XII, 3, 3: πολιτευέσθωσαν δὲ πάντες οἱ ἐκ τοῦ ἔθνους κατὰ τοὺς πατρίους νόμους.
[372] Nach Handcomm. I, 411 ist nur der Glaube an das Dasein höherer Geister aus A. XVIII, 1, 4 (? 3) abstrahirt.
[373] S. Baur, Paulus I, 231 f. Zeller S. 283 f. Overbeck S. 402 f.
[374] Dieselben weichen, während sie in der Hauptsache übereinstimmen, doch in manchen Nebenpunkten von einander ab, eine Erscheinung, die keinen Kenner der Schriften des Josephus überraschen wird (vgl. S. 21 Anm. 1). Die jüngere Darstellung (L. a. a. O.) scheint, wie sie die ausführlichere ist, auch die genauere und zuverlässigere zu sein, obwohl hie und da in Einzelheiten der älteren der Vorzug gebühren dürfte.
[375] Die Aehnlichkeit dieser beiden Stellen hatte schon Holtzmann (1877, S. 548) bemerkt.
23, 23-33. Der Bericht von Paulus’ Ueberführung nach Cäsarea legt uns einige Fragen nahe. Es ist ebenso auffällig, dass der Tribun eine Bedeckung von 470 Soldaten für nötig erachtet, um seinen Gefangenen vor dem Ueberfall einiger vierzig Verschwörer zu sichern, wie dass er sich eines so beträchtlichen Teiles der ihm zur Verfügung stehenden Mannschaft, wenn auch nur vorübergehend, entäussert, während ihn doch seine bisherigen Erfahrungen in dem allezeit zu Unruhen geneigten Jerusalem dringend mahnen mussten, dieselbe möglichst zusammenzuhalten. Nicht minder befremdet es, dass er zu dem angegebenen Zwecke drei verschiedene Truppengattungen aufbietet. Man sollte meinen, dass die Reiter, wie sie allein schliesslich den Apostel von Antipatris nach Cäsarea bringen, ebenso gut auch zu seiner Beförderung von Jerusalem bis zu ersterem Orte genügt hätten. Wir glauben, dass die Vorlagen für Lucas’ Darstellung hier, wie in andern Fällen, Josephus’ Lebensbeschreibung geliefert hat. Man vergleiche:
L. 17: διακοσίους ἀναλαβὼν ἄνδρας δι' ὅλης τῆς νυκτὸς τὴν πορείαν ἐποιούμην. | AG. 23, 22 f.: ὁ μὲν οὖν χιλίαρχος . . . προακαλεσάμενός τινας δύο τῶν ἐκατονταρχῶν εἶπεν· ἑτοιμάσατε στρατιώτας διακοσίους ὅπως πορευθῶσιν ἕως Καισαρείας, καὶ ἱππεῖς ἑβδομήκοντα καὶ δεξιολάβους διακοσίους, ἀπὸ τρίτης ὥρας τῆς νυκτός. | |
Ebd. 24: Αἰβούτιος δὲ ὁ δεκάδαρχος . . . νυκτὸς ἀναλαβὼν τοὺς ἑκατὸν ἱππεῖς, οὓς εἶχεν σὺν αὐτῷ, καί τινας πεζοὺς περὶ διακοσίους, καὶ τοὶς ἐν Γάβα πόλει κατοικοῦντας ἐπαγόμενος συμμάχους, νυκτὸς ὁδεύσας ἧκεν εἰς τὴν κώμην, ἐν ᾗ διέτριβον. | V. 31: Οἱ μὲν οὖν στρατιῶται κατὰ τὸ διατεταγμένον αὐτοῖς ἀναλαβόντες τὸν Παῦλον ἤγαγον διὰ νυκτὸς εἰς τὴν Ἀντιπατρίδα. |
Wie der apostelgeschichtliche Bericht mit diesen beiden Stellen des Josephus darin zusammentrifft, dass in ihm gleichfalls von 200 einen Nachtmarsch unternehmenden Soldaten die Rede ist, so hat er mit der zweiten noch den Berührungspunkt gemein, dass neben der genannten Anzahl von Fussgängern eine kleinere von Reitern und ausserdem eine diesen beiden den Kern des römischen Heeres ausmachenden Truppengattungen nicht gleichstehende dritte erscheint. Den Sprachgebrauch des Josephus erkennen wir in dem innerhalb des N. T.s nur hier, bei den Siebzig gar nicht vorkommenden Verbum ἀναδιδόναι (V. 33), welches bei ihm gleichfalls die Uebergabe eines Schreibens an eine höhere Stelle bezeichnet (A. XVI, 10, 9: τοῖς γὰρ περὶ τὸν Ὄλυμπον καὶ Οὐολόμνιον εὐμενῆ Καίσαρα πυνθανομένοις εὐθὺς ἔδοξεν ἐξ ἐντολῆς Ἡρώδου τὰ περὶ τῶν παίδων γράμματα καὶ τοὺς ἐλέγχους ἀναδιδόναι). Ueber die Auslassung von Felix’ Geschlechtsnamen (V. 24. 26) s. zu Lc. 3, 1-18 (S. 89 f.), über den Brief des Tribuns (V. 26-30) zu AG. 15, 6-29 (S. 217 f.).
24, 1-26. Dieser Abschnitt beginnt mit einer genauen Zeitbestimmung, nach deren Veranlassung wir um so mehr zu fragen berechtigt sind, als die Apostelgeschichte anderwärts, wo sie einen Zeitraum nach Tagen bemisst, sich gewöhnlich mit einer allgemeinen Angabe begnügt[376], bisweilen auch eine der bedeutsamen Zahlen nennt, mit welcher die Fünf nicht auf gleicher Stufe steht.[377] Wenn wir uns bei Josephus nach einer Antwort umsehen, so bietet sich uns Gelegenheit zu einer doppelten Wahrnehmung. Erstlich ist bei ihm so häufig von fünf Tagen oder einem fünften Tage die Rede, dass sich diese Zeitbestimmung mehr als jede andere dem Gedächtnisse seiner Leser einprägen musste. Wir geben hier für dieselbe eine Anzahl Belege:
A. XVIII, 6, 7: μνημονεύειν δέ, ὁπότε εἰσαῦθις τὸν ὄρνιν θεάσαιο τοῦτον, πέντε ἡμέραις σοι τὴν τελευτὴν ἐσομένην.
K. I, 33, 8: μετὰ δὲ τὴν ἀναίρεσιν τοῦ παιδὸς ἐπιβιοῦς πέντε ἡμέρας τελευτᾷ.
II, 7, 3: ταῦτα ἀκούσας Ἀρχέλαος μετὰ πέντε ἡμέρας ἐπὶ τὴν δίκην μετεκλήθη.
Ebd. 9, 2: Πιλάτου δ’ ἀρνουμένου περὶ τὴν ἱκεσίαν, πρηνεῖς καταπεσόντες ἐπὶ πέντε ἡμέρας καὶ νύκτας ἴσας ἀκίνητοι διεκαρτέρουν.
A. XII, 2, 11: οἱ μὲν γὰρ ὑπὸ τοιούτων αἰτιῶν ἀχθέντες διὰ πέμπτης ἡμέρας αὐτῷ προσῄεσαν.
K. II, 21, 7: διὰ κηρύκων ἀπειλήσας τῶν ἐντὸς ἡμέρας πέμπτης μὴ καταλιπόντων τὸν Ἰωάννην τάς τε οὐσίας διαρπάσειν καὶ τὰς οἰκίας ἅμα ταῖς γενεαῖς καταφλέξειν, τρισχιλίους μὲν ἀπέστησεν εὐθέως.[378]
Zweitens können wir beobachten, dass bei Josephus in chronologischen Angaben die Fünfzahl öfter in solchen Fällen eintritt, wo uns in den von ihm benutzten Quellen entweder gar keine oder doch eine andere Zeitbestimmung begegnet. So kann er sich nicht auf das A. T. berufen, wenn er in der fünften Nacht Abraham die Assyrer überfallen, am fünften Tage Josua die nordkanaanitischen Könige besiegen und fünf Jahre nach der Eroberung Palästinas ebendiesen die Stiftshütte in Silo aufstellen lässt[379], und er tritt zu seiner Quelle in offenen Widerspruch, indem er einen in derselben vorgefundenen dritten Tag mit dem fünften vertauscht.[380] Wenn sich nun zu derartigen Wahrnehmungen die weitere gesellt, dass im A. und N. T. die Fünf als Hälfte der Zehn (Mt. 25, 2. Lc. 19, 16 ff.) ebenso wie diese zur Bezeichnung einer unbestimmten kleineren Anzahl dient[381], so werden wir sie auch an den angeführten Stellen des Josephus nicht zu pressen versucht sein, sondern es viel wahrscheinlicher finden, dass jene bei ihm so oft wiederkehrende Angabe nur der ihm geläufig gewordene Ausdruck für einen kürzeren Zeitraum ist, den Lucas, vielleicht mit dem Bewusstsein von diesem Sachverhalte[382], sich angeeignet hat.
Durch die nunmehr folgende Verhandlung vor dem Procurator Felix sieht sich der mit Josephus vertraute Leser auf Schritt und Tritt an letzteren erinnert. Wenn die Gegner des Paulus einen berufsmässigen Sachwalter nach Cäsarea mitbringen, der in ihrem Auftrage die Anklage erhebt, so folgen sie dem Beispiele des seinem Bruder Archelaus den väterlichen Thron streitig machenden Herodes Antipas, welcher zu Rom in Begleitung eines orator forensis erscheint, von dessen Beredsamkeit er eine entschiedene und erfolgreiche Vertretung seiner Ansprüche erwartet.[383] Dass dieser Zug aus Josephus entlehnt sei, soll darum noch nicht behauptet werden, da der bei diesem nirgends vorkommende und überhaupt seltene (lateinische) Name Tertullus für seine Geschichtlichkeit spricht und der Verfasser unserer Schrift, auch von Josephus abgesehen, jedenfalls genügende Gelegenheit hatte, sich mit den im Bereiche des römischen Rechtes üblichen Bräuchen bekannt zu machen. Nicht ebenso können wir jedoch über die Rede urteilen, mit welcher der Genannte die Anklage gegen Paulus begründet. Wenn er im Eingange derselben der Verwaltung des Felix überschwengliches Lob spendet, so hat nach Krebs’ Vorgang (S. 253) Holtzmann (1873, S. 91) den äusseren Anlass zu dieser Verherrlichung eines durchaus nicht im Ruf altrömischer Tugenden stehenden Beamten in der nachdrücklichen Bekämpfung der Abenteurer und Räuber gefunden, welche Josephus von ihm berichtet (A. XX, 8, 4 ff.), und ihm stimmt der Verfasser von Supernatural Religion bei (Fortn. Rev. p. 505). Dass dieses Moment der Erzählung des Lucas auf Josephus ruhen könne, gibt auch Keim zu, nach dessen Ansicht der Redner des Synedriums die auch von Josephus nicht übersehenen “guten Seiten des Felixschen Regimentes” (zu welchen dieser Kritiker “die prompte Polizei im Lande, die Strafe der Uebeltäter, die Kreuze der Verbrecher [K. II, 13, 2], selbst ein menschliches Rühren gegenüber der Lage der Juden in Cäsarea [A. XX, 8, 7]” rechnet) “erlaubter Weise hervorgehoben hat” (S. 22 f.). Dagegen bemerkt Nösgen (1879, S. 528): “Selbst falls die Schönfärberei jener Worte nur eine freie Bearbeitung des griechisch-gebildeten Schriftstellers wäre, so gäbe dieselbe, behufs einer captatio benevolentiae dem Sachwalter einer zum mindesten ungewissen Sache in den Mund gelegt, noch immer keine Berechtigung, sie als das Geschichtsurteil des Verfassers der Apostelgeschichte aufzufassen.” Auch wir vermögen uns mit einer solchen Auffassung nicht zu befreunden, einmal, weil Lucas’ spätere Aussagen über Felix (V. 24 ff.) keineswegs die Annahme begünstigen, dass er ein vorteilhaftes Bild von demselben entwerfen wolle, und sodann, weil in Josephus’ Bericht über dessen Verwaltung das spärliche Licht von so dunklen Schatten überwogen wird, dass jeder Leser vor der Versuchung bewahrt bleiben musste, in diesem Manne das Muster eines römischen Statthalters zu erblicken. Wenn Lucas bei Josephus gelesen hatte, dass unter Felix’ Procuratur die Zerrüttung Judäas von Tag zu Tage zunahm (A. XX, 8, 5), dass er selbst durch gedungene Meuchelmörder den ihm unbequemen Hohenpriester Jonathan aus dem Wege räumte und infolgedessen das Räuberunwesen seinen Gipfel erreichte (ebd.), dass er in Cäsarea durch seine Soldaten eine grosse Anzahl Juden niederhauen und die Häuser reicher jüdischer Einwohner ausplündern liess (ebd. § 7), dass in Jerusalem die feindlichen Parteien, als ob es gar keine Obrigkeit mehr gebe, einander auf den Strassen mit Schmähungen und Steinwürfen verfolgten (ebd. § 8) und dass er endlich nach seiner Abberufung von den Vorstehern der Judenschaft Cäsareas bei dem Kaiser verklagt wurde und nur durch den Einfluss seines Bruders Pallas einer Verurteilung entging (ebd. § 9), so konnte es ihm für seine Person nicht zweifelhaft sein, dass Felix’ mässige Verdienste zu den Lobsprüchen, die er dem Tertullus in den Mund legte, in keinem Verhältnisse standen. Dagegen waren dieselben vollkommen an ihrer Stelle, wenn Lucas’ Absicht dahin ging, den Genannten seine Rede mit einer bei solchen Gelegenheiten üblichen captatio benevolentiae eröffnen zu lassen, denn pacator provinciae war zu jener Zeit der höchste Ehrentitel, auf den ein römischer Procurator Anspruch machen konnte.[384]
Wenn somit Josephus’ Bericht über Felix’ für die dem letzteren von Tertullus gespendete Anerkennung keine oder doch nur geringe Anhaltspunkte ergibt, so soll damit nicht jeder Einfluss des Josephus auf Lucas’ Darstellung geleugnet werden, um so weniger, als sich uns bereits wiederholte Gelegenheit zu der Wahrnehmung geboten hat, dass gerade die Redestücke der Apostelgeschichte von ausgibiger Benutzung des Genannten zeugen.[385] Vielmehr erinnern schon die Eingangsworte des Tertullus durch die πολλὴ εἰρήνη, als deren Urheber Felix erscheint, an das von Josephus dem zweiten Nachfolger desselben, Albinus, gespendete Lob: πᾶσαν εἰσηνέγκατο σπουδὴν καὶ πρόνοιαν ὑπὲρ τοῦ τὴν χώραν εἰρηνεύεσθαι (A. XX, 9, 2). Noch mehr Beachtung verdient eine von ihm mitgeteilte Rede, in welcher der zu Herodes dem Grossen in einem ähnlichen Verhältnisse wie Tertullus zu Ananias stehende Nikolaus von Damaskus vor dem römischen Gewalthaber Agrippa Namens der ionischen Juden über ihre griechischen Mitbürger Beschwerde führt (A. XVI, 2, 4). Hier erinnert zunächst die Anrede ὦ μέγιστε Ἀγρίππα an das κράτιστε Φῆλιξ des Tertullus. Wie jener den Procurator als Friedenstifter und Wohltäter des jüdischen Volkes preist, so hebt Nikolaus in mannichfachen Wendungen mit grossem Nachdruck das den Juden durch die römische Herrschaft zu teil gewordene Glück hervor:
τὴν εὐδαιμονίαν, ἣν νῦν τὸ σύμπαν τῶν ἀνθρώπων γένος δι’ ὑμᾶς ἔχει, τούτῳ μετροῦμεν τῷ ἐξεῖναι κατὰ χώραν ἑκάστοις τὰ οἰκεῖα τιμῶσιν αὔξειν καὶ διαζῆν.
ἔστι τις δῆμος ἢ πόλις ἢ κοινὸν ἔθνος ἀνθρώπων, οἷς οὐ μέγιστον ἀγαθῶν πέφυκε προστασία τῆς ὑμετέρας ἀρχῆς καὶ τὸ Ῥωμαϊκὸν κράτος; . . . εἰ γὰρ ἐκλογίσαιντο τὴν πάλαι βασιλείαν καὶ τὴν νῦν ἀρχήν, πολλῶν ὄντων ὅσα πρὸς εὐδαιμονίαν αὐτοῖς ἐπέδωκεν, ἔτι κατὰ πάντων ἀρκεῖ τὸ μηκέτι δούλους ἀλλ’ ἐλευθέρους φαίνεσθαι . . . δι’ ὑμᾶς γὰρ καὶ μετὰ πάντων εὐτυχοῦμεν.
σχεδὸν γὰρ οὐ μόνοις ἡμῖν ἀλλὰ πᾶσιν ἀνθρώποις τὰ μὲν ὄντα φυλάξαντες, μείζω δὲ τὼν ἐλπισθέντων προσθέντες εὐεργετεῖτε τῷ κρατεῖν, καὶ δύναιτ’ ἄν τις ἐπεξιὼν τὰς ἑκάστων εὐτυχίας, ἃς δι’ ὑμῶν ἔχουσιν, ἀπερίληπτον ποιῆσαι τὸν λόγον.
Endlich begegnet uns in Nikolaus’ Rede dreimal das von Tertullus gebrauchte Verbum τυγχάνειν in gleicher Bedeutung und Construction:
τυχόντες γὰρ πρότερον ὑμῶν οἵους ηὔξαντο πολλάκις . . .
καίτοι γε εἴτε μεγάλων ἠξιώθησαν, ἔπαινός ἐστιν τῶν τετυχηκότων ὅτι τοσούτων παρέσχον αὑτοὺς ἀξίους.
ἵνα μέντοι καὶ δικαίως ἁπάντων αὐτῶν τυγχάνοντας ἑαυτοὺς ἐπιδείξωμεν . . .
Die von Paulus an die Spitze seiner Verteidigungsrede gestellte Erklärung, dass er sich im Hinblick auf Felix’ langjährige richterliche Tätigkeit in Judäa um so getroster vor ihm verantworte, hat Holtzmann zu der Bemerkung veranlasst, dass der Verfasser der Apostelgeschichte die hier ausgesprochene Ansicht aus A. XX, 7, 1-8, 8. K. II, 12, 8 gewonnen haben werde, und auch Keim (S. 23) findet es möglich, dass die Angabe, Paulus habe “auf die lange Statthalterschaft des Felix (52-61) eine günstige Präsumtion für seinen Process gegründet”, auf Benutzung des Josephus ruhe. In der Tat ist Josephus’ ausführlicher Bericht über Felix’ Verwaltung ganz geeignet, bei dem Leser den Eindruck hervorzurufen, dass dieselbe sich über eine längere Reihe von Jahren erstreckt haben müsse. Noch mehr jedoch spricht zu Gunsten obiger Annahme der Umstand, dass die Apostelgeschichte von ihren eigenen Voraussetzungen aus nicht die geringste Ursache hatte, die lange Amtsdauer des genannten Procurators zu betonen. Erscheint doch bei Zusammenrechnung ihrer chronologischen Angaben selbst der Zeitraum, welcher zwischen der noch unter Pilatus (4, 27) erfolgten Stiftung der jerusalemischen Gemeinde und der Gerichtsverhandlung zu Cäsarea liegt[386], kaum umfänglich genug, um den Ausdruck πολλὰ ἔτη zu rechtfertigen, so dass der aufmerksame Leser geradezu überrascht sein muss, denselben zur Bezeichnung einer nur einen Bruchteil jenes Zeitraumes ausmachenden Anzahl von Jahren verwandt zu sehen.
Das weiterhin von Paulus abgelegte Bekenntnis bietet in Gedanken und Ausdruck Berührungen mit der schon erwähnten Rede des Nikolaus von Damaskus (A. XVI, 2, 4). Wie ersterer beteuert: ὁμολογῶ δὲ τοῦτό σοι, ὅτι ϰατὰ τὴν ὁδὸν ἣν λέγουσιν αἵϱεσιν οὕτως λατϱεύω τῷ πατϱῴῳ ϑεῷ, πιστεύων πᾶσιν τοῖς ϰατὰ τὸν νόμον ϰαὶ τοῖς ἐν τοῖς πϱοϕήταις γεγϱαμμένοις (V. 14), so weist Nikolaus darauf hin, dass die Griechen getreulich den überkommenen Religionsgebräuchen anhängen, und nimmt für seine Glaubensgenossen das gleiche Recht in Anspruch: εἰ δὲ τις αὐτοὺς ἔροιτο δύο τούτων θάτερον ἐθέλοιεν ἂν ἀφαιρεθῆναι, τὸ ζῆν ἢ τὰ πάτρια ἐθη τὰς πομπὰς τὰς θυσίας τὰς ἑορτάς, ἃς τοῖς νομιζομένοις προσάγουσι θεοῖς, εὖ οἶδ', ὅτι πάντα μᾶλλον ἃς αἱρήσονται παθεῖν ἢ καταλῦσαί τι τῶν πατρίων . . . τούτου μόνου μετέχειν ἠξιώσαμεν, ἀκωλύτως τὴν πάτριον εὐσέβειαν διαφυλάττειν.
Wenn Paulus ferner in seiner Rede bemerkt, dass die Urheber des jerusalemischen Volksaufstandes, falls sie gegründeten Anlass zu Klagen gegen ihn hätten, zu persönlichem Erscheinen vor Felix’ Richterstuhl verpflichtet gewesen seien, so erinnert dies an eine ähnliche Aeusserung der bei dem Statthalter Syriens, Ummidius Quadratus, über jüdische Feindseligkeiten Beschwerde führenden Vorsteher Samariens. Man vergleiche:
A. XX, 6, 2: Σαμαρέων δὲ οἱ πρῶτοι . . . κατηγόρουν τῶν Ἰουδαίων . . . καὶ περὶ μὲν ὧν αὐτοὶ πεπόνθασιν οὐχ οὕτως ἀγανακτεῖν ἔφασκον, ὡς ὅτι Ῥωμαίων καταφρονήσειαν, ἐφ’ οὓς κριτὰς ἐχρῆν αὐτοὺς εἴπερ ἠδίκουν παραγενέσθαι. | AG. 24, 18 f.: . . . τινὲς δὲ ἀπὸ τῆς Ἀσίας Ἰουδαῖοι, οὓς ἔδει ἐπὶ σοῦ παρεῖναι καὶ κατηγορεῖν, εἴ τι ἔχοιεν πρὸς ἐμέ. |
Wir können dieses Zusammentreffen um so weniger für zufällig halten, als auch die Schlusssätze beider Berichte unverkennbare sachliche und sprachliche Berührungen aufweisen:
A. a. a. O.: καὶ Κουαδρᾶτος ἀκούσας ὑπερτίθεται τὴν κρίσιν, εἰπὼν ἀποφανεῖσθαι ἐπειδὰν εἰς τὴν Ἰουδαίαν παραγενόμενος ἀκριβέστερον ἐπιγνᾷ τὴν ἀλήθειαν.[387] | AG. 24, 22: Ἀνεβάλετο δὲ αὐτοὺς ὁ Φῆλιξ, ἀκριβέστερον εἰδὼς τὰ περὶ τῆς ὁδοῦ, εἴπας· ὅταν Λυσίας ὁ χιλίαρχος καταβῇ, διαγνώσομαι τὰ καθ’ ὑμᾶς. |
Durch die hierauf von Felix über Paulus verhängte leichtere Haft (custodia liberior)[388] ist bereits Hausrath (IV, 243) an Josephus’ Erzählung von der römischen Gefangenschaft des Herodes Agrippa I. erinnert worden, dem nach Tiberius’ Tod auf Befehl des Caligula dieselbe Vergünstigung widerfuhr. Man vergleiche:
A. XVIII, 6, 10: τὸν Ἀγρίππαν ἐκέλευεν ἐκ τοῦ στρατοπέδου μεταστῆσαι εἰς τὴν οἰκίαν, ἐν ᾗ πρότερον ἢ δεθῆναι δίαιταν εἶχεν. τότε ἐν θάρσει λοιπὸν ἦγεν τὰ περὶ αὐτῆς· φυλακὴ μὲν γὰρ καὶ τήρησις ἦν, μετὰ μέντοι ἀνέσεως τῆς εἰς τὴν δίαιταν. | AG. 24, 23: διαταξάμενος τῷ ἑκατοντάρχῃ τηρεῖσθαι αὐτὸν ἔχειν τε ἄνεσιν καὶ μηδένα κωλύειν τῶν ἰδίων αὐτοῦ ὑπηρετεῖν αὐτῷ. |
Die schon durch die Aehnlichkeit beider Stellen empfohlene Annahme, dass Lucas auch in diesem Fall eine ihm von Josephus gebotene Vorlage benutzt habe, kann sich überdies darauf berufen, dass ersterer auch anderwärts Berichte des letzteren über Herodes Agrippa I. für die Geschichte des Paulus verwertet hat (s. zu 16, 18-40, S. 222 und 18, 18, S. 230 f.).
In dem bereits von Ott (S. 327 f.) und Krebs (S. 255 f.) aus Josephus erläuterten Abschnitte V. 24-27 erinnert zunächst Lucas’ Bekanntschaft mit der Ehe des Felix und der Drusilla an den jüdischen Geschichtschreiber, wie dies schon Holtzmann bemerkt hat, der nach Overbecks Vorgang (S. 414**) “in allem Uebrigen, was der Verfasser aus seiner Phantasie zum Bilde des römischen Procurators hinzugetan, den Felix des Josephus und Tacitus nicht mehr erkennt.” Dagegen finden Hausrath (IV, 242) und Keim (S. 22 f.) auch die Darstellung von Paulus’ Verkehr mit Felix durch Josephus beeinflusst und diese Ansicht kann sich darauf berufen, dass ein vollkommenes Verständnis des ganzen Abschnittes erst aus seinen Schriften zu gewinnen ist. Während wir nämlich aus der Apostelgeschichte über Drusilla lediglich erfahren, dass sie Felix’ Gattin und eine Jüdin war, weiss uns Josephus zu berichten, dass sie als jüngste Tochter des eben erwähnten Agrippa I. (A. XVIII, 5, 4. K. II, 11, 6) von ihrem Vater schon in früher Kindheit mit dem kommagenischen Königssohn Epiphanes verlobt (A. XIX, 9, 1), aber später, da dieser nicht zum Judentum übertreten wollte, von ihrem Bruder mit dem König Aziz von Emesa vermählt wurde (XX, 7, 1), dass sie jedoch bald nachher durch ihre ungewöhnliche Schönheit Felix’ Leidenschaft entflammte und, seinen Anträgen Gehör schenkend, ihren Gatten verliess, um dem römischen Statthalter die Hand zu reichen, welchem sie einen Sohn gebar (ebd. § 2). Diese Mitteilungen des Josephus geben eine völlig ausreichende Antwort auf die Frage, warum Felix über eine von der Pflicht der Keuschheit handelnde und die Verletzung derselben mit den Strafen des künftigen Gerichtes bedrohende Rede in Bestürzung geriet, ein Zug, für den wir uns in der Apostelgeschichte vergeblich nach einer Begründung umsehen. Ebenso empfängt die durch ihre bisherige Darstellung in keiner Weise vorbereitete, ja nach den Aeusserungen des Tertullus und Paulus geradezu überraschende Andeutung, dass ihm eine Hinweisung auf die bei den Römern in so hohem Ansehen stehende Tugend der Gerechtigkeit peinlich gewesen sei, ihr volles Licht erst durch die uns aus Josephus bekannten, schon oben erwähnten Tatsachen der Ermordung des Hohenpriesters Jonathan, der grausamen Behandlung der Juden von Cäsarea, insbesondere der Plünderung jüdischer Häuser, nicht minder auch durch die wegen seiner Willkürherrschaft bei dem Kaiser gegen ihn erhobene Anklage, die jedenfalls unterblieben wäre, wenn seine Verwaltung nicht das den Bewohnern Judäas schon von seinen Vorgängern her gewohnte Mass römischer Rücksichtslosigkeit überschritten hätte. Ebensowenig fehlt es dem Felix bei Josephus an einem Bussprediger, dessen strafende Worte gleich denen des Paulus auf unfruchtbaren Boden fallen, ohne einen andern Erfolg zu erzielen, als dass der Landpfleger des unbequemen Mahners überdrüssig wird und auf einen Vorwand sinnt, sich seiner zu entledigen, ganz wie er den Apostel mit der kühlen Zusage verabschiedet, ihn wieder rufen zu lassen, sobald er gelegnere Zeit finden werde (A. XX, 8, 5: ἔχων δὲ καὶ ἀπεχθῶς πρὸς τὸν ἀρχιερέα τὸν Ἰωνάθην ὁ Φῆλιξ διὰ τὸ πολλάκις ὑπ’ αὐτοῦ νουτεθεῖσθαι περὶ κρειττόνως προΐστασθαι τῶν κατὰ τὴν Ἰουδαίαν πραγμάτων, μὴ καὶ μέμψιν αὐτὸς ὀφλοίη παρὰ τοῖς πλήθεσιν αἰτησάμενος ἐκεῖνον παρὰ τοῦ Καίσαρος πεμφθῆναι τῆς Ἰουδαίας ἐπίτροπον, πρόφασιν ἐπενόει δι’ ἧς μεταστήσεται αὐτὸν συνεχῶς ὀχληρὸν αὐτῳ γινόμενον· βαρὺ γὰρ τοῖς ἀδικεῖν θέλουσιν τὸ συνεχῶς νουθετοῦν).[389]
So empfangen mehrere Einzelzüge des apostelgeschichtlichen Berichtes über Felix ihr volles Licht erst durch Tatsachen, die uns allein aus Josephus bekannt sind. Dass Lucas zur Verwertung derselben nicht lediglich durch das ihn in andern Fällen ausschliesslich leitende Bestreben, seiner Darstellung Leben und Anschaulichkeit zu verleihen, bestimmt worden ist, dürfte nach unsern früheren Ausführungen (S. 180 ff.) kaum einem ernstlichen Zweifel unterliegen. Gegenüber den judenchristlichen Lügen und Verleumdungen, die über Paulus’ persönlichen Verkehr mit dem Procurator im Schwange gingen, konnte es ihm nur willkommen soin, wenigstens über den letzteren bei Josephus reine geschichtliche Wahrheit zu finden, weil er sich dadurch in Stand gesetzt sah, ein der Wirklichkeit im Ganzen und Grossen entsprechendes Bild desselben zu zeichnen und damit zugleich bei dem Leser für die Zuverlässigkeit seiner Mitteilungen über Felix’ Beziehungen zu dem Apostel ein günstiges Vorurteil zu erwecken.
Anders verhält es sich mit einer weiteren Angabe der Apostelgeschichte, der zufolge bei dem Genannten mit der Ungerechtigkeit Habgier Hand in Hand gegangen ist, indem die Hoffnung, dass Paulus seine Freiheit für Geld erkaufen werde, ihn zur Verhängung einer zweijährigen Haft über den Apostel veranlasst haben soll. Eine derartige Erwartung muss angesichts der Mittellosigkeit des Gefangenen auffallen, daher die Kritik jene Nachricht mindestens mit Misstrauen betrachtet.[390] Wenn Keim “die Aspiration auf Geld, von den Beispielen unter M. Aurel und Severus ganz abgesehen, gegenüber einem Collectenträger in solchen Dimensionen begreiflich findet” (S. 24), so berechtigt die Voraussetzung, dass Felix von den durch Paulus nach Jerusalem überbrachten Liebesgaben der Heidenchristen Kenntnis besass, zu ebenso erheblichen Zweifeln[391] wie die Annahme, dass die Apostelgeschichte die Sache in dieser Weise aufgefasst wissen wolle, da sie der dem Apostel so sehr am Herzen liegenden Collecte auffällig geringe Beachtung schenkt und zwischen ἐλεημοσύναις, ihrer Bezeichnung derselben (24, 17), und χϱήμασιν ein beträchtlicher Abstand ist. Somit kann die Vermutung nicht abgewiesen werden, dass obige Angabe lediglich die zweijährige Dauer von Paulus’ Haft zu erklären bezweckt[392], und es entsteht die Frage, ob der mit derselben dem Felix beigemessene Beweggrund dem Lucas durch das von Josephus entworfene Charakterbild dieses Beamten an die Hand gegeben sei. Hausrath und Keim nehmen dies an, indessen findet die Behauptung des ersteren, dass Josephus dem Felix Geldgier zum Vorwurf mache (IV, 242), in der einzigen von ihm beigebrachten Belegstelle (A. XX, 8, 9), wo ihm nur ganz allgemein ἀδιϰήματα gegen die Juden schuld gegeben werden, keine Stütze und die Bemerkungen des letzteren, dass der genannte Schriftsteller “Bestechungskünste für den Procurator selbst bei dem auch in der Apostelgeschichte eingeführten Hohepriester Ananja vorausgesetzt (XX, 9, 2) und ebenso von activen Bestechungskünsten des Felix bei Räuberhauptleuten gewusst (XX, 8, 5[393])” habe (S. 23), sind um nichts beweiskräftiger, da der an der einen Stelle in Betracht kommende Procurator nicht Felix, sondern Albinus ist und an der zweiten Felix durch sein Versprechen, πολλὰ χϱήματα δώσειν, hinreichend gegen den Verdacht der Geldgier gesichert erscheint. Vielmehr berechtigt seine Handlungsweise in diesem Falle wie bei dem Aufstand in Cäsarea, wo er seinen Soldaten die Häuser reicher Juden zur Plünderung überlässt, ohne sich selbst einen Anteil an der Beute vorzubehalten, weit eher zu dem Schlusse, dass er sich den Grundsatz: quaerenda pecunia prima est! nicht in gleichem Masse wie seine meisten Amtsgenossen damaliger Zeit zu eigen gemacht hatte.
Wenn somit Geldgier als ein Charakterzug des Felix nicht durch Josephus’ Zeugnis belegt werden kann, so meinen wir trotzdem, dass die in Rede stehende Angabe des Lucas seiner Bekanntschaft mit diesem Schriftsteller ihren Ursprung verdanke. Mit Recht bemerkt Overbeck (S. 422, vgl. BL II, 264), “dass an sich selbst die dem Felix V. 26. 27 untergelegten Motive durchaus dem sonst bekannten Verhalten dieser römischen Statthalter in Judäa entsprechen und insofern aus dem Leben gegriffen” seien, wofür er sich auf “das von Albinus bei Josephus A. XX, 9, 5 Erzählte” beruft: Ὡς δ’ ἤϰουσεν Ἀλβῖνος διάδοχον αὐτῷ Γέσσιον Φλῶϱον ἀϕιϰνεῖσϑαι, βουλόμενος δοϰεῖν τι τοῖς Ἱεϱοσολυμίταις παϱεσχῆσδαι πϱοαγαγὼν τοὺς δεσμώτας, ὅσοι ἦσαν αὐτῶν πϱοδήλως ϑανεῖν ἄξιοι, τούτους πϱοσέταξεν ἀναιϱεϑῆναι, τοὺς δ’ ἐϰ μιϰϱᾶς ϰαὶ τῆς τυχούσης αἰτίας εἰς τὴν εἱϱϰτὴν ϰατατεϑέντας χϱήματα λαμβάνων αὐτὸς ἀπέλυεν.[394] Diese Stelle fällt als Parallele zu AG. 24, 26 doppelt ins Gewicht, nicht nur, weil sie dem von Albinus handelnden Abschnitte der “Altertümer” angehört, dessen Benutzung wir schon für die Rede des Tertullus wahrscheinlich fanden (S. 261), sondern vornehmlich deshalb, weil hier gleichfalls die beiden Beweggründe, aus denen die Apostelgeschichte das Verhalten des Felix gegen Paulus ableitet, in enger Verbindung erscheinen, indem sich auch bei Albinus zu der Habgier, vermöge deren er Gefangene um Geld freigibt, das Bestreben gesellt, seiner sich ihrem Abschlusse zuneigenden Amtstätigkeit bei dem jüdischen Volk ein möglichst gutes Andenken zu sichern.
Wenn wir nunmehr das Gebiet der sprachlichen Berührungen zwischen Josephus und dem in Rede stehenden Abschnitte der Apostelgeschichte betreten, so ergibt sich zunächst, dass dieser letztere nicht weniger als 19 innerhalb des N.T.s nur bei Lucas nachweisbare Wörter enthält. Zehn derselben (ἀκριβής, **ἀναβάλλεσθαι, διαγινώσκειν, κράτιστος, μετακαλεῖν, μεταπέμπεσθαι, ὁμιλεῖν, πατρῷος, **συνεπιτίθεσθαι, **συντόμως) hat er mit den Siebzig und Josephus, eins (**πρωτοστάτης) nur mit jenen, vier (ἀποδέχεσθαι, **ἀσκεῖν, **εὐθύμως, **ῥήτωρ) nur mit diesem gemein, so dass die letztere Anzahl noch für ihn ausschliesslich übrig bleibt (διετία, **διόρθωμα, **πάντη, ὑπηρετεῖν). Den bei den Siebzig nicht vorkommenden Ausdruck ὁ πατρῷος θεὸς konnte Lucas wörtlich aus Josephus entnehmen, vgl. A. II, 13, 1: συμμάχῳ τῷ πατρῴῳ θεῷ χρησάμενον, IX, 12, 3: πάντας ἐώκει μᾶλλον τιμήσων ἤ τὸν πατρῷον καὶ ἀληθινὸν θεόν (der Plural XVIII, 6, 7. 9, 3), wie ihm auch die 28, 30 wiederkehrende Form διετία durch die diesem Schriftsteller geläufigen Bildungen τριετία (A. XIX, 8, 2), πενταετία (II, 6, 9), ἑξαετία XVI, 1, 1), ἑπταετία (I, 19, 6. X, 10, 6. K. I, 2, 4) und εἰκοσαετία (A. VIII, 5, 3) und nicht minder διόρθωμα durch das von ebendemselben häufig gebrauchte διόρθωσις (A. II, 4, 4. XIX, 6, 4. K. I, 20, 1. 24, 4. Ap. II, 20 ö.) und διορθοῦν (A. II, 4, 3. X, 4, 1. XII, 2, 13. K. I, 32, 7 ö.) nahe gelegt war.[395] Ausserdem finden wir in unserem Abschnitt eine Reihe Ausdrücke in einer Bedeutung gebraucht, die sich bei keinem andern Schriftsteller des N. T.s, wohl aber bei Josephus nachweisen lässt. Neben den schon früher (S. 161 f. 250) von uns besprochenen Wörtern αἵρεσις und κινεῖν gehören hieher ἄνεσις (s. S. 263 f.), ἐμφανίζειν denuntiare (vgl. A. X, 9, 3: ὁ δ’ ἀπιστεῖν αὐτοῖς ὡμολόγει κατ’ ἀνδρὸς εὖ πεπονθότος ἐπιβουλὴν τοιαύτην ἐμφανίσασιν, ebenso XIV, 10, 8. 22. 12, 4), παριστάναι beweisen (in juristischem Sinne), vgl. A. XII, 5, 5: ἐπεὶ οὖν συμβουλευομένοις ἡμῖν μετὰ τῶν φίλων παρέστησαν οἱ πεμφθέντες ὑπ’ αὐτῶν, ὅτι μηδὲν τοῖς τῶν Ἰουδαίων ἐγκλήμασι προσήκουσιν . . . Den innerhalb des N.T.s nur von der Apostelgeschichte, von dieser aber viermal (18, 26. 23, 15. 20. 24, 22) adverbial gebrauchten Comparativ ἀκριβέστερον setzt auch Josephus gern zu Verbis des Erkennens, vgl. ausser der oben (S. 263) angeführten Stelle noch A. I, 19, 3. VIII, 15, 4 (ἀκρ. μανθάνειν). L. 2 (ἀκρ. γινώσκειν). Ebenso wie Lucas verbindet dieser μεταλαμβάνειν mit dem Accusativ eines Abstractums: A. VI, 12, 7: μεταλαμβάνουσι τόλμαν ἀπόνοιαν ϰαταϕϱόνησιν ἀνϑϱωπίνων τε ϰαὶ ϑείων. XX, 7, 1: μὴ βουληϑεὶς τὰ Ἰουδαίων ἔϑη μεταλαβεῖν. Der Ausdruck πολλὴ εἰϱήνη findet sich bei ihm A. VIII 2, 1: διεῖπε τὰ πϱάγματα λοιπὸν ἐπὶ πολλῆς εἰϱήνης.
[376] ἡμέραι ἱκαναί 9, 23. 43. 18, 18, πλείονες 21, 10. 25, 14, πολλαί 16, 18, οὐ πολλαί 1, 5, τινές 9, 19. 10, 48. 15, 36. 24, 24. 25, 13.
[377] Drei Tage 25, 1, zwölf Tage 24, 11, vierzig Tage 1, 3. Eine (wohl nach dem S. 258 über die Zehnzahl Bemerkten zu erklärende) Ausnahme findet sich nur 25, 6, da 20, 6 als dem Reisebericht angehörig hier nicht in Betracht kommt. Aus demselben Grunde verzichten wir auf die Stellen: 16, 12. 21, 4. 27, 20. 27 (33). 28, 7. 12. 14.
[378] Fünf Tage noch: A. XV, 5, 5. XIX, 8, 2. K. I, 19, 6. Der fünfte Tag noch: A. V, 1, 18. 2, 8. XIII, 4, 8. XVII, 8, 1. 13, 3. K. III, 7, 3. 6. V, 8, 1. 9, 2. VI, 6, 1. L. 11.
[379] A. I, 10, 1 (= Gen. 14, 15). V, 1, 18 (= Jos. 11, 7 f.). 19 (= ebd. 18, 1).
[380] A. XIII, 4, 8 (= 1 Makk. 11, 18).
[381] Gen. 18, 28. 47, 2. Lev. 26, 8. Num. 11, 19. Richt. 18, 2. 1 Sam. 17, 40. 21, 4. 2 Kön. 7, 13. Jes. 17, 6. 19, 18 (s. Knobel zu d. St.). 30, 17. Mt. 14, 17 (Mc. 6, 38). 25, 2. Lc. 12, 6. 14, 19. 19, 18 f. 1 Kor. 14, 19. Offenb. 9, 5.—Die Zehnzahl findet sich besonders bei Zeitbestimmungen (zehn Tage: Gen. 24, 55. Num. 11, 19. 1 Sam. 25, 38. Jer. 42, 7. Dan. 1, 12 ff. Offenb. 2, 10).
[382] Hierfür spricht mindestens das verhältnismässig häufige Vorkommen der Fünfzahl in seinen Schriften (Lc. 1, 24. 9, 13 (16). 12, 6 [wo aus den zwei Sperlingen Mt. 10, 29 fünf geworden sind]. 52. 14, 19. 16, 28. 19, 18 f. AG. 4, 4. 19, 19. 20, 6).
[383] A. XVII, 9, 4: μάλιστα δὲ αὐτὸν ἐνῆγεν ἐπ’ ἀντιποίησει τῆς βασιλείας φϱονεῖν Εἰϱηναῖος ῥήτωϱ ἀνὴϱ ϰαὶ δόξῃ δεινότητος τῆς πεϱὶ αὐτῷ τὴν βασιλείαν πεπιστευμένος. K. II, 2, 3: πλεῖστον μέντοι πεποίϑει διὰ δεινότητα λόγων Εἰϱηναίῳ τῷ ῥήτοϱι. Eine ähnliche Rolle spielen bei Josephus noch Andronikus, welcher in einer Verhandlung vor dem König Ptolemäus Philometor die Sache der alexandrinischen Juden gegenüber den Samaritern siegreich verficht (A. XIII, 3, 4), Sabbäus und Theodosius, welche diese letzteren vertreten (ebd.), vor Allem aber Nikolaus von Damaskus, der nicht nur in Herodes’ des Grossen und Archelaus’ persönlichen Angelegenheiten, sondern auch im Dienst allgemein jüdischer Interessen vor römischen Richterstühlen eine eifrige und meistens auch erfolgreiche Tätigkeit als συνήγοϱος entfaltet (A. XII, 3, 2. XVI, 2, 3 f. 10, 8. 11, 3. XVII, 5, 4 f. 9, 6. 11, 3. K. I, 32, 3. II, 2, 6. 6, 2).
[384] Vgl. die von Wetstein zu AG. 24, 3 angeführten Stellen.
[385] S. zu 7, 2-53 (S. 177). 17, 16-34 (S. 223 ff.). 20, 17-38 (S. 238 f.).
[386] nämlich 1 Jahr (11, 26) + 1 Jahr 6 Monate (18, 11) + 3 Monate (20, 3) + 3 Jahre (V. 31 [3 Monate 19, 8 + 2 Jahre V. 10 + χϱόνος V. 22]) = 5¾ Jahre, wozu noch eine Anzahl in Summe etwas mehr als einen Monat ausmachender Tage (20, 6. 15. 21, 1. 4. 7 f. 24, 11) und die unbestimmbaren, aber doch wohl nicht nach Jahren zu bemessenden Zeitabschnitte kommen, welche durch χϱόνος (15, 33), χϱόνος τις (18, 23), ἱϰανὸς χϱόνος (14, 3), χϱόνος οὐϰ ὀλίγος (V. 28), ἡμέϱαι ἱϰαναί (9, 23. 43. 18, 18), ἡμέϱαι πλείονες (21, 10), πολλαὶ ἡμέϱαι (16, 18) und ἡμέϱαι τινές (9, 19. 10, 48. 15, 36. 16, 12) bezeichnet sind. Diese Angaben führen nicht auf einen Zeitraum, welcher mindestens 20 Jahre beträgt, da Pilatus im Jahre 36 sein Amt niederlegen musste, die erwähnte Gerichtsverhandlung aber nach AG. 24, 27 zwei Jahre vor der frühestens 58, spätestens 61, wahrscheinlich aber 60 erfolgten Abberufung des Felix stattfand (s. Schürer I, 485).
[387] Vgl. K. II, 12, 6: Κουαδρᾶτος δὲ τότε μὲν ἑκατέρους ὑπερτίθεται, φήσας, ἐπειδὰν εἰς τοὺς τόπους παραγένηται, διερευνήσειν ἕκαστα, eine Stelle, die deshalb Beachtung verdient, weil hier ὑπερτίθεσθαι ebenso wie bei Lucas αναβάλλεσθαι ein persönliches Object regiert.
[388] welche nicht gleichbedeutend ist mit custodia libera, da nach 24, 27 Paulus in Fesseln blieb.
[389] Treffend bemerkt Keim, dass diese Erklärung von Felix’ Hass gegen Jonathan in der Predigtvertagung (der Apostelgeschichte) geradezu nachgeahmt erscheine (S. 23). Dagegen können wir ihm nicht beistimmen, wenn er u. a. einen Beweis für die Ungerechtigkeit dieses Landpflegers in den von Josephus K. II, 13, 2 erwähnten “Kreuzen ohne Zahl” findet (ebd.), um so weniger, als er kurz vorher (S. 22) unter Berufung auf dieselbe Stelle “die Kreuze der Verbrecher” als ein Zeugnis für die von Josephus keineswegs übersehenen guten Seiten des Felixschen Regimentes geltend gemacht hat.
[390] S. Overbeck S. 422 f.
[391] Die Auskunft, dass Felix diese Kenntnis durch Paulus’ eigene Mitteilung (24, 17) erhalten habe, verbietet sich für Kritiker wie Keim von selbst, da sie zur Annahme einer genauen Wiedergabe der Verteidigungsrede des Apostels nötigen würde.
[392] S. Overbeck S. 423.
[393] So ist offenbar statt XX, 8, 6 zu lesen, wodurch sich die von Nösgen (1879, S. 5281) gerügte “Unverständlichkeit” dieser Bemerkung Keims erledigt.
[394] Vgl. die bereits von Ott (S. 327) angeführte Stelle K. II, 14, 1, wo dasselbe berichtet wird.
[395] Die auf μα ausgehenden Substantiva deverbalia sind bei Lucas überhaupt beliebt. Wir nennen von solchen noch: ἀδίκημα (AG. 18, 14. 24, 20), *αἰτίωμα 25, 7), *ἔγκλημα (23, 29. 25, 16), *ζήτημα (15, 2. 18, 15. 23, 29. 25, 19. 26, 3), κατάλυμα (Lc. 2, 7. 22, 11), *οἴκημα (12, 7), *ῥᾳδιούργημα (18, 14), *στέμμα (14, 13).
24, 27-26, 32. In noch höherem Grade als der vorhergehende fordert dieser Abschnitt zu einer Vergleichung mit Josephus auf, da er uns mit nicht weniger als drei Personen bekannt macht, welchen wir bei dem jüdischen Geschichtschreiber wieder begegnen. Der an erster Stelle erscheinende Procurator Porcius Festus muss uns schon als Nachfolger des Felix die Frage nahe legen, ob das in der Apostelgeschichte von ihm entworfene Bild nicht ebenfalls durch Josephus’ Darstellung beeinflusst sei. In bejahendem Sinne wird diese Frage von Hausrath beantwortet, welcher es als “Reminiscenz aus Josephus” betrachtet, “dass der Name des Festus bei Lucas einen guten Klang hat” (IV, 242). Dass dieser römische Procurator “zu den Zügen des Josephus stimmt”, ist auch die Ansicht Keims (S. 24). “Wie er in der Apostelgeschichte als ein für Recht und Gerechtigkeit besorgter, daher den Gesetzeskenner Agrippa befragender, gegen Paulus wie andererseits gegen die Juden billiger, zugleich mit König Agrippa und seiner Schwester Bernike befreundeter Mann erscheint (25, 4. 6. 9. 12 ff. 26, 1-32), so gilt er dem Josephus als strenger Bekämpfer der Sicarier, als Verbündeter des Königs im Trotz gegen den Uebermut der Hierarchie, aber doch auch als Genehmiger einer jüdischen Gesandtschaft an Kaiser Nero in der gegebenen Streitfrage (XX, 8, 10 ff.).”
Wir können zunächst nicht umhin, gegen Hausraths Voraussetzung, dass bei Josephus der Name Festus einen guten Klang habe, Einspruch zu erheben, da der jüdische Geschichtschreiber diesem Procurator lediglich wegen seiner Unterdrückung des Räuberunwesens eine kärglich bemessene Anerkennung spendet (K. II, 14, 1), während im Uebrigen dessen Verdienst darauf beschränkt erscheint, dass er den Juden nicht in gleichem Masse wie sein Vorgänger und Nachfolger Anlass zur Unzufriedenheit gab, ein Verdienst, an dem wohl die kurze Dauer seiner Verwaltung den Hauptanteil hatte. Ebensowenig vermögen wir einzuräumen, dass es in der Absicht des Verfassers der Apostelgeschichte lag, auf Festus’ Charakter ein so günstiges Licht fallen zu lassen, wie man nach Hausraths und Keims Aeusserungen annehmen könnte. Wenn er Paulus’ beredte Kundgebung seiner innersten Ueberzeugung leichthin mit ein paar vornehm wegwerfenden Worten abtut (26, 24), so verrät er damit eine Gleichgiltigkeit und Unempfänglichkeit für religiöse Einwirkungen, die ihn tief nicht nur unter einen Cornelius und Sergius Paulus, sondern selbst noch unter einen Felix stellt, in dessen Seele die Busspredigt des Apostels wenigstens einen Stachel zurücklässt (24, 25). Dagegen stimmen wir unbedenklich der Meinung Overbecks bei (BL II, 276), dass “es dem von der Apostelgeschichte berichteten Verhalten des Festus um so weniger an Wahrscheinlichkeit fehlt, je passiver es ist, je durchgängiger sich der Statthalter auf den Standpunkt mangelnder Einsicht in der ganzen Sache zurückzieht”. Ist dies aber richtig, dann sind wir befugt, über Keims Urteil: “Eine eigentliche Abhängigkeit des Lucas von Josephus ist hier nicht zu beweisen” (a. a. O.) noch hinauszugehen und eine solche in diesem Falle sogar für sehr unwahrscheinlich zu erklären.
Dies um so mehr, als es dem Verfasser der Apostelgeschichte mindestens über die letzte Zeit von Paulus’ Gefangenschaft zu Cäsarea an zuverlässigen Nachrichten nicht gefehlt haben kann. Unmittelbar nach unserm Abschnitte kommt bekanntlich der in erster Person redende Augenzeuge wieder zu Wort. Niemand wird es glaublich finden, dass dieser die Beschreibung der letzten von ihm in Paulus’ Gesellschaft unternommenen Reise mit ὡς δὲ ἐϰϱίϑη τοῦ ἀποπλεῖν ἡμᾶς ϰτλ. (27, 1) begonnen haben werde. Wenn er aber, wie einzig wahrscheinlich, diesen Worten eine erläuternde Bemerkung über Urheber und Veranlassung des Beschlusses, den Apostel nach Rom überzuführen, vorausgeschickt hat, so war für ihn die Erwähnung des Festus und seiner Beziehungen zu Paulus gar nicht zu umgehen und die Annahme, dass seine Aufzeichnungen dem Verfasser der Apostelgeschichte die wesentlichen Züge zu dem Charakterbilde jenes römischen Beamten dargeboten haben, liegt unter diesen Umständen nahe genug.
Wenn wir demnach für den apostelgeschichtlichen Bericht über Festus’ Verhalten gegen Paulus die volle Unabhängigkeit von Josephus in Anspruch nehmen, so soll damit keineswegs für alle übrigen jenen Procurator betreffenden Angaben unserer Schrift das Gleiche behauptet werden. Vielmehr glauben wir schon im Eingang unsers Abschnittes deutliche Spuren der Benutzung des jüdischen Geschichtschreibers zu entdecken. Dass Lucas dem Josephus die Kenntnis von Festus’ nomen gentilicium verdanke und dem Beispiele dieses Gewährsmannes auch in der nur einmaligen Anführung dieses Namens folge, haben wir schon früher nachzuweisen gesucht (s. zu Lc. 3, 1-18, S. 89 f.). Wie ferner die Apostelgeschichte nur wenige Tage nach Felix’ Amtsantritt die Hohenpriester und Vornehmsten der Juden vor ihm als Kläger gegen Paulus erscheinen lässt, so setzt Josephus mit seinem Eintreffen eine von den Häuptern der Judenschaft in Cäsarea, wenn auch nicht vor seinem Richterstuhl, erhobene Anklage in engste zeitliche Verbindung. Dazu kommt eine Reihe sprachlicher Berührungen, welche der Annahme, dass Lucas hier eine ihm von Josephus gebotene Vorlage benutzt habe, als Stütze zu dienen geeignet sind. Man vergleiche:
A. XX, 8, 9: Πορκίου δὲ Φήστου διαδόχου Φήλικι πεμφθέντος ὑπὸ Νέρωνος οἱ πρωτεύοντες τῶν τὴν Καισάρειαν κατοικούντων Ἰουδαίων εἰς τὴν Ῥώμην ἀναβαίνουσιν Φήλικος κατηγοροῦντες, καὶ πάντως ἂν ἐδεδώκει τιμωρίαν τῶν εἰς Ἰουδαίους ἀδικημάτων, εἰ μὴ πολλὰ αὐτὸν ὁ Νέρων τἀδελφῷ Πάλλαντι παρακαλέσαντι συνεχώρησεν . . . καὶ τῶν ἐν Καισαρείᾳ δὲ οἱ πρῶτοι Σύρων Βήρυλλον . . . πείθουσι πολλοῖς χρί μασιν αἰτήσασθαι παρὰ τοῦ Νέρωνος αὐτοῖς ἐπιστολήν κτλ. | AG. 24, 27: Διετίας δὲ πληρωθείσης ἔλαβεν διάδοχον ὁ Φῆλιξ Πόρκιον Φῆστον . . . 25, 1 ff.: Φῆστος οὖν ἐπιβὰς τῇ ἐπαρχίᾳ[396] μετὰ τρεῖς ἡμέρας ἀνέβη εἰς Ἱεροσόλυμα ἀπὸ Καισαρείας, ἐνεφάνισάν τε αὐτῷ οἱ ἀρχιερεῖς καὶ οἱ πρῶτοι τῶν Ἰουδαίων κατὰ τοῦ Παύλου καὶ παρεκάλουν αὐτὸν αἰτούμενοι χάριν κατ’ αὐτοῦ. |
Es dürfte kaum einem ernstlichen Zweifel unterliegen, dass Lucas der obigen Stelle der “Altertümer”, wie er ihr den zweiten Namen des Festus verdankt, auch das im N. T. nicht weiter belegbare Wort διάδοχος entlehnt hat. Ebenso unbedenklich erblicken wir in der bald darauf (§ 11) bei Josephus zu lesenden Bezeichnung desselben Beamten als Φῆστος ὁ ἔπαρχος mit Holtzmann (1877, S. 540) die Veranlassung zu dem Ausdruck ἐπαρχία, der innerhalb des N. T.s nur in unserer Schrift (noch 23, 34), bei den Siebzig bloss an einer unsicheren Stelle (Est. 4, 11) vorkommt, während er dem jüdischen Geschichtschreiber sehr geläufig ist.[397] Wenn Nösgen (1879, S. 523 f.) gegen Holtzmann einwendet, dass der Evangelist in diesem Falle “doch Josephus auf das genaueste studirt haben musste”, da “eine derartige Benetzung eines Schriftstellers doch nur bei einer so genauen Kenntnis des Josephus möglich” sei, “wie sie fast nur mit Hilfe von Scholienwerken und Concordanzen oder nur für den erreichbar ist, welcher einen Autor zu seiner Lieblingslectüre erwählt hat”, so erwidern wir hierauf: Erstlich wird uns die Annahme, dass Lucas den Josephus zu seiner Lieblingslectüre erwählt und ihn dem entsprechend genau studirt habe, durch nichts verboten.[398] Zweitens aber ist dieselbe hier nicht einmal notwendig, da Lucas jedenfalls genug griechisch verstand, um den Verwaltungsbezirk eines ἔπαρχος mit dem richtigen Ausdrucke bezeichnen zu können, und, um zu wissen, dass Festus auf diesen Titel ein Anrecht hatte, weiter nichts als den von ihm handelnden Abschnitt der “Altertümer” gelesen zu haben brauchte.
Reichlicher als Festus ist in der Apostelgeschichte der König Agrippa II. mit Zügen ausgestattet, die sich aus Josephus belegen lassen. Wenn ihm Paulus bezeugt, dass er um jüdische Sitten und Streitfragen trefflich Bescheid wisse (26, 2 f.), und bei ihm eben sowohl Bekanntschaft mit den neuesten Vorgängen auf religiösem Gebiete wie festen Glauben an die Weissagungen der alttestamentlichen Propheten voraussetzt (V. 26 f.), so entspricht dies vollkommen dem von Josephus gezeichneten Charakterbilde dieses Fürsten. Eine Nötigung zur Erwerbung der von dem Apostel gerühmten Sachkenntnis lag für Agrippa schon in der Ehrenstellung, die er dem Kaiser Claudius verdankte, welcher ihm die Aufsicht über den Tempel und das Recht der Hohenpriesterwahl übertragen hatte (A. XX, 9, 7, vgl. 1, 3). Bereits in früher Jugend fand seine gesetzliche Frömmigkeit die Anerkennung dieses Kaisers, der ihn in einem Schreiben an eine jüdische Gesandtschaft εὐσεβέστατον nennt (ebd. § 2), und später betätigte er dieselbe dadurch, dass er seine Schwester Drusilla dem König Aziz von Emesa nur um den Preis eines förmlichen Uebertrittes zum Judentum zur Ehe gab (7, 1) und behufs der von Volk und Hohenpriestern beschlossenen Stützung und Erhöhung des Tempels mit grossen Kosten treffliches Bauholz vom Libanon herbeischaffen liess (K. V, 1, 5).
Agrippa erscheint ferner in der Apostelgeschichte als wohlmeinender Mann und zur Milde geneigter Richter, indem er nicht nur dem eine schwerere Verschuldung des Angeklagten verneinenden Urteile der übrigen Gerichtsbeisitzer zustimmt, sondern über dasselbe noch hinausgeht durch die Erklärung, dass Paulus bereits in Freiheit gesetzt sein könne, wenn er nicht Berufung an den Kaiser eingewendet hätte (26, 30 ff.). Auch dies entspricht vollkommen seinem von Josephus geschilderten Charakter. Als Vespasian im jüdischen Kriege das von den Römern abgefallene Tiberias belagerte, trat Agrippa bei ihm für diese Stadt mit so angelegentlicher Fürsprache ein, dass jener von Erstürmung derselben absah und ihre Unterwerfung annahm (L. 65). Von dem römischen Oberfeldherrn mit Hinrichtung des wegen Landfriedensbruches angeklagten Justus von Tiberias beauftragt, liess er sich durch seine Schwester Berenike bewegen, denselben zu längerem Gefängnisse zu begnadigen. Als er selbst diesen später zum Tode verurteilt hatte, schenkte er ihm auf Fürbitte der Genannten nochmals das Leben, ja er betraute ihn sogar mit dem Amt eines Geheimschreibers, und nachdem Justus sich in dieser Stellung neuer Vergehungen schuldig gemacht hatte, begnügte er sich damit, ihn aus seiner Nähe zu entfernen (ebd.).
Da somit alle einzelnen Züge in dem uns aus der Apostelgeschichte entgegentretenden Charakterbild Agrippas durch Josephus gedeckt sind, so dürfte die Annahme, dass der Verfasser ersterer Schrift seine Kenntnis von diesem Fürsten hauptsächlich dem jüdischen Geschichtschreiber verdankt, einen ziemlichen Grad von Wahrscheinlichkeit beanspruchen.
Wie uns an Felix’ Seite Drusilla begegnet ist (24, 24), so steht neben Agrippa Berenike, auch darin jener gleichend, dass sie ebensowenig mit einer Handlung oder Aeusserung in den Gang der Ereignisse eingreift. Während aber Lucas dem Namen der ersteren zwei weitere Angaben beifügt, welche den Leser ausreichend darüber unterrichten, warum sie in Felix’ Gesellschaft erscheint und Paulus’ Predigt hört, lässt er das Verhältnis der letzteren zu Agrippa völlig unbestimmt, so dass wir diese Lücke seiner Erzählung durch anderweitige Nachrichten auszufüllen genötigt sind. Solche finden wir am vollständigsten bei Josephus, aus dem wir über Berenikes Lebensgang bis zu dem durch Festus’ Amtsantritt bezeichneten Zeitpunkte Folgendes erfahren. Als älteste Tochter des Königs Agrippa I. und Schwester des jüngeren Agrippa und der Drusilla (A. XVIII, 5, 4. K. II, 11, 6) war sie zuerst mit Marcus, dem Sohne des Alabarchen Alexander (A. XIX, 5, 1), und nach dessen Tode mit ihrem Oheim Herodes von Chalkis verheiratet (ebd. K. II, 11, 5 f.). Als dieser gestorben, lebte sie mit ihrem Bruder, dem Claudius die Regierung von Chalkis übertrug (A. XX, 5, 2. K. II, 12, 1), längere Zeit zusammen und gab dadurch Anlass zu schlimmen Gerüchten, die sie bestimmten, sich zum dritten Mal und zwar mit dem König Polemon von Cilicien zu verehelichen (A. XX, 7, 3), den sie jedoch bald, angeblich ihrem Hange zur Ungebundenheit folgend, verliess, um zu Agrippa zurückzukehren, mit welchem sie, nachdem er von Claudius anstatt Chalkis die Tetrarchieen des Philippus und Lysanias erhalten (ebd. § 1. K. II, 12, 8), ihren Wohnsitz in Cäsarea Philippi nahm. Von hier ab begegnet uns ihr Name bei Josephus fast ausschliesslich in Verbindung mit demjenigen ihres Bruders, z.B.
K. II, 16, 3: Ἀγρίππᾳ δὲ τὸ μὲν χειροτονεῖν Φλώρου κατηγόρους ἐπίφθονον ἐδόκει, τὸ περιιδεῖν δὲ Ἰουδαίους εἰς πόλεμον ἐκριπισθέντας οὐδὲ αὐτῷ λυσιτελὲς κατεφαίνετο. προσκαλεσάμενος δὴ εἰς τὸν ξυστὸν τὸ πλῆθος καὶ παραστησάμενος ἐν περιόπτῳ τὴν ἀδελφὴν Βερενίκην ἐπὶ τῆς Ἀσαμωναίων οἰκίας . . . ἔλεξε τοιάδε. § 5: τοσαῦτα εἰπὼν ἐπεδάκρυσέ τε μετὰ τῆς αδελφῃς.
Ebd. 17, 1: τούτοις ὁ δῆμος ἐπείθετο καὶ μετὰ τοῦ βασιλέως τῆς τε Βερενίκης ἀναβάντες εἰς τὸ ἱερὸν κατήρξαντο τῆς τῶν στοῶν δομήσεως.
Ebd. 21, 3: καθ’ ὃν καιρὸν ἀπὸ Δαβαρίττων κώμης νεανίσκοι τινὲς τῶν ἐν τῷ Μεγάλῳ πεδίῳ καθεζομένων φυλάκων, ἐνεδρεύοντες Πτολεμαῖον τὸν Ἀγρίππᾳ καὶ Βερενίκης ἐπίτροπον, ἀφείλοντο πᾶσαν ὅσην ἦγεν ἀποσκευήν.
L. 11: πυρετοῦ δὴ κατασχόντος αὐτὸν ἐξαίφνης γράψας ἐπιστολὰς τοῖς παισὶν[399] Ἀγρίππᾳ καὶ Βερενίκῃ δίδωσιν τῶν ἐξελευθέρων τινὶ κομίζειν πρὸς Οὔαρον.
Ebd. 65: δεδώκεις ἂν δίκην Οὐεσπασιανοῦ κελεύσαντος, εἰ μὴ βασιλεὺς Ἀγρίππας λαβὼν ἐξουσίαν ἀποκτεῖναί σε, πολλὰ τῆς ἀδελφῆς Βερενίκης δεηθείσης οὐκ ἀνελὼν δεδεμένον ἐπὶ πολὺν χρόνον ἐφύλαξεν. Ebd.: ὁ δὲ βασιλεὺς Ἀγρίππας, ὁ τὴν ψυχήν σοι συγχωρήσας ὑπὸ Οὐεσπασιανοῦ θανεῖν κατακριθέντι, ὁ τοσούτοις δωρησάμενος χρήμασιν, τίνος ἔνεκεν ὕστερον δὶς μὲν ἔδησε, τοσαυτάκις δὲ φυγεῖν τὴν πατρίδα προσέταξεν, καὶ ἀποθανεῖν δὲ κελεύσας ἅπαξ τῇ ἀδελφῇ Βερενίκῃ πολλὰ δεηθείσῃ τὴν σὴν σωτηρίαν ἐχαρίσατο; (Angeredet ist Justus von Tiberias.)
Wenn der Verfasser der Apostelgeschichte mit diesen Stellen bekannt war, so begreift es sich leicht, wie sich in seiner Erinnerung mit den Namen Agrippa und Berenike die Vorstellung eines unzertrennlichen Geschwisterpaares verbinden und die Erwähnung des ersteren ihn sofort zur Beifügung des zweiten veranlassen konnte, ohne dass er daran dachte, seine im Josephus weniger bewanderten Leser durch ein Wort von dem Verwandtschaftsverhältnisse beider Personen zu unterrichten. Nicht minder spricht die Angabe, dass Agrippa und Berenike zur Begrüssung des neuen Procurators nach dessen Aufenthaltsort gekommen seien, für Lucas’ Bekanntschaft mit Josephus, der von den Genannten berichtet, dass sie dem späteren Statthalter Cestius Gallus bei seinem Amtsantritte diese Aufmerksamkeit erwiesen (L. 11: ἦν δ’ οὗτος [sc. Οὔαρος] κατὰ τὸν καιρὸν ἐκεῖνον ὁ τὴν βασιλείαν διοικῶν καταστησάντων αὐτὸν τῶν βασιλέων· αὐτοὶ γὰρ εἰς Βηρυτὸν ἀφικνοῦντο ὑπαντῆσαι βουλόμενοι Κεστίῳ). Auch die Annahme, dass beide bei einer derartigen Gelegenheit sich mit dem höchsten Gepränge umgaben (25, 23), lag einem Schriftsteller nahe, welcher seine Kenntnis von Agrippa und Berenike aus Josephus geschöpft hatte und aus dessen Mitteilungen ihre glänzenden Vermögensumstände kannte. War doch nach dessen Aussage ihrem Vater, dem älteren Agrippa, infolge seiner Erhebung auf den Thron von Chalkis ein so bedeutender Reichtum zugeflossen, dass er den Bau einer neuen, grossartigen Stadtmauer in Jerusalem unternehmen konnte (K. II, 11, 6). Dass Berenike bei dem Könige Polemon, als sie ihm ihre Hand anbot, geneigtes Gehör fand, dankte sie hauptsächlich den Schätzen, die sie von ihrem zweiten Gatten und ihrem Vater geerbt hatte (A. XX, 7, 3). Das Gepäck, welches während des jüdischen Krieges dem Verwalter des fürstlichen Paares geraubt wurde, enthielt ausser einer beträchtlichen Summe baren Geldes nicht wenige kostbare Kleider und viel Silber, insbesondere eine Menge silberner Trinkgeschirre, so dass zur Fortschaffung desselben vier Maulesel erforderlich waren (K. II, 21, 3. L. 26). Einem mit diesen Tatsachen bekannten Leser des Josephus konnte es keinen Augenblick zweifelhaft sein, dass ein in derartigen Verhältnissen lebendes Geschwisterpaar, wenn es der ehrenvollen Einladung eines römischen Procurators zur Teilnahme an einer unter seinem Vorsitz abzuhaltenden Gerichtsverhandlung Folge leistete, den reichsten Prunk entfaltet und sich in seinem Auftreten bei dieser Gelegenheit dasjenige der Königin von Saba, wie es Josephus schildert, wiederholt haben werde: ἧκεν εἰς Ἱεροσόλυμα μετὰ πολλῆς δόξης καὶ πλούτου παρασκευῆς (A. VIII, 6, 5).
Dass Berenike in der Apostelgeschichte als stumme Person und lediglich als Begleiterin ihres weit mehr im Vordergrunde der Erzählung stehenden Bruders erscheint, entspricht ganz der Rolle, die ihr bei Josephus zugewiesen ist. Durchgängig sehen wir sie bei diesem, wo sie zur Seite Agrippas auftritt, als Nebenperson behandelt, die höchstens mit ihrem Bruder Tränen vergiesst oder ihn für einen Verurteilten um Gnade bittet, ohne mit einer Tat oder mit einem Worte den Gang der grossen geschichtlichen Ereignisse zu beeinflussen.[400] Somit lag auch für einen Schriftsteller, der seine Bekanntschaft mit dieser Fürstin ausschliesslich oder doch vorwiegend den Schriften des Josephus verdankte, kein Grund vor, sie in anderer Weise als durch ihre blosse Anwesenheit an Festus’ Unterredung mit Agrippa und dem Verhöre des Paulus beteiligt sein zu lassen.[401]
Abgesehen von den Charakterzügen, mit denen dieses fürstliche Paar in der Apostelgeschichte ausgestattet ist, weist auch die Veranlassung, bei welcher wir dasselbe kennen lernen, auf Josephus hin. Eine Gerichtsverhandlung, von der wir in seinen “Altertümern” (XVII, 5, 3 ff.) lesen, hat mit der 25, 23-26, 32 geschilderten das gemein, dass sie unter dem Vorsitz eines höheren römischen Beamten und in Anwesenheit eines jüdischen Königs und seiner Schwester stattfindet. Bei derselben erscheint als Angeklagter ein Sohn Herodes’ d. Gr., Antipater, welchen sein Vater des Mordes seiner Brüder und der Verschwörung gegen ihn selbst bezichtigte, indem er die Entscheidung in die Hände des syrischen Proconsuls Quinctilius Varus legte. An Josephus’ Darstellung dieses Processes erinnert schon der Bericht über Paulus’ erstes Verhör vor Festus. Wie der Apostel in der Berufung an den Kaiser den einzigen Ausweg zu seiner Rettung erblickt (25, 10 f.), so empfängt der jüdische Königssohn von seinen Freunden den brieflichen Wink: μόνην ἂν καταφυγὴν αὐτῷ λείπεσθαι Καίσαρα (a. a. O. § 3). Ebenso stimmt mit Festus’ Schlusswort: Καίσαρα ἐπικέκλησαι, ἐπὶ Καίσαρα πορεύσῃ (V. 12) vollkommen Herodes’ Absicht überein: ὥρμησεν μὲν πέμπειν ἐπὶ Ῥώμης τὸν υἱὸν ὡς Καίσαρα λόγον ὑφέξοντα τῶν ἐπὶ τοῖςδε βουλεύμασιν (§ 8). Noch augenfälligere Berührungen mit Josephus bietet Lucas’ Bericht über die zweite Verhandlung vor Festus. Man vergleiche:
A. XVII, 5, 3: Τῇ δ’ ἑξῆς σύνήδρευεν μὲν Οὔαρός τε καὶ ὁ βασιλεύς, εἰσεκλήθησαν δὲ καὶ οἱ ἀμφοῖν φίλοι καὶ οἱ συγγενεῖς βασιλέως Σαλώμη τε ἡ ἀδελφή . . . Ἀντιπάτρου δὲ προσπεσόντος τῷ πατρὶ πρὸς τὰ γόνατα καὶ ἱκετεύοντος μὴ προδιεγνωσμένην καταστῆναι δίκην, ἀλλ’ ἀκροάσεως αὐτοῦ γενομένης παρὰ τῷ πατρὶ ἀκεραίως † μένειν δυναμένῳ, τοῦτον κελεύσας Ἡρώδης ἀπάγειν εἰς μέσον κτλ. | AG. 25, 23: Τῇ οὖν ἐπαύριον ἐλθόντος τοῦ Ἀγρίππα καὶ τῆς Βερνίκης μετὰ πολλῆς φαντασίας καὶ εἰσελθόντων εἰς τὸ ἀκροατήριον σύν τε χιλιάρχοις καὶ ἀνδράσιν τοῖς κατ’ ἐξοχὴν τῆς πόλεως καὶ κελεύσαντος τοῦ Φήστου ἤχθη ὁ Παῦλος. |
§ 7: τότε δὲ ἐξαναστὰς (sc. ὁ Οὔαρος) ἀπῄει τοῦ συνεδρίου. | 26, 30: Ἀνέστη τε ὁ βασιλεὺς καὶ ὁ ἡγεμὼν ἥ τε Βερνίκη καὶ οἱ συγκαθήμενοι αὐτοῖς καὶ ἀναχωρήσαντες ἐλάλουν κτλ. |
Die erste der beiden eben mitgeteilten apostelgeschichtlichen Stellen erinnert überdies an A. XIX, 6, 3: τοὺς μὲν παρὰ τὸ διάταγμα τοῦ Σεβαστοῦ τοιαῦτα τετολμηκότας, ἐφ’ ᾧ καὶ αὐτοὶ ἠγανάκτησαν οἱ δοκοῦντες αὐτῶν ἐξέχειν . . . ὑπὸ ἑκατοντάρχου Πρόκλου Οὐιτελλίου ἐκέλευσα ἐπ’ ἐμὲ ἀναχθῆναι, eine Parallele, die deshalb Beachtung verdient, weil in dem Schreiben, dem diese Worte entnommen sind, zweimal der Name Agrippa vorkommt[402] und der Befehlende gleichfalls ein höherer römischer Beamter ist.[403] Ausserdem begegnen wir in dem Abschnitte 24, 27-26, 32 noch manchen Einzelheiten, welche für die Bekanntschaft seines Verfassers mit Josephus Zeugnis ablegen. So zunächst die δυνατοί, die Festus nach Cäsarea vor seinen Richterstuhl bescheidet, um die von den Häuptern des jüdischen Volkes gegen Paulus erhobenen Beschuldigungen zu begründen (25, 5). Dieselben werden von Krebs (S. 259) als “homines potentes, qui auctoritate dignitateque caeteris omnibus praestant” und dem entsprechend von neueren Auslegern als die mit der erforderlichen Amtsgewalt Bekleideten erklärt, eine Bedeutung, in welcher Josephus jenes Wort häufig braucht, bei dem gleichfalls die δυνατοί öfter als Vertreter jüdischer Anklagen oder Beschwerden erscheinen.[404] Ob jedoch diese Definition den Begriff des Ausdruckes an unserer Stelle völlig erschöpfe, darf man deshalb bezweifeln, weil die von Festus angeredeten ἀρχιερεῖς καὶ οἱ πρῶτοι τῶν Ἰουδαίων (V. 2) schon als solche ausnahmslos δυνατοί im obigen Sinne sind, so dass dem Teile, welcher aus dieser Gesammtheit durch οἱ ἐν ὑμῖν δυνατοί herausgehoben wird, wohl noch ein besonderer Anspruch auf diese Bezeichnung zukommen muss. Eine vortreffliche Erläuterung findet Festus’ Ausdruck durch die von Krebs nur unvollständig und gerade mit Weglassung des Wesentlichsten mitgeteilte Stelle K. I, 12, 4 f.: . . . πρεσβευομένων τῶν ἄλλων πόλεων πρὸς Ἀντώνιον εἰς Βιθυνίαν ἧκον καὶ Ἰουδαίων οἱ δυνατοί, κατηγοροῦντες Φασαήλου τε καὶ Ἡρώδου . . . καὶ τότε μὲν οὕτω διελύθησαν, αὖθις δὲ οἱ ἐν τέλει Ἰουδαίων ἑκατὸν ἄνδρες ἧκον εἰς τὴν πρὸς Ἀντιόχειαν Δάφνην ἐπ’ Ἀντώνιον . . . οἱ προστησάμενοι τοὺς ἀξιώματι καὶ λόγῳ σφῶν δυνατωτάτους κατηγόρουν τῶν ἀδελφῶν.[405] Hier entsprechen τῶν Ἰουδαίων οἱ δυνατοί und οἱ ἐν τέλει Ἰουδαίων ἄνδρες ebenso den ἀρχιερεῖς καὶ οἱ πρῶτοι τῶν Ἰουδαίων der Apostelgeschichte, wie die ἀξιώματι καὶ λόγῳ σφῶν δυνατώτατοι ihren ἐν ὑμῖν δυνατοί, unter welchen wir sonach diejenigen Glieder der Gesamtheit verstehen, welche sich nicht nur als Inhaber hoher Aemter, sondern auch durch rednerische Fertigkeit zu wirksamer Vertretung einer Anklage eigneten. Der Umstand, dass unsere Stelle erst aus Josephus volles Licht erhält, spricht zu Gunsten der Annahme, dass auch hier Lucas durch den jüdischen Geschichtschreiber beeinflusst ist.
Wie uns ferner 25, 11 die Wiedergabe einer Aeusserung des Josephus in nur wenig veränderter Fassung vorliegt (s. S. 255 f.), so erinnert der Satzanfang V. 17: τῇ ἑξῆς καθίσας ἐπὶ τοῦ βήματος (vgl. V. 6) noch deutlicher als 12, 21 an K. II, 9, 3: τῇ δὲ ἑξῆς ὁ Πιλᾶτος καθίσας ἐπὶ βήματος. Zu V. 19 f. (vgl. 18, 15): ζητήματα δέ τινα περὶ τῆς ἰδίας δεισιδαιμονίας εἶχον πρὸς αὐτόν . . . ἀπορούμενος δὲ ἐγὼ τὴν περὶ τούτων ζήτησιν ἔλεγον εἰ βούλοιτο πορεύεσθαι εἰς Ἱεροσόλυμα κἀκεῖ κρίνεισθαι περὶ τούτων findet sich eine sachliche und sprachliche Parallele in dem schon früher (S. 229) erwähnten Erlasse J. Cäsars an die Stadt Sidon (A. XIV, 10, 2): ἄν τε μεταξὺ γένηταί τις ζήτησις περὶ τῆς Ἰουδαίων ἀγωγῆς, ἀρέσκει μοι κρίσιν γίνεσθαι [παρ’ αὐτοῖς]. Endlich begegnet uns in den Worten: κατὰ τὴν ἀκριβεστάτην αἴρεσιν τῆς ἡμετέρας θρησκείας ἔζησα Φαρισαῖος (26, 5) ein unverkennbarer Anklang an die bereits früher (zu 22, 3, S. 249 f.) angeführten Aussagen des Josephus (A. XIII, 16, 2. XVII, 2, 4. K. I, 5, 2. II, 8, 14. L. 38), in denen er ebenso der Secte der Pharisäer das Zeugnis strengster Gesetzlichkeit ausstellt.
Der Abschnitt 25, 1-26, 32 enthält nicht weniger als 46 Wörter, die innerhalb des N. T.s nur bei Lucas vorkommen. 17 derselben (ἀκριβής, **ἀναβολή, **διάδοχος, διάλεκτος, ἐνέδρα, ἑξῆς, **ἐξοχή, ἐπαρχία, κατακλείω, καταπίπτω, καταφέρω, κράτιστος, **λαμπρότης, **μανία, μεταπέμπομαι, **συγκαταβαίνω, **φαντασία) hat er mit den Siebzig und Josephus, 4 (ἀποφϑέγγομαι, **γνώστης, ζήτημα, προχειρίζω) nur mit jenen, 16 (**δεισιδαιμονία, **διάγνωσις, διαχειρίζω, ἔγκλημα, **ἐκτένεια, **ἐμμαίνομαι, **ἐπιβοάω, **ἐπικουρία, **ἐπιτροπή, **καταδίκη, **λακτίζω, περιλάμπω, **περιτρέπω, Σεβαστός, **συμπάρειμι, ὑπονοέω) nur mit diesem gemein, so dass 9 (**αἰτίωμα, **ἀκροατήριον, **ἀνάκρισις, **βίωσις, διετία, **δωδεκάφυλον, **μακροϑύμως, οὐρανόϑεν, **παϑητός) ihm ausschliesslich verbleiben. Unter den Wörtern der dritten Klasse befindet sich eins (ἐμμαίνομαι), das bis jetzt lediglich aus Josephus und weit späteren Schriftstellern belegt ist (A. XVII, 6, 5: ἐμμαινομένου πᾶσιν τοῦ βασιλέως ὁμοίως τοῖς τε ἀναιτίοις καὶ παρεσχηκόσιν αἰτίαν.[406]) Ferner werden wir in diesem Abschnitt durch nicht wenige Wortbedeutungen und Formen, die den übrigen neutestamentlichen Schriftstellern und den Siebzig fremd sind, an Josephus erinnert. In eigentümlicher Bedeutung stehen ausser den früher erwähnten Wörtern αἵρεσις (S. 161 f.), ἐμφανίζειν (S. 268) und προάγειν (S. 211) noch αἰτία (Anklage), ἄλογος (ungereimt), ἀναπέμπειν (an eine höhere Stelle senden), ἀπιστος (unglaublich), ἐνϑάδε (hier), ἡ ἑξῆς (der folgende Tag), συμβούλιον (Ratsversammlung) und ψῆφος (Stimme). Von ungewöhnlicheren Formen, die auch Josephus braucht, nennen wir das substantivische τὸ ἀσφαλές (s. S. 250), und das Activum τιμωρεῖν mit Accusativ statt des bei Griechen und den Siebzig in dieser Verbindung üblichen Mediums. Mehr noch fällt ins Gewicht, dass manche der angeführten Wörter bei Josephus in derselben Verbindung wiederkehren. Man vergleiche:
Zu αἰτίαν ἔφερον (25, 18): A. XX, 2, 4: τοὺς δ’ ἔκπληξις εὐϑὺς ἔλαβεν καὶ φόβος οὔτι μέτριος μὴ . . . κινδυνεύσειεν μὲν ὁ βασιλεὺς τὴν ἀρχὴν ἀποβαλεῖν . . . κινδυνεύσειαν δὲ καὶ αὐτοὶ τῆς αἰτίας ἐπ’ αὐτοῖς ἐνεχϑείσης.[407]
Zu ἀναβολὴν ποιησάμενος (25, 17): XIX, 1, 11: οὐ γὰρ Χαιρέας γε ἑκὼν εἶναι τοῦ πράσσειν ἀναβολὴν ἐποιεῖτο.
Zu ἐναντία πρᾶξαι (26, 9): XVIII, 8, 5: ᾧ καλῶς ἔχον ἐστὶν τόν γε τιμῆς τοσαύτης ἐπιτετευχότα συγχωρήσει τῇ ἐκείνου οὐδὲν ἐναντίον πράττειν.
Zu ἐπιβὰς τῇ ἐπαρχίᾳ (25, 1): XIV, 12, 4: εἴ τινα χωρία Ὑρκανοῦ ὄντα τοῦ ἐθνάρχου Ἰουδαίων πρὸ μιᾶς ἡμέρας ἢ Γάιον Κάσσιον πόλεμον οὐ συγκεχωρημένον ἐπάγοντα ἐπιβῆναι τῆς ἐπαρχίας ἡμῶν νῦν ἔχετε . . .
Zu ἐπικουρίας τυχών (26, 22): II, 6, 1: τὴν ἀγορὰν οὐ τοῖς ἐγχωρίοις προὐτίθει μόνον, ἀλλὰ καὶ τοῖς ξένοις ὠνεῖσθαι παρῆν πάντας ἀνθρώπους κατὰ συγγένειαν ἀξιοῦντος ἐπικουρίας τυγχάνειν Ἰωσήπου παρὰ τῶν εὐδαιμονίᾳ χρωμένων.
Die augenfälligste Hinweisung auf Josephus’ Sprachgebrauch liegt jedoch in der Formel χάριτα, χάριν κατατίθεσθαί τινι (24, 27. 25, 9), die bei diesem neben einer Anzahl ähnlicher Redensarten[408] wörtlich so vorkommt K. VI, 3, 3: ἄλλως τε καὶ ψυχρὰν ἂν κατεθέμην τῇ πατρίδι χάριν, καθυφέμενος τὸν λόγον οὗ πέπονθε τὰ ἔργα (vgl. A. XIX, 1, 10: χάριτος κατάθεσις).
[396] Diese Lesart mit der von Tischendorf bevorzugten (τῇ ἐπαρχείῳ) zu vertauschen, sehen wir uns nicht veranlasst, da sie durch 23, 34 geschützt ist und jene in Stephanus’ Thesaurus bloss durch Syllog. inscr. p. 420 Osann belegte Nebenform sich leicht als Correctur oder Corruptel von ἐπαρχείᾳ (gesprochen ἐπαρχίᾳ) erklärt, was hier ebenso das Ursprüngliche sein dürfte, wie 23, 34 das von Tischendorf aufgenommene ἐπαρχείας.
[397] Allerdings bezeichnet in der Kaiserzeit der genauere Sprachgebrauch mit ἐπαρχία eine ganze Provinz, wie Aegypten (A. XV, 9, 2), Syrien (K. I, 7, 7. II, 14, 3. IV, 10, 6 ö.), Cilicien (AG. 23, 34. Nösgen kann diese Stelle, die er unrichtig 23, 35 citirt, gar nicht nachgeschlagen haben, wenn er behauptet, dass Lucas an derselben die Procuratur Palästina mit dem sonstigen Namen einer ganzen Provinz [ἐπαρχία] belehnt), während Judäa nur als eine προσθήκη τῆς Συρίας galt (A. XVII, 11, 2. XVIII, 1, 1, vgl. 4, 6) und unter einem ἐπίτροπος stand (s. Krebs S. 256 f.). Indessen hält Josephus diesen Unterschied nicht fest, indem er die Statthalter ganzer Provinzen häufiger ἐπίτροποι als ἔπαρχοι nennt (ersteres A. XVII, 9, 3. K. I, 27, 2. II, 2, 2 ö., ἐπιτροπεύειν A. XV, 10, 3, letzteres XIX, 5, 2, ἐπαρχεῖν ebd.) und ebenso für die Procuratoren von Judäa beide Bezeichnungen neben einander braucht (ἐπίτροπος A. XV, 11, 4. XX, 1, 1. K. II, 8, 1 ö., ἐπιτροπεύειν A. XX, 5, 1. 7, 2. L. 3, ἔπαρχος A. XVIII, 2, 2. XX, 9, 1. K. VI, 5, 3 ö.), daher auch deren Verwaltungsbezirk bei ihm ἐπαρχία heisst (A. XIX, 9, 2. K. II, 8, 1. 9, 1 ö.). Wie schwankend in diesem Punkte Josephus’ Sprachgebrauch ist, erhellt daraus, dass er den nämlichen Procurator Cuspius Fadus an der einen Stelle (K. II, 11, 6) ἐπίτροπος, an der andern (A. XIX, 9, 2) ἔπαρχος nennt, sowie aus K. I, 20, 4: κατέστησε δὲ αὐτὸν καὶ Συρίας ὅλης ἐπίτροπον, ἔτει δεκάτῳ πάλιν ἐλθὼν εἰς τὴν ἐπαρχίαν. II, 8, 1: τῆς δὲ Ἀρχελάου χώρας εἰς ἐπαρχίαν περιγραφείσης ἐπίτροπός τις ἱππικῆς παρὰ Ῥωμαίοις τάξεως Κωπώνιος πέμπεται. Doch ist zu beachten, dass bei ihm nirgends ἐπιτροπή gleichbedeutend mit ἐπαρχία im Sinne eines Provinzteiles vorkommt, wie es nach Krebs (a. a. O.) scheinen könnte, sondern überall von der Amtstätigkeit eines ἐτίτροπος steht (vgl. Stephanus’ Thesaurus: Ἐπιτροπή dicitur ipsa actio τοῦ ἐπιτροπεύειν), z. B. A. XX, 5, 1: τὰ μὲν οὖν συμβάντα τοῖς Ἰουδαίοις κατὰ τοὺς Κουσπίου Φάδου τῆς ἐπιτροπῆς χρόνους ταῦτ’ ἐγένετο, ferner 11, 1. K. II, 12, 1. 14, 1. In Uebereinstimmung mit dem N. T. bezeichnet Josephus nicht nur ἐπάρχους (s. S. 75), sondern ebenso, wenn auch nur selten, ἐπιτρόπους als ἡγεμόνες (A. XVIII, 1, 6. 3, 1) und ihr Amt mit ἡγεμονία (ebd. 6, 5).
[398] Wir werden später auf diese Frage zurückkommen.
[399] Diese von Bekker und Niese beibehaltene Lesart gibt keinen Sinn, da das Subject des Satzes der zu Anfang des Kapitels genannte Φίλιππος ὁ Ἰακείμου παῖς ἔπαρχος δὲ τοῦ βασιλέως Ἀγρίππα ist. Jedenfalls hat Josephus ebenso hier wie wenige Zeilen darauf βασιλεῦσιν geschrieben, um so mehr, als er auch weiterhin in seiner Lebensbeschreibung (c. 26. 36) das königliche Geschwisterpaar unter diesem Ausdrucke zusammenfasst.
[400] S. die S. 274 f. angeführten Stellen.
[401] Mehr Zutaten zu dem von Lucas gezeichneten Bilde Berenikes würde Josephus geliefert haben, wenn Hausrath Recht hätte mit der Behauptung: “Ebenso wird die im jüdischen Kriege als prachtliebende Schönheit geschilderte Bernice, die die Römer selbst noch gesehen hatten, wie sie in den Gärten der Kaiserpaläste daherrauschte, in grosser Toilette (μετὰ πολλῆς φαντασίας) vorgeführt und selbst die Erinnerung an das Verhältnis zu ihrem Bruder Agrippa, das Josephus so hässlich preisgibt, fehlt dem Verfasser nicht” (IV, 242). Allein abgesehen davon, dass Berenike im “Jüdischen Kriege” weder als “prachtliebend” noch als eine “Schönheit” geschildert wird, beziehen sich die eingeklammerten Worte mindestens ebensosehr, wie auf sie, auf den unserem Schriftsteller als Hauptperson geltenden Agrippa und heissen nimmermehr “in grosser Toilette”. Ferner konnte von Preisgebung eines Verhältnisses, welches eine Reihe von Jahren hindurch den Gegenstand allgemein verbreiteter und geglaubter Gerüchte gebildet hatte (s. Juv. 6, 153 ff. und Heinrich zu d. St.), nicht mehr die Rede sein, als Josephus seine Schriften veröffentlichte, und ebensowenig darf solche einem Geschichtschreiber zum Vorwurfe gemacht werden, der sich mit Zurückhaltung seines eigenen Urteiles auf die Erwähnung der üblen Nachreden anderer beschränkt. Endlich findet sich in der Apostelgeschichte nicht die leiseste Hindeutung auf ein sittlich anstössiges Verhältnis beider Geschwister, zumal dieselben gar nicht als solche bezeichnet sind, so dass ein seine Kenntnis von denselben allein aus dieser Quelle schöpfender Leser fast unfehlbar auf die Vermutung geraten muss, welcher bereits Ott (S. 329) mit den Worten zu begegnen sucht: “haec Berenice non fuit eius uxor (uti forte prima fronte posset quis ex hoc loco suspicari) sed soror.”
[402] Gemeint ist Herodes Agrippa I.
[403] der Statthalter von Syrien Publius Petronius.
[404] Den von Krebs (S. 260) angeführten Belegstellen fügen wir noch folgende bei: A. XIII, 16, 5. XVIII, 2, 5. K. II, 16, 2. 17, 1. 3-6. 20, 5. 21, 7. 22, 1. III, 7, 15. IV, 6, 1. 9, 1. VII, 8, 1.
[405] Vgl. die Parallelstelle A. XIV, 13, 1: καὶ δὴ πάλιν Ἰουδαίων ἐκατὸν οἱ δυνατώτατοι παραγίνονται πρὸς αὐτὸν κατηγοροῦντες Ἡρώδου καὶ τῶν περὶ αὐτὸν προστησάμενοι σφῶν τοὺς δεινοτάτους λέγειν.
[406] Ausser dieser führt Stephanus’ Thesaurus s. v. nur eine Stelle aus Epiphanius und eine unsichere aus Niketas an.
[407] Die LA. αἰτίαν ἔφερον wird AG. 25, 18 von entscheidenden Zeugen vertreten. αἰτίαν ἐπιφέρειν ist die gewöhnliche Verbindung, die auch bei Josephus häufig vorkommt (A. II, 6, 7. IV, 8, 23. V, 1, 2. X, 7, 3. XI, 4, 9. K. IV, 5, 4. VII, 2, 1. 7, 1. 11, 3).
[408] κατατίθεσθαι ἀμοιβήν (A. VI, 11, 8), ἐπικουρίαν (II, 11, 2), εὐεργεσίαν XI, 6, 5. XII, 2, 6), μέμψεις (XVII, 5, 1), μίση (ebd. 6, 6).
27, 1-28, 16. Die letzte von der Apostelgeschichte berichtete Reise des Paulus veranlasst Ott (S. 336) zu der Bemerkung: “Iter D. Pauli Romanum et passum in illo maritimo itinere naufragium plane multa habet parallela cum Flavii Josephi itinere Romano atque itidem passo naufragio, quod ipse in Vita sua describit (c. 3), adeo ut multas circumstantias obiter considerantibus liceat opinare, eos quasi una navi vectos fuisse.” Obwohl er acht Berührungspunkte zwischen beiden Reisebeschreibungen anführt, so erklärt er dennoch die Annahme “quasi una utriusque fuisset navigatio” im Hinblick auf die derselben gegenüberstehenden, von ihm nur kurz angedeuteten Verschiedenheiten[409] für irrig, ein Urteil, dessen Richtigkeit sich bei einer ebenso ins Einzelne gehenden Aufzählung dieser letzteren jedem Leser noch weit unabweisbarer aufdrängen müsste. An eine wirkliche Abhängigkeit des apostelgeschichtlichen Reiseberichtes von Josephus ist um so weniger zu denken, als in demselben der am Gebrauche der ersten Person des Plurales kenntliche Augenzeuge wieder zu Worte kommt. Man wird also aus der Aehnlichkeit beider Erzählungen höchstens mit Hausrath (IV, 2431) den Schluss ziehen dürfen, dass den Verfasser der Apostelgeschichte “vielleicht wenigstens bei seiner Auswahl noch der an Josephus gebildete Geschmack geleitet hat,” indem er die Parallele, welche das Itinerarium zu Josephus’ Seefahrt[410] und dem auf derselben erlittenen Schiffbruche bot, “der Welt nicht vorenthalten wollte”.
[409] “Non erant totidem utrinque personae, alia atque alia fata, hic nemo vitae jacturam fecit, illic ex sexcentis octoginta emerserunt” (p. 337).
[410] die aber nicht, wie Hausrath sagt, eine “Fahrt von dem Kerker des Festus zu dem des Burrhus” war. Denn Josephus unternahm seine Reise als freier Mann und seine gefangenen Landsleute, denen dieselbe galt, waren bereits vor Festus’ Amtsantritt von Felix zur Aburteilung nach Rom gesandt worden (L. a. a. O.).
Unsere hiermit zum Abschlusse gelangte Durchmusterung der Schriften des Lucas bezweckte eine möglichst vollständige Nachweisung aller derjenigen Stellen, in welchen Spuren seiner Bekanntschaft mit Josephus gefunden werden können. Schon dies überhebt uns einer ausdrücklichen Versicherung, wie fern uns die Erwartung liegt, unsere Arbeit durch die vorbehaltlose Zustimmung aller unserer Leser belohnt zu sehen. Wenn überhaupt die Ergebnisse einer Untersuchung, wie sie uns im Bisherigen beschäftigt hat, nur selten auf ungeteilte Anerkennung rechnen dürfen, so verringert sich in unserm Falle die Aussicht auf solche noch durch die Ungleichartigkeit der von uns zwischen Lucas und Josephus aufgezeigten Berührungen. Einer beträchtlichen Anzahl derselben wird man höchstens erlauben wollen, als Wort- oder Sachparallelen zu gelten, wie sie niemals auszubleiben pflegen, wenn zwei einander zeitlich nahestehende Schriftsteller sich bei Behandlung verwandter Stoffe der nämlichen Sprache bedienen. Von anderen, die zu handgreiflich sind, um sich durch ein derartiges Urteil abtun zu lassen, gibt man vielleicht zu, dass sie auf Abhängigkeit des Lucas von Josephus beruhen können, aber nur, um dieser Möglichkeit sofort die andere entgegenzuhalten, dass sie in einer beiden gemeinsamen Quelle, d. i. der mündlichen Ueberlieferung, begründet seien. Trotzdem ist uns nicht bange, dass nach allen durch diese und ähnliche Bedenken veranlassten Abzügen und Streichungen, auf die sich unsere Zusammenstellung gefasst machen muss, noch ein beträchtlicher Grundstock übrig bleiben werde, der für sich allein schon ausreicht, um die Annahme, dass Lucas den jüdischen Geschichtschreiber nicht nur gekannt, sondern auch ausgibig benutzt habe, mindestens denjenigen unserer Leser zu empfehlen, welche den Gedanken, dass ein biblischer Schriftsteller seine Muster und Vorlagen bei der ausserbiblischen Literatur suchen könne, nicht schon von vornherein unwillig ablehnen. Von solchen hoffen wir aber, dafern sie unserer Untersuchung aufmerksam gefolgt sind, ohne Mühe auch das weitere Zugeständnis zu erlangen, dass das Urteil, dem zufolge Lucas’ Lectüre des Josephus eine “sehr tief dringende und genaue überhaupt niemals gewesen sein konnte” und er sich im Josephus bloss “umgesehen hatte”, dem wirklichen Sachverhalte keineswegs gerecht wird und im letzten Grunde lediglich aus der Verlegenheit entsprungen ist, für die zwischen den beiden Schriftstellern neben augenfälligen Uebereinstimmungen zu Tage liegenden Abweichungen und Widersprüche eine befriedigende Erklärung zu finden. Nachdem wir jedoch den Nachweis erbracht haben, dass eine Erscheinung, die zunächst den entschiedensten Zweifel an Lucas’ Bekanntschaft mit Josephus herausfordert, sich nicht nur bei andern Schriftstellern wiederholt, sondern auch aus der Eigenart des ersteren vollkommen begreiflich wird, glauben wir uns zu einem gänzlich verschiedenen Urteile befugt, welches dahin lautet, dass die Schriften des Lucas, weit entfernt, auf eine nur flüchtige und oberflächliche Kenntnisnahme von Josephus hinzudeuten, vielmehr ein gewichtiges und unumstössliches Zeugnis dafür ablegen, dass er die Werke des jüdischen Geschichtschreibers zum Gegenstand eingehender und länger fortgesetzter Beschäftigung gemacht und einen nicht geringen Teil ihres Inhaltes sich zu bleibendem geistigen Besitz angeeignet hat.
Wenn diese Annahme auf sicherm Grunde ruht, so darf sie auf Bestätigung von einer Seite rechnen, die zwar schon im Verlauf unserer bisherigen Untersuchung berücksichtigt worden ist, aber nichtsdestoweniger eine selbständige Behandlung dringend erheischt.
Wenn ein Schriftsteller, der sich noch nicht durch langjährige Uebung einen im Ganzen und Grossen keiner Beeinflussung mehr fähigen Stil gebildet hat, die Werke eines andern wiederholt liest und ihren Inhalt geistig verarbeitet, so kann es nicht ausbleiben, dass er auch von der Form und dem Sprachcharakter derselben nachhaltige Eindrücke empfängt, die sich später, so wenig er es selber beabsichtigt oder auch nur ahnt, in seiner eigenen Darstellung widerspiegeln und einen auf dem in Betracht kommenden Gebiete bewanderten Literaturkenner alsbald den Meister, durch dessen Schule er gegangen ist, erraten lassen. Da es sich hier um eine allbekannte Erfahrung handelt, so begnügen wir uns mit der nochmaligen Erinnerung an die unmissverständlichen Berührungen mit Sallust, die wir in der Erstlingsschrift des grössten römischen Historikers gefunden haben (S. 34 f.). Somit ist der Leser des Lucas, falls unsere obige Annahme nicht jedes Grundes entbehrt, zu der Erwartung berechtigt, dass ihm bei diesem mancherlei Anklänge an Josephus’ Ausdrucksweise, insbesondere auch Entlehnungen aus dessen Sprachschatz begegnen werden. Diese Erwartung hat sich schon im Verlauf unserer bisherigen Untersuchung erfüllt, indem wir häufig neben rein sachlichen auch die unverkennbarsten sprachlichen Aehnlichkeiten zwischen beiden Schriftstellern nachzuweisen vermochten. Indessen glauben wir hiermit noch nicht genug getan zu haben, da man uns immer noch, selbst von einem Standpunkt aus, welcher die Annahme einer Bekanntschaft des christlichen Schriftstellers mit dem jüdischen zulässt, einhalten könnte: Vereinzelte sprachliche Berührungen bietet Lucas nicht nur mit Josephus, sondern auch mit manchem andern jedenfalls von ihm niemals gelesenen griechischen Prosaiker und deshalb sind solche zweifellos als eine Wirkung des Zufalles zu betrachten. Wenn aber bisweilen umfänglichere Abschnitte seiner Schriften von Anfang bis Ende auffällige sprachliche Uebereinstimmungen mit dem Genannten zeigen, so erklärt sich dies einfach daraus, dass Lucas da, wo er seinem Vorgänger einen für seine eigene Geschichtsdarstellung verwendbaren Zug entnahm, sich zugleich des ihm von diesem dargebotenen Ausdruckes bediente, sofern er ihn nicht durch einen treffenderen zu ersetzen wusste. Dadurch wird aber nicht ausgeschlossen, dass in den weitaus zahlreicheren Fällen, wo er den ihm aus andern Quellen zugeflossenen Stoff ohne irgendwelche Seitenblicke auf Josephus gestaltet hat, seine lediglich in der Schule der Siebzig gebildete schriftstellerische Eigenart zur Geltung kommt. Die Entscheidung über das Recht oder Unrecht dieses Einwandes lässt sich nur auf dem Weg einer selbständigen Untersuchung gewinnen, welche einzig und allein die sprachliche Seite der Schriften beider Männer ins Auge fasst und sich durch möglichst ins Einzelne gehende Vergleichung derselben einen festen Unterbau schafft, auf den sie überzeugende Schlussfolgerungen gründen kann.
Indem wir uns zur Lösung dieser Aufgabe anschicken, scheint es nicht überflüssig, einige Gesichtspunkte ausdrücklich hervorzuheben, welche schon bei unserer bisherigen Untersuchung gebührende Beachtung gefunden haben und uns auch fernerhin leiten müssen, wenn wir vor Fehlschlüssen bewahrt bleiben und zu gesicherten Ergebnissen gelangen wollen. So ist z. B. der Umstand, dass Lucas manche in griechischer Prosa äusserst seltene Ausdrücke mit Josephus gemein hat, in dem Falle gänzlich belanglos, wenn dieselben sich zugleich bei einem älteren neutestamentlichen Schriftsteller belegen lassen, da alsdann die Annahme, dass er sie diesem letzteren verdanke, grössere Wahrscheinlichkeit beanspruchen kann. Aber auch solche bei Josephus wiederkehrende sprachliche Erscheinungen, welche sich innerhalb des N. T.s auf das dritte Evangelium und die Apostelgeschichte beschränken, sind zunächst noch einer genauen Sichtung zu unterziehen und als der Beweiskraft ermangelnd alle diejenigen auszuscheiden, welchen wir auch bei den Siebzig begegnen, durch deren Einfluss der Sprachcharakter des Lucas (wie mehr oder weniger aller neutestamentlichen Schriftsteller) sich in dem Masse bestimmt zeigt, dass die ihm eigentümlichen Ausdrücke, Wortformen und Constructionen, wenn sie sich auch bei jenen finden, aus keiner andern Quelle abgeleitet werden dürfen.
Unsere Untersuchung wird, wie sie einerseits durch den Mangel an ausreichenden Vorarbeiten erschwert ist[411], andererseits durch die Eigenart des Lucas erleichtert. Jeder Kenner seiner Schriften weiss, dass dieselben eine ungewöhnlich grosse Anzahl von Wörtern enthalten, die im N. T. ausserdem nicht vorkommen und von denen manche auch in der übrigen griechischen Literatur selten, einzelne bis jetzt aus ihr noch gar nicht belegt sind. Diese neutestamentlichen Hapaxlegomena, welche die sorgfältigste Berücksichtigung verdienen, ziehen zunächst unsere Aufmerksamkeit auf sich. Nach den vorausgeschickten Bemerkungen bedarf es keiner weiteren Rechtfertigung, wenn wir sie in vier Klassen teilen. Die erste umfasst die dem Lucas mit den Siebzig und Josephus, die zweite die ihm mit jenen, aber nicht mit diesem, die dritte die ihm mit diesem, aber nicht mit jenen gemeinsamen Wörter, während die vierte Klasse die sein ausschliessliches Eigentum bildenden zu verzeichnen hat.
[411] Gänzlich unbrauchbar erwies sich uns die von Nösgen (1877, S. 472 ff.) gegebene Zusammenstellung derjenigen “unter den Evangelien nur in dem dritten Evangelium allein vorkommenden” Wörter, die ihm 1) mit der κοινή, 2) mit den griechischen Klassikern gemeinsam sind. Obgleich dabei “die ihm ganz allein im N. T. angehörenden durch den Druck besondere hervorgehoben werden” sollen, so haben wir doch in dem ersten Verzeichnisse 24, im zweiten 68 neutestamentliche Hapaxlegomena gezählt, bei denen dies unterblieben ist (z. B. 1) ἀγραυλεῖν, ἀνέκλειπτος, ἀπελπίζειν, ἀποστοματίζειν, ἄφαντος, 2) ἄγρα, ἀνάπηρος, ἀπαιτεῖν, ἀπορία, ἀστράπτειν u. a.). Dagegen sind manche auch bei andern Schriftstellern des N. T.s belegbare Wörter (im ganzen 12) fälschlich durch gesperrten Druck als ausschliessliches Eigentum des dritten Evangeliums gekennzeichnet (ἀπογράφειν, ἀροτριᾶν, βραδύς, ἐξουθενεῖν, ζωγρεῖν u. a.). Während Nösgen im Widerspruche mit seiner Ankündigung, die Aufführung der Wörter unter Weglassung der im Evangelium und in der Apostelgeschichte sich gemeinsam findenden auf die nur in ersterer Schrift vorkommenden beschränken zu wollen, in sein zweites Verzeichnis ἐνεδρεύειν (Lc. 11, 54. AG. 23, 11), aufgenommen hat, sucht man in demselben eine Menge bei den griechischen Klassikern gebräuchliche Wörter vergeblich (z. B. ἀναπτύσσειν, ἀποψύχειν, ἀρήν, αὐτόπτης, βελόνη, δακτύλιος, διαβάλλειν, διασείειν, διαταράσσειν, διήγησις, ἐγκάθετος, ἐνδέχεσθαι, ἐνοχλεῖν, ἐπανέρχεσθαι, ἐπεισέρχεσθαι, λυσιτελεῖν, πρεσβεία, προμελετᾶν, προσαναλίσκειν, πτύσσειν, συνιέναι, φιλονεικία). Andererseits enthalten beide Verzeichnisse solche Wörter, welche, da sie bei dem dritten Evangelisten nur in Citaten aus dem A. T. erscheinen, somit für seinen Sprachgebrauch nichts beweisen, auszuschliessen waren (z. B. αἰχμάλωτος, ἀνάβλεψις, βουνός, διαφυλάσσειν, θραύειν, λεῖος). Wenn sich zu alledem noch mancherlei andere Nachlässigkeiten, wie die Aufzählung eines und desselben Wortes in beiden Verzeichnissen (ἀποθλίβειν, κατασύρειν, πτοεῖσθαι), unrichtige Angabe der Belegstellen (ἐξουθενεῖν 18, 5. 23, 1 statt 18, 9. 23, 11, θραύειν 4, 78 st. 4, 19, πτοεῖσθαι 21, 4. 24, 57 st. 21, 9. 24, 37), grobe Verstösse gegen die Accentuation (z. B. ἀγαλλιᾶσις, βαθυνεῖν, ἐκκρεμᾶσθαι, κήριον, λιμνή, μητρά, νοσσία, οἰκόνομος, πάγις, πάντελες, πέδινος, προφήτις) und eine Anzahl anderer wohl ebensowenig durchweg auf Rechnung des Setzers zu schreibender Fehler gesellen, so wird eine dringende Warnung vor Benutzung dieser überaus flüchtigen Arbeit jedenfalls vollkommen gerechtfertigt sein.
In gleichem oder noch höherem Grade gilt dies von der in Nösgens Commentar über die Apostelgeschichte (S. 16 ff.) enthaltenen Zusammenstellung, bei der “die Worte, welche die Apostelgeschichte—zum Teil in Gemeinschaft mit dem dritten Evangelium—im N. T. ganz allein oder vorwiegend gebraucht, in zwei Klassen gesondert werden” sollen: “in solche, welcher die Siebzig sich bereits bedienten, und in solche, welche direct der κοινή entnommen erscheinen”. Wie wenig diesem Vorsatze die Ausführung entspricht, erhellt schon daraus, dass uns in der zweiten Abteilung eine Menge (nach unserer Zählung 50) Wörter begegnen, die auch bei den Siebzig vorkommen, also in die erste gehörten (z. B. ἀλλόφυλος, ἀναδεικνύναι, ἀναζητεῖν, ἀναπείθειν, ἀνασπᾶν, ἀπελαύνειν, ἀπορρίπτειν). Ferner wimmelt Nösgens Wörterverzeichnis (S. 17-19) von Fehlern: wir haben deren auf nicht ganz 3 Seiten über 100, bisweilen zwei in einem Worte gefunden (z. B. εἱρήμενον, παραξύσμος, πεντεκόστη) und unter ihren eine Menge solcher, die selbst bei der Annahme, dass sich der schlechteste Setzer mit dem schlechtesten Corrector des 19. Jahrhunderts zur Verunstaltung seines Buches verschworen habe, keine genügende Entschuldigung finden dürften, zumal da uns manche derselben auch später wieder begegnen. Neben unrichtigen Formen wie ἀπολογεῖν, ἐμπνεεῖν, ἐπ’ ἡμέρας, ἐνωτίζειν, παραβιάζειν, συνεκδημοῦν, ὑποπνεεῖν bietet dasselbe eine wahre Musterkarte aller nur denkbaren Accentfehler. So schreibt Nösgen ἄστειος, aber ἀναδεικνῦναι, ἐξιστᾶναι, θρησκεῖα, μαγεῖα, χαῖρειν (noch S. 287), ἐσθῆς, κοιτῶν (noch S. 241), ἀλισγῆμα, ζητῆμα, κατορθῶμα, γνῶστος, διαγνῶσις, προγνῶσις, παρακλῆσις, πληρῶσις (noch S. 104), ἐκπληρῶσις,—ἐπιχείρειν, aber διατριβεῖν, προσκλινεῖν, συρεῖν,—δική, aber ἀπογράφη, ἐπιστρόφη, ἐπιτρόπη, πνόη. Nach derartigen Proben seiner Vertrautheit mit der griechischen Sprache wundern wir uns um so weniger, ihn den Namen des bekannten Schriftstellers Ἀλκίφρων durch Alziphron wiedergeben zu sehen, als er keineswegs bloss mit den griechischen Eigennamen auf gespanntem Fusse steht. So schreibt er “Leckebusch” (S. 72. 78), “Wiener” (1877, S. 479) und in zahllosen Fällen “Holzmann” (Comm. S. 79 f. 89. 113. 1877, S. 446. 453. 456. 464 ö.), dann aber zur Abwechselung wieder einmal “Holtzmann”, “Lekebusch” (1877, S. 473) und “Winer” (ebd. S. 478), wie denn auch in seinen Wörterverzeichnissen Richtiges und Falsches einträchtig neben einander hergeht (z. B. S. 18 auf einer Zeile: συνεφίστημι und συνυφίστημι, 1877, S. 472: ἀποθλίβειν, S. 474: ἀποθλιβεῖν). So drängt sich dem Leser auf Schritt und Tritt die Erinnerung an das von Strauss seiner Zeit gegen W. Menzel gerichtete treffende Wort auf (Streitschr. 2. Heft, S. 190): “Das ist eben die allerschlimmste Art von Unkenntnis, wenn einer nicht bloss Falsches, sondern zufällig auch wieder das Wahre gibt, dieses aber so wenig als solches und in seinem Gegensatze mit jenem erkennt, dass er beides neben einander stehen lässt.”
Obgleich die von Zeller (S. 388 ff. 414 ff.) und Kähler (Studien und Kritiken 1873, S. 472 ff.) gegebenen Wörterverzeichnisse Nösgens Leistungen an Brauchbarkeit weit übertreffen, so konnten doch auch sie nicht uns eine nochmalige, lediglich die sprachliche Seite ins Auge fassende Durcharbeitung von Lucas’ Schriften ersparen. Bei derselben hatten wir uns, da für uns der Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte nicht mit dem in erster Person redenden Augenzeugen dieser letzteren zusammenfällt, die Frage vorzulegen, ob auch solche sprachliche Erscheinungen, die sich auf die sogenannten Wirstücke beschränken, in unserem Verzeichnisse zu berücksichtigen seien. Obwohl man vom strengsten philologischen Standpunkt aus zur Verneinung dieser Frage versucht sein könnte, so haben wir uns doch für ihre Bejahung entschieden und berufen uns zur Rechtfertigung unseres Verfahrens auf das von Holtzmann (Ztschr. f. w. Th. 1881, S. 414) über jene Stücke abgegebene Urteil, mit dem wir uns völlig im Einklange wissen: “Nachdem Zeller (S. 388 f. 514 f.) und Klostermann (Vindiciae Lucanae S. 46 f.) nachgewiesen, dass in Bezug auf Stil und Darstellungsweise kein durchgreifender Unterschied statthat, muss mindestens eine sehr eindringende Ueberarbeitung, wie aller Quellen, so auch des lucanischen Reiseberichtes durch den Auct. ad Theophilum angenommen werden. Der im Grossen und Ganzen einheitliche Sprachcharakter beweist, dass, wie das Evangelium, so auch die Apostelgeschichte die Quellen, darauf sie beruht, nicht unvermittelt aufgenommen, sondern wohl assimilirt hat.”
Unser Verzeichnis der dem Lucas im N. T. allein angehörigen Wörter schliesst alle Eigennamen aus, da sie für seinen Sprachgebrauch nichts beweisen. Letzteres gilt auch von den nur in Anführungen aus dem A. T. vorkommenden Wörtern, die wir jedoch der Vollständigkeit wegen in einem Anhange zusammengefasst haben. Für jedes der aufgenommenen Wörter sind sämtliche Belegstellen beigebracht worden. Ueber Abweichungen von Tischendorfs Text ist in unseren “Vorbemerkungen” Rechenschaft gegeben.
Bedauerlich bleibt, dass wir noch immer kein auf der Höhe der gegenwärtigen Wissenschaft stehendes Wörterbuch zu den Siebzig besitzen. Für unsere Arbeit haben wir die Lexika von Biel (Haag 1779 f. 3 Bde.) und Schleusner (Leipzig 1820 f. 5 Bde.) benutzt, selbstverständlich mit derjenigen Vorsicht, welche nicht nur durch ihre schon von Bleek (Einleitung in das A. T. 2. Aufl. S. 787) angedeuteten Mängel, sondern auch durch die veraltete Textgestalt, die sie voraussetzen, geboten ist. Daher sind alle ihnen entnommenen Angaben sorgfältig mit der fünften Auflage von Tischendorfs Vetus Testamentum Graece juxta LXX verglichen und, wo nötig, nach dieser berichtigt worden. Theodotions Uebersetzung des Daniel, welche bekanntlich seit Origenes diejenige der Siebzig aus ihrer Stelle verdrängt hat, ist, da sie dem Lucas nicht vorgelegen haben kann, unberücksichtigt geblieben, das genannte Buch überhaupt nur aushilfsweise herangezogen und dann nach dem in Tischendorfs Ausgabe (II, 589-616) abgedruckten Texte der Siebzig citirt worden. Zu jedem dem Sprachschatze der Siebzig angehörigen Worte haben wir nur eine Belegstelle gegeben, da weitere, sofern sie vorhanden, leicht in den oben genannten Sammlungen zu finden sind. Den nur einmal vorkommenden Wörtern ist ein *, den von Tischendorf als Varianten unter den Text verwiesenen ein Fragezeichen beigefügt.
Vornehmlich hat sich uns bei Aufstellung unseres Verzeichnisses der Mangel eines Sonderwörterbuches zu Josephus fühlbar gemacht. Allerdings enthält Otts Spicilegium ein Specimen Lexici Flaviani, welches der Herausgeber S. Havercamp laut der Vorrede zu dem Zwecke beigegeben hat, um einen Buchhändler zur Veröffentlichung des ganzen, von Ott druckfertig hinterlassenen Lexikons anzulocken, indessen ist ihm dieser Erfolg versagt geblieben und nach den von uns eingezogenen Erkundigungen befindet sich das 7 Quartbände umfassende Manuscript dieses Werkes noch jetzt unter den Ineditis der Züricher Ratsbibliothek. Der dem zweiten Bande von Havercamps Ausgabe des Josephus (Amsterdam, Leiden, Utrecht 1726. 2 Bde.) angehängte 18 Seiten füllende Index secundus sive vocum Graecarum bietet wegen seiner Unvollständigkeit und Lückenhaftigkeit nur einen höchst dürftigen Ersatz für ein Sonderwörterbuch. Somit sahen wir uns für die folgende Wörtersammlung fast ausschliesslich auf den Ertrag unserer eigenen wiederholten Durcharbeitung der Werke des jüdischen Geschichtschreibers angewiesen. Wir haben jedem von Josephus nicht bloss ein- oder zweimal gebrauchten Worte die Belegstellen beigefügt und, wo uns eine grössere Zahl solcher zu Gebote stand, dies durch ö. (= öfter) angedeutet. Dass wir in der Regel zwei Stellen den “Altertümern” und bloss eine dem “Jüdischen Krieg” entnahmen, rechtfertigt sich nicht nur durch den Umfang der ersteren Schrift, sondern noch mehr mit Rücksicht darauf, dass die zweite noch nicht in Nieses Ausgabe vorliegt, durch welche manche Lesart des bisherigen Textes hinfällig werden dürfte. Um das Nachschlagen zu erleichtern, sind, soweit möglich, bei jeder Stelle den herkömmlichen Paragraphen in Klammern noch die von Niese eingeführten cola beigesetzt worden (s. über dieselben Praefatio LXXVII der grossen Ausgabe).
Ἀγϰάλη Lc. 2, 28.—3 Kön. 3, 20.—A. VIII, 2, 2 (28). XI, 6, 9 (238).
αἰσϑάνομαι Lc. 9, 45.—Job 23, 5.—A. I, 6, 3 (142). II, 14, 5 (307). K. I, 13, 7 ö.
ἀϰϱίβεια AG. 22, 3.—*Dan. 7, 16.—A. I, 3, 3 (82). VIII, 2, 1 (21). K. II, 8, 14 ö. (s. S. 249 f.).
ἀϰϱιβής AG. 18, 26. 23, 15. 20. 24, 22. 26, 5.—Dan. 2, 45.—A. V, 2, 7 (132). VIII, 15, 4 (402). K. IV. 11, 4 ö. (s. S. 250).
ἀλλογενής Lc. 17, 18.—Ex. 12, 43.—K. II, 17, 4.
ἀλλόϕυλος AG. 10, 28.—1 Kön. 6, 10.—A. I, 21, 1 (338). II, 9, 3 (216). K. I, 1, 3 ö.
ἀμύνομαι AG. 7, 24.—Jos. 10, 13.—A. II, 10, 1 (239). IV, 3, 1 (39) K.> II, 16, 4 ö.
ἀναβάλλω (med.) AG. 24, 22.—Ps. 78, 21.—A. III, 1, 7 (35). IV, 8, 38 (288). K. I, 32, 7 ö.
ἀναβολή AG. 25, 17.—1 Chr. 19, 4.—A. III, 2, 3 (48). VI, 7, 2 (134). K. VII, 4, 1 ö. (s. S. 280).
ἀναδείϰνυμι Lc. 10, 1. AG. 1, 24.—Hab. 3, 2.—A. XIII, 4, 7 (113). XIV, 11, 4 (280). K. I, 10, 8 ö.
ἀναζητέω Lc. 2, 44 f. AG. 11, 25.—Job 3, 4.—A. V, 1, 14 (42). VII, 5, 5 (112). K. III, 8, 1 ö.
ἀνάθημα Lc. 21, 5.—Lev. 27, 28.—A. III, 8, 1 (188). VI, 7, 4 (148). K. II, 17, 3 ö.
ἀναίρεσις AG. 8, 1.—Num. 11, 15.—A. II, 3, 1 (27). V, 2, 11 (165). K. II, 7, 1 ö.
ἀναπείθω AG. 18, 13.—Jer. 36, 8.—A. I, 1, 4 (42). VII, 1, 4 (24). K. I, 17, 2 ö.
ἀναπτύσσω Lc. 4, 17.—4 Kön. 19, 14.—L. 44 (223).
ἀνασπάω Lc. 14, 5. AG. 11, 10.—Amos 9, 2.—A. II, 11, 2 (259). IV, 8, 45 (310). K. III, 7, 8 ö.
ἀναφαίνω Lc. 19, 11. AG. 21, 3.—HL. 6, 4.—A. II, 16, 2 (339). V, 1, 21 (77). K. I, 19, 4 ö.
ἀνθομολογέομαι Lc. 2, 38.—Ps. 79, 13.—A. VIII, 10, 3 (257). 13, 8 (362).
ἀπαιτέω Lc. 6, 30. 12, 20.—Dt. 15, 2.—A. I, 2, 3 (67). III, 2, 1 (41). K. I, 15, 6 ö.
ἄπειμι (ιέναι) AG. 17, 10.—Ex. 33, 8.—A. I, 2, 1 (59). IV, 3, 1 (38). K. II, 3, 4 ö.
ἀπελαύνω AG. 18, 16.—*Ezech. 34, 12.—A. III, 11, 3 (261). VI, 13, 10 (324). K. I, 2, 1 ö.
ἀπελπίζω Lc. 6, 35.—Jes. 29, 19.—K. I, 23, 5. IV, 7, 1. V, 9, 1 ö.
ἀπερίτμητος AG. 7, 51.—Gen. 17, 14.—A. XX, 2, 4 (45). K. I, 1, 2.
ἀπογραφή Lc. 2, 2. AG. 5, 37.—*Dan. 10, 21.—A. XII, 2, 3 (31). XVIII, 1, 1 (3). K. VII, 8, 1 (s. S. 64 f. 75).
ἀποθλίβω Lc. 8, 45.—Num. 22, 25.—A. II, 5, 2 zw. (64. 67). VI, 6, 3 (118).
ἀποκλείω Lc. 13, 25.—Gen. 19, 10.—A. II, 14, 5 (308). VII, 3, 1 (61). K. I, 16, 6 ö.
ἀποπίπτω AG. 9, 18.—Lev. 19, 9.—A. VI, 1, 1 (2). K. I, 26, 3. IV, 1, 4.
ἀποπλύνω Lc. 5, 2.—2 Kön. 19, 24.—A. III, 6, 2 (114). VI, 6, 4 (120). VIII, 15. 6 (417).
ἀπορία Lc. 21, 25.—Lev. 26, 16.—A. III, 1, 3 (9). VIII, 13, 4 (328). K. I, 10, 2 ö.
ἀπορρίπτω AG. 27, 43.—Ex. 22, 31.—A. VI, 6, 2 (113). K. I, 32, 2. II, 6, 2 ö.
ἆράγε AG. 8, 30.—Gen. 26, 9.—K. VI, 6, 2 zw. Ap. I, 35 (313). II, 21 (184).
ἀρήν Lc. 10, 3.—Gen. 30, 32.—A. III, 9, 2 (228). IX, 13, 3 (268). K. VI, 5, 3 ö.
ἄροτρον Lc. 9, 62.—Jes. 2, 4.—A. II, 5, 6 (84). III, 12, 3 (281). IV, 4, 6 (79) ö.
ἄσημος AG. 21, 39.—*Gen. 30, 42.—A. XV, 2, 4 (22). XVI, 8, 3 (243). K. II, 18, 4 ö. (s. S. 249).
ἀσύμφωνος AG. 28, 25.—*Dan. 14 (Bel), 15.—K. Vw. 1. Ap. I, 8 (38).
ἄτεκνος Lc. 20, 28 f.—Gen. 15, 2.—A. IV, 8, 23 (254). V, 10, 2 (342). K. I, 28, 4 ö.
αὐγή AG. 20, 11.—Jes. 59, 9.—A. III, 7, 7 (184). VIII, 3, 2 (68). K. II, 8, 9 ö.
ἄφνω AG. 2, 2. 16, 26. 28, 6.—Jos. 10, 9.—A. VIII, 13, 5 (342).
Βαϑέως Lc. 24, 1.—Jes. 29, 15.—A. V, 9, 3 (329).
βαϑύνω Lc. 6, 48.—Ps. 92, 6.—K. I, 21, 3. V, 3, 5. 12, 3.
βασίλεια, τά Lc. 7, 25.—Est. 1, 9.—A. VIII, 12, 5 (311). IX, 6, 4 (123). K. I, 7, 2 ö.
βάσις AG. 3, 7.—Ex. 26, 19.—A. VI, 2, 2 (27). VII, 3, 1 (61). K. VII, 8, 3 ö.
βία AG. 5, 26. 21, 35. 27, 41.—Jes. 52, 4.—A. I, 2, 2 (61). K. I, 12, 2. III, 7, 21 ö.
βίαιος AG. 2, 2.—Jes. 11, 15.—A. II, 9, 4 (218). IV, 2, 3 (22). K. II, 14, 4 ö. (s. S. 156 f.).
βολή Lc. 22, 41.—Gen. 21, 16.—A. XX, 9, 4 (213: λίϑων β.). K. III, 5, 2. IV, 9, 12 ö.
βραχίων Lc. 1, 51. AG. 13, 17.—Job 31, 22.—A. I, 18, 6 (270). III, 7, 2 (153). IV, 4, 4 (74) ö.
βύσσος Lc. 16, 19.—2 Chr. 2, 14.—A. III, 6, 1 (103). VIII, 3, 3 (72). K. V, 5, 4 ö.
βωμός AG. 17, 23.—Ex. 34, 13.—A. I, 7, 1 (157). K. I, 1, 4. II, 17, 6 ö.
Γελάω Lc. 6, 21. 25.—Gen. 17, 17.—A. XII, 4, 4 (178). XIX, 1, 5 (31). K. II, 7, 2 ö.
γερουσία AG. 5, 21.—Ex. 3, 16.—A. IV, 8, 2 (186). VII, 12, 1 (294). K. VII, 10, 1 ö.
γῆρας Lc. 1, 36.—2 Kön. 19, 33.—A. I, 1, 4 (46). VI, 3, 2 (32). K. V, 11, 3 ö.
γλεῦκος AG. 2, 13.—Job 32, 19.—A. II, 5, 2 (64).
Δάκρυ Lc. 7, 38. 44.—Micha 2, 6.—A. I, 18, 7 (275). II, 6, 9 (166). K. II, 16, 5 ö.
δακτύλιος Lc. 15, 22.—Gen. 38, 18.—A. VIII, 2, 5 (47). XI, 6, 12 (269). K. I, 33, 8 ö.
δανειστής Lc. 7, 41.—4 Kön. 4, 1.—A. IX, 4, 2 zw. (47. 50). XVIII, 6, 2 (147).
δαπάνη Lc. 14, 28.—Esra 6, 4.—A. I, 16, 2 (250). III 12, 3 (283). K. I, 31, 2 ö.
δεκαδύο AG. 19, 7. 24, 11.—1 Chr. 15, 10.—A. IX, 14, 2 (286). XI, 5, 2 (137). XV, 7, 10 (260).
δεσμώτης AG. 27, 1. 42.—Gen. 39, 20.—A. XVIII, 6, 5 (170). K. I, 8, 6. II, 12, 2 ö.
δημηγορέω AG. 12, 21.—Spr. 30, 31.—A. VIII, 8, 4 (226). IX, 13, 1 (260). K. II, 21, 6.
δῆμος AG. 12, 22. 17, 5. 19, 30. 33.—Num. 18, 2.—A. IV, 2, 2 (14). V, 7, 4 (243). K. I, 13, 2 ö.
διαβάλλω Lc. 16, 1.—Dan. 3, 8.—A. VI, 10, 2 (196). VII, 11, 3 (267). K. I, 18, 4 ö.
διαγγέλλω Lc. 9, 60. AG. 21, 26.—Ex. 9, 16.—A. VII, 9, 2 (201). XV, 8, 4 (285). K. I, 24, 3 ö.
διαγινώσκω AG. 23, 15. 24, 22.—Num. 33, 56.—A. I, 3, 8 (99). II, 6, 3 (101). K. I, 18, 2 ö.
διαδέχομαι AG. 7, 45.—Est. 10, 3.—A. I, 10, 3 (183). V, 11, 5 (362). K. I, 2, 1 ö.
διάδοχος AG. 24, 27.—1 Chr. 18, 17.—A. I, 13, 3 (228). II, 9, 7 (232). K. I, 8, 2 ö.
διακούω AG. 23, 35.—Dt. 1, 16.—A. XIV, 3, 2 (41). XX, 6, 2 (130). K. II, 12, 6 ö.
διαλείπω (mit Particip) Lc. 7, 45.—Jer. 17, 8.—A. VI, 9, 1 (174). VII, 2, 2 (53). K. I, 20, 4.
διάλεκτος AG. 1, 19. 2, 6. 8. 21, 40. 22, 2. 26, 14.—*Dan. 1, 4.—A. I, 1, 2 (36). II, 13, 1 (278). V, 2, 2 (121) ö. (s. S. 156 f.).
διαλύω AG. 5, 36.—3 Kön. 19, 11.—A. III, 5, 6 (93). IV, 1, 2 (7). K. I, 17, 4 ö. (s. S. 235).
διαμάχομαι AG. 23, 9.—*Dan. 10, 20.—A. XIV, 16, 2 (475). K. II, 4, 1. V, 2, 4.
διαμερισμός: Lc. 12, 51.—Micha 7, 12.—A. X, 11, 7 (274).
διανέμω AG. 4, 17.—Dt. 29, 26.—A. IV, 8, 36 (282). IX, 13, 3 (274). K. I, 16, 3 ö.
διανυκτερεύω Lc. 6, 12.—*Job 2, 9.—A. VI, 11, 10 (239). 13, 9 (311). K. I, 29, 2 ö.
διαπονέω AG. 4, 2. 16, 18.—Pred. 10, 9.—A. VIII, 6, 5 (165).
διασείω Lc. 3, 14.—Job 4, 14.—K. III, 7, 19. IV, 1, 4. V, 4, 2 ö.
διασπείρω AG. 8, 1. 4. 11, 19.—Gen. 9, 19.—A. VII, 10, 3 (244). VIII, 2, 4 (41). IX, 3, 2 (40) ö.
διάστημα AG. 5, 7.—Gen. 32, 16.—A. XIII, 16, 4 (421). XV, 9, 6 (340). K. I, 21, 7 ö.
διατελέω AG. 27, 33.—Dt. 9, 7.—A. II, 2, 2 (12). XV, 7, 10 (263, mit Adjectiv). K. II, 18, 6 ö.
διατηρέω Lc. 2, 51. AG. 15, 29.—Gen. 37, 11.—A. VI, 6, 2 (101). X, 3, 2 (42). XIII, 2, 3 (48) ö.
διαφεύγω AG. 27, 42.—Jos. 8, 22.—A. I, 6, 3 (142). III, 5, 3 (87). K. I, 1, 1 ö.
διαχωρίζω Lc. 9, 33.—Gen. 13, 9.—A. I, 1, 1 (28). XV, 7, 10 (259, pass.). K. I, 27, 1 ö.
διεξέρχομαι AG. 28, 3.—2 Kön. 2, 23.—A. III, 14, 2 (303). K. I, 9, 3. Ap. I, 35 (315) ö.
διΐστημι a) trans. AG. 27, 28.—Spr. 17, 9.—A. VI, 9, 1 (171). XIII, 11, 1 (305). K. I, 3, 3 ö. b) intrans. Lc. 22, 59. 24, 51.—Ex. 15, 8.—A. VIII, 12, 5 (311). XII, 4, 11 (228). K. II, 19, 5 ö.
διοδεύω Lc. 8, 1. AG. 17, 1.—Gen. 12, 6.—K. II, 16, 2. III, 8, 7. V, 1, 1.
δούλη Lc. 1, 38. 48. (AG. 2, 18 Cit.)—Ex. 21, 7.—A. I, 12, 3 (215). III, 12, 2 (276). K. I, 24, 3 ö.
δϱαχμή Lc. 15, 8 f.—Gen. 24, 22.—A. III, 8, 2 (194). XIV, 15, 4 (417). K. I, 16, 3 ö.
Ἑβδομήϰοντα Lc. 10, 1. 17. AG. 7, 14. 23, 23. 27, 37.—1 Kön. 9, 22.—A. III, 6, 7 (145). IX, 13, 3 (270). K. I, 25, 6 ö.
ἐγϰάϑετος Lc. 20, 20.—*Job 31, 9.—K. II, 2, 5. VI, 5, 2.
ἔδαϕος AG. 22, 7.—Num. 5, 17.—A. III, 6, 2 (110). V, 5, 4 (208). K. IV, 3, 12 ö.
εἰσπηδάω AG. 16, 29.—Amos 5, 19.—A. V, 1, 15 (46). K. I, 9, 3. V, 10, 3 ö.
ἑϰατόνταϱχος AG. 22, 25. 28, 16.[412]—Ex. 18, 21.—A. VII, 10, 1 (233). IX, 7, 2 (143). K. IV, 11, 2 ö.
ἐϰβολή AG. 27, 18.—Jona 1, 5.—A. XIV, 15, 8 (444). XVII, 5, 1 (86). K. I, 31, 3 ö.
ἐϰδιηγέομαι AG. 15, 3. (13, 41 Cit.)—Hab. 1, 5.—A. III, 8, 3 (198). V, 8, 3 (279). K. I, 14, 3 ö.
ἐϰϰϱεμάννυμι Lc. 19, 48 (med.).—Gen. 44, 30.—A. VIII, 5, 2 (136). K. V, 10, 3. VII, 10, 3 (hier act.) ö.
ἐϰλείπω Lc. 16, 9. 22, 32.—Jer. 7, 28.—A. II, 7, 5 (184). IX, 13, 2 (263). K. I, 21, 11 (überall intrans.) ö.
ἐϰπέμπω AG. 13, 4. 17, 10.—Gen. 24, 54.—A. I, 12, 3 (216). II, 2, 2 (11). K. I, 5, 3.
ἐϰπηδάω AG. 14, 14.—Dt. 33, 22.—A. II, 4, 5 (54). VI, 9, 5 (191). K. II, 19, 2 ö.
ἐϰπληϱόω AG. 13, 32.—*Ex. 32, 29.[413]—A. XIX, 6, 1 (293).
ἐϰταϱάσσω AG. 16, 20.—Ps. 18, 5.—A. XI, 5, 8 (175). XV, 3, 9 (82). K. VII, 3, 2 ö.
ἐϰτελέω Lc. 14, 29 f.—Dt. 32, 45.—A. II, 12, 1 (269). VIII, 6, 3 (160). K. I, 7, 4 ö.
ἐϰτίϑημι 1) eig. AG. 7, 21.—Ap. I, 34 (308). L. 31 (154). 2) uneig. AG. 11, 4. 18, 26. 28, 23 (überall med.).—Dan. 5, 7 (act.).—A. I, 12, 2 (214). II, 2, 2 (11). X, 10, 3 (196) (überall med.) ö.
ἐϰχωϱέω Lc. 21, 21.—Num. 16, 45.—A. I, 3, 1 (74). II, 1, 1 (1). K. I, 6, 5 ö. (s. S. 136).
ἐλαιών Lc. 19, 29. 21, 37. AG. 1, 12.—Ex. 23, 11.—A. VII, 9, 2 (202). XX, 8, 6 (169). K. II, 13, 5 ö. (s. S. 124 f.).
ἐμβάλλω Lc. 12, 5.—Jona 1, 12.—A. I, 4, 3 (117). II, 4, 5 (59). K. VII, 9, 1 ö.
ἐμβιβάζω AG. 27, 6.—*Spr. 4, 11.—L. 33 (168). 71 (396).
ἐμμένω AG. 14, 22. 28, 30.—Dt. 27, 26.—A. XVIII, 8, 4 (275). XIX, 4, 2 (247). K. II, 18, 5 ö.
ἐμπιπϱάω AG. 28, 6.—Num. 31, 10.—A. XII, 5, 4 (252). XIII, 1, 5 (29). K. I, 4, 7 ö.
ἐμπνέω AG. 9, 1.—Jos. 10, 40.—A. XII, 5, 4 (256). K. V, 11, 2. VII, 8, 5.
ἐμϕανής AG. 10, 40.—Ex. 2, 14.—A. XV, 3, 3 (52). XVI, 10, 8 (337). XVII, 5, 6 (128) ö.
ἐναντίον Lc. 20, 26. 24, 19. (AG. 8, 32 Cit.)—Gen. 6, 8.—A. XVI, 10, 8 (344) ö.
ἐνδεής AG. 4, 34.—Dt. 15, 4.—A. III, 1, 1 (1). V, 1, 29 (118). K. III, 7, 2 ö.
ἐνδέχομαι (impers.) Lc. 13, 33.—Dan. 2, 11.—A. IX, 10, 2 (210). XIX, 4, 1 (237) (beide Male impers.).
ἐνέδϱα AG. 23, 16. 25, 3.—Jos. 8, 7.—A. V, 1, 15 (45). VI, 7, 2 (135). K. I, 4, 4 ö.
ἐνεδϱεύω Lc. 11, 54. AG. 23, 21.—1 Kön. 15, 5.—A. V, 2, 12 (172). VI, 14, 2 (331). K. I, 13, 3 ö.
ἔνειμι (εῖναι) Lc. 11, 41.—Job 27, 3.—A. V, 7, 2 (238). K. VI, 3, 1 (ἐνόντα wie bei Lucas).
ἐνεός AG. 9, 7.—*Jes. 56, 10.—A. IV, 8, 32 (276).
ἐνισχύω Lc. 22, 43.—2 Kön. 22, 40.—A. VII, 11, 3 (269).
ἐνοχλέω Lc. 6, 18.—Gen. 48, 1.—A. VIII, 7, 6 (202). IX, 4, 4 (65). K. I, 4, 8 ö.
ἐξάλλομαι AG. 3, 8.—Jes. 55, 12.—K. I, 22, 5. V, 7, 3. VI, 4, 2 ö.
ἔξειμι (ιέναι) AG. 13, 42. 17, 15. 20, 7. 27, 43.—*Ex. 28, 31.—A. II, 7, 5 (184). III, 10, 5 (248). K. I, 8, 7 ö.
ἑξῆς Lc. 7, 11. 9, 37. AG. 21, 1. 25, 17. 27, 18.—Dt. 2, 34.—A. III, 10, 4 (246). IV, 8, 44 (302). K. I, 15, 6 ö.
ἐξοχή AG. 25, 23.—*Job 39, 28.—A. III, 6, 5 (135). XII, 2, 4 (35). K. V, 3, 2 ö.
ἐξωϑέω AG. 7, 45. 27, 39.—Dt. 13, 5.—A. XVIII, 6, 3 (154). K. III, 9, 3. V, 8, 1 ö.
ἐπαιτέω Lc. 16, 3.—*Ps. 109, 10.—K. II, 14, 6.
ἐπανέϱχομαι Lc. 10, 35. 19, 15.—Gen. 33, 18.—A. I, 3, 5 (91). V, 2, 12 (173). K. IV, 2, 1.
ἐπαϱχία AG. 23, 34. 25, 1.—*Est. 4, 11 (?).—A. XIV, 4, 4 (76). XVIII, 2, 5 (53). K. I, 7, 7 ö. (s. S. 271 f. 281).
ἐπεγείϱω AG. 13, 50. 14, 2.—2 Chr. 21, 16.—A. VIII, 14, 2 (371). K. VI, 6, 2. VII, 8, 7 ö.
ἔπειμι (überall im Part. ἐπιοῦσα) AG. 7, 26. 16, 11. 20, 15. 21, 18. 23, 11.—*Spr. 27, 1.—A. III, 1, 6 (30). IV, 4, 2 (64). K. I, 32, 1 ö.
ἐπιλέγω (med.) AG. 15, 40.—Ex. 17, 9 (act.).—A. III, 6, 1 (104). IV, 2, 4 (28). K. II, 20, 4 (überall med.) ö.
ἐπιμέλεια AG. 27, 3.—Spr. 3, 8.—A. I, 3, 4 (83). IV, 7, 3 (167). K. I, 8, 5 ö.
ἐπιμελῶς Lc. 15, 8.—Spr. 13, 24.—A. IX, 3, 2 (42). XII, 7, 6 (318). K. I, 24, 3 ö.
ἐπινεύω AG. 18, 20.—Spr. 26, 24.—A. I, 3, 8 (99). IV, 3, 1 (35). K. I, 18, 5 ö.
ἐπίνοια AG. 8, 22.—Jer. 20, 10.—A. I, 2, 1 (54). II, 6, 2 (97). K. I, 7, 2 ö.
ἐπιποϱεύομαι Lc. 8, 4.—Lev. 26, 33.—A. XII, 10, 3 (400).
ἐπιϱϱίπτω Lc. 19, 35. (1 Ptr. 5, 7 Cit.)—Jos. 10, 11.—A. VIII, 13, 7 (353).
ἐπισιτισμός Lc. 9, 12.—Ex. 12, 39.—K. III, 5, 3.
ἐπισϰευάζω AG. 21, 15 (med.).—2 Chr. 24, 12 (act.).—A. VI, 6, 1 (96). IX, 8, 2 (165). K. I, 15, 6 (med.) ö.
ἐπιστάτης Lc. 5, 5. 8, 24 zw. 45. 9, 33. 49. 17, 13. Ex. 1, 11.—A. VIII, 2, 9 (59). Ap. II, 18 (177).
ἐπιστϱοϕή AG. 15, 3.—Ezech. 47, 7.—A. II, 14, 1 (293). VIII, 8, 5 (235). IX, 11, 2 (237) ö.
ἐπισύστασις AG. 24, 12.—Num. 16, 40.—Ap. I, 20 (149).
ἐπιχειϱέω (mit Inf.) Lc. 1, 1. AG. 9, 29. 19, 13.—2 Chr. 20, 11.—A. I, 8, 2 (167). III, 14, 4 (310). K. I, 10, 2 ö. (s. S. 52. 56 Anm. 1).
ἐπιχέω Lc. 10, 34.—Gen. 28, 18.—A. II, 16, 3 (343). XIX. 1, 13 (93). K. II, 12, 1 ö. (s. S. 114 f.).
ἑσπέϱα Lc. 24, 29. AG. 4, 3. 28, 23.—2 Kön. 11, 2.—A. I, 1, 1 (28). III, 8, 3 (199). K. I, 6, 6 ö.
εὐεϱγετέω AG. 10, 38.—Ps. 13, 6.—A. II, 11, 2 (261). IV, 8, 13 (213). K. I, 21, 12 ö.
εὐλαβής Lc. 2, 25. AG. 2, 5. 8, 2. 22, 12.—*Micha 7, 2 (?).—A. II, 9, 4 (217). VI, 9, 2 (179). XIII, 10, 1 (270) ö.
εὐποϱέω (med.) AG. 11, 29.—Lev. 25, 26.—A. XV, 9, 2 (305). XVII, 9, 3 (214). XVIII, 1, 1 (9) ö. (s. S. 201 Anm. 1).
εὐτόνως Lc. 23, 10. AG. 18, 28.—*Jos. 6, 8.—K. II, 21, 2. IV, 7, 4.
ἐϕοϱάω Lc. 1, 25. AG. 4, 29.—Ex. 2, 25.—A. II, 16, 4 (346). VII, 7, 3 (147). K. I, 3, 3 ö.
Ζεῦγος Lc. 2, 24. 14, 19.—Richt. 19, 3.—A. VII, 9, 3 (205). VIII, 13, 7 (353). XII, 4, 6 (194) ö.
Ἡγεμονία Lc. 3, 1.—Gen. 36, 30.—A. I, 10, 4 (188). IV, 3, 2 (44). K. I, 18, 3 ö. (s. S. 75. 87. 272).
Θάμβος Lc. 4, 36. 5, 9. AG. 3, 10.—Ezech. 7, 18.—K. III, 8, 8. V, 7, 4. VII, 2, 1.
ϑάϱσος AG. 28, 15.—Job 17, 9.—A. II, 12, 1 (267). V, 5, 4 (206). K. I, 19, 3 ö.
ϑέϱμη AG. 28, 3.—Job 6, 17.—K. III, 7, 28.
ϑεωϱία Lc. 23, 48.—*Dan. 5, 7.—A. II, 9, 5 (226). VIII, 5, 2 (138). K. V, 5, 2 ö.
ϑηϱεύω Lc. 11, 54.—Gen. 27, 3.—A. XIX, 6, 3 (308).
θυμιάω Lc. 1, 9.—Ex. 30, 7.—A. III, 8, 3 (198). IX, 7, 4 (155). K. I, 7, 5 ö.
Ἴασις Lc. 13, 32. AG. 4, 22. 30.—Jer. 8, 22.—A. VII, 12, 1 (294). XVIII, 7, 2 (249). XIX, 1, 20 (157).
ἱδρώς Lc. 22, 44.—Gen. 3, 19.—A. VII, 11, 6 (282). K. III, 1, 2. IV, 2, 5.
ἱερατεύω Lc. 1, 8.—Ex. 28, 1.—A. III, 8, 1 (189). XV, 7, 9 (253). XX, 10, 4 (242).
ἰκμάς Lc. 8, 6.—Jer. 17, 8.—A. III, 1, 3 (10). K. III, 7, 10. IV, 8, 3.
ἱππεύς AG. 23, 23. 32.—Gen. 50, 9.—A. II, 6, 7 (127). V, 1, 18 (64). K. I, 4, 5 ö.
ἴσως Lc. 20, 13.—1 Kön. 25, 21.—A. IV, 2, 1 (11). V, 2, 10 (157). K. IV, 2, 5 ö.
Καθίημι Lc. 5, 19. AG. 9, 25. 10, 11. 11, 5.—Ex. 17, 11.—A. II, 3, 2 (31). XX, 5, 3 (108). K. I, 8, 1 ö.
καθόλου AG. 4, 18.—Ezech. 13, 3.—A. IV, 8, 38 (286). XVI, 7, 2 (191). K. I, 18, 2 ö.
καθοπλίζω Lc. 11, 21.—Jer. 26, 9.—A. II, 16, 3 (341). V, 7, 4 (244). K. II, 17, 8 ö.
καθότι Lc. 1, 7. 19, 9. AG. 2, 24. 35. 4, 45. 17, 31.—Ex. 1, 12.—A. XVIII, 4, 3 (90).
καρποφόρος AG. 14, 17.—Jer. 2, 21.—A. IV, 5, 1 (85). K. III, 3, 3.
κατάβασις Lc. 19, 37.—Jos. 10, 11.—A. I, 4, 1 (109). VI, 6, 2 (103). K. II, 19, 8 ö.
καταδέω Lc. 10, 34.—Num. 19, 15.—A. V, 8. 11 (309). VIII, 14, 5 (390). XVII, 6, 3 (160) ö.
κατακλείω Lc. 3, 20. AG. 26, 10.—*Jer. 39, 3.—A. XIII, 14, 2 (380). XIV, 11, 7 (295). K. I, 8, 4 ö.
κατακλίνω Lc. 7, 36. 9, 14. 14, 8. 24, 30.—1 Kön. 16, 11.—A. II, 6, 6 (123). V, 6, 3 (216). VI, 4, 1 (48) ö.
κατακολουθέω Lc. 23, 55. AG. 16, 17.—Jer. 17, 16.—A. I, 8, 1 (161). V, 1, 20 (73). VI, 2, 2 (28) ö.
κατακρημνίζω Lc. 4, 29.—2 Chr. 25, 12.—A. IX, 9, 1 (191). XIII, 8, 1 (231). K. II, 3, 3 ö.
καταμένω AG. 1, 13.—Num. 22, 8.—A. VI, 12, 4 (249). VII, 8, 3 (180). K. VII, 7, 3 ö.
καταπίπτω AG. 26, 14. 28, 6.—Ps. 145, 14.—A. II, 16, 1 (336). V, 1, 6 (27). K. I, 30, 1 ö.
καταριθμέω AG. 1, 17.—2 Chr. 31, 19.—A. I, 13, 1 (223). III, 1, 4 (17). VIII, 5, 2 (138) ö.
κατασοφίζομαι AG. 7, 19.—Ex. 1, 10.—A. VI, 11, 4 (219). VII, 1, 3 (15). VIII, 15, 5 (412).
κατασύρω Lc. 12, 58.—Jer. 29, 11.—A. XIV, 8, 1 (130). K. II, 10, 2. IV, 7, 6 ö.
κατασφάζω Lc. 19, 27.—Zach. 11, 5.—A. I, 18, 6 (269). VI, 2, 2 (28). K. II, 16, 4 ö.
κατατρέχω AG. 21, 32.—Job. 16, 10.—A. VIII, 7, 6 (204). XX, 6, 2 (126). K. I, 17, 4 ö.
καταφέρω AG. 20, 9 zw. 25, 7. 26, 10.—Gen. 37, 2.—A. I, 6, 3 (141). IX, 2, 1 (19). K. II, 19, 8 ö.
καταψύχω Lc. 16, 24 (trans.).—Gen. 18, 4 (intrans.).—K. I, 2, 7 (trans.).
κατοικία AG. 17, 26.—Ex. 35, 3.—A. X, 11, 1 (223). XIV, 7, 2 (118). XVIII, 2, 3 (37) ö.
κέραμος Lc. 5, 19.—2 Kön. 17, 28.—K. IV, 8, 3.
κηρίον Lc. 24, 42.—1 Kön. 14, 27.—A. VI, 6, 3 (118). 5 (126).
κίχρημι (κιχράω) Lc. 11, 5.—1 Kön. 1, 28.—A. XIII, 6, 5 (204). K. III, 8, 4. V, 12, 3.
κοιτών AG. 12, 20.—Ex. 8, 3.—L. 68 (382) (s. S. 210).
κοπετός AG. 8, 2.—Gen. 50, 10.—K. II, 1, 2.
κόραξ Lc. 12, 24.—Gen. 8, 6.—A. I, 3, 5 (91). VIII, 13, 2 (319).
κόρος (hebr. Mass) Lc. 16, 7.—3 Kön. 4, 22.—A. III, 15, 3 (321). VIII, 2, 4 (40). IX, 11, 2 (238) ö.
κουφίζω AG. 27, 38.—Jona 1, 5.—K. II, 6, 3. 20, 1. IV, 6, 1.
κράτιστος Lc. 1, 3. AG. 23, 26. 24, 3. 26, 25.—Ps. 16, 6.—A. XI, 3, 4 (44). XX, 1, 2 (12). L. 76 (430) ö. (s. S. 53).
Λαμπρότης AG. 26, 13.—Jes. 60, 3.—A. IX, 10, 4 (223). XI, 8, 6 (342). K. V, 6, 3 ö.
λεπίς AG. 9, 18.—Lev. 11, 9.—A. III, 6, 3 (117). 8 zw. (147. 149).
λιμήν AG. 27, 8. 12 zw.—*Ps. 107, 30.—A. XIV, 4, 4 (76). XIX, 9, 1 (359). K. I, 21, 5 ö.
λίψ AG. 27, 12.—Gen. 13, 14.—A. III, 12, 6 (294). XV, 9, 6 (333). K. I, 21, 5 ö.
λοιμός Lc. 21, 11. AG. 24, 5.—Ps. 1, 1.—A. IV, 6, 6 (127). IX, 14, 3 (289). K. I, 19, 4 ö.
λυμαίνομαι AG. 8, 3.—Ps. 80, 14.—A. III, 6, 5 (135). XII, 5, 4 (256). K. II, 13, 4 ö.
Μανία AG. 26, 24.—Hos. 9, 8.—A. II, 15, 5 (330). VI, 12, 2 (245). K. I, 25, 4 ö.
μαντεύομαι AG. 16, 16.—Dt. 18, 10.—A. VI, 14, 2 (330). Ap. I, 34 (306).
μεγαλεῖον AG. 2, 11.—Ps. 71, 19.—A. VIII, 2, 5 (49). XV, 6, 6 (187). Ap. II, 16 (157).
μεσημβρία AG. 8, 26. 22, 6.—Gen. 18, 1.—A. III, 6, 7 (146). XVIII, 9, 7 (365). K. III, 3, 1 ö.
μεταβάλλω (med.) AG. 28, 6.—Jos. 8, 21.—A. I, 3, 1 (72). IV, 6, 10 (143). K. I, 15, 5 ö.
μετακαλέω AG. 7, 14. 10, 32. 20, 17. 24, 25 (überall med.).—*Hos. 11, 1 (act.).—A. II, 9, 5 (226). VII, 7, 1 (131). VIII, 13, 2 (321) (überall med.) ö.
μεταπέμπω (med.) AG. 10, 5. 22. 29. 24, 24. 26. 25, 3.—Gen. 27, 45.—A. I, 12, 1 (209). II, 5, 4 (78). K. I, 16, 4 ö.
μετεωϱίζω (pass.) Lc. 12, 29.—Ezech. 10, 16 f.—A. XVI, 4, 6 (135, s. S. 116).
μετοιϰίζω AG. 7, 4. (43 Cit.)—1 Chr. 5, 6.—A. I, 1, 4 (51). II, 6, 9 (165). V, 9, 1 (318) ö.
μηδαμῶς AG. 10, 14. 11, 8.—Gen. 18, 25.—A. XVIII, 1, 5 (20). 3, 4 (70). XIX, 1, 10 (69) ö.
μνᾶ Lc. 19, 13. 16 zw. 18. 20. 24 zw. 25.—Esra 2, 69.—A. II, 3, 3 (33). VIII, 7, 2 (180). XI, 3, 10 (73) ö.
Ναῦς AG. 27, 41.—3 Kön. 9, 26.—A. IX, 1, 4 (17). X, 11, 7 (279). K. III, 9, 2 ö.
νεανίας AG. 7, 58. 20, 9. 23, 17.—2 Kön. 6, 1.—A. V, 2, 8 (143). VII, 11, 7 (284). K. 1, 10, 7 ö.
Ὀγδοήϰοντα Lc. 2, 37. 16, 7.—Gen. 5, 28.—A. IX, 4, 4 (62). X, 9, 4 (171). K. I, 1, 5 ö.
ὁδεύω Lc. 10, 33.—*3 Kön. 6, 12 (?).—A. I, 16, 1 (244). II, 7, 5 (185). K. I, 13, 7 ö.
ὀδυνάω Lc. 2, 48. 16, 24 f. AG. 20, 38.—Jes. 40, 29.—A. VI, 7, 5 (155). VII, 2, 1 (46). K. I, 23, 5 ö.
οἴϰημα AG. 12, 7.—*Ezech. 16, 24.—A. VIII, 5, 2 (137). XIV, 15, 11 (455). K. I, 21, 10 ö.
οἰϰοδόμος AG. 4, 11.—4 Kön. 12, 11.—A. VII, 3, 2 (66). VIII, 2, 9 (60). IX, 8, 2 (164) ö.
οἰϰονομέω Lc. 16, 2.—*Ps. 112, 5.—A. XII, 2, 4 (34). XVI, 3, 3 (79). XVIII, 6, 11 (238) ö.
ὀϰνέω (mit Infin.) AG. 9, 38.—Num. 22, 16.—A. II, 6, 7 (128). VII, 3, 1 (64). K. VII, 4, 2 ö.
ὄμβϱος Lc. 12, 54.—Dt. 32, 2.—A. I, 3, 8 (101). II, 16, 3 (343). K. II, 8, 11 ö.
ὁμιλέω Lc. 24, 14 f. AG. 20, 11. 24, 26.—Spr. 5, 19.—A. V, 4, 2 (191). XI, 5, 6 (159). K. II, 21, 4 ö.
ὄνειδος Lc. 1, 25.—Gen. 30, 23.—A. IV, 8, 2 (190). VII, 8, 1 (168). K. II, 16, 4 ö.
ὀπτός Lc. 24, 42.—Ex. 12, 8 f.—A. I, 4, 3 (116). III, 10, 7 (255). K. VII, 10, 3 ö.
ὀϱεινή Lc. 1, 39. 65.—Gen. 14, 10.—A. V, 2, 4 (128). XII, 7, 5 (313). K. I, 1, 5 ö.
Πανοιϰί AG. 16, 34.—*Ex. 1, 1.—A. IV, 4, 4 (70). V, 1, 2 (11). IX, 8, 3 (168) ö.
πανταχῆ AG. 21, 28.—Jes. 24, 11.—K. I, 7, 4.
παϱαβιάζομαι Lc. 24, 29. AG. 16, 15.—Gen. 19, 9.—Ap. II, 32 (233).
παϱάλιος, ἡ Lc. 6, 17.—Dt. 33, 19.—A. XV, 7, 3 (217). K. I, 13, 1. Ap. I, 12 (61) ö.
παρανομέω AG. 23, 3.—Ps. 26, 4.—A. IV, 2, 4 (27). VI, 5, 6 (92), K. I, 2, 4 ö.
παρατείνω (trans.) AG. 20, 7.—Ps. 36, 11.—A. I, 3, 9 (105). XII, 11, 2 (428). K. III, 10, 3 ö.
παρθενία Lc. 2, 36.—Jer. 3, 4.—A. I, 16, 2 (248). IV, 8, 23 (248). VII, 8, 1 (163).
πατρῷος AG. 22, 3. 24, 14. 28, 17.—Spr. 27, 10.—A. II, 13, 1 (278). IV, 6, 2 (102). K. I, 2, 3 ö. (s. S. 249 f. 268).
πεδινός Lc. 6, 17.—Dt. 4, 43.—A. XII, 7, 3 (298, subst.). XIII, 6, 7 (217).
πενιχρός Lc. 21, 2.—Ex. 22, 25.—A. XIII, 3, 3 (72). K. IV, 3, 12.
πεντεκαιδέκατος Lc. 3, 1.—Ex. 16, 1.—A. XV, 4, 1 (89). K. II, 17, 7. V, 6, 4 ö.
περικυκλόω Lc. 19, 43.—4 Kön. 6, 14.—A. VI, 14, 7 (369). VIII, 11, 3 (282). 15, 5 (414) (s. S. 136).
περιμένω (mit Acc.) AG. 1, 4.—Gen. 49, 18.—A. I, 12, 3 (219). II, 5, 2 (69). K. II, 2, 5 ö.
περίοικος, ὁ Lc. 1, 58.—Dt. 1, 7.—A. III, 2, 1 (40). XVI, 9, 1 (272). L. 14 (78) ö.
περιοχή AG. 8, 32.—2 Kön. 5, 7. 9.—K. V, 4, 3. 5, 3.
περισπάω (pass.) Lc. 10, 40.—Pred. 1, 13.—A. V, 1, 15 (46). VIII, 2, 3 (38). K. I, 11, 7 ö.
πιέζω Lc. 6, 38.—*Micha 6, 15.—A. II, 10, 1 (241). (Die Form πιεζέω A. XX, 2, 5 [51].)
πολίτης Lc. 15, 15. 19, 14. AG. 21, 39.—Gen. 23, 11.—A. II, 6, 3 (101). IV, 8, 46 (314). K. IV, 4, 3 ö.
πραγματεύομαι Lc. 19, 18.—Dan. 8, 27.—A. II, 6, 9 (161). IV, 1, 1 (1). K. I, 28, 1 ö.
προβάλλω Lc. 21, 30. AG. 19, 33.—Spr. 26, 18.—A. IV, 8, 19 (226). V, 8, 6 (290). K. I, 31, 5 ö.
προσδοκία Lc. 21, 26. AG. 12, 11.—Gen. 49, 10.—A. III, 8, 10 (219), V, 10, 4 (351). K. IV, 2, 3 ö.
προσποιέω (med.) Lc. 24, 28.—1 Kön. 21, 13.—A. I, 8, 1 (162). V, 1, 15 (45). K. I, 23, 5 ö.
προσφάτως AG. 18, 2.—Dt. 24, 7.—A. X, 11, 7 (264).
προϋπάρχω Lc. 23, 12. AG. 8, 9.—Job 42, 18.—A. I, 19, 4 (290). IV, 6, 5 (125). K. VII, 3, 2 ö.
προφέρω Lc. 6, 45.—*Spr. 10, 13.—A. I, 19, 9 (314). IV, 8, 14 (216). K. II, 21, 3 ö.
πτοέω (pass.) Lc. 21, 9. 24, 37.—1 Chr. 22, 13.—K. I, 30, 4. III, 7, 22. IV, 2, 4 ö.
Ῥῆγμα Lc. 6, 49.—3 Kön. 11, 30 f.—K. VI, 6, 2.
Σάλος Lc. 21, 25.—Jona 1, 15.—A. IV, 3, 3 (51). VII, 10, 2 (239). K. VII, 8, 5 ö.
σανίς AG. 27, 44.—4 Kön. 12, 9.—A. IV, 8, 37 (283). VIII, 3, 2 (68). K. III, 7, 29 ö.
σέβομαι AG. 13, 43. 50. 16, 14. 17, 4. 17. 18, 7. 13. 19, 27. (Mt. 15, 9. Mc. 7, 7 Cit.)—Jos. 4. 24.—A. VIII, 7, 5 (192). IX, 9, 2 (193). XII, 3, 2 (126) ö. (s. S. 216).
σιτίον AG. 7, 12.—Spr. 30, 22.—A. III, 5, 8 (99). IV, 8, 26 (270). K. V, 9, 4 ö.
σκάφη AG. 27, 16. 30. 32.—*Dan. 14 (Bel), 32.—Ap. II, 2 (11).
σκιρτάω Lc. 1, 41. 44. 6, 23.—Gen. 25, 22.—K. V, 3, 4.
σκῦλον Lc. 11, 22.—1 Kön. 30, 20.—A. VII, 7, 5 (161). XII, 7, 4 (309). K. II, 18, 2.
στρατηγός Lc. 22, 4. 52. AG. 4, 1. 5, 24. 26. 16, 20. 22. 35 f.—1 Kön. 29, 3.—A. III, 5, 1 (78). XX, 6, 2 (131). K. I, 1, 3 ö.
στρατιά Lc. 2, 13. AG. 7, 42.—2 Chr. 33, 3.—A. III, 5, 8 (99). IV, 4, 5 (76). K. I, 4, 4 ö.
στρατόπεδον Lc. 21, 20.—Jer. 41, 1.—A. II, 16, 6 (349). III, 2, 4 (55). K. V, 2, 3 ö.
συγγένεια Lc. 1, 61. AG. 7, 14. (3 Cit.)—Gen. 12, 1.—A. I, 8, 1 (165). IV, 8, 45 (309). K. III, 9, 5 ö.
συγκαλτύπτω Lc. 12, 2.—Gen. 9, 23.—A. IX, 10, 2 (209). K. V, 10, 3.
συγκαταβαίνω AG. 25, 5.—Ps. 49, 18.—K. VI, 2, 5.
συγκατατίθημι (med.) Lc. 23, 51.—Ex. 23, 1.—A. VIII, 6, 5 (166). XIX, 4, 2 (245). XX, 1, 2 (13) ö.
συγκομίζω AG. 8, 2.—Job 5, 26.—A. III, 6, 1 (104). V, 1, 5 (26). K. VI, 2, 7 ö.
συγχέω AG. 2, 6. 19, 32. 21, 27.—Gen. 11, 7. 9.—A. II, 4, 5 (55). VI, 7, 4 (143). K. I, 16, 4 ö.
σύγχυσις AG. 19, 29.—1 Kön. 5, 11.—A. I, 4, 3 (117). VI, 1, 1 (2). K. II, 14, 6 ö.
συκοφαντέω Lc. 3, 14. 19, 8.—Spr. 14, 31.—A. X, 7, 3 (114). Ap. II, 4 (42). L. 11 (52) ö.
συλλογίζομαι Lc. 20, 5.—Jes. 43, 18.—K. I, 28, 3. IV, 3, 1. Ap. I, 16 (103).
συμβάλλω 1) trans. Lc. 2, 19. AG. 4, 15. 17, 18.—Jer. 50, 3.—A. I, 3, 9 (105). II, 5, 3 (72). K. III, 8, 3 ö. 2) intrans. “zusammentreffen”: a) freundlich: AG. 20, 14.—2 Chr. 25, 19.—A. I, 12, 3 (219). II, 3, 4 (38). K. I, 25, 1 ö. b) feindlich: Lc. 14, 37 (εἰς πόλεμον).—A. V, 7, 4 (245). VI, 7, 2 (135). K. I, 9, 4 (überall εἰς μάχην) ö. 3) med. “beitragen”: AG. 18, 27.—Jes. 46, 6.—A. XI, 1, 2 (7). XII, 7, 4 (312). K. I, 11, 4 ö.
συμπεριλαμβάνω AG. 20, 10.—Ezech. 5, 3.—Ap. II, 3 (32).
συμπίνω AG. 10, 41.—*Est. 7, 1.—L. 44 (224).
συμπίπτω Lc. 6, 49.—Ezech. 30, 4.—A. VII, 1, 4 (22). XIII, 3, 1 (67). K. I, 17, 4 ö.
συμφωνία Lc. 15, 25.—Dan. 3, 5.—Ap. II, 16 (170). 19 (179).
συναθροίζω AG. 12, 12. 19, 25.—Ex. 35, 1.—A. III, 5, 3 (84). V, 1, 9 (32). K. I, 17, 9 ö.
συναϱπάζω Lc. 8, 29. AG. 6, 12. 19, 29. 27, 15.—*Spr. 6, 25.—A. VII, 8, 3 (177). XIX, 1, 20 (157). K. VII, 10, 1 ö.
σύνειμι (εῖναι, mit Dativ) Lc. 9, 18. AG. 22, 11.—Jer. 3, 20.—A. III, 5, 1 (75). IV, 8, 7 (203). K. I, 23, 5 ö.
συνεπιτίϑημι (med.) AG. 24, 9.—Dt. 32, 27.—A. IX, 7, 2 (143). X, 7, 4 (116). XIII, 2, 1 (38) ö.
συνοδία Lc. 2, 44.—Neh. 7, 5.—A. VI, 12, 1 (243). K. II, 21, 1.
συνοϱάω AG. 12, 12. 14, 6.—*Dan. 3, 14.—A. II, 6, 8 (157). VIII, 5, 1 (132) K. II, 7, 2 ö.
συντόμως AG. 24, 4.—Spr. 13, 23.—A. II, 15, 1 (315). K. III, 3, 5. Ap. I, 1 (3) ö.
συστϱοϕή AG. 19, 40. 23, 12.—4 Kön. 15, 15.—K. IV, 10, 4.
σϕοδϱῶς AG. 27, 18.—Jos. 3, 16.—A. IX, 3, 2 (37). 4, 4 (67). X, 7, 4 (116).
σχολή AG. 19, 9.—Gen. 33, 14.—A. XIII, 5, 10 (174). XVII, 5, 4 (104). Ap. I, 10 (53) ö.
Τακτός AG. 12, 21.—*Job 12, 5.—A. VIII, 15, 2 (396).
τάϱαχος AG. 12, 18. 19, 23.—*1 Kön. 5, 9.—K. IV, 9, 2.
τεσσαϱεσϰαιδέϰατος AG. 27, 27. 33.—Gen. 14, 5.—A. II, 14, 6 (311). III, 10, 5 (248). K. V, 3, 1 ö.
τιμωϱέω (mit Acc.) AG. 22, 5. 26, 11.—Ezech. 5, 17 (med.).—A. II, 6, 4 (107). IV, 6, 11 (147). VII, 4, 4 (93) (überall act. mit Acc.) ö.
τοῖχος AG. 23, 3.—Ex. 30, 3.—A. I, 3, 2 (78). III, 6, 4 (130). K. I, 21, 10 ö.
τϱαῦμα Lc. 10, 34.—Gen. 4, 23.—A. IV, 5, 2 (92). VII, 1, 1 (3). K. I, 10, 2 ö.
τϱαυματίζω Lc. 20, 12. AG. 19, 16.—1 Kön. 31, 3.—Ap. II, 34 (243).
τϱαχύς AG. 27, 29. (Lc. 3, 5 Cit.)—*Jos. 40, 4.—A. VII, 10, 2 (239). XIII, 13, 5 (375). K. II, 16, 4 ö.
τϱισχίλιοι AG. 2, 41.—Ex. 32, 28.—A. VII, 14, 1 (335). VIII, 2, 5 (44). K. I, 4, 5 ö.
τϱυγών Lc. 2, 24.—Gen. 15, 9.—A. III, 9, 3 (230).
Ὑγϱός Lc. 23, 31.—Richt. 16, 7.—A. IV, 8, 26 (267).
ὑπεϱοϱάω AG. 17, 30.—Gen. 42, 21.—A. II, 6, 8 (146). VI, 13, 3 (281). K. II, 14, 4 ö.
ὑπεϱῷον AG 1, 13. 9, 37. 39. 20, 8.—2 Kön. 18, 33.—A. VII, 14, 10 (375). K. V, 4, 3. L. 30 (146) ö.
ὑποστϱώννυμι Lc. 19, 36.—Jes. 58, 5.—A. IX, 6, 2 (111). XVIII, 6, 7 (204).
ὑϕαίνω Lc. 12, 27.—Richt. 16, 13.—A. III, 6, 4 (131). V, 1, 10 (33). XI, 3, 5 (50) ö.
Φαντασία AG. 25, 23.—Zach. 10, 1.—A. VIII, 4, 2 (106). XII, 2, 9 (75). K. III, 7, 14 ö.
ϕάϱαγξ Lc. 3, 5.—Dt. 4, 46.—A. IV, 8, 16 (221). VII, 3, 1 (63). K. I, 4, 4 ö.
ϕάτνη Lc. 2, 7, 12. 16. 13, 15.—Jes. 1, 3.—A. VIII, 2, 4 (41).
ϕιλόσοϕος AG. 17, 18.—*Dan. 1, 20.—A. XII, 2, 13 (101). Ap. I, 22 (176). II, 16 (168) ö.
ϕύλαξ AG. 5, 23. 12, 6. 19.—Gen. 4, 9.—A. I, 21, 1 (340). II, 9, 4 (218). K. I, 13, 4 ö.
Χάϱαξ Lc. 19, 43.—Jes. 29, 3.—A. XV, 5, 1 (112). XX, 4, 2 (86). L. 43 (214) ö.
χάσμα Lc. 16, 26.—2 Kön. 18, 17.—A. VI, 2, 2 (27). VII, 10, 2 (242). K. V, 13, 6.
χειμάζω AG. 27, 18.—Spr. 26, 10.—A. I, 3, 8 (101). XII, 3, 3 (130). K. I, 27, 1 ö.
χειϱαγωγέω AG. 9, 8. 22, 11.—*Richt. 16, 26 (?).—A. V, 8, 12 (315).
Ὠόν Lc. 11, 12.—Dt. 22, 6.—A. XII, 2, 9 dr. (67-69).
[412] An den übrigen bei Grimm s. v. angeführten Stellen liest Tischendorf ἑϰατοντάϱχης.
[413] Tischendorfs Lesart ἐπληϱώσατε] scheint blosser Druckfehler zu sein, da der hebräische Text und der Zusammenhang (vgl. V. 27) einen Imperativ fordern.
Ἁγνισμός AG. 21, 26.—Num. 6, 5.
ἀμπελουϱγός Lc. 13, 7.—2 Chr. 26, 10.
ἀναβαϑμός AG. 21, 35. 40.—3 Kön. 10, 19 f.
ἀναγνωϱίζω AG. 7, 13.—*Gen. 45, 1.
ἀναϕωνέω Lc. 1, 42.—1 Chr. 15, 28.
ἀνάψυξις AG. 3, 19.—Ex. 8, 15.
ἀνετάζω AG. 22, 24. 29.—*Richt. 6, 29 (?).
ἀνταπόδομα Lc. 14, 12. (Röm. 11, 9 Cit.)—Gen. 50, 15.
ἀντιπίπτω AG. 7, 51.—Num. 27, 14.
ἀποτινάσσω Lc. 9, 5. AG. 28, 5.—Klagel. 2, 7.
ἀποϕϑέγγομαι AG. 2, 4. 14. 26, 25.—Ps. 59, 8.
ἀϱγυϱοϰόπος AG. 19, 24.—Richt. 17, 4.
ἀστϱάπτω Lc. 17, 24. 24, 4.—2 Kön. 22, 15.
Βαλλάντιον Lc. 10, 4. 12, 33. 22, 35 f.—Job 14, 17.
βϱύχω AG. 7, 54.—Job 16, 9.
βϱώσιμος Lc. 24, 41.—Lev. 19, 23.
Γάζα AG. 8, 27.—Esra 5, 17.
γνώστης AG. 26, 3.—1 Kön. 28, 3.
Δεϰαοϰτώ Lc. 13, 4. 11.—Richt. 3, 14.
διαγογγύζω Lc. 15, 2. 19, 7.—Ex. 15, 24.
διανεύω Lc. 1, 22.—Ps. 35, 19.
διανόημα Lc. 11, 17.—Jes. 55, 9.
διαπϱίω AG. 5, 33. 7, 54.—1 Chr. 20, 3.
δοϱϰάς AG. 9, 36. 39.—Dt. 12, 15.
δοχή Lc. 5, 29. 14, 13.—Gen. 21, 8.
δυσβάσταϰτος Lc. 11, 46.—Spr. 27, 3.
Ἐδαφίζω Lc. 19, 44.—Jes. 3, 26.
ἐκμυκτηρίζω Lc. 16, 14. 23, 35.—Ps. 2, 4.
ἐκψύχω AG. 5, 5. 10. 12, 23.—Ezech. 21, 7.
ἔναντι Lc. 1, 8. AG. 7, 10. 8, 21.—Num. 11, 1.
ἐννεύω Lc. 1, 62.—Spr. 6, 13.
ἐνωτίζομαι AG. 2, 14.—Gen. 4, 23.
ἐξαστράπτω Lc. 9, 29.—Ezech. 1, 4.
ἐπιβιβάζω Lc. 10, 34. 19, 35. AG. 23, 24.—2 Kön. 6, 3.
ἐπιστηρίζω AG. 14, 22. 15, 32. 41.—Jes. 36, 6.
ἐρείδω (intrans.) AG. 27, 41.—Spr. 4, 4.
εὖγε Lc. 19, 17.—Ps. 35, 25.
εὐφροσύνη AG. 14, 17. (2, 28 Cit.)—Jes. 65, 14.
ἐφάλλομαι AG. 19, 16.—1 Kön. 10, 6.
ἐφημερία Lc. 1, 5. 8.—1 Chr. 23, 6.
Ζήτημα AG. 15, 2. 18, 15. 23, 29. 25, 19. 26, 3.—Ezech. 36, 37 (?).
Καίγε Lc. 19, 42. (AG. 2, 18 Cit.)—*Job 15, 10.
κατακληρονομέω AG. 13, 19.—Num. 34, 18.
κατανύσσω AG 2, 37.—Gen. 34, 7.
κατάσχεσις AG. 7, 5. 45.—Gen. 17, 8.
κοπρία Lc. 14, 35.—1 Kön. 2, 8.
κόπριον Lc. 13, 8.—Jer. 32, 19.
Λαξευτός Lc. 23, 53.—Dt. 4, 49. (Das Verbum λαξεύω A. XII, 7, 6 [318].)
λυτρωτής AG. 7, 35.—Lev. 25, 31.
Μαστίζω AG. 22, 25.—Num. 22, 25.
μίσθωμα AG 28, 30.—Dt. 23, 18.
Νοσσιά Lc. 13, 34.—Dt. 22, 6.
νοσσός Lc. 2, 24.—Lev. 12, 6. (νεοττός Ap. II, 29 [213].)
Ὁλοκληρία AG. 3, 16.—Jes. 1, 6.
ὀπτάνω (pass.) AG. 1, 3.—3 Kön. 8, 8.
ὀρθρίζω Lc. 21, 38.—Gen. 19, 2.
ὀρθρινός Lc. 24, 22.—Hos. 6, 4.
ὀφρύς Lc. 4, 29.—Lev. 14, 9.
Παρακαλύπτω Lc. 9, 45.—Jes. 44, 8.
παρενοχλέω AG. 15, 19.—Job 16, 3.
πλημμύρα Lc. 6, 48.—Job 40, 18.
πνοή AG. 2, 2. 17, 25.—Gen. 2, 7.
πράκτωρ Lc. 12, 58.—Jes. 3, 12.
προπορεύομαι Lc. 1, 76. (AG. 7, 40 Cit.)—Gen. 32, 16 f.
προσαναβαίνω Lc. 14, 10.—Ex. 19, 23.
προσδέομαι AG. 17, 25.—Spr. 12, 9.
προσλαλέω AG. 13, 43. 28, 20.—*Ex. 4, 16 (?).
προχειρίζω AG. 3, 20. 22, 14. 26, 16.—Jos. 3, 12.
πρωτοστάτης AG. 24, 5.—Job 15, 24.
Σίκερα Lc. 1, 15.—Lev. 10, 9.
σιτευτός Lc. 15, 23. 27. 30.—Jer. 26, 21.
σκάπτω Lc. 6, 48. 13, 8. 16, 3.—Jes. 5, 6.
σκληροτράχηλος AG. 7, 51.—Ex. 33, 3.
σορός Lc. 7, 14.—Gen. 50, 26.
σπαργανόω Lc. 2, 7. 12.—Ezech. 16, 4.
στεῖρος Lc. 1, 7. 36. 23, 29.—Gen. 11, 30.
στερεόω AG. 3, 7. 16. 16, 5.—Ps. 33, 6.
στιγμή Lc. 4, 5.—Jes. 29, 5.
συγκύπτω Lc. 13, 11.—Job 9, 27.
συκάμινος Lc. 17, 6.—3 Kön. 10, 27. (Das Adjectiv συκαμίνινος A. VIII, 7, 4 [188].)
Ὑπερεκχύννω Lc. 6, 38.—Joel 2, 24 (?).
Φόβητρον Lc. 21, 11.—Jes. 19, 17.
φρύγανον AG. 28, 3.—Jes. 40, 24.
Χορός Lc. 15, 25.—Ex. 15, 20.
χόρτασμα AG. 7, 11.—Gen. 24, 25.
χρεωφειλέτης Lc. 7, 41. 16, 5.—Spr. 29, 13.
χρώς AG. 19, 12.—Lev. 13, 2.
Ἄγνωστος AG 17, 23.—K. V, 6, 2. Ap. I, 22 (166). II, 16 (167) ö.
ἀγοραῖος AG. 17, 5. 19, 38.—A. XIV, 10, 21 (245, s. S. 235).[414]
ἀγωνία Lc. 22, 44.—A. VI, 6, 2 (107). VIII, 14, 2 (373). K. III, 7, 22 ö.
αἴτιον (= αἰτία) Lc. 23, 4. 14. 22. AG. 19, 40.—A. I, 3, 5 (89). II, 8, 2 (198). K. I, 4, 4 ö.
ἀκωλύτως AG. 28, 31.—A. XII, 2, 13 (104). XVI, 2, 4 (41). 6, 3 (166).
ἀμάρτυρος AG. 14, 17.—A. XIV, 7, 2 (111).
ἀναδίδωμι AG. 23, 33.—A. I, 16, 2 (249). XVI, 10, 9 (354). K. II, 10, 2 ö. (s. S. 257).
ἀναίδεια Lc. 11, 8.—A. XVII, 5, 5 (119). XX, 8, 8 (181). K. I, 11, 3 ö.
ἀναντίρρητος AG. 19, 36.—Ap. I, 21 (160).
ἀνάπηρος Lc. 14, 13. 21.—A. VII, 3, 1 (61).
ἀνασκευάζω AG. 15, 24.—A. XIV, 15, 3 (406). 4 (418). K. VI, 3, 4 ö.
ἀνατρέφω AG. 7, 20 f. 22, 3.—A. I, 13, 3 (231). II, 9, 7 (232). IV, 8, 24 (261) ö.
ἀνευρίσκω Lc. 2, 16. AG. 21, 4.—K. VII, 5, 2.
ἀνϑύπατος AG. 13, 7 f. 12. 18, 12. 19, 38.—A. XIV, 10, 18 (236). 21 (244). XVI, 6, 6 (171) ö.
ἄντιϰϱυς (mit Gen.) AG. 20, 15.—A. XII, 8, 4 (341). XV, 11, 5 (410). K. II, 18, 12 ö.
ἀντίπεϱα Lc. 8, 26.—A. II, 16, 3 (341, in der Form ἀντιπέϱαν).
ἀποδέχομαι Lc. 8, 40. 9, 11. AG. 2, 41. 18, 27. 21, 17. 24, 3. 28, 30.—A. VII, 1, 2 (8). IX, 2, 1 (26). K. II, 21, 7 ö.
ἀποϰατάστασις AG. 3, 21.—A. XI, 3, 8 (63). 4, 6 (98).
ἀποπλέω AG. 13, 4. 14, 26. 20, 15. 27, 1.—A. XIV, 8, 3 (137). 9, 1 (156). XVI, 2, 2 (16) ö.
ἀποϕοϱτίζομαι AG. 21, 3.—K. I, 8, 6. 13, 8.
ἀποψύχω Lc. 21, 26.—A. XIX, 1, 15 (114).
ἀϱχιεϱατιϰός AG. 4, 6.—A. IV, 4, 7 (83). VI, 6, 3 (115). K. IV, 3, 10.
ἀσιτία AG. 27, 21.—A. XII, 7, 1 (290).
ἄσιτος AG. 27, 33.—A. VI, 14, 6 (360). X, 11, 6 (258).
ἀσϰέω AG. 24, 16.—A. I, 2, 2 (64). III, 5, 1 (78). K. II, 20, 7 ö.
ἀσμένως AG. 21, 17.—A. I, 19, 6 (298). III, 4, 2 (73). K. I, 4, 8 ö.
ἆσσον AG. 27, 13.—A. I, 20, 1 (328). XIX, 2, 4 (198).
ἀσώτως Lc. 15, 13.—A. XII, 4, 8 (203). (Das Adjectiv Spr. 7, 11. K. IV, 11, 4, s. S. 119.)
αὐτόπτης Lc. 1, 2.—A. XVIII, 9, 5 (342). XIX, 1, 15 (125). K. III, 9, 5 ö. (s. S. 56).
αὐτόχειϱ AG. 27, 19.—A. II, 3, 2 (31). VI, 11, 9 (238). X, 9, 3 (166) ö.
ἄϕιξις AG. 20, 29.—A. II, 2, 4 (18). VII, 10, 4 (247). K. I, 22, 1 ö. (s. S. 240).
ἀχλύς AG. 13, 11.—A. IX, 4, 3 zw. (56 f.).
Βάτος (hebr. Mass) Lc. 16, 6.—A. VIII, 2, 9 (57). 3, 5 (80).
Δεισιδαιμονία AG. 25, 19.—A. X, 3, 2 (42). XII, 1, 1 (5). K. I, 5, 3 ö. (s. S. 227).
δεσμέω Lc. 8, 29.—K. I, 3, 1. 5, 2. III, 8, 9 ö.
δεσμοϕύλαξ AG. 16, 23. 27. 36.—A. II, 5, 1 (61).
δημοσίᾳ AG. 16, 37. 18, 28. 20, 20.—A. III, 2, 4 (55). IV, 4, 6 (78). K. II, 17, 10 ö.
δημόσιος AG. 5, 18.—A. III, 9, 4 (233). IV, 8, 16 (221). K. II, 12, 2 ö.
διάγνωσις AG. 25, 21.—A. I, 1, 4 (42). III, 4, 1 (72). K. II, 2, 2 ö.
διαλαλέω Lc. 1, 65. 6, 11.—A. XV, 7, 3 (213). K. I, 30, 3. IV, 1, 5 ö.
διανύω AG. 21, 7.—A. II, 9, 1 (204). X, 3, 1 (36). K. V, 2, 1 ö.
διαπλέω AG. 27, 5.—A. XV, 3, 2 (46). XVI, 2, 2 (23). K. II, 7, 1 ö.
διαποϱέω Lc. 9, 7. AG. 2, 12. 5, 24. 10, 17.—A. Vw. 4 (18). XI, 6, 13 (289). K. I, 7, 2 ö.
διαταϱάσσω Lc. 1, 29.—A. II, 6, 6 (120). XIII, 11, 2 (313). K. I, 3, 5 ö.
διαχειϱίζω (med.) AG. 5, 30. 26, 21.—A. XV, 6, 2 (173). XVI, 4, 3 (115). K. I, 5, 3.
διαχλευάζω AG. 2, 13.—A. XV, 7, 4 (220). K. II, 14, 3. IV, 5, 4.
διερωτάω AG. 10, 17.—K. I, 11, 8. 33, 3. VI, 5, 3.
διϊσχυρίζομαι Lc. 22, 59. AG. 12, 15.—A. II, 6, 4 (106). XVII, 12, 2 (336).
Ἔγκλημα AG. 23, 29. 25, 16.—A. II, 6, 6 (120). III, 4, 1 (69). K. I, 4, 8 ö.
ἔγχυος Lc. 2, 5.—A. IV, 8, 33 (278). VII, 7, 1 (131). IX, 4, 6 (91) ö.
ἐθίζω Lc. 2, 27.—A. XI, 1, 3 (16). XIV, 10, 23 (257). Ap. I, 22 (209) (überall part. pf. pass.) ö.
εἰσκαλέω AG. 10, 23.—A. XI, 6, 10 (252). XVII, 5, 3 (93). K. I, 32, 1 ö.
εἰστρέχω AG. 12, 14.—A. VII, 14, 6 (359). IX, 7, 4 (154). L. 67 (376) ö.
ἔκδοτος AG. 2, 23.—A. VI, 13, 9 (316). XIV, 13, 8 (355). K. III, 7, 31 ö.
ἐκεῖσε AG. 21, 3. 22, 5.—A. VIII, 13, 7 (350).
ἐκκομίζω Lc. 7, 12.—A. II, 9, 5 (224). IX, 4, 5 (80). K. II, 9, 3 ö.
ἐκλαλέω AG. 23, 22.—A. XVI, 11, 4 (375).
ἐκπλέω AG. 15, 39. 18, 18. 20, 6.—A. XVII, 9, 3 (222). XVIII, 7, 2 (247). K. I, 24, 4 ö.
ἐκτένεια AG. 26, 7.—A. VII, 9, 8 (231).
ἐμμαίνομαι AG. 26, 11.—A. XVII, 6, 5 (174, s. S. 280).
ἐξαιτέω (med.) Lc. 22, 31.—A. XV, 3, 8 (77). XVI, 9, 1 (277). K. I, 20, 3 ö.
ἔξυπνος AG. 16, 27.—A. XI, 3, 2 (34).
ἐπάναγκες AG. 15, 28.—A. XVI, 11, 2 (365).
ἐπειδήπερ Lc. 1, 1.—A. I, 1, 2 (34). V, 1, 20 (74). K. I, 9, 3 ö. (s. S. 56).
ἐπιβοάω AG. 25, 24.—A. VI, 6, 5 (125). XI, 3, 7 (57). K. IV, 4, 5 ö.
ἐπιβουλή AG. 9, 24. 20, 3. 19. 23, 30.—A. II, 8, 1 (197). IV, 2, 2 (16). K. I, 4, 3 ö.
ἐπιγίνομαι AG. 27, 27. 28, 13.—A. I, 19, 6 (301). III, 2, 4 (54). K. VI, 2, 1 ö.
ἐπιδημέω AG. 2, 10. 17, 21.—A. III, 12, 5 (290). V, 7, 3 (241). K. I, 26, 5 ö.
ἐπικουρία AG. 26, 22.—A. I, 19, 1 (281). II, 6, 1 (94). K. II, 2, 7 ö. (s. S. 281).
ἐπικρίνω Lc. 23, 24.—K. VI, 9, 2.
ἐπισφαλής AG. 27, 9.—A. V, 1, 16 (52). VI, 11, 3 (213). XII, 10, 4 (402) ö.
ἐπιτροπή AG. 26, 12.—K. II, 12, 1. 14, 1.
εὐεργέτης Lc. 22, 25.—A. II, 8, 1 (195). V, 7, 4 (250). K. I, 10, 9 ö.
εὔθυμος AG. 27, 36.—A. XIV, 13, 10 (369). K. I, 13, 10. II, 8, 10 ö.
εὐθύμως AG. 24, 10.—A. X, 9, 5 (174). 11, 6 (258). K. III, 8, 5.
εὐπορία AG. 19, 25.—A. I, 4, 1 (111). II, 6, 5 (117). K. VII, 11, 2 ö.
εὐφορέω Lc. 12, 16.—K. II, 21, 2.
Ἡγεμονεύω Lc. 2, 2. 3, 1.—A. XV, 10, 1 (345). XIX, 2, 5 (201). K. II, 9, 5 ö. (s. S. 75).
Θεῖον AG. 17, 29.—A. I, 3, 4 (85). II, 2, 1 (8). K. I, 5, 2 ö. (Bei den Siebzig nur das Adjectiv.)
θεομάχος AG. 5, 39.—A. XIV, 12, 3 (310, Niese θεημάχους). (Das Verbum Ap. I, 26 [246]. 28 [263].)
Ἱερόσυλος AG. 19, 37.—A. XVI, 6, 2 (164).
Καθάπτω AG. 28, 3.—A. XVII, 9, 5 (232). K. I, 7, 6. III, 7, 33 ö.
καθημερινός AG. 6, 1.—A. III, 10, 1 (238). VIII, 4, 1 (104). IX, 13, 3 (273) ö.
καταδίκη AG. 25, 15.—A. XVII, 12, 2 (338). K. IV, 5, 2.
κατανεύω Lc. 5, 7.—A. I, 16, 3 (255). III, 1, 2 (7). K. I, 25, 5 ö.
καταπλέω Lc. 8, 26.—A. XIII, 4, 3 (86). XIV, 15, 1 (394). K. I, 14, 3 ö.
κατασείω AG. 12, 17. 13, 16. 19, 33. 21, 40.—A. IV, 8, 48 (323). VIII, 11, 2 (275). K. II, 3, 2 ö. (s. S. 211).
καταστέλλω AG. 19, 35 f.—A. XIV, 9, 1 (156). XIX, 5, 2 (279). K. I, 4, 4 ö. (s. S. 235).
κλινίδιον Lc. 5, 19. 24.—A. XVII, 6, 3 (161). XVIII, 6, 10 (232).
κλισία Lc. 9, 14.—A. XII, 2, 12 zw. (96). XV, 9, 3 (318).
κολυμβάω AG. 27, 43.—A. XX, 10, 5 (248).
κολωνία AG. 16, 12.—A. XIX, 5, 3 (291).
κρυπτή Lc. 11, 33.—K. V, 7, 4.
Λακτίζω AG. 26, 14.—A. IV, 8, 33 (278).
λαμπρῶς Lc. 16, 19.—A. IV, 5, 3 (99). V, 2, 2 (122). K. I, 2, 2.
λῆρος Lc. 24, 11.—K. III, 8, 9. (Das Verbum Ap. I, 27 [252].)
λόγιος AG. 18, 24.—A. I, 8, 1 (165). II, 5, 4 (75). K. VI, 5, 3 ö.
λυσιτελέω Lc. 17, 2.—A. IV, 8, 23 (254). XII, 2, 15 (115). K. II, 17, 4 ö.
Μαγεία AG. 8, 11.—A. II, 13, 3 zw. (284. 286).
μετρίως (mit οὐ) AG. 20, 12.—A. XV, 6, 7 (194). XVI, 3, 3 (81). K. II, 21, 7 ö.
μόγις Lc. 9, 39.—A. VIII, 5, 1 (130). XVI, 10, 8 (345).
Ναύκληρος AG. 27, 11.—A. IX, 10, 2 (209).
νεωκόρος AG. 19, 35.—K. I, 7, 6. V, 9, 4. (Das Verbum ebd.)
Ὁδοιπορέω AG. 10, 9.—A. XIV, 10, 12 (226). XX, 5, 4 (113). 9, 1 (202) ö.
ὀθόνη AG. 10, 11. 11, 5.—A. XII, 2, 15 (117).
ὁμότεχνος AG. 18, 3.—A. VIII, 13, 4 (334).
οὐσία (Vermögen) Lc. 15, 12 f.—A. VII, 5, 5 (114). X, 7, 3 (112). K. II, 7, 3 ö.
ὀχλέω AG. 5, 16.—A. VI, 11, 4 (217). Ap. I, 34 (310). L. 53 (275).
Παράδοξος Lc. 5, 26.—A. II, 6, 1 (91). V, 1, 7 (28). K. I, 26, 2 ö.
παραινέω AG. 27, 9. 22.—A. I, 11, 3 (201). II, 3, 2 (30). K. II, 20, 8 ö.
παρακαθέζομαι Lc. 10, 39.—A. VI, 11, 9 (235). VIII, 9, 1 (241). K. I, 30, 6 ö.
παραπλέω AG. 20, 16.—A. XIII, 13, 1 (350). K. I, 21, 5. 23, 4 (an beiden letzteren Stellen transitiv wie bei Lucas).
παράσημον AG. 28, 11.—A. XVIII, 7, 1 (241).
παρατήρησις Lc. 17, 20.—A. VIII, 3, 9 (96). X, 4, 5 (72). K. I, 29, 1.
παρατυγχάνω AG. 17, 17.—A. II, 2, 3 (14). III, 8, 9 (214). K. V, 7, 3 ö.
παραχειμασία AG. 27, 12.—A. XIV, 10, 2 (195). 6 (204).
παροίχομαι AG. 14, 16.—A. VIII, 12, 3 (301). XI, 5, 5 (155). K. IV, 2, 5 ö.
παροτρύνω AG. 13, 50.—A. VII, 6, 1 (118).
πεζεύω AG. 20, 13.—A. XIII, 6, 6 (208).
περαιτέρω AG. 19, 39.—A. II, 6, 8 (156). IV, 6, 12 (150). K. IV, 2, 4 ö.
περιλάμπω Lc. 2, 9. AG. 26, 13.—A. VI, 2, 2 (27). VIII, 3, 2 (68). K. III, 7, 23 ö.
πέριξ AG. 5, 16.—A. IX, 5, 1 (97). XI, 2, 1 (19). K. II, 21, 7 ö. (s. S. 160 f.).
περιοικέω Lc. 1, 65.—K. I, 2, 6. V, 4, 2.
περιρρήγνυμι AG, 16, 22.—A. VI, 14, 6 (357). VII, 8, 1 (171). K. II, 21, 3 ö.
περιτρέπω AG. 26, 24.—A. IX, 4, 4 (72). X, 11, 7 (279). XIV, 13, 8 (356).
πήγανον Lc. 11, 42.—K. VII, 6, 3.
πλοῦς AG. 21, 7. 27, 9 f.—A. VIII, 7, 2 (181). XIV, 14, 2 (375). K. II, 3, 1 ö.
πρεσβεία Lc. 14, 32. 19, 14.—A. IV, 8, 41 (296). V, 7, 9 (261). K. II, 16, 3 ö.
πρηνής AG. 1, 18.—A. XVIII, 3, 1 (59). XIX, 8, 2 (349). K. I, 32, 1 ö.
προκαταγγέλλω AG. 3, 18. 7, 52.—A. I, 12, 3 (219). II, 9, 4 (218). X, 4, 4 (67) ö.
προκηρύσσω AG, 13, 24.—A. X, 5, 1 (79). K. VI, 8, 2.
προσαπειλέω AG. 4, 21.—A. XIV, 9, 4 (170).
προσκληρόω (pass.) AG. 17, 4.—K. II, 20, 4.
προσκλίνω AG. 5, 36.—A. V, 4, 2 (193). XVIII, 6, 7 (195).
προσρήγνυμι Lc. 6, 48.—A. VI, 9, 3 (182). IX, 4, 6 (91).
προτείνω AG. 22, 25.—A. I, 18, 6 (271). XI, 6, 7 (226). K. IV, 2, 2 ö.
προτρέπω (med.) AG. 18, 27.—A. V, 2, 12 (171). VI, 14, 4 (341). K. III, 8, 1 ö.
πτύσσω Lc. 4, 20.—A. X, 1, 4 (16). XV, 6, 2 (171).
Ῥήτωρ AG. 24, 1.—A. XVII, 9, 4 (226). XIX, 2, 5 (208). K. II, 2, 3 ö.
ῥιπτέω AG. 22, 23.—A. II, 9, 2 (206). XIV, 4, 4 (70). K. I, 7, 5 ö.
ῥώννυμι AG. 15, 29.—A. XI, 4, 7 (104). 5, 1 (130). XII, 2, 6 (56) ö. (s. S. 217 f.).
Σεβαστός AG. 25, 21. 25, als Adjectiv 27, 1.—A. XVI, 6, 5 (169). XVIII, 6, 6 (180). K. I, 5, 4 ö., als Adjectiv A. XVII, 5, 1 (87). K. I, 31, 3.
σικάριος AG. 21, 38.—A. XX, 8, 10 (186). 9, 2 (204). K. II, 13, 3 ö. (s. S. 244 f.).
σκευή AG. 27, 19.—A. IV, 8, 43 (301). K. III, 6, 2.[415]
στρατοπεδάρχης AG. 28, 16.—A. XVIII, 9, 4 (333). K. I, 27, 1. II, 19, 4.
συμπάρειμι AG. 25, 24.—A. I, 18, 2 (260). II, 12, 1 (268). K. II, 18, 9 ö.
συμπληρόω Lc. 8, 23. 9, 51. AG. 2, 1.—A. III, 6, 3 (119). IV, 8, 1 (176). IX, 14, 2 (285).
συμφύω Lc. 8, 7.—A. VIII, 3, 2 (63, aor. pass. wie bei Lucas). K. III, 5, 1. VI, 2, 7.
συναλίζω AG. 1, 4.—A. VIII, 4, 1 (105). K. III, 7, 8. 9, 4 (an beiden letzteren Stellen pass. wie bei Lucas, s. S. 147).
σύνειμι (ιέναι) Lc. 8, 4.—A. I, 3, 1 (73). III, 6, 3 (118). K. I, 24, 7.
συνελαύνω AG. 7, 26.—A. II, 10, 2 (249). V, 1, 15 (47). K. I, 6, 2 ö.
συνέπομαι AG. 20, 4.—A. V, 1, 26 (100). VIII, 13, 4 (329). K. IV, 9, 7 ö.
συνϑϱύπτω AG. 21, 13.—A. X, 10, 4 (207).
συνοδεύω AG. 9, 7.—A. I, 13, 2 (226).
συνομιλέω AG. 10, 27.—K. V, 13, 1.
σύντϱοϕος AG. 13, 1.—A. XIV, 9, 5 (183). K. I, 10, 9.
συντυγχάνω (mit Dat.) Lc. 8, 19.—A. I, 12, 3 (219). V, 2, 8 (141). XIV, 12, 3 (307) ö.
συνωμοσία AG. 23, 13.—A. XV, 8, 4 (288). XVI 4, 3 (111).
σϕυϱόν AG. 3, 7.—A. III, 7, 2 (155). VII, 8, 1 (171). K. VI, 2, 8.
Τεϰμήϱιον AG. 1, 3.—A. III, 7, 7 (183). IV, 6, 8 (137). K. I, 21, 1 ö.
τελεσϕοϱέω Lc. 8, 14.—A. I, 6, 3 (140). III, 11, 6 (272).
τετϱαπλοῦς Lc. 19, 8.—A. IV, 8, 27 (272). VII, 7, 3 (150). XVI, 1, 1 (3). (Das Adverbium 3 Kön. 6, 30.)
τετϱαϱχέω Lc. 3, 1.—K. II, 9, 5. III, 10, 7. L. 11 (52) (s. S. 91. 92 Anm. 2).
τϱῆμα Lc. 18, 25.—A. XII, 2, 9 (66).
τϱιετία AG. 20, 31.—A. XIX, 8, 2 (351). K. II, 8, 13.
Ὑπηϱετέω (mit Dat.) AG. 13, 36. 20, 34. 24, 23.—A. I, 13, 2 (225). III, 8, 1 (189). IV, 6, 3 (109) ö. (s. S. 240).
ὑποβάλλω AG. 6, 11.—A. XV, 8, 3 (282). K. III, 7, 20. Ap. I, 21 (154) ö. (s. S. 177 f.).
ὑποζώννυμι AG. 27, 17.—A. XV, 9, 6 (340). XIX, 1, 9 (55). 13 (85) ö.
ὑποϰϱίνομαι Lc. 20, 20.—A. I, 8, 1 (162). VII, 8, 1 (165). K. I, 16, 6 ö.
ὑπονοέω AG. 13, 25. 25, 18. 27, 27.—A. I, 4, 1 (112). III, 11, 6 (270). K. I, 31, 4 ö.
ὑποτϱέχω AG. 27, 16.—A. VII, 1, 5 (31). 13, 3 (326). K. VI, 1, 3.
ὑποχωϱέω Lc. 5, 16. 9, 10.—A. I, 1, 4 (45). V, 1, 2 (7). K. I, 30, 3 ö.
Φιλανϑϱώπως AG. 27, 3.—A. XII, 2, 5 (46). XIV, 12, 3 (313).[416] Ap. I, 20 (153) (überall mit χϱῆσϑαι wie bei Lucas) ö.
ϕίλη Lc. 15, 9.—A. IX, 4, 4 (65). XVII, 4, 1 (63). XVIII, 3, 4 (73) ö.
ϕιλονειϰία Lc. 22, 24.—A. VII, 8, 4 (182). XIV, 13, 2 (328). K. IV, 3, 6 ö.
ϕιλοϕϱόνως AG. 28, 7.—A. I, 16, 2 (246). VI, 14, 4 (341). K. I, 12, 5 ö.
Χλευάζω AG. 17, 32.—A. II, 6, 7 (130). VI, 4, 6 (67). K. IV, 6, 3 ö. (s. S. 227).
Ὠνέομαι AG. 7, 16.—A. I, 14, 1 (237). II, 4, 1 (39). K. IV, 6, 3 ö.
[414] Bekker und Niese accentuiren hier ἀγόραιον, doch s. Meyer zu AG. 17, 5.
[415] Dieses Wort findet sich bei den Siebzig weder Gen. 31, 25 (Biel) noch Jona 1, 5 (Grimm), da an ersterer Stelle mit Tischendorf σκηνήν zu lesen, an der zweiten aber σκευῶν der Genetiv des Plurales von σκεῦος ist, das hier wie öfter das hebr. כְּלִי wiedergibt.
[416] Niese liest hier ϕιλανϑϱώποις (gegen Josephus’ Sprachgebrauch).
Ἀγαϑουϱγέω AG. 14, 17.
ἄγϱα Lc. 5, 4. 9.
ἀγϱάμματος AG. 4, 13.
ἀγϱαυλέω Lc. 2, 8.
αἰτίωμα AG. 25, 7.
ἀϰατάϰϱιτος AG. 16, 37. 22, 25 (s. S. 222 f.).
ἀϰϱοατήϱιον AG. 25, 23.
ἀλίσγημα AG. 15, 20.
ἀμϕιέζω Lc. 12, 28.
ἀνάδειξις Lc. 1, 80.
ἀναϰαϑίζω Lc. 7, 15. AG. 9, 40.
ἀνάϰϱισις AG. 25, 26.
ἀνάλημψις Lc. 9, 51.
ἀναντιϱϱήτως AG. 10, 29.
ἀνατάσσω (med.) Lc. 1, 1.
ἀνέϰλειπτος Lc. 12, 33.
ἀνένδεϰτος Lc. 17, 1.
ἀνεύϑετος AG. 27, 12.
ἀντιβάλλω Lc. 24, 17.
ἀντιϰαλέω Lc. 14, 12.
ἀντιμετϱέω Lc. 6, 38.
ἀντιπαϱέϱχομαι Lc. 10, 31 f.
ἀντοϕϑαλμέω AG. 27, 15.
ἀνωτεϱιϰός AG. 19, 1.
ἀπαϱτισμός Lc. 14, 28.
ἀπασπάζομαι AG. 21, 6.
ἀπελεγμός AG. 19, 27.
ἀποδεϰατεύω Lc. 18, 12.
ἀπομάσσω Lc. 10, 11.
ἀποστοματίζω Lc. 11, 53.
ἀϱτέμων AG. 27, 40.
ἀϱχιτελώνης Lc. 19, 2.
Ἀσιάϱχης AG. 19, 31.
ἄτεϱ Lc. 22, 6. 35.
αὐστηϱός Lc. 19, 21 f.
ἄϕαντος Lc. 24, 31.
ἀϕελότης AG. 2, 46.
ἀϕϱός Lc. 9, 39.
ἀϕυπνόω Lc. 8, 23.
Βελόνη Lc. 18, 25.
βίωσις AG. 26, 4.
βολίζω AG. 27, 28.
βϱαδυπλοέω AG. 27, 7.
βυϱσεύς AG. 9, 43. 10, 6. 32.
Γαμίσϰω Lc. 20, 34.
Δεισιδαίμων AG. 17, 22.
δεξιολάβος AG. 23, 23.
δευτεϱαῖος AG. 28, 13.
δευτεϱόπϱωτος Lc. 6, 1.
διαγνωϱίζω Lc. 2, 17.
διαγϱηγοϱέω Lc. 9, 32.
διαϰαϑαίϱω Lc. 3, 17.
διαϰατελέγχομαι AG. 18, 28.
διαπϱαγματεύομαι Lc. 19, 15.
διενϑυμέομαι AG. 10, 19.
διετία AG. 24, 27. 28, 30.
διϑάλασσος AG. 27, 41.
διοπετές AG. 19, 35.
διόϱϑωμα AG. 24, 3.
δυσεντέϱιον AG. 28, 8.
δωδεϰάϕυλον AG. 26, 7.
Ἔα Lc. 4, 34.
ἔϰϑαμβος AG. 3, 11.
ἔϰϑετος AG. 7, 19.
ἐϰϰολυμβάω AG. 27, 42.
ἐϰπλήϱωσις AG. 21, 26 (s. S. 231 Anm. 2).
ἔλευσις AG. 7, 52.
ἑλϰόω Lc. 16, 20.
ἐντόπιος AG. 21, 12.
ἐξοϱϰιστής AG. 19, 13.
ἐπαϑϱοίζω Lc. 11, 29.
ἐπαϰϱοάομαι AG. 16, 25.
ἐπεισέϱχομαι Lc. 21, 35.
ἐπιλείχω Lc. 16, 21.
ἐπισχύω Lc. 23, 5.
ἐπιϕωνέω Lc. 23, 21. AG. 12, 22. 21, 34. 22, 24.
ἐποκέλλω AG. 27, 41.
εὐϑυδρομέω AG. 16, 11. 21, 1.
εὐρακύλων AG. 27, 14.
Ζευκτηρία AG. 27, 40.
Ἡμιϑανής Lc. 10, 30.
Θεά AG. 19, 27.
ϑρόμβος Lc. 22, 44.
ϑυμομαχέω AG. 12, 20.
Ἰσάγγελος Lc. 20, 36.
Καϑεξῆς Lc. 1, 3. 8, 1. AG. 3, 24. 11, 4. 18, 23.
καρδιογνώστης AG. 1, 24. 15, 8.
καταγγελεύς AG. 17, 18.
καταλιϑάζω Lc. 20, 6.
κατείδωλος AG. 17, 16.
κατεφίστημι AG. 18, 12.
κεράτιον Lc. 15, 16.
κλάσις Lc. 24, 35. AG. 2, 42.
κλινάριον AG. 5, 15.
κραιπάλη Lc. 21, 34.
κτήτωρ AG. 4, 34.
Λάσκω AG. 1, 18.
Μαγεύω AG. 8, 9.
μαϑήτρια AG. 9, 36.
μακροϑύμως AG. 26, 3. (Das Adjectiv Ex. 34, 6 ö.)
μελίσσιος Lc. 24, 42.
μεριστής Lc. 12, 14.
μεστόω AG. 2, 13.
μήπου AG. 27, 29.
μοσχοποιέω AG. 7, 41.
μυλικός Lc. 17, 2.
Νησίον AG. 27, 16.
Ὀργυιά AG. 27, 28.
ὁροϑεσία AG. 17, 26.
οὐρανόϑεν AG. 14, 17. 26, 13.
ὀχλοποιέω AG. 17, 5.
Παϑητός AG. 26, 23.
παμπληϑεί Lc. 23, 18.
πανδοκεύς Lc. 10, 35.
πανδοκεῖον Lc. 10, 34.
πάντη AG. 24, 3.
παραϑεωρέω AG. 6, 1.
παραλέγω (med.) AG. 27, 8. 13.
περιάπτω Lc. 22, 55.
περιαστράπτω AG. 9, 3. 22, 6.
περικρατής AG. 27, 16.
περικρύπτω Lc. 1, 24.
πινακίδιον Lc. 1, 63.
πνικτός AG. 15, 20. 29. 21, 25.
πολιτάρχης AG. 17, 6. 8.
πορφυρόπωλις AG. 16, 14.
προμελετάω Lc. 21, 14.
προσαναλίσκω Lc. 8, 43.
προσδαπανάω Lc. 10, 35.
προσεάω AG. 27, 7.
προσεργάζομαι Lc. 19, 16.
πρόσπεινος AG. 10, 10.
προσπήγνυμι AG. 2, 23.
προσψαύω Lc. 11, 46.
προσωπολήμπτης AG. 10, 34.
προχειροτονέω AG. 10, 41.
πρῴρα AG. 27, 30. 41.
πρώτως AG. 11, 26.
πύϑων AG. 16, 16.
πυρά AG. 28, 2 f.
Ῥαβδοῦχος AG. 16, 35. 38.
ῥᾳδιούργημα AG. 18, 14.
ῥῳδιουργία AG. 13, 10.
Σιμικίνϑιον AG. 19, 12.
σινιάζω Lc. 22, 31.
σιτομέτριον Lc. 12, 42.
σκηνοποιός AG. 18, 3.
σκωληκόβρωτος AG. 12, 23.
σπερμολόγος AG. 17, 18.
στέμμα AG, 14, 13.
συγγενίς Lc. 1, 36.
συγκαταψηφίζω AG. 1, 26.
συγκινέω AG. 6, 12.
συγκυρία AG. 10, 31.
συγχύννω AG. 9, 22. 21, 31.
συζήτησις AG. 15, 7. (28, 29?)
συκομορέα Lc. 19, 4.
συμψηφίζω AG. 19, 19.
συνδρομή AG. 21, 30.
συνεφίστημι AG. 16, 22.
συνομοϱέω AG. 18, 7.
συσπαϱάσσω Lc. 9, 42.
Τάχιστα AG. 17, 15.
τεσσεϱαϰονταετής AG. 7, 23. 13, 18.
τετϱάδιον AG. 12, 4.
τϱίστεγον AG. 20, 9. (Das Adjectiv K. V, 5, 5.)
τυϱβάζω Lc. 10, 41.
τυϕωνιϰός AG. 27, 14.
Ὑδϱωπιϰός Lc. 14, 2.
ὑποπλέω AG. 27, 4. 7.
ὑποπνέω AG. 27, 13.
Φάσις AG. 21, 31.
ϕυλαϰίζω AG. 22, 19.
Χειϱαγωγός AG. 13, 11.
χϱονοτϱιβέω AG. 20, 16.
χῶϱος AG. 27, 12.
Ψώχω Lc. 6, 1.
Lediglich im Interesse der Vollständigkeit fügen wir diesem Verzeichnisse der im N. T. dem Lucas eigentümlichen Wörter noch die bei ihm ausschliesslich in alttestamentlichen Citaten nachweisbaren bei, indem wir sie, soweit möglich, aus Josephus belegen:
Ἀνάβλεψις Lc. 4, 19 (Jes. 61, 1).
ἀνοιϰοδομέω AG. 15, 16 (Amos 9, 11).—A. II, 9, 1 (203). VII 3, 2 (65). K. II, 21, 2 ö.
Βουνός Lc. 3, 5 (Jes. 40, 4). 23, 30 (Hos. 10, 8).—A. VI, 6, 2 (108). VII, 1, 3 (17). K. II, 21, 6.
Διαϕυλάσσω Lc. 4, 10 (Ps. 91, 11).—A. XI, 5, 5 (155). XII, 2, 3 (27). K. I, 11, 4 ö.
διϰαστής AG. 7, 27. 35 (Ex. 2, 14).—A. IV, 3, 2 (46). VII, 9, 8 (229). K. I, 23, 3 ö.
Ἐνύπνιον AG. 2, 17 (Joel 2, 28).
ἐξολεϑϱεύω AG. 3, 23 (Lev. 23, 29).
ἔπαυλις AG. 1, 20 (Ps. 69, 26).—K. II, 4, 2. 19, 9 (s. S. 154).
ἐπιϕανής AG. 2, 20 (? Joel 2, 31).—A. VIII, 10, 4 (263). X, 4, 2 (59). XI 1, 2 (6) ö.
Θϱαύω Lc. 4, 19 (Jes. 58, 6).—A. VIII, 14, 5 (390). XIX, 1, 17 (142). K. I, 17, 1 ö.
Κάϰωσις AG. 7, 34 (Ex. 3, 7).—A. IV, 8, 41 (294). V, 4, 1 (187). K. I, 22, 5 ö.
ϰατάλοιπος AG. 15, 17 (Amos 9, 12).
ϰαταϕϱονητής AG. 13, 41 (Hab. 1, 5).—K. II, 8, 10.
Λεῖος Lc. 3, 5 (Jes. 40, 4 ?).—A. XV, 11, 3 (400).
Σϕάγιον AG. 7, 42 (Amos 5, 25).
Φϱυάσσω AG. 4, 25 (Ps. 2, 1).
Unter den Wörtern der vierten Klasse finden sich manche, welche durch unverkennbare Berührungen mit Josephus’ Sprachgebrauch die Vermutung erwecken, dass dem Lucas die Veranlassung, sie zu wählen oder neu zu bilden, von jenem gegeben worden sei, eine Annahme, die an Wahrscheinlichkeit gewinnt, sobald man sich des Verfahrens erinnert, das er anderwärts gegenüber dem ihm von seinen Vorlagen gebotenen Ausdrucke beobachtet hat. Man vergleiche:
ἀγαθουργέω | mit | κακουργέω. u.s.w. (s. S. 229 Anm. 3). |
ἀκατάκριτος | ” | κατάκριτος, ἄκριτος, ἀκαταιτίατος (s. S. 222 f.). |
ἀντιπαρέρχομαι | ” | ἀντιπαράγω u.s.w. (s. S. 115 Anm. 1). |
ἄφαντος (γίνομαι) | ” | ἀφανής (γίνομαι, s. S. 144). |
διετία | ” | τριετία u.s.w. (s. S. 268). |
διόρθωμα | ” | διόρθωσις (s. ebd.). |
ἑλκόω | ” | ἕλκωσις A. XVII, 6, 5 (169). Ap. II, 13 (143), ἐξελκόω Ap. II, 14, 4 (304). |
ἡμιθανής | ” | ἡμιμανής u.s.w. (s. S. 115 Anm. 1). |
θυμομαχέω | ” | γνωσιμαχέω (s. S. 211). |
ὁροθεσία | ” | ὅρον τιθέναι, ὅρους τιθέναι (s. S. 227). |
παμπληθεί | ” | παμπληθής A. XIV, 15, 12 (461). K. I, 18, 2. IV, 6, 3 ö. und πανδημεί A. XV, 5, 3 (145). |
πανδοκεῖον } | ” | πανδοκεύω A. III, 12, 2 (276). |
πανδοκεύς } | ||
ῥᾳδιούργημα | ” | ῥᾳδιουργός L. 65 und κακούργημα ebd. (s. S. 229). |
σιτομέτριον | ” | σιτομετρέω Ap. I, 14 (79). |
συνομορέω | ” | ὁμορέω A. VII, 8, 5 (191). XIV, 1, 3 (10).[417] |
Ausser den vorstehenden Hapaxlegomenis begegnen uns in den Schriften des Lucas nicht wenige Wortbedeutungen, Wortformen, Wortverbindungen und Constructionen, welche bei keinem Schriftsteller des N. T.s wiederkehren. Eine Anzahl derselben lassen wir hier folgen, ohne auch nur von fern auf Vollständigkeit Anspruch zu machen.
I. Sowohl mit den Siebzig als mit Josephus hat Lucas gemein:
Αἰτία (Anklage) AG. 25, 18. 27.—Spr. 28, 17.—A. XI, 4, 9 (117). XVI, 10, 4 (317). K. II, 5, 2 ö.
ἀνάστασις (das Aufstehen) Lc. 2, 34.—Zeph. 3, 8.—A. XVII, 9, 2 (212).
ἀναστρέφω (zurückkehren) AG. 5, 22. (15, 16 Cit.)—Gen. 8, 7.—A. I, 10, 1 (178). IV, 6, 3 (111). K. VI, 1, 3 ö.
ἀνίστημι (aufrichten) AG. 9, 41.—Ps. 41, 11.—A. VI, 11, 10 (241). VII, 8, 5 (193). K. II, 2, 7 ö.
ἀποσπάω pass. (sich trennen) Lc. 22, 41. AG. 21, 1.—Job. 41, 8.—K. II, 18, 8. VI, 8, 2.
ἀριστάω (zu Mittag speisen) Lc. 11, 37.—Gen. 43, 24.—A. VI, 14, 6 (362). VIII, 9, 1 (240).
ἀφίστημι (trans.) AG. 5, 37.—Dt. 7, 4.—A. VIII, 7, 5 (198). XX, 5, 2 (102). K. II, 19, 3 (als beiden ersteren Stellen mit τὸν λαόν) ö. (s. S. 165 Anm. 1).
Γραμματεύς (als Amtsname) AG. 19, 35.—Ex. 5, 6.—A. VII, 5, 4 (110). X, 4, 1 (55). XI, 6, 10 (248) ö.
Δεσμεύω (fesseln) AG. 22, 4.—Richt. 16, 11.—A. XIV, 13, 6 (348).
διαβαίνω (intrans.) Lc. 16, 26 (πρός). AG. 16, 9 (εἰς).—Dt. 11, 29 (εἰς).—A. V, 7, 10 (263: εἰς). XII, 2, 13 (103: πρός). K. VII, 2, 1 (εἰς) ö.
δόγμα (Erlass der Staatsgewalt) Lc. 2, 1. AG. 17, 7.—Dan. 6, 13.—A. XII, 10, 6 (417). XIV, 8, 5 (144 f.). K. I, 17, 9 ö.
δυνατοί (Gewaltige) AG. 25, 5.—2 Chr. 8, 9.—A. XII, 6, 3 (169). XIII, 16, 2 (411). K. I, 24, 7 ö. (s. S. 278 f.).
Εδοξέ μοι (ich beschloss) Lc. 1, 3. AG. 15, 22. 25. 28.—*Dan. 4, 34.—A. XI, 5, 1 (124). XIV, 10, 23 (256). XVI, 6, 2 (163) ö. (s. S. 56 f.).
εἰωθός, τό Lc. 4, 16. AG. 17, 2.—Num. 24, 1.—A. XVII, 6, 2 (150). XVIII, 8, 6 (286).
ἐναντίον ποιέω AG. 28, 17.—Ezech. 18, 18.—A. II, 4, 2 (43). XIX, 4, 5 (270).
ἐντός (mit Genetiv) Lc. 17, 21.—Ps. 39, 4.—A. III, 6, 2 (114). VIII, 14, 2 (376). K. I, 7, 1 ö.
ἐξανίστημι (intrans.) AG. 15, 5.—Gen. 18, 16.—A. V, 2, 11 (162). XVII, 5, 7 (132). K. II, 14, 2.
ἐξίστημι (ἐξιστάνω, trans.) Lc. 24, 22. AG. 8, 9. 11.—2 Kön. 22, 15.—K. III, 5, 1 (s. S. 180).
ἐπέρχομαι (über jmd. kommen) Lc. 1, 35. 11, 22. AG. 1, 8. 8, 24. 13, 40.—Gen. 42, 21.—A. II, 5, 6 (86). V, 4, 3 (195). VI, 2, 2 (23).
ἐπέχω (sich zurückhalten, warten) AG. 19, 22.—Gen. 8, 10.—A. V, 1, 3 (17). VII, 4, 1 (77). XII, 8, 3 (337) ö.
ἐπιβαίνω (mit Dat.) AG. 25, 1. 27, 2.—Job 6, 21.—A. XVIII, 9, 2 (320). XIX, 1, 5 (35). K. VI, 2, 10.
ἐπικαλούμενος (zur Einführung eines Beinamens) AG. 10, 18. 11, 13. 12, 12.—*Dan. 2, 26.—A. XII, 4, 10 (223). XIII, 3, 1 (62). XVIII, 4, 3 (95) ö. Dafür ὃς ἐπεκλήθη AG. 1, 23.—*Dan. 10, 1.—A. XIII, 7, 1 (218). 10, 1 (271).
ἐπίκειμαι (von Menschen) Lc. 5, 1. 23, 23.—Job 19, 3.—A. VI, 14, 2 (334). XIX, 3, 1 (217). K. II, 19, 8 ö.
ἐπιτίθημι (med. “angreifen”, mit Dat.) AG. 18, 10.—Ex. 18, 11.—A. IV, 5, 3 (96). VI, 13, 10 (324). VIII, 7, 7 (205) ö.
ἐργασία (Gewerbe) AG. 19, 25.—Jona 1, 8.—A. XIX, 4, 4 (257). K. VII, 2, 1.
ἐχομένη, ἡ (der folgende Tag) Lc. 13, 33. AG. 20, 15 (mit ἡμέρα 21, 26).—1 Chr. 10, 8.—A. V, 11, 1 (352). VI, 9, 1 (174). VII, 1, 3 (18) ö.
Ἡσυχάζω (schweigen) Lc. 14, 3. AG. 11, 18. 21, 14.—Job 32, 7.—A. I, 11, 3 (199). IV, 6, 12 (150). K. III, 7, 26.
Θεραπεύω (τὸν θεόν) AG. 17, 25.—Jes. 54, 17 (κύριον).—A. I, 18, 5 (267). IV, 4, 3 (67). K. VII, 10, 2 (überall τὸν θεόν).
θρηνέω (mit Acc.) Lc. 23, 27.—Ezech. 8, 14.—A. VII, 9, 2 (204). K. III, 9, 5 (s. S. 141).
Καθίζω (bleiben) Lc. 24, 49. AG. 18, 11.—Ex. 16, 29.—A. V, 7, 4 (244). XVIII, 4, 1 (86). K. I, 1, 5 ö.
καταλύω (einkehren) Lc. 9, 12. 19, 7.—Gen. 19, 2.—A. XVII, 10, 4 (270). L. 48 (248). 52 (269).
κεφάλαιον (Summe) AG. 22, 28.—Lev. 6, 5.—A. IX, 11, 1 (233). XII, 2, 3 (30). 4, 1 (155) ö.
κόπτω (med., mit Acc.) Lc. 8, 52. 23, 27.—Gen. 23, 2.—A. VI, 14, 8 (377). VIII, 11, 1 (273) (s. S. 141.).
Λαγχάνω τινός Lc. 1, 9.—1 Kön. 14, 47.—A. VI, 13, 6 (296).
Μεθίστημι (absetzen) Lc. 16, 4.—3 Kön. 15, 13.—A. XVIII, 2, 2 (34). XIX, 6, 2 (297). XX, 1, 3 (16) ö.
Νότος (Südwind) Lc. 12, 55. AG. 27, 13. 28, 13.—Job 38, 24.—K. VII, 8, 5.
Ξηρός (eig., vom Holze) Lc. 23, 31.—Jes. 56, 3.—A. V, 7, 4 (249). K. III, 7, 20.
Παῖς, ἡ (Mädchen) Lc. 8, 51. 54.—Gen. 24, 28.—A. I, 16, 3 (254). V, 7, 10 (266). VI, 10, 2 (202) ö.
παρέρχομαι (herbeikommen) Lc. 12, 37. 17, 7.—Ex. 3, 3.—A. I, 21, 1 (337). II, 12, 1 (267). K. II, 13, 7 ö.
περιβάλλω (als Ausdruck der Kriegskunst) Lc. 19, 43.—Ezech. 4, 2.—A. XIII, 10, 2 (276). K. V, 2, 3. VII, 8, 2 (s. S. 130 Anm. 2).
περιέχω (ergreifen, befallen) Lc. 5, 9.—Ps. 32, 7.—A. XVII, 10, 2 (256). K. IV, 10, 1.
περιποιέω (am Leben erhalten) Lc. 17, 33.—Gen. 12, 12.—A. XV, 9, 2 (312). XVII, 12, 1 (326).
πορεία (Reise) Lc. 13, 22.—Neh. 2, 6.—A. XIV, 8, 1 (128). 13, 8 (358). K. VII, 5, 2.
προβεβηκώς (vorgerückt im Alter) Lc. 1, 7. 18. 2, 36.—Jos. 23, 1.—A. IV, 8, 48 (321). VII, 8, 4 (182). VIII, 2, 1 (21) ö.
Σπεύδω (eilen) Lc. 2, 16. 19, 5 f. AG. 20, 16. 22, 18.—Gen. 18, 6.—A. II, 6, 8 (150). IV, 6, 3 (169). K. I, 11, 2 ö.
στάσις (Zwist) AG. 15, 2. 23, 7. 10.—Spr. 17, 14.—A. I, 4, 3 (117). IV, 8, 18 (225). K. I, 23, 5.
συμβεβηκός, τό Lc. 24, 14. AG. 3, 10.—Jos. 2, 23.—A. II, 6, 2 (99). 9, 6 (228). L. 11 (51).
συμϕέϱοντα, τά AG. 20, 20.—Spr. 31, 19.—A. V. 1, 16 (51). XIII, 6, 7 (217). K. II, 18, 9 ö.
συνέϱχομαί τινι Lc. 23, 55. AG. 1, 21. 9, 39. 10, 23. 45. 11, 12. 15, 38.—Job 6, 29.—A. VI, 4, 6 (67). IX, 3, 1 (33).
σύνοιδα (mitwissen) AG. 5, 2.—Lc. 5, 1.—A. XIII, 16, 5 (424). XV, 3, 2 (46). XVI, 2, 4 (45) ö.
συντηϱέω (im Innern bewahren) Lc. 2, 19.—*Dan. 4, 21.—K. II, 8, 7.
Ταμιεῖον (Vorratskammer) Lc. 12, 24.—Spr. 3, 10.—A. XVIII, 9, 1 (312). K. II, 2, 2 ö.
Ὑπολαμβάνω 1) aufnehmen AG. 1, 9.—Ps. 30, 2.—A. XI, 6, 9 (238). K. IV, 1, 2. Ap. I, 26 (247). 2) antworten Lc. 10, 30.—Job 2, 4.—A. I, 10, 3 (183). II, 5, 6 (84). K. II, 10, 4 ö. (überall im part. aor. II). 3) meinen, vermuten Lc. 7, 43. AG. 2, 15.—Job 25, 3.—A. I, 11, 5 (205). XVII, 6, 3 (156). K. I, 1, 4 ö.
Φύω pass. Lc. 8, 6. 8.—Spr. 26, 9.—A. II, 12, 1 (265). III, 7, 6 (175). K. IV, 8, 3 ö.
Χωϱίζω pass. (sich entfernen) AG. 1, 4. 18, 1 f.—Richt. 4, 11.—K. I, 32, 5. II, 19, 7. III, 6, 3 ö.
II. Nicht mit den Siebzig, sondern nur mit Josephus hat Lucas folgende Wortformen, Wortbedeutungen und Verbindungen gemein:
Ἀγαϑὸς ϰαὶ δίϰαιος Lc. 23, 50.—A. IV, 6, 8 (134). VI, 2, 1 (21). VIII, 10, 1 (248) ö. (s. S. 142).
αἵϱεσις (Secte) AG. 5, 17. 15, 5. 24, 5. 14. 26, 5. 28, 22.—A. XIII, 5, 9 (171). 10, 5 (288). K. II. 8, 1 ö. (s. S. 161 f.).
αἴϱω (aufbrechen)[418] AG. 27, 13.—A. IX, 11, 1 (229). X, 9, 5 (175). XIII, 4, 3 (86) ö.
αἰτίαν ϕέϱω AG. 25, 18.—AG. XX, 2, 4 (47, s. S. 280).
ἄλογος (ungereimt) AG. 25, 27.—A. Vw. 4 (24). XVI, 11, 8 (395). Ap. I, 29 (271) ö.
ἀνάγω (vorführen zur Aburteilung) AG. 12, 4.—A. XII, 10, 1 (390). XX, 8, 6 (168). K. I, 8, 6 ö. (s. S. 211).—pass. (absegeln) AG. 13, 13. 16, 11. 18, 21. 20, 3. 13. 21, 2. 27, 2. 4. 12. 28, 10 f.—A. XIV, 14, 3 (377). XVI, 2, 5 (62). K. II, 2, 2 ö.
ἀναιϱέω med. (aufheben) AG. 7, 21.—A. V, 1, 4 (20). IX, 6, 4 (123). K. VII, 5, 2 ö.
ἀναϰύπτω (übertr.) Lc. 21, 28.—K. VI, 8, 5.
ἀναλύω (zurückkehren) Lc. 12, 36.—A. VI, 4, 1 (52). XI, 3, 2 (34). XIX, 1, 7 (46).
ἄνεσις (custodia liberior) AG. 24, 23.—A. XVIII, 6, 10 (235, s. S. 263 f.).
ἀπέϑνησϰεν (war im Begriff zu sterben) Lc. 8, 42.—A. V, 1, 1 (4, s. S. 110 f.).
ἄπιοτος (unglaublich) AG. 26, 8.—A. II, 7, 1 (169). VI, 10, 2 (198). K. VI, 3, 3 ö.
ἀποδεδειγμένος (erklärt, erwiesen) AG. 2, 22.—A. VII, 14, 5 (356). XIV, 10, 7 (211). K. IV, 9, 9 ö.
ἀσϕαλές, τό AG. 21, 34. 22, 30. 25, 26.—A. V, 1, 13 (19). XVII, 1, 1 (2). XIX, 1, 6 (39) ö.
ἄτοπον (Nachteiliges) AG. 28, 6.—A. VI, 5, 6 (88). 11, 8 (234). XI, 5, 2 (134).
Βιάζομαι (gewaltsam eindringen) Lc. 16, 16.—K. II, 19, 4. III, 9, 3 (εἰς). IV, 1, 4 ö.
βοήϑεια plur. AG. 27, 17.—A. XIX, 1, 14 (107).
Γϱάμματα (von einem Schriftstücke) Lc. 16, 6 f.—A. VII, 7, 1 (137). VIII, 2, 6 (50). IX, 5, 2 (100) ö.
Δεσμά Lc. 8, 29. AG. 16, 26. 20, 23.—A. II, 5, 1 (60). V, 8, 8 (300). K. IV, 3, 5 ö. (Bei den Siebzig u. sonst im N.T. [Phil. 1, 13] δεσμοί, s. S. 240.)
δίδωμι ἐμαυτὸν εἴς τι AG. 19, 31.—A. VII, 9, 7 (225). XV, 7, 7 (244, s. S. 235 f.).
διέϱχομαι (vom Gerüchte) Lc. 5, 15.—AG. VIII, 6, 5 (171). L. 36 (182, s. S. 107).
Ἐϰϕέϱω (von Toten) AG. 5, 6. 9 f.—A. XV, 3, 2 (46). (Das Substantiv ebd. 4 [61].)
ἐμϕανίζω (denuntio) AG. 24, 1. 25, 2. 15.—A. X, 9, 3 (166). XIV, 10, 8 (213). 12, 4 (314) ö. (s. S. 268).
ἐναντίον πϱάσσω AG. 26, 9.—A. XVIII, 8, 5 (279). XIX, 6, 3 (305).
ἐνϑάδε (hier) Lc. 24, 41. AG. 10, 18. 16, 28. 17, 6. 25, 24.—A. I, 21, 3 (343). II, 6, 8 (154). K. I, 32, 3 ö.
ἑξῆς, ἡ (ohne ἡμέϱα) Lc. 7, 11. AG. 21, 1. 25, 17. 27, 18.—A. XVI, 7, 3 (205). XVII, 5, 3 (93). K. I, 14, 2 ö.
ἐπειδή (zeitlich) Lc. 7, 1.—A. II, 16, 1 (334). XIII, 6, 1 (187). K. I, 11, 7 ö.
ἐπιβάλλω (impers.) Lc. 15, 12.—A. XV, 6, 6 (190). XIX, 1, 1 (6). K. I, 22, 1. ö. (s. S. 119).
ἐπιδίδωμι (vom Ueberreichen eines Briefes) AG. 15, 30.—A. XV, 6, 2 (170). XVI, 10, 4 (318). XVIII, 6, 6 (182) ö. (s. S. 218).
ἐπίϰειμαι mit Part. Lc. 23, 23.—A. VII, 1, 3 (13). XVIII, 6, 6 (184). XX, 5, 3 (110) ö.
ἐπιϰληϑείς, ὁ (zur Einführung eines Beinamens) AG. 4, 36. 12, 25 (nicht Mt. 10, 3).—A. XII, 2, 5 (43). XIII, 4, 5 (103). K. I, 2, 4 ö.
ἐϱγασία (Gewinn) AG. 16, 16. 19. 19, 24.—K. II, 21, 2.
εὐαγγελίζομαι πεϱί τινος AG. 8, 12.—A. XV, 7, 2 (209).
εὐλαβέομαι μή AG. 23, 10.—A. VI, 8, 1 (157). VIII, 13, 4 (333). X, 7, 6 (124).
Ζηλωτής (als Parteiname) Lc. 6, 15. AG. 1, 13.—K. II, 17, 9. IV, 3, 9. VII, 8, 1 ö.
Θορυβέω (in Aufregung bringen) AG. 17, 5.—A. XVIII, 3, 4 (65). K. V, 2, 4. L. 72 (401). (Bei den Siebzig nur pass. “bestürzt werden.”)
Καινότερόν (τι) AG. 17, 21.—K. VII, 8, 1 (s. S. 228).
κακόω (erbittern) AG. 14, 2.—A. XVI, 1, 2 (10). 7, 3 (205). 8, 6 (262).[419]
καλὸς καὶ ἀγαθός Lc. 8, 15.—A. X, 10, 1 (188). XIV, 10, 22 (251). L. 3 (13) ö. (s. S. 110).
κατάγω pass. (εἰς) AG. 27, 3. 28, 12.—A. XIII, 12, 3 (332). XIV, 14, 3 (378). K. I, 13, 4 ö.
καταπαύω τινά τινος AG. 14, 18.—A. III, 1, 4 (14).
κατατίθημι med. (τινί τι) AG. 24, 27. 25, 9.—A. VI, 11, 8 (232). XI, 6, 5 (213). K. VI, 3, 3 (s. S. 281).
κατέχω intrans. AG. 27, 40.—A. I, 11, 4 (204: εἰς). II, 7, 2 (170).
κινέω (aufregen) AG. 21, 30. 24, 5.—K. II, 9, 4. III, 1, 2. IV, 3, 5 ö.
κόλπος (Meerbusen) AG. 27, 39.—A. VIII, 6, 4 (163).
Μέλλω (zaudern) AG. 22, 16.—A. VII, 13, 1 (319). XI, 8, 5 (334). K. I, 29, 2 ö.
Παραβάλλω εἴς τι AG. 20, 15.—A. XIV, 14, 6 (392). XVIII, 6, 4 (161). K. I, 12, 5 ö.
παραιτέομαι 1) ablehnen, verweigern AG. 25, 11.—A. III, 8, 8 (212). V, 7, 2 (237). XI, 6, 1 (191) ö. 2) Verzeihung erbitten Lc. 14, 18 zw. 19.—A. I, 1, 4 (48). VII, 8, 2 (175, ganz wie bei Lucas a. a. O.). XII, 4, 7 (197) ö.
παρατίθημι τράπεζαν AG. 16, 34.—A. VI, 14, 3 (338). VIII, 9, 1 (239). K. V, 10, 2 ö. (s. S. 222 Anm. 2).
παρίημι (vernachlässigen) Lc. 11, 42.—A. VIII, 8, 2 (218). XII, 5, 1 (241). K. II, 10, 5 ö.
παρίστημι (dartun, beweisen) AG. 24, 13.—A. II, 7, 4 (177). IV, 3, 2 (47). K. I, 22, 4 ö. (s. S. 148. 268).
περιέχω (enthalten) AG. 23, 25.—A. II, 16, 4 (346). IV, 8, 44 (303). K. I, 13, 6.
περιπίπτω mit pers. Dativ Lc. 10, 30.—A. VI, 14, 6 (360). XIX, 1, 15 (123). K. II, 4, 3 ö. (s. S. 114 f.).
πίστιν παρέχω AG. 17, 31.—A. II, 9, 4 (218). XV, 7, 10 (260). K. VII, 1, 1 ö. (s. S. 228).
πορείαν ποιοῦμαι Lc. 13, 22.—A. II, 15, 1 (315). VI, 1, 2 (11). K. VII, 2, 1 ö.
πορεύομαι ὁδόν AG. 8, 39.—A. I, 19, 1 (282). VIII, 8, 4 (227).
πράσσω (eintreiben) Lc. 3, 13. 19, 23.—A. XII 3, 3 (141). XIV, 10, 2 (195). XVII, 8, 4 (205) ö.
εὖ πράσσω AG. 15, 29.—A. IV, 8, 38 (286). VII, 7, 2 (144). IX, 14, 3 (291) ö.
προάγω (im gerichtlichen Sinne) AG. 12, 6. 25, 26.—A. IV, 8, 24 (264). XVI, 4, 3 (105). K. I, 27, 2 ö. (s. S. 211).
προσευχή (Betort) AG. 16, 13. 16.—A. XIV, 10, 23 (258). L. 54 zw. (277. 280). 56 (293).
Σεβόμενος τὸν θεόν (Proselyt) AG. 16, 14. 18, 7.—A. XIV, 7, 2 (110, s. S. 216).
συμφέρω (eig.) AG. 19, 19.—A. III, 6, 1 (103). XIV, 7, 2 (110). K. V, 6, 2 ö.
Τυγχάνω mit Adjectiv Lc. 10, 30.—A. I, 6, 2 (130). III, 5, 1 (76). IV, 7, 1 (163) ö. (s. S. 114 f.).
οὐχ ὁ τυχών AG. 19, 11. 28, 2.—A. II, 6, 6 (120). VI, 13, 5 (292). VII, 1, 6 (44) ö.
Ὑπαντάω (feindlich) Lc. 14, 31.—A. VII, 6, 3 (128). IX, 1, 2 (10). K. I, 8, 7 ö.
ὑποστέλλομαί τι AG. 20, 20.—A. II, 5, 5 (80). VI, 5, 5 (86). K. I, 23, 3 ö. (s. S. 240).
ὑστερέω τινός Lc. 22, 35.—A. I, 3, 7 (98). II, 2, 1 (7). K. II, 21, 6 ö.
Φέρω εἴς τι (von einer Tür) AG. 12, 10.—A. IX, 7, 2 (146). XIX, 1, 13 (90) (s. S. 211).
φῶς plur. (Lichter) AG. 16, 29.—A. XII, 7, 6 (319). 7 (325).
Ψῆφος (suffragium) AG. 26, 10.—A. II, 6, 9 (163). IV, 8, 14 (217). K. II, 11, 1 ö.
III. Folgende dem Lucas mit Josephus gemeinsamen Wörter kommen bei den Siebzig nicht nur nicht in den innerhalb des N. T.s von ersterem aussliesslich gebrauchten Formen, Bedeutungen und Verbindungen vor, sondern sind ihnen überhaupt fremd:
Ἀθέμιτόν (ἐστιν, mit folgendem Infin.) AG. 10, 28.—K. I, 33, 2. II, 8, 5. IV, 2, 3 ö.
ἀναγκαῖοι (φίλοι) AG. 10, 24.—A. VII, 14, 4 (350). X, 1, 2 (5). XI, 6, 10 (254) ö.
ἀναπέμπω (an eine höhere Stelle senden) Lc. 23, 7.[420] AG. 25, 21.—A. III, 4, 1 (72). XIV, 6, 1 (97). K. II, 20, 1 ö.
ἀποβολή (Verlust) AG. 27, 22.—A. II, 6, 8 (147). IV, 8, 46 (314). XIV, 14, 3 (377) ö.
ἅπτω (anzünden) Lc. 8, 16. 11, 33. 15, 8.—A. III, 8, 3 (199). IV, 3, 4 (55). V, 6, 5 (223) ö.
Βυθίζω (eig.) Lc. 5, 7.—Ap. I, 34 zw. (306. 308).
Θέατρον (Schauspielhaus) AG. 19, 29. 31.—A. XIV, 8, 5 (150). XV, 8, 1 (268). K. I, 21, 8 ö.
Κερδαίνω (sich ersparen) AG. 27, 21.—K. II, 16, 4, vgl. A. II, 3, 2 (31). X, 3, 1 (39).
Μεταλαμβάνω mit Acc. AG. 24, 25.—A. VI, 12, 7 (264). XX, 7, 1 (139). K. II, 1, 1 ö. (s. S. 268 f.).
— τϱοϕῆς AG. 2, 46. 27, 33 f.—A. VI, 6, 3 (119). K. II, 8, 8. VI, 9, 2.
μεταξύ (nachher) AG. 13, 42.—A. X, 3, 2 (45). 4, 2 (60). XIV, 10, 2 (195) ö. (s. S. 216).
Παϱαϰολουϑέω (nachforschen) Lc. 1, 3.—Ap. I, 23 (218, s. S. 28 f. 55).
ποιητής (Dichter) AG. 17, 28.—A. Vw. 3 (16). XII, 2, 4 (38). 14 (110) ö.
πολιτεία (Bürgerrecht) AG. 22, 28.—A. XII, 3, 1 (119). XIV, 8, 3 (137). XVI, 2, 4 (53) ö.
ποϱϱωτέϱω Lc. 24, 28.—K. IV, 2, 3. 7, 4. 9, 12. (Bei den Siebzig nur der Positiv πόϱϱω Jes. 17, 13 ö.)
πϱοδότης (γίνομαι) Lc. 6, 16. AG. 7, 52.—A. II, 14, 5 (307). XIX, 1, 10 (61). K. I, 29, 3 ö. (s. S. 109).
πϱοσϕωνέω mit Acc. Lc. 6, 13.—A. VII, 7, 4 (156).
Συμβούλιον (Ratsversammlung) AG. 25, 12.—A. XIV, 10, 2 (192). XVI, 6, 2 (163).
Τήϱησις (Gewahrsam) AG. 4, 3. 5, 18.—A. XVI, 10, 5 (321). XVIII, 6, 10 (235, s. S. 264).
Nicht zu übersehen ist ferner eine Reihe Berührungen zwischen Lucas und Josephus, die solche sprachliche Erscheinungen betreffen, welche innerhalb des N. T.s bei ersterem zwar nicht ausschliesslich nachweisbar, aber doch ungewöhnlich häufig sind. Hieher rechnen wir noch nicht die zahlreichen Fälle der Attraction, die sich sowohl bei dem einen wie bei dem andern finden, weil diese schon den Siebzig geläufige grammatische Figur auch sonst im N. T. nicht selten ist.[421] Mehr Gewicht legen wir auf die schon von Zeller (S. 391) “besonders beachtenswert” gefundene Vorliebe des Lucas “für die mit Präpositionen zusammengesetzten Zeitwörter, welche der Mehrzahl der übrigen neutestamentlichen Schriftsteller weit weniger geläufig sind, als der klassischen Gräcität”.[422] Unser Verzeichnis der im N. T. dem Lucas allein angehörigen Wörter enthält im Ganzen 263 solcher Verben, von welchen 118 auch bei den Siebzig und Josephus, 28 nur bei jenen, 67 nur bei diesem vorkommen. Von den im N. T. nicht auf die Schriften des Lucas beschränkten, dagegen den Siebzig fremden Compositis können wir folgende aus Josephus belegen:
Ἀναδέχομαι AG. 28, 7.—Hebr. 11, 17.—A. XVII, 11, 2 (304). K. I, 17, 6. III, 1, 2 ö.
ἀναπέμπω Lc. 23, 7. 11. 15. AG. 25, 21.—Philem. 11.—A. III, 4, 1 (72) ö. (s. S. 319).
ἀποδημέω Lc. 15, 13. 20, 9.—Mt. 21, 33. 25, 14 f. Mc. 12, 1.—A. VI, 11, 7 (227). K. I, 22, 4. 32, 3.
Διεγείϱω Lc. 8, 24.—Mc. 4, 39. Joh. 6, 18. 2 Ptr. 1, 13. 3, 1.—A. II, 5, 5 (82). XX, 2, 1 (19). K. II, 9, 6.
Ἐντυγχάνω AG. 25, 24.—Röm. 8, 27. 34. 11, 2. Hebr. 7, 25.—A. I, 2, 2 (61). II, 6, 2 (96). K. II, 14, 9 ö.
ἐξαϱτίζω AG. 21, 5.—2 Tim. 3, 17.—A. III, 2, 2 (43).[423]
ἐπιλύω AG. 19, 39.—Mc. 4, 34.—A. VIII, 6, 5 (167).
ἐπιστέλλω AG. 15, 20. 21, 25.—Hebr. 13, 22.—A. V, 11, 2 (354). VI, 6, 2 (101). K. I, 15, 6 ö.
Καταγγέλλω AG. 3, 24. 4, 2. 13, 5. 38. 15, 36. 16, 17. 21. 17, 3. 13. 23.—Röm. 1, 8. 1 Kor. 2, 1. 9, 14. 11, 26. Phil. 1, 17 f. Kol. 1, 28.—A. II, 2, 3 (15). III, 8, 6 (206). K. II, 10, 5 ö.
ϰαταξιόω Lc. 20, 35. AG. 5, 41.—2 Thess. 1, 5.—A. IV, 8, 36 (281). XV, 3, 8 (76).
ϰαταπονέω AG. 7, 24.—2 Ptr. 2, 7.—A. VII, 6, 2 (124). XIX, 8, 2 (348). K. II, 15, 1 ö.
ϰατέϱχομαι Lc. 4, 31. 9, 37. AG. 8, 5. 11, 27. 12, 19. 13, 4. 15, 1. 30. 18, 5. 22. 21, 3. 10. 27, 5.—Jac. 3, 15.—A. I, 4, 1 (109). II, 2, 3 (13). VIII, 4, 2 (106) ö.
Μεϑεϱμηνεύω AG. 4, 36. 13, 8.—Mt. 1, 23. Mc. 5, 41. 15, 22. 34.—A. VIII, 5, 3 (142). XII 2, 2 (20). K. IV, 1, 3 ö.
μεταβαίνω Lc. 10, 7. AG. 18, 7.—Mt. 8, 34. 11, 1. 12, 9. 15, 29. 17, 20. Joh. 5, 24. 7, 3. 13, 1. 1 Joh. 3, 14.—A. VI, 8, 2 (166). VII, 9, 5 zw. (211 f.). K. I, 6, 1 ö.
μεταλαμβάνω AG. 2, 46. 24, 25. 27, 33 f.—2 Tim. 2, 6. Hebr. 6, 7. 12, 10.—A. VI, 6, 3 (119) ö. (s. S. 320).
Παϱαϰολουϑέω Lc. 1, 3.—Mc. 16, 17 (?). 1 Tim. 4, 6. 2 Tim. 3, 10.—A. XII, 5, 5 (259). K. I, 23, 4. Ap. I, 10 (53) ö. (s. S. 28 f. 55).
πϱογινώσϰω AG. 26, 5.—Röm. 8, 29. 11, 2. 1 Ptr. 1, 20. 2 Ptr. 3, 17.—A. II, 5, 6 (86). V, 11, 3 (358). K. II, 8, 12 ö.
πϱοϰόπτω Lc. 2, 52.—Röm. 13, 12. Gal. 1, 14. 2 Tim. 2, 16. 3, 9. 13.—A. II, 6, 7 (133). XVIII, 8, 7 (289). K. IV, 4, 6 ö.
προπέμπω AG. 15, 3. 20, 38. 21, 5.—Röm. 15, 24. 1 Kor. 16, 6. 11. 2 Kor. 1, 16. Tit. 3, 13. 3 Joh. 6.—A. XII, 4, 2 (165). XIV, 13, 5 (342). K. I, 8, 3 ö.
προσμένω AG. 11, 23. 13, 43. 18, 18.—Mt. 15, 32. Mc. 8, 2. 1 Tim. 1, 3. 5, 5.—A. XIV, 2, 1 (20).[424]
Συμφωνέω Lc. 5, 36. AG. 5, 9. 15, 15.—Mt. 18, 19. 20, 2. 13.—A. I, 3, 9 (107).
συνακολουθέω Lc. 23, 49.—Mc. 5, 37. 14, 51.—A. VI, 14, 6 (365).
Ὑπαντάω Lc. 8, 27. 14, 31.—Mt. 8, 28. Joh. 11, 20. 30. 12, 18.—A. VII, 6, 3 (128) ö. (s. S. 319).
ὑποδέχομαι Lc. 10, 38. 19, 6. AG. 17, 7.—Jac. 2, 25.—A. I, 10, 2 (180). VI, 13, 10 (321). K. I, 15, 6 ö.
ὑπομιμνήσκω Lc. 22, 61.—Joh. 14, 26. 2 Tim. 2, 14. Tit. 3, 1. 2 Ptr. 1, 12. 3 Joh. 10. Jud. 5.—A. II, 4, 4 (51). VI, 7, 1 (131). K. II, 14, 5 ö.
Hand in Hand mit dieser Vorliebe für präpositionelle Zusammensetzungen geht bei Lucas wie bei Josephus die Neigung, Composita, die mit der gleichen Präposition beginnen, zu verbinden oder doch in kurzen Zwischenräumen aufeinander folgen zu lassen. Aus der grossen Zahl der hieher gehörigen Stellen geben wir nur eine kleine, alphabetisch geordnete Auswahl:
Lc. 4, 16: . . . ἀνατεθραμμένος . . . ἀνέστη ἀναγνῶναι.—A. X, 11, 7 (270 f.): ἀναστάντι δ’ αὐτῷ δειχθῆναι κριὸν ἐσήμαινε μέγαν . . . ἐπειτ’ ἀναβλέψαι μὲν εἰς τὴν δύσιν . . . εἶτα τὸν τράγον ἰδεῖν ἐκ τοῦ μετώπου μέγιστον ἀναφύσαντα κέρας, οὗ κλασθέντος ἀναβλαστῆσαι τέσσαρα καθ’ ἕκαστον τῶν ἀνέμων τετραμμένα. ἐξ αὐτῶν δ’ ἀνασχεῖν καὶ ἄλλο μικρότερον ἀνέγραψεν.
Lc. 21, 15: οὐ δυνήσονται ἀντιστῆναι ἢ ἀντειπεῖν ἅπαντες οἱ ἀντικείμενοι ὑμῖν.—K. III, 7, 20: ἀντιπαραγόντων τοὺς σάκκους τῶν ὕπερθεν, ὑποβαλλόντων δὲ ταῖς ἐμβολαῖς ὡς μηδὲν κατ’ ἀντιτυπίαν βλάπτεσθαι τὸ τεῖχος, ἕως ἀντεπινοήσαντες κτλ.
Lc. 16, 22: ἐγένετο δὲ ἀποθανεῖν τὸν πτωχὸν καὶ ἀπενεχθῆναι αὐτόν.—K. III, 7, 23: ὁ ῥοῖζος ἐπάλξεις τε ἀπέσυρε καὶ γωνίας ἀπέθρυπτε πύργων.
Lc. 1, 29: ἡ δὲ ἐπὶ τῷ λόγῳ διεταράχθη καὶ διελογίζετο.—A. IX, 7, 1 (141): τοῦθ’ ὡς μὲν ᾤετο διεπράξατο, διεσώθη δὲ εἷς υἱὸς Ὀχοζίου, τρόπῳ δὲ τοιούτῳ τὴν τελευτὴν διέφυγεν.
Lc. 4, 36 f.: τίς ὁ λόγος οὗτος, ὅτι ἐν ἐξονσίᾳ καὶ δυνάμει ἐπιτάσσει τοῖς ἀκαθάρτοις πνεύμασιν καὶ ἐξέρχονται; καὶ ἐξεπορεύετο ἦχος κτλ.—K. VII, 10, 1: μάλιστα δ’ ἡ τῶν παίδων ἡλικία τοὺς θεωμένους ἐξέπληξεν· οὐδὲ γὰρ ἐκείνων τις ἐξενικήθη Καίσαρα δεσπότην ἐξονομάσαι.
Lc. 4, 39: ἐπιστὰς ἐπάνω αὐτῆς ἐπετίμησεν τῷ πυρετῷ.—A. VIII, 3, 6 (84): τὰς δὲ γωνίας ἄνωθεν συνέκλειον ὦμοι χειρῶν ἀνατεταμένων, οἷς ἐπεκάθητο σπεῖρα κατὰ κοῖλον ἐπικειμένη τὸν λουτῆρα ταῖς χερσὶν ἐπαναπαυόμενον ἀετοῦ καὶ λέοντος αὑτοῖς ἐφηρμοσμένων.
AG. 20, 9 f.: καθεζόμενος δέ τις νεανίας . . . καταφερόμενος ὕπνῳ βαθεῖ . . . κατενεχθεὶς ἀπὸ τοῦ ὕπνου ἔπεσεν ἀπὸ τοῦ τριστέγου κάτω καὶ ἢρθη νεκρός. καταβὰς δὲ ὁ Παῦλος κτλ.—A. VI, 2, 2 (27 f.): πρῶτον μὲν γὰρ αὐτοὺς ὁ θεὸς κλονεῖ σεισμῷ . . . ὡς . . . εἰς ἔνια τῶν χασμάτων καταφέρεσθαι, ἔπειτα βρονταῖς καταψοφήσας καὶ διαπύροις ἀστραπαῖς ὡς καταφλέξων αὐτῶν τὰς ὄψεις περιλάμψας . . . εἰς φυγὴν ἀπέστρεψεν. ἐπεξέρχεται δὲ Σαμουῆλος μετὰ τῆς πληθύος καὶ πολλοὺς κατασφάξας κατακολουθεῖ μέχρι Κορραίων τόπου τινος οὕτω λεγομένου, καὶ καταπήξας ἐκεῖ λίθον κτλ.
AG. 24, 24 f.: Μετὰ δὲ ἡμέρας τινὰς παραγενόμενος ὁ Φῆλιξ . . . μετεπέμψετο τὸν Παῦλον . . . ὁ Φῆλιξ ἀπεκρίθη· τὸ νῦν ἔχον πορεύου, καιρὸν δὲ μεταλαβὼν μετακαλέσομαί σε.—A. XIV, 16, 2 (375): Μαλίχῳ δὲ μεταγνόντι καὶ μεταθέοντι τὸν Ἡρώδην οὐδὲν τούτου περισσότερον ἐγένετο.
AG. 27, 9: ὄντος ἤδη ἐπισφαλοῦς τοῦ πλοὸς διὰ τὸ καὶ τὴν νηστείαν ἤδη παρεληλυθέναι, παρῄνει ὁ Παῦλος.—A. XIX, 1, 5 (31 f.): Χαιρέᾳ δὲ καὶ ὁπότε μὲν παραλαμβάνοι τὸ σημεῖον ὀργὴ παρίστατο, μειζόνως δ’ ὁπότε παραδιδοίη, γελώμενος ὑπὸ τῶν παραλαμβανόντων . . . διὰ ταῦτα δὲ αὐτῷ καὶ θάρσος παρίστατο κοινωνούς τινας παραλαμβάνειν.
Lc. 19, 43: περιβαλοῦσιν οἱ ἐχθροί σου χάρακά σοι καὶ περικυκλώσουσίν σε.—A. VI, 9, 4 (184): περιθεὶς αὐτῷ τὸν αὑτοῦ θώρακα καὶ περιζώσας τὸ ξίφος καὶ περικεφαλαίαν ἁρμόσας ἐξέπεμψεν.
AG. 13, 43: ἠκολούθησαν πολλοὶ τῶν Ἰουδαίων καὶ τῶν σεβομένων προσηλύτων τῷ Παύλῳ καὶ τῷ Βαρνάβα, οἵτινες προσλαλοῦντες αὐτοῖς ἔπειθον αὐτοὺς προσμένειν τῇ χάριτι τοῦ θεοῦ.
A. XIX, 8, 2 (351 f.): τὴν Ἰουδαίαν προσέλαβεν Σαμάρειάν τε καὶ Καισάρειαν. προσωδεύσατο δ’ ὅτι πλείστας αὐτῶν προσφορὰς διακοσίας ἐπὶ χιλίαις μυριάδας, πολλὰ μέντοι προσεδανείσατο· τῷ γὰρ φιλόδωρος εἶναι δαψιλέστερα τῶν προσιόντων ἀνήλισκεν.
AG. 19, 32 f.: ἦν γὰρ ἡ ἐκκλησία συγκεχυμένη, καὶ οἱ πλείους οὐκ ᾔδεισαν τίνος ἕνεκα συνεληλύθεισαν. ἐκ δὲ τοῦ ὄχλου συνεβίβασαν Ἀλέξανδρον. K. II, 12, 2: Ἰουδαῖοι δὲ ὡς ὅλης αὐτοῖς τῆς χώρας καταφλαγείσης συνεχύθησαν καὶ καθάπερ ὀργάνῳ τινὶ τῇ δεισιδαιμονίᾳ συνελκόμενοι εἰς ἓν κήρυγμα πάντες ἐπὶ Καισάρειαν ἐπὶ Κούμανον συνέδραμον.
Lc. 2, 43: ἐν τῷ ὑποστρέφειν αὐτοὺς ὑπέμεινεν Ἰησοῦς ὁ παῖς ἐν Ἱερουσαλήμ. K. III, 10, 2: κἀγὼ πρὸς αὐτὸν ὑποστρέφειν οὐκ ἂν ὑπομείναιμι λειφθείς.[425]
Sehr geläufig ist ferner beiden Schriftstellern die Verbindung des Hilfsverbums εἶναι mit dem Participium eines andern Zeitwortes. Bei der Fülle des sich hier darbietenden Stoffes müssen wir uns wieder auf eine kleine Anzahl von Beispielen beschränken, die jedoch zum Beweise für das Gesagte ausreichen werden. Wir unterscheiden folgende Fälle:
1) Das Praesens von εἰμί verbunden mit:
a) dem Participium Praesentis eines andern Verbums:
ἑστώς εἰμι AG. 25, 10[426], δέον ἐστίν 19, 36, ἐστὶν μεθερμηνευόμενον 4, 36, εἰσὶν ἑστῶτες[426] καὶ διδάσκοντες 5, 25, ἴσθι ἔχων Lc. 19, 17, εἶναι προσευχόμενον 9, 18, 11, 1.—καλῶς ἔχον ἐστίν A. XVIII, 8, 5 (279), δεόμενος καὶ εὐχόμενος εἴη X, 11, 5 (253), εἴη ἐπιβουλευόμενον K. I, 25, 2, παρών A. VII, 1, 5 (31), πρέπον εἴη K. I, 6, 2, παρόντες εἴημεν A. II, 6, 7 (129), εἴησαν ἥκοντες VI, 14, 5 (352).
b) dem Participium Perfecti eines andern Verbums:
ἔστιν ἐπιλελησμένον Lc. 12, 6, καταλελειμμένος AG. 25, 14, πεπραγμένον Lc. 23, 15. AG. 26, 26, συγκεκαλυμμένον ἐστίν Lc. 12, 2.—ἀπηγορευμένον ἐστίν A. XV, 1, 2 (7), ὦσι προεληλυϑότες VIII, 14, 2 (375), εἴη δεδωκώς XI, 6, 10 (257), εἰληφὼς εἴη XV, 6, 3 (176), εἴη παρεσχηκώς IV, 8, 38 (288), εἶεν τετυχηκότες VIII, 12, 2 (295), ὑποβεβηκότες XI, 4, 2 (81) u. a.[427]
2) Das Imperfectum von εἰμί verbunden mit:
a) dem Participium Praesentis eines andern Verbums:
ἤμην προσευχόμενος AG. 11, 5, ἦν διδάσκων Lc. 4, 31. 5, 17. 13, 10. 19, 47. 21, 37, εἰσπορευόμενος καὶ ἐκπορευόμενος AG. 9, 28, ἑστώς Lc. 5, 1, ϑέλων 23, 8, καϑήμενος AG. 8, 28, κείμενος Lc. 23, 53, ἦμεν διατρίβοντες AG. 16, 12, ἦσαν ἀγραυλοῦντες καὶ φυλάσσοντες Lc. 2, 8, ἀτενίζοντες 4, 20. AG. 1, 10, καϑήμενοι Lc. 5, 17, κατακείμενοι V. 29, προσκαρτεροῦντες AG. 1, 14. 2, 42.[428]—ἦν ἐμπολιτεῦον A. XVIII, 9, 9 (378), οὕτως ἔχοντα XIV, 13, 5 (344), προδιέπων K. II, 14, 3, χιλιαρχῶν A. XIX, 1, 6 (37), ἦτε διαφέροντες K. VII, 8, 7, ἦσαν παιδευόμενοι I, 31, 1.
b) dem Participium Aoristi eines andern Verbums:
ἦν βληϑείς Lc. 23, 19.—κατασταϑὲν ἦν A. X, 4, 3 (65), παρασχὼν ἦν IX, 1, 1 (1), ἦν περισώσας XIV, 11, 4 (280).
c) dem Participium Perfecti eines andern Verbums:
ἦν ἀνατεϑραμμένος Lc. 4, 16, διατεταγμένος ἦν AG. 20, 13, ἦν ἐπιπεπτωκός 8, 16, ἦμεν συνηγμένοι 20, 8, ἦσαν ἐληλυϑότες Lc. 5, 17, προεωρακότες AG. 21, 29, συνεληλυϑυῖαι Lc. 23, 55.[429]—ἦν ἑωρακώς A. II, 6, 6 (122), προειδώς K. II, 21, 7, προσκεκρουκώς A. XIII, 4, 6 (108), ἦσαν ἀνῃρηκότες A. IX, 8, 6 (183), κατωρϑωκότες K. VII, 1, 3, ὡρμηκότες A. XIV, 15, 11 (453) u. a.
3) Das Futurum von εἰμί verbunden mit dem Participium Praesentis eines andern Verbums:
ἔσῃ ζωγρῶν Lc. 5, 10, ἔσται καθήμενος 22, 69, πατουμένη 21, 24, ἔσεσθε μισούμενοι V. 17, ἔσονται ἀλήθουσαι 17, 35.—ἔσῃ καταλειπόμενος A. XVIII, 6, 7 (200), βασιλεύων ἔσται X, 11, 7 (273).
Auch das dem Participium nahestehende Adjectivum verbale liefert durch die Zusammensetzungen, zu denen es Veranlassung bietet, einen beachtenswerten Beitrag zu den Belegen für Lucas’ schriftstellerische Verwandtschaft mit Josephus. Bei ersterem finden wir folgende aus der Verbindung eines Verbaladjectivs mit dem a privativum entstandene Eigenschaftswörter gebraucht: *ἄγνωστος (s. S. 304), ἀθέμιτος (s. S. 319), ἀκάθαρτος Lc. 4, 33. 36. 6, 18. AG. 5, 16. 8, 7 ö., *ἀκατάκριτος (s. S. 222 f.), *ἀνατίρρητος (s. S. 304), *ἀνέκλειπτος (s. S. 310), *ἀνένδεκτος (s. ebd.), ἀνόητος Lc. 24, 25, *ἀπερίτμητος (s. S. 290), ἀσάλευτος AG. 27, 41, ἄσβεστος Lc. 3, 17, *ἄφαντος (s. S. 310), denen wir noch die gleichartigen Adverbien *ἀκωλύτως (s. S. 304) und *ἀναντιρρήτως (s. S. 310) beifügen dürfen. Von diesen 14 Wörtern sind 9 innerhalb des N. T.s sein ausschliessliches Eigentum und 6 dieser letzteren gehen auf Verba composita zurück, für die wir schon früher bei ihm eine besondere Vorliebe beobachtet haben.[430] Wie Josephus in dieser mit ihm zusammentrifft, so enthält dessen Sprachschatz auch eine beträchtliche Zahl Eigenschaftswörter, die aus den Verbaladjectiven von Compositis mittelst des a privativum, grossenteils wohl erst von ihn selbst, gebildet sind. Von den nahezu 70 uns zur Verfügung stehenden Beispielen führen wir unter Berücksichtigung aller bei ihm in derartigen Wörtern vorkommenden Präpositionen folgende an: ἀδιάκλειστος K. V, 5, 4, ἀκαταιτίατος I, 24, 8 ö. (s. S. 222 f.), ἀμετάλλακτος A. XVIII, 1, 6 (24), ἀναμφίλεκτος IV, 4, 1 (61), ἀναντίλεκτος III, 1, 2 (5). XIX, 1, 4 (24). 2, 5 (203), ἀναπόσβεστος Ap. I, 22 (199), ἀνεγκωμίαστος A. IV, 6, 13 (156), ἀνεκδίκητος VII, 1, 6 (45). XVII, 4, 1 (61). XX, 3, 1 (57) ö., ἀνεπαίσχυντος XVIII, 7, 1 (243), ἀνυπέρβλητος A. XI, 3, 4 (44). K. I, 21, 1. II, 10, 4, ἀνυποτίμητος A. XV, 7, 10 (265). XVI, 11, 8 (402), ἀπαραμίλλητος VIII, 7, 3 (184), ἀπερίοπτος A. XVIII, 6, 5 (170). 8, 3 (272). XIX, 1, 11 (72), ἀπροβούλευτος K. III, 5, 6, ἀπρόσιτος VII, 8, 3, ἀσύντακτος A. XVII, 6, 3 (156). K. I, 13, 3. III, 2, 2, ferner die Adverbien[431] ἀδιαλείπτως K. II, 17, 5. V, 7, 2. VI, 4, 1 ö., *ἀκαταλλάκτως A. XIII, 8, 2 (243), *ἀνεμποδίστως XVI, 6, 7 (172), ἀνεπικωλύτως ebd. 5 (169). XIX, 5, 3 (290), ἀνυπόπτως XV, 3, 2 (42), ἀνυποτιμήτως ebd. 6, 6 (188). XVI, 9, 1 (277), *ἀπαρακαλύπτως XV, 2, 6 (29). 4, 2 (97). XVI, 11, 4 (375), *ἀπερισκέπτως K. VI, 2, 10, ἀπροσδοκήτως A. XII, 7, 7 (324). XX, 5, 1 (117).
Eine weitere Uebereinstimmung beider Schriftsteller erblicken wir in ihrer Neigung zum Gebrauche gewisser Redefiguren, die auch den Klassikern geläufig sind. Zu diesen gehört zunächst die Ellipse.[432] Ebenso wie Josephus liebt auch Lucas die Auslassung einzelner leicht aus dem Zusammenhange zu erratender Wörter. Die Substantiva, welche von derselben sowohl bei dem einen wie bei dem andern betroffen werden, sind ἡμέρα, ὁδός und χώρα.
ἡμέρα fällt häufig nach einer (durch ein Participium, Adjectivum, Zahlwort oder Adverbium ausgedrückten) Näherbestimmung weg und zwar bei beiden Schriftstellern nach αὔριον, ἑξῆς, ἐπιοῦσα und ἐχομένη. Hier die Belege:
εἰς τὴν αὔριον AG. 4, 3, ἐπὶ τὴν αὔριον Lc. 10, 35. AG. 4, 5.—τῇ αὔριον A. XVII, 5, 2 (91).
τῇ ἑξῆς AG. 21, 1. 25, 17. 27, 18.—A. XVII, 5, 3 (93). K. I, 14, 2. II, 9, 3.—ἐν τῇ ἑξῆς Lc. 7, 11.—ταῖς ἑξῆς A. XVI, 7, 3 (205, s. S. 317 unter ἑξῆς).
τῇ ἐπιούσῃ) AG. 16, 11. 20, 15. 21, 18.—A. IV, 4, 2 (64). VI, 11, 2 (209). K. I, 32, 1 ö. (s. S. 294 unter ἔπειμι).
τῇ ἐχομένῃ Lc. 13, 33. AG. 20, 15.—A. VI, 9, 1 (174). 11, 9 (235). VII, 1, 3 (18) (s. S. 315 unter ἐχομένη).
Ausserdem findet sich diese Ellipse noch bei Lucas nach ἐπαύριον, ἑτέρα und σήμερον, bei Josephus nach προτεραία, τρίτη und ὑστεραία:
τῇ ἐπαύριον AG. 10, 9. 23. 14, 20. 21, 8. 23, 32. 25, 6, τῇ ἑτέρᾳ AG. 20, 15, περὶ τῆς σήμερον 19, 40.
τῇ προτεραίᾳ A. XVII, 4, 1 (62), εἰς τρίτην L. 45 (229), τῇ ὑστεραίᾳ A. XIV, 14, 2 (374). K. III, 7, 6, εἰς τὴν ὑστεραίαν A. II, 16, 1 (334). XIV, 13, 7 (352).
Beispiele für die Auslassung von ὁδός sind bei Lucas: ἀπὸ μιᾶς Lc. 14, 8, ἐκείνης 19, 4, ποίας 5, 19, bei Josephus (in Verbindung mit Verbis des Führens oder Gehens) ἑτέραν A. III, 1, 1 (1), τὴν ἄγουσαν εἰς τὴν Παλαιστίνην II, 15, 3 (323), τὴν ἐναντίαν X, 3, 1 (37), τὴν ἐπ’ Αἰγίπτου XIV, 14, 2 (374), ἐπὶ Ἰδουμαίας ebd. 13, 7 (353), ἐπὶ Πηλουσίου ebd. 14, 2 (375), ἐπ’ οἴχου XIII, 16, 4 (421), τὴν ἐπὶ ϑανάτῳ XV, 7, 4 (231). XIX, 4, 5 (269). K. II, 12, 2 ö., τὴν ἰδίαν A. IV, 8, 48 (324), τὴν προκειμένην ebd. 6, 3 (111), ταύτῃ II, 15, 3 (322).
χώρα unterliegt bei Lucas der Ellipse in der Formel ἐκ τῆς ὑπὸ τὸν οὐρανὸν εἰς τὴν ὑπ’ οὐρανόν Lc. 17, 24 (vgl. Job 18, 4. 38, 24. Spr. 8, 28). Josephus bietet hierzu folgende Beispiele: διὰ τῆς αὐτῶν XVIII, 4, 4 (97), διὰ τῆς Ἰουδαίων ebd. 5, 3 (121), εἰς τὴν αὐτοῦ XVII, 3, 3 (58), εἰς τὴν ἑαυτῶν II, 10, 2 (253). L. 62 (319), εἰς τήνδε A. X, 7, 3 (113), εἰς τὴν ἡμετέραν XI, 2, 1 (22), εἰς τὴν καλουμένην Συκαμίνων XIII, 12, 3 (332), εἰς τὴν τῶν Ἀσσυρίων X, 1, 4 (17), ἐκ τῆς ἀοικήτου K. II, 16, 4, ἐν τῇ τῶν Ἰουδαίων XV, 9, 5 (329), ἐπὶ τὴν ἑαυτῶν K. II, 13, 5, ἐπὶ τὴν Ναβαταίων A. XIV, 6, 4 (103), τὴν αὐτόϑι πᾶσαν ebd. 15, 6 (432), τὴν αὐτοῦ XVII, 2, 1 (23), τὴν ἐκείνων IV, 5, 2 (94), τὴν Ἡρώδου πᾶσαν XVI, 9, 1 (277), τὴν μεταξὺ πᾶσαν Ap. II, 2 (25), τὴν ὑπ’ αὐτῷ βασιλευομένην A. VIII, 12, 4 (304).[433]
Ausser den angeführten werden von Lucas noch die Wörter αὔρα, πληγή und ὥρα, von Josephus ἱερόν und οἶκος weggelassen:
τῇ πνεούσῃ AG. 27, 40, πολλάς, ὀλίγας Lc. 12, 47 f., ἀφ’ ἧς 7, 45.[434]—εἰς Ἄμμωνος Ap. I, 34 (306), πρὸς τῷ τῆς Ἀρτέμιδος A. XV, 4, 1 (89), εἰς διδασκάλου ebd. 10, 5 (373), ἐν Ἡρώδου XVIII 5, 1 (109).
Ebenso teilt Lucas mit Josephus die Vorliebe für die Litotes und es ist sicherlich nicht bloss einem Spiele des Zufalles zu danken, dass wir alle bei ersterem vorkommenden Beispiele dieser Redefigur auch bei letzterem nachzuweisen vermögen. Es sind die folgenden:
οὐκ ἄσημος AG. 21, 39.—A. XVI, 8, 3 (243). K. I, 12, 3. L. 1 (1) ö. (s. S. 249 Anm. 1).
οὐ μετρίως AG. 20, 12.—A. XV, 6, 7 (194) ö. (s. S. 307).
οὐκ ὀλίγος AG. 12, 18. 15, 2. 19, 23 f. 27, 20.—A. XVII 10, 9 (287). XX, 9, 2 (210). K. II, 4, 1 ö. Beide Schriftsteller verbinden οὐκ ὀλίγος mit χρόνος (AG. 14, 28.—K. II, 4, 3) und machen von οὐκ ὀλίγοι einen Genetiv abhängig (AG. 17, 4. 12.—A. XIII, 2, 4 [60]. K. II, 14, 1. V, 1, 2 ö.).
οὐχ ὁ τυχών AG. 19, 11. 28, 2.—A. II, 6, 6 (120) ö. (s. S. 319).
Weitere Beachtung verdient eine charakteristische Eigentümlichkeit des Lucas, durch die er sich ebensosehr von fast allen Schriftstellern des N. T.s unterscheidet, wie mit Josephus nahe berührt: der auch den griechischen Klassikern geläufige Wechsel zwischen directer und indirecter Rede.[435] Während er aber nur einmal mit ersterer beginnt, um dann mit letzterer fortzufahren, bietet er für den Uebergang aus indirecter in directe Rede, den er nur ausnahmsweise dem Leser durch ein parenthetisch eingefügtes verbum dicendi bemerklich macht, eine grössere Anzahl von Belegen. Zu ganz ähnlichen Wahrnehmungen gibt Josephus Gelegenheit, aus dessen Schriften wir einige Beispiele den aus Lucas entnommenen auf dem Fusse folgen lassen:
1) Uebergang aus directer in indirecte Rede:
AG. 23, 23 f.: προσκαλεσάμενός τινας δύο τῶν ἐκατονταρχῶν εἶπεν· ἑτοιμάσατε στρατιώτας διακοσίους . . . κτήνη τε παραστῆσαι κτλ.
A. X, 2, 2 (33): ὁ δὲ προφήτης ὑποτυχών “ἴσθι, φησίν, οὐ μετ’ ὀλίγον χρόνον εἰς Βαβυλῶνά σου τοῦτον μετατεθησόμενον τὸν πλοῦτον καὶ τοὺς ἐκγόνους εὐνουχισθησομένους καὶ ἀπολέσαντας τὸ ἄνδρας εἶναι τῷ Βαβυλωνίῳ δουλεύσοντας βασιλεῖ·” ταῦτα γὰρ προλέγειν τὸν θεόν.[436]
2) Uebergang aus indirecter in directe Rede:
a) ohne verbum dicendi:
Lc. 5, 14: καὶ αὐτὸς παρήγγειλεν αὐτῷ μηδενὶ εἰπεῖν, ἀλλὰ ἀπελθὼν δεῖξον σεαυτὸν τῷ ἱερεῖ καὶ προσένεγκε περὶ τοῦ καθαρισμοῦ σου κτλ.
AG. 1, 4 f.: παρήγγειλεν αὐτοῖς ἀπὸ Ἱεροσολύμων μὴ χωρίζεσθαι, ἀλλὰ περιμένειν τὴν ἐπαγγελίαν τοῦ πατρὸς ἣν ἠκούσατέ μου κτλ.
17, 2 f.: διελέξατο αὐτοῖς ἀπὸ τῶν γραφῶν, διανοίγων καὶ παρατιθέμενος ὅτι τὸν Χριστὸν ἔδει παθεῖν καὶ ἀναστῆναι ἐκ νεκρῶν, καὶ ὅτι οὗτός ἐστιν Χριστὸς Ἰησοῦς ὃν ἐγὼ καταγγέλλω ὑμῖν.
23, 22: ὁ μὲν οὖν χιλίαρχος ἀπέλυσε τὸν νεανίσκον, παραγγείλας μηδενὶ ἐκλαλῆσαι ὅτι ταῦτα ἐνεφάνισας πρὸς ἐμέ.[437]
A. VIII, 14, 1 (367): ταῦτα δ’ ἀπαγγειλάντων πέμπει πάλιν πρὸς αὐτὸν ἀξιῶν ἀνωμολογηκότα πάντα εἶναι ἐκείνου δέξασθαι τοὺς πεμφθησομένους εἰς τὴν ἐπιοῦσαν ὑπ’ αὐτοῦ δούλους, οἷς ἐρευνήσασι τά τε βασίλεια καὶ τοὺς τῶν φίλων καὶ συγγενῶν οἴκους ἐκέλευε διδόναι πᾶν ὅ τι ἂν ἐν αὐτοῖς εὕρωσι κάλλιστον, τὰ δ’ ἀπαρέσαντα σοὶ καταλείψουσιν.”
IX, 3, 1 (33): παρεθάρρυνε δ’ αὐτὸν ὁ Ἰωσάφατος δίκαιος ὢν καὶ πέμψαντα εἰς τὸ στρατόπεδον ἐκέλευσε γνῶναι, εἴ τις αὐτοῖς τοῦ θεοῦ προφήτης συνελήλυθεν, ἵνα δι’ αὐτοῦ μάθωμεν παρὰ τοῦ θεοῦ, τί ποιητέον ἡμῖν.”
XVIII, 8, 2 (263 f.): Ἰουδαίων δὲ πολλαὶ μυριάδες παρῆσαν ὡς τὸν Πετρώνιον εἰς Πτολεμαΐδα κατὰ δεήσεις μηδὲν ἐπὶ παρανομίᾳ σφᾶς ἐπαναγκάζειν καὶ παραβάσει τοῦ πατρίου. εἰ δέ σοι πάντως πρόκειται τὸν ἀνδριάντα φέρειν καὶ ἱστᾶν, ἡμᾶς αὐτοὺς πρότερον μεταχειρισάμενος πρᾶσσε τὰ δεδογμένα κτλ.”
XIX, 1, 6 (40 ff.): Χαιρέας ἤδη θάρσει χρώμενος ἐν λόγοις ἦν κινδύνων ἀνειμένοις πρὸς αὐτὸν τὰ κατέχοντα δεινὰ τὴν πόλιν καὶ τὴν ἀρχὴν ἐπεξιών, καὶ ὅτι λόγῳ μὲν εἴη Γάϊος ὁ τὴν ἐπὶ τοιούτοις αἰτίαν προτιθέμενος, τοῖς δὲ τἀληθὲς ἐξετάζειν πειρωμένοις ἐγώ τε, ὦ Κλήμης, καὶ οὑτοσὶ ὁ Παπίνιος καὶ πρὸ ἡμῶν σύ, ταύτας Ῥωμαίοις τε καὶ τῷ παντὶ ἀνθρωπείῳ τὰς στρέβλας προσφερόμενοι κτλ.”[438]
b) mit eingeschobenem verbum dicendi:
AG. 7, 6 f.: ἐλάλησεν δὲ οὕτως ὁ θεός, ὅτι ἔσται τὸ σπέρμα αὐτοῦ πάροικον ἐν γῇ ἀλλοτρίᾳ, καὶ δουλώσουσιν αὐτὸ καὶ κακώσουσιν ἔτη τετρακόσια· καὶ τὸ ἔθνος ᾧ ἐὰν δουλεύσουσιν κρινῷ ἐγώ, ὁ θεὸς εἶπεν, καὶ μετὰ ταῦτα ἐξελεύσονται καὶ λατρεύσουσίν μοι ἐν τῷ τόπῳ τούτῳ.
25, 4 f.: ὁ μὲν οὖν Φῆστος ἀπεκρίθη τηρεῖσθαι τὸν Παῦλον εἰς Καισάρειαν, ἑαυτὸν δέ μέλλειν ἐν τάχει ἐκπορεύεσαι· οἱ οὖν ἐν ὑμῖν, φησίν, δυνατοὶ συγκαταβάντες, εἴ τι ἐστὶν ἐν τῷ ἀνδρὶ ἄτοπον, κατηγορείτωσαν αὐτοῦ.
A. VI, 10, 2 (197): ὁ δ’ ὡς ἀφορμῇ χρησάμενος τῆς ἐπὶ Δαυίδην ἐπιβουλῆς ἡδέως ἤκουσε καὶ δώσειν προθύμως αὐτῷ τὴν παρθένον πρὸς τοὺς τὸν ἐρωτα μηνύσαντας αὐτῆς ἔφη γενησόμενον ἀπωλείας καὶ κινδύνων αἴτιον αὐτῷ ληψομένῳ· “κατεγγυῶ γάρ, εἶπεν, αὐτῷ τὸν τῆς θυγατρός μου γάμον, ἂν ἐξακοσίας μοι κομίσῃ κεφαλὰς τῶν πολεμίων κτλ.”
Ebd. 13, 4 (290 f.): Σαοῦλος δὲ ἐπὶ τῷ παραδόξῳ τῆς σωτηρίας θαυμάσας καὶ τὴν τοῦ νεανίσκου μετριότητα καὶ φύσιν ἐκπλαγεὶς ἀνῷμωξε· τὸ δ’ αὐτὸ κἀκείνου ποιήσαντος αὐτὸν εἶναι δίκαιον στένειν ἀπεκρίνατο· “σὺ μὲν γάρ, φησίν, ἀγαθῶν αἴτιος ἐμοὶ γέγονας, ἐγὼ δὲ σοὶ συμφορῶν κτλ.”[439]
Selbstverständlich machen wir nicht den Anspruch, mit vorstehenden Nachweisungen alle sprachlichen und stilistischen Berührungen zwischen Lucas und Josephus erschöpft zu haben, wohl aber halten wir dieselben für zahlreich und erheblich genug, um zu Gunsten des bereits früher gewonnenen Ergebnisses ein bedeutendes Gewicht in die Wagschale zu werfen. Vor allem gilt dies von dem Verzeichnisse der innerhalb des N. T.s dem Lucas eigentümlichen Wörter, wie schon eine flüchtige, sich auf eine Vergleichung des Umfanges der einzelnen Abteilungen beschränkende Durchsicht desselben erkennen lässt. Wenn von den 751 dort aufgeführten Wörtern 309 aus den Siebzig und Josephus zugleich, 87 nur aus ersteren und 178 nur aus letzterem zu belegen sind, so wird sich angesichts dieses Sachverhaltes kein Unbefangener dem Schluss entziehen können: Ein Schriftsteller, welcher einerseits seine Abhängigkeit von den Siebzig durch die augenfälligsten Entlehnungen aus ihrem Sprachschatze bekundet und andererseits mehr als doppelt so viel Wörter mit Josephus als mit ihnen ausschliesslich gemein hat, muss von diesem in noch höherem Grad als von jenen beeinflusst sein. Noch unabweisbarer drängt sich dieser Schluss auf, sobald man jenes Verzeichnis einer genaueren, auch die Einzelheiten ins Auge fassenden Durchmusterung unterzieht. Eine solche ergibt zunächst, dass eine Anzahl der den Siebzig angehörigen Wörter nur durch unsichere, in Tischendorfs Ausgabe unter den Text verwiesene Varianten belegt werden kann. Es ist demnach mindestens fraglich, ob wir ἀνετάζω, ἐπαϱχία, εὐλαβής, ζήτημα, ὁδεύω, πϱοσλαλέω, ὑπεϱεϰχύννω, χειϱαγωγέω dem Sprachgute der Siebzig beizählen dürfen. Andere kritisch unantastbare Wörter finden sich bei ihnen wenigstens nicht in der Bedeutung, die ihnen bei Lucas und Josephus allein oder neben einer andern eignet. Als solche nennen wir ἀναβολή (nicht “Aufschub”), ἀπογϱαϕή (nicht “Schatzung”), ἄσημος (nicht “unberühmt”), βάσις (nicht vom menschlichen Fusse), διασείω (nicht uneigentlich, s. S. 103), ἐϰτίϑημι (weder “aussetzen” noch [med.] “vortragen”), ἐλαιών (nicht “Oelberg”), λοιμός (nicht von der Krankheit), μετεωϱίζομαι (nicht im übertragenen Sinne), πϱοβάλλω (nicht “ausschlagen”, wie Lc. 21, 30. A. IV, 8, 19), σϰάϕη (nicht “Boot”), συμβάλλω (weder “erwägen” noch “Worte wechseln” noch “zusammentreffen” im feindlichen Sinne), συνοϱάω (nicht “einsehen”), σχολή (nicht “Schule”, wie AG. 19, 9. Ap. I, 10)[440]. Dazu kommt drittens, dass manche der hieher gehörigen Wörter bei Lucas in Formen, Constructionen und Verbindungen erscheinen, die wohl bei Josephus, aber nicht auch bei den Siebzig nachweisbar sind. So brauchen letztere ἐπιλέγω, ἐπισϰευάζω und μεταϰαλέω nur im Activum, nicht im Medium, während τιμωϱέω bei ihnen nur in diesem, nicht auch in jenem Genus verbi vorkommt. Sie verbinden διατελέω nicht mit einem Adjectiv, ϰαταψύχω nicht mit einem Objectsaccusativ, ὁμιλέω nicht auch mit πϱός (wie Lucas 24, 14 und Josephus an den beiden zuerst angeführten Stellen) und das intransitive συμβάλλω nicht mit dem blossen Dativ, sondern mit ἔν τινι (2 Chron. 25, 19). Von ἔνειμι bilden sie kein Participium neutrius mit Substantivgeltung (τὰ ἐνόντα) und das Participium feminini von ἔπειμι (ἐπιοῦσα) steht bei ihnen nur elliptisch, nicht auch mit dem Beisatz ἡμέϱα (wie AG. 7, 26. K. II, 14, 5). Bei Erwägung aller dieser Einzelheiten gestaltet sich das Verhältnis für Josephus noch viel günstiger, als es auf den ersten flüchtigen Blick erschien, und wir werden es nunmehr auch nicht für einen blossen Zufall zu halten geneigt sein, dass die früheste Belegstelle, die man bisher aus der griechischen Literatur für das dem Lucas eigentümliche Verbum ἐμμαίνομαι aufzubringen vermocht hat (s. S. 280), sich in Josephus’ “Altertümern” findet.
Nichtsdestoweniger machen wir uns noch auf den Einwand gefasst: Wenn zwei ungefähr gleichzeitige und auf nicht wesentlich verschiedener Bildungsstufe stehende Schriftsteller bei Abfassung von Werken, die der nämlichen Literaturgattung angehören, aus dem Strom einer gemeinsamen Sprache schöpfen, so ist es ganz unausbleiblich, dass so mannichfache Berührungspunkte auf ihre Ausdrucksweise einen tiefdringenden Einfluss ausüben, der in Gestalt zahlreicher, oft buchstäblicher Uebereinstimmungen zu sichtbarer Erscheinung kommt. Solche werden sich selbstverständlich um so reichlicher einheimsen lassen, je ausgedehnter das Feld ist, welches sich dem ihnen nachspürenden Sammler zur Durchforschung darbietet. Es müsste geradezu mit Wunderdingen zugehen, wenn sich nicht aus den weitschichtigen Werken des Josephus eine Menge sprachlicher Parallelen mit den zwar weniger umfänglichen, aber immerhin mehr als ein Viertel der neutestamentlichen Literatur ausmachenden Schriften des Lucas zu Tage fördern liesse. Allerdings sind dieselben infolge ihrer Menge wohl geeignet, bei dem arglosen Leser den Eindruck hervorzurufen, als ob letzterer in einem näheren Verwandtschaftsverhältnisse zu Josephus stände, als jeder andere griechisch schreibende Historiker des ersten oder zweiten Jahrhunderts. Wollte man jedoch einen beliebigen Schriftsteller dieser Art einer ebenso eingehenden Vergleichung mit Josephus unterziehen, so würde ohne Zweifel das Ergebnis ganz ähnlich ausfallen, damit aber auch jener trügerische Schein gründlich zerstört werden.
Sollte uns jemand durch diesen Einwand in Verlegenheit zu setzen meinen, so würde unsere Entgegnung lediglich in der Aufforderung bestehen, zunächst seine Behauptungen an der Hand irgend einer neutestamentlichen Schrift auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen. Wir möchten dazu das Matthäusevangelium empfehlen, weil es nicht nur denselben Geschichtsstoff wie die erste der Lucas’ Namen tragenden Schriften behandelt, sondern auch dieser, ebenso wie der zweiten, an Umfang nahezu gleich kommt. Wir dürfen es daher, wenn jener Einwand nicht alles Grundes ermangelt, mit der Erwartung aufschlagen, dass die Zahl der Belege, welche sich aus ihm für die oben (S. 320 ff.) angeführten sprachlichen Erscheinungen gewinnen lassen, die Hälfte der von uns aus dem dritten Evangelium und der Apostelgeschichte erbrachten ziemlich erreichen werde. Diese Annahme erweist sich jedoch schon bei dem ersten Vergleichungspunkt als irrig. Unter den 228 zusammengesetzten Zeitwörtern, welche wir bei Matthäus zählen, finden wir nur 23, in deren Gebrauch sich kein anderer neutestamentlicher Schriftsteller mit ihm teilt, also noch nicht ein Zehntel der Anzahl, welche Lucas als sein Sondereigentum in Anspruch nehmen kann. Es sind die folgenden: ἀναβιβάζω 13, 48, ἀναβοάω 27, 46, ἀπάγχω V. 5, ἀπονίπτω V. 24, διακαθαρίζω 3, 12[441], διακωλύω V. 14, διαλλάσσω 5, 24, διϋλίζω 23, 24, ἐκλάμπω 13, 43, ἐξορκίζω 26, 63, ἐπιγαμβρεύω 22, 24, ἐπικαθίζω 21, 7, ἐπισπείρω 13, 25, καταθεματίζω 26, 74, καταμανθάνω 6, 28, καταποντίζω 14, 30. 18, 6, μεταίρω 13, 53. 19, 1, παρομοιάζω 23, 27, προβιβάζω 14, 8[442], προφθάνω 17, 25, συναίρω 18, 23 f. 25, 19, συναυξάνω 13, 30, συντάσσω 26, 19. (27, 10 Cit.)
Nur wenig grösser (25) ist bei Matthäus die Zahl der den Siebzig fremden Composita, während unser keineswegs auf Vollständigkeit abzielendes Verzeichnis aus Lucas’ Schriften im Ganzen 142 derartige Zeitwörter nachweist (S. 304 ff. 321 f.). Ausser den bereits angeführten διακαθαρίζω, διακωλύω, ἐπισπείρω, καταθεματίζω, παρομοιάζω und συναυξάνω gehören hieher folgende auch bei andern neutestamentlichen Schriftstellern vorkommende Verba: ἀνάκειμαι 9, 10. 22, 10 f. 26, 7. 20, ἀνακλίνω 8, 11. 14, 19, ἀποδημέω 21, 33. 25, 14 f., διαβλέπω 7, 5, διαφημίζω 9, 31. (28, 15?), ἐκφύω 24, 32, ἐμβάπτω 26, 23, ἐμβριμάομαι 9, 30, ἐντυλίσσω 27, 59, ἐπιφώσκω 28, 1[443], μεθερμηνεύω 1, 23, μεταβαίνω 8, 34. 11, 1. 12, 9. 15, 29, μεταμορφόω 17, 2, προσκυλίω 27, 60, προσμένω 15, 32[444], προσφωνέω 11, 16, συμπνίγω 13, 22, συσταυρόω 27, 44, ὑπαντάω 8, 28.
Reichlichere Belege bietet das erste Evangelium für die Aufeinanderfolge von Compositis, die mit derselben Präposition gebildet sind. Indessen muss zunächst bemerkt werden, dass die Zahl der Präpositionen, auf die sich die hier in Betracht kommenden Zusammensetzungen verteilen, bei Matthäus viel beschränkter ist, als bei Lucas, indem sie bei ersterem 8[445], bei letzterem 13 beträgt. Ferner sind die meisten der von jenem auf diese Weise gebrauchten Composita sehr gangbare Wörter, die ihm ganz ungesucht in die Feder flossen, zum Teil sich ihm geradezu unabweisbar aufdrängten, weil ihre Simplicia entweder gar nicht oder doch nur in anderer Bedeutung üblich waren.[446] Endlich sind manche derselben durch einen grösseren Zwischenraum von einander getrennt[447], so dass verhältnismässig nur wenige Stellen übrig bleiben, aus denen der unbefangene Leser den Eindruck gewinnt, dass die Verbindung der Composita nicht auf blossem Zufalle beruht, sondern durch die Rücksicht auf den gleichen Anfang bedingt ist[448].
Die Verbindung von εἰμί mit dem Participium eines andern Zeitwortes erscheint bei Matthäus in folgenden Fällen:
1) Das Praesens von εἰμί verbunden mit:
a) dem Participium Praesentis eines andern Verbums: ἐστὶν μεθερμηνευόμενον 1, 23, πρέπον ἐστίν 3, 15.
b) dem Participium Perfecti eines andern Verbums: ἐστὶν κεκαλυμμένον 10, 26, ἠριθμημέναι εἰσίν V. 30.
2) Das Imperfectum von εἰμί verbunden mit:
a) dem Participium Praesentis eines andern Verbums: ἦν βασανιζόμενον 14, 24, βοσκομένη 8, 30, διδάκων 7, 29, ἐξὸν ἦν 12, 4, ἦν ἔχων 19, 22, ἦσαν τρώγοντες καὶ πίνοντες, γαμοῦντες καὶ γαμίζοντες 24, 38, θεωροῦσαι 27, 55.
b) dem Participium Perfecti eines andern Verbums: ἦσαν βεβαρημένοι 26, 43.[449]
3) Das Futurum von εἰμί verbunden mit:
a) dem Participium Praesentis eines andern Verbums: ἔσεσθε μισούμενοι 10, 22. 24, 9.
b) dem Participium Perfecti eines andern Verbums: ἔσται δεδεμένον, λελυμένον 16, 19, δεδεμένα, λελυμένα 18, 18.
Gegenüber dem reichhaltigen Verzeichnisse der bei Lucas vorkommenden Beispiele dieser Verbindung muss die Ausbeute aus dem ersten Evangelium dürftig erscheinen. Sehr spärlich sind in diesem ferner die von Verbaladjectiven mittelst des α privativum gebildeten Eigenschaftswörter vertreten, indem sich ausser den auch von Lucas gebrauchten ἀκάθαρτος (10, 1. 12, 43) und ἄσβεστος (3, 12) nur noch ἄνιπτος (15, 20), ἄρρωστος (14, 14) und ἀσύνετος (15, 16) finden, von denen allein das letzte auf ein Verbum compositum zurückgeht. Auch die Ellipse ist bei Matthäus nur selten anzutreffen. Verhältnismässig am häufigsten lässt er ἡμέρα aus, in den Formeln ἕως τῆς σήμερον 27, 8, μέχρι τῆς σήμερον 11, 23. 28, 15, τῇ ἐπαύριον 27, 62 und τῇ πρώτῃ τῶν ἀζύμων 26, 17. Ausserdem kommen nur noch ἡ ξηρά (= ἡ ξηρὰ γῆ) 23, 15 und ψυχρόν (= ψυχρὸν ὕδωρ) 10, 42 in Betracht[450], wobei jedoch zu beachten ist, dass diese beiden Wörter schon frühzeitig zu Substantiven geworden sind.[451]
Von der bei Lucas so beliebten Figur der Litotes hat Matthäus in keinem einzigen Falle Gebrauch gemacht. Dass man bei ihm ebensowenig Beispiele des Ueberganges directer in indirecte oder indirecter in directe Rede suchen darf, bedarf nach dem schon früher (S. 329) von uns Bemerkten kaum noch einer ausdrücklichen Erwähnung.[452]
In kurzen Worten lautet also das Ergebnis unserer Durchmusterung des Matthäusevangeliums dahin: Die Erwartung, dass die Zahl der aus ihm zu gewinnenden Belege für die oben (S. 320 ff.) betrachteten sprachlichen Erscheinungen die Hälfte der von uns aus Lucas’ Schriften für dieselben erbrachten Beispiele nahezu erreichen werde, ist in allen Punkten unerfüllt geblieben. Damit dürfte die Hinfälligkeit des Einwandes, der uns zu dieser Untersuchung veranlasst hat, für jeden Unbefangenen ausser Frage gestellt sein.
[417] Von allen diesen Wörtern finden sich bei den Siebzig nur: ὁμορέω (1 Chr. 12, 40), ὅρος (Ex. 9, 5. Neh. 2, 6, aber nicht ὅρον [ὅρους] τιθέναι), πανδημεί (Dt. 13, 16) und σιτομετρέω (Gen. 47, 12).
[418] wobei nicht τὰς ἀγϰύϱας zu ergänzen ist (s. Cremer S. 84).
[419] Ps. 106, 32, wo κακοῦσθαι “geplagt werden” bedeutet, gehört nicht hieher (s. Cremer S. 453).
[420] V. 15 ist nicht (mit Grimm) für diese Bedeutung anzuführen, da hier ἀναπέμπειν wie V. 11 “zurücksenden” heisst.
[421] s. Winer a. a. O. § 24, 1 ff. 66, 4 ff. Immerhin wollen wir wenigstens im Vorübergehen auf die Aehnlichkeit von Lc. 11, 13: ὁ πατὴϱ ὁ ἐξ οὐϱανοῦ δώσει πνεῦμα ἄγιον τοῖς αἰτοῦσιν αὐτόν mit K. I, 32, 3: λαϑεῖν . . . τὸν ἀπ’ οὐϱανοῦ διϰαστὴν ἀμήχανον aufmerksam machen.
[422] Vgl. Winer § 60, 9 Anm.
[423] Niese liest hier ἐξηϱτυμένους statt ἐξηϱτισμένους.
[424] Ebenso wie bei Lucas (s. S. 299. 303. 308. 311) sind auch bei Josephus die Zusammensetzungen mit πρός sehr beliebt. Von Verbis dieser Art, die nicht im N. T. vorkommen, finden sich bei ihm: προσαμύνω K. II, 16, 4. 19, 8, —αναγινώσκω ebd. 2, 4, —αναγκάζω A. VIII, 1, 5 (17), —αναγράφω L. 74 (413), —ανακουφίζω ebd. 18 (96), —αναπαύω A. XX, 2, 1 (18), —ανέρομαι XIX, 4, 1 (240), —απόλλυμι XVII, 4, 3 (80), —αποστρέφω K. II, 12, 1, —άπτω ebd. 8, 14, —βάλλω ebd. 20, 6, —γίνομαι L. 6 (24), —γράφω A. XVI 10, 8 (343), —δανείζω XIX, 8, 2 (352), —δεῖ VII, 12, 4 (340), —δηλόω K. II, 21, 7, —διατρίβω ebd. 10, 5, —διαφθείρω A. IX, 6, 5 (130), —ειμι (ιέναι) K. II, 8, 14. 15, 4. 17, 4 ö., —εκλοιδορέω XIII, 13, 5 (372), —εξαγριαίνω II, 14, 3 (302), —εξαιρέω XIII, 15, 3 (394), —εξάπτω II, 16, 3 (343), —εξερεθίζω L. 57 (298), —έοικα K. II, 8, 1, —επεγείρω A. XIII, 13, 3 (360), —επιδημέω K. II, 11, 2, —καινουργέω A. XVII, 11, 2 (304), —καταλέγω XII, 7, 1 (289), —κειμαι K. II, 17, 10. 19, 7, —λιπαρέω A. XIII, 5, 1 (132). K. II, 19, 6, —λοιδορέω A. XV, 7, 4 (222), —μάχομαι XX, 4, 1 (80), —οδεύω XIX, 8, 2 (352), —οικοδομέω K. II, 14, 4, —όμνυμι A. VIII, 1, 5 (18), —ονειδίζω XVI, 7, 4 (209). K. II, 2, 5. 16, 4, —οργίζομαι A. II, 13, 4 (288). K. II, 14, 6, —ορίζω ebd. 20, 4, —παρίστημι XIX, 1, 10 (59), —παροξύνω K. II, 17, 1, —πυνθάνομαι A. XVI, 7, 6 (223), —ρέω K. II, 11, 6 u. a.
[425] Weitere Beispiele aus Lucas’ Schriften: Composita mit ἀνά: AG. 7, 20 f. 9, 18. 39. 15, 16. 18, 21, ἀντί Lc. 14, 12, ἀπό 5, 2. 10, 30. 19, 32. AG. 5, 37. 15, 33. 19, 9. 12, διά Lc. 1, 22. 51. 2, 35. 11, 17. 16, 1. 26. AG. 8, 4. 10, 17, ἐκ 12, 11, ἐπί Lc. 19, 35. AG. 15, 19 f. 36. 19, 39, κατά Lc. 8, 52 f. AG. 16, 17. 18, 19. 22. 26, 10, παρά Lc. 1, 2 f. AG. 9, 39. 28, 11, πρός 6, 4, σύν Lc. 2, 19. AG. 5, 21. 9, 22. 10, 23 f. 27. 41. 19, 29. 25, 12. Von hieher gehörigen Stellen aus Josephus haben wir im Ganzen über 650 gesammelt, in denen am häufigsten Zusammensetzungen mit κατά, demnächst solche mit διά, ἐπί, σύν und παρά vorkommen. Die verhältnismässig weit weniger zahlreichen Stellen der paulinischen Briefe, in denen die nämliche Erscheinung zu Tage tritt, sind in unseren “Beiträgen” S. 70 Anm. 1 verzeichnet.
[426] Diese Form dürfen wir ebenso wie καθήμενος (Lc. 22, 69. AG 8, 28, im Plural Lc. 5, 17), κατακείμενοι (ebd. V. 29) und κείμενος (23, 53) den Participiis Praesentis beizählen, da die Perfectbedeutung derselben im Sprachbewusstsein nicht mehr lebendig ist.
[427] Bei Josephus findet sich ausserdem noch die bei Lucas nicht nachweisbare Verbindung des Conjunctivs und Optativs Praesentis von εἰμί mit dem Participium Aoristi eines andern Verbums: ᾖ ἐργασάμενος A. VI, 6, 5 (124), εἴη βλασφημήσας VIII, 13, 8 (358), εἶεν παραγενόμενοι XI, 5, 6 (159), εἴησαν παϑόντες XVI, 4, 1 (94).
[428] Weitere Beispiele: Lc. 1, 10. 21 f. 2, 33. 51. 4, 38. 44. 5, 1. 16 f. 29. 6, 12. 8, 40. 9, 53. 11, 14. 13, 11. 14, 1. 15, 1. 23, 51. 53. 24, 13. 32. 53. AG. 1, 13. 8, 1. 13. 28. 9, 9. 10, 24. 12, 5 f. 12. 20. 14, 7. 19, 14. 21, 3.
[429] Weitere Beispiele: Lc. 2, 26. 8, 2. 9, 32. 45. 15, 24. 18, 34. AG. 1, 17. 18, 25.
[430] Nur drei von diesen sechs konnte sich Lucas aus den Siebzig oder Josephus aneignen, während von den übrigen drei lediglich ἀνέκλειπτος bei früheren Schriftstellern vorkommt, dagegen ἀκατάκριτος, wie oben (S. 222 f.) gezeigt, und wahrscheinlich auch das erst bei Späteren wieder erscheinende ἀνένδεκτος (s. Grimm s. v.) von ihm neugebildet ist.
[431] Zu den mit * bezeichneten finden sich bei Josephus nicht die entsprechenden Adjectiva.
[432] S. Winer a. a O. § 64, I, 5.
[433] Ausdrücke wie ἡ ἔρημος Lc. 3, 4. 15, 4. AG. 7, 30 ö., ἡ οἰκουμένη Lc. 2, 1 ö. (s. S. 69 Anm. 1) ἡ ὀρεινή Lc. 1, 39. 65 (s. S. 298) und ἡ παράλιος 6, 17 (s. ebd.), stehen mit den oben angeführten Ellipsen nicht ganz auf gleicher Stufe, da sie ebenso wie ἡ ἄνυδρος A. XV, 6, 7 (200). K. I, 20, 3, ἡ οἰκεία A. VI, 5, 3 (80). X, 1, 3 (14). K. VII, 7, 4 ö., ἡ πολεμία V, 2, 1. Ap. II, 29 (213) u. a. schon frühzeitig als Substantiva in Gebrauch gekommen sind (vgl. Winer a. a. O.).
[434] Diese Ellipse findet sich im N. T. noch 2 Ptr. 3, 4, weniger sicher AG. 24, 11, wo ἡμέραι vorhergeht.
[435] S. Winer a. a. O. § 63, II, 2. Ausserdem begegnet uns diese sprachliche Erscheinung innerhalb des N. T.s nur noch bei Marcus (6, 8 f. 11, 31 f.).
[436] Ein weiteres Beispiel K. I, 25, 2.
[437] Ob auch 14, 22 dieser Wechsel vorliegt, ist fraglich, da man unter ἡμας nicht notwendigerweise die παρακαλοῦντες und ihre Zuhörer zu verstehen braucht, sondern ebensogut den sich mit seinen Glaubensgenossen zusammenfassenden Berichterstatter verstehen kann.
[438] Weitere Beispiele: A. III, 2, 1 (40 ff.). 5, 8 (99 ff.). IV, 8, 24 (260 ff.). V, 8, 2 (278). VI, 3, 4 (38 f.). VII, 11, 6 (281 f.). VIII, 9, 1 (244). 14, 1 (368 f.). 15, 4 (406 ff.). IX, 2, 1 (21). X, 1, 2 (8). 7, 3 (112 f.). 9, 6 (177). 10, 4 (203 ff.). XI, 5, 4 (150). 6, 7 (226). XII, 4, 8 (206 f.). XIII, 2, 2 (43 f.). 4, 3 (88 ff.). XVII, 3, 1 (46 ff.). 5, 5 (107 ff.). 9, 5 (236). XVIII, 7, 1 (241 ff.). 8, 7 (294 f.). 9, 6 (360 f.). XIX, 1, 7 (44 f.). K. IV, 1, 6. 4, 3. 4.
[439] Weitere Beispiele: Ebd. 7 (302 ff.). VII, 1, 6 (44 f.). IX, 4, 4 (65 f.). X, 7, 6 (124). 8, 2 (139). XI, 3, 2 (34 f.). 6, 8 (229 f.). XIII, 13, 2 (354). 15, 5 (400 ff.). K. I, 23, 5.—Bisweilen geht Josephus erst aus indirecter in directe Rede und dann aus dieser wieder in jene über, z. B. A. III, 1, 4 (17 ff.). XI, 6, 5 (212 ff.). XVII, 4, 2 (72 ff.). K. IV, 6, 2. VI, 3, 5. Bei Lucas würde der umgekehrte Fall AG. 19, 27 nach Meyers Auffassung dieser Stelle vorliegen, indessen dürfte hier μέλλειν eher von κινδυνεύειν abhängen. Meyers Gegengrund, dass “so μέλλειν selbst nur sehr entbehrlich scheinen würde”, kann angesichts von Stellen wie 11, 28. 24, 15. 27, 10 nichts beweisen.
[440] Von den aus Josephus nicht nachweisbaren Wörtern, welche die Siebzig in einem andern Sinn als Lucas brauchen, erwähnen wir: γνώστης (nicht “Kenner”), διαπϱίω (nicht uneigentlich), μίσϑωμα (nicht “Mietwohnung”).
[441] Lc. 3, 17 liest Tischendorf διακαθᾶραι.
[442] Nur hieher gehörig, wenn AG. 19, 33 mit Tischendorf συνεβίβασαν zu lesen ist.
[443] Die Form ἐπιφαύσκω findet sich bei den Siebzig Job 25, 5. 31, 26. 41, 9.
[444] als Variante Richt. 3, 25.
[445] ἀνά 2, 12. 3, 16. 5, 1 f. 14, 19, ἀπό 5, 30. 8, 32. 10, 5 f. 28. 14, 15. 15, 23 f. 22, 22. 23, 23. 26, 35. 44. 51. 27, 5. 24. 28, 10, ἐκ 3, 5 f. 10, 11. 26, 75, ἐπί 9, 16. 16, 1. 19, 13. 21, 7. 27, 37, κατά 4, 13. 9, 24. 20, 25. 21, 12. 16 f. 24, 2 f., παρά 13, 24. 31. 15, 2. 26, 53, πρός 2, 11. 8, 2. 4. 19, 13. 20, 20. 25, 20. 26, 39. 28, 9, σύν 28, 12.
[446] Hieher rechnen wir folgende Composita (von denen diejenigen, deren Simplex im N. T. nicht vorkommt, mit * bezeichnet sind): *ἀναβαίνω und *ἀνοίγω 3, 16. 5, 1 f., ἀπαγέλλω 8, 33. 28, 10, ἀπέρχομαι 5, 30. 8, 32 f. 10, 5. 14, 15. 22, 22. 26, 44. 28, 10, ἀποθνήσκω 8, 32. 26, 35. ἀποκρίνομαι 15, 24, *ἀποκτείνω 10, 28, *ἀπόλλυμι 5, 30. 10, 6. 28. 15, 24, ἀπολύω 14, 15. 15, 23, ἀποστέλλω 10, 5. 15, 24. *ἀφίημι 22, 22. 23, 23. 26, 44, ἐκπορεύομαι 3, 5, ἐπερωτάω und ἐπιδείκνυμι 16, 1, *καθεύδω 9, 24, *κάθημαι 24, 3, καταλείπω 4, 13. 21, 17, καταλύω 24, 2, κατοικέω 4, 13, *παραβαίνω und παράδοσις 15, 2, προσέρχομαι 8, 2. 20, 20. 25, 20. 26, 39. 28, 9, προσεύχομαι 19, 13. 26, 39, *προσκυνέω 2, 11. 8, 2. 20, 20. 28, 9, προστασσω 8, 4, προσφέρω 2, 11. 8, 4. 19, 13. 25, 20, συνάγω und συμβούλιον 28, 12.
[447] wie ἐξεπορεύετο und ἐξομολογούμενοι 3, 5 f., ἀνέβη und ἀνοίξας 5, ἀπῆλθον und ἀπέθανον 8, 32.
[448] Hieher dürften folgende Stellen gehören: 2, 12 (ἀνακάμψαι—ἀνεχώρησαν). 13, 24. 31 (παραβολὴν παρέθηκεν), 20, 25 (κατακυριεύουσιν—κατεξουσιάζουσιν), 21, 7 (ἐπέθηκαν—ἐπεκάθισεν ἐπάνω, vgl. 27, 37), 26, 53 (παρακαλέσαι—παραστήσει), 27, 5 (ἀπελθὼν ἀπήγξατο), V. 24 (ἀπενίψατο—ἀπέναντι).
[449] 9, 36 (ἦσαν ἐσκυλμένοι καὶ ἐρριμμένοι) gehört nicht hieher, weil in diesem Falle der Schriftsteller keine Wahl hatte, vielmehr die periphrastische Form die einzig zulässige war.
[450] aber nicht ἡ ἑνδεκάτη (20, 6), weil ὥρα vorhergeht (V. 5).
[451] Als solches ist ξηρά bereits den Siebzig geläufig (Gen. 1, 9 f. 7, 22. Jona 1, 9. 2, 11 ö.).
[452] Ueber Mt. 9, 6 und 16, 11 s. Winer a. a. O.
Nach alledem kann es keinem Zweifel unterliegen, dass durch eine die rein sprachliche Seite berücksichtigende Vergleichung der Schriften des Lucas und Josephus die Beweiskraft der Schlussfolgerung, zu welcher schon die Betrachtung der zwischen beiden bemerkbaren sachlichen Berührungen hindrängt, noch erheblich verstärkt wird. Unbedenklich dürfen wir nunmehr das Ergebnis unserer Untersuchung dahin zusammenfassen, dass Lucas sämtliche Werke des jüdischen Geschichtschreibers nicht nur genau gekannt, sondern auch den Ertrag seiner Beschäftigung mit denselben für sein Evangelium und die Apostelgeschichte ausgibig verwertet hat.
Dieses Ergebnis kann nur solchen Lesern anstössig und unannehmbar erscheinen, denen es von vornherein als ausgemacht gilt, dass ein kanonischer Schriftsteller lediglich aus der Quelle der alttestamentlichen und urchristlichen Literatur geschöpft haben dürfe. Wer aber nicht im Banne dieses Vorurteiles gefangen ist, der wird bei Abschätzung des Für und Wider jedenfalls auch die unleugbare Tatsache mitsprechen lassen, dass der Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte in der ihn umgebenden griechisch-römischen Welt kein Fremdling war, und sein Auge nicht vor den unzweideutigen Spuren verschliessen, welche keinen Zweifel daran verstatten, dass Lucas’ Belesenheit sich über die ihr durch jenen Machtspruch gezogenen Grenzen hinauserstreckt. Dass er mit griechischen Dichtern vertraut gewesen ist, bezeugt er selbst durch den Mund des Apostels Paulus (AG. 17, 28).[453] Seine Bekanntschaft mit der uns durch Ovid (Met. 8, 611-724) erhaltenen, vielleicht aber schon früher poetisch behandelten Sage von Philemon und Baucis wird aus der Erzählung von der den Sendboten des Evangeliums in Lystra dargebrachten göttlichen Verehrung ersichtlich (14, 11 ff.).[454]
Dass seine Darstellung der sich an Paulus’ Auftreten in Philippi anknüpfenden Ereignisse (16, 11-40) unter dem Einfluss einer Schrift Lucians steht, darf man angesichts der von Zeller nachgewiesenen Berührungspunkte mindestens wahrscheinlich finden.[455] Wagt man nach alledem noch die Annahme für unglaublich zu erklären, dass derselbe Lucas die Schriften eines Zeitgenossen gelesen und benutzt habe, der seiner eigenen Geistesrichtung ungleich näher stand, weil seine religiösen Anschauungen auf den nämlichen Urkunden beruhten, deren Inhalt auch den Christen als göttliche Offenbarung galt?
Jenes Ergebnis führt sofort zu einem zweiten, welches für die neutestamentliche Literaturgeschichte von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist: es ermöglicht uns, einen chronologischen Grenzstein aufzurichten, hinter dem die Entstehung von Lucas’ Schriften nicht zurückliegen kann.
Josephus gehört zu den nicht gerade zahlreichen Schriftstellern des Altertumes, welche durch ihre eigenen Angaben den Leser in Stand setzen, die Abfassungszeit ihrer Hauptwerke mit ziemlicher Sicherheit zu bestimmen. Aus seinen dieselben betreffenden Aussagen geht mit zweifelloser Gewissheit Folgendes hervor:
Josephus’ berühmtestes Werk, von ihm selbst τὰ Ἰουδαϊϰά (A. XIII, 3, 3. 10, 6), ἡ Ἰουδαϊϰὴ πϱαγματεία (ebd. 5, 9), ὁ Ἰουδαϊϰὸς πόλεμος (XVIII, 1, 2) und πεϱὶ τοῦ Ἰουδαϊϰοῦ πολέμου (XX, 11. L. 6. 74) genannt, ist auch dasjenige, welches er am frühesten der Oeffentlichkeit übergeben hat. Denn nicht nur erwähnt er dasselbe in seinen drei übrigen Schriften als ein längst abschlossenes und für jedermann zugängliches[456], sondern er bezeichnet es auch ausdrücklich als ἡ πϱώτη μου πϱαγματεία (A. XII, 5, 2). Einen noch festeren Anhalt bietet er uns in der wiederholten Aussage, dass er dasselbe den Imperatoren Vespasianus und Titus überreicht habe (Ap. I, 9. L. 65). Da nun der Erstgenannte am 23. Juni 79 starb, im “Jüdischen Krieg” aber noch die dem Frühlinge des Jahres 73 angehörende[457] Einnahme von Masada berichtet ist (VII, 8, 1-9, 1), so sind uns zwei chronologische Grenzpunkte gegeben, innerhalb deren die Entstehung dieses Werkes fallen muss. Wenn nun einerseits Josephus’ weitere Angaben, dass er bereits als Gefangener im römischen Lager vor Jerusalem sich Aufzeichnungen zum Zwecke späterer Verarbeitung gemacht habe (Ap. a. a. O.) und dass die Ueberreichung seines Buches erfolgt sei, als die in demselben erzählten Thatsachen fast noch vor aller Augen lagen (L. a. a. O.), dafür zu sprechen scheinen, dass die Vollendung dieser Schrift eher in den Anfang als gegen das Ende jenes sechsjährigen Zeitraumes zu setzen sei, so wird doch die gegenteilige Annahme durch noch gewichtigere Gründe empfohlen. Denn einmal waren bereits mehrere Darstellungen des jüdischen Krieges erschienen, als er die seinige unternahm (K. Vw. 1. A. Vw. 1. Ap. I, 8. L. a. a. O.), und sodann hatte er, ehe seine für die beiden obengenannten Herrscher bestimmte Geschichte desselben an das Licht trat, den gleichen Stoff schon in einem aramäisch geschriebenen Werke behandelt (K. a. a. O. 1). Die Neubearbeitung desselben wird nicht weniger Zeit als seine Abfassung erfordert haben, da Josephus die griechische Sprache nur unvollkommen beherrschte (A. Vw. 2. XX, 12) und sich deshalb der Unterstützung einiger Gehilfen bedienen musste (Ap. I, 9). Wir werden deshalb kaum fehlgehen, wenn wir den Abschluss des griechischen Werkes kurz vor Vespasians Tod ansetzen, wofür auch der Umstand geltend gemacht werden kann, dass nicht dieser, sondern erst sein Sohn und Nachfolger Titus dasselbe mit seiner Unterschrift versah und dessen Veröffentlichung anordnete (L. 65).
Die zweite Stelle gebührt der von Josephus selbst so betitelten “Archäologie” (A. XX, 12. Ap. I, 1. 10. 18. L. 76, vgl. A. Vw. 2. Ap. II, 40). Da für ihn ihre Herausgabe bei Abfassung der Streitschrift gegen Apion bereits einer weiter zurückliegenden Vergangenheit angehörte (Ap. a. a. O.), während sie selbst unzweideutig bezeugt, dass seine Lebensbeschreibung noch nicht in Angriff genommen war[458], so muss sie diesen beiden Schriften vorausgegangen sein. Josephus bietet uns aber noch eine genauere Zeitbestimmung mit der Angabe, dass er dieses Werk in seinem 56sten Lebensjahr und in Domitians 13ten Regierungsjahre vollendet habe (A. XX, 12). Da nun letzteres mit dem 14. September 93 begann, so muss die Archäologie spätestens im Jahre 94 abgeschlossen worden sein.
Welcher von den beiden noch rückständigen Schriften die dritte, welcher die vierte Stelle zukomme, ist schwieriger zu ermitteln, weil keine der andern Erwähnung tut und sich weder aus ihnen selbst noch aus den zwei grösseren Werken so feste chronologische Anhaltspunkte gewinnen lassen, wie sie uns im Bisherigen zu Gebote standen. Nur so viel können wir der Selbstbiographie entnehmen, dass zur Zeit ihrer Abfassung Vespasian, Titus und Agrippa II. bereits aus dem Leben geschieden waren (L. 65). Dass ihm der im dritten Regierungsjahre Trajans d. i. 100 n. Chr.[459] erfolgte Tod des Letztgenannten als ein Ereignis der jüngsten Vergangenheit gelte, ist von Josephus, der diesen Fürsten seinen kaiserlichen Gönnern unmittelbar anreiht, mit keinem Wort angedeutet und schon deshalb unwahrscheinlich, weil erst nach Agrippas Ableben das Geschichtswerk des Justus von Tiberias hervortrat, welches ihn zur Veröffentlichung der gedachten Schrift bestimmte.[460] Somit unterliegt die Annahme keinem Bedenken, dass zwischen dieser und dem Abschlusse der Archäologie ungefähr ein Jahrzehnt verflossen sein werde.
Es ist schwer glaublich, dass ein so schreiblustiger und durch den glänzenden Erfolg seines Erstlingswerkes aufgemunterter Schriftsteller während dieser ganzen Zeit auf eine ihm lieb gewordene Tätigkeit verzichtet haben solle. Wirklich trug sich Josephus bereits während der Ausarbeitung der Archäologie, wie aus wiederholten Aeusserungen in derselben hervorgeht, mit dem Plan eines dritten umfänglichen Werkes, dessen Zweck und Inhalt im Ganzen und Grossen schon klar vor seinem Geiste stand, wenn er auch über den Titel mit sich noch nicht im Reinen war.[461] Da jedoch dieses Werk, dessen Ausarbeitung recht gut ein Jahrzehnt in Anspruch genommen haben könnte, nicht zur Ausführung gekommen ist, so liegt die Vermutung nahe, dass innerhalb des durch die Beendigung der Archäologie und die Veröffentlichung der Lebensbeschreibung abgegrenzten Zeitraumes die Entstehung der Streitschrift gegen Apion falle und diese somit Anspruch auf die dritte Stelle machen dürfe. Damit steht im Einklange, dass in derselben Josephus von Agrippa II. wie von einem noch Lebenden im Präsens redet[462] und durch Berufung auf seine “beiden Werke”[463] die Annahme begünstigt, dass ein drittes damals noch nicht vorhanden gewesen sei.
Wie man aber auch die zeitliche Aufeinanderfolge der beiden letzten Erzeugnisse seiner Feder bestimmen möge, so kann doch darüber kein Zweifel obwalten, dass Josephus’ schriftstellerische Tätigkeit allerfrühestens in dem ersten Jahrzehnt des zweiten Jahrhunderts ihren Abschluss gefunden hat. Damit ist aber für den Beginn derjenigen des Lucas ein fester chronologischer Punkt gewonnen. Wir haben im Verlauf unserer bisherigen Untersuchung hinreichende Gelegenheit gehabt, uns davon zu überzeugen, dass letzterer nicht nur die sämtlichen Werke des ersteren gekannt und von dem in ihnen aufgespeicherten Geschichtsstoffe den vielseitigsten Gebrauch gemacht, sondern dass sich auch seine schriftstellerische Individualität ersichtlich unter Josephus’ Einfluss entwickelt hat und die von diesem erfahrenen Einwirkungen nicht selten mit geradezu überraschender Deutlichkeit wiederspiegelt. Eine derartige Erscheinung lässt die Meinung, dass Lucas sich mit einem flüchtigen Durchlesen des Josephus begnügt habe, von vornherein nicht aufkommen, sie findet ihre Erklärung aber auch noch nicht bei der Annahme einer sich auf einige Wochen oder Monate beschränkenden Beschäftigung mit demselben, sondern fordert gebieterisch das Zugeständnis, dass Lucas sich mit Josephus’ Werken durch sorgfältiges, jahrelang fortgesetztes Studium vertraut gemacht habe. Wenn somit zwischen Josephus’ letzter und Lucas’ erster Schrift sicherlich ein mehrjähriger Zeitraum liegt, so wird uns etwa das ausgehende erste oder das beginnende zweite Jahrzehnt des zweiten Jahrhunderts als die Grenze gelten, die wir bei Ansetzung der Abfassung des dritten Evangeliums nach rückwärts hin nicht überschreiten dürfen. Dass aber diesem die Apostelgeschichte nicht unmittelbar auf dem Fusse gefolgt sein kann, steht für jeden aufmerksamen Leser derselben ausser Frage. Denn nicht nur bezeichnet sie in Lucas’ schriftstellerischer Entwickelung einen wesentlichen Fortschritt[464], sondern sie lässt auch an mehr als einer Stelle durchblicken, dass ihm jetzt manche Einzeltatsachen der evangelischen Geschichte in einem andern Licht als früher erscheinen, daher er mindestens an einem Punkte sich unbedenklich selbst berichtigt.[465] Beides setzt voraus, dass seit Veröffentlichung seiner ersten Schrift ein längerer, jedenfalls wieder nach Jahren zu bemessender Zeitraum verflossen ist, und wir glauben uns somit vollkommen berechtigt, die Entstehung der Apostelgeschichte frühestens der Mitte oder dem Ende des zweiten Jahrzehnts desselben Jahrhunderts zuzuweisen.
Sonach mündet unsere Untersuchung in ein Ergebnis aus, zu welchem die kritische Theologie schon vor geraumer Zeit auf andern Wegen gelangt ist.[466] Wenn demselben hiernach der Reiz der Neuheit abgeht, so sieht es sich dafür reichlich entschädigt durch die ein gewichtiges Zeugnis für seine Richtigkeit ablegende Tatsache, dass Forschungen, die von verschiedenen Ausgangspunkten unternommen sind, in dem gleichen Endpunkte zusammentreffen.
Ebenso fällt auf die Frage nach dem Entstehungsort der Schriften des Lucas ein, wenn auch nicht gleich scharfes und deutliches, doch bei dem über der urchristlichen Literatur lagernden Dunkel immerhin beachtenswertes Licht. Bekanntlich hat Josephus seine Werke samt und sonders in Rom geschrieben, wo er nach Beendigung des jüdischen Krieges seinen ständigen Wohnsitz nahm. Seine erste Schrift erfreute sich hier nicht bloss deshalb einer günstigen Aufnahme, weil die gewaltigen von ihr geschilderten Ereignisse noch in frischer Erinnerung aller Zeitgenossen lebten und einer Darstellung derselben von der Hand eines Augenzeugen das allgemeine Interesse entgegenkam, sondern es war ihr schon dadurch, dass Vespasian und Titus die Widmung derselben annahmen und letzterer ihre Veröffentlichung befahl, eine weite Verbreitung innerhalb der gebildeten Gesellschaft der Welthauptstadt verbürgt. Wir dürfen daher seiner Aussage Glauben schenken, dass dieses Werk sowohl unter den Römern, die persönlich an den Kämpfen in Palästina teilgenommen, als auch unter seinen eigenen Landsleuten zahlreiche Käufer gefunden habe (Ap. I, 9). Wenn Josephus keiner seiner übrigen Schriften einen ähnlichen Erfolg nachzurühmen wagt, so erklärt sich dies zur Genüge daraus, dass keine derselben unter gleich günstigen Vorbedingungen an das Licht getreten ist. Blieb aber unter solchen Umständen ihr Leserkreis nur ein beschränkter, so wurden sie auch seltener abgeschrieben und die Annahme ist somit berechtigt, dass vollständige Exemplare von Josephus’ Werken ein bis zwei Jahrzehnte nach ihrer Veröffentlichung in den Provinzen, insbesondere den morgenländischen, nur in spärlicher Anzahl vorhanden waren, zumal da ihr Umfang und der von demselben unzertrennliche Preis ihrer Verbreitung im Wege stand. Dagegen liessen sich solche ohne Schwierigkeit in der Hauptstadt des römischen Reiches beschaffen, welche damals genug Büchersammlungen zählte, die ihren Ruhm in Erwerbung jeder neuen literarischen Erscheinung suchten, und insbesondere den Josephus nach Eusebius’ Zeugnis[467] schon frühzeitig durch Errichtung eines Standbildes und Aufnahme seiner Schriften in eine öffentliche Bibliothek geehrt hatte. Da nun Lucas sämtliche Werke des Josephus benutzt hat und somit jedenfalls ein vollständiges Exemplar derselben, wenn auch vielleicht nur vorübergehend, in seinem Besitze gewesen ist, so spricht mindestens eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Stätte seiner schriftstellerischen Wirksamkeit an dem Orte, der für eine solche die reichsten Hilfsmittel bot, also in Rom, gesucht werden müsse.
Auch dieses Ergebnis ist so wenig wie das erste darnach angetan, durch seine Neuheit zu überraschen. Wie die hier ausgesprochene Ansicht bereits im christlichen Altertume Vertreter zählt[468], so erfreut sie sich gegenwärtig wohl der meisten Zustimmung und wird selbst von einem sich so wenig unter das Joch der Tradition beugenden Forscher wie Zeller vertreten.[469] Die Bestreitung, die sie von Overbeck[470] erfahren, vermag uns schon deshalb nicht zu beirren, weil sich zu den von Zeller für sie geltend gemachten Gründen noch mehrfache Anzeichen gesellen, welche der von jenem Kritiker verteidigten Hypothese Köstlins, dass Ephesus der Entstehungsort der Lucas’ Namen tragenden Schriften sei, ebenso ungünstig, wie erstere Annahme zu empfehlen geeignet sind.[471]
Wir könnten uns nunmehr von dem Leser verabschieden, wenn sich nicht von dem durch unsere Untersuchung gewonnenen Standpunkte der Ausblick auf eine Reihe neuer Aufgaben eröffnete, die von der künftigen Forschung ihre Lösung erwarten, hier aber wenigstens andeutungsweise noch berührt werden sollen. Wenn wir unsern Ausgang von Lucas nehmen, so liegt der Gedanke nahe genug: Ein mit den Werken des Josephus und Lucian bekannter Schriftsteller wird sich nicht auf diese beiden beschränkt, sondern auf dem umfänglichen Gebiete der griechischen Literatur noch weitere Umschau gehalten haben. Fragt man aber, welche Gattung derselben einen Lucas am meisten anziehen musste, so kann die Antwort einem aufmerksamen Leser der Apostelgeschichte nicht schwer fallen, zumal wenn er sich an das Urteil Hausraths (IV, 243) erinnert, dass “bei dieser Umarbeitung der Geschichte Pauli zu einem grossen Reisebuch auch der Zeitgeschmack mitgewirkt hat, der auf Reisebeschreibungen geradezu erpicht war.” Wer diesen Geschmack teilte, der konnte nicht anders, als der damals mächtig aufstrebenden geographischen Literatur das regste Interesse entgegenbringen, und wird an dem bedeutendsten Werke derselben, welches im ersten Jahrhundert ans Licht getreten ist, nicht achtlos und gleichgiltig vorübergegangen sein. Lag doch schon in Josephus’ wiederholter Berufung auf das Zeugnis Strabos[472] für Lucas eine dringende Aufforderung, sich mit den Werken dieses hervorragenden Schriftstellers bekannt zu machen. Dazu bot sich ihm, wenn unsere Vermutung über den Entstehungsort seiner Schriften richtig ist, in seiner Umgebung besonders günstige Gelegenheit, da Strabo meist in Rom gelebt hatte und daher seine unter Tiberius verfassten Γεωγϱαϕιϰά gewiss hier ebenso leicht wie die Schriften des Josephus zugänglich waren. Schon früher haben wir in einer Angabe Strabos den Schlüssel zum Verständnis einer vielumstrittenen Stelle des dritten Evangeliums gefunden.[473] Auch zur Erklärung der Apostelgeschichte liefert er vielleicht einen kleinen Beitrag. Wenn nämlich 8, 26 der Zusatz αὕτη ἐστὶν ἔρημος sich nicht auf das entferntere ὁδόν, sondern auf das nähere Γάζα bezieht, eine von manchen Auslegern vertretene und jedenfalls zulässige Auffassung[474], so trifft Lucas’ Ausdruck mit demjenigen Strabos, der Gaza als μένουσα ἔρημος bezeichnet[475], so auffällig zusammen, dass die Annahme einer Entlehnung des ersteren aus letzterem nicht kurzer Hand abgewiesen werden kann. Jedenfalls dürfte es der Mühe lohnen, diese Spuren weiter zu verfolgen und zu ermitteln, ob hiermit die Zahl der Berührungen zwischen beiden Schriftstellern schon erschöpft ist.
Nicht minder wird der unsern Ergebnissen zustimmende Leser das Recht der Frage anerkennen, die sich uns aufdrängt, sobald wir von Lucas unsern Blick wieder auf Josephus richten. Sollte der Einfluss des berühmten jüdischen Geschichtschreibers auf einen einzigen seiner christlichen Zeitgenossen beschränkt geblieben sein? Eine unbedingt verneinende Beantwortung dieser Frage wird uns schon durch den Hinblick auf die zahlreichen Parallelen widerraten, welche Ott und Krebs zu den übrigen Büchern des neutestamentlichen Kanons aus Josephus erbracht haben. Wenn ersterer manche derselben nur durch die Annahme zu erklären weiss, dass Josephus die christliche Schrift, mit der er so unverkennbare Berührungen bietet, gelesen haben müsse[476], so verdient diese irrige Behauptung doch insofern volle Beachtung, als in derselben die Anerkennung eines allen Zufall ausschliessenden Abhängigkeitsverhältnisses zum Ausdrucke kommt, wenn dasselbe auch an unrichtiger Stelle gesucht wird. Im N. T. findet sich nun kein zweites Buch, das dem “Jüdischen Krieg” so inhaltsverwandt ist und zugleich zeitlich so nahe steht, wie die Offenbarung des Johannes. Schon früher hat sich uns angesichts einer ihrer symbolischen Gestalten die Vermutung einer Bekanntschaft ihres Verfassers mit Josephus aufgedrängt, wenn wir dieselbe auch auf die Person dieses letzteren einschränkten, wie uns dies der Standpunkt der Tübinger Schule, mit der wir die Abfassung der uns noch als ein Werk aus einem Gusse geltenden Apokalypse dem Jahre 68 n. Chr. zuwiesen, allein ermöglichte.[477] Nach den seitherigen Verhandlungen über dieses Buch wird man jedoch die Versuche, von seinem Grundstocke späterere Schichten, die sich erst im Laufe der nächsten Jahrzehnte angesetzt haben, abzulösen, nicht für völlig unberechtigt und aussichtslos erklären dürfen. Dann aber verbietet uns nichts mehr, über etwaige auffällige Anklänge der Apokalypse an Josephus das gleiche Urteil wie über die zwischen diesem und Lucas wahrgenommenen Berührungen zu fällen. Wir begnügen uns hier mit dem Hinweis auf 9, 6: καὶ ἐν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις ζητήσουσιν οἱ ἄνθρωποι τὸν θάνατον καὶ οὐ μὴ εὑρήσουσιν αὐτόν, καὶ ἐπιθυμήσουσιν ἀποθανεῖν καὶ φεύγει ὁ θάνατος ἀπ’ αὐτῶν, eine Stelle, durch welche jeder mit Josephus vertraute Leser, ebenso wie seiner Zeit schon Ott (S. 513), an die Worte Eleazars, des Verteidigers von Masada, erinnert wird (K. VII, 8, 7): “τίς οὐκ ἂν ἐπειχθείη ππὸ τοῦ ταὐτὰ παθεῖν ἐκείνοις ἀποθανεῖν; . . . ἐκείνων μὲν οὖν ἀθλιωτάτους ὑποληπτέον τοὺς ἔτι ζῶντας, οἳ πολλάκις εὐχόμενοι τὸν θάνατον λαβεῖν οὐκ ἔχουσι.”
Unter denjenigen neutestamentlichen Schriften, deren Entstehung in eine Zeit fällt, welche der Annahme einer Beeinflussung ihres Verfassers durch Josephus kein Hidernis in den Weg legt, kommt hier demnächst das vierte Evangelium in Betracht. Mit den ältesten durch Irenäus, Clemens von Alexandrien und Origenes vertretenen Angaben stimmen alle heutigen Kritiker darin überein, dass es später als die drei übrigen Evangelien geschrieben ist, und selbst die Verteidiger seines apostolischen Ursprunges weisen seine Abfassung frühestens dem Ende des Jahrzehnts zu, in dem Josephus sein erstes Werk der Oeffentlichkeit übergeben hat.[478] Dass bei Johannes gleichfalls, wenn auch nicht so zahlreich wie bei Lucas, Spuren der Benutzung des jüdischen Geschichtschreibers zu Tage treten, ist zuerst von Steck behauptet worden, der in einem seinem Aufsatze: “Lucas und Josephus” beigefügten Anhange: “Johannes und Josephus” an 15 zum Teil schon von Ott und Krebs hervorgehobenen Berührungspunkten den Nachweis für diese Annahme zu erbringen sucht. Da eine eingehende Besprechung derselben ausserhalb der Grenzen unserer gegenwärtigen Aufgabe liegt, wir auch dem genannten Gelehrten, von dem wir vielleicht bald eine ausführlichere Behandlung der von ihm angeregten Frage erwarten dürfen, nicht vorgreifen wollen, so beschränken wir uns hier auf Mitteilung einiger beachtenswerter Parallelen, von denen sich nur die dritte und die letzte bei Steck erwähnt finden.
4, 5 f. In der hier geschilderten Situation begegnet uns genau diejenige des aus Aegypten nach Midian geflohenen Moses wieder, wie sie Josephus auf Grund der kurzen Angabe Ex. 2, 15: ἐλθὼν δὲ εἰς γῆν Μαδιὰμ ἐκάθισεν ἐπὶ τοῦ φρέατος weiter ausgemalt hat. Man vergleiche:
A. II, 11, 1: εἴς τε πόλιν Μαδιανὴν ἀφικόμενος πρὸς μὲν τῇ Ἐρυθρᾷ θαλάσσῃ κειμένην ἐπώνυμον δ’ ἑνὸς τῶν Ἁβράμου γενομένων ἐκ Κατούρας υἱῶν, καθεσθεὶς ἐπὶ τινος φρέατος ἐκ τοῦ κόπου καὶ τῆς ταλαιπωρίας ἠρέμει μεσημβρίας οὔσης οὐ πόρρω τῆς πόλεως. | Joh. 4, 5 f.: ἔρχεται ουν εἰς πόλιν τῆς Σαμαρείας λεγομένην Συχάρ, πλησίον τοῦ χωρίου ὃ ἔδωκεν Ἰακὼβ Ἰωσὴφ τῷ υἱῷ αὐτοῦ. ἦν δὲ ἐκεῖ πηγὴ τοῦ Ἰακώβ. ὁ οὖν Ἰησοῦς κεκοπιακὼς ἐκ τῆς ὁδοιπορίας ἐκαθέζετο οὕτως ἐπὶ τῇ πηγῇ· ὥρα ἦν ὡς ἕκτη. |
Um von den sich schon beim ersten Blick aufdrängenden sprachlichen und sachlichen Berührungen beider Stellen zu schweigen, bemerken wir nur, dass hier wie dort die Oertlichkeit genau bestimmt und zu dem Sohn eines Patriarchen in Beziehung gebracht ist. Die Vermutung, dass Johannes unter Josephus’ Einfluss schreibe, gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch die uns in die bei letzterem ausdrücklich genannte Mittagszeit versetzende Angabe der sechsten Stunde, die man hier um so weniger erwartet, als der Abend für das Geschäft, welches die Samariterin zum Brunnen führt (V. 7), die gewöhnliche Zeit war.[479] Ferner spricht für diese Annahme das von dem Evangelisten bald darauf (V. 12) gebrauchte, im N. T. nicht weiter vorkommende und den Siebzig völlig fremde Wort θρέμμα, welches auch bei Josephus nur wenige Zeilen später (§ 2) und dann in demselben Abschnitte noch einmal, beidemale gleichfalls in Pluralform, erscheint.[480] Endlich könnte auch κεκοπιακὼς ἐκ τῆς ὁδοιπορίας durch die Erinnerung an die bei Josephus in einem der folgenden Abschnitte (15, 3) zu lesende Verbindung ὑπὸ τῆς ὁδοιπορίας κεκοπωμένων veranlasst sein.[481]
4, 20. Die Frage, welcher Quelle der Evangelist die Kenntnis davon verdanke, dass für die Samariter ein in der Nähe Sichems gelegener Berg als Anbetungsstätte die gleiche Bedeutung wie für die rechtgläubigen Juden der jerusalemische Tempel besass, kann nicht müssig und unberechtigt erscheinen, da dies weder aus dem A. T. noch aus einem der Synoptiker zu ersehen war. Wohl aber bot ihm Josephus die Möglichkeit, sich darüber zu unterrichten, indem dieser gerade so, wie hier Johannes, jenen Berg dem jüdischen Nationalheiligtume gegenüberstellt (A. XII, 1, 1): στάσεις μέντοι γε τοῖς ἐκγόνοις αὐτῶν[482] πρὸς τοὺς Σαμαρείτας τὴν πάτριον ἀγωγὴν τῶν ἐθῶν ἀποσώζειν προαιρουμένοις ἐγίγνοντο καὶ πρὸς ἀλλήλους ἐπολέμουν, τῶν μὲν Ἱεροσολυμιτῶν τὸ παρ’ αὐτοῖς ἱερὸν ἄγιον εἶναι λεγόντων καὶ τὰς θυσίας ἐκεῖ πέμπειν ἀξιούντων, τῶν δὲ Σικιμιτῶν εἰς τὸ Γαριζεὶν ὄρος κελευόντων (vgl. XIII, 3, 4: περὶ τῶν ἱερῶν ἐπ’ αὐτοῦ Πτολεμαίου διεκρίνοντο, τῶν μὲν Ἰουδδίων λεγόντων κατὰ τοὺς Μωυσέος νόμους ᾠκοδομῆσθαι τὸ ἐν Ἱεροσολύμοις, τῶν δὲ Σαμαρέων τὸ ἐν Γαριζείν). Dass der Garizim den Samaritern für den heiligsten aller Berge galt, berichtet Josephus A. XVIII, 4, 1 (vgl. K. III, 7, 32), und dass er in unmittelbarer Nähe Sichems lag, konnte jeder seiner Leser, der dies nicht schon aus dem A. T. (Richt. 9, 6 f.) wusste, der ausdrücklichen Angabe XI, 8, 6: (Σαμαρεῖται μητρόπολιν τότε τὴν Σίκιμαν ἔχοντες κειμένην πρὸς τῷ Γαριζεὶν ὄρει, vgl. IV, 8, 44) entnehmen.[483]
6, 1. Die Bezeichnung des Sees von Genezaret als ἡ θάλασσα τῆς Γαλιλαίας τῆς Τιβεριάδος, später abgekürzt ἡ θάλασσα τῆς Τιβεριάδος (21, 1), ist dem Verfasser des vierten Evangeliums nicht von den Synoptikern an die Hand gegeben, da keiner derselben sie braucht oder auch nur die (von jenem noch 6, 23 genannte) Stadt Tiberias kennt. Schon früher (S. 106) haben wir gesehen, dass dieser See bei Josephus auch ἡ Τιβεριάδος λίμνη (K. III, 3, 5) und ἡ λίμνη Τιβεριέων (IV, 8, 2) heisst. Da nun Tiberias, nach seiner Angabe (L. 65) neben Sepphoris die bedeutendste Stadt Galiläas, deren Gründung er ausführlich berichtet (A. XVIII, 2, 3[484], vgl. K. II, 9, 1), in Josephus’ Schriften eine hervorragende Rolle spielt und häufig erwähnt wird[485], so ist die Vermutung nicht zu gewagt, dass der Evangelist seine Kenntnis von dieser Stadt dem jüdischen Geschichtschreiber verdanke und der von ihm für jenen See gewählte Name auf dieselbe Quelle zurückzuführen sei.
14, 23. Die gut griechische Formel μονὴν ποιεῖσθαι findet sich auch bei Josephus A. VIII, 13, 7: εὑρὼν δ’ ἐν αὐτῷ σπήλαιόν τι κοῖλον εἴσεισι καὶ διετέλει ποιούμενος ἐν αὐτῷ τὴν μονήν und XIII, 2, 1: καὶ οὕτως μὲν Ἰωνάθης ἐν Ἱεροσολύμοις τὴν μονὴν ἐποιεῖτο. Da nicht nur diese Verbindung, sondern auch das Wort μονή ebenso den übrigen neutestamentlichen Schriftstellern wie den Siebzig fremd ist und bei Johannes das Verbum ποιεῖν sonst nirgends im Medium erscheint[486], so wird der Annahme, dass obige Formel aus Josephus’ Sprachgebrauch in den seinigen übergegangen sei, mindestens eine gewisse Wahrscheinlichkeit zugestanden werden müssen.
18, 1. Wenn man hier mit Meyer der Lesart τοῦ χειμάρρου τοῦ Κεδρών vor der mit den Siebzig (2 Sam. 15, 23. 1 Kön. 15, 13) stimmenden Recepta τῶν κέδρων und dem von Tischendorf aufgenommenen τοῦ κέδρου den Vorzug geben darf, so liegt die Vermutung sehr nahe, dass dieser Name dem Evangelisten durch Josephus zugekommen ist, bei welchem der fragliche Bach gleichfalls ὁ χειμάρρους Κεδρών heisst (A. VIII, 1, 5), während die von demselben durchflossene Talschlucht als ἡ φάραγξ ἡ Κεδρῶνος (IX, 7, 3), ἡ Κεδρὼν καλουμένη φάραγξ (K. V, 4, 2. 6, 1. VI, 3, 2), φάραγξ βαθεῖα, ἣ Κεδρὼν ὠνόμαισται (V, 2, 3) und als ὁ Κεδρών schlechthin (ebd. 6, 1. 7, 3. 12, 2) bezeichnet wird.
Nächst dem vierten Evangelium wird für die künftige Forschung vornehmlich die neutestamentliche Briefliteratur, soweit sie nicht zweifellos noch dem ersten Jahrhundert angehört, in Betracht kommen müssen. Zu einer Vergleichung mit Josephus fordern namentlich die beiden den Namen des Apostels Petrus an der Stirn tragenden Sendschreiben auf. Ist doch das erste derselben laut seiner eigenen Angabe (5, 13) in Babylon d. i. Rom und aller Wahrscheinlichkeit nach zur Zeit der trajanischen Christenverfolgung geschrieben[487], so dass sein Verfasser ebenso bequeme Gelegenheit wie Lucas hatte, sich mit den Werken des jüdischen Historikers bekannt zu machen. Die ungewöhnliche Construction περιέχει ἐν γραφῇ (2, 6) hat bereits Krebs (S. 398) durch den Schlusssatz eines von Josephus mitgeteilten Briefes des Königs Darius belegt (A. XI, 4, 7): βούλομαι γίνεσθαι πάντα, καθὼς ἐν αὐτῇ περιέχει. Noch reichlicher ist von jenem Gelehrten (S. 402 ff.) nach dem Vorgang Otts (S. 493 ff.) der zweite Brief mit bemerkenswerten Parallelen aus Josephus bedacht worden. Wenn hier 1, 4 an letzteren schon insofern erinnert, als nach dessen Aussage Salomon bei der Einweihung des Tempels ἐποιήσατο λόγους πρὸς τὸν θέον, οὓς τῇ θείᾳ φύσει πρέποντας ὑπελάμβανε (A. VIII, 4, 2), so berühren sich die θείας κοινωνοὶ φύσεως noch näher mit Ἀμενώφει . . . θείας δοκοῦντι μετεσχηκέναι φύσεως κατά τε σοφίαν καὶ πρόγνωσιν τῶν ἐσομένων (Ap. I, 26). Die ebenso wie das Substantiv λήθη im N. T. nur V. 9 nachweisbare Formel λήθην λαβεῖν τινος kommt in den “Altertümern” mehrmals vor, z. B. II, 6, 9: ὑμᾶς τε βούλομαι καὶ αὐτοὺς λήθην ἐκείνων λαβόντας ἥδεσθαι μᾶλλον, ferner ebd. 9, 1. IV, 8, 44. V, 1, 26. Die allen übrigen neutestamentlichen Schriftstellern nicht minder als das 2, 2. 15 wiederkehrende Verbum ἐξακολουθεῖν fremde Verbindung μύθοις ἐξακολουθήσαντες (V. 16) begegnet uns wörtlich A. Vw. 4: οἱ μὲν γὰρ ἄλλοι νομοθέται τοῖς μύθοις ἐξακολουθήσαντες τῶν ἀνθρωπίνων ἁμαρτημάτων εἰς τοὺς θεοὺς τῷ λόγῳ τὴν αἰσχύνην μετέθεσαν. Auf καλῶς ποιεῖν folgt zwar auch anderwärts im N. T. (AG. 10, 33. Phil. 4, 14. 3 Joh. 6) ein Participium, doch ist solches weder ein Participium des Präsens noch des Verbums προδέχειν wie V. 19 und A. XI, 6, 12: ἀπολύω τῆς ἐκ τῶν προαπεσταλμένων τιμωρίας, οἶς ποιήσετε καλῶς μὴ προσέχοντες. Endlich berechtigt 2, 15 f. zu der Vermutung, dass dem Briefschreiber die Geschichte Bileams in der bei Josephus vorliegenden Fassung geläufiger, als in derjenigen der Siebzig gewesen sei. Man vergleiche:
Num. 22, 28: καὶ ἤνοιξεν ὁ θεὸς τὸ στόμα τῆς ὄνου καὶ λέγει τῷ Βαλαάμ· Τί ἐποίησά σοι ὅτι πέπαικάς με τρίτον τοῦτο; | A. IV, 6, 3: ὡς δ’ ἐγκειμένου τοῦ ἀγγέλου ἡ ὄνος τυπτομένη ὤκλασε, κατὰ βούλησιν θεοῦ φωνὴν ἀνθρωπίνην ἀφεῖσα κατεμέμφετο τὸν Βάλαμον ὡς ἄδικονκτλ. | 2 Ptr. 2, 15 f.: ἐξακολουθήσαντες τῇ ὁδῷ τοῦ Βαλαὰμ τοῦ Βοσόρ, ὃς μισθὸν ἀδικίας ἠγάπησεν . . . ὑποζύγιον ἄφωνον ἐν ἀνθρώπου φωνῇ φθεγξάμενον ἐκώλυσεν τὴν τοῦ προφήτου παραφρονίαν. |
Indem wir uns für jetzt darauf beschränken, zu diesen von unseren Vorgängern beigebrachten Parallelen die deutlich an A. XX, 9, 2: πᾶσαν εἰσηνέγκατο σπουδήν anklingende Stelle 1, 5: σπουδὴν πᾶσαν παρεισενέγκαντες nachzutragen, verweisen wir im Uebrigen auf die neueren Untersuchungen der englischen Theologen E. Abbot[488] und F. W. Farrar[489], die eine Reihe weiterer Berührungen des zweiten Petrusbriefes mit Josephus zu Tage gefördert haben, welche die Annahme einer schriftstellerischen Abhängigkeit des ersteren von letzterem trotz der entschiedenen Bestreitung derselben durch G. Salmon[490] in den Augen aller unbefangenen Forscher mindestens zu einem hohen Grade von Wahrscheinliehkeit erheben dürften.
Weiterhin wird die angedeutete Untersuchung die Pastoralbriefe ins Auge zu fassen haben, welche nach deutlichen Anzeichen ebenfalls in Rom und zwar frühestens zur Zeit Hadrians entstanden sind.[491] Zu dem ersten derselben haben bereits Ott (S. 439) und Krebs (S. 356) eine beachtenswerte Parallele aus der nämlichen Rede des Königs Agrippa II. beigebracht, welche, wie wir schon gesehen (S. 239 f.), auch von Lucas benutzt worden ist. Die dem Genannten von Josephus in den Mund gelegten Worte: μαρτύρομαι δὲ ἐγὼ μὲν ὑμῶν τὰ ἅγια καὶ τοὺς ἱεροὺς ἀγγέλους τοῦ θεοῦ καὶ πατρίδα τὴν κοινήν erinnern so unverkennbar an 1 Tim. 5, 21: διαμαρτύρομαι ἐνώπιον τοῦ θεοῦ καὶ Χριστοῖ Ἰησοῦ καὶ τῶν ἐκλεκτῶν ἀγγέλων, dass Ott nur zwischen den beiden Möglichkeiten die Wahl lassen will: “Solemnis fuit et Judaeis usitata per angelos obtestatio aut Josephus hanc loquendi formulam ab apostolo haustam per prosopopoiiam regi Agrippae . . . adscribit.” Wenn wir mit Krebs letztere Annahme unwahrscheinlich finden, so bleibt nichtsdestoweniger im Uebrigen das von uns schon früher (S. 2 f. 345) über ähnliche Behauptungen Otts abgegebene Urteil auch für den vorliegenden Fall in voller Kraft. Ausserdem verdient noch Erwähnung, dass die ὑγιαίνοντες λόγοι (1 Tim. 6, 3. 2 Tim. 1, 13, vgl. λόγος ὑγιής Tit. 2, 8) an ὑγιαίνων λογισμός (K. II, 2, 5) anklingen und dass bei Josephus das Verbum ἀναζωπυρεῖν nicht nur wie bei den Siebzig (Gen. 45, 27, vgl. 1 Makk. 13, 7) intransitive Bedeutung hat (A. IX, 8, 6. XI, 6, 9, s. Krebs S. 360 f.), sondern auch wie 2 Tim. 1, 6 als Transitivum gebraucht wird, vgl. A. II, 7, 9: ὁ δ’ ὑπὸ τῆς χαρᾶς ἀπροσδοκήτου τε καὶ μεγάλης γενομένης μικροῦ δεῖν ἐξέλιπεν, ἀλλὰ ἀνεζωπύρησεν αὐτὸν Ἰώσηπος. VIII, 8, 5: παρεκάλεσεν αὐτὸν δεηθῆναι τοῦ θεοῦ ἀναζωπυρῆσαι τὴν δεξιὰν αὐτῷ.
Dass endlich auch die neutestamentlichen Apokryphen den Anspruch erheben dürfen, in den Kreis der Betrachtung gezogen zu werden, beweist ein kleiner Fund, der jedenfalls nicht weit abseits vom Wege gelegen haben kann, da er sowohl von Steck als von uns gemacht worden ist. Der römische Soldat, der nach Johannes’ Bericht über die Kreuzigung Jesu λόγχῃ αὐτοῖ τὴν πλευρὰν ἔνυξεν (19, 34) heisst in der kirchlichen Ueberlieferung bekanntlich Longinus, ein Name, welcher zuerst im Nikodemusevangelium erscheint.[492] Derselbe wird von Thilo[493], R. Hofmann[494] u. a. auf λόγχη zurückgeführt, eine Ableitung, die nur so lange befriedigen kann, als sich keine bessere darbietet.[495] Wenn wir nun bei ersterem lesen (S. 587): “Equitem fuisse illum percussorem lateris Christi praeter Xaverium in historia Christi Persica praecipue pictores, forsan ex perperam credita altitudine crucis, finxerunt”, so werden wir über den Ursprung jenes Namens, sowie dieser von der Kunst so oft zum Ausdrucke gebrachten Vorstellung nicht länger in Ungewissheit sein, sobald wir uns des römischen Reiters erinnern, von welchem Josephus im “Jüdischen Krieg” (V, 7, 3) folgende kühne Tat erzählt: παραταξαμένων γοῦν κατὰ ταύτας τὰς ἡμέρας τῶν Ἰουδαίων πρὸ τοῦ τείχους καρτερῷ στίφει, καὶ σιακοντιζομένων ἔτι πόρρωθεν τῶν ταγμάτων ἑκατέρων, Λογγῖνός τις τῶν ἱππέων ἐξαλλόμενος τῆς Ῥωμαϊκῆς τάξεως ἐμπηδᾷ τῇ μέσῃ τῶν Ἰουδαίων φάλαγγι, καὶ διασκεδασθέντων πρὸς τὴν ἐμβολὴν δύο τοὺς γενναιοτάτους ἀναιρεῖ, τὸν μὲν κατὰ στόμα πλήξας ὑπαντιάσαντα, τὸν δ’ ἀνασπάσας ἐκ τοῦ προτέρον τὸ δόρυ κατὰ πλευρὰν διαπείρει τραπόμενον, ἐκ μέσων τε τῶν πολεμίων πρῶτος εἰς τοὺς σφετέρους ἔδραμεν. Ein so auffälliges Zusammentreffen der kirchlichen Tradition mit Josephus kann nicht aus einem Spiele des Zufalles erklärt werden und berechtigt vollkommen zu der Vermutung, dass der vielgelesene jüdische Geschichtschreiber auch in der spätern christlichen Literatur, ähnlich wie in der neutestamentlichen, noch weitere Spuren seines Einflusses hinterlassen haben werde.
So bietet sich nach allen Seiten der Ausblick auf neue lockende Aufgaben und wir können nur mit dem Wunsche schliessen, dass dieselben recht bald von berufenen Arbeitern in Angriff genommen und gelöst werden mögen.
[453] S. Holtzmann zu d. St. (Handcomm. I, 392).
[454] Vgl. Baur, Paulus I, 115 Anm. 1: “Der Verfasser der Apostelgeschichte zeigt sich hier, wie er überhaupt als ein literarisch gebildeter und gelehrter Schriftsteller erscheint und diese Eigentümlichkeit für seine Darstellung zu benutzen weiss, als einen Kenner der Mythologie.”
[455] S. oben S. 222.
[456] ausser an den im Text angegebenen Stellen noch A. Vw. 1 f. I, 11, 4. Ap. I, 9 f.
[457] S. Schürer I, 537.
[458] Mindestens so viel ergibt sich aus A. XX, 12, selbst wenn man mit Schürer (I, 67) die uns vorliegende Lebensbeschreibung nicht als die Ausführung der an dieser Stelle angedeuteten Absicht gelten lässt.
[459] Photius cod. 33. Ueber die Richtigkeit dieser Angabe s. Schürer I, 68. 501.
[460] L. a. a. O., womit Photius a. a. O. stimmt, nach welchem Justus’ Werk mit Agrippas Tod abschloss.
[461] Er nennt es αἰτιολογία (A. I, 1, 1), περὶ τῶν νόμων (III, 8, 10), ἡ περὶ ἐθῶν καὶ αὶτιῶν ἀπόδοσις (IV, 8, 4), περὶ θεοῦ καὶ τῆς οὐσίας αὐτοῦ καὶ περὶ τῶν νόμων (XX, 12). Weitere Hindeutungen A. Vw. 4. I, 10, 5. III, 5, 6. 6, 6. IV, 8, 44.
[462] Ap. I, 9: ὧν ἐστιν Ἰούλιος Ἀρχέλαος, Ἡρώδης ὁ σεμνότατος, αὐτὸς ὁ θαυμασιώτατος βασιλεὺς Ἀγρίππας. Obwohl das Präsens auch im Hinblick auf bereits Verstorbene nicht unzulässig sein würde, hat doch die Annahme, dass es sich auf noch lebende Zeitgenossen beziehe, viel grössere Wahrscheinlichkeit für sich, da es in diesem Abschnitte ganz vereinzelt steht und ihm lauter Präterita vorangehen und nachfolgen.
[463] Ebd. 10: ἀμφοτέρας . . . τὰς πραγματείας. Allerdings lässt sich gegen diesen Grund einwenden, dass Josephus seine Lebensbeschreibung, wie aus den an Epaphroditus gerichteten Schlussworten derselben hervorgehe, nicht als selbständiges Werk, sondern bloss als Anhang zur Archäologie betrachte. Indessen würde er, wenn sie bei Abfassung der Streitschrift gegen Apion bereits veröffentlicht gewesen wäre, den a. a. O. erhobenen Anspruch, dass er πολλῶν μὲν αὐτουργὸς πράξεων, πλείστων δ’ αὐτόπτης γενόμενος geschrieben, schwerlich auf die Geschichte des jüdischen Krieges eingeschränkt haben, da das Gleiche ja in noch höherem Grade von ihr gilt.
[464] Wir erinnern nur an die kunstvollen, sorgfältig ausgearbeiten Reden der Apostelgeschichte und ihre anschauliche Darstellung des Aufstandes zu Ephesus (19, 23-41). Die von uns im Evangelium wahrgenommene rein lexikalische Anknüpfung der Sätze (s. S. 47 f.) ist ihr ebenso fremd, wie die Zusammendrängung zahlreicher Begebenheiten in unverhältnismässig kurze Zeitabschnitte (Lc. 9, 51-19, 28).
[465] Vgl. Lc. 24, 50 f. mit AG. 1, 1-11 und s. im Uebrigen S. 17 f. Auch der Bericht über Judas’ Ende (AG. 1, 16 ff.) scheint auf einer dem Lucas nach Veröffentlichung seines Evangeliums bekannt gewordenen Ueberlieferung zu beruhen, durch deren Wiedergabe er eine Lücke, die dasselbe im Vergleiche mit demjenigen des Matthäus (27, 3 ff.) aufwies, nachträglich ausfüllen wollte.
[466] S. Zeller, Die Apostelgeschichte S. 470. 476. 480 f. Overbeck, Kurze Erklärung der Apostelgeschichte S. LXIV.
[467] Kirchengeschichte III, 9, 2.
[468] Hieronymus de viris illustribus c. 7 und Euthalius ed. Zacagni p. 351.
[469] a. a. O. S. 487 f.
[470] a. a. O. S. LXV.
[471] Zu diesen rechnen wir die Latinismen διδόναι ἐϱγασίαν (Lc. 12, 58) = operam dare, ἔχε με παϱῃτημένον. (14, 18 f.) = habe me excusatum, λαμβάνειν τὸ ἱϰανόν (AG. 17, 9) = satis accipere und den allein vom dritten Evangelisten überlieferten Ausspruch Lc. 12, 37, welcher zu dem Schlusse berechtigt, dass er die Saturnalien aus eigener Anschauung kannte. Fragt man ferner, wo dem Verfasser der Apostelgeschichte die in derselben verarbeiteten Aufzeichnungen eines Reisegefährten des Paulus zugänglich geworden sein mögen, so kann die Antwort nur lauten: aller Wahrscheinlichkeit nach in Rom. Denn das Letzte, was wir von diesem Gewährsmann erfahren, ist seine Ankunft in der Hauptstadt (28, 16), die er ebensowenig wie Paulus wieder verlassen haben wird, mit dem er vermutlich im Jahre 64 als Opfer der neronischen Christenverfolgung fiel. Sein Reisetagebuch konnte sich 50 Jahre später noch recht gut im Besitze der dortigen Christengemeinde befinden, während die Annahme, dass Abschriften desselben auch anderwärts vorhanden gewesen seien, gänzlich in der Luft schweben würde, da sich ausser der Apostelgeschichte nirgends Spuren der Benutzung dieser Quelle entdecken lassen.
[472] S. oben S. 95 Anm. 2.
[473] S. S. 94 f.
[474] S. S. 190.
[475] XVI, 2, 30: Εἶθ’ ὁ τῶν Γαζαίων λιμὴν πλησίον· ὑπέρκειται δὲ καὶ ἡ πόλις ἐν ἑπτὰ σταδίοις, ἔνδοξός ποτε γενομένη, κατεσπασμένη δὲ ὑπὸ Ἀλεξάνδρου καὶ μένουσα ἔρημος.
[476] S. seine Bemerkungen zu Lc. 24, 13-35, (S. 187), 1 Tim. 5, 21 (S. 439) und 2 Ptr. 2, 16 (S. 495).
[477] Der Apostel Johannes (Berlin 1871) S. 185 ff.
[478] S. Meyer, krit.-exeg. Handbuch über das Evangelium des Johannes. 5. Aufl. S. 53: “Will man eine Jahresangabe, so mag das Jahr 80 nicht zu weit vor- oder rückwärts gegriffen sein.”
[479] S. Meyer zu d. St.
[480] Bei Josephus findet sich das Wort noch öfter, z. B. A. II, 2, 4. IX, 10, 3. 13, 3 zw. XI, 1, 2, hier überall im Plural.
[481] ὁδοιπορία kommt im N. T. ausserdem nur 2 Kor. 11, 26, bei den Siebzig aber gar nicht vor.
[482] d. i. der unter Ptolemäus Lagi in Aegypten eingewanderten Juden.
[483] Den auf dem Berge Garizim errichteten Tempel erwähnt Josephus ausser an der oben angeführten Stelle A. XIII, 3, 4 noch XI, 8, 2. XII, 5, 5. XIII, 9, 1. K. I, 2, 6, den Berg ausserdem noch A. XIV, 6, 2.
[484] Aus dieser Stelle konnte jeder Leser zugleich ersehen, dass der durch obige Namen bezeichnete See von der λίμνη ἡ Γενησαρῖτις nicht verschieden ist.
[485] ausser an den im Text angegebenen Stellen noch A. XX, 8, 4. K. II, 20, 6. 21, 6-8. III, 9, 7 und besonders häufig in der Lebensbeschreibung (c. 9. 12. 17. 32. 53. 63. 68).
[486] S. Meyers textkritische Anmerkung zu unserer Stelle.
[487] S. Hilgenfeld, Historisch-kritische Einleitung in das N. T. (1875) S. 638 ff.
[488] The Expositor 1882, 2d series, vol. III, p. 49-63.
[489] Ebd. p. 401-423. 1888, 3d ser., p. 58-69. Vgl. auch dessen Early Days of Christianity I, 190-193.
[490] Historical introduction to the study of the books of the N. T. 2d edition (1886), p. 512-551.
[491] S. Holtzmann, Die Pastoralbriefe S. 271 f. Einleitung in das N. T. 2. Aufl. S. 321.
[492] c. 16 (bei Thilo, Codex apocryphus N. T.i I, 664): καὶ ὅτε λόγχῃ τὴν πλευρὰν αὐτοῦ ἐξεκέντησεν ὁ Λογγῖνος ὁ στρατιώτης . . . c. 10 (p. 586, nur in einer Variante des Cod. Monac. B): Καὶ λαβὼν Λογγῖνος ὁ στρατιώτης λόγχην ἔνυξεν αὐτοῦ τὴν πλευράν.—Näheres über ihn s. ebd. in der Anmerkung und bei R. Hofmann, das Leben Jesu nach den Apokryphen (Leipzig 1851) S. 380. Keim, Geschichte Jesu III, 400 Anm. 1.
[493] a. a. O. S. 586.
[494] a. a. O.
[495] Hofmann (a. a. O.) bemerkt selbst, dass “man da Lonchinus und nicht Longinus erwarten sollte,” während Steck fragt: “Wie käme der lateinische Name aus dem griechischen Wort?”
Nachtrag zu S. 288 Z. 19 f. v. o.
Dem hier beklagten Mangel ist neuerdings wenigstens teilweise abgeholfen worden durch die Concordance to the Septuagint and other Greek Versions of the Old Testament (including the Apocryphal Books) by the late Edwin Hatch, M. A., D. D., and Henry Redpath, M. A., assisted by other scholars (Oxford 1892 ff.), von welcher bis jetzt drei Lieferungen erschienen sind.
Berichtigungen.
S. | 39 | Z. 11 v. u. lies: Mc. 11, 15. | ||
” | 54 | ” 13 ” ” Acts. | ||
” | 55 | ” 12 ” | ||
” | } | ” παρηκολουθηκότι. | ||
” | 58 | ” 17 v. o. | ||
” | 65 | ” 3 ” ist das Komma nach δὲ zu streichen. | ||
” | 77 | Anm. 1 lies: Holzhausers. | ||
” | 87 | Z. 19 v. u. ist das Kolon zu streichen. | ||
” | 88 | ” 4 ” ist nach “ersehen” einzuschalten: “haben”. | ||
” | 96 | ” 12 v. o. lies: v. Chr. | ||
” | 96 | Anm. 3 Z. 2 lies: Lysanias. | ||
” | 99 | Z. 12 v. u. ist das Komma nach “Annios” zu streichen. | ||
” | 103 | ” 9 v. o. lies: συκοφαντήσητε. | ||
” | 106 | Anm. 1 ” AG. 2, 1-14. | ||
” | 110 | Z. 17 v. u. ” ὑπεμίμνησκεν. | ||
” | 111 | Anm. 3 ist nach “nur” einzuschalten: “noch”. | ||
” | 120 | Z. 17 v. u. lies: Clericus. | ||
” | 123 | Anm. 2 Z. 9 ist das nach “Untertanen” stehende Komma erst nach “Rückkehr” zu setzen. | ||
” | 130 | Anm. 2 Z. 8 lies: περιβάλλειν χάρακα πόλει. | ||
” | 137 | ” 8 v. o. ” δραμόντες. | ||
” | 175 | Anm. 1 ” 1 ” ” A. II, 12, 2. | ||
” | 175 | ” 1 ” 3 ” ” λόγοις. | ||
” | 194 | Sp. 2 ” 7 v. u. ” πάντες. | ||
” | 195 | ” 2 ” 11 v. o. ” οἴκῳ. | ||
” | 197 | ” 15 v. u. ” A. T. | ||
” | 220 | ” 7 ” ” “S. 192 f.” | ||
” | 227 | ” 11 v. o. ” θεραπευτέον. | ||
” | 229 | ” 6 v. u. ” ῥᾳδιούργημα. | ||
” | 230 | ” 2 v. o. ” 21, 17-26. | ||
” | 239 | Sp. 1 ” 9 ” ” ὑμῶν. | ||
” | 279 | ” 11 v. u. war nicht πορεύεσθαι, sondern κρίνεσθαι gesperrt zu drucken. | ||
” | 289 | ” 10 ” lies: drei Belegstellen. | ||
” | 311 | Sp. 2 ” 18 ” ” ῥᾳδιουργία. |
Ausserdem sind öfter Komma und Punkt, Acutus und Gravis, Spiritus asper und Spiritus lenis mit einander verwechselt worden, sowie Accente, Spiritus und Interpunctionszeichen, seltener auch einzelne Buchstaben ausgefallen.
Druck von August Pries in Leipzig.
THE END
TRANSCRIBER NOTES
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Misspelled words and printer errors have been corrected. Where multiple spellings occur, majority use has been employed.
Punctuation has been maintained except where obvious printer errors occur.
Links to page numbers referenced within the text have not been added.
Footnotes have been moved to the end of the section referenced in the table of contents.
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[The end of Josephus und Lucas by Peter Maximilian Krenkel]