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Title: Typografie als Kunst

Date of first publication: 1922

Author: Paul Renner (1878-1956)

Date first posted: Oct. 24, 2021

Date last updated: Oct. 24, 2021

Faded Page eBook #20211038

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JOAN MICHAEL FLEISCHMAN.

Konstig Letter-stempel Snyder,

Geb: 1701 te Neurenberg,

Overl: in Amsterdam den 27 Mey 1768.


Paul Renner

 

Typografie

 

als Kunst

 

 

München

 

Verlegt bei Georg Müller

 

1922


Copyright 1922 by Georg Müller A.G. München


Hans Cornelius

in Verehrung und Dankbarkeit

gewidmet

 


›Mithin‹, sagte ich ein wenig zerstreut, ›müssen wir wieder von dem Baum der Erkenntnis essen, um in den Stand der Unschuld zurückzufallen?‹ — ›Allerdings,‹ antwortete er, ›das ist das letzte Kapitel von der Geschichte der Welt.‹

H. v. Kleist

Die Aufgabe des Künstlers

Der Künstler wird heute im Gewerbe vielfach als kecker Eindringling betrachtet, ohne den es gerade ebenso gut ginge. Die Fachpresse glaubt, ihren Lesern zu schmeicheln, wenn sie das immer aufs neue versichert. Das ist ungerecht, hat aber tiefere Ursachen. Die kunstgewerbliche Bewegung ist in einem Stadium angelangt, wo sie den Allerweltskunstgewerbler älterer Observanz und seine papiernen Entwürfe abschütteln muß. Könnte man aber den Künstler wirklich heute schon entbehren, so wäre das sein größter Ruhm: dann hätte er ja das von William Morris begonnene Erziehungswerk vollendet. Seine Aufgabe, als die eines Erziehers, ist es, sich selbst entbehrlich zu machen. Er wird seine Bestimmung erst dann erfüllt haben, wenn es kein Kunstgewerbe mehr geben wird.

In den alten Zeiten meisterlicher Kunst hätte man niemandem begreiflich machen können, was wir unter Kunstgewerbe verstehen. Man hatte weder den Begriff davon, noch die Sache selbst. Jeder tüchtige Handwerker war Künstler; jeder Künstler ein Handwerker. Zu dem engeren Freundeskreise Brunellescos, des Florentiner Dom-Erbauers, gehörten nicht nur Verrocchio, der Bildhauer, Ghirlandajo, der Maler, sondern auch der dicke Tischler Manetto. Sie waren aus einem Stande: Meister ihres Handwerks.

Der mittelalterliche Handwerker arbeitete nicht nach fremdem Entwurf; nicht entliehener Geist, sondern der eigene führte die Hand. Immer wieder prüfend und verbessernd suchte er zu gestalten und vor das leibliche Auge zu stellen, was dem geistigen Auge vorschwebte. Wie Jakob mit dem Engel des Herrn gerungen hatte, so rang er mit seinen Ansprüchen an Vollkommenheit. Sein Lebenswerk stieg von Stufe zu Stufe empor zur Meisterschaft und glich dem Aufstieg der unsterblichen Seele zu ihrem Absolutum. Der mittelalterliche Handwerker war mit seinem Gott im reinen. Er war auch bei schlechter Bezahlung und langer Arbeitszeit glücklicher, als es ein in der Fabrikation der gleichen Gebrauchsgegenstände beschäftigter hochbezahlter Industriearbeiter von heute sein kann; denn dessen Tätigkeit entfaltet nicht die seelischen Kräfte des Menschen, sondern verkrüppelt sie.

Der Zersetzungsprozeß, den man als Fortschritt zu preisen nicht müde wird, hat die Einheit: Künstler-Handwerker, Geist-Hand gesprengt. Die Produktion wurde auf Quantität statt auf Qualität eingestellt. Um schneller und mehr produzieren zu können, wurde aus der Werkstätte die Manufaktur mit streng durchgeführter Arbeitsteilung. Maschinen wurden erfunden; die Manufaktur wurde zum Großbetrieb, zur Fabrik.

Maschinen müssen beschäftigt werden, um rentabel zu sein; man läßt sie, damit das Produzierte sich schnell abnutze und immer wieder Nachfrage entstehe, unsolider arbeiten, als notwendig wäre. Künstlerische Leistung setzt die Konzeption in der Fantasie, in der Vorstellung eines Menschen voraus; sie ist natürliches und unwillkürliches Ergebnis des über seine Arbeit ernsthaft nachdenkenden Handwerkers. Bei Arbeitsteilung aber kann sie nur durch bewußten Willen von oben oder von außen in den Arbeitsprozeß hineingetragen werden. Der Wille dazu war selten vorhanden; der zu Hilfe gerufene Künstler versagte zumeist, weil ihm Werkstoff und Werkweise fremd waren. Da Einträglichkeit immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses rückte, wurde die künstlerische Leistung zu einer Spezialität. Kunstgewerbe schied sich vom Gewerbe und wurde eine Luxusbranche.

Die Erfindung immer neuer Maschinen führte im neunzehnten Jahrhundert mit Riesenschritten von den letzten Resten alter Kultur fort in den Lärm unserer modernen Zivilisation. Die Spezialisierung und Mechanisierung der in den Industrien beschäftigten Menschen schufen ein seelisches Elend, das im achtzehnten Jahrhundert noch nicht vorstellbar gewesen wäre. Marx und Engels haben das soziale Gewissen der Welt wachgerufen und die Arbeiterschaft zum Kampf um ihre Menschenrechte organisiert. Heute gilt der strenggläubige Marxismus für veraltet, weil er ganz im darwinistischen Entwicklungsoptimismus des neunzehnten Jahrhunderts befangen ist und sich fast nur mit der materiellen Seite des Arbeiterproblems beschäftigt. Daß die Seele eines Menschen nicht verkrüppelt werden darf, auch wenn alle Volkswirtschaftler das für eine unausbleibliche Notwendigkeit erachten sollten, war der Gedanke, der William Morris, den Urheber der modernen kunstgewerblichen Bewegung, am tiefsten bewegte. Morris war Sozialist; auch seine Schüler, von denen der achtzigjährige, ehrwürdige Patriarch Cobden-Sanderson, der Meister der Doves-Preß, heute noch lebt, waren Sozialisten. Das bedeutet, daß sie die künstlerische Höhe ihrer typografischen Leistungen nicht angestrebt haben, um das Luxusbedürfnis der Multimillionäre und Büchersnobs zu befriedigen, auch nicht um der englischen Nation Lorbeeren zu pflücken oder ihrer Kultur Propaganda zu machen; es bedeutet, daß sie künstlerische Qualität nicht als Losung ausgegeben haben, um mit englischen Waren den Weltmarkt zu erobern, sondern daß es ihnen um Höheres als nationale Eitelkeiten und Egoismen ging. Sie haben das Beispiel aufgestellt, daß auch der in die moderne Zivilisation verstrickte Mensch (Cobden-Sanderson war ein wohlhabender und angesehener Rechtsanwalt in London, bevor er Drucker und Buchbinder wurde) zu den höchsten künstlerischen Leistungen des Handwerks befähigt wäre, wenn er die seelische Einheit des mittelalterlichen Handwerkers zurückgewönne: daß dies heute möglich ist und in aller Zukunft möglich bleiben wird.

Wir Deutschen der neunzehnhundertachtzehn hoffentlich abgeschlossenen Ära hatten uns in den Labyrinthen imperialistisch-weltwirtschaftlicher und sozialistisch-marxistischer Gedankengänge so verloren, daß wir den Sinn dieser kunstgewerblichen Erneuerung nicht verstanden haben. Denn hier handelte es sich nicht um materielle Wohlfahrt, die statistisch zu erfassen gewesen wäre, sondern um die der Seele. Die Seele gehörte aber nicht zu den Faktoren, mit denen der Willensmensch jener Zeit zu rechnen verstand; weshalb er ja den Krieg verloren hat. Die Seele überließ er verspäteten Romantikern oder geheimen, esoterischen Zirkeln.

Dennoch hat die kunstgewerbliche Bewegung bei uns stärkere Wellen geworfen als in irgendeinem anderen Lande. Daß Typus und Leistung des Kunstgewerblers, der zunächst heraufkam, besonders erfreulich gewesen wären, kann man nicht behaupten. Zumeist war es ein irgendwie gehemmter Maler, der die sicheren Einkünfte des Kunstgewerblers den unsicheren seines Berufes vorzog. So wie es heute noch geschäftstüchtige Architekten machen, zeichnete er auf seinem Reißbrett Häuser, Denkmäler, Bettvorlagen, Tapeten, Bucheinbände, Plakate, Keramiken, Tintenzeuge und jedweden beliebigen Schmuck. Im Gegensatz zu Morris, der die Gebundenheit der Alten wieder gesucht hatte, brach er die letzten Fesseln der Überlieferung und schwelgte in der Revoluzzerei des Jugendstiles. Der Werkbund versuchte, die wilden Energien, die auf die Gewerbe losgelassen waren, zu sammeln und auf ein Ziel zu richten. Aber seine Ideale waren von den weltwirtschaftlich-imperialistischen Zeitgedanken angekränkelt: Qualitätsarbeit der Qualität, nicht dem Arbeiter zuliebe; Wertarbeit als Wertzuwachs der Nation, als Mittel der Kulturpropaganda und wirtschaftlicher Eroberung der Welt. Und da man nur an das Produkt dachte und nicht an den Produzierenden, so wurde der Frage: Handarbeit oder Maschinenarbeit? eine ganz untergeordnete wirtschaftliche und technische Bedeutung zuerkannt.

Dazu kam der Zeitirrtum der Semperschen Theorie, daß das Kunstwerk Produkt aus Gebrauchszweck, Rohstoff und Technik sei. Der Werkbund brachte nur eine Parole mit: Qualität. Im Grunde hatte er der technischen Qualität eine spezifisch künstlerische Forderung gar nicht gegenüberzustellen. Technische und künstlerische Qualität sind aber nicht dasselbe. »Das Kunstwerk ist«, wie Alois Riegl sagt, »das Resultat eines bestimmten und zweckbewußten Kunstwollens, das sich im Kampfe mit Gebrauchszweck, Rohstoff und Technik durchsetzt. Diesen drei letzteren Faktoren kommt somit nicht mehr jene positive, schöpferische Rolle zu, die ihnen die sogenannte Sempersche Theorie zuweist, sondern vielmehr eine hemmende negative; sie bilden gleichsam die Reibungskoeffizienten innerhalb des Gesamtproduktes.«

Die Einsicht in dieses »bestimmte und zweckbewußte Kunstwollen« hätte nur die erkenntnistheoretisch begründete Kunstbetrachtung der heutigen Kunstwissenschaft geben können. Dafür herrschte das Kauderwelsch des Kunstfeuilletons, die Ästhetik der Halbgebildeten. Zum Entzücken der Fabrikanten jagte eine Mode die andere. Der plumpe Naturalismus des Jugendstils, der Bandnudelstil schwelgerisch eingefühlter Linien, der geometrische, kubistische, expressionistische Stil wurden als Anreger leerer Hirne begrüßt. Es wäre noch heute fürchterlich, wenn nicht der Irrtum Sempers den Künstler auf dem Umwege über das Technische wieder zum Handwerk geführt hätte; und damit zur Voraussetzung der geistigen Konzeption des Werkes und damit zum Vorbild der alten Meister; und damit unvermerkt zum künstlerischen Probleme, das hinter dem technischen auftaucht. Daß es heute so viel besser geworden ist als zur Zeit des wilden Jugendstils, hat seine Ursache in dieser Selbstbeschränkung des Kunstgewerblers auf ein Arbeitsgebiet. Eine tapfre, kleine Schar Intellektueller bemüht sich in rastloser Werkstättenarbeit und in ernster Durchforschung klassischer, primitiver und exotischer Kulturen um die Bauhüttengeheimnisse ihres Faches. Die künstlerische Durchdringung des Handwerks hat begonnen, viele Künstler sind zu Handwerkern, Handwerker zu Künstlern geworden. Die mittelalterliche Einheit: Handwerker-Künstler ist wenn auch nicht allenthalben so doch schon überall ein wenig wieder zur Tat geworden. Eine geschickt jurierte Gewerbeschau könnte das Potemkinsche Dorf eines Idealzustandes vortäuschen.

Darf sich der Künstler damit zufrieden geben? Auch wenn er nur den künstlerischen Wert der bisherigen Leistung in Betracht zöge, bliebe noch einiges zu wünschen übrig. Das Ergebnis sieht einem geschmackvollen Eklektizismus nicht so ganz unähnlich. Man wende nicht ein, dies sei alles, was das untergehende Abendland zu leisten vermöge. Wer unter dem Wuste der Mittelmäßigkeiten die zeitgenössische Plastik und Malerei zu finden weiß, kennt das zwar sich wandelnde, doch »bestimmte und zweckbewußte Kunstwollen«, das sich in diesen Künsten äußert; und gerade die Abwandlung in diesem Wollen, das Vorschreiten vom subjektivsten Impressionismus (dem Naturalismus des Snapshot, der zufälligen Erscheinung) über die bald verrauschten Anti-Impressionismen (Expressionismen, abstrakten Kubismen) hinweg zum gegenständlichen, dinglichen Stil, der heute im Werden ist, erweist die tiefe Verbundenheit dieser Künste mit der Zeit. Denn Weltanschauung und Ethik zeigen in ihrer Entwicklung vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert zahlreiche Parallelen. Das moderne Kunstgewerbe als Emanation aus gleichem Urquell anzusehen, wird auch dem Wohlwollenden schwer; die fatale Geschicklichkeit, welche aus den Kunstgewerbeschulen in die freien Künste strömt, um sich dort schnell in den neuesten Stilmoden zu produzieren, kann darüber nicht täuschen. Noch ist dem Kunstgewerbe kein Marées, noch ist ihm kein Hildebrand erstanden; gar weit entfernt ist es von der Synthese Cézannes: refaire le Poussin sur nature: in Jahrtausenden aufgespeicherter Weisheit der alten Meister mit ebenso offenem Herzen hingegeben sein wie der »Natur«, wie dem persönlichsten, gegenwärtigsten Erlebnis.

Wieviel mehr aber bleibt zu tun übrig, um den Gedanken von Morris zu verwirklichen, um der künstlerischen Forderung, der Forderung nach Qualitätsarbeit, als einer sozialen Forderung, Anerkennung zu verschaffen! Denn nicht der künstlerische Hausrat in der kleinsten Hütte ist der Sinn kunstgewerblicher Erneuerung. Wenn es sich nur um das Produkt handelte, wäre eine Ehrenrettung der typenliefernden Maschine wohl angebracht; aber es handelt sich um die Produzierenden; es handelt sich darum, den an spezialisierte, mechanische Arbeit gefesselten Opfern der Arbeitsteilung eine Tätigkeit zu verschaffen, die alle ihre Fähigkeiten zur Entfaltung bringt. Daß man die maschinellen Großbetriebe nicht von heute auf morgen in handwerkliche verwandeln, daß man aus Industriearbeitern nicht ohne weiteres künstlerisch denkende und erfindende Handwerker machen kann, bedarf keines Hinweises. Die Aufgabe ist auch gar nicht, Pläne für eine ferne Zukunft zu machen, sondern zu tun, was unser Gewissen, was unser soziales Gewissen uns vorschreibt: mit allen Kräften dahin wirken, daß die Arbeiterschaft am geistigen Leben der Zeit den gleichen Anteil fordere und nehme, den der mittelalterliche Handwerker-Künstler zum eignen Besten an dem seiner Zeit genommen hat. Kapitalistische Gesinnung hat die Kultur Europas zerstört; bleibt der Künstler fernerhin abseits, dann könnte es geschehen, daß auch der unaufhaltsam kommende Sozialismus durch Begünstigung der maschinellen Großbetriebe, denen er seine entschlossensten und verbittertesten politischen Revolutionäre verdankt, seinem tiefsten Sinn entgegen, dem Wiederaufbau einer künstlerischen Kultur zum Hindernis werde. Es ist notwendig, das Mißtrauen der Arbeiterorganisationen gegen die Forderung der Qualitätsarbeit zu überwinden. Ihre Führer sind noch hypnotisiert von einer materialistischen Theorie, welche es z. B. nicht begreifen kann, daß der ländliche Arbeiter trotz aller marxistischen Aufklärung die eigene Scholle mit ihrer Mühe und Plage dem hochbezahlten Achtstundentag in der staatlichen Domäne vorzieht. Möge der Künstler mitarbeiten an einem Sozialismus, der sich besser auf das Psychologische versteht. Möge er zum Arbeiter gehen und ihm sagen: Dein Kampf galt bis jetzt nur dem materiellen Wohl, dem Feierabend; kämpfe nun auch für den Arbeitstag selbst, für eine menschenwürdige Arbeit! Denn stumpfsinnig, widerwillig geleistete Arbeit bleibt Lohnsklaverei auch im sozialisierten Betriebe, auch im sozialistischen Staate! Wie schnell würden die acht Stunden verrinnen, wenn Deine Arbeit einem Werke gelten würde, mit dem Du geistig verbunden wärest! Denn der Mann will, weil er dem Geiste näher steht als dem mütterlichen Leben, nicht nur in seinen Kindern, sondern in einem Werke, in einer Leistung fortleben; er will im absteigenden Leben eine Meisterschaft wachsen sehen.

Der Künstler hat hier eine kunstpädagogische Aufgabe von weitestem Umfange vor sich. Mit der Erziehung erst bei den Erwachsenen anzufangen, wäre zu spät. Der Zeichenunterricht muß deshalb, in den Volksschulen beginnend, auf eine neue Grundlage gestellt werden, damit er gleichzeitig planvoller Aneignung eines Vorstellungsbesitzes, also der Schulung exakter, »sinnlicher Fantasie«, zu dienen imstande werde und schrittweiser Einführung in das Verständnis der bildenden Kunst. Es muß im Staate dem Grundsatze Geltung verschafft werden, daß die begriffliche Erkenntnis der Welt, die heute in den Schulen ausschließlich gelehrt wird, doch nur zu einer halben Bildung führt; daß sie ergänzt werden muß durch die von Worten und Begriffen unabhängige anschauliche Erkenntnis der Welt. Diese aber kann allein durch die bildende Kunst vermittelt werden. — Ein großer Anteil an dieser kunstpädagogischen Arbeit würde den Museumsleitungen zufallen. Die Kunstgewerbeschulen müßten engsten Anschluß suchen an die Fach- und Gewerbeschulen, in denen der gewerbliche Nachwuchs ausgebildet wird. Hier, wo »Gebrauchszweck, Rohstoff und Technik« besser gezeigt werden, als es in dem oft kümmerlichen Werkstättenbetrieb der Kunstgewerbeschulen möglich ist, wäre eine nachhaltige Wirkung ermöglicht dem, der das »bestimmte und zweckbewußte Kunstwollen« zu lehren wüßte.


Die Aufgabe ist groß: aber der Künstler wird sie lösen müssen! Die Folge wird zunächst sein, daß die Arbeiter mit ihren gesteigerten geistigen Ansprüchen erst recht unter der Last der durch Teilung entgeistigten Arbeit leiden müssen. Doch können wir uns wohl darauf verlassen, daß es ihnen eher als uns und den Wirtschaftstheoretikern gelingen werde, die Möglichkeit besserer geistiger Arbeitsbedingungen ausfindig zu machen und zu erkämpfen. Ihr Kampf aber wird der Kampf der Kultur gegen die Zivilisation sein. Alles, was man jetzt schon für sie tut, sei dankbar anerkannt und in keiner Weise unterschätzt: es erinnert ein wenig an die wohltätigen Stiftungen, mit denen man vor einem Menschenalter das soziale Gewissen zu beschwichtigen suchte. Der Arbeiter erbettelt die soziale Hilfe nicht als eine Gnade, sondern er kämpft für sie als sein gutes Recht. Wir müssen hoffen, daß er die künstlerische Forderung, als den vergessenen Teil der sozialen, als sein Recht auf Menschenwürde, ebenso zu seiner eigenen Forderung mache. Dann wird der Sieg unausbleiblich sein; die kunstgewerbliche Bewegung, die von Morris ausgegangen ist, wird an ihr Ziel gelangen. Wenn die Kunst dann wieder alle Gewerbe durchdrungen haben wird, wird man vom Kunstgewerbe nicht mehr sprechen; der Künstler wird seine Schuldigkeit getan haben.

Vom »bestimmten und zweckbewußten Kunstwollen«

Die Erfindung der Buchdruckerkunst war streng genommen die Erfindung des Typengusses; der Druck von Holzplatten und beweglichen Holzbuchstaben war schon vorher bekannt. Diese technische Erfindung gehört zu den allerwichtigsten, und man kann wohl sagen, sie habe der Menschheit ein neues Zeitalter gebracht. Daß sie ihr auch eine neue Kunst geschenkt habe, ist weniger gewiß, als daß sie eine andere jäh vernichtet hat: die Kunst des mittelalterlichen Buchschreibers. Er ist arbeitslos geworden durch die geniale Erfindung, seine, des Buchschreibers Kunst zu vervielfältigen. Das Buch, zuvor Werk eines Schreibkünstlers, den herrlichsten grafischen Leistungen des Mittelalters ebenbürtig, eine Säule im Dome mittelalterlichen Kunstfleißes, wird im geteilten Arbeitsprozeß zur Massenware und verliert von Jahrzehnt zu Jahrzehnt an künstlerischem Wert. Der geschriebenen Bücher Schrift, natürliche Frucht jahrtausendealten Wachstums, das durch Gutenbergs Erfindung zum Verdorren gebracht ist, diente dem Schriftschneider, die Tradition kunstvoller Schriftverteilung dem Setzer als Vorbild. In den Wiegendrucken der ersten Jahrzehnte sehen wir die höchsten Leistungen; die Handpressen unserer Zeit haben von ihnen gelernt. Jener alten Schreibkunst lebendige Kraft und Fülle ist es und nicht spätere Kalligrafie, woran sich heute die Schrift zu verjüngen sucht. Die künstlerische Leistung in diesem Arbeitsprozeß ist bis ins achtzehnte Jahrhundert geteilt zwischen Stempelschneider und Setzer; erst fortschreitender Verfall des Handwerks macht künstlerische Schriftentwürfe und Satzanordnungen nötig und möglich. Typografie ist Grafik; γράφειν heißt schreiben; »Gebrauchsgrafik«, wenn man will, weil sie zugleich künstlerisches Wollen verwirklicht und praktischen Zwecken dient.

Praktischer Zweck der Schrift ist Mitteilung. Das Schriftzeichen ist infolge Übereinkommens, in das der ABC-Schütz eingeweiht wird, Symbol für einen Klang; der Klang wiederum Symbol für einen Wortsinn, den wir beim ersten Lallen der Muttersprache und beim Aneignen fremder Sprachen mit ihm verbinden lernen. Lesen und schreiben lehrt man nur in dieser Absicht: die Zeichen so charakteristisch zu formen, daß sie gleichsam mit einem Sprunge, ohne selbst im Auge oder Ohr eine Spur von sich zu hinterlassen, den Sinn des Geschriebenen mitteilen. Was in unser Bewußtsein dringt, ist also nicht sowohl das Bild der Schriftzeichen, nicht der Klang einer menschlichen Stimme, sondern die Bedeutung, der Sinn der Mitteilung.


Was aber ist dieser Sinn? Der denkende Mensch hat das Bedürfnis, die Erfahrung seines Lebens begrifflich zu ordnen. Das große Monument, alte und neue Pinakothek, die große nationale Galerie dieser Gedankenarbeit, die in Tausenden von Jahrtausenden gesammelt worden ist und immer wieder aufs neue geordnet und katalogisiert wird, ist die menschliche Sprache. Sprechen lernen ist denken lernen; denken lernen ist sprechen lernen.

Präzision und Selbständigkeit begrifflichen Denkens finden wir nur in der strengen Wissenschaft. Dort wird von den bedeutendsten Köpfen in mühseliger Gedankenarbeit das begriffliche Weltbild geschaffen, das dann verwischt, verschwommen und voller Fehler in der Amateur-Filosofie und in den Feuilletons der Zeitschriften und Zeitungen reproduziert wird; diese wiederum liefern den Gebildeten, Halb- und Ungebildeten die mehr oder minder gedankenlos nachgesprochenen Redensarten, die sie für ihre eigene Weltanschauung halten.


Wenn wir in den Schriftzeichen nicht den Wortsinn suchten, sondern uns ihre Form selbst ansähen, so wäre das zweifellos eine ungewöhnliche Art der Betrachtung: es wäre die anschauliche Betrachtungsweise im Gegensatz zur begrifflichen. Auf solche Art aber wird vom bildenden Künstler nicht nur das Schriftzeichen, sondern die ganze Welt angesehen. Was die begriffliche Erkenntnis der Welt der exakten Wissenschaft verdankt (aus der wir alle Nutzen ziehen), das verdankt die anschauliche Welterkenntnis der bildenden Kunst. Weil die Schule einzig und allein begriffliche Welterkenntnis vermittelt, deshalb ist das künstlerische Beurteilungsvermögen des zivilisierten Europäers geringer als das der Südseeinsulaner und Buschmänner; ein Blick auf die Gegenstände seiner täglichen Umgebung beweist es.

Die primitiven Völker und die Kinder — o wunderbares Regenerationsvermögen der Menschheit! — legen sich in zeichnerischer oder plastischer Gestaltung Rechenschaft ab von dem, was sie gesehen haben; diese tätige Besitzergreifung ist es, die allein anschauliche Erkenntnis ermöglicht, wie die begriffliche Erkenntnis zu ihrer Klärung der sprachlichen Formulierung bedarf. Mag diese Gestaltung noch so primitiv sein, so ist sie dennoch, solange sie aus diesem Erkenntnistrieb entstanden ist und ihre Naivität nicht an ästhetische Vorurteile verloren hat, lebendiger und natürlicher als der Naturalismus einer geistlosen Kunst, welche mit Fotografie und gipsernem Naturabguß wetteifert: denn sie ist eine für jeden verständliche Mitteilung eines Verstandenen.

Ich muß den Leser, der vielleicht schon ungeduldig wird, bitten, noch einen Schritt weiter in das Reich der Abstraktionen zu folgen. Denn wie kann die Erörterung künstlerischer Fragen zu einer Verständigung führen, wenn man nicht zuvor sagt, was man unter künstlerischen Grundsätzen versteht? was man mit dem »bestimmten und zweckbewußten Kunstwollen« denn eigentlich meine? (Und so gewiß das Problem der bildenden Kunst nicht an Durchsichtigkeit gewinnt, wenn man es ganz mit Worten zudeckt, so gewiß ist, daß man es doch scharf abgrenzen und am äußersten Rande sehr wohl in Worte fassen kann.)

»Sehen« ist nicht ein mechanischer oder chemischer Vorgang, bei dem wir nichts weiter zu tun hätten, als die Augen zu öffnen; es ist nicht so, daß sich die Form der Dinge uns dadurch, daß wir sie recht fest ansehen, einpräge wie ein Petschaft ins Wachs. Was wir von einem Dinge sehen, ist nur eine Ansicht, eine Erscheinung. Von der Form des Dinges aber können wir erst dann sprechen, haben wir erst dann eine Vorstellung, wenn wir in den zahllosen verschiedenen Ansichten, die der Gegenstand bietet, den gesetzmäßigen Zusammenhang erkannt haben. Denn eben dieser gesetzmäßige Zusammenhang der Erscheinungen ist (nach Hans Cornelius) die Form. »Sehen lernen ist alles«, pflegte Hans von Marées seinen Schülern zu sagen. Die wenigsten Menschen ahnen, daß sie ihre Augen nur gebrauchen, um festzustellen: dies ist ein Pferd, dies ist der und der Mensch; die wenigsten ahnen, daß sie von der Form der gesehenen Dinge gar nichts wissen. So geht der moderne Mensch, wie verhext, trotz Klemmers und Hornbrille nichts sehend, durch seine graue Welt der Ziffern und Begriffe, durch sein freudloses Leben. Der feurigste Wein steht für ihn bereit; er begnügt sich damit, die Etikette zu lesen; er ist das undankbarste Publikum, das sich je in die schöne Gotteswelt verirrt hat.

Wie aber kommt die Erkenntnis, die Vorstellung einer Form zustande? Das Geräusch einer vorüberratternden Trambahn hört der Großstädter hundertmal am Tage; und doch dringt die Vorstellung von der Beschaffenheit, von dem hörbaren Verlaufe des Geräusches niemals so klar in sein Bewußtsein wie die durch Rhythmen und Intervalle gegliederte Melodie eines Liedes. Je mehr das Werk von Menschenhand das Zustandekommen einer Vorstellung erleichtert, je klarer es also selbst aus diesem seelischen Vorgang zustande gekommen ist, um so heftiger wird es in unser Bewußtsein dringen, um so tiefer wird es sich dort einprägen, um so stärker wird es unser Erlebnis werden. Es wird aufhören, Geräusch zu sein, es wird Musik werden.

Wenn wir uns prüfen, welche Formen es sind, die am sichersten in unserem Vorstellungsbesitz ruhen, die wir uns jederzeit am schnellsten und deutlichsten vergegenwärtigen können, so werden wir wohl alle zum gleichen Ergebnis kommen: es sind die einfachsten Körper: Kugel, Zylinder, Kegel, Würfel, Spindel und dergleichen.

Aller künstlerischer Stilwille zielt daraufhin, die Abweichung von der sofort verständlichen Grundform nicht so weit zu treiben, wie es die Natur macht. Daraus darf nicht gefolgert werden, daß es bei diesen elementarsten Formen sein Bewenden haben müsse; wir sehen in der Negerplastik, in der ägyptischen, in der großen romanischen und gotischen Plastik unseres Volkes bei offensichtlicher Annäherung an die elementarsten Grundformen eine Fülle von Beobachtung, einen lebendigen Formenreichtum, welche den leeren, gedrechselten Formen des Kubismus fehlen.

Das architektonische Kunstwerk aller Zeiten und Zonen unterscheidet sich, wofern es Kunstwerk, also künstlerische Bewältigung einer Bauaufgabe ist, durch die kubische Einfachheit seiner Grundform, mag diese auch durch tausend Einzelformen malerisch aufgelockert sein, von der Großstadt- und Villenarchitektur unseres Zeitalters, deren komplizierter Wirrwarr unverständlich, unvorstellbar, schlechthin formlos und durchaus spukhaft-gespenstig ist. Ein modernes Haus genügt oft, um eine Landschaft, ein Dorf, ein altes Stadtbild zu entseelen.

Nun mag jemand einwenden, die hier angedeutete Auffassung sei allzu verständig-rationalistisch; in der Kunst sei Gefühlsausdruck alles. Aber Gefühlsausdruck ist weder ein Privileg der bildenden Kunst, noch Vorrecht der Kunst überhaupt. Innerlich voller Figur sein, innerlich voller Musik sein, das heißt gewiß auch, das Herz voll haben. Aber wie das spezifisch Musikalische den Rang des Musikers bestimmt, so wird auch ein Werk bildender Kunst bewertet nach dem spezifisch Künstlerischen, das nur in der bildenden Kunst vorhanden ist; das kann also nicht Gefühlsstärke sein, der wir auch im kunstfernen Leben begegnen können, sondern es ist innere Klarheit, geistige Anschaulichkeit; es ist das, was wir mit Konrad Fiedler einfach »Sichtbarkeit« nennen können.

Dieser Begriff ist auch den Japanern von jeher vertraut: »Neue Brüder sind uns sichtbar geworden! Bäume, die früher nur dazu da waren, Früchte und Holz zu tragen, Flüsse und Seen, die nur Fische und Seegras anboten, Hügel und Berge, welche Steine und Metalle den Menschen hinhielten, haben jetzt Seele und Gesicht. Die Seelen der Landschaften sind uns herzliche Brüder geworden. Sie, die bisher unsichtbar waren, zeigen uns heute leidenschaftliche Gebärden.« Es wird dem Europäer schwer, dies wörtlich genug zu nehmen. Immer glaubt er, daß man in Metafern spreche, und es ist bezeichnend, daß Ausdrücke für »Sehen« wie Anschauung, Intuition, Theorie kaum noch anders als in einem übertragenen Sinne verstanden werden.

Zusammenfassend können wir sagen: die Gestalt der Dinge in der Natur, ihre wirkliche, handgreifliche Gestalt, entsteht und vergeht nach Gesetzen, die zu ergründen die naturwissenschaftliche Morfologie bemüht ist. Aber nach ganz anderen Gesetzen, nach den unerforschten Normen einer »Logik anschaulichen Denkens« wird Form sichtbar, wird Form vorstellbar. Die Welt der sichtbaren, anschaulich verständlichen und erkennbaren Formen ist das Reich der bildenden Kunst, das so alt ist wie menschliches Denken. Zur Erscheinung gebracht, realisiert, wird diese Sichtbarkeit im einzelnen Kunstwerk. Dessen Vollkommenheit ehrfürchtig zu bestaunen, mag uns geziemen: der Meister selbst hat darüber von jeher anders geurteilt, wenn er das Ziel der Voll-Endung noch nicht aus den Augen verloren hatte. »Es ist noch nicht realisiert«, meinte Cézanne von seinem Werk. Kunst ist überindividuell, ist niemals am Ende und geht durch die Zusammenarbeit der Generationen in Ewigkeit weiter.

Es führt ein Weg von der Erscheinung zur Natur, zur handgreiflichen Wirklichkeit; ein anderer führt von der Erscheinung zur sichtbaren Form, zur Kunst. Kunst und Natur bleiben jedoch in zwei Sfären, die einander nie berühren können. (Wir dürfen uns dadurch nicht irre machen lassen, daß der Künstler, wenn er Natur sagt, die Welt sichtbarer Formen meint, an deren Schöpfung er selbst so großen Anteil hat. Das Lob der Natur ist beim großen Künstler ein wahrhaft naives Selbstlob und sehr wohl vereinbar mit dem strengen Urteil über seine eigenen Werke.) Es gibt naturalistische Kunstprogramme, aber keine eigentliche naturalistische Kunst; denn Kunst ist niemals abbildend, ist immer bildend; ist abstrakt auch dann, wenn sie Gegenständliches darstellt. Stil ist Folgerichtigkeit des anschaulichen Denkens und nicht Stilisierung von »Daseinsformen« oder dgl.: die Natur bedarf keiner stilisierenden Korrektur oder Verschönerung.

Vom Standpunkte des bildenden Künstlers aus gibt es keine Qualitätsunterschiede zwischen Werken der freien und der angewandten Kunst; beider Aufgabe ist es, gesteigerte Sichtbarkeit zu gestalten. Und das ist auch die Aufgabe der Typografie, wenn sie künstlerische Werte schaffen will.

Von Schreibkunst und Druckschrift

Ein glücklicher Umstand erleichtert es, aufzuzeigen, wie »bestimmtes und zweckbewußtes Kunstwollen« das Bild der Buchstaben geformt hat. An der Spitze der europäischen Schriften stehen die römischen Versalien, aufgebaut aus Kreis, Dreieck und Geviert[1], den denkbar einfachsten und denkbar gegensätzlichsten Formen[2].

Seltsam leuchtet die edle Schlichtheit dieser Schrift in unsere Zeit, wie ein letzter Schimmer von der hellen Geistigkeit des alten Roms. Das Einfache ist es, was der römischen Schrift ihren unvergleichlichen Elan gibt. Denn die Leichtigkeit, mit der wir die Formen eines Dinges auffassen, scheint dieses selbst zu beflügeln; was die mühelose Auffassung behindert, nimmt auch dem Gegenstand von seiner Beschwingtheit und macht ihn schwerfällig.

Die weniger elementaren Formen des W und U sind erst im Mittelalter entstanden: das W aus der Verdoppelung, das U aus der Minuskelform des V. Selbst G und R sind nicht ursprüngliche Formen; der Abstrich, der G von C und R von P unterscheidet, ist reine Zweckform, dazu bestimmt, die doppelte Lautbedeutung des Zeichens C (als z und g) und des P (als p und r) zu kennzeichnen.

Daß die römischen Schriftzeichen nicht in dieser abstrakten Einfachheit erfunden worden sind, sondern nach jahrtausendealter Geschichte aus dem Osten, zuletzt aus den eckigen Formen des Altgriechischen stammen, bestätigt, daß nicht etwa Rücksicht auf Lesbarkeit, sondern künstlerische Absicht, die gleiche, die aus den Ruinen der Ewigen Stadt zu uns redet, in der Umbildung wirksam war. Kein Mittel wäre so geeignet zur Verbreitung einer wirklichen Bildung wie ein Schriftunterricht, der in der Schrift eines Zeitalters und seinen anderen Kunstdenkmälern das ewige, unwandelbare Kunstwollen aufzeigen würde, in beiden auch das besondere, wandelbare Kunstwollen, das der römischen Versalie die den Buchstaben isolierende Klarheit und Unterschiedenheit der Form gegeben hat. In der Reihung der Einzelkörper und -formen, welche der Malerei und den Reliefs jener Zeit eigentümlich ist, finden wir die gleiche Art des Sehens wieder. Das römische Altertum hatte eben noch nicht die geschlossene Raumanschauung des Mittelalters.

Die Formen der gemeißelten Versalie und der geschriebenen Kapitale (Capitalis quadrata und rustica, Tafel I/2 und 3) sind mitbestimmt durch das breite Schreibwerkzeug. Auch in der lapidaren Form der Inschriften wird die Handschrift des vorzeichnenden Pinsels oder zum mindesten die Vorstellung geschriebener Schrift nicht weniger deutlich als die Steinmetzarbeit selbst. Einritzen in spröden Werkstoff führt zu eckigen Formen, wie die Runen zeigen; das An- und Abschwellen der C, D, O usw., die Unterscheidung schmaler und breiter Strichstärken bringt nur der Gebrauch breiter Schreibwerkzeuge mit sich.


Tafel I


Tafel I


Tafel II


Tafel II

Die Schaftverdickung bei den Versalien der Inschriften und der Capitalis quadrata dient ebenso wie der wagerechte Abstrich der mit schräger Federhaltung geschriebenen Capitalis rustica zur Verstärkung des Zeilenumrisses (und ist nicht etwa aus der Feder- oder Meißeltechnik abzuleiten). Wir haben bei der Schrift zu unterscheiden zwischen Duktus (Federführung) und der Schwarzweißwirkung. Beide bedingen sich. Gegenständlich haben wir es nur mit dem Schwarz der Druckfarbe oder der Schreibtinte zu tun. Die Erscheinung zeigt uns aber eine reiche Abwandlung von hellgrauen, dunkelgrauen und schwarzen Tönen. Diese kommt auf doppelte Art zustande: in der Einzelform selbst durch die »Irradiation« und im Gesamtanblick einer Schriftseite durch das »abstrakte« Sehen. Je schmaler ein Strich ist, um so blasser erscheint er uns, je breiter er ist, um so schwärzer. Wir haben so ein System von verschiedenen Dunkelheiten, ein An- und Abschwellen von einer gewissen hellsten Schattierung bis zu einer ebenso genau bestimmten dunkelsten. Bei jeder frisch mit der breiten Feder geschriebenen Schrift wird diese Abstufung immer wieder von selbst getroffen, und zwar mit einer Präzision, welche kein noch so langwieriges Ausbessern einer gezeichneten Schrift zu geben vermöchte. Die Irradiation laugt aber nicht nur den Rand jedes einzelnen Striches aus, sondern frißt auch am oberen und unteren Zeilenrand. Die Zeile selbst ist nun wieder ein flimmerndgrauer Streifen, zusammengesehen aus dem Schwarz der Buchstaben und aus dem Papierweiß der Zwischenräume (wie ja auch die ganze Seite ein flimmerndgraues Rechteck ist: in Streifen aufgeteilt durch die hellen Zeilenzwischenräume). Der Rand dieser Zeilenstreifen wird deshalb verstärkt und so von einem Buchstaben zum anderen weitergegeben (in manchen gotischen Schriften finden wir die m-Höhe sogar an Ober- und Unterlängen markiert). Dadurch wird der Zeile und durch sie der Doppelseite, als der eigentlichen künstlerischen Einheit, eine gleichmäßig-tonige, malerisch-ausgeglichene Wirkung gesichert.

Als Großbuchstabe der Lateinschrift (Antiqua) lebt die Versalie heute noch fort. Daß sie für sich allein eine lesbare Schrift vorstellt, daß sie sich mit der ihr wesensfremden humanistischen Minuskel nicht sonderlich gut verbindet (weshalb der mit Großbuchstaben überhäufte deutsche Antiquasatz nicht so schön ist wie fremdsprachlicher), ist beim Streit um Antiqua und Fraktur oft erörtert worden. Auch die Formen der Quadrata und Rustica sind (durch die Schreibschule Johnstons) wieder aufgenommen; die Rustica wird sogar neuerdings als Großbuchstabe in einer von F. H. Ehmcke gezeichneten Druckschrift verwendet.

In der schreibflüchtigen älteren Kursive (Tafel I/4) erleiden diese Formen eine Veränderung, an welcher Kunstwollen nicht beteiligt ist. Das in der Vorstellung noch herrschende Bild der Versalienform wird vom hastenden Schreiber unvollkommen gestaltet; das praktische Bedürfnis, die Buchstaben miteinander zu verbinden, läßt neue Bilder entstehen.

Die der Schreibflüchtigkeit zuliebe und gleichsam blind veränderte Schrift führt nun aber zu einer neuen Vorstellung der Buchstabenformen; und die ist es, welche in einer neuen Schrift: der Unciale (Tafel I/5) künstlerische Gestaltung erfährt.

Der Vorgang wiederholt sich, als aus der jüngeren römischen Kursivschrift (Tafel I/6) die Halbunciale (Tafel I/7) entsteht; er wiederholt sich noch einmal, als aus der merowingischen Schrift, einer nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches aus der jüngeren römischen Kursiv entstandenen Nationalschrift (Tafel II/1), die karolingische Minuskel (Tafel II/2) gebildet wird.

Die Abwandlung von der älteren Kursive zur jüngeren und von dieser zu den Nationalschriften haben nur »Gebrauchszweck, Rohstoff und Technik« bestimmt; aber »bestimmtes und zweckbewußtes Kunstwollen« war es, das aus der älteren Kursivschrift die Unciale, aus der jüngeren die Halbunciale, aus der merowingischen Minuskel die karolingische gestaltet hat: das ewige, unwandelbare Kunstwollen, das Streben nach höchster Einfachheit der Form, und das wandelbare besondere des Zeitalters, welches immer straffere Einordnung in ein Ganzes suchte. Weil künstlerisches Denken auch ohne historische und paläografische Kenntnisse jederzeit verstanden wird, haben Versalie, Unciale, Halbunciale und karolingische Minuskel alle Schriften ihrer Zeit überlebt.

Die aus der karolingischen Minuskel hervorgegangene gotische (Tafel II/3) zeigt das veränderte Kunstwollen des elften und zwölften Jahrhunderts. Zunächst verdrängt der Spitzbogen die Rundung. Dann erstarren die Formen zu Kristallen; in der Texturschrift (Tafel II/4) wird das Individuelle des Buchstabens fast völlig aufgehoben; jeder Schaft ist gleichwertiger Bestandteil eines heiligen Gewebes. Den reinsten Stil zeigt die gotische Schrift im dreizehnten Jahrhundert; aber sie ist bis zu Erfindung der Buchdruckerkunst im Gebrauch geblieben und darüber hinaus bis auf unsere Tage.

Überschriften und Satzanfänge werden schon in der karolingischen Schrift durch vergrößerte Minuskeln oder durch römischer Kapitalschrift oder der Unciale entnommene Majuskeln auffällig gemacht. Bei der gotischen Schrift wird die Verwendung von Uncialformen und vergrößerten und verzierten Minuskeln, aus denen die Großbuchstaben der deutschen Schreib- und Druckschriften hervorgegangen sind, immer häufiger.

Die Renaissance bricht nunmehr an. Die humanistische Minuskel (Tafel II/5) nimmt die durch Renaissance-Kunstwollen abgewandelten Formen der karolingischen wieder auf; Konrad Sweynheim und Arnold Pannartz sowie Nikolaus Jenson machen aus ihr eine Druckschrift, welche von Italien ausgehend die Welt erobert. Es ist die Antiqua, die heute noch kaum verändert im Gebrauch ist.

Die Geschichte der Bücherschriften, der Schriften also, welche die geringsten Anforderungen an den Leser, die höchsten an die Kunst des Schreibers stellten, hört mit Gutenbergs Erfindung auf. Nur die schreibflüchtigen Kurrent- und Kursivschriften des täglichen Gebrauchs bleiben; geraten aber, wo sie künstlerisch gestaltet werden sollen, nur allzuoft auf die Abwege der Kalligrafie. In Italien bildet sich aus Elementen der karolingischen Minuskel und gotischer Kursivformen die humanistische Kursive (Tafel II/7), die im Laufe der Zeit die Schreibschrift aller Antiqua-Länder wird und 1501 durch Aldus Manutius und seinen Stempelschneider Francesco Griffo in den Buchdruck kommt.

Von gotischen Kurrentschriften (Tafel II/6) kommt die deutsche Schreibschrift her; zahllose, im Buchdruck verwendete Fibelschriften (auch die »Civilite« von Enschedé) bezeichnen den dabei zurückgelegten Weg. Die gotischen Druckschriften aus der späteren Zeit, so die Fraktur, haben, vor allem in Großbuchstaben, die Neigung der gotischen Kursive zu Schleifen und Verbindungen übernommen.

Geschriebene Buchschrift verhält sich zur Druckschrift wie die mit dem Pinsel gezeichnete Vorlage des japanischen Holzschneiders oder die Dürersche Kielfederzeichnung zu ihrer Wiedergabe im Holzschnitt. Zwei verschiedene Künste wirken an der Entstehung der Druckschrift mit: Schreibkunst, welche die Vorlage liefert, und Formschneidekunst, welche Handschriftliches zu vervielfältigen weiß. Daran ändert nichts, daß der tatsächliche Vorgang, die Arbeitsteilung, bei der Entstehung der Druckschriften heute anders ist; daß der Schriftzeichner bereits in seinem Entwurf das Problem der künstlerischen Vervielfältigung gelöst haben muß. Wie der Reiz des klassischen Holzschnittes darin liegt, daß Messer und Stichel dem Strich Härte und Schnittigkeit geben, ohne seine Entstehung durch Pinsel und Kielfeder zu verbergen, so muß auch die Druckschrift zugleich den technischen Forderungen des Stempelschnittes, Schriftgusses und Buchdruckes gerecht werden und darf dennoch nicht auf die Federführung verzichten, welche allein der Schrift Beseeltheit und charakterologischen Ausdruck gibt[3]. Was an neuen Schriften Rasse hat, stammt aus gepflegter Schreibkunst und nicht vom zirkelnden, Programme tüftelnden Zeichner. Doch gelingen kann die Schrift nur dann, wenn auch der (leider selten genannte) Stempelschneider ein ganzer Künstler ist. Deshalb sind die geschriebenen Buchschriften aus vorgutenbergischer Zeit der Jungborn aller neuen Druckschriften geblieben.

In der Tat haben die letzten vierhundert Jahre an den Buchstabenformen wenig verändert. Bis in die zweite Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts hinein werden die Lateinschriften der ältesten Antiqua getreulich nachgebildet und von ihr nur durch die immer subtiler werdende Technik des Stempelschneiders unterschieden. Er sucht mit dem Kupferstich zu wetteifern, der den gröberen Holzschnitt verdrängt. Revolution und Empire bringen dann die betonte Senkrechte und die haarfeinen Wagerechten der Didotschen Lettern, deren Stil als französische Antiqua noch heute neben dem älteren Antiqua-Stil der Mediäval die lateinischen Druckschriften beherrscht.

Die gleichzeitig von Didot und seinem Berliner Freund Unger angestellten Versuche, aus der Fraktur eine lichtere und zierlichere Schrift zu machen, finden beim Publikum wenig Anklang und enden schließlich mit der Ungerfraktur, die etwas weiter läuft, die Senkrechte stärker betont, die Majuskeln etwas vereinfacht, das Buchstabenbild aber im wesentlichen unverändert läßt.

Ist es denn so erstaunlich, daß die kleine Schar schreibkundiger Mönche, die als Missionare unter den europäischen Analfabeten des frühen Mittelalters lebten, eher bereit war, umzulernen, als die ungezählten Millionen, die heute des Lesens und Schreibens kundig sind?

Damit wäre also die Schriftkunst zum ewigen Stillstand verurteilt? Jedoch die Entwicklungsgeschichte der Schrift lehrt uns, wie mir scheint, daß es gar nicht der Künstler gewesen ist, der die Veränderung der Schriftformen herbeigeführt hat; er hat immer nur die jeweils in der Menschheit herrschende Vorstellung von den Schriftformen, die durch ganz andere als künstlerische Gründe Veränderungen erlitten hat, künstlerisch realisiert. Bleibt diese Vorstellung durch Jahrhunderte hindurch unverändert, so bleibt dem Künstler dennoch die Aufgabe der künstlerischen Realisation. Diese ist: die künstlerische Form zu finden, die dem »bestimmten und zweckbewußten Kunstwollen« der Zeit entspricht. Das ihr eigentümliche Kunstwollen äußert sich jedoch nicht in dem, worin bewußt ein Neues und Originelles gesucht ist; sondern nur in dem Streben der Zeit nach ihrem Absolutum, nach ihrer Vollkommenheit: wie sich ja das wandelnde Kunstwollen am besten ablesen läßt an dem sich immer ändernden Urteil über das, was von den Leistungen der alten Kunst am höchsten geschätzt wird. Modern ist, was den Zeitgenossen als vollkommen erscheint; andere Zeiten denken über Vollkommenheit anders.

(Ist es nötig, zu sagen, daß sich dieses Urteil der Zeitgenossen nicht durch Majoritätsbeschlüsse feststellen läßt? Es gibt ein überindividuelles Bewußtsein in der Menschheit, das aus der Perspektive der Götter gesehen auch einen »Zusammenhang des Bewußtseins« vorstellen mag: aber es ist, nur spärlich übereinandergreifend, verteilt auf die wenigen, besten Köpfe der Zeit [und entbehrt deshalb im eigentlichen Wortsinn des Zusammenhangs]. Was dieses Bewußtsein anbetrifft, gleichen wir dem bekannten Quallenstaat, bei dem sich die einzelnen Tiere in die Funktionen des Gesamtorganismus teilen; die Funktionen des Gehirns überlassen wir der »Republik des Geistes«, die dafür ihren Magen schonen darf; und auch diese winzige Minderheit teilt sich ihr Arbeitsgebiet noch in sorgfältig abgegrenzte Kompetenzen auf.)


Wenn man dies recht bedenkt, so sieht man leicht ein, daß die Lobredner des »Alten« unserer Zeit und Kunst ebensowenig dienen wie die leidenschaftlichen Vorkämpfer für das jeweils »Neue«. So beschwerlich es auch sein mag, es bleibt uns nichts anderes übrig, als jeden am Werke irgendwie Beteiligten zum selbständigen Urteil über künstlerische Qualität zu erziehen. Solange dies Verständnis so rar ist, wie heute, wird der Auftraggeber nach den allerneuesten Schriften fragen, die noch nicht jedermann hat; und der Drucker wird gezwungen sein, das Vielerlei in seinen Setzerkästen, den schlimmsten Feind jeder guten Typografie, weiterhin ins Buntscheckige zu vermehren. »Vier vollständige Garnituren« aber »sind mehr wert als acht halbe«, sagt schon der Webersche Katechismus.

Eine Druckerei wäre allen künstlerischen Aufgaben gewachsen, wenn sie von den Lateinschriften eine schöne Mediäval mit passender Kursive hätte; vielleicht in je einem kräftigeren und zarteren Schnitte; dazu allenfalls noch eine der heute so beliebten französischen Antiquaschriften im Stile Didots; wenn sie von deutschen Schriften eine rassige Fraktur hätte (die nur mit der Mediäval, nicht mit der französischen Antiqua zusammen verwendet werden sollte); daneben aber womöglich die schöne Ungerfraktur (die sich mit der »Didot« besser verträgt). Die prächtige alte Schwabacher sollte nicht fehlen und auch eine schöne gotische Schrift wäre zu wünschen. Die Matrizen der Setzmaschinen müssen natürlich dazu passen. Die besten Künstler und Schriftgießereien unserer Zeit begnügen sich damit, diese typischen Schriftcharaktere in immer edleren Formen herauszuarbeiten.

Qualitätsurteil zu lehren, ist die dringendste und vornehmste Aufgabe aller buchgewerblichen Bildungsbestrebungen. Dazu gibt es mancherlei Mittel: mir scheint das beste zu sein, daß man aus den Schätzen der öffentlichen Bibliotheken monatlich wechselnde Ausstellungen zusammenbringe und in ihnen den im Buchgewerbe Tätigen einmal die Entwicklung der Mediäval von Sweynheim bis Fleischmann und bis zu Behrens und Tiemann vorführe; dann etwa die der Fraktur von der »Theuerdank« bis Ehmcke und Bernhard; weiterhin alle französischen Antiquaschriften von Didot, Gando bis auf unsere Zeit; auch alle Reformversuche der Fraktur von Didot, Unger bis Behrens und Weiß usf.; aber nicht nur die Schriften selbst, sondern auch ihre Verwendung im Akzidenz- und Werksatz, im Satz von Titeln, Anmerkungen, Gedichten, Dramen könnten Gegenstand einer solchen Ausstellung sein. Sachverständiger Anleitung aber müßte es obliegen, durch Frage und Antwort die Beurteilung künstlerischer Qualität praktisch zu üben.

Daneben aber sollte Schreibunterricht allen an der Buchherstellung Beteiligten Gelegenheit bieten, sich mit eigener, schaffender Tätigkeit diesen Problemen innerlichst zu verbinden; zugleich aber müßten Führungen in die Museen und Lichtbildervorträge die Beziehung zwischen der Schriftform einer Zeit und ihren anderen künstlerischen Äußerungen aufzeigen.


Von der Fähigkeit unserer Druckereien, künstlerische Absicht und künstlerischen Wert einer Schrift zu beurteilen, ist in der Auswahl ihres Schriftbestandes noch nicht allzuviel zu spüren. Zumeist ist Gutes und Schlechtes aus alter und neuer Zeit kritiklos durcheinandergemengt. Man wende nicht ein, daß man den Geschmack des Auftraggebers berücksichtigen müsse, der so verschieden sei! Diese Entschuldigung läßt man in keiner anderen Kunst gelten; die anderen Künste müssen doch auch leben. Doch wenn man noch immer aus dem typografischen Stil eines Buches weit eher den Verlag als die Druckerei erraten kann, so gibt es ja heute schon Drucker, die typografische Eigenart pflegen; sie beweisen, daß dies nicht notwendig dem Geldbeutel abträglich sein muß!

Die Unsicherheit der künstlerischen Beurteilung zeigt sich aber vollends in der unbedenklichen Vermischung nicht zusammenpassender Schriften, worin auch die berühmten Druckereien eine allzu leichte Hand haben.


Daß die Striche, aus denen die Versalien bestehen, nicht sowohl Richtungen angeben, als vielmehr Flächen umreißen, zeigt die Teilung im H, ursprünglich , und im A. Wenn beim H der wagerechte Teilungsstrich nicht etwas über, beim A nicht unter der maßstäblichen Mitte liegt, so fällt dies als ungewöhnlich auf; denn erwartet wird die Teilung der Fläche in augenscheinliche Hälften.

Ein nun auch schon zehn Jahre altes Pariser Rezept »abstrakter« Kunstübung war es, Formkontraste: rund, spitz, rechteckig gegeneinander auszuspielen wie die Farbkontraste der Komplementärfarben. Man behauptete, daß Rundes neben Spitzem runder wirke, wie sich nebeneinandergestelltes Rot und Grün zur äußersten Heftigkeit steigern. Vieles von der modernen Kunstübung ist gar nicht so verrückt, wie manche meinen, sondern nur treugläubige Befolgung solcher dogmatisch-unwissenschaftlicher Lehren.

Wer sich für die grafologische Deutung der Schriftformen interessiert, lese das Buch von Ludwig Klages: Handschrift und Charakter, J. A. Barth, Leipzig 1920.

Typografische Regeln

Aufgabe dieses Abschnittes wäre es, aufzuzeigen, wie sich das »bestimmte und zweckbewußte Kunstwollen« in der architektonischen Arbeit des Setzers äußert (und in den Jahrhunderten geäußert hat). Doch zu dieser kunstwissenschaftlichen Aufgabe fühle ich mich nicht berufen; auch würde ihre noch so summarische Erledigung wohl den zehnfachen Umfang dieses Büchleins beanspruchen. Wenn ich statt dessen typografische Regeln aufstelle, so ist dies nur ein Versuch, meine persönliche künstlerische Erfahrung mitzuteilen. Dazu eignet sich die Sprache eben nur notdürftig. Ist es schon schwer, mit Worten zur Beurteilung von bildender Kunst anzuleiten, so ist es schier unmöglich, zur künstlerischen Leistung selbst anders als durch gemeinsame, lange Werkstattarbeit zu erziehen.

Die Regeln wollen dem erfahrenen Setzer (oder dem, der den »Satz anordnet«) nichts von der Verantwortung nehmen, die er, wie jeder an der Buchherstellung Beteiligte, für alles typografische Tun und Unterlassen trägt. Sie wollen nicht blind befolgt werden, sondern zur Kritik, das heißt zum Nachdenken reizen, und sie erfüllen auch dann ihren Zweck, wenn man sich überall darzutun bemühen sollte, daß ihre Geltung höchst bedingt sei. Typografie ist ja kein Spiel, das sich auf Regeln gründet, gegen die der faire Spieler nicht verstoßen darf.

Typografische Regeln können sagen, was regelmäßig zu tun sei; sie können vor Irrwegen warnen, aber nicht in jedem Falle den richtigen Weg zeigen. Positive Leistung ist Sache des Temperaments und kann sich nur ergeben aus innerer Freiheit, aus einer durch keine Regeln, die im Gedächtnis haften, gehemmten Hingabe an das Werk, aus ungestörtem Hinhören auf das künstlerische Gewissen (oder wie man das Sunmma-Ziehende sonst nennen mag). Aber können wir denn darauf noch so unbedingt rechnen? Sind Bindungen und Hemmungen einer Konvention, einer Tradition wirklich entbehrlich? Die Gefahr, daß dadurch das Gewissen eingeschläfert werde, ist theoretisch nicht zu leugnen; aber praktisch nicht hoch zu veranschlagen, wenn es so rar ist wie heute. Wie will man sich anders vor der ohne künstlerische Skrupel und Ambitionen hergestellten Massenware retten, die uns im Leben überschwemmt, auch wenn es hier und da einmal gelingt, sie von Ausstellungen fernzuhalten? Und man fürchte doch nicht, daß Tradition die Freiheit der Kunst gefährde! Sie behindert den Künstler so wenig wie den Seiltänzer das Fangnetz, das den Abstürzenden vor dem Zerschellen bewahrt.

Die hier in größerem Schriftgrade abgedruckten Regeln hat in kaum veränderter Form das Buchhändlerbörsenblatt vor fünf Jahren veröffentlicht. Da ich den Nachdruck freigegeben habe, sind sie in zahlreichen Flugblättern unter den Setzern verbreitet. Das hat mir Dank und Anerkennung, aber auch grimmige Anfeindung gebracht. Fachlehrer und Druckerei-Faktoren haben sich empört darüber, daß ein »Künstler« es wage, über typografische Fragen mitzusprechen!

Typografie ist, ihr »Zünftigen«, Technik und Kunst! In alter Zeit, als sich das Künstlerische noch von selbst verstand, deckte ein Wort, τέχνη, beide Begriffe. Heute sind Technik und Kunst Gegensätze geworden. Vielleicht werden sie einmal durch das Wort Qualität wieder zusammengeführt. Man nennt technisch vollkommen, was in künstlerischer Beziehung noch alles zu wünschen übrig läßt! Wo der Künstler Verfall sieht, preist der Techniker den Fortschritt!

»Fachmann« dürfte sich füglich nur nennen, wer über vollkommene technische und künstlerische Erfahrung verfügt. Wie viele bleiben dann? Sie aufzuzählen, genügen die Finger einer Hand. Wir anderen sollten verträglich sein und weiterhin bereit, unsere typografischen Erfahrungen auszutauschen; immer werden sie entweder im technischen oder im künstlerischen der Ergänzung bedürfen.

Wenn sich der Architekt, der die Pläne zum Hause macht, zum Bau gehörig fühlen darf, dann bin auch ich Typograf vom Bau. »Jeder Fachmann weiß ...«, »jeder Techniker weiß ...«, so knurrt es dem »Künstler« aus jedem Fache entgegen; doch über diesen Fächern wölbt sich ja das blaue Gezelt der allen gemeinsamen ARS UNA. Davon sieht zu wenig, wer sich wie ein Maulwurf ganz in sein Fach vergräbt.

Erste Regel

Die beiden Kolumnen der Doppelseite sollen einheitlich wirken; ein gesetzmäßiger Zusammenhang soll sich in ihnen manifestieren. Deshalb ist alles Willkürliche und Launenhafte zu vermeiden; man wähne nicht, daß man durch Einfälle, welche die Erscheinung komplizieren, Geist, Fantasie oder Talent bekunde. Es ist im Gegenteil eine große Kunst und gar nicht so leicht, einfache, klare und übersichtliche Satzanordnungen zu schaffen.

Zweite Regel

Für das Verhältnis der Stege, also der inneren, oberen, seitlich-äußeren und unteren Papierränder, gibt es überlieferte Vorschriften:

halber Bundsteghalber Kreuzsteghalber Mittelstegganzer Fußsteg
I2346
II2356
III2345

Das erste der angegebenen Verhältnisse soll bei gewöhnlichen, das zweite bei splendiden, das dritte bei kompressen Ausstattungen und besonders bei Quartformaten genommen werden. Die Schriftkolumne bei Quartformaten soll das Verhältnis drei zu vier haben. Soweit durch die Anwendung dieser Proportionen das in der ersten Regel aufgezeigte Ziel erreicht wird, ist gegen sie nichts zu erinnern.

In der Kunst kommt es nicht auf irgendwie Meßbares, sondern auf das Sichtbare an; das Geheimnis des Künstlerischen liegt nicht in der Beachtung mathematisch bestimmbarer Verhältnisse; auch dort nicht, wo sie sich — wie Goldener Schnitt, Quadratur und Triangulatur des Kreises in mittelalterlicher Kunst — tatsächlich nachweisen lassen. Doch haben mathematische Formeln auch — nach anderen als den hier angegebenen Regeln — den Stand der Wiegendrucke bestimmt, und dabei gewiß keinen Schaden gestiftet. Wer diese guten (s. Z. von Oberbibliothekar Milchsack in Wolfenbüttel mitgeteilten) Verhältnisse nicht als »Regel« gelten lassen will, seiht Mücken und schluckt Elefanten. Das ihnen zugrunde liegende künstlerische Gesetz ist, daß die Doppelkolumne auf der Doppelseite als künstlerische Einheit (als das, was der künstlerischen Beurteilung vorliegt) sichtbar gemacht werden muß. Das trennende Papierweiß zwischen den Kolumnen sollte deshalb schmaler bleiben als der einrahmende, zusammenfassende äußere Rand. Daß dann der untere Papierrand breiter gehalten werde als der seitliche, ist natürliche Forderung des Auges; niemand macht es anders, wenn er ein Bild auf ein Passepartout legt. Auch wird ja hier das geöffnete Buch gehalten, und so erfüllt der breitere Rand noch praktischen Zweck. Daß endlich der obere Rand kleiner als der untere zu bemessen ist, selbst wenn er gleich groß wirken soll, erfordert jene optische Täuschung, welche auch das auf dem Kopf stehende S so: erscheinen läßt. Als Kolumne gilt das ins Auge fallende Rechteck. Der lebende Kolumnentitel wird dazugerechnet, die einzeln stehende Seitenzahl nicht.

Die Rechnung selbst ist sehr einfach: Z. B. ist bei II der untere Papierrand (6) gleich der Differenz von Papierbreite und Zeilenbreite (die 2+4 beträgt). Die Hälfte davon (3) ergibt den oberen Papierrand. Wenn also Seitenformat und Zeilenbreite bestimmt sind, kann man die Kolumnenhöhe berechnen, indem man von der Seitenhöhe das Anderthalbfache der Differenz von Seiten- und Zeilenbreite (6+3) abzieht. — Die Praxis wird natürlich immer wieder Fälle bringen, wo alle künstlerischen Erwägungen verfehlt wären und wo an nichts anderes als an den Zweck gedacht werden muß.

Dritte Regel

Die am leichtesten lesbaren Schriftgrade sind im Werksatz Borgis (Neunpunkt), Korpus (Zehnpunkt) und Cicero (Zwölfpunkt); die günstigste Zeilenbreite beträgt neun Zentimeter.

Daß bei den Brotschriften die neun Zentimeter lange Zeile bequeme Lesbarkeit am meisten begünstigt, ist experimentell nachgewiesen worden. Daraus zu schließen, daß alle Bücher in diesen Graden und dieser Zeilenbreite gesetzt werden müßten, wäre Unsinn. Große Grade verlangen breite Zeilen. Die Regel handelt gar nicht von künstlerischen Grundsätzen, sondern von einer Frage der Zweckmäßigkeit.

Es wäre jedenfalls zu wünschen, daß sich die Verleger der illustrierten Kunstbücher zu gespaltenem Satz entschlössen, statt den Leser mit überlangen Korpuszeilen von sieben Konkordanz und mehr zu ermüden.

Vierte Regel

Die oberste Zeile muß (vom Einzug abgesehen) immer die volle Breite haben (soll also kein Hurenkind sein). Der Einzug soll nicht mehr als ein Geviert betragen.

Alle Verleger, die bewußt an der typografischen Gestaltung ihrer Werke arbeiten, begnügen sich mit dem auch in Frankreich und England üblichen Geviert. Es ist nicht eben wahrscheinlich, daß bei den Verlegern und Druckern, die heute noch an den viel zu breiten Einzügen festhalten, ernsthafte künstlerische Überlegungen stattgefunden hätten. Bei mehrspaltigem Satz und eingebauten Klischees verzichte man auf jeden Einzug, um ein ruhigeres Seitenbild zu erzielen. Notwendig sind stumpfe Anfänge bei Häufung vieler kurzer Absätze, die nicht einmal eine Zeile füllen; hier müßten andernfalls ganze Teile der Seite eingezogen werden, wodurch der Zweck des Einzuges, den einzelnen Absatz zu kennzeichnen, verfehlt würde.

Der Einzug bleibt im ganzen Buche gleich groß, auch wenn einzelne Absätze oder Anmerkungen in kleinerem Grade gesetzt sind.

Der Zwischenraum zwischen den Worten soll höchstens Drittelgeviert, bei kleineren Graden mindestens Viertelgeviert betragen. Vor , . — ’ kein Spatium, vor ; : ? ! sowie nach , . — ’ ein dünnes Spatium, nach ; : ? ! etwas mehr Spatium als bei den übrigen Zwischenräumen. Beim Satzschluß doppelten Zwischenraum zu setzen, ist falsch.

Ein Kritiker hat dagegen eingewendet, daß doch der Leser nach jedem Satz Atem holen müsse! Wer hindert ihn daran? Ist etwa das Atemholen mit dem weißen Loch nach jedem Punkt, das die schlecht gesetzte Seite hat, automatisch-pneumatisch verbunden wie mit dem Loch im Papierstreifen der Letterguß bei der Monotype? Es gibt so viele gut gesetzte Bücher ohne dieses Lochsystem; sie haben noch keinem Asthmatiker Beschwerde gemacht.

Der Satz soll dem Auge gleichmäßig erscheinen. Man treibe nur aus, wenn es gar nicht anders geht, und vermindere lieber! Zuerst nach dem Komma, dann vor Großbuchstaben, sodann bei den übrigen Buchstaben mit Fleisch: o v w, hinter r y usw. Bei Interpunktionen, zumal satzschließenden, nehme man womöglich nicht heraus. Wo erweitert werden muß, geschieht es in umgekehrter Reihenfolge; also zuerst bei Interpunktionen mit Ausnahme des Kommas; sodann bei den Ober- und Unterlängen q f b h k l p t, darauf bei den übrigen Kleinbuchstaben, zuletzt bei den Großbuchstaben und dem Komma. Zwischen d und l ist der Wortzwischenraum weiter zu halten. Bei o e s c nehme man immer ein Viertel- statt eines Drittelgeviertes. Das Fleisch bei y w A L Y W usw. ist zum Zwischenraum hinzuzurechnen. Bei Fraktur ist sinngemäß zu verfahren. Nach » und vor « Spatium; bei .— und ,— vor dem Gedankenstrich kein Spatium, bei ;— :— !— ?— Haarspatium. Als Anführungsstriche setze man statt der gebräuchlichen „“ besser die in der m-Höhe bleibenden »«. Versalienzeilen müssen immer durch Spatien und Kartenspäne dem Bilde nach ausgeglichen werden.

Dieses Ausgleichen (mit Punkt-, Halbpunkt- [Messing-] Spatien und Kartenspänen) wird namentlich bei den Personennamen im Dramensatz versäumt. Auch bei großen Frakturzeilen auf Titeln und in Rubrikzeilen ist es zuweilen erforderlich.

Die hier flüchtig skizzierten Ausschlußregeln besagen mit einem Wort: Drittelsatz![1] Das ist eine Kunst, Ehrgeiz und Prüfstein des denkenden Setzers. Der wird nicht erst beim Ein- und Ausbringen, sondern vielfach schon beim Setzen selbst ganz gefühlsmäßig der Forderung nach gleichmäßigem Zeilen- und Seitenbild gerecht werden. Dem Setzer der Handpressen stehen dazu verschieden breite Bilder für einzelne Buchstaben zur Verfügung.

Drittelsatz kostet 7½ Prozent mehr als der Satz mit Halbgevierten; aber so wenig wie der Verleger mit der Ersparnis rechnet, die er beim Druck auf Klosettpapier machen könnte, so wenig möge er an die 7 Prozent denken, um die der Satz mit Halbgevierten billiger ist.

Von Klammern wird zuviel Gebrauch gemacht. Ganze Zeilen einzuklammern, etwa bei Bilderunterschriften:

ANNA BOLEYN

(Nach einem Gemälde im Windsor Castle zu London)

ist unnötig und wirkt pedantisch.

Auch bei szenischen Bemerkungen im Dramensatz haben diese Klammern (und die winzigen Schriftgrade) nur dann Berechtigung, wenn die Angaben für den lernenden Schauspieler bestimmt sind. Es gibt weniger brutale Mittel, dem Leser das gesprochene Wort kenntlich zu machen. Der Doppelpunkt nach Versalien im Dramensatz kann immer wegbleiben.

Bei Übersetzungen findet man oft sinnloserweise den Gedankenstrich übernommen, mit dem in französischen Büchern der Absatz in direkter Rede beginnt.

Fast alle Gedankenstriche sind um ein Drittel zu lang!


Ein von mir im Stuttgarter Grafischen Klub gehaltener Vortrag hat die erfreuliche Wirkung gehabt, daß sich Gehilfen und Prinzipale zusammengesetzt haben, um ausführliche Regeln für den Werksatz auszuarbeiten. Ich verweise auf das kleine, von der Fachschule für das Buchdruckgewerbe herausgegebene Heft und empfehle allen Verlegern, denen am guten Satz ihrer Bücher liegt, es dutzendweise kommen zu lassen und an ihre Druckereien zu schicken. Der geringe Aufwand wird sich bezahlt machen. Als normaler Wortzwischenraum wird bei Nonpareille Halbgeviert, bei Brotschriften Drittelgeviert (auch bei Antiqua!), bei größeren Graden und schmalen Schriften und solchen mit kleinem Bild Viertelgeviert angegeben. Aus einer Fülle fachmännischer Erfahrung wird nun in zahlreichen Einzelanweisungen gesagt, was der Setzer zu tun hat, um das Fleisch der Buchstaben und Zeichen beim Ausschließen zu berücksichtigen. Geringfügige Einzelheiten, mit denen ich nicht übereinstimme, wird der aufmerksame Leser selbst finden.

Fünfte Regel

Bei Schriften mit langen Ober- und Unterlängen ist stark durchschossener Satz zu empfehlen. Die Zeilen müssen sich klar voneinander lösen; es dürfen weder durch große Wortzwischenräume helle, noch bei kompressem Satz durch die Ober- und Unterlängen dunkle Gießbächlein entstehen.

Sechste Regel

Initialen müssen (besonders unten) Linie halten:

Einen interesselosen Gegenstand gibt es nicht auf dieser Welt, wohl aber Menschen, die sich für nichts interessieren. Nichts ist nötiger, als die Langweiligen zu verteidigen. Als Byron

Die zweite Zeile soll nicht eingezogen werden. Einige fordern auch bei der Fraktur, daß der auf die Initiale folgende Buchstabe eine Majuskel sei. Bei der Antiqua kann das erste Wort, sogar die ganze erste Zeile in Versalien gesetzt werden.

Über das Einziehen der zweiten und dritten Zeile bei Initialen, die über zwei und drei Zeilen reichen, wird viel gestritten. Unsinnig ist die Begründung dieses Einzuges mit der Rücksicht auf einen idiotischen Leser, der die Initiale auf eine andere als die erste Zeile beziehen könnte.

Zeigt die Initiale handschriftlichen Schwung, so darf sie über die obere Zeile und seitlich über die Linie des Satzspiegels hinausragen. Wie weit ein solches Hinausgehen über die Linie auch bei gewöhnlichen Initialen nötig ist, damit der Satzspiegel keine Einbuchtungen erleide, entscheidet in jedem Falle das Bild.

Wenn Kapitelanfänge große Initialen haben, sind bei den folgenden Absätzen, die ohne Initialen beginnen, stumpfe Anfänge vorzuziehen: namentlich dann, wenn sonst (bei vielen kurzen Absätzen) mehrere Einzüge mit der Initiale auf die gleiche Seite zu stehen kämen.

Soll durchaus eingezogen werden, so fängt man auch das Kapitel besser mit Einzug und kleiner, auf der Zeile beginnender Initiale an.

Siebente Regel

Inhaltsverzeichnisse punktiere man mit nicht zu weiten Zwischenräumen oder in rhythmischer Zusammenfassung aus, z. B. so:

Das Wörtchen SEITE über den Ziffern könnte immer wegbleiben. Stellung und Satz des Wortes INHALTSVERZEICHNIS oder dgl. werden auf die Behandlung der Anfangskolumnen im Buche Rücksicht nehmen müssen. Besteht das Inhaltsverzeichnis nur aus kurzen Schlagworten und den Seitenzahlen, so empfiehlt es sich, die Zeilenbreite nicht auszunutzen (wenn nicht gespaltener Satz vorzuziehen ist).

Man kann die Inhaltsangabe auch in einen Rahmen von der Satzspiegelgröße des Buches setzen; oft wird man den Zeilenabstand durch kräftigen Durchschuß vergrößern müssen, damit Rahmen und Schriftblock in den Verhältnissen harmonieren.

Wenn nicht zwingende Gründe dagegen sprechen, setze man den Inhalt in der Grundschrift des Buches und im gleichen Grade. Hier wie immer möglichst wenig verschiedene Schriften! Möglichst wenig verschiedene Schriftgrade! Im Buch sowohl wie im Akzidenzsatz!

Um die Disposition im Inhaltsverzeichnis sichtbar zu machen, genügen sehr kleine Einzüge. Man bedenke, daß nicht die absoluten, sondern die relativen Unterschiede bemerkt werden! Immer ist ein ruhiger, nicht zerrissener Umriß anzustreben.

Achte Regel

Wenn gleichmäßig eng gesetzt wird, sind Worttrennungen unvermeidlich; sie sind fast nach jeder Silbe erlaubt. Indes wird es ein geschickter Setzer zu verhüten wissen, daß sie allzuoft vorkommen. Die letzte Zeile einer Kolumne sollte nie mit einer Trennung endigen. Kurze zweisilbige Worte werden nicht abgeteilt. Verpönt sind vollends Trennungen wie E. R. ǁ Weiß oder Mr. ǁ Johnston oder St. ǁ Quentin oder Eduard ǁ VII.

In einer Besprechung kommentierte das Buchh.B.B. diese Regel treffend: »Wo erhöhter Wert auf gleichmäßiges Ausschließen gelegt wird, muß manche schlechte Wortteilung mit in Kauf genommen werden.«

Auch im Maschinensatz ließe sich durch häufigere Worttrennungen ein besser ausgeglichenes Seitenbild erzielen, wenn man der Qualität nur etwas von der Quantität der Tagesleistung opfern wollte.

Ein Monotypesetzer der Ansbacher Firma Brügel und Sohn hat, um trotz der mechanischen Erweiterung zu einem das Fleisch berücksichtigenden Ausschließen zu kommen, im Matrizenrahmen einige Großbuchstaben umgestellt.

Neunte Regel

Das Hervorheben durch fette Schriften ergibt selten ein gutes Seitenbild. Besser verwendet man dazu bei Antiqua Kursive, Versalien oder Versalien mit Kapitälchen; bei Fraktur mit Haarspatien gesperrten Satz. Ein Schriftsteller, der von diesen typografischen Mitteln allzuviel Gebrauch macht, verrät damit, daß er der Ausdrucksfähigkeit seiner Worte mißtraut.

Hervorheben unterbricht den Rhythmus und zerstört die Einheitlichkeit und die ruhige Wirkung der Seite. Aufgabe der künstlerischen Typografie ist es deshalb, so unauffällig wie möglich hervorzuheben. Künstlerischer und praktischer Zweck sind hier im Widerstreit: ob man den einen oder andern ganz opfern oder einen Ausgleich suchen soll, muß von Fall zu Fall entschieden werden.

Man sieht im Katalogsatz oft gesperrte, fette Schriften, wodurch der gesperrte Satz und die fette Schrift übertrumpft werden sollen (etwa bei Autorennamen, wenn die Buchtitel fett gedruckt sind). Da gesperrter Satz in der Kolumne Hervorheben durch größere Helligkeit, fetter Satz Hervorheben durch größere Dunkelheit bedeutet, so läßt sich die Wirkung durch gesperrten und zugleich fetten Satz nicht steigern.

Zehnte Regel

Bei der Titelei strebe man danach, daß die Zeilen einen ruhigen geschlossenen Umriß erhalten; sie dürfen nie breiter sein als der Satzspiegel; dessen obere und untere Begrenzung durch volle Zeilen zu bezeichnen, ist immer vorteilhaft. Wenn das Manuskript es gestattet, gebe man den Titelzeilen den Umriß eines Rechteckes oder eines mit der Spitze nach unten zeigenden Dreiecks. Bei reichlichem Text ordne man die Zeilen des Untertitels rautenförmig an, oder man setze den ganzen Titel licht, gesperrt, mit kräftigen Akzenten unter Vermeidung von Gruppenbildungen dergestalt, daß man etwa dem ungefähren Umriß einer Vase oder eines Bechers folgt. Einrahmungen durch Linien oder gesetzten Schmuck ergeben bei längeren Titeln immer ein besseres Bild. Es ist zu versuchen, alles, was nicht unbedingt zum Titel gehört, auf eine eigene Seite zu bringen. Die Rückseite des Titels soll frei bleiben. Den Schmutztitel setze man in eine Zeile; bei Antiqua in nicht zu großen Versalien, bei Fraktur in Cicero oder Korpus gesperrt. Interpunktionszeichen werden auf den Titeln gewöhnlich nicht gesetzt; man will sie aber wieder einführen. Bei kurzen Titeln und bei römischen Versalien sind sie entbehrlich.

Der in den schönsten Schriften gesetzte Titel verunstaltet ein Buch, wenn keine Rücksicht auf die Grundschrift genommen wird. Auch berühmte Drucker sündigen dagegen. Die größeren Schriftgrade des Titels und der Rubrikzeilen müssen zu der Grundschrift des Buches passen. Sie müssen deshalb nicht unbedingt von der gleichen Garnitur sein. Oft ist man durch Rücksicht auf leider Vorhandenes gezwungen, mit einer zweifelhaften Brotschrift fürliebzunehmen. Dann verwende man diese in den kleineren Graden (etwa bis Korpus) ausschließlich, da es hier in erster Linie auf die ruhige Schwarzweißwirkung ankommt, in den größeren Graden aber (etwa von Cicero an) ausschließlich eine dazu passende, ähnliche Schrift von reizvollerem Duktus. So läßt sich neben gewöhnlichen Schulfrakturen die »Leibniz« oder »Breitkopf« (aber nicht etwa die »Unger«!) verwenden, neben der Offenbacher Schwabacher etwa die magere Kochfraktur. Jedoch führe man die Trennung folgerichtig durch und verwende niemals gleichzeitig einen und denselben Schriftgrad aus beiden Schriften. Einheitliche Verwendung einer schöneren Schrift ist natürlich besser!

Freilich wäre zu wünschen, daß die zu den Rubrikzeilen gebrauchten größeren Grade weniger steif und schwer hergestellt würden, als es heute üblich ist.

Fordert das Manuskript dazu auf, eine Zeile in römischen Versalien zu bringen, so führt man am besten diese Setzart im ganzen Titel durch. Man vergesse nicht, daß bei der Antiqua Großbuchstaben und Gemeine verschiedene und verschiedenen Zeiten entstammende Schriften sind. Versaliensatz ist römisch, inschriftenhaft, feierlich. Im Satz mit Gemeinen dürfen Versalien nur vereinzelt, als Auszeichnung vorkommen. Interpunktionszeichen im Versaliensatz stören, insbesondere die kleinen , . ; : usf. Man sollte nur den Punkt auf halber Höhe (·), allenfalls den schrägen Strich (/) verwenden. Auch beim &-Zeichen sei man wählerisch und nehme etwa das allerliebste der Tiemann-Antiqua.

Interpunktion bei Titeleien! Eine recht verfahrene Angelegenheit! Daß bei großen Schriftzeilen der Punkt häßlich wirkt, ist unbestreitbar. Doch geht es auch nicht an, am Schluß langer Titel, die mit Kommas und Semikolons gespickt sind, den Punkt einfach zu unterschlagen. Man suche deshalb Verständigung mit dem Autor. Der Titel läßt sich meistens so redigieren, daß die Interpunktion wegbleiben kann.

Logische Unklarheit im Titelsatz erschwert dem Setzer die Arbeit ungemein. Sprachlich gut gebildete Titel lassen sich fast immer gut setzen. Wie schön wirkt die von genügend freiem Raum umgebene, kräftige, prangende Titelzeile! Doch wenn sich ein lendenlahmer Haupttitel auf viele erklärende Untertitel stützen muß, dann bekommt die Druckerei gewiß zu hören, daß sie nicht einmal einen wirksamen Titel setzen könnte.

Auch hier sei daran erinnert, daß bei Versalien nicht nur der seitliche Abstand, sondern auch das senkrechte Übereinander dem Bilde nach gesetzt und ausgeglichen werden muß! — Manche halbfette und fette Antiquaschriften taugen in ihren kleineren Graden nicht zu Versaliensatz, weil die M und W zu voll sind.

Ein gutes Verlagssignet erleichtert den Titelsatz ungemein; doch ist eine besonders intime Wirkung nötig. Ist das Signet zu schwer, so kann man sich helfen, indem man es allein farbig druckt.

Künstlerische Aufgabe ist es, die einfachste, die am leichtesten faßliche Form, den ruhigsten Umriß zu finden. Man vergesse nicht, daß es außer der harten (gleichsam greifbaren) auch die weiche, malerisch aufgelöste (abstrakte) Silhouette gibt. Man suche die Form, in welche der Titel sich zwanglos von selbst zu fügen scheint, auch wenn man lange suchen muß! Man gehe nicht von einer vorgefaßten Formidee aus; auch zwänge man den Titel nicht dadurch in eine Form, daß man die Zeilen um etwas mehr oder etwas weniger sperrt. Wenn Unterschiede im Sperren und in den Zeilenabständen gemacht werden, müssen sie nicht nur durch den Wortsinn, sondern auch für die Anschauung motiviert sein!

Das Grundübel des heutigen Titelsatzes ist, daß man nichtzusammenhängende Teile statt einer künstlerisch gestalteten Einheit gibt. Gruppen, die sich in natürlicher Weise aus der Einheit der gesamten Titelseite ergeben und wieder zu dieser Einheit hinführen, stören nicht, wohl aber alle Gruppen, etwa rechteckige Blöcke, die als Teilformen ins Auge fallen und keine augenfällige Beziehung zur Gesamtform zeigen.

Steht ein Titelbild gegenüber, so kann man um den Titel nur dann einen Rahmen in Satzspiegelgröße legen, wenn auch das Bild dieses Format hat, oder wenn es so klein ist, daß man es in einen gleichgroßen Rahmen setzen kann. Jedenfalls vermeide man auf der Doppelseite zwei Rechtecke verschiedenen Maßstabes!

Zum Schluß noch ein tröstliches Wort über Proportionen, Zeilenfall und optische Mitte; Begriffe, die in Abhandlungen über den Titelsatz eine große und oft unverständlich bleibende Rolle spielen.

Die optische Mitte fällt, wenn wir die Kolumne durch senkrechte Mittelachse in zwei Hälften teilen, mit der meßbaren Mitte zusammen, teilt also eine neun Zentimeter breite Zeile in zwei Hälften von je viereinhalb. Wenn wir aber die Kolumne durch wagerechte Mittelachse der Höhe nach halbieren wollen, so vertrauen wir entweder unserem Augenmaß, wodurch dann die obere Kolumnenhälfte einige Zeilen weniger erhält als die untere; oder wir teilen mit Zirkel, Maßstab oder Zeilenzähler. Dadurch wird zwar beiden Hälften die gleiche Anzahl Zeilen zugemessen; das Auge jedoch wird sich niemals von der Gerechtigkeit dieser Teilung überzeugen lassen. Wo die meßbare Mitte dieser Seite ist, zeigt jedes Zentimetermaß sofort; die optische Mitte ist noch leichter zu finden: sie ist, verehrter Leser, genau dort, wo du jetzt, ohne den Maßstab zu fragen, die maßstäbliche Mitte vermutest. Für alle künstlerischen Erwägungen kommt nur sie in Frage.

Über den Zeilenfall sind ganze Bücher geschrieben worden; doch ist mit ihnen nicht viel anzufangen. Das Auge an die Beurteilung guter Verhältnisse zu gewöhnen, erfordert die gleiche jahrelange Übung, die zur Ausbildung des musikalischen Gehörs nötig ist. Ohne hier die Frage erörtern zu wollen, ob für das Dogma vom Goldenen Schnitt, von der Quadratur und Triangulatur des Kreises nur der Schatten eines wissenschaftlichen Beweises erbracht worden sei, kann getrost behauptet werden, daß Beschäftigung mit dieser Zahlenkabbala dazu verlockt, mit Zentimeter und Goldenem Zirkel (einem Instrument, das jede Strecke nach den Verhältnissen des Goldenen Schnittes einteilt) zu arbeiten. Das stumpft aber den Blick ab, anstatt ihn zu immer feineren Unterscheidungen zu erziehen; zuletzt läßt man sich nur noch von begrifflichem Denken und fragwürdigen Theorien leiten. Es gibt kein besseres Mittel, gute Verhältnisse sehen und schaffen zu lernen, als kunstwissenschaftliche Führungen zu den Bauwerken und in die Museen. Möchten die typografischen Bildungsverbände dem Beispiel der (von H. K. Scholl geleiteten) Münchner Typografischen Gesellschaft folgen, die in diesem Winter damit den rühmlichen Anfang gemacht hat.

Elfte Regel

Vorwort und Einleitung können, wenn sie nicht zu lang sind, auch in einem größeren Grad oder in Kursive oder reichlich durchschossen gesetzt werden. Die Paginierung der Titelei mit römischen Ziffern ist nur bei geringer Seitenanzahl zu empfehlen; Ziffern in Kursive oder in Parenthese können sonst verwendet werden.

Zwölfte Regel

Lebende Kolumnentitel können entweder frei über der Kolumne stehen oder durch Linien von ihr getrennt werden. Auch können sie oben und unten durch Linien eingerahmt werden. Die im Buch verwendeten Linien dürfen nicht zu fein sein.

Steht der lebende Kolumnentitel zwischen Linien, so hat die obere eine ganz andere Aufgabe als die untere; sie hat das Ganze oben abzuschließen und muß deshalb kräftiger sein (z. B. fett-stumpffein), während die untere nur eine Trennung innerhalb der Einheit vollzieht und deshalb schwächer sein muß (z. B. stumpffein).

Läßt man jedoch die Linie oberhalb des Kolumnentitels fort, so darf dafür die untere getrost kräftig sein (z. B. fett-stumpffein), weil nun jeder Vergleich mit anderen Linien wegfällt. Eine in der Mitte anschwellende sogenannte englische Linie eignet sich dazu nicht; diese bedächtige und nachdrückliche Betonung der Mitte hat hier keinen Sinn.

Fast immer ist der Zwischenschlag, der die Linie von der Kolumne trennt, zu groß!

Man verwende so wenig verschiedene Linien wie möglich! Stets prüfe man, ob die Schrift nicht ein besonderes Verhältnis von fetten zu feinen Linien oder gar absolute Ausmaße der Linienstärken fordere; Didot-Antiqua verlangt andere Linien als halbfette Mediäval.

Legt man um eine Prospektseite Linienrahmen, so ergibt sich dieses Bild: der hohe rechteckige Schriftblock; darum der Rahmen; zwischen beiden ringsum ein schmaler Streifen weißen Papieres. Sollen nun im Schriftblock Unterabteilungen gemacht werden, so steht der Setzer vor der Wahl: entweder dieses Bild zu erhalten; dann müssen die Trennungslinien innerhalb des Blocks die Zugehörigkeit zu ihm (und nicht zum Rahmen) zeigen, also etwa schraffierte oder Doppellinien in Zeilenbreite mit wenig Abstand von den Zeilen; oder den Rahmen in einzelne Fächer aufzuteilen. Jedes Einzelfach ist dann gefüllt von einem Schriftblock, der wieder ringsum von schmalen weißen Streifen eingefaßt ist. Ein übersichtliches System dieser trennenden und zusammenfassenden Linien zu schaffen, wird dem Typografen immer besser gelingen, je mehr ihm aufgeht, daß auch in der Kunst (also »ohne Worte«) logisch gedacht werden muß. Man ist dem Geheimnis des Künstlerischen auf der Spur, wenn man nicht danach fragt: ist dies schön? ist dies häßlich? sondern vielmehr: ist dies folgerichtig gedacht? folgerichtig gesehen?

Bei lebenden Kolumnentiteln wird die Pagina an den oberen äußeren Rand gerückt. Sonst gehört sie immer in die Mitte.

Die im Überschlag alleinstehende Pagina faßt man gern in wagerechte Striche, die im Unterschlag stehende in Sterne ein, um das Seitenbild abzurunden. Das Herausstellen großer Seitenziffern kann bei Nachschlagewerken erforderlich sein. Maßnahmen, deren praktischer Zweck so ohne weiteres ersichtlich ist, lassen sich fast immer durchführen, ohne das Auge zu beleidigen. Es ist aber kein zwingender Grund vorhanden, die Pagina überall wie angeleimte Kommoden-Füße seitlich unter die Doppelkolumne zu stellen; das in keiner Konvention befangene Auge erwartet sie jedenfalls in der Mitte.

Der Text des Kolumnentitels kann bei Antiqua in Kapitälchen oder Versalien eines kleineren Grades der Textschrift gesetzt werden; oder in Kursive oder Kursivversalien; bei Fraktur meistens gesperrt in größerem, besser in gleichem oder nur wenig kleinerem Grade.

Anfangskolumnen mit Überschlag haben keine Kolumnentitel; die Pagina kann in Parenthese, nach der Mitte ausgeschlossen, in den Unterschlag gesetzt werden.

Daß die Höhe des Vorschlages einschließlich der Rubrikzeilen ein Fünftel der Seitenhöhe nicht überschreiten dürfe, ist ein künstlerisch nicht zu begründendes Vorurteil.

Dreizehnte Regel

Bei Fuß- und Randnoten sind, wenn mehrere Noten auf einer Seite zusammenkommen, als Hinweis im Text freistehende Bruchziffern, bei der Note selbst aber Vollziffern zu nehmen. Statt Ziffern kann man auch Sternchen, Kreuz, Doppelkreuz, Paragrafenzeichen usw. verwenden.

Die Note wird entweder mit durchgehendem Strich oder nur durch hinreichenden Abstand vom Text getrennt.

Marginalien von mehreren Zeilen schließt man in die Mitte aus, oder man lehnt sie an die Kolumne mit frei gegen den Papierrand auslaufenden Zeilen an.

Bei der Note selbst Bruchziffern zu nehmen, ist ein zu Unrecht verteidigter Zopf; ebenso ist der eine Konkordanz lange Strich über der Anmerkung schlechte Gewohnheit. Sinnlos ist es auch, die einzige Anmerkung auf einer Seite mit 1 zu numerieren.

Der Durchschuß bei den Anmerkungen ist so groß zu nehmen, daß sie nicht heller und nicht dunkler wirken als die Grundschrift. Bei Ausgangskolumnen schließt man die Noten gleich dem Text an und trennt sie nicht durch eine Schlußlinie von ihm.

Vierzehnte Regel

Durch eine in winzigen Schriftgraden gesetzte ausführliche Norm werden die meisten Bücher verunstaltet. Um Verwechselung beim Zusammentragen zu vermeiden, genügt durchaus Kennzeichnung der Bogen durch die Anfangsbuchstaben des Autors oder Titels.

Fünfzehnte Regel

Arabische Ziffern sollen Ober- und Unterlängen haben. Ihr Bild ist meistens so klein, daß man sie mit dem gleichen Schriftgrad nicht gut zusammen verwenden kann. Römische Ziffern dagegen sind viel zu groß, wenn man anstatt der Kapitälchen Versalien gleichen Grades benutzt.

Man hat dagegen eingewendet, daß Versalien mit Mediävalziffern ein schlechtes Bild gäben. Aber Mischung von römischen Versalien und arabischen Ziffern ist immer eine stilistische Ungeheuerlichkeit. Wo sie einmal unvermeidlich ist, wähle man Ziffern von wesentlich größerem Grade und ausgesprochenem Mediävalcharakter, deren Rundungen denen der Antiqua am ehesten gleichen, und mildere das strenge Bild reiner Versalien durch Mischung mit Kapitälchen.

Bei Titeleien mit Versaliensatz isoliere man die Jahreszahl, indem man sie auf eine Zeile für sich stellt. Besser aber setze man sie dann in römischen Ziffern. Andere Zahlen schreibe man aus (MIT VIERUNDSECHZIG ABBILDUNGEN).

Das Durchscheinen des Widerdrucks ist ein Übelstand, den der typografische Künstler in Rechnung stellen muß. Erforderlich ist zunächst genauestes Registerhalten beim Drucken! (Das Kriterium der drucktechnischen Qualitätsarbeit!) Bei aller berechtigten Abneigung gegen überflüssigen Linienkram und Zierate wird in jedem Falle zu prüfen sein, ob nicht doch sichtbare Abgrenzung des grau durchscheinenden Widerdrucks ratsam sei.

Auch beim Gedichtsatz empfiehlt es sich deshalb, die Satzspiegelbreite nach dem Durchschnitt der längsten im Buche vorkommenden Zeilen zu bemessen. Es kommt dabei gar nicht darauf an, daß einzelne ein bis zwei Zentimeter über den Spiegel herausragen. Wenn man nun alle Gedichte am linken Rand, ohne einzurücken, beginnen läßt, so wird man ein besseres Bild erzielen als bei dem konventionellen In-die-Mitte-Ausschließen nach der längsten Zeile jeder Seite, womöglich jeden Gedichtes. Der durchscheinende Widerdruck gibt rechts die andere Grenze des gleichmäßig durch das ganze Buch gehenden Satzspiegels an, und die vereinzelten darüber hinausgehenden Zeilen brauchen keineswegs zu stören.

Von der Illustration in Büchern und Zeitschriften

Das illustrierte Buch ist so alt wie das Buch selbst. Schweigen wir von der Köstlichkeit asiatischer und mittelalterlicher Bilderhandschriften! Wie saftig sind noch die Holzschnitte der ältesten Druckwerke! Wie reizvoll die Kupfer des achtzehnten Jahrhunderts! Gleichviel ob sie Novellen, Historien, Dramen illustrieren oder als belehrende Abbildungen in Kräuterbüchern, Reisebeschreibungen oder wissenschaftlichen Werken verstreut sind. Geistiges wird nicht immer »emporgezüchtet«; es springt oft wohlgestaltet in die Welt wie Pallas Athene aus dem Haupte des Zeus; doch ohne die ewige Jugend der Göttin.

Erst Fotografie und fotomechanische Technik scheiden die künstlerische Illustration von der lediglich abbildenden. Noch hat keiner das Unheil geschildert, das diese Erfindung in der neueren Kunst angerichtet hat. Die Zeit des Naturalismus liegt nicht so weit hinter uns, in der man schreiben konnte, Malerei werde bald durch Farbenfotografie völlig ersetzt werden. Doch auch die Flucht moderner Künstler vor der »Natur« ins Abstrakte war wohl nur Flucht vor der Fotografie. (Diese aber vermag nur die Erscheinung, eine zufällige Erscheinung der Dinge abzubilden; mechanisch abzubilden, weil sie ja »unmittelbar gegeben« ist. Der bildende Künstler dagegen, der es mit der Form zu tun hat, kann diese nicht »abbilden«; sie muß ja erst in geistiger Arbeit »gebildet« werden.)

Wir sind (hoffentlich) wieder so weit, daß ein vom Künstler auf Stein gezeichnetes oder auf Kupfer radiertes Bildnis dem kaum noch wohlfeileren Lichtbild vorgezogen wird; aber die fotografische Reproduktion des Kunstwerkes, das in seiner Einfalt und Einmaligkeit allen Vervielfältigungsbemühungen fotomechanischer Technik widersteht, wird noch immer mit der künstlerischen Leistung selbst verwechselt; und ist doch nur, wie Kino und Grammofon, wissenschaftliches Studienmaterial, dessen kunstpädagogischer Wert oft von Bleistiftzeichnung oder Konturstich übertroffen wird; ein Kunstgenuß gar nicht unbedenklicher Art! Jeder Zweifel an dieser problematischen und eher unheilvollen Kunstmechanik scheint durch unsichtbare Regie des investierten Kapitals sorgfältig aus dem Bewußtsein der öffentlichen Meinung ferngehalten zu werden.

Wie oft verdirbt der Verleger die Stimmung, die von der edlen Schrift und den guten Verhältnissen einer gepflegten Druckseite ausgeht, durch Einschaltung unkünstlerischer Abbildungen (Phylloxera illustratrix, nannte es Hofmiller)! Spekuliert man auf die Gewinnler, welche heute Bücher mit Lederrücken meterweise kaufen, um ihre neuen Bücherschränke zu füllen und vielleicht einmal in dem einen oder anderen die »Bilder« zu besehen? Von fotomechanischen Techniken kann man allenfalls die Strichätzung gelten lassen. Ihre Unzulänglichkeit wird immer nur bedauernd feststellen, wer sie mit der Federzeichnung des Originals vergleichen kann. Die verkleinerte Wiedergabe eines Striches führt zur grafologischen Unmöglichkeit mechanisch verkleinerter Handschrift. Kleine Handschriften haben einen anderen Formcharakter, eine andere Federführung als große. Dazu kommt, daß die Verkleinerung den Strich schmaler und deshalb heller macht; und dadurch der Zeichnung eine gefälschte Schwarzweißwirkung gibt.

Doch hat diese Technik auch einen besonderen grafischen Stil geschaffen; wer es vermag, wie Beardsley, Heine, Gulbransson, Preetorius, seiner natürlichen Handschrift die Maske der Kalligrafie anzulegen und sich mit Ironie und Grazie in ihr zu bewegen, hat von den gefährlichen Eigenschaften der Strichätzung nichts zu fürchten. Unerträglich aber sind die Nachahmer dieses »linearen« Stils, welche Kalligrafie mit dem trockenen Ernst eines Musterknaben betreiben. Die mannigfaltigen Techniken des Steindrucks: das Zeichnen mit Feder oder Kreide auf glattem oder gekörntem Stein oder auf Umdruckpapier, besonders auch die Gelatineradierung mit konisch geschliffenem Diamanten bieten dem Zeichner so viele Ausdrucksmittel, daß sie die Strichätzung entbehrlich machen.

Ursteinzeichnung, Radierung, Stich, Holzschnitt und Holzstich sind die Techniken der künstlerischen Illustration. Bei der scheinbaren Armut ihrer Mittel sind sie recht eigentlich die Kammermusik der bildenden Kunst. Ich zähle dazu nicht den Originalholzschnitt allein. Ist der Künstler sein eigener Formschneider, so wird er nur selten die Feder- oder Pinselzeichnung auf dem Holzstock nachzeichnen; sein Temperament wird ihn vielmehr hinreißen, ohne Vorzeichnung unmittelbar mit Stichel und Messer das Holz zu bearbeiten; also mit weißen Strichen und Flächen auf dem dunkel-druckenden Grunde des Stockes zu wirken; er wird den Holzstich dem eigentlichen Holzschnitt vorziehen. Der klassische Holzschnitt, den wir aus Japan, aus Dürers Zeit und in einer nicht ganz einwandfreien Renaissance aus der Schule Bewicks kennen, löst das Problem künstlerischer Reproduktion; er läßt Pinsel oder Kielfeder, das Gerät des Zeichners, und seine persönliche Handschrift erkennen und verleugnet doch nicht das Werkzeug des Formschneiders. Dringende Aufgabe der Verleger wäre es, die in wirtschaftlich-hoffnungslosem Wettbewerb mit fotomechanischen Verfahren zu technischem Raffinement entartete Holzschneidekunst vor neue Aufgaben zu stellen, die sie in Verbindung mit den besten Grafikern unserer Zeit brächte.

Vom Holzschnitt nach der mit breitgeschnittener Kielfeder gezeichneten Vorlage oder vom Originalholzschnitt, der mit der Schwarzweißwirkung der Druckseite rechnet, kann allein Harmonie von Schrift und Bild im Buche erwartet werden. Die auf andere Weise, durch Strichätzung nach verquälter Federzeichnung entstandenen »dekorativen« Illustrationen der letzten zwanzig Jahre haben ihrer löblichen Absicht, sich der Druckschrift anzupassen, so schwere Opfer an künstlerischer Qualität gebracht, daß der Typograf gern seine Ansprüche an den grafischen Stil zurückstellen und zufrieden sein wird, wenn die Illustration gute Grafik ist; daß die Grafik auch gute Illustration werde, läßt sich so wenig erzwingen wie Freskostil in der Malerei.

Die typografische Aufgabe wird dadurch erschwert; wenn aber der Illustrator in seinen Vollbildern nur einigermaßen den Satzspiegel ausfüllt, ist schon viel gewonnen. Dem oft ganz lockeren, aufgelösten Umriß moderner Grafik darf nicht die harte Silhouette einer schweren, kompakten Kolumne gegenübergestellt werden. Das Seitenbild bei ruhigem Umriß malerisch aufzulockern, bieten sich im Gedicht- und Dramensatz viele Möglichkeiten (wobei mit dem Durchscheinen des Widerdrucks gerechnet werden darf). Aber auch der glatte Satz kann durch Auswahl der Schrift und des Durchschusses zu ruhiger Helligkeit aufgelöst werden.

Das Streben nach monumentaler Wirkung verleitet oft zur Verwendung großer Schriftgrade von starrem, gußeisernem Duktus; diese Nachbarschaft verträgt die zarte Intimität des grafischen Striches selten. Bei neueren Druckschriften scheint jeder Buchstabe von vierzehn Punkten aufwärts ein Lineal verschluckt zu haben. Wenn Bücher in großen Graden der Fraktur, insbesondere aber gotischer Schriften gesetzt sind, sollte die Verwendung der Großbuchstaben durchaus auf Eigennamen und Satzanfänge beschränkt bleiben!

Wird zum Illustrationsdruck anderes Papier verwendet, dann bemühe man sich, gleiche Farbe und Oberflächenbeschaffenheit zu finden.

Hat die Illustration Satzspiegelgröße, so richtet sich ihre Stellung auf der Seite nach dem Stand der Kolumnen. Um das häßliche Einkleben zu vermeiden, wähle man das Format so groß, daß ein schmaler Falz umgebogen werden kann, an welchem das Blatt mitgeheftet wird.


Die künstlerische Buchgrafik verschwindet heute in der ungeheuren Menge von Druckwerken, die fotomechanische Illustrationen enthalten. Diese bedürfen erst recht der ordnenden Hand des Typografen. Bei Autotypien nach Naturaufnahmen hat schon der vermessende Bilderredakteur Gelegenheit, seine künstlerische Erfahrung zu zeigen. Aus entbehrlichem Vordergrund und gleichgültigem Drum und Dran ist der kleine bildhafte Kern herauszuschälen. Die Klischees der illustrierten Zeitschriften sollten zugleich mit dem Texte vermessen werden, wobei der Plan zum künstlerischen (in vielen Fällen also zum symmetrischen) Aufbau der Doppelseite gemacht werden muß. Man bedient sich dazu eines Vordruckes, welcher den Raum der (durchnumerierten) Zeilen aufzeigt. Dunkle, schwere, aus der Nähe gesehene Bilder (mit größeren Figuren) stellt man auf die dem Leser nähere untere Hälfte der Seite; lichtere, aus größerer Entfernung aufgenommene (mit Figuren kleineren Maßstabes) oben hin. Wenn irgend möglich, vermeide man kompliziertes Einbauen, wähle vielmehr von vornherein die Breite der Spalte oder des Satzspiegels. Kreisflächen und Ovale verleiten oft zu übelster Buchschmuckfüllung. Überschneidungen zweier Klischees sind barbarisch, weil sie auf der Papierfläche räumliches Hintereinander vortäuschen. Man soll auch nicht Reproduktionen in verschiedenen Techniken, etwa Strichätzungen und Autotypien nebeneinander zeigen.

Wie ich mir Illustration und typografischen Aufbau einer Wochenschrift denke, habe ich im elften Jahrgang von »Zeit im Bild« gezeigt, einer illustrierten aktuellen Wochenschrift von etwa sechzig Quartseiten, die ich mehrere Monate hindurch selbst vermessen habe. Fast täglich mußte ein Bogen druckfertig werden, die Manuskripte wurden nicht nach Belieben gekürzt und die Lücken nicht mit Aforismen gestopft; wer ahnt etwas von der Arbeitsleistung, die diese unscheinbaren Dinge fordern, wenn sie geraten sollen!

Über den Verlegereinband

Heute bestimmt die Herstellungsabteilung des Verlages nicht allein das typografische Bild, sondern auch den Einband; das mag diesen Exkurs rechtfertigen in einem Büchlein, das von allen für die Herstellung Verantwortlichen gelesen werden möchte.

Auch beim Einband gibt es typografische Fragen; von ihnen soll zunächst die Rede sein. Der Buchrücken bildet die Front, die Hauptansicht des in der Bibliothek eingereihten Buches, und zeigt deshalb Verfasser und Titel an. Abgekürzte Schlagworte genügen zur Not; wo es irgend möglich ist, helfe man sich mit den wagerechten Zeilen des Quertitels und erlaube die senkrechten des Längstitels nur bei ganz schmalen Bänden.

Längstitel müssen von unten nach oben laufen. Man nimmt — normalerweise — ein Buch so in die Hand, daß der Vorderdeckel dem Auge zugekehrt ist; will man den Längstitel des Rückens sehen, dreht man es ein wenig um die Längsachse. »Unten« ist dann die dem Auge nähere, dem Rücken und dem Vorderdeckel gemeinsame Kante; ein vom oberen Ende zum unteren, also von rechts nach links verlaufender Längstitel würde auf dem Kopf stehen und nicht zu lesen sein. Ob ich das Buch mit nach unten gerichtetem Vorderdeckel über mich gegen die Zimmerdecke halte, oder ob ich es mit wagerecht ausgestrecktem Arm vor mich aufstelle, ändert daran gar nichts; ich kann auch aufstehen und das vor mir auf dem Tisch liegende Buch (wenn es etwa besonders groß und schwer ist) von obenher betrachten; immer bleibt für mein Auge »unten« die ihm nähere, vordere Kante, auch wenn sie jetzt im objektiven Raum tatsächlich oben ist; ich müßte ja auf die linke Seite des Tisches treten und dort in Kniebeuge gehen, um die realiter »untere«, auf dem Tisch aufliegende Längskante auch als »unten« zu sehen und eine etwa vom Kopf zum Schwanz laufende Schrift lesen zu können.

Auch die Art der Aufbewahrung gibt uns keinen Anlaß, gegen diese Tradition zu verstoßen. Wer beim Suchen am Bücherstand mit der rechten Hand zugreift und deshalb den Kopf eher auf die linke als auf die rechte Schulter neigt, wer nicht von hinten, sondern von vorn an die Bücher herantritt, so daß er beim Herausziehen nicht den Hinterdeckel, sondern den Vorderdeckel zuerst sieht, wird wohl nur den von unten nach oben laufenden Längstitel lesegerecht finden. Mag man bei Mappenwerken, die nur liegend aufbewahrt werden können, den Längstitel von oben nach unten führen: bei Büchern ist diese Anordnung falsch.

Indiskrete Beschriftung und plakatartige Darstellungen auf den Deckeln sind Schaufensterreklame und dem Eigentümer des Buches eher lästig als angenehm, sie gehören auf den papiernen Schutzumschlag (die Enveloppe) und auf die Broschur. Auf dem Vorderdeckel aufgeklebte Schriftschilder sind bei Halbleder- und Halbpergamentbänden verpönt; sie stören auch bei Halbleinenbänden und sind unmöglich, wenn das Material des Rückens auf die Deckel übergreift.

Der Einband bietet mehr als eine Gelegenheit, kultivierten Farbengeschmack zu bekunden. Doch man hoffe nicht, daß durch Befolgung irgend eines Grundsatzes oder durch Befragen irgendwelcher »Farbenkreise« ein höherer Bildungsgrad des Farbensinns vorgetäuscht werden könnte. Gleichwie das Gehör des Musikers, so muß auch das Gesicht dessen gebildet werden, der sinnvolle farbige Zusammenstellungen schaffen will. Deshalb überlassen Fabrikant und Verleger die Bestimmung und Kontrolle der Farben am besten einem bewährten Künstler. (Gut angezogene Frauen zeigen in der Farbenwahl mehr Fantasie und Erfahrung als mancher Kunstgewerbler.) Die Geschichte hat das Urteil aller Fachmänner über das Talent so oft Lügen gestraft, daß kein Laie ein Recht hat, von vornherein die Ausbildung seines Farbensinnes als hoffnungslos anzusehen. Man gehe bei der Natur selbst in die Schule und lege sich eine Sammlung an von herbstlichem Laub, Steinen, Baumrinde, Vogelfedern, Gräsern, Käfern, Blumen und Schmetterlingen, versuche »aus dem Kopf« den aus diesen unscheinbaren Dingen in unsagbar präziser Abstimmung ertönenden Farbenklang auf einem Blatt Papier mit gewöhnlichen Schultempera-Deckfarben (in Gestalt zweier in sich einheitlich gefärbter Farbflecke) wiederzugeben. Man wird gehörig mischen müssen und aufs erste Mal nicht zufrieden sein; aber wenn man sich das Ding immer wieder ansieht und immer wieder, nachdem man es fortgelegt hat, versucht, die Farben aufs Papier zu bringen, so wird sich nach einiger Zeit der Fortschritt zeigen. (Auch belohnt die Natur dieses Bemühen auf noble und unerwartete Art: sie erscheint wie verzaubert; überall blühen Farben auf und jede Woche legt sie ein prächtigeres Festgewand an.) Wer in dieser Schulung zäh und gewissenhaft ausharrt, braucht sich nur Leder und Leinen ansehen, um sofort zu wissen, welche Farbe das Überzugspapier haben muß; und wenn er beides vor sich hinlegt, sieht er auch gleich, wie die Farben des Schnittes, des Vorsatzes, des Lesezeichens und des Kapitalbandes werden sollen. Betrachtet er ein Buch im Schaufenster, so wird er sagen: ich hätte das Gelb dieses Farbschnittes ein wenig dünner, zitronengelber gemacht oder: dieses Blau hätte etwas wärmer sein müssen! Gründe wird er dafür nicht angeben können; was liegt auch an der nachträglichen Auslegung derartiger Urteile? Sie sind Ausdruck einer persönlich erworbenen Systematik des farbigen Sehens, welche keiner Rechtfertigung durch sprachlich formulierbare Theorien bedarf.

Auf die dem Buchgewerbekünstler vertrauensvoll überlassene Ornamentik einzugehen, ist hier nicht der geeignete Ort; auch ist es zumeist nicht künstlerische, als vielmehr technische Unzulänglichkeit, was den Verlegereinband in Verruf gebracht hat. Aber wenn die Eleganz des maschinellen Bucheinbandes nicht schäbig wirken soll, dann sei sie so unauffällig wie die des amerikanischen Konfektionsanzugs.

Der Bibliofile führt einen erbitterten Kampf gegen den Verlegereinband und duldet in seiner Sammlung nur die gediegene, handwerkliche Leistung des Kleinmeisters. Allein, auch in Zukunft werden den Großbetrieben neun Zehntel aller Aufträge zufallen, solange der Käufer im Laden gebundene Bücher haben will. Kein Verleger könnte die ausgedruckten Bogen wochen- und monatelang handwerklichen Betrieben überlassen.

Der exakte Handeinband ist das Ideal des gebundenen Buches. Der maschinelle kann niemals mit ihm in Wettbewerb treten. Soll man nun fünf gerade sein, den unverbesserlichen Sünder ganz verkommen lassen? Wäre es nicht klüger, ein bescheideneres Ideal des Verlegereinbandes aufzustellen? Genau so, wie die ersten Drucker nach dem Mißlingen ihres Versuches, Handschriften vorzutäuschen, das Ideal des gedruckten Buches aufgestellt haben?

In langjähriger Zusammenarbeit mit Verlegern und Buchbindern habe ich die Überzeugung gewonnen, daß der Verlegereinband heute schon viel besser sein könnte, als er gewöhnlich ist, wenn nur die Auftraggeber mit den Schwierigkeiten und den vielen noch ungenützten Möglichkeiten der maschinellen Großbetriebe rechnen wollten.

Gewiß, die Dauerhaftigkeit des Handeinbandes kann der maschinelle niemals erreichen; aber Strapazierfähigkeit ist so wenig wie beim Stiefel das einzige Merkmal der Qualität. Der private Bücherkäufer braucht nicht die gleichen Ansprüche an Haltbarkeit stellen wie bücherverleihende, öffentliche Bibliotheken[1].

Weil die handwerklichen Kleinbetriebe durchaus nicht auf jede maschinelle Hilfe verzichten, weil die Großbuchbindereien — von ihren mustergültigen Handabteilungen abgesehen — auch für die Massenbindungen ohne Handarbeit nicht auskommen; weil man überhaupt gar nicht sagen kann: alles, was die Hand mache, sei gut, was die Maschine mache, sei schlecht, deshalb darf und muß dem unerreichbaren Ideal des exakten Handeinbandes das erreichbare des exakten Verlegereinbandes gegenübergestellt werden. Die Bemühung um Qualität soll doch nicht auf das Handwerk, also auf einen Bruchteil der Gesamtproduktion, beschränkt werden! Wer die Qualität des Verlegereinbandes verbessern will, muß zunächst einmal Hand- und Maschinenarbeit in den einzelnen Arbeits-Fasen gegeneinander abschätzen.

Falzen. Falzmaschinen, die vor dem dritten Bruch den Bogen aufschneiden, dadurch Brüche und Quetschfalten vermeiden, arbeiten so exakt wie die beste Falzerin. Doch kann die ungenaue Anlage »überdruckter« Bogen durch die Maschine nicht ausgeglichen werden; deshalb falzt man auch in Großbetrieben die Bogen wertvoller Bücher mit der Hand.

Beim Zusammentragen, Kollationieren, Einpressen und der weiteren Vorbereitung beim Heften gibt es keine großen Unterschiede.

Heften. Durchausheftung mit der Hand auf erhabene Bünde ist die beste, aber auch die langwierigste und teuerste Methode. Sie hat vielleicht den Nachteil, daß die starken Schnüre auf dem Buchrücken das Auflegen erschweren. Man hat deshalb die Rücken angesägt und die Schnüre eingelassen. Zuweilen erschwert dann durch die Löcher eindringender Leim das Auflegen erst recht. Bei größeren Partien wird Handheftung auf Band der geringeren Kosten wegen bevorzugt.

Wird »durchaus« geheftet und »gefitzt«, ist Handheftung unvergleichlich. Es genügt auch sorgfältige Maschinenheftung neuesten Modells mit gutem Faden, wenn die Bücher nicht zu schwer und nicht zu dick sind[2]. »Es sollten stets so viel Stiche gemacht werden, als der Rücken erlaubt. Die Stiche sollten nie mehr als einen Zoll voneinander liegen und dreiviertel Zoll vom Kopf und Schwanz des Rückens entfernt sein.« (Vorschriften der American Library Association.) Drahtheftung auf Gaze wäre nur bei gut verzinntem Draht und günstigstem Papier möglich; für den Qualitätseinband eignet sie sich nicht.

Rundmachen. Der Unterschied zwischen dem Runden mit Hand oder Maschine ist unwesentlich[3].

Abpressen. Auf hohe Bünde geheftete Bücher können nur mit der Hand abgepreßt werden; sonst ist die Leistung der Abpreßmaschine der Handarbeit mindestens gleichwertig. Voraussetzung ist, daß die zwischen Bretter gesetzten, kaschierten, mit Kleister abgeriebenen und überklebten Bücher lange genug zum Trocknen in der Presse bleiben.

Beim Verlegereinband wird der Buchblock in fertige Decken eingehängt; Schnüre, Bänder oder Gaze, auf die geheftet worden ist, werden auf die Innenseite der vorher überzogenen, fertigen Decke angeleimt. Beim Handeinband dagegen werden die Deckel »angesetzt« und mit den Schnüren fest verbunden, bevor das Buch mit Leder, Leinen u. dgl. überzogen wird. Das Ansetzen der Deckel, zumal auf tiefen Falz[4], ist in jeder Beziehung besser, verzögert und verteuert aber die Fertigstellung noch weit mehr als selbst Handheftung. Die Verleger können deshalb auf eingehängte Halblederbände nicht verzichten, besser würden sie jedoch an Stelle der eingehängten Ganzlederbände Halbfranzbände mit angesetzten Deckeln liefern[5]. Leipziger Großbindereien stellen sie in ihren Handabteilungen so gut her wie jeder Handwerker. Aus sozialen Gründen wäre es zu wünschen, daß jeder Verlag einen oder mehrere handwerkliche Betriebe mit solchen Aufträgen dauernd beschäftigen würde.

Einhängen. Einhängen und Anpappen des Buches in die fertigen Decken wird von Maschinen vorgenommen, die nicht schlechter arbeiten, als die Hand es könnte.

Deckenfabrikation. Die mit der Deckenmachmaschine hergestellten Decken der Leinen- und Pappbände werden den mit der Hand hergestellten vorgezogen, namentlich dann, wenn der Aufdruck genaue Anlage fordert; auch trägt die Maschine den Leim so mager und gleichmäßig auf, wie es die Hand kaum könnte.

Die Decken der Halb- und Ganzlederbände werden auch in Großbetrieben mit der Hand hergestellt, da die immer ungleiche Struktur des Leders Falten bildet, die von der Hand ausgestrichen werden können. Die Maschine würde sie zur Quetschfalte niederpressen.

Man verstärke bei diesen Bänden die Verbindung von Block und Decke durch Kalikofalz, der mit dem ersten und letzten Bogen mitgeheftet und mit dem Vorsatzpapier auf der Innenseite des Deckels angeklebt wird. Man achte auch darauf, daß vom Deckenmacher ein annähernd deckelstarkes Lederkapital (Häubchen) gebildet werde.

Das Schärfen des Leders wird von der Maschine nicht schlechter besorgt als von der Hand.

Schnitt. Farbiger Schnitt und Goldschnitt werden überall mit der Hand angebracht.

Vergoldung. Plattenvergoldung (mit der man Leinen und Papier verschone!) ist nicht unsolider als Handvergoldung. Während der Stempel des Handvergolders bei der höchsten zulässigen Wärme vom Feuer genommen und erst wieder von neuem erhitzt wird, wenn er bis an den niedrigsten noch zulässigen Grad abgekühlt ist, kann die Platte beständig in der materialgerechten Temperatur erhalten bleiben. Das technische Ideal der Handvergoldung wäre es also, die Gleichmäßigkeit der Plattenvergoldung zu erreichen. Wer wollte indes leugnen, daß die zwar nicht beabsichtigte, gleichwohl unvermeidliche Verschiedenheit der einzelnen Stempeleindrücke einen Reiz hat, den Plattenvergoldung nie haben kann? Auch ist rhythmische Gliederung des Ornamentes bei Verwendung von Fileten, Rollen und kleinen Stempeln häufiger zu sehen als bei Platten, die nach einer auf geduldigem Papier gezeichneten Vorlage graviert oder geätzt worden sind. Der erfahrene Künstler kann jedoch seine künstlerischen Absichten auch in der Plattenvergoldung verwirklichen.

Es ergibt sich also, daß der Großbetrieb in jedem Arbeitsgang zu einer Qualitätsleistung befähigt wäre, die billigen Ansprüchen vollauf genügen könnte. Warum aber zeigt der übliche Verlegereinband so wenig von diesen idealen Möglichkeiten? Weil die Auftraggeber zu schnell und zu billig (also schlecht) bedient sein wollen und schon beim Druck Wünsche des Buchbinders zu wenig beachten.

Hetzt und drängt der Verleger (und welcher Verleger hetzt nicht?), dann wird der Betrieb nervös; die Decken werden gemacht, bevor das Material vom Drucker eintrifft. Doch nun stellt sich heraus, daß den »zuverlässigen« Angaben des Verlegers oder Druckers kleine, für die Qualität des Einbandes verhängnisvolle Irrtümer unterlaufen sind. (Und wie oft müssen die Deckel zu groß und die Rücken zu breit gemacht werden, damit namentlich bei mehrbändigen Werken die vom Verleger gelieferten Platten verwendet werden können!) Der in aller Eile fertiggestellte Einband wird verschickt, bevor er austrocknen konnte. Schon auf der ersten Reise verliert er seine Form; der Rücken wird flach, die Deckel werfen sich; die ersten und letzten Bogen werden von der Feuchtigkeit des Vorsatzes wellig.

Wenn der Verleger den Preis beanstandet, so muß der Buchbinder von vornherein auf hundert gute Dinge, welche die Qualität des exakten Verlegereinbandes ausmachen, verzichten und wird schließlich bei allzu arger Preisdrückerei schlechte Ersatzstoffe, geringen Faden, minderwertige Gaze usw. verarbeiten.

Alle Opfer an Zeit und Geld sind vergebens, wenn der Verleger nicht schon bei der Drucklegung an den Einband gedacht hat. Ist das Papier zu starr oder zu lappig, so kann auch die geschickteste Hand keinen guten Einband machen. Wenn es nicht so bedruckt ist, daß man nach dem Strich falzen kann, wenn also der Strich (die Richtung der Papierbahn) nicht mit dem Rücken gleichläuft, sondern mit der Zeilenrichtung, wird das Buch wellig. Der Einband kann nicht solid werden, wenn das Buch mit einem Viertelbogen und einzelnen aneinandergehängten Blättern beginnt oder aufhört. Der erste Bogen und der letzte haben ja die ganze Hebelkraft des Deckels auszuhalten. Doch genug davon: es wird jeder Großbuchbinder seiner Kundschaft noch manche andere in langer schmerzlicher Betriebserfahrung angesammelte Wünsche mitzuteilen haben.

Der seiner Verantwortung bewußte Verleger steht vor der zwiefachen Aufgabe; in vertrauensvoller Zusammenarbeit die im maschinellen Betrieb gegebenen Möglichkeiten ganz anders auszunützen als bisher und zugleich durch Erteilung von Aufträgen dem Handwerk zu helfen[6]. (Hier fehlt es an einer Auftragsvermittlung durch Zünfte und Verlegervereinigungen.) Der Großbetrieb könnte schon heute Einbände liefern, die an Qualität dem exakten Handeinband näher ständen als der durchschnittlichen Leistung von heute. Möge dann auch der Sortimentsbuchhändler das kaufende Publikum dazu erziehen, daß es diese Qualitätsunterschiede beachte und für die bessere Arbeit den höheren Preis anlege!

Zum Beschluß noch einiges über die Einbandmaterialien aus den neuerdings wieder zeitgemäß gewordenen Vorschriften des Vereins Deutscher Bibliothekare:

»Vom Leder: Als dauerhafte Einbandleder werden zugelassen: Ziegen-, Schweins-, Kalb-, Rind- und Schafleder, jedoch unter der Voraussetzung ihrer sachgemäßen Gerbung, Zurichtung und Behandlung und unter Rücksichtnahme auf die Stärke und Größe der Bände.

Die Provenienz der Häute ist an sich kein Grund zur Ausschließung. Die Anwendung von Mineralsäuren ist während der ganzen Fabrikation, von der Vorbereitung an bis zur Fertigstellung, gefährlich und deswegen verboten.

Gerbung. Geeignete und unschädliche Gerbstoffe sind reiner Sumach, reine Eichenlohe und Galläpfel. Die übrigen vegetabilischen Gerbstoffe, wie Fichtenlohe, Birkenlohe, Weidenlohe, Kastanienholz, Quebracho, Kassia, Myrobalanen, und andere schnellwirkende Gerbstoffe sind bei den heute bekannten und angewandten Methoden der Gerbung zu verwerfen.

Zurichtung. Die Leder dürfen nicht dünner gearbeitet werden, als ihre Verwendbarkeit für Buchbinderzwecke es erfordert. Die Verwendung von Schafspaltleder für Bibliothekseinbände ist unbedingt ausgeschlossen. Einbandleder darf ausgereckt, gewalzt und gestoßen werden, da die Festigkeit darunter nicht leidet. Es ist auch gar nicht zu befürchten, daß die glattgestoßene Oberfläche allzu empfindlich gegen Beschädigungen sei. Die künstliche Narbung des Leders ist verboten. Das Bleichen des Leders ist ganz verboten, weil keine unschädlichen Bleichmittel bekannt sind. Es empfiehlt sich nicht, nur ungefärbte Leder zu verarbeiten. Es wird davon abgesehen, bestimmte Farbstoffe vorzuschreiben.

Namentlich kann man heute nicht mehr verlangen, daß mit Ausschluß aller Teerfarbstoffe nur mit Farbhölzern gefärbt wird. Es ist möglich, lichtechte Teerfarbstoffe ohne Schwefelsäure oder andere Mineralsäuren zu verwenden. Deshalb ist beim Färben die Anwendung von Schwefelsäure und anderen Mineralsäuren sowie von deren sauren Salzen verboten.

In bezug auf gleichmäßige Färbung und Einhaltung bestimmter Nuancen dürfen hier keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Der heutige Stand der Technik ermöglicht jedoch bei den meisten Farben auch ohne Anwendung von Mineralsäuren eine gleichmäßige Färbung. Deshalb ist ungleichmäßige Färbung durchaus nicht als ein Beweis von Haltbarkeit anzusehen.

Das Durchfärben hat vor dem einseitigen Färben der Narbenseite keine Vorzüge.

Benennung. Um dem Mißbrauch vorzubeugen, daß die Leder mit willkürlichen Bezeichnungen und Fantasienamen, wie Saffian, Bock-Saffian, Maroquin, Bockleder, Bastard usw., in den Handel kommen, ist auf jedes Fell aufzustempeln, ob es Rind-, Ziegen-, Schweins-, Kalb- oder Schafleder ist.

Vom Pergament. Neben Kalb- und Ziegenpergament ist für kleinere, wenig gebrauchte Bände auch Schafpergament zulässig. Bei der Herstellung und Zurichtung des Pergaments ist die Anwendung von Mineralsäuren unbedingt ausgeschlossen. Die Verwendung gespaltener Häute ist verboten. Die Häute dürfen nicht dünner gemacht werden; der Narben muß erhalten bleiben.

Das künstliche Bleichen, das Färben, das Marmorieren und sonstige Mustern des Pergaments ist verboten. Übertriebene Anforderungen an das gleichmäßige Aussehen des Pergaments sollen unterbleiben. Das fertige Pergament darf keine saure Reaktion haben. Auf die einzelnen Häute ist aufzustempeln, ob es Kalb-, Ziegen- oder Schafpergament ist.

Von den Webstoffen (Kaliko und Buchbinderleinen).

1. Rohmaterial, Faden und Gewebe. Als Rohmaterial wird verlangt a) bei Baumwolle gute amerikanische Baumwolle (Bezeichnung der Qualität, nicht der Herkunft), b) bei Leinen Flachsgarn, und zwar für feine Gewebe prima Naßgespinst, für grobe Gewebe Trockengespinst.

Als Rohgewebe wird verlangt

a)

für Baumwollstoff (Doppelkaliko) ein Gewebe von 14/14 Faden auf einen französischen Viertelzoll (=21/21 Faden auf 1 cm) aus 16/16 Watergarn,

b)

für leichteren Leinenstoff (Art Linnen) ein Gewebe von 20/20 Faden auf 1 cm aus 35/35 Flachsgarn prima Naßgespinst,

c)

für schwereren Leinenstoff (Buckram) ein Gewebe von 15/15 Faden auf 1 cm aus 18/18 Flachsgarn Trockengespinst.

2. Bleichung. Weil jedes Bleichen die Faser schwächt, darf Baumwolle nur abgekocht und nicht mit Chlorkalk oder Säuren gebleicht werden. Leinen darf ebenfalls nur abgekocht und nur in dringenden Fällen nachgebleicht werden. Auf klare und leuchtende Farben wird verzichtet.

3. Färbung. Die Stoffe sind vor der Appretur durch und durch zu färben. Der Appreturmasse dürfen lichtechte und unschädliche Farbmittel je nach dem Farbenton zugesetzt werden. Es dürfen nur solche Farbstoffe angewendet werden, die notorisch bei langem Lagern die Faser nicht schädigen, wie es z. B. einige Schwefelfarbstoffe tun, besonders wenn sie nicht sachgemäß angewendet werden. Sowohl die Farbstoffe der Gewebe wie die Farbmittel, die der Appreturmasse zugesetzt werden, müssen lichtecht sein.

4. Appretur. Bei der Appretur ist ein Zusatz von wirklichen Farbmitteln, auch Pigmentfarben, gestattet. Abgesehen hiervon sind aber alle Stoffe ausgeschlossen, die nicht den Zweck haben,

a)

dem Gewebe den nötigen Grad von Steifheit zu geben,

b)

das Gewebe undurchlässig gegen Wasser, Kleister und Leim und

c)

aufnahmefähig für den Golddruck zu machen.

Ausgeschlossen sind namentlich alle Füllstoffe, wie Korkmehl und Kaolin. Freie Mineralsäuren und Salze, die Säure entwickeln können, sind als Appreturmittel ausgeschlossen. Die Appretur darf nicht so stark aufgetragen werden, daß die Fadenbindung des Gewebes dadurch verdeckt wird.

5. Kalandrierung. Die Stoffe dürfen nur eine leichte Glanzappretur erhalten, weil eine solche dem Hochglanz vorzuziehen ist. Es ist unzulässig, die Ware derart zu kalandrieren, daß der Faden breit gepreßt wird.

6. Künstliche Musterung. Das Aufpressen von Narben und sonstigen Mustern ist ganz zu unterlassen, namentlich deshalb, weil durch eine solche künstliche Musterung die Ansammlung von Staub begünstigt wird.«


Der Verein Deutscher Bibliothekare hat für den hier allein in Frage kommenden Handeinband Vorschriften aufgestellt, an die erinnert sei:

»Alle Bände sollen durchaus geheftet werden. Über die Zahl der Bünde wird folgendes bestimmt:

a)

bei Bänden bis zu 20 cm Rückenhöhe sind drei Bünde,

b)

bei Bänden bis zu 30 cm Rückenhöhe vier Bünde,

c)

bei Bänden bis zu 40 cm Rückenhöhe fünf Bünde,

d)

bei größeren Formaten entsprechend mehr Bünde zu machen.

Der oberste und der unterste Bund dürfen nicht weiter als 2 cm von den Fitzbünden entfernt sein.

Es soll entweder auf eingesägte Bünde oder auf Leinenbänder geheftet werden. Beim Einsägen dürfen die Einschnitte nicht tiefer und breiter sein, als die Bundschnur es erfordert. Das Heften auf Pergamentstreifen empfiehlt sich nicht.

Zur Erhöhung der Haltbarkeit ist das Vorsatz durch einen Schirtingfalz zu verstärken und dieser mit der zweiten Lage zu verbinden. Alle Bände sollen angesetzt werden. Halblederbände sind auf tiefen Falz zu arbeiten.

Die Pappdeckel sind an den Ecken und an allen Kanten etwas abzustumpfen.

Für Bibliotheken sind hohle Rücken als die Regel anzusehen.

Bei Halblederbänden sind Pergamentecken den Lederecken vorzuziehen, weil sie haltbarer sind.

Beim Beziehen ist für Leder und Pergament ausschließlich Kleister, für Webstoffe und Papier ausschließlich Leim zu verwenden. Bei Broschüren ist der Leinwandrücken stets mit Kleister anzumachen.

Zum Hinterkleben des Buchblocks ist womöglich Flanell, auf alle Fälle aber ein zähes, haltbares Papier zu nehmen und nur mit Kleister zu verarbeiten; Leim ist hierbei ausgeschlossen. (?)

Das Sprenkeln und Marmorieren des Leders mit scharfen Substanzen ist schädlich und deshalb zu unterlassen.

Ledereinbände dürfen vor dem Vergolden nur mit reinem, verdünntem Essig gewaschen werden.«

Da der Verlegereinband niemals die Haltbarkeit des Handeinbandes erreichen kann, vermeide der Verleger nach Möglichkeit den dicken Wälzer. Er teile ein zu umfangreiches Werk in mehrere Bände auf.

»Flache Rücken sollten nie in Anwendung kommen, da es unmöglich ist, einen guten Falz an solchen Büchern zu erzielen, und gerade der Falz einer der wichtigsten Teile des Buches ist. Alle Bücher sollten sorgfältig und gleichmäßig gerundet werden.» (Vorschrift der A. L. A.)

Um den nötigen Falz zu bekommen, muß der Faden so stark auftragen, daß der Buchrücken um ein Drittel, zuweilen sogar um zwei Drittel stärker wird; der Verleger nehme deshalb niemals zu starkes Papier; wenn er es durchaus nehmen muß, lasse er es in der Weise bedrucken, daß der Buchbinder Bogen zu acht Seiten zu heften hat. Dadurch wird auch vermieden, daß beim Aufschlagen die ersten und letzten, nur durch den Leimgrat zusammengehaltenen Blätter dieser starken Lagen auseinandergerissen werden und nun die Bogen um eine ganze Lagenstärke auseinanderklaffen; ein Anblick, der bei den teuren Büttenauflagen der Verleger durchaus nicht selten ist.

und die Bezeichnung Halbfranzbände vermeiden, wenn es sich um eingehängte Halblederbände handelt.

Man sollte deshalb auch von jeder Ausgabe auf Wunsch ungeheftete Exemplare in losen gefalzten Bogen abgeben!

Typografisches ABC

Abgang: Was von den Bogen einer Auflage beim Zurichten verbraucht, was verschmiert, verdruckt oder eingerissen wird. Der Abgang wird durch den »Zuschuß« gedeckt; die Höhe des Zuschusses hängt von der Papierqualität ab.

Ablegen: Die Form kommt, ausgedruckt und gewaschen, in den Setzersaal zurück; dort werden ihre einzelnen Bestandteile in die Kästen und Fächer abgelegt, wohin sie gehören. Der Auftraggeber hat zu bestimmen, ob abgelegt werden darf, ob der Satz, nachdem ausgedruckt worden ist, stehen bleiben oder ob er vor dem Ablegen abgeformt (gematert) werden soll.

Abziehen der Farbe. Frischgedruckte, aufeinandergelegte Bogen schlecht saugenden Papieres geben den nassen Druck spiegelverkehrt einander ab. Deshalb muß besonders Kunstdruckpapier mit starksaugendem Durchschuß- oder Einschußpapier (Zwischenlegbogen) durchschossen werden. Abziehen der Farbe kommt auch beim Drucken selbst vor, wenn Widerdruck zu schnell auf Schöndruck folgt. Dem sucht der Maschinenmeister durch Aufziehen eines Ölbogens auf den Zylinder vorzubeugen.

Akzidenzschriften im Gegensatz zu Brotschriften: Die zu diesen besonderen Arbeiten (Akzidenzen) bestimmten, oft verzierten Schriften.

Anfangsseite (Anfangskolumne) nennt man die erste (häufig rechtsstehende) Seite eines Buchabschnittes. Man kann sie tiefer als die anderen beginnen lassen, wenn in den freigelassenen Raum der Titel des Abschnittes gesetzt werden soll. Es wird in diesem Falle nach künstlerischem Ermessen, für das keine Regel aufgestellt werden kann, ein (innerhalb eines Buches stets gleicher) Teil der Kolumnenlänge »vorgeschlagen«.

Anfangszeile: Erste Zeile eines Absatzes; sie wird entweder stumpf gehalten oder eingezogen. S. 67.

Anführungszeichen: Die innerhalb der m-Höhe bleibenden »« stören weniger als die üblichen „“. Wenn Anführungszeichen ein Wort einrahmen, so sollen sie vom Bilde des benachbarten ersten oder letzten Buchstabens gleichen Abstand haben. Seitliches Fleisch ist deshalb (hier wie immer) auszugleichen.

Anlage: Der Bogen wird mit der Hand oder selbsttätig durch die Maschine angelegt. Sorgfältiges Anlegen erzielt gleichmäßige Stellung des Druckes auf dem Papier. Sie allein ermöglicht genaues Aufeinanderstehen von Schön- und Widerdruck: »Registerhalten«. Besonders wichtig ist exaktes Anlegen beim Mehrfarbendruck.

Arabische Ziffern: Leonardo (Fibonacci) aus Pisa, der als Kind mit seinem Vater, einem Schreiber in Bugea (Bougie) lebte, führte die aus Indien stammenden arabischen Ziffern in der magrebischen Form (Gobarziffern) um das Jahr 1200 in Europa ein. In Deutschland wurden sie durch Adam Riese (geb. 1492 zu Staffelstein bei Würzburg) bekannt gemacht. Es sind die Anfangsbuchstaben der Zahlwörter in der indo-baktrischen Schrift.

I. ostarabische, II. Gobar-, III. mittelalterlich-europäische Ziffern

Aufeinanderpassen, Aufeinanderstehen der Zeilen = Register halten; s. Anlage.

Auflage: Der Auftraggeber gibt dem Drucker die Zahl der abzuziehenden Exemplare an. Um den Abgang auszugleichen und um bei der Buchbinderarbeit unbrauchbar werdende Bogen ersetzen zu können, wird von vornherein ein Zuschuß zur Auflage bestimmt. Unter Auflage versteht man zuweilen je tausend Exemplare ohne Zuschuß. Weniger mißverständlich wäre es, wenn allgemein nach Tausenden statt nach Auflagen gezählt würde.

Auftragen nennt man das Einschwärzen der Form durch Auftragwalzen. Gleichmäßiges Auftragen der Farbe ist wichtigste Vorbedingung für gleichmäßigen Druck. Die Maschine trägt schnell und selbsttätig auf; kann aber die Qualitätsleistung der sorgfältig mit der Hand geführten Auftragswalze nicht erreichen. Der geübte Drucker übergeht die Form mehrmals; trägt dabei die Farbe nicht zu reichlich, aber doch gleichmäßig tiefschwarz auf. Man vergleiche daraufhin die Leistungen englischer und deutscher Handpressen mit den üblichen in der Maschine gedruckten Luxusauflagen. (Es nennt sich leider vieles »Presse«, was diesen Namen nicht verdient!) Eine besondere Kunst ist es, der Saugfähigkeit des Papiers die Konsistenz der Farbe anzupassen. Das Büttenpapier der Luxusauflagen braucht immer eine andere Farbe und oft auch eine andere Zurichtung als das der gewöhnlichen Auflage. Wird das nicht beachtet, so wird die Büttenauflage verschmiert und ungleichmäßig gedruckt.

Auge heißt das vertiefte Buchstabenbild in der Mater.

Ausbinden: Ein fertiges Stück Satz wird mit einer Schnur ausgebunden.

Ausbringen: Man bringt eine Zeile aus, indem man vor dem Ende eines Absatzes die Wortzwischenräume in mehreren Zeilen erweitert und dadurch den Absatz um eine Zeile vermehrt. Man bringt eine Zeile ein, indem man umgekehrt mehrere Zeilen enger hält und auf diese Weise eine zu kurze Ausgangszeile vermeidet. Ausgangszeile, auch Ausgang = die letzte Zeile eines Absatzes.

Ausgleichen nennt man das gleichmäßige Verteilen des weißen Raumes zwischen dem Bild der Buchstaben, der Wörter oder der Zeilen. Das erste ist bei Antiquaversalien immer nötig. Man verwendet Punkt-Spatien, Halbpunkt-Spatien aus Messing und Kartenspäne.

Aushängebogen: Jede Druckerei sollte, sobald ausgedruckt ist, dem Auftraggeber einen oder auch mehrere Reindruckbogen schicken, damit er über den Fortgang des Werkes genau unterrichtet ist. Das Wort erinnert an einen von Aldus Manutius in Venedig und Etienne in Paris geübten Brauch; sie setzten Preise aus für jeden Druckfehler, der in ihren öffentlich ausgehängten Druckbogen gefunden wurde.

Ausschießen: Die Kolumnen werden auf dem Setzbrett oder der Schließplatte so gestellt (ausgeschossen), daß der abgezogene Bogen, wenn er richtig gefalzt wird, die Seitenfolge ergibt. Die Zwischenräume zwischen den ausgeschossenen Kolumnen nennt man Stege. Diese richtig bestimmen nennt man Format- oder Standmachen. Über die Berechnung der Stege s. S. 64.

Ausschluß nennt man die etwa ein Siebentel unter der Schrifthöhe bleibenden Metallstückchen, die zur Trennung der Wörter und zum Ausfüllen dienen. Ihre Kegelabmessungen stimmen mit den Schriftgraden überein. In den ersten Drucken war der Ausschluß nicht stärker als die Breite eines i. Über die beim Ausschließen geltenden Regeln s. S. 67.

Auszeichnungsschriften: Um ein Wort im Text hervorzuheben, auszuzeichnen, sperrt man es oder setzt es bei Antiqua (Lateinschrift) in Kursive (Schrägschrift) oder Versalien (GROSSBUCHSTABEN) oder Kapitälchen (Häuptchen). Das Auszeichnen mit halbfetten (fetten) und fetten (fetten) Schriften kann bei Anzeigen, Nachschlagewerken und ähnlichen Drucksachen, die praktisch-nüchternen Zwecken dienen, gute Wirkung tun; doch vermeide man sie sonst und wähle auch zum Satz der Rubrikzeilen keine fette Schriften.

Beschneiden: Bei der Bestimmung der Stege ist zu bedenken, daß der äußere und besonders der untere Papierrand durch Beschnitt mehr einbüßen als der obere. Die Buchbinder haben leider die Gewohnheit, etwas zu viel wegzuschneiden.

Blockieren: Der Setzer blockiert fehlende Ziffern oder unleserliche Worte, damit sie bei der Berichtigung (Korrektur) sofort auffallen; er stellt eine Reihe von Buchstaben mit dem Bild zuunterst, so daß der Fliegenkopf abdruckt.

Borgis (Bourgeois = Gemein-bürgerliche): Schriftgrad von 9 Punkten, Neunpunkt, Neuner.

Brillant: Schriftgrad von 3 Punkten, Dreipunkt, Dreier.

Brotschriften (Werkschriften) sind die im Werksatz gebrauchten Grade der gewöhnlichen Frakturen und Antiquaschriften von Nonpareille bis Cicero.

Bürstenabzug: Heute fast immer mit der Handpresse abgezogener Korrektur- (Berichtigungs-) Abzug.

Büttenpapier: Mit der Hand aus der Bütte geschöpftes Papier, dessen Qualität noch von keiner maschinellen Fabrikation erreicht ist. Da seine Stärke niemals absolut gleichmäßig ist, bietet es Schwierigkeiten, denen sich der maschinelle Buchdruck nicht immer gewachsen zeigt.

Cicero: Schriftgrad von 12 Punkten Kegelstärke, Zwölfpunkt, Zwölfer. Zeilenbreiten werden immer auf ganze Zwölfer bemessen.

Defekte Lettern: Der Auftraggeber verlange sorgfältig abgezogene Korrekturbogen, damit beim Korrekturlesen die defekten (beschädigten) Buchstaben gefunden und gezeichnet werden.

Diamant: Schriftgrad von 4 Punkten, Vierpunkt, Vierer.

Didotsches Punktsystem. Um Druckern genaue Maße anzugeben, beschaffe man einen typografischen Maßstab. Bei Benutzung der nebenstehend abgedruckten Tafel genügt auch ein Zentimetermaß.

Divis: Bindestrich, Trennungszeichen. Bei einem Bindestrich innerhalb zusammengesetzter Worte steht kein Spatium; jedoch ist seitliches Fleisch des benachbarten Buchstabens (oder des vorhergehenden Abkürzungspunktes) auf der anderen Seite dem Bilde nach auszugleichen.

Doppelcicero: Schriftgrad von 24 Punkten, Vierundzwanzigpunkt, Vierundzwanziger.

Doppellinie, doppelfeine Linie: (feine) Parallellinie.

Doppelmittel: Schriftgrad von 28 Punkten, Achtundzwanzigpunkt, Achtundzwanziger.

Doppeltitel: Auf einer Doppelseite gegenüberstehende Haupt- und Spezialtitel. Die Rückseiten sollten stets frei bleiben! Das Titelmanuskript ermöglicht selten strenge Symmetrie oder eine andere künstlerische Bewältigung der Aufgabe; deshalb ist es gewöhnlich besser, die beiden Titel auf zwei rechtsstehenden Seiten hintereinander zu bringen.

Druck, Drucken: Die eingeschwärzte Form und das Papier werden zusammengepreßt, damit das Papier die Farbe von der Form annimmt. Im Buchdruck geschieht das auf dreierlei verschiedene Weisen:

1.

Papier und Form werden als ebene Flächen senkrecht gegeneinandergepreßt.

2.

Das Papier wird auf einem Zylinder über die ebene Form gerollt.

3.

Auch die Form ist auf einen Zylinder aufgezogen, und beide werden gegeneinander abgerollt.

Die Maschine druckt schnell und gleichmäßig; sie genügt bei sachgemäßer Bedienung allen künstlerischen Ansprüchen, wenn sie auch die Qualitätsleistung der von geübter Hand bedienten Handpresse nicht erreichen kann. Das behutsame Herüberziehen des Hebels (Bengels) an der Handpresse, die Kraftaufwendung, das Anhalten und Nachlassen des Druckes sind Sache des persönlichen Gefühls und nehmen in einer Weise auf das verwendete Papier Bedacht, wie es ein maschinell betriebener Druckzylinder auch beim langsamen Laufen nicht vermöchte. Voraussetzung richtiger Druckstärke ist bei Hand- und Schnellpresse sorgfältige Zurichtung.

Druckfirma steht am Schluß des Buches im allgemeinen Druckvermerk oder als einzelne Zeile unten auf der Rückseite des Haupttitels; bei Antiqua gern in kleinen Versalien, bei Fraktur häufig in gesperrten kleinen Graden.

Durchschuß: Um den Abstand von Zeile zu Zeile zu vergrößern, durchschießt man sie, d. h. man legt zwischen die Zeilen Durchschuß von 1, 2 oder mehr Punkten Stärke (»mit ⅛, ¼ Petit Durchschuß«). Das äußerste Maß des Durchschusses läßt sich so wenig wie das äußerste Maß der Sperrung (im Titel- oder Akzidenzsatz) durch Regeln festlegen. Als blindes Material steht dem Setzer Stückdurchschuß zur Verfügung oder besser Durchschießlinien (Regletten, Blindstäbe) in Zeilenbreite. Undurchschossenen Satz nennt man auch kompreß. Bei unregelmäßigem Umriß der Kolumne (Gedicht- und Dramensatz) ist es gut, den Satz zu durchschießen; die Bemusterung von Probeseiten mit verschiedenem Durchschuß wird in jedem Falle zeigen, was am besten aussieht.

Ecke: Um sauber schließende Ecken zu setzen, verwende man auf Gehrung geschnittenes Material.

Einfassungen: Wie Buchstaben in Schrifthöhe gegossene und zusammenfügbare Zierstücke. Sehr schöne sind von Rosart im achtzehnten Jahrhundert geschnitten. Von den heute im Handel befindlichen verdienen die von Emil Rudolf Weiß für die Weißfraktur entworfenen ihrer allgemeinen Verwendbarkeit wegen besonderes Lob.

Eingehen: Beim Matern von Anzeigen ist zu bedenken, daß die Mater beim Trocknen eingeht, d. h. kleiner wird.

Einziehen (Einzug, auch Alinea): Die erste Zeile eines Absatzes wird eingezogen (alineiert = von der Linie abgerückt; man nennt den linken Kolumnenrand die Linie) oder bleibt stumpf. Größere Einzüge als ein Geviert sind hartnäckig verteidigte, aber dennoch üble Gewohnheit.

Englische Linie: In der Mitte anschwellende Linien von verschiedenen Stärken und Breiten. Bei ihrer Verwendung bedenke man zuvor, ob diese nachdrückliche Betonung der Mitte auch einen Sinn habe.

Enschedé: Die Geschichte der Enschedés soll hier als seltenes Beispiel einer Jahrhunderte alten ruhmvollen Familientradition erzählt werden. Isaac Enschedé, der Sohn eines Uhrmachers aus Groningen, gründete 1703 in Haarlem eine kleine Druckerei; fünf Jahre darauf ward ihm ein Sohn, Johannes, geboren. Isaac lebte bis 1761, Johannes bis 1780; als sie starben, stand das Haus Enschedé auf der Höhe seines Weltruhms. Nur wenige Stationen dieses beispiellosen Aufstieges seien erwähnt. Enschedé en Zonen gaben bereits eine Zeitung heraus, die der vielseitig gebildete Johannes selbst redigierte; sie hatten schon Verlag und eigene Papierbereitung, als sie 1743 die Schriftgießerei der aus Basel eingewanderten Wetsteins erwarben. Damit trat Johann Michael Fleischmann aus Nürnberg in ihre Dienste, »de grootste en konstigste Letter-Stempelsnyder, die ’er ooit in de Waereld geweest is«, wie sein dankbarer Chef Johann in einem Schriftenkatalog sagt. Selbst der bedeutende Stempelschneider und Schriftgießer Rosart, der sich 1740, aus Frankreich kommend, in Haarlem niedergelassen hatte, mußte dieser Konkurrenz weichen und ging 1759 nach Brüssel. Doch kamen auch dessen Arbeiten später auf Umwegen in den Besitz des Enschedéschen Hauses. Fleischmann war in seiner Zeit, was in der Napoleonischen Firmin Didot war; alle Welt ahmte seine Schriften nach; doch nur die Häuser Enschedé und Ploos van Amstel durften sich rühmen, die echten Fleischmannschen Lettern zu haben[1]. Charakteristisch ist der Nachruf, den ihm, dem »großen Künstler«, Johann in der Schriftprobe von 1768 widmet: »Achtien Jaaren heeft de groote Konstenaar[2] J. M. Fleischmann voor mij alleen doorgebragt in het snijden van menigvuldige Schriften, en aankleeven van dien. Hier bevinden zich acht en zestig Doozen met Stempels van Fleischmann. Dit alles is een voorzorg en arbeid voor het Nageslacht[3] voor verscheidene toekomende eeuwen[4]; en, indien het Goddelijke Voorzienigheid[5] gehengt, dat deeze Lettergieterij in goede handen blijft, en de Bezitters[6] die in goeden stand houden en niet verwaarloozen, zal, na verloop van verscheidene honderd Jaaren de Naam en Konst van Fleischmann nog in achting zijn, en zijne Bevorderaars[7] daarbij gedacht worden.« Die Druckerei wuchs an zu einer der ersten Europas. Johann Enschedé wurde reich. Seine Gemäldesammlung (Hals, Hobbema, van Eyck), seine Bibliothek wurden eine Sehenswürdigkeit Hollands. Die bedentendsten Zeitgenossen, auch der große Preußenkönig Friedrich, ließen bei ihm drucken, und noch heute werden ihre Dankschreiben in den Archiven aufbewahrt.

Zahlreiche Druckereien und Schriftgießereien wurden angekauft. Als sie 1767 gemeinsam mit Ploos van Amstel das Haus Jan Roman & Cie. erwarben, fiel ihnen der Nachlaß Christoffel van Dycks, des berühmten Schriftgießers der Elzevir zu. 1799 kauften sie das Inventar ihres bedeutendsten Rivalen, Ploos van Amstel, selbst auf. Mit dem neunzehnten Jahrhundert begannen schlechtere Zeiten. Didot war jetzt die Mode, und die Enschedés mußten aus Frankreich Schriften kaufen. Zwar blieb die Firma bis auf unsere Tage die vornehmste Hollands; doch brachte sie erst eine sonderbare Schicksalslaune wieder in unmittelbare Beziehung zum deutschen Buchgewerbe.

Im Jahre 1780 hatte der damals dreißigjährige Johann Friedrich Unger in Berlin eine Druckerei eingerichtet und ihr elf Jahre später eine Schriftgießerei beigesellt. Nachweislich war ein Teil, vielleicht das ganze Inventar der Lutherschen Schriftgießerei in Frankfurt am Main übernommen worden, die von jener Zeit ab nicht mehr erwähnt wird. Ungers Bemühungen um eine Reform der Fraktur sind bekannt; sein Stempelschneider Gubitz und sein Pariser Geschäftsfreund Firmin Didot waren ihm dabei behilflich. Sie suchten der damals allzu barock, schwer und eng laufenden Fraktur die lichte Heiterkeit und die edlen Verhältnisse der Antiqua zu geben. Nach Ablehnung der ersten radikalen Versuche durch das Publikum wurde die »Ungerfraktur« geschnitten, die uns heute noch als eine der schönsten Frakturschriften gilt. Wie es aber kam, daß sie mehr als hundert Jahre verschollen war und erst vor etwa zwölf Jahren aus Holland zu uns kam (just in dem Augenblick, als ein deutscher Nachschnitt die in bibliofilen Zeitschriften seit den neunziger Jahren wiederholt erfragte Schrift ersetzen wollte), das berichtet Dr. Charles Enschedé also:

Unger war 1804 gestorben. Seine Witwe suchte das Geschäft vergeblich an den König zu verkaufen; es wurde 1821 nach ihrem Tode von der Druckerei Trowitzsch übernommen. Um die Stahlstempel und Matrizen kümmerte sich jedoch niemand. Im Jahre 1896 beschloß die Firma Trowitzsch & Söhne, die Schriftgießerei abzustoßen. Herr B. Schur aus Rotterdam, der Sohn eines wohlhabenden Lotteriekollekteurs aus Schwerin, übernahm sie mit dem ganzen Inventar. Da er kein Fachmann war, nahm er einen Herrn Liebermann aus Warschau ins Geschäft, der schon lange im Trowitzschschen Hause gewesen war; doch wanderte dieser bald nach Amerika aus. Schur assoziierte sich dann mit seinem Schwager Sohlberg, und man nannte sich Schur & Cie. Endlich aber hatte er es satt, trat aus dem Geschäft aus und siedelte nach Petersburg über; sein Schwager plagte sich noch einige Zeit mit dem unerfreulichen Kram ab, der sich jetzt »Rotterdam’sche Lettergieterij« nannte, und war gewiß herzlich froh, als er ihn im Jahre 1901 an Joh. Enschedé en Zonen billig losschlagen konnte. Hier fanden sich dann nicht nur die alten Schätze der Lutherschen Schriftgießerei (man konnte ihre Identität leicht feststellen, da die Enschedés selbst manche im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert von den Luthers an holländische Häuser gelieferte Schriften besaßen); es fand sich auch der ganze Nachlaß der Ungerschen Schriftgießerei und mit ihm, seit hundert Jahren unberührt, in dem Papier, in dem sie von Unger selbst verpackt worden waren, die Stempel und Matrizen der Ungerfraktur.

Facette: Der abgeschrägte Rand, in welchen die das Klischee auf der Holzunterlage befestigenden Nägel eingeschlagen werden. Ist die Facette zu breit, so entsteht zuweilen zwischen Schrift und Bild ein störender Papierrand.

Fahne (Fahnenabzug): Abzug des noch nicht umbrochenen Satzes.

Farbe: Es gibt Buchdruckfarben von sehr verschiedener Güte und Preislage. Doch bedarf es zum einwandfreien Druck auch bei Verwendung der teuersten Farbe noch großer Erfahrung. Die Farbe muß in der dünnsten Schicht gut drucken, auf dem Papier tiefschwarz erscheinen und wächsernen Glanz zeigen. Beim Maschinendruck wird, um diese Schwärze zu erzielen, oft zu viel Farbe gegeben. Dadurch bekommt der Druck verschmiertes Aussehen, und die Bunzen (Vertiefungen des Buchstabenbildes) setzen sich zu. Die Zusammensetzung der Farbe muß der Saugfähigkeit des Papiers angepaßt werden. (Schlechte Luxusausgaben kommen auf diese Weise zustande: Der Drucker macht die Zurichtung und probiert die Farbe nach dem Papier der gewöhnlichen Auflage; ist diese ausgedruckt, so wird mit gleicher Farbe und Zurichtung die kleine Büttenauflage nachgeschickt.) Die Färbung muß durch die ganze Auflage und bei allen Bogen gleichmäßig bleiben. Mit der Hand aufgewalzte Farbe kann stärker und zäher sein, als die Maschine gestattet. Allzu zähe Farbe rupft bei manchen Papieren; d. h. sie reißt Fasern aus dem Papier, die sich dann in die Form setzen und stören. Durch Firniszusatz wird die Farbe geschmeidiger. Das alles bedenke der Verleger, denn jeder Drucker nimmt billige und schlechte Farbe, wenn ihm der Preis für die bessere nicht bewilligt wird.

Federzüge: Schriftmetall oder Messing; z. B.

Feinsatz (Akzidenzsatz) ist im Gegensatz zu glattem oder gemischtem Werksatz der Satz von gelegentlichen Arbeiten, Besuchskarten, Geschäftskarten, Vordrucken, Umschlägen, Anzeigen usw.

Fleisch: Die vom Buchstabenbild (nicht druckenden) freigelassenen äußeren Randpartien des Buchstabenkopfes. Seitliches Fleisch muß zum Ausschluß gerechnet werden, wenn der Satz ein gleichmäßiges Bild ergeben soll. Die meisten Ausschlußregeln sind nichts anderes als Anwendung dieses Grundsatzes auf die zahllosen Einzelfälle, denen der Setzer bei seiner Arbeit begegnen kann.

Fliegenkopf: Verkehrt, also auf dem Bild stehender Buchstabe; wird zum Blockieren verwendet.

Form nennt man die zu druckende Fläche. Die Form kann je nach der Größe des Schriftsatzbettes (Fundaments) verschieden sein. Wenn die Form groß genug ist, werden sechzehn Seiten auf einmal gedruckt; der »umgeschlagene« Bogen läuft noch einmal durch die Maschine, womit die Rückseite in gleicher Weise bedruckt wird. Ein Schnitt durch die Mitte ergibt dann zwei vollständige Werkbogen zu sechzehn Seiten. Der Drucker muß beim Auftraggeber rechtzeitig doppeltes Papierformat beantragen, wenn er auf diese Weise drucken will. Bei Schön- und Widerdruck in zwei Formen wird zuerst die innere (Zweitform oder Sekunde) gedruckt, weil sie weniger Anfangskolumnen enthält und deshalb das Stand- (Format- oder Register-) Machen leichter ist; dann erst Prime oder Erstform.

Format: Es gibt Folio- (Zweier), Quart- (Vierer), Oktav- (Achter), Duodez- (Zwölfer), Sedez- (Sechzehner) usf. Formate (Größen). Im Zweier (Folioformat) hat der Bogen 2 Blätter, also 4 Seiten; im Vierer (Quartformat) 4 Blätter oder 8 Seiten; im Achter (Oktavformat) 8 Blätter oder 16 Seiten usw. Das größere Oktavformat nennt man Lexikonformat. Über Weltformat s. S. 153.

Formatmachen (Stand machen) nennt man das richtige Ausschießen der Form, wodurch die Stellung der Kolumne auf der Seite bestimmt wird; s. Ausschießen.

Fotogravüre: Kupfertiefdruck, Kupferlichtdruck, eignet sich besonders zur Reproduktion von Kupferstichen, hat aber niemals deren Tiefe und feines Relief.

Fraktur (Deutschschrift): Die älteste, Theuerdanktype, nach der Handschrift Vinzenz Röckners.

Daß die »Deutschschrift« auf die gotische Minuskel zurückgeht, die wie alle Gotik aus Nordfrankreich kam: zwar keine romanische Angelegenheit, aber sicherlich auch keine reichsdeutsche war; die »Lateinschrift« dagegen auf die in Deutschland entstandene karolingische Minuskel, ist auch ein Treppenwitz der Weltgeschichte; möchten wir doch aus ihm lernen, daß in den Künsten jede Nation das Gute nehmen (reprendre) soll, wo sie es findet (immer ist es ein Wiederfinden); es kommt nur darauf an, was sie selbst daraus macht! — Die Fraktur der Antiqua zu opfern, wäre das Dümmste, was wir tun könnten. Das chaotisch-wuchernde Nebeneinander der vielen Schriften mag vom Ausland gesehen barbarisch wirken, stellt aber das deutsche Schriftgewerbe vor Aufgaben und gibt ihm Möglichkeiten, die für Antiqua-Länder kaum noch in Betracht kommen.

Fundament (Schriftsatzbett): Der Teil der Maschine oder der Handpresse, auf welcher die Druckform ruht.

Galvano (Kupferabklatsch): Nachbildung eines Holzschnittes oder Klischees durch galvanischen Niederschlag.

Garmond (nach dem französischen Schriftschneider Claude Garamond): Zehnpunkt oder Zehner, Schriftgrad von 10 Punkten.

Gemeine: Der Kleinbuchstabe, die Minuskel im Gegensatz zur Majuskel, zum Großbuchstaben, zur Versalie. Jedes Hauptwort mit einem Großbuchstaben anzufangen, macht Antiqua und Fraktur häßlicher, als sie sein könnten, und ist ein nur noch in Deutschland zäh verteidigtes Überbleibsel aus der Zeit der in Ehrfurcht ersterbenden, untertänigsten Diener. Dem stolzen deutschen Mittelalter waren »Gemeine« auch für die Hauptwörter gut genug.

Gemischter Satz: Im Gegensatz zum glatten, wenn der Satz aus verschiedenen Schriften oder Schriften mit Zeichen, Ziffern, Tabellen usw. besteht.

Glätten: Um die tiefen Eindrücke (Schattierung), welche die Druckform auf dem Papiere hinterläßt, zu entfernen, werden die Bogen in der Glättpresse geglättet.

Glatter Satz ist im Gegensatz zu gemischtem Satz und Feinsatz (Akzidenzsatz) der Satz aufeinanderfolgender Zeilen einer Schrift.

Grad (Schriftgrad): Die nach typografischen Punkten bestimmte und mit Namen bezeichnete Schriftgröße.

Grobe Cicero, grobe Mittel, grobe Kanon; alte Bezeichnung für etwas größere Schriftbilder als Cicero, Mittel, Kanon.

Guillochiermaschine: Vorrichtung zum Eingravieren von Zierlinien, wie sie auf Aktien, Geldscheinen u. dgl. vorkommen.

Haarspatium, Haarspänchen, schmalster Ausschluß.

Halbfett: Man unterscheidet fette, halbfette und feine Linien und je nach der Stärke des Grundstriches fette, halbfette und magere Schriften.

Halbgeviert, Halbpetit, Halbpunkt, Bezeichnung für Ausschlußstücke.

Hirnholz: Man unterscheidet bei den zum Holzschnitt verwendeten Platten Hirnholz, als Querschnitt des Stammes, und Langholzplatten, deren Fläche parallel zur Längsachse des Baumes läuft und die Fladerung des Holzes (im gewöhnlichen Sprachgebrauch irrtümlicherweise Maserung genannt) zeigt.

Hochstehende Buchstaben sind namentlich in Frankreich bei Abkürzungen gebräuchlich, z. B. Mme.

Hochstehende Ziffern: Die obere Bruchziffer, die auch als Hinweis auf Anmerkungen verwendet wird. Bei der Fußnote selbst hochstehende Ziffern zu setzen, ist sinnlos; hier hat deshalb die Vollziffer mit der üblichen Klammer zu stehen.

Hochzeit: Aus Versehen doppelt gesetzte Stelle.

Holzschriften: Sehr große Plakatschriften sind meistens in Holz geschnitten.

Holzstich nennt man die Bearbeitung der Holzplatte mit dem Stichel. Der Abdruck zeigt weiße Linien und Punkte auf dunklem Grunde.

Holztafeldruck: Schon vor Erfindung der Buchdruckerkunst gab es Bücher, deren Seiten entweder nur Text oder Text in Verbindung mit figürlichen Darstellungen zeigten. Sie wurden mit Hilfe des Reibers von Holztafeln gedruckt.

Hurenkind: Die verpönte Ausgangszeile am Anfang einer Kolumne.

Imperial: Schriftgrad von 150 Punkten.

Imprimatur wird auf der vorletzten Silbe betont und heißt auf deutsch: das möge gedruckt werden. Der Auftraggeber übernimmt damit die Verantwortung dafür, daß die Bogen »druckfertig« sind.

Initiale: Anfangsgroßbuchstabe aus einem größeren Schriftgrade. Man nennt die von rechteckigen Rahmen (Initial-Kassetten) eingefaßten geschlossene, die anderen offene Initialen. S. 71.

Inkunabeln oder Wiegendrucke nennt man die Drucke des fünfzehnten Jahrhunderts.

Interpunktion: Satzzeichen, Zeichensetzung. Über I. bei Titeln s. S. 76.

Italic, Italique: Englische und französische Bezeichnung für Kursive (Schrägschrift, liegende Lateinschrift). Der Ausdruck erinnert daran, daß die Kursive in Italien (1501) von Aldus Manutius in den Buchdruck eingeführt worden ist.

Justieren: Die durch den Eindruck des Stahlstempels in das Kupfer gewonnene Mater wird durch den Justierer zum Guß zugerichtet. Durch allzu regelmäßiges Justieren geht oft der herbe Reiz alter Schriften beim Nachschnitt verloren.

Kalenderzeichen: Widder ♈ Stier ♉ Zwillinge ♊ Krebs ♋ Löwe ♌ Jungfrau ♍ Wage ♎ Skorpion ♏ Schütze ♐ Steinbock ♑ Wassermann ♒ Fische ♓ Sonntag ☉ Montag ☽ Dienstag ♂ Mittwoch ☿ Donnerstag ♃ Freitag ♀ Sonnabend ♄ Planetenzeichen: Sonne ☉ Merkur ☿ Venus ♀ Erde ♁ mit Mond ☻ ☽ ☺ ☾ Mars ♂ Jupiter ♃ Saturn ♄ Uranus ⛢ Neptun ♆

Kalkulation: Vor Auftragserteilung verlangt man eine Kalkulation, eine Preisberechnung. Durch viele Korrekturen kann sie erheblich überschritten werden.

Kanon: Schriftgrad von 36 Punkten, Sechsunddreißiger. Grobe Kanon Vierziger.

Kapitälchen (die Sprachverdeutschung will »Häuptchen, Großchen« daraus machen) sind Antiquaversalien, deren Buchstabenbilder die (m-)Höhe der Gemeinen haben.

Kolonel: Schriftgrad von 7 Punkten, Siebenpunkt, Siebener.

Kolumne: Der Satz einer Seite.

Kolumnentitel (Seitentitel): Toten Kolumnentitel nennt man die einfache Seitenziffer (Pagina); lebenden, wenn eine Seitenüberschrift dazutritt. In diesem Falle steht die Ziffer am besten rechts und links oben, die Überschrift in der Mitte; nicht etwa am Bundsteg. Bei Antiqua setzt man den lebenden Kolumnentitel zuweilen in einem kleineren Grade oder in Kursive, am besten aber in Kapitälchen; bei Fraktur früher oft in größerem, heute gewöhnlich in kleinerem gesperrtem Schriftgrade. Die alleinstehende Pagina (der tote Kolumnentitel) sollte immer in die Mitte ausgeschlossen werden.

Kompreß: Nicht durchschossener Satz.

Konkordanz (Ganzer, Großer): Füllstück, 48 Punkte.

Kopf: Der obere Teil der Letter mit dem Bilde des Buchstabens.

Kopflinie: Die durchgehende, den Kopf eines Briefes, einer Zeitung, einer Tabelle oder dgl. abschließende Linie.

Korpus (nach einer Ausgabe des Corpus juris): Zehnpunkt, Zehner, Schriftgrad von 10 Punkten.

Korrektur = Berichtigung.

Kursive: Schräge, liegende Lateinschrift, Nachbildung der italienischen Kurrentschrift, die älteste von Aldus Manutius in Venedig.

Lange Buchstaben: Solche, die zugleich Ober- und Unterlängen haben.

Leiche: Im Gegensatz zur »Hochzeit« irrtümliche Auslassung eines Wortes.

Letter: Buchstabe, Schriftzeichen.

Ligatur: Auf einen Kegel zusammengegossener Doppel- oder Kuppelbuchstabe, z. B. ch, st, ck, si, ß, ff, fi, fl in der Fraktur, in der Antiqua: ff, fi, fl. Die Ligatur ck ist nur als Zeichen für den verdoppelten K-Laut statthaft; das anders auszusprechende ck der slawischen Sprachen bleibt (auch in Eigennamen) getrennt.

Linien: Man unterscheidet zwischen feinen, doppelfeinen, mittelfeinen, halbfetten, fetten, fettfeinen, fein-fettfeinen, schraffierten, punktierten, englischen, Wellen-Linien usw. Ihrer Haltbarkeit wegen werden Messinglinien bevorzugt.

m-Höhe: Höhe des Schriftbildes ohne Unter- und Oberlängen.

Mager: Im Gegensatz zu den fetten und halbfetten Schriften.

Manuskript: Setz- oder Druckvorlage. Den Umfang des Manuskriptes abzuschätzen, legt man die Hände vor sich auf den Tisch wie zum Klavierspiel, liest den Wortlaut einer Zeile halblaut und hebt, von links beginnend, bei jeder Silbe einen Finger auf und senkt ihn wieder. Ist bei der letzten Silbe der Zeigefinger der rechten Hand zum zweiten Male erhoben, so hat die Zeile 17 Silben. Derart zählt man 4 bis 6 Zeilen und nimmt das arithmetische Mittel. Dann zählt man die Zeilen einer Seite, dann die Seiten des Manuskriptes. Multipliziert man diese drei Zahlen, so hat man die gesamte Silbenanzahl; in diese dividiert man die auf die gleiche Art gefundene Zahl der Silben, welche auf die Druckseite gehen; das ergibt die Seitenzahl des zu druckenden Buches.

Marginalien: An den äußeren Rand, meistens in kleinerer Schrift gesetzte Bemerkungen oder Ziffern. Man schließt sie entweder in die Mitte aus oder so, daß alle Zeilen von der Kolumne gleichen Abstand haben.

Maschinenpapier: Fabrikware im Gegensatz zum handwerklich erzeugten Hand- oder Büttenpapier.

Mater oder Matrize: In der Schriftgießerei der Eindruck des Stempels in das Kupfer, das als Form zum Schriftguß dient. In der Stereotypie (Plattengießerei) eine weiche, nasse, aus Schichten von Seidenpapier und Kleister bestehende Masse, die mit Bürste oder Presse auf die Schrift gedrückt wird; sie dient, nachdem sie unter der Presse auf der Schrift heiß getrocknet worden ist, als Gußform. Die Mater geht beim Trocknen etwas ein; die aus Matern gegossene Bleiplatte druckt nicht so scharf wie Satz.

Mediäval: Zuerst in England wieder aufgekommener Antiquaschnitt, der den Schriften der Wiegendrucke nachgebildet ist.

Metteur en pages: Der Setzer, der den Satz eines Manuskriptes leitet, das Manuskript zum Absetzen in glattem Satz an mehrere Setzer verteilt und den Satz dann zu Seiten und Bogen (formiert) umbricht.

Miehle: Schnellpresse amerikanischer Erfindung, mit ununterbrochen in einer Richtung rotierendem Druckzylinder.

Mignon: Schriftgrad von 7 Punkten, Siebenpunkt, Siebener.

Missal »Schriftgrad der Meßbücher«: Kleine Missal Schriftgrade von 48 bis 52 Punkten, grobe von 52 bis 60 Punkten.

Mittel: Schriftgrad von 14 Punkten, Vierzehnpunkt, Vierzehner.

Nonpareille: Schriftgrad von 6 Punkten, Sechspunkt, Sechser.

Norm (Bogenkennzeile): Der abgekürzte Titel eines Buches, der auf der ersten Seite eines Bogens links unten neben der Signatur (Bogenziffer) steht. In Frankreich und England ist die Norm nicht mehr gebräuchlich; auch bei uns bemüht man sich heute, die ausführliche Norm durch einige Anfangsbuchstaben zu ersetzen. Daß durch das Fehlen der Norm beim Zusammentragen Verwechselungen entstehen, ist bei einer gut geleiteten Buchbinderei ausgeschlossen.

Numerieren: Limitierte Auflagen werden zuweilen in der Presse numeriert, d. h. die Bogen einer Auflage bekommen eine fortlaufende Nummer. Sehr oft aber wird sie erst nachträglich mit einem Handstempel eingefügt. Es gibt besondere Vorrichtungen, die das Numerieren in der Presse selbsttätig vornehmen. Man findet sie namentlich in solchen Druckereien, die sich mit dem Druck von Kupons, Wertzeichen usw. beschäftigen.

Offset-Druck, Gummidruck: ein Flachdruckverfahren, das durch Gummiabklatsch den Druck von feinsten Ton-(Raster-)Ätzungen auf rauhe Papiere ermöglicht und z. B. Aquarelle im Mehrfarbendruck überraschend gut wiedergibt. Auch zu feinerem Katalogdruck von Kunsthandlungen usw. ist es sehr geeignet. Doch fehlt der in diesem Gummiflachdruckverfahren reproduzierten Schrift die Schärfe und Kraft des Buchdruckes. Auf Offset-Druck laufen auch die zur Ersparung der Satzkosten bei Neuauflagen angepriesenen Lichtkopierverfahren hinaus.

Orthografie: Der Auftraggeber hat — namentlich bei Neuherausgabe alter Bücher — von vornherein anzugeben, ob die Rechtschreibung des Manuskriptes maßgebend ist, oder ob in der jeweils neuesten Rechtschreibung gesetzt werden soll. In diesem Falle schreibt der Auftraggeber: Orthografie nach Duden.

Pagina: Seitenziffer.

Paginieren: Das Buch mit fortlaufenden Seitenziffern versehen.

Paketsatz: Stücksatz, der glatte, noch nicht umbrochene Satz.

Papier: Man unterscheidet nach der Herstellung: Hand- (Bütten-) oder Maschinenpapier; nach der Beschaffenheit der Oberfläche: das gerippte oder das (von F. A. Didot erfundene) gleiche (Velin-) Papier. Beim Maschinenpapier verdient gleiches (Velin-) Papier den Vorzug. Auch bei Büttenpapier ist eine zu ausgeprägte Rippung besonders bei Verwendung kleiner Schriftgrade störend, da sie gleichmäßigen Druck erschwert. Es gibt eine Reihe gangbarer Formate; der Verleger kann aber, wenn Auflagenhöhe und Zeit eine Neuanfertigung ermöglichen, jedes Format haben. Der Verlag erleichtert sich die Papierbeschaffung, wenn er sich auf möglichst wenig Formate beschränkt. Über Weltformat jedoch S. 153.

Druckpapier ist entweder ungeleimt oder (meistens und besser) halbgeleimt. Ganzgeleimt nennt man ein Papier, auf dem die Tinte nicht ausfließt.

In fast allen Papieren ist Holzstoff (Zellulose), in den minderwertigen Holzschliff enthalten, der das Papier schnellem Zerfall aussetzt. Ein auf das Papier gebrachter Tropfen Phlorogluzin zeigt den Holzgehalt durch hellere oder dunklere Rötung an.

Manche Papiere rupfen leicht, andere stauben, wieder andere sind so stark mit Elektrizität geladen, daß die Bogen aneinander haften. Andere enthalten kleine, das Schriftmetall schädigende Knoten. Oft sind es gerade die besten Qualitäten, die mangels füllender Mineralien stark durchscheinen. Es empfiehlt sich deshalb, vor jeder Papierbestellung einige Probebogen an eine bewährte Druckerei einzuschicken und die Eignung zum Druck prüfen zu lassen.

Genügt bei illustrierten Büchern das Werkdruckpapier nicht zum Druck der Illustrationen, dann vermeide man wenigstens allzu große Unterschiede der Färbung und Oberflächenbeschaffenheit. Zum Druck von Autotypien gibt es gestrichene Glanz- und matte Kunstdruckpapiere, auch ungestrichene, stark satinierte oder maschinenglatte Naturpapiere. Auch hier sollte man bei der Wahl des Papieres und bei der Bestimmung des Autotypierasters den Drucker zu Rate ziehen. Man kann bei Naturpapieren auch die Bildfläche zuvor durch eine polierte Metallplatte mit facettiertem Rand niederprägen. Neuerdings erobert der auf jedem Werkdruckpapier mögliche Offset-Druck das Feld.

Parenthese: In Klammern gesetzte Einschaltung.

Patrize: Der Stahlstempel, der in das Kupfer getrieben wird, um die Matrize, die Gußform der Letter, zu bilden.

Perl: Schriftgrad von 5 Punkten, Fünfpunkt, Fünfer.

Petit: Schriftgrad von 8 Punkten, Achtpunkt, Achter. ⅛ bzw. ¼ Petit durchsch. = mit 1 bzw. 2 Pkt. durchschossen.

Prägedruck: Als Blindstempel bei Faksimilereproduktionen und bei Wertpapieren gebräuchlich; auch bei elegantem Briefpapier gelangt er hin und wieder zur Anwendung.

Prime: Erstform, die erste oder äußere Form des Druckbogens, auf der sich die erste Bogenseite mit der Signatur befindet.

Punkt: Als typografische Maßeinheit S. 127. Der Punkt bei Titeln und Überschriften S. 76. Das kleine Bild läßt diesem Schriftzeichen viel Fleisch, das auf den Zwischenraum anzurechnen ist.

Putzen heißt in der Buchdruckersprache das Zusetzen eines Buchstabens mit Farbe, das beim k in der Fraktur, beim e usw. besonders häufig vorkommt. Man findet es als Folge der Abnützung bei hohen, von gematerten Bleiplatten gedruckten Auflagen; bei gleichzeitigem Druck von Klischees oder Holzstöcken mit großen schwarzen Flächen, die mehr Farbe erfordern, als der Schrift zuträglich ist. Man druckt sie deshalb immer besser für sich allein. Die fünfzig Büttenexemplare, die man früher einer Auflage nachzuschicken pflegte, zeigten diesen Übelstand besonders häufig, weil die für das gewöhnliche Papier hergerichtete Farbe nicht zäh genug war für das stärker geleimte der Luxusauflagen, und weil die unveränderte Zurichtung bei dem dickeren Papier zu starken Druck gab.

Quirlen: Zu zwei übereinander stehenden Zeilen gehörige Buchstaben, die durcheinandergeraten, »quirlen«.

Raum: Zwischenraum bei Lettern, Worten, Zeilen usf.

Real: Schriftgrad von 120 Punkten.

Regletten: Durchschießlinien, lange Metallstreifen zum Durchschießen der Zeilen.

Reine Schrift heißt in der Schriftgießerei die Schrift ohne Ziffern und Ausschluß.

Respektblatt: Bei Briefen, Zirkularen usw. das zweite unbedruckte »fliegende« Blatt (Leerblatt).

Revision: Der nach Ausführung der im Korrekturabzug angegebenen Korrekturen angefertigte Abzug. In der Druckerei selbst wird, wenn die Form bereits in die Maschine eingehoben ist, noch eine Preßrevision gelesen.

Römische Zahlen: I, II, III, IV (IIII), V, VI, VII, VIII, IX (VIIII), X, XI, XII usw., XX, XXX, XL (XXXX), 50:L, 100:C, 500:D, 1000:M, auch CIƆ.

Ältere Formen: IIIC = 300, IIIm = 3000, IIIIXX = 80 (quatre-vingt), III = 3000, XXX = 30000, CCIƆƆ = 10000, CCCIƆƆƆ = 100000, = 5000, DƆƆ = 50000, IXI = 1000000, ILI = 5000000, ILI = 50000000.

Rotations(schnell)presse: Maschine, bei der auch die Form auf einem Zylinder angebracht ist, der sich gegen den Druckzylinder rollt.

Rubrik: Überschrift (früher gewöhnlich rot geschrieben, woher der Name kommt); Rubrikzeilen sollen aus den größeren Graden der gleichen Schrift, nicht aus fetteren Schriften gesetzt werden.

Rupfen: Wenn das Papier ungeeignet oder zu feucht ist, wenn die Farbe zuviel Sikkativ bekommt, reißen Fasern aus dem Papier, die dann auf der Form sitzen bleiben und den Druck verunreinigen.

Sabon: Schriftgrad von 5 bis 8 Cicero (nach dem Namen des Frankfurter Druckers Jakob Sabon).

Satinieren: Um das Papier über die Maschinenglätte hinaus glatt und glänzend zu machen, läßt man es durch die (meist erhitzten) Walzen des Kalanders laufen.

Satz: Jedes abgesetzte Schriftstück. Man unterscheidet Feinsatz (Akzidenzsatz), Anzeigensatz, glatten, gemischten, gespaltenen Satz, Musiknotensatz, mathematischen, spatiierten Satz, Kalender-, Tabellen-, Ziffernsatz usw.

Schattierung: Der Eindruck, den die Buchstaben auf der Rückseite eines Bogens hinterlassen.

Schimmelbogen: Ein versehentlich unbedruckt gebliebener Bogen, der unter die Auflage gekommen ist.

Schließen der Form: Wenn die Kolumnen auf dem Fundament ausgeschossen sind, muß die Form, bevor sie gedruckt werden kann, geschlossen werden; mit Hilfe von Schließstegen, Schließzeug wird sie in einen eisernen Rahmen gespannt; mit ihm kann sie dann als Ganzes vom Fundament gehoben werden.

Schmitzen: Das verschwommene Abdrucken der Buchstaben. Es kommt häufig an dem Rand der Kolumnen vor, der vom Druckzylinder zuerst getroffen wird; und wird verursacht durch Fehler im Aufzug des Zylinders. Die einzelne Letter schmitzt, wenn sie nicht fest ausgeschlossen ist (locker im Fach steht, hin und her wackelt).

Schmutztitel: Vortitel auf dem Blatt vor dem Haupttitel; s. S. 75. Ein Buch ohne Schmutztitel sieht immer ärmlich aus.

Schnitt der Schrift ist gewöhnlich, schmal, weit, fett, halbfett, mager usw.

Schöndruck: Bedrucken einer Seite des noch unbedruckten Bogens. Beim Werkdruck wird zuerst die Zweitform (Sekunde) gedruckt; die Erstform (Prime) auf der Rückseite des Schöndrucks als Widerdruck.

Schrift: Alle großen und kleinen Buchstaben mit den dazugehörigen Ziffern einer Art und eines Grades nennt man Schrift. Garnitur nennt man alle Schriften einer Art und Gattung vom kleinsten Kegel bis zum größten.

Schrifthöhe: Höhe des Schriftzeichens vom Fuß bis zur Bildfläche. Die deutsche Normalhöhe hat 62,7 typografische Punkte.

Schriftkegel: Dicke des Schriftzeichens in Richtung des Buchstabenbildes von oben nach unten.

Sekunde: Im Gegensatz zur Prime Zweitform, zweite, innere Form des Druckbogens.

Setzmaschine: Linotype und Typograf gießen nur ganze Zeilen. Monotype gießt einzelne Buchstaben und fügt sie zugleich zur Zeile aneinander; das ist schon zur Ausführung der Korrekturen bequemer. Handsatz, der allein höheren künstlerischen Ansprüchen genügt, hat den Nachteil, daß bei Neuauflagen das ganze Werk wieder neu gesetzt werden muß, wenn man nicht von Bleiplatten drucken will, die von dem gematerten Satz gewonnen werden. Maschinensatz kann man stehen lassen, wenn es die Verzinsung des Metallwertes erlaubt.

Signatur oder Bogenziffer: Die auf der ersten und dritten Kolumne jeden Bogens unten rechts angebrachte Ziffer, welche die Nummer des Bogens angibt. Die Signatur der dritten Kolumne pflegt einen Stern zu haben.

Signet: Warenzeichen, Geschäftsmarke des Verlagsbuchhändlers und Buchdruckers. Ein gutes Signet erleichtert den Satz von Titeln, Prospekten u. dgl. Der Bund Deutscher Gebrauchsgrafiker, Berlin-Wilmersdorf, Pariserstraße 37 und der Verein Deutscher Buchgewerbekünstler, Leipzig, Wächterstraße 11 geben Adressen von Künstlern an, welche dieser Aufgabe gewachsen sind.

Spalte: Haben Bücher, die in gewöhnlichen Schriftgraden gesetzt werden sollen, zu breites Kolumnenformat, so muß der Satz in zwei oder mehr Spalten geteilt werden, damit das Auge bequem zum Anfang der nächsten Zeile zurückfindet. Auch hier vermeidet man, wenn möglich, eingezogene Anfangszeilen als unterste, Ausgangszeilen als oberste Zeile einer Kolumne. Wenn es sich gar nicht machen läßt, daß die Spalten einer Ausgangskolumne die gleiche Zeilenanzahl haben, läßt man in der rechten Spalte eine Zeile fehlen. Stumpfe Anfänge sind bei gespaltenem Satz besser als Einzüge; man verzichte auch wo möglich auf die Spaltenlinie.

Spatiieren: Das Sperren der einzelnen Buchstaben innerhalb eines Wortes durch Ausschluß (Spatium). Zum Hervorheben im glatten Satz genügen Einpunktspatien; seitliches Fleisch, z. B. nach T V W, erspart das Spatium. Außer den Frakturligaturen ß tz ch ck werden alle Ligaturen mitgesperrt. Beim Titel- und Akzidenzsatz können erheblich größere Sperrungen gut aussehen.

Spieß: Abdruckender Ausschluß. Wenn der Satz zu locker ausgeschlossen oder die Form vor dem Druck ungenügend geschlossen wird, oder wenn die Schrift zu neu und glatt ist, wird der Ausschluß von den Walzen in die Höhe gesaugt. Der Maschinenmeister hat deshalb während des Druckens genau auf die Bogen zu achten und auftretende Spieße durch Hineindrücken des Ausschlusses zu entfernen. Spieße nennt man auch die dünnen schwarzen Striche zwischen den einzelnen Buchstaben, welche bei Zeilengußmaschinen durch abgenützte und nicht mehr dicht schließende Matrizen entstehen.

Splendidsatz: Im Gegensatz zum kompressen: weit gehaltener, durchschossener Satz.

Steg: Ursprünglich Hohlstege und Bleistege zur Ausfüllung größerer leerer Räume, die namentlich auch beim Ausschließen der Form gebraucht wurden. Daher im übertragenen Sinne der Raum zwischen den einzelnen Seiten. S. Ausschließen.

Stereotypieren: Plattengießen, s. Matern.

Stumpfhalten der Zeile: Anfang ohne Einzug.

Tertia: Schriftgrad von 16 Punkten, Sechzehnpunkt, Sechzehner.

Text: Schriftgrad von 20 Punkten, Zwanzigpunkt, Zwanziger.

Titel: Man unterscheidet einfache, (aus Haupt- und Sondertitel gebildete) Doppeltitel, Vortitel (Schmutztitel) und Untertitel, die zumeist auf einzelnen Blättern vor einem Buchabschnitt stehen. Unter den gebräuchlichen Formen des Titelsatzes kann man drei Arten unterscheiden:

1. Drei oder vier gut ausgeglichene volle Zeilen (am besten Antiqua-Versalien), inschriftenartig, monumental. Eventuell unten ebensolche Verlagszeile.

2. Mit der Spitze nach unten gerichtetes Dreieck oder auch in Gestalt einer Sonnenuhr unten ein ihm entsprechendes aufwärts gerichtetes; dazwischen etwa ein Signet.

3. Jede andere Anordnung bedeckt, mehr oder weniger dicht, auch ganz locker, die Gesamtfläche des eingerahmten oder nicht eingerahmten Satzspiegels. Im Gegensatz zu den unter 1 und 2 beschriebenen Titeln ist hier anzustreben, daß eine kräftige beherrschende Zeile den Blick auf sich lenkt. In welcher Höhe sie zu stehen habe, kann im besonderen Falle nur das künstlerisch geschulte Auge bestimmen; oft wird es richtig sein, die Entfernung ihrer Grundlinie vom unteren Papierrand so groß zu bemessen, als die Seite breit ist; bei eingerahmten etwa Abstand bis zur unteren Rahmenseite gleich der inneren Breite des Rahmens. Doch kann dies in vielen Fällen auch falsch sein, und man erinnere sich dessen, was auf S. 78 über Verhältnisse gesagt wird. Setzer und Verleger zeigen sich heute der Aufgabe, aus guten Proportionen ein »geistiges Band« um das ganze Titelblatt zu schlingen, nur selten gewachsen: man zerlegt das Gesamtproblem in einzelne Aufgaben, bildet Gruppen, womöglich rechteckige Blöcke von verschiedener Breite, hat nun »die Teile in seiner Hand« und stellt sie, das halbe Blatt freilassend, recht und schlecht untereinander. Dabei kann nie etwas Gutes zustande kommen.

Es ist ein Fehler, einzelne Zeilen mehr, andere weniger oder gar nicht zu sperren, damit sie in eine Form gezwängt werden. Die Form muß sich mühelos aus dem Wortlaut ergeben; jedes Titelmanuskript enthält eine, zuweilen wirklich nur eine Möglichkeit, auf die man kommen muß; auf die man aber nur kommt, wenn man vom Text ausgeht und nicht von einer vorgefaßten Formidee. — Man befreie jedoch wo möglich den Titel vom Ballast nebensächlicher Angaben und verteile sie auf Vortitel und Druckvermerk oder räume ihnen ein besonderes Blatt ein. — Die Aufgabe des Setzers wird erschwert durch die vielen Titulaturen, welche der gelehrte Verfasser oder Herausgeber unter seinen Namen setzt. Oft spricht gar nicht Eitelkeit, sondern zu weitgehende Bescheidenheit aus dieser Beteuerung, daß man keinen Namen habe, der zum Hervortreten in der Öffentlichkeit berechtige, sondern nur das Quäntchen Verstand, welches der liebe Gott jedem gibt, dem er ein Amt verleiht. Man wage die Titulaturen fortzulassen; den meisten Autoren wird das schmeicheln.

Tonschnitt: Holzschnitt mit Wiedergabe der Töne (des Valeurs, des Helldunkel) durch Schraffierung.

Type: Letter, Buchstabe, Schriftzeichen.

Überhängen: Der unterschnittene Teil eines Buchstabens hängt über, liegt auf dem Fleisch der Nachbarletter auf. Bei Schrägschriften sind viele unterschnittene Buchstaben nötig.

Überschlag: Auch Vorschlag genannt, der Raum, der über der Anfangskolumne frei bleibt. Die obere Grenze des Satzspiegels bezeichnet man gern durch eine (gesperrte) Rubrikzeile (etwa ERSTES KAPITEL) oder durch englische, fettfeine, schraffierte oder verzierte Linien (in Höhe einer Kolumnenlinie); damit erhält dann auch der durchscheinende Widerdruck einen Abschluß.

Umbruch, Umbrechen: Das Formieren des nicht umbrochenen Paketsatzes in Kolumnen.

Umschlagen: Das Umwenden einseitig bedruckter Bogen in Richtung von links nach rechts.

Umstülpen: Das Umwenden bedruckter Bogen von vorn nach hinten.

Unterschlag: Fuß der Kolumne. Über Pagina im Unterschlag s. S. 82.

Unterschneiden s. Überhängen.

Vakat: Leere Seite.

Vakatstrich: Gedankenstrich, der bei Angaben von Maß, Gewicht, Geld fehlende Ziffern vertritt: M. 25.—

Verbindungswort: Beim Titelsatz die Wörter »und«, »der«, »von« usw., die im »Alten Leipziger Stil« in winzigen Schriftgraden als Zeile für sich in die Mitte gestellt wurden.

Versalien: Großbuchstaben.

vertatur! verte! (✓): Wenden! Korrekturzeichen, das den Setzer auf einen verkehrt gestellten Buchstaben aufmerksam macht ( statt T, statt S).

Vorschlag s. Überschlag.

Weltformat: Wilhelm Ostwald hat (zuerst im Buchhandelsbörsenblatt 18. 10. 1911, Nr. 243) den Vorschlag gemacht, allen Drucksachen Normalformate zu geben. Die (weder im Handel noch vom Künstler geforderte) Eigenschaft, daß sich jedes dieser Formate durch einfaches Falzen des nächst größeren gewinnen lasse, und daß sie alle untereinander geometrisch ähnlich seien, kann allerdings nur ein Format haben, bei dem sich die kürzere Seite zur längeren verhält wie 1:√2, d. h. wie die Seite eines Quadrats zu dessen Diagonale. So ergeben sich, von 1 cm ausgehend, die Weltformate:

I.1×1,41II.1,41×2III.2×2,83 
IV.2,83×4V.4×5,66VI.5,66×8 
VII.8×11,3VIII.11,3×16IX.16×22,6 
X.22,6×32XI.32×45,3XII.45,3×64usw.

Da Ostwald »das Gebiet der Buchausgaben für Bibliofilen, der künstlerischen Drucke u. dgl.«, also das Arbeitsgebiet des künstlerischen Typografen, »ruhig den sonstigen ›wilden‹ Formaten zu überlassen« bereit ist, wollen wir von der freundlich erteilten Erlaubnis des um die chemische Wissenschaft hochverdienten Gelehrten ausgiebigen Gebrauch machen.

Widerdruck: Bedrucken der Rückseite eines bereits im Schöndruck bedruckten Bogens.

Wiegendrucke: Alle aus dem fünfzehnten Jahrhundert stammenden Drucke.

Zeug: Defektgewordenes Schriftmaterial, das in den Zeugkasten kommt.

Ziffer: Von »zephirus« oder »cifra« als Latinisierung von »sifr«, der Bezeichnung für »Null« bei den Arabern.

Zurichtung, Zurichten: Damit der Druck des Papieres auf die Form überall gleichmäßig sei, müssen die feinen Höhenunterschiede, welche die Form hat, auf dem Zylinder ausgeglichen werden. Von der Sorgfalt dieser Zeit und Geld kostenden Arbeit hängt die Qualität der Druckausführung ab. Die Zurichtung von Strichätzungen ermöglicht dem Künstler, einzelne Teile zu verstärken und abzuschwächen.

Zuschuß: Als Ersatz für Abgang beim Drucken und Binden wird ein je nach Art der Arbeit und Beschaffenheit des Papieres bemessener Zuschuß über die Auflage zugegeben.

Zwiebelfisch: Zusammengefallenes Stück Satz. In der Druckerei besonders unangenehm, wenn der Satz aus verschiedenen Schriftarten bestand. Im übertragenen Sinne jeder im Setzerkasten oder Satz vorkommender Buchstabe aus einer anderen Schrift.


Von Fleischmann ist z. B. die schöne Antiqua der Drugulinschen Offizin, die man aus dem zweiten Jahrgang der »Insel« und aus der Cassirerschen Zeitschrift »Kunst und Künstler« kennt.

Künstler,

Nachkommen,

zukünftige Jahrhunderte,

göttliche Vorsehung,

Besitzer,

Förderer.

Register

Abgang, 121

Abkürzungspunkt, 126, 145

Ablegen, 121

Absatz, 67

Abstraktes Sehen, 46

Abziehen, 121

Achter, Achtpunkt, 145

Achtundzwanziger, Achtundzwanzigpunkt, 126

Ältere römische Kursive, 40

Akzidenzschriften, 121

Aldus Manutius, 50, 124, 139

Alinea = Absatz, 67, 129

Amstel, Ploos van, 130, 131

Anfangskolumne, 82

Anfangsseite, 121

Anfangszeile, 122

Anführungszeichen, 122

Angesetzte Deckel, 106

Anlage, 122

Anmerkungen, 82

Arabische Ziffer, 83, 122

Auflage, 123

Auftragen, 123

Auge, 123

Ausbinden, 123

Ausbringen, 124

Ausgang, 124

Ausgangskolumne, 83

Ausgangszeile, 124

Ausgleichen, 124

Aushängebogen, 124

Ausschießen, 124

Ausschließen, 125

Ausschluß, 124

Ausschlußregeln, 69

Austreiben, 68

Auszeichnungsschriften, 125

 

Bengel, 128

Berichtigungsabzug, 125

Beschneiden, 125

Bewick, 90

Bilderunterschriften, 70

Bildfläche des Schriftzeichens, 148

Bindestrich, 126

Bleisteg, 150

Blindmaterial, Blindstäbe, 129

Blockieren, 125

Bogenziffer, 142

Borgis, Bourgeois, 66, 125

Breitkopf, 75

Brillant, 125

Brotschriften, 125

Bruchziffer, 82

Buchstabenkopf, 140

Bürstenabzug, 125

Büttenpapier, 126, 144

Bund Deutscher Gebrauchsgrafiker, 149

Bundsteg, 64

Bunze, 134

 

Capitalis quadrata, 41

Capitalis rustica, 41

Cicero, 66, 125

Civilité, 50

Cobden-Sanderson, 14

 

Deckenmachmaschine, 107

Defekte Lettern, 126

Deutschschrift, 135

Diamant, 126

Didot, 52, 55

Didotsches Punktsystem, 126

Divis, 126

Doppelcicero, 126

Doppelfeine Linie, 126

Doppelkolumne, 65

Doppelkreuz, 82

Doppellinie, 126

Doppelpunkt nach Versalien, 76

Doppeltitel, 126

Dramensatz, 69, 70

Drittelsatz, 70

Druck, 128

Druckfirma, 128

Druckvorlage, 141

Duodez, 135

Durchausheftung, 105

Durchscheinen des Widerdrucks, 84

Durchschießlinien, 129

Durchschuß, 70, 83, 128

Durchschußpapier, 121

Dyck, Christoffel van, 131

 

Ecke, 129

Einbringen, 69

Einfassungen, 129

Eingebaute Klischees, 93

Eingehen, 129

Einhängen, 107

Einleitung, 79

Einschußpapier, 121

Einzug, 71, 72, 129

Elzevir, 131

Englische Linie, 129

Enschedé, 130

Erstform, 135, 145

Etienne, 124

 

Facette, 133

Fahne, 133

Falzen, 103

Falzmaschine, 103

Farbe, 133

Federzüge, 134

Feinfettfeine Linie, 141

Feinsatz, 147

Fibelschrift, 50

Fibonacci, 122

Firmin Didot, 130, 132

Fladerung, 137

Fleisch, 134

Fleischmann, Joh. Michael, 56, 130

Fliegendes Blatt, 146

Fliegenkopf, 135

Folio, 135

Form, 135

Format, 135

Formatmachen, 135

Formschneider, 90

Fotogravüre, 135

Fraktur, 50, 135

Französische Antiqua, 52

Fünfer, Fünfpunkt, 145

Fundament, 136

Fuß des Schriftzeichens, 148

Fußnote, 82

Fußsteg, 64

 

Galvano, 136

Gando, 56

Ganzer, 140

Garamond, 136

Garmond, 136

Gedankenstrich, 70

Gedichtsatz, 84

Gehrung, 129

Gemeine, 136

Gemischter Satz, 137, 147

Geripptes Papier, 144

Geviert, 67

Glätten, 137

Glättpresse, 137

Glatter Satz, 137, 147

Gobar-Ziffern, 122

Goldner Schnitt, 65, 79

Goldner Zirkel, 79

Goldschnitt, 108

Gotische Kurrentschrift, 50

Gotische Minuskel, 49

Grad, 137

Grafologie, 51

Griffo, Francesco, 50

Grobe Cicero, 137

Großbuchstaben, 47

Großer, 140

Größe, 135

Grundschrift, 75

Gubitz, 132

Guillochiermaschine, 137

Gutenberg, 27

 

Haarspänchen, 137

Haarspatium, 69, 137

Halbgeleimt, 144

Halbgeviert, 137

Halbunciale, 48

Handheftung auf Band, 105

Handpresse, 123

Haupttitel, 77

Heften, 104

Hervorheben, 73

Hirnholz, 137

Hochstehende Buchstaben, 137

Hochstehende Ziffern, 138

Hochzeit, 138

Hohlsteg, 150

Holzschliff, 144

Holzschnitt, 51, 90

Holzschriften, 138

Holzstich, 90, 138

Holzstoff, 144

Holztafeldruck, 27, 138

Humanistische Kursive, 47

Humanistische Minuskel, 47

Hurenkind, 67, 138

 

Imperial, 138

Inhaltsverzeichnis, 72

Initiale, 71, 138

Inkunabel, 138

Interpunktion, 76, 138

Interpunktion bei Titeln, 76, 138

Irradiation, 46

Italic, Italique, 139

 

Jenson, Nikolaus, 50

Johnston, 47

Jüngere römische Kursive, 42

Justieren, 139

 

Kalenderzeichen, 139

Kalligrafie, 27, 50

Kapitale, 41

Kapitälchen, 82, 83, 139

Kapitelanfänge, 71

Karolingische Minuskel, 48

Katalogsatz, 74

Klammer, 70

Kleinbuchstabe, 136

Kochfraktur, 75

Kolonel, 139

Kolumne, 139

Kolumnenhöhe zu berechnen, 66

Kolumnentitel, 80, 139

Kompreß, 65, 140

Konkordanz, 140

Kopf, 140

Kopflinie, 140

Korpus, 66, 140

Korrekturabzug, 125

Kreuzsteg, 64

Kunstdruckpapier, 145

Kupferlichtbild, 145

Kurrentschrift, 50

Kursive, 47, 48, 49, 50

 

Lateinschrift, 47, 136

Lebender Kolumnentitel, 139

Leerblatt, 146

Leibniz, 75

Leiche, 140

Ligatur, 140

Linie, 129, 140

Linien, 80, 141

Linotype, 148

Luthersche Schriftgießerei, 132

 

Mager, 141

Majuskel, 71

Manuskript, 141

Manutius, Aldus, 50

Marginalien, 82, 141

Maschinenglatt, 145

Maschinenheftung, 105

Maschinenpapier, 141, 144

Maschinensatz, 73

Maschinenvergoldung, 108

Mater, 141

Matern, 121, 141

Matrize, 73, 141

Mediäval, 52, 142

Mediävalziffer, 83

Mehrspaltiger Satz, 67

Merowingische Schrift, 48

Metteur en pages, 142

Mignon, 142

Milchsack, 65

Minuskel, 47, 48, 49

Missal, 142

Mittel, 142

Mittelsteg, 64

Monotype, 73

Morris, 11, 14

Münchner Typografische Gesellschaft, 79

 

Nationalschriften, 48

Naturpapier, 145

Neuner, Neunpunkt, 125

Nonpareille, 142

Norm, 83, 142

Normalhöhe, 148

Numerieren, 143

 

Oberlänge, 70

Ölbogen, 121

Offenbacher Schwabacher, 75

Offsetdruck, 143

Oktav, 135

Optische Mitte, 78

Originalholzschnitt, 90

Orthografie, 143

Ostwald, Wilhelm, 153

 

Pagina, 81, 143

Paginieren, 81, 143

Paginierung der Titelei, 79

Paketsatz, 144

Pannartz, Arnold, 50

Parallellinie, 126

Parenthese, 79, 145

Passepartout, 65

Patrize, 145

Pergament, 114

Perl, 145

Personennamen im Dramensatz, 69, 70

Petit, 145

Pinselzeichnung, 90

Plakatschriften, 138

Plattengießerei, 142

Plattenvergoldung, 108

Prime, 135, 145

Proportionen, 78

Prospektseite, 80

Putzen, 146

 

Quadratur des Kreises, 65, 79

Quartformat, 65, 135

Quetschfalte, 103

Quirlen, 146

 

Radierung, 90

Randnoten, 82

Raum, 146

Real, 146

Registerhalten, 84

Respektblatt, 146

Riegl, Alois, 17

Riese, Adam, 122

Römische Versalie, 39

Römische Ziffern, 83, 146

Roman, Jan, & Cie., 131

Rosart, 130

Rotationsschnellpresse, 147

Rotterdam, 132, 133

Rubrik, 69, 147

Rubrikzeilen, 69, 147

Rundmachen, 106

Rupfen, 147

 

Sabon, 147

Schärfen, 108

Schattierung, 147

Schimmelbogen, 147

Schließen, 147

Schließplatte, 124

Schließzeug, 148

Schmitzen, 148

Schmutztitel, 75, 148

Schnitt, 148

Schräge Federhaltung, 41

Schrägschrift, 139

Schrifthöhe, 148

Schriftkegel, 148

Schriftsatzbett, 136

Schwabacher, 56

Schwungbuchstaben, 71

Sechser, Sechspunkt, 142

Sechzehner, Sechzehnpunkt, 135

Sedez, 135

Sekunde, 148

Semper, 16, 17

Setzbrett, 124

Setzmaschine, 148

Setzvorlage, 141

Siebener, Siebenpunkt, 139, 142

Signatur, 142, 149

Signet, 149

Spalte, 149

Spaltenlinie, 149

Spatiieren, 73, 150

Spatium, 68

Spieß, 150

Splendide Ausstattung, 65

Stahlstempel, 145

Standmachen, 135

Stege, 64, 150

Steindruck, 89

Stereotypie, 142, 150

Stich, 90

Strichätzung, 89

Stückdurchschuß, 129

Stumpffeine Linie, 80

Stumpfhalten, 67

Stuttgarter Grafischer Klub, 69

Sweynheim, Konrad, 56

Szenische Bemerkungen, 70

 

Tertia, 150

Text, 150

Texturschrift, 49

Theuerdank, 56, 135

Tiemann, Walter, 76

Titelbild, 78

Titelei, 74, 151

Titulatur, 152

Tonschnitt, 152

Trennungszeichen, 126

Triangulatur des Kreises, 65, 79

Trowitzsch & Söhne, 132

Type, 152

Typograf, 148

Typografische Regeln, 64

 

Überhängen, 152

Überschlag, 152

Überschrift, 147

Umbrechen, 153

Umbruch, 153

Umdruckpapier, 89

Umschlagen, 153

Umstülpen, 153

Unciale, 48

Undurchschossen, 70, 140

Und-Zeichen, 76

Unger, Joh. Friedrich, 52, 75, 132

Ungerfraktur, 52, 55, 132

Unterlängen, 70

Unterschlag, 153

Unterschneiden, 152, 153

Unterschnitten, 152

Untertitel, 151

 

Vakat, 153

Vakatstrich, 153

Velinpapier, 144

Verbindungswort, 153

Verlagssignet, 77

Verein Deutscher Buchgewerbekünstler, 149

Vermindern, 68

Versalien, 76, 83

Versaliensatz auf Titeln, 83

vertatur! verte!, 153

Vierer, Vierpunkt, 126

Viertelgeviert, 67

Vierzehner, Vierzehnpunkt, 142

Vierundzwanziger, Vierundzwanzigpunkt, 126

Vorschlag, 153

Vorschriften für Bibliothekseinbände, 102, 112

Vortitel, 148

Vorwort, 79

 

Weiß, E. R., 129

Weißfraktur, 56, 129

Weltformat, 153

Werkschriften, 66

Wetstein, 130

Widerdruck, 84, 154

Wiegendrucke, 154

 

Zeilenfall, 78

Zeilenzähler, 78

Zeug, 154

Zeugkasten, 154

Ziffer, 79, 82, 83, 154

Zurichten, 154

Zurichtung, 154

Zuschuß, 121, 155

Zwanziger, Zwanzigpunkt, 150

Zweier, 135

Zweitform, 148

Zwiebelfisch, 155

Zwischenlegbogen, 121

Zwölfer, Zwölfpunkt, 126

Abbildungen

Lateinschriften im Mediäval-Charakter aus dem XVI. und XVII. Jahrhundert


Lateinschrift im französischen Stil


Aus einer Druckprobe von P. Didot l’aîné


Zierschriften aus dem XVIII. Jahrhundert


Zierschriften aus dem XVIII. Jahrhundert


Alte holländische Druckschriften


Alte holländische Druckschriften


Fibelschrift aus dem XVI. Jahrhundert


Fibelschrift aus dem XVI. Jahrhundert


Reformversuche Ungers und Firmin Didots

Nachschrift

Meiner besonderen Verpflichtung gegen Hans Cornelius gibt bereits die Widmung des Buches Ausdruck. Ich möchte aber nicht schließen, ohne auch Gustaf Britsch gedankt zu haben, der in manchen Gesprächen zur Klärung meiner Anschauungen über das Wesen der bildenden Kunst entscheidend beigetragen hat. In den Exkurs über den Verlegereinband sind von mir vor elf Jahren in der Fachpresse veröffentlichte Aufsätze verarbeitet worden, zu denen ich einige mir von Herrn Hofrat Hübel und seinem verstorbenen Vater, Herrn Kommerzienrat Hübel, freundlichst erteilte fachmännische Informationen dankbar verwendet hatte. Die auf den Seiten 42 bis 45 abgebildeten Tafeln habe ich unter Benutzung der Werke von Chroust (Monumenta palaeografica) und Steffens (Lateinische Paläografie) gezeichnet. Die andern stammen aus verschiedenen Veröffentlichungen der Haarlemer Druckerei Enschedé en Zonen. Trotz der Unvollkommenheit aller nach Druckvorlagen hergestellten Klischees veranschaulichen sie hinreichend deutlich besonders wichtige Momente aus der Entwicklungsgeschichte der Schriftformen. Wer einen Überblick über die heute zur Verfügung stehenden Druckschriften haben will, sehe sich die neuesten Jahrgänge des Archivs für Buchgewerbe und Gebrauchsgrafik an.

Inhaltsverzeichnis

Die Aufgabe des Künstlers11
Vom »bestimmten und zweckbewußten Kunstwollen«27
Von Schreibkunst und Druckschrift39
Typografische Regeln61
Von der Illustration in Büchern und Zeitschriften87
Über den Verlegereinband97
Typografisches ABC121
Register156
Abbildungen163

Transcriber’s Notes / Hinweise

Der Originaltext erschien in einer Frakturtype. Bei der Erstellung des E-Books wurde jedoch eine serifenlose Schrift gewählt, um das Buch für heutige Leser verständlicher zu gestalten. Die Schriftdefinitionen in HTML werden von E-Readern in der epub-Version nicht notwendigerweise angezeigt.

Viele der beschriebenen Ligaturen sind in Antiqua-Schriften nicht vertreten.

 

The book was originally published in Fraktur typeface but a sans-serif font has been here used in forming the ebook to make it more readable for modern readers. Unfortunately this font specification may not be honoured by some ereaders in the EPUB format.

Many of the ligatures mentioned do not occur in Antiqua typefaces.

[The end of Typografie als Kunst by Paul Renner]